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Gute Mädchen kommen in den Himmel – wilde Mädchen kommen, wann immer sie wollen: „Deine Lust ist mein Verlangen“ jetzt als eBook bei dotbooks. Dürfen wir Sie verführen? Eine brave Hausfrau entdeckt, welche Vorzüge der neue Nachbar hat; ein junger Mann verfällt dem herben Charme einer erfahrenen Frau; eine betrogene Ehefrau beschließt, es ihrem untreuen Gatten heimzuzahlen. Mal zärtlich und humorvoll, mal leidenschaftlich und herausfordernd: Genießen Sie diese erotischen Geschichten, in denen auf heiße Küsse stets prickelnde Höhepunkte folgen. Mit Geschichten von Erfolgsautorinnen wie Susanna Calaverno und Steffi von Wolff und aufregenden neuen Entdeckungen! Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Deine Lust ist mein Verlangen“ von Lola Lindberg. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 294
Über dieses Buch:
Dürfen wir Sie verführen? Eine brave Hausfrau entdeckt, welche Vorzüge der neue Nachbar hat; ein junger Mann verfällt dem herben Charme einer erfahrenen Frau; eine betrogene Ehefrau beschließt, es ihrem untreuen Gatten heimzuzahlen. Mal zärtlich und humorvoll, mal leidenschaftlich und herausfordernd: Genießen Sie diese erotischen Geschichten, in denen auf heiße Küsse stets prickelnde Höhepunkte folgen.
Über die Herausgeberin:
Lola Lindberg, geboren 1970 in Düsseldorf, gibt gerne zu, das sie mit ihrem Vornamen etwas schummelt. Nach stürmischen Jahren voller windiger Männerbekanntschaften, über die sie zahlreiche Kurzgeschichten und Romane unter abenteuerlichen Pseudonymen schrieb, heiratete sie einen kleinen Mann mit beeindruckendem Aktiendepot, dem sie seitdem durch die Welt folgt – von München über London und New York nach Amsterdam und wieder zurück.
Lola Lindberg veröffentlichte bei dotbooks bereits die eBooks „Sweet & Sexy: Ich spiel mit dir“ und „Sweet & Sexy: Komm her, Kleiner“ und gab die folgenden erotischen Anthologien heraus: „Deine Lust ist mein Vergnügen“, „Ich will dich kommen lassen“, „Weil ich mit dir spielen will“ und „Atemlos in deinen Armen“.
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Aktualisierte Originalausgabe Februar 2024
Copyright © der Originalausgabe 2015, 2024 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung eines Bildmotivs von shutterstock/Forewer.
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH
ISBN 978-3-98952-322-7
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Lola Lindberg (Hrsg.)
Deine Lust ist mein Vergnügen
Erotische Geschichten
dotbooks.
Katinka Dietz KATZ UND MAUS
Susanna Calaverno VENDESI
Lola Lindberg ANDERS ALS ERWARTET
Eric Hallissey ICH LIEBE ES, DIR ZUZUSEHEN
Steffi von Wolff DER GEMÜSEHÄNDLER MEINES VERTRAUENS
Kirsten Rick SILVESTER
Catherine Blake DIE TANKSTELLE Aus dem Tagebuch einer Sexualtherapeutin
Aimée Laurent PICASSO KANN WARTEN
Shayla K. Fields LIEBE MACHEN
Thea Fink TAUSENDEINHALB ORGASMUS
Die Autorinnen und Autoren
Lesetipps
Ich schlage eine der Frauenzeitschriften auf und lande auf den „Frust & Lust“-Seiten. Flaute in den Federn? Outdoor-Sex bringt Spannung in Ihr Liebesleben! Auf einer Doppelseite sieht man ein junges Paar auf einer Blumenwiese liegen. Sie, dunkle Locken und schön wie Cinderella nach der Vermählung, liegt auf dem Rücken, und aus ihrem sinnlich-lächelnden Mund ragt ein Gänseblümchen. Er, über sie gebeugt, ist nur von hinten zu sehen. Mein Blick fällt auf die Muskelstränge, die seinen Oberkörper und seine starken Arme modellieren. Der Prinz streicht mit einer Butterblume um die aufgerichteten Spitzen ihrer formvollendeten Brüste, die sich ihm entgegenrecken. Das Bild erregt mich. So sehr, dass ich aufschrecke, wie ertappt weiter blättere und verstohlen die Gesichter der anderen mustere.
Seit anderthalb Stunden sitze ich in einer Arztpraxis fest, rutsche vor Schmerzen auf dem Stuhl herum und blättere in Zeitschriften, die für junge Frauen gemacht werden, die anscheinend für alles im Leben eine Gebrauchsanweisung brauchen: Beziehungskiller Seitensprung: So gehen Sie unentdeckt fremd! Weiter hinten: 100 Wege zum Super-Orgasmus. Dann Astro-Sex. Und im nächsten Blatt wieder: Einmal ist keinmal – Fremdgehen mit Köpfchen.
So lange ich denken kann, tappe ich bei Zeitschriften in die gleiche Falle: Ich nehme für bare Münze, was sie schreiben. So muss es sein – die Welt da draußen ist bevölkert mit strahlend schönen, topmodischen, Karriere machenden Individualistinnen, die auf Blumenwiesen beglückt werden, beim Fremdgehen multiple Orgasmen haben und sich so schlau anstellen, dass ihre Männer noch nicht einmal etwas mitkriegen. Einmal ist keinmal. Einen Moment lang bin ich geneigt, sogar das zu glauben. Dabei müsste ich es besser wissen.
***
Auch wenn Artikel zum Thema Sexualität nun regelmäßig in großformatigen schwarz-weiß Illustrierten wie Quick oder Neue Revue erschienen, und wir uns frei von vielen Zwängen fühlten, waren wir doch noch reichlich verklemmt damals, vor 40 Jahren.
An jenem Dienstag im Juni 1964, an dem ich den neuen Nachbarn zum ersten Mal sah, hatte ich den ganzen Tag mit Radiohören und Zeitschriftenblättern vertrödelt und wieder einmal das Gefühl gewonnen, ein Aschenputtel zu sein. Meine Einstellung war von gestern und meine Kleider schon vorgestern untragbar geworden.
Ich hatte eben einen aufklärerischen Artikel mit der Überschrift Dein Kind – das unbekannte Wesen gelesen, in dem es um sittliche Gefährdung von Jungen und Mädchen ging. Der Verfasser war Oswalt Kolle. Ab sofort würde auch ich modern sein! Meine Kinder sollten freizügig aufwachsen, ohne schamlos zu werden. Meine eigenen Eltern hatte ich nie nackt gesehen. An diesem Nachmittag schwor ich mir, dass ich mich nie im Badezimmer einschließen würde. Von mir aus sollten meine Kleinen Doktorspiele machen, wenn es zu ihrer gesunden Entwicklung beitrug. Ich würde sie nicht in Sonntagskleider stecken und mit tausend Vorschriften zu Seelenkrüppeln machen.
Stolz drehte ich das Radio auf und tanzte zu Liebeskummer lohnt sich nicht, my darling durch die Wohnung. Ich war dreiundzwanzig und frisch verheiratet. Wir lebten im zweiten Stockwerk eines Sechs-Parteien-Mietshauses in einer norddeutschen Kleinstadt. Der Neubau befand sich unweit des mittelalterlichen Stadtkerns, der aus einer Ansammlung winziger Fachwerkhäuser bestand. In meiner Erinnerung sieht mein Heimatort aus wie die Miniaturlandschaft einer Spielzeugeisenbahn. Und heute kommt mir meine Welt von damals ebenso klein vor.
Als Peter an diesem Abend vom Dienst nach Hause kam, war ich mit der Hausarbeit in Verzug. Er küsste mich nass auf den Mund und tätschelte mit seinen großen Händen meinen Bauch. Alles war riesig an meinem Mann. Die Hochwasserhosen und zu kurzen Ärmelbündchen seiner Strickjacken gehörten ebenso zu seinem Erscheinungsbild wie die gebeugte Körperhaltung. Nur seine Dienstuniform saß tadellos; man hatte sie ihm geschneidert. Peter arbeitete als Schaffner bei der Bahn. Er gab mir Halt, Liebe und Sicherheit. Mehr, als ich als Schulmädchen von einem Ehemann zu erhoffen gewagt hatte. Er war das Beste, was mir im Leben passiert ist.
Nach dem Abendbrot machte Peter sich an die Reparatur seines Tonbandgeräts und ich wollte, eine Plastikwanne unter den Arm geklemmt, in die Waschküche gehen, um endlich die Maschine Buntes zu waschen. Als ich auf den Flur hinaustrat und die Wohnungstür hinter mir zuzog, vernahm ich ein Geräusch an der gegenüber liegenden Tür. Dann ein kaum merklicher Schatten in meinem Augenwinkel: Der Türspion war zugefallen.
Der neue Nachbar!
Wir waren uns noch nicht begegnet, seit er eingezogen war. Ich schämte mich ein bisschen, als ich die Stufen hinunterging. Hoffentlich hatte er nicht allzu genau hingesehen, dieser Jochen Krause. Ich trug eine Trevira-2000-Hose und eine altbackene, gemusterte Kittelschürze aus Polyester, die ich mir von meiner Mutter ausgeliehen hatte. Umstandskleider konnten wir uns nicht leisten. Meine Blusen spannten so über den Brüsten, dass ich sie nicht mehr anziehen konnte. Ich nahm mir vor, wieder mehr auf mich zu achten. Seit ich aufgehört hatte, im Laden zu arbeiten, war ich nachlässig mit mir geworden. Ich sollte wirklich nicht in Schürze und Pantoffeln vor die Tür gehen …
Da Peter sagte, er würde das Natürliche an mir lieben, trug ich mein dunkelblondes Haar schulterlang und machte recht wenig Aufhebens um meine Frisur. Doch manchmal hätte ich schon gerne ausgesehen wie die Hausfrauen in der Reklame. Die hatten die Aura von Filmstars, wenn sie ihre Fenster streifenfrei putzten.
Während ich die Trommel mit Wäsche füllte, fiel mir ein, was meine Nachbarin Frau Rohde aus dem Erdgeschoss mir neulich zugetragen hatte: Aus der Großstadt käme der Herr Krause und in die Provinz wäre er gezogen, weil er eine Anstellung als Abteilungsleiter in der Kugellagerfabrik angenommen hätte.
„Hat ein mächtig schickes Auftreten“, schnatterte sie. „Aber Ende dreißig und schon geschieden …?“, fragte sie spitz. Sie, die sie mit ihren 27 noch nicht einmal verheiratet war! „So, wie der aussieht, war er in einem dieser Hamburger Beatschuppen zu Hause.“
In genau so einem Lokal sah ich mich wild tanzen, als ich die Treppe wieder hinauf ging. In meiner Vorstellung trug ich einen Minirock und hellblonde, toupierte Haare. Ich erschrak: Jemand stand auf dem Treppenabsatz vor unserer Wohnungstür. Krause! Sein Apartment stand offen und ich konnte Rock’n’Roll-Musik aus dem Inneren hören.
„Tach, Frau Rottmann. Wollte mich mal vorstellen“, sagte er in dem hanseatischen Singsang, den ich so gerne hörte.
Dabei lächelte er nicht.
Ich blieb zwei Stufen unter ihm stehen und schüttelte die Hand, die sich mir entgegenstreckte. In diesem Moment ging das Treppenhauslicht aus. Ich wollte mich ihm entziehen, aber er hielt meine Hand in der Finsternis fest und betätigte mit der anderen den Lichtschalter. Ganz langsam ließ er wieder locker und ich bekam meine Finger frei. Mir stieg die Hitze in Wangen und Ohren. Hatte er es etwa darauf angelegt, mich abzupassen? Ich musterte ihn verstohlen. Seine Mimik war geradezu starr.
„Soso, schon im Oktober“, sagte er mit tiefer Stimme, als ich seine Frage beantwortet hatte. „Steht Ihnen gut, die Schwangerschaft.“
Er hätte lächeln müssen. Dann hätte der Satz unverfänglicher geklungen. Aber so todernst, wie er ihn vorbrachte …
Er blickte mir in die Augen, als er leise sagte: „Ich habe sie schon ein paar Mal gesehen. Sie sind mir aufgefallen.“
Ich spürte, wie mein ganzes Gesicht in Schamesröte aufflammte. Ich wandte ihm den Rücken zu. Wie jemand, der sich in sich selbst verheddert hatte, stocherte ich mit dem Schlüssel in unserem Schloss herum.
„Denn man bis die Tage“, rief er und zog seine Tür zu.
War das ein Lachen zum Schluss? Mein Herz klopfte bis zum Hals, als ich unsere Wohnung betrat.
„Wird dir die Hausarbeit langsam zu viel, Mädchen? Bist ja puterrot“, fragte Peter. „Kann ich dir was abnehmen?“
„Lass mal. Treppensteigen ist prima im fünften Monat“, winkte ich ab.
***
Tags darauf hatte ich Kopfschmerzen, was daran lag, dass ich auf Lockenwicklern geschlafen hatte. Als ich das Geschirr abwusch, sah ich die dunklen, nach vorne gekämmten Haare des Nachbarn vor mir. Wie tief sie ihm in die Augen fielen! Und die langen Fransen über den Ohren und im Nacken: Derartig frisiert sah man hier im Ort keine Menschenseele. Beim Staubwischen blickten mich seine durchdringenden, grauen Augen an. Ich sah den weißen Rolli unter dem neumodisch geschnittenen Cordanzug vor mir, als ich den Hosensaum von Peters biederer Freizeithose kürzte. Der Nachbar wirkte so zart, so feingliedrig.
Steht Ihnen gut, die Schwangerschaft. Was wollte er denn bitte damit sagen? Er wusste doch gar nicht, wie ich sonst aussah. Wahrscheinlich hatte er bemerkt, wie schrecklich dünn ich war und wollte sagen, dass ich durch das Baby wenigstens ein paar weibliche Rundungen bekommen hatte. Ich streckte meinen Busen heraus, der neuerdings ganz prall war. Sie sind mir aufgefallen.
Du bist eine glückliche Ehefrau!, riss ich mich aus den Hirngespinsten. In meinem Aufzug musste er mich für eine verblödete Hinterwäldlerin gehalten haben. Was war eigentlich in mich gefahren? Ich stach mir mit der Nähnadel in die Fingerkuppe. Mit Absicht und mit solcher Wucht, dass mir die Tränen in die Augen schossen.
Später machte ich mir die Nägel und starrte verzweifelt in meinen Kleiderschrank. Ich schlüpfte in einen viel zu engen, grauen Faltenrock. Den Reißverschluss musste ich offen lassen. Ich zog meine schwarz-weiß gemusterte Dralon-Strickjacke an und die hohen Stiefel, mit denen ich nicht laufen konnte. Ab nachmittags um halb fünf ging ich zum Einkaufen. An diesem Tag war ich viermal bei Edeka, denn ich „vergaß“ jedes Mal etwas. Ich lief nochmal für ein viertel Pfund Gehacktes los, dann für Schuhputzcreme und schließlich wegen eines Stücks Butter. Ich ging jedes Mal langsam durchs Treppenhaus und polterte beim Betreten wie beim Verlassen der Wohnung mit der Tür. Am Abend schmerzte mein Kreuz und die Hacken hatten Blasen.
Vor dem Schlafengehen schlüpfte ich noch einmal schnell aus dem Bett. Ich tippelte auf Zehenspitzen an der Badezimmertür vorbei, hinter der ich Peter gurgeln hörte. Ich lugte ein letztes Mal durch den Spion. Wieder nichts. Jochen Krause schien heute gar nicht nach Hause gekommen zu sein.
Mein Mann schlang seine langen Arme von hinten um mich. Ich rieb meinen Po an seinem Bauch. Er blies mir ins Haar und begann, mich sanft zwischen den Beinen zu streicheln. Ich schämte mich ein wenig, als das kam, was jeden Abend kam: unser Gute-Nacht-Ritual.
„Du würdest dich nie zu einem anderen Mann legen, nicht wahr?“, fragte Peter bedeutungsschwer.
„Niemals.“
„Versprichst du’s?“
„Bei meinem Leben“, sagte ich so feierlich ich es vermochte.
Dann wurde sein Streicheln so intensiv, wie es sich für das Streicheln in einem Ehebett gehörte. Er befriedigte mich mit seinen Fingern und verzichtete auch diesmal darauf, in mich einzudringen. Seit Wochen hatte er Angst, sein großer Penis könnte unserem Baby Schaden zufügen. Ich teilte seine Sorge.
***
Ich kaufte Burda-Schnittbögen und nähte mir auf meiner Adlerette-Koffernähmaschine zwei einfache Röcke mit Gummizug – aus den Stoffresten unserer Bouclé-Gardinen im Schlafzimmer. Der Saum endete jeweils über dem Knie – sehr kurz für meine Verhältnisse, aber nicht so frivol wie bei der aktuellen Rockmode. Peter pfiff anerkennend, als ich mich im Wohnzimmer vor ihm drehte. Was ich ihm nicht vorführte, war die Bluse, die ich mir aus den Küchen-Stores geschneidert hatte. In einer Zeitschrift hatte ich ein Fotomodel gesehen, dessen Brustwarzen durch einen transparenten Stoff hindurch schimmerten. In meiner Vorstellung lief die moderne Frau nun überall so herum – nur nicht in unserem Kaff. Dann würde ich eben die erste sein!
Am Freitag erkundigte Peter sich stirnrunzelnd, warum ich am helllichten Tage Lippenstift trug.
„Ich fühle mich gerade so hübsch“, lächelte ich und fühlte mich ertappt.
„Meine Heidekönigin“, lachte er und küsste mich.
Ich sah die ganze Woche nicht einmal den Schatten unseres Nachbarn. War er auf Geschäftsreise? Vor meinem inneren Auge führte er wichtige Gespräche in Konferenzräumen. Oder schlenderte mit leicht bekleideten Mädchen über die Reeperbahn. Oder strich mit zarten Fingern über meinen Bauch. Oder fuhr mit seiner Zunge über meine Brustwarzen.
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Erst in der darauf folgenden Woche rief ich mich zur Vernunft. Was veranstaltete ich hier für ein Theater? Wie, um mich selbst für die Schlechtigkeit meines Verhaltens abzustrafen, verwandelte ich mich wieder in die provinzielle Hausfrau, die ich war. Ich zog mir wieder die Kittelschürze an, ließ mein Haar herunterhängen, schlüpfte in die Gesundheitslatschen und legte meine Schminke zurück in den Alibert.
Und doch musste ich jeden Tag die Haustür von innen abwischen, um die Spuren zu entfernen, die meine platt gedrückte Nase dort hinterlassen hatte. Noch heute sehe ich mich von morgens bis abends mit zusammengekniffenen Augen am Spion stehen. In jener Woche beobachtete ich zwei-, dreimal, wie der Nachbar aus Hamburg das Haus verließ. Wenn er auch immer aus dem Ei gepellt war, mit seinen teuren Anzügen – so toll sah er nun auch wieder nicht aus!
***
Eines Abends im Juli ging ich hinunter in unser Kellerabteil, um uns Apfelkompott zum Nachtisch zu holen. Ich streckte mich eben nach dem Glas, das weit oben im Holzregal stand, als ich die Kellertür quietschen hörte. Ich fuhr herum.
Da war er. Er stand lautlos in der Tür und blickte mich an. Ein Schrei entfuhr mir und ich wich in die hinterste Ecke des Abteils zurück, wobei ich über eine Kiste stolperte.
„Guten Abend“, stammelte ich.
Nichts kam über seine Lippen. Seine Mimik war absolut unbeweglich. Doch es ging nichts Bedrohliches von ihm aus, als er die wenigen Schritte, die uns trennten, langsam auf mich zu kam. Ich begriff erst viel später, was diese ruhige Zielstrebigkeit, die in seinem Gesichtsausdruck lag, bedeutete: eine Gewissheit, die keines Lächelns bedurfte.
Er streckte die Hände nach mir aus, fuhr mit den Fingern in mein Haar, ergriff meinen Hinterkopf und zog mich mit sanfter Kraft in einen Kuss hinein, dass sich bereits im ersten Moment der Berührung alles in mir öffnete. Dann zerrte er an meinen Haaren, wobei sich mein Hals nach hinten bog, und betrachtete mich. Er fuhr mit der Zunge über meine Lippen. Ich kann nicht mehr sagen, ob er mich in die Ecke oder ich mich seinem Leib entgegendrängte. Nichts Grobes ging von seiner Übergriffigkeit aus, eher die Geschmeidigkeit einer Katze. In seinem Opfer regte sich nichts zum Widerstand. Im Gegenteil: Willig war es. Gefügig und wie hypnotisiert.
Ich spürte seine Erektion noch an meinem schwangeren Bauch, als er längst weg war. Er war so wortlos verschwunden, wie er sich herangepirscht hatte. Ich musste minutenlang im Keller ausharren, um wieder zu Atem zu kommen. Ich hielt mich keuchend am Regal fest, glotzte zur Tür und fragte mich, ob das tatsächlich geschehen war. Fast war ich überzeugt, dass ich mir alles nur eingebildet hatte, als ich mit dem Kompott in der Hand nach oben huschte. Krauses Tür war verschlossen. Kein Laut drang herüber.
Mit zu Boden geschlagenen Augen sagte ich Peter, mir wäre plötzlich unwohl und entschuldigte mich. Er kannte das mit der Übelkeit schon aus den ersten Wochen der Schwangerschaft und sorgte sich nicht sonderlich.
„Mach immer schön langsam, Deern“, sagte er.
Da lag ich, in unserem Ehebett, und starrte im Dunklen an die Decke. Ich hatte mir das Gesicht nicht gewaschen, damit sich der erregende Duft der fremden Frisier-Creme nicht verflüchtigte. Ich presste mir die Faust so stark in den Schoß, dass es schmerzte. In dem Moment, in dem ich glaubte, mir nicht stärker weh tun zu können, kam ich.
***
Kurz nach der leidenschaftlichen Begegnung im Keller bestellte ich meine Freundin Eva, mit der ich zusammen im Schuhgeschäft gelernt hatte, zu mir nach Hause. Ich bat sie, mir die Haare zu machen. Wir suchten aus einer der Frauenzeitschriften, die in der ganzen Wohnung verstreut herum lagen, etwas für mich aus. Sie kürzte mein Haar um 20 Zentimeter und hantierte so lange mit Tuben, Fläschchen und Plastikhandschuhen, bis ich so unerhört blond war wie Brigitte Bardot in Die Verführerin. Ich hatte es so gewollt.
Eva, die mittlerweile Verkäuferin in einer Parfümerie war, hatte außerdem Kosmetikproben von Elisabeth Arden mitgebracht. Ich hatte noch nie so teure Schminke aufgetragen. Und wir trugen dick auf: blauen Lidschatten, weißen Lippenstift und so viele Schichten Wimperntusche, dass wir kaum noch aus den Augen gucken konnten. So mussten die Mädchen in den Clubs in Hamburg aussehen.
„Gib her, Lena“, kicherte Eva und entfernte den schwarzen Lidstrich-Balken über meinen Wimpern mit Klopapier. „Eyeliner muss in einem dünnen Schwung nach oben auslaufen.“
Mit dem Toupierkamm riss sie mir fast den Kopf vom Hals.
„Das Wichtigste ist die Fülle am Hinterkopf.“
Ich hustete mir die Seele aus dem Leib, denn sie verbrauchte eine halbe Flasche Taft bei der Prozedur.
Ich hatte Herzrasen, bevor Peter vom Dienst nach Hause kam, und das nicht allein wegen meiner gewagten Typveränderung. Wir hatten jede sechs Tassen Bohnenkaffee getrunken, bis meine Verwandlung in eine perfekte 60er-Jahre Blondine über die Bühne gegangen war.
Irritiert wäre eine starke Untertreibung, wollte man seinen Gesichtsausdruck beim Nachhausekommen beschreiben. Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen und küsste mich vorsichtig auf den Hals – wohl, weil er befürchtete, in meinem Gesicht Schaden anzurichten. An diesem Abend krächzte meine Stimme, als ich Bei meinem Leben sagte. Und das lag nicht nur am Haarspray.
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Das Katzengleiche und Leidenschaftliche in den Berührungen des Nachbarn unterschied sich so auffällig von der fast tapsigen Zärtlichkeit, mit der mein Mann mich bedachte, dass ich fortan meine Tage damit zubrachte, die beiden miteinander zu vergleichen. Und damit, unser Kellerabteil in eine Speisekammer zu verwandeln, die dem Edeka-Markt Konkurrenz machte. Ich füllte es mit Lebensmitteln aller Art und ging Abend für Abend hinunter, um etwas hoch zu holen. Und kam mir dabei so schäbig vor! Mein Mann wunderte sich über meinen Drang zur Vorratshaltung, aber ich konnte ihm weismachen, dass die aktuellen Artikel in den Frauenzeitschriften das Treppensteigen als sportivste Geburtsvorbereitung überhaupt priesen. Herr Krause ließ mich eine ganze Weile umsonst in den Keller und in die Tiefen meiner ganz persönlichen Abgründe hinabsteigen. Scham und Lust, Naivität und Abgebrühtheit sind nie wieder eine derartige Allianz in meinem Leben eingegangen.
***
Es war August, als ich ihm endgültig in die Falle ging. Ich atmete schwer, als ich, mit einem Kartoffelsäckchen in der Hand, die Stufen hoch stapfte. Er lehnte mit verschränkten Armen am Pfosten seiner Wohnungstür und wartete auf mich. In Jeanshosen und weißem T-Shirt. Er war die fleischgewordene Versuchung, und er wusste es.
Ich hatte mir alle erdenklichen Situationen bereits ausgemalt. Unauffällig – dachte ich – machte ich ein paar Knöpfe an meiner Strickjacke auf und gewährte ihm den Blick durch meinen grobmaschigen Küchenvorhang, den ich jetzt so gut wie immer drunter trug. Den Saum meines Gardinenrocks hatte ich jeden Tag heimlich um einen weiteren Zentimeter eingekürzt. Und natürlich war ich wieder stark geschminkt. Für wie blöd hielt ich Peter eigentlich?
Ein spöttisches Grinsen huschte über Krauses Gesicht, als er mich in meiner ganzen Pracht wahrnahm.
„Du hast dich aber verändert“, flüsterte er. „Komm her.“
Die ruckartige Kopfbewegung, mit der er mich ins Innere seiner Wohnung schicken wollte, ließ an Bestimmtheit nichts zu wünschen übrig.
Dann ging das Flurlicht aus.
Wenn ich auch zuließ, dass er seine Hand unter meinen Rock schob, hielt ich mich doch mit aller Kraft am Türrahmen fest. Ich biss ihn gierig, als er mir seine glitschigen Finger in den Mund schob und mir meinen eigenen Saft zu kosten gab. Er spielte mit mir, zog mich heran, stieß mich weg, packte zu, wies mich ab, saugte mich ein, spuckte mich aus. Ich zerfloss vor Lust, als ich das leise Klicken seiner Gürtelschnalle und das Ratschen seines Reißverschlusses hörte. Aber ich widerstand, als er mich in seine Diele bugsieren wollte. Ich würde diese Schwelle nicht überschreiten.
Er ging in die Hocke und schob mir den Rock bis zum Busen hoch. Zog mir das Höschen herunter, strich und blies über meinen dicken Bauch. Schob seine Finger tief in meine Feuchtigkeit hinein. Fuhr mit seiner Zunge über meine heißen Lippen und leckte mich hingebungsvoll, bis ich begann, zu keuchen.
Plötzlich hatte ich das Gefühl, als würde durch den gegenüberliegenden Türspion ein dünner Lichtstrahl in den Flur geworfen. Lieber Gott, mach, dass ich mich getäuscht habe! Ich starrte in der Dunkelheit auf unsere Wohnungstür und versuchte, meine Atemgeräusche unter Kontrolle zu bekommen. Im Angesicht der Katastrophe war ich wie gelähmt. Und zugleich war mir alles egal. Nur eines zählte noch: Ich wollte meinen Nachbarn ganz tief in mir spüren. Nie war ich so begierig auf einen Mann gewesen.
Als Krause höher rutschte, drückte ich meine Nase in sein Haar und inhalierte dessen Duft, als wäre er das letzte, was ich im Leben zu riechen bekommen würde. Ich hätte schreien mögen, als ich seinen harten und doch unendlich zarten Penis in mich aufnahm. Ich klammerte mich mit beiden Händen am Pfosten hinter mir fest, als er mich bei den Schultern packte und zu Boden drücken wollte. Niemals würde ich mich zu einem anderen Mann legen. Das hatte ich versprochen. Bei meinem Leben. Ich blieb standhaft. Als ich kam, sackte ich lediglich ein wenig in die Knie.
***
„Jetzt ist endgültig Schluss damit!“, schnauzte Peter mich an und riss mir die Kartoffeln aus der Hand, als ich glühend und verschwitzt zur Tür herein kam.
Von diesem Tage an durfte ich nicht mehr in den Keller hinuntersteigen. Bis zur Geburt meines Sohnes ließ er mich keine Hausarbeit mehr verrichten. Als ich aus dem Krankenhaus zurückkam, war Krause ausgezogen. Nicht einmal Frau Rohde wusste etwas über seinen Verbleib zu sagen.
„War ihm wohl zu langweilig hier bei uns aufm platten Land“, sagte sie schnippisch.
Ich war mir sicher, dass sie sich Chancen ausgerechnet hatte.
***
Bis zum heutigen Tage vermag ich nicht zu sagen, ob mein Mann etwas von meinem Fehltritt mitbekommen oder uns gar im Flur gesehen hat. Wenn, dann hat er es sich nie anmerken lassen.
Ich lege die Illustrierten zurück, als ich endlich aufgerufen werde. Ich weiß es besser, denke ich, als ich hinter der jungen Sprechstundenhilfe her laufe: Einmal ist definitiv einmal. Und auch wenn mich das Gewissen damals fürchterlich geplagt hat, so hatte ich doch eine ganze Weile lang das triumphale Gefühl, wenigstens einmal in meinem Leben einen perfekten Zeitschriften-Moment gehabt zu haben.
Signora Laura Bragato war nicht nur eine ausnehmend elegante und kluge Dame – sie besaß auch einen äußerst gut ausgeprägten Geschäftssinn. Zum Entsetzen ihrer Eltern, eines konservativ-bürgerlichen Paares, hatte sie die zahlreichen Heiratsanträge passender Kandidaten konsequent zurückgewiesen und auf einem Dasein als Single beharrt. Die letzten Jahre schienen die alten Herrschaften sich endlich damit abgefunden zu haben, denn die peinlichen Abendessen mit gut angezogenen Anwälten, Ärzten und Beamten der höheren Laufbahn waren immer seltener geworden.
Signora Bragato arbeitete mit Zähigkeit und Taktik an Karriere und Einkommen und kam überhaupt nicht dazu, einen Mann oder gar eine Familie zu vermissen. Beides hätte nur gestört.
Nun hatte sie im Frühjahr ihren 38. Geburtstag gefeiert – mit vielen Freunden im teuersten Restaurant der Stadt –, und da hatte ihre beste Freundin Graziella ihr den Floh ins Ohr gesetzt.
„Also wirklich, Laura-Schätzchen, wohnst du immer noch in dieser stickigen Etagenwohnung mitten in der Stadt? Du bist die bestverdienende Maklerin hier in der Region und findest kein passendes Haus? – Das macht sich nicht gut!“
„Graziella hat recht“, meldeten sich die anderen Freundinnen zu Wort. „Such dir doch ein hübsches Haus in der Peripherie …“ – „Erzähl uns bloß nicht, du könntest es dir nicht leisten!“ – „Was sollen denn die Kunden denken …“
Laura strich mit der für sie typischen nachlässigen Handbewegung die Strähne dunkel schimmernden Haars zurück, die sich aus dem klassischen Knoten gelöst hatte. „Ihr werdet lachen: Ich spiele seit einiger Zeit mit dem Gedanken! Nur – ihr wisst ja, wie es ist – ich komme einfach nicht dazu, für mich selber zu suchen. Wenn mir das passende Haus begegnet, werde ich zugreifen, da könnt ihr sicher sein!“ Und damit hatte sie sich wieder aus der Affäre gezogen.
Nun musste sie unvermittelt an diesen kurzen Wortwechsel denken, während sie nachdenklich den Hörer auf die Gabel ihres altmodischen Telefons, einer natürlich mit allen Raffinessen technisch aufgepeppten Antiquität, legte.
Unentschlossen biss sie sich auf die Unterlippe. Auch wenn sie die Hälfte von dem langatmigen, geradezu schwärmerischen Bericht Graziellas abzog, blieb immer noch genug übrig, um ihren stets präsenten Jagdeifer zu reizen. Es klang sogar sehr gut! Mit energischem Schwung schob sie ihren nappalederbezogenen Chefsessel zurück. Die Rollen glitten geräuschlos über das Ahornparkett, das sie sich damals eigentlich noch gar nicht hatte leisten können.
Klack, klack – wer gerne Pumps mit hohen Absätzen trägt, muss sehen, dass er den passenden Bodenbelag dazu einbaut.
„Signora Trevigiani, ich komme heute nicht mehr ins Büro. Ich will ein Villino bei Casalzuigno anschauen – also bitte nur in den dringendsten Fällen per Mobil, ja?“
„Selbstverständlich, Signora Bragato! Wenn Sie nichts mehr für mich haben, könnte ich dann heute auch früher gehen? Ich bin gleich mit allem fertig und wollte noch meine Mutter im Krankenhaus besuchen.“
Laura nickte geistesabwesend.
„Stellen Sie aber den Anrufbeantworter an. Dottore Bianchi könnte wegen seiner Eigentumswohnung anrufen.“
***
Graziella hatte nur unwesentlich übertrieben: Wunderbare Proportionen, die von den französischen Fenstern noch unterstrichen wurden. Ein wenig vernachlässigt das Ganze, aber ihr geschulter Blick erfasste sofort die Qualität des Ursprünglichen. Auch der parkartige Garten, den sie durch das schmiedeeiserne Gitter des Zufahrtstors überblicken konnte, zeigte deutliche Ansätze, wieder zur Wildnis zu mutieren. Doch davon abgesehen: ein Traum! Ein absoluter Traum.
Vor ihrem inneren Auge lief bereits im Schnelldurchlauf die Renovierung ab, die Gartenbaufirma rodete die zu mächtigen Rhododendren und beschnitt die Kamelien – jetzt musste sie sich allerdings noch vom Zustand im Inneren ein Bild machen.
Direkt neben dem bronzenen Klingelknopf bewies ein mit Computer geschriebenes DIN-A4-Blatt in Plastikhülle, dass Graziella sie zu Recht alarmiert hatte. Vendesi Aber keine Adresse oder Telefonnummer, die einen Hinweis auf Verkäufer oder Maklerbüro gegeben hätte. Seltsam!
Zögernd, aber magisch angezogen, drückte sie auf den abgegriffenen Bronzeknopf. Ganz entfernt und gedämpft hörte sie die melodische Klangfolge.
Nichts geschah.
Etwas unmutig drückte sie nochmals, diesmal ein wenig länger. Und auf einmal schwangen die beiden Torflügel auf – langsam, ruckend, in den rostigen Angeln wie aus Protest quietschend.
Der Kiesweg zur portalgesäumten Eingangstür war vermutlich seit Jahren nicht mehr gesäubert worden und deshalb von mehrjährigen Schichten abgestorbener Blätter bedeckt. Der Regen der vergangenen Tage hatte sie weich und rutschig gemacht. Bei jedem vorsichtigen Schritt versanken ihre teuren Wildlederpumps viel zu tief im modrig-schimmelig riechenden Untergrund.
Die 20 Meter erforderten ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit, und so wäre sie vor Schreck fast doch gestolpert, als unmittelbar die Tür aufging.
„Scusi, Signora, ich habe das Klingeln zwar gehört, stand aber gerade auf der Leiter. Was kann ich für Sie tun?“
Die Einfahrt fegen! Laura verkniff sich jede bissige Bemerkung, die ihr überhaupt viel zu leicht herausrutschte. Sie wollte etwas von ihm, nicht wahr? Vorsichtig balancierend stieg sie, betont anmutig mit ihrem besten Model-Hüftschwung, die Stufen hinauf und strahlte den Mann an.
„Buona sera, Signor. Ich interessiere mich für dieses Anwesen. Können Sie mir sagen, an wen ich mich da wenden muss?“
Weiße Zähne blitzten zwischen dunklen Bartstoppeln auf. „Vermutlich an mich! Soviel ich weiß, bin ich, nein, war ich der einzige Neffe von Tante Giusy. Leider. Jetzt hängt der alte Kasten mitsamt dem ganzen Ärger an mir.“
Das wurde ja immer besser!
„Mein Name ist Laura Bragato, ich bin Immobilienmaklerin. Es dürfte kaum Probleme geben, Ihnen den Ärger abzunehmen und Ihr Haus gut zu verkaufen, wenn wir uns einigen. Natürlich müsste ich es noch von innen sehen …“
Leichtes Stirnrunzeln. War sie zu forsch gewesen?
„Angenehm, Stefano Clerici. – Wissen Sie, irgendwie ist das schon komisch! Da stehe ich gerade auf der Leiter und denke, was ich jetzt wohl als Nächstes tun sollte, wäre, einen Makler zu beauftragen – und Simsalabim: Da stehen Sie vor der Tür. Seltsame Zufälle gibt es, nicht wahr?“
„Zufall schon, aber so seltsam ist es nicht. Eine Freundin sah Ihr Verkaufsschild und sagte mir Bescheid. Aber vielleicht sollte ich Ihnen die Idee mit dem Schicksal nicht ausreden, wenn ich Sie damit eher überzeugen kann, es mir zu überlassen.“
Er war unüberhörbar amüsiert.
„Sie gefallen mir! Bitte, kommen Sie doch herein!“
Die schwere Tür fiel hinter ihnen ins Schloss, und das Haus umfing sie mit seiner ganz eigenen Atmosphäre. Ein leichter Hauch von Lavendel und Bienenwachs lag unter der erstickenden Kopfnote aus Verfall und Vernachlässigung in der Luft. Altmodisch und unbewusst vertraut.
„Oben sind drei Zimmer und zwei Bäder, hier unten Salon, Esszimmer, Küche samt überproportionierter Speisekammer und Bibliothek. Die hat Tante Giusy allerdings noch zu Lebzeiten ausgeplündert. Ein Jammer, die Bücher hätte ich gerne gehabt.“
Laura interessierten vor allem die Leitungen. Sie schienen relativ neu. Wenn das Dach auch in Ordnung war …
„Kommen Sie allein zurecht? Ich bin in der Küche gerade beschäftigt. Möchte nicht, dass mir etwas anbrennt. Wenn Sie so weit sind – immer der Nase nach!“
Laura zwang sich, alles kritisch zu begutachten, wohl wissend, dass Liebe auf den ersten Blick oft mit einem bösen Erwachen bestraft wird. Aber sie fand keine ernsthaften Mängel. Perfekt, einfach perfekt!
Träumerisch mit der Hand auf dem vom langen Gebrauch seidig polierten Holzgeländer entlangstreifend, stieg sie die Marmortreppe wieder hinunter. Sah sich schon auf den unteren Stufen stehend ihre Freunde empfangen, ihre bewundernden Blicke, das Staunen … Sie musste nur noch diesen Stefano Clerici davon überzeugen, ihr dieses Schmuckstück zu überlassen. Was hatte er gesagt? Der Nase nach?
Aus dem hinteren Bereich drangen leises Klappern und ein Schwall köstlichen Dufts – Huhn, Kräuter, Knoblauch …
Er stand leicht gebückt vor der geöffneten Backofentür und bestrich die Hühnerschenkel mit Marinade. In dieser Position konnte Laura nicht umhin, den ausgesprochen ansprechenden Hintern zu bemerken, der sich unter den hautengen Jeans abzeichnete. Klein, aber muskulös. Trug er einen Slip? Wie würde wohl ein Stringtanga an ihm aussehen?
Geschmeidig richtete er sich auf und strich sich mit dem Unterarm über die Stirn.
„Puh, ist das heiß! – Ich glaube, sie sind gleich fertig. Wie sieht es mit Ihnen aus? Haben Sie schon zu Abend gegessen oder hätten Sie Lust, alles Weitere beim Essen zu besprechen?“
Laura zögerte. Eigentlich zog sie ihr Büro für Geschäftliches vor. Andererseits … Die Hühnerschenkel dufteten verführerisch, und sie hatte wirklich Hunger.
„Na, kommen Sie – es ist ein Rezept von meiner Nonna aus Sizilien. Sie sammelt und mahlt die Kräutermischung selbst. Und zum Nachtisch habe ich Bacio-Eis. Für mich allein ist es zu viel. Ein Freund hat mich in letzter Minute versetzt. Springen Sie für Angelo ein!“
Wieso nicht?
„Wer könnte einer so charmanten Einladung widerstehen? Vielen Dank, ich springe gerne für Angelo ein, damit Sie nicht auf Ihrem Essen sitzenbleiben!“
Er warf den Kopf zurück und lachte, wobei ein kleines Goldkreuz zwischen den geöffneten Hemdknöpfen sichtbar wurde.
„Scusi, so war es nicht gemeint – oder doch. Aber ich freue mich, in so schöner Gesellschaft zu essen. Glauben Sie mir, Angelo könnte Ihnen nicht das Wasser reichen! Ich bin mit dem Tausch mehr als zufrieden.“ Damit zog er den Stuhl an der einen Stirnseite des altmodischen Holztisches heraus. „Bitte, nehmen Sie Platz. Möchten Sie lieber einen Orvieto oder einen Merlot?“
„Den Orvieto, bitte.“
Mit der Geschicklichkeit eines langjährigen Oberkellners goss er den hellen Wein in das überraschend elegante Kristallglas. Das Übrige machte eher einen zufällig zusammengesuchten Eindruck: zwei Steingutteller mit unterschiedlichen Mustern, Bistrobesteck – aber gestärkte Leinenservietten. In der Tischmitte standen ein großer Teller mit aufgeschnittenem Ciabatta und eine Glasschüssel Tomatensalat mit Mozzarella.
„Salute – auf unsere Zusammenarbeit! Wissen Sie was? Wenn Sie mir Ihre Karte geben, komme ich morgen ganz einfach mit allem bei Ihnen vorbei, und wir klopfen es fest. Einverstanden?“
Laura nickte und griff nach ihrer Gucci-Tasche. Interessiert musterte er die dezent-marmorierte Visitenkarte.
„Na, Sie scheinen ja recht erfolgreich zu sein! Teure Gegend … Wie lange sind Sie schon in der Branche?“
Laura schluckte den Wein hastig hinunter und stellte das Glas weg. Der Wein rann kühl durch ihre Kehle, um dann doch alkoholische Wärme zu verbreiten.
„Über zwölf Jahre, acht davon mit eigener Firma!“
Er verzog anerkennend die Mundwinkel, nickte und prostete ihr erneut zu. „Respekt, Signora Bragato! Auf Ihren Erfolg!“
Die Hühnerbeine waren köstlich – knusprige Haut, das Fleisch saftig und mürb. Laura kämpfte gegen den Impuls, Messer und Gabel beiseitezulegen, mit den Fingern zuzugreifen und einfach hineinzubeißen.
Leises Klirren ließ sie aufblicken. Stefano hatte sein Besteck abgelegt und grinste sie über ein halb abgegessenes Bein an. „Sie schmecken so einfach viel besser!“