Deine Tränen lachen nicht - Claudia Pick - E-Book

Deine Tränen lachen nicht E-Book

Claudia Pick

2,0

Beschreibung

Deine Tränen lachen nicht! Gerade diese Frage muss sich Andrea, eine Landschaftsarchitektin, gefallen lassen. Sie hat sich auf den ersten Blick in eine andere Frau verliebt. Doch, die Liebe geht nicht immer den direkten Weg. Freud und Leid umschlingen sich oft, wie die Liebenden selbst, und lassen auch mal Tränen fließen.

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Für alle,

die ich liebe!

Inhaltsverzeichnis

Auf den ersten Blick

Rehe und Gazellen

Sechstagewoche

Kapitän Hook

Löwengebrüll

Casanovas Schicksal

Bunte Kugeln und wilde Arien

Antonios Vermächtnis

Italienisch für Anfänger

Heirat mit Ansage

Ravelli & Romero

Wonderwoman

Auf den ersten Blick

Ihr blondes Haar war durch den Wind ganz zerzaust. Sie schaute ihn mit Tränen in den Augen an und fragte mit bebender Stimme: „Liebst du mich?“ Er drehte sich um und, ohne auch nur ein Wort zu sagen, stieg er auf sein Pferd und ritt davon.

„Schalt bitte nicht aus!", rief ich zu Julia. Ich muss wissen, warum er ihr seine Liebe nicht gesteht!“

Julia drückte den Knopf von der Fernbedienung und sprang auf die Couch, auf der ich mich wie eine Katze eingerollt hatte. Sie zögerte nicht und begann mich zu kitzeln, bis ich laut lachen musste und auch mir die Tränen ins Gesicht kamen. Eins weiß ich, im Gegensatz zu diesem spröden Typen aus der Glotze, mache ich keinen Hehl daraus, dass ich Julia liebe, und das von ganzem Herzen.

Was wie eine flüchtige Liebe begann, hat sich zu etwas Großartigem entwickelt. Aber fangen wir doch einfach von vorne an:

Seit einiger Zeit habe ich das Malen für mich entdeckt. Nicht, dass ich die große Künstlerin wäre, aber hin und wieder ist etwas dabei, was gefällt. Nicht nur mir, sondern auch anderen. Selbst mein Vater sagt: „Ann, das hat was!“ Eigentlich heiße ich Andrea, aber er nannte mich schon von klein auf immer nur Ann. Das ist auf jeden Fall besser als die männliche Verniedlichung, bei der die Jungs dann „Andi“ gerufen werden.

Zurück zur Kunst: Also die Kunst ist es, auch ohne die perfekte Malerin zu sein, etwas darstellen zu können. Das kann ich. Würde zu gern meiner Kunstlehrerin aus der Mittelstufe nochmals begegnen, die mich qualvoll mit Wasserfarben hat arbeiten lassen und sich am Ende über meine welligen Werke mokiert hat. Deshalb habe ich mir ein kleckerfreies Malbuch zugelegt, das neudeutsch als „Tablet“ bezeichnet wird. In der Tat weichen diese Geräte, hinsichtlich Größe und Form, nicht wesentlich von den Frühstücksbrettchen ab, die meine Mutter immer noch in ihrer Küchenschublade hat. Eine solch magische Tafel verleiht mir nun ungeahnte Möglichkeiten, meiner Kreativität freien Raum zu lassen.

Mit meinen Freunden Frederik van der Weide und Isabelle Mayer, sowie einigen anderen bekannten und weniger bekannten Künstlern, haben wir einen regionalen Künstlerkreis gebildet. So können wir hin und wieder auch mal eine kleinere Ausstellung organisieren. Meistens sind es Gemeinschafts-Ausstellungen in öffentlichen Einrichtungen oder örtliche Banken, die sich aufgrund des Budgets nicht mit großen Künstlern schmücken können. Für uns natürlich stets eine Chance, vielleicht nicht mit absoluter Perfektion zu glänzen, aber dafür mit bewegenden Emotionen die Besucher einzufangen. Den Aufwand für eine Ausstellung sollte jedoch niemand unterschätzen, jeder ist gefragt. Der An- und Abtransport der Kunstwerke ist zu organisieren. Das wird mit meinem kleinen Flitzer schon schwierig, wenn ich da an die monströsen Kunstwerke von Frederik und Isabelle denke.

Für Ihre aktuelle Ausstellung „Säulen der Erde“, in den Räumlichkeiten der städtischen Volkshochschule, mussten eben diese ausladenden Metallplastiken durch die ganze Stadt kutschiert werden. Mit offener Heckklappe fuhren sie in Frederiks altem Volvo-Kombi durch die Straßen. Die Kunstwerke ragten fast einen Meter aus dem Auto heraus. Ich folgte vorsichtig mit meinem Kleinwagen dem Duo, das Auto voller Schrauben und Werkzeug für die spätere Montage. Wir kamen uns vor, als hätten wir soeben die Freiheitsstatue geklaut. Zum Glück wurden wir nicht von der Polizei angehalten. Es war ein umso bewegender Moment als die Skulpturen in aufrechter Position im Garten der Volkshochschule standen. Für mich wirkten sie schon fast beängstigend, dennoch werden sie mir ewig in bester Erinnerung bleiben. Denn auf dieser Ausstellung ist mir etwas passiert, was ich dachte eigentlich nur aus Liebesromanen zu kennen.

„Ich verliebte mich auf den ersten Blick!“

Rehe und Gazellen

Es passierte auf der Vernissage zur Ausstellung „Säulen der Erde“, die an einem Sonntag im August eröffnet wurde.

Ich erblickte das erste Mal die Frau, die ich nun so liebe. Sie stand, etwas verloren, zwischen zu Kunst gewordenem rostigen Metall. Eine schlanke Erscheinung, in einem knielangen schwarzen Kleid, mit wilder dunkler Mähne und großen dunklen Augen. Diese Augen haben auch zuerst mein Herz erobert, und jedes Mal, wenn ich sie wiedersah, verliebte ich mich in ein weiteres Stück von ihr.

Ich fragte Isabelle, wer dieses scheue Reh zwischen den Skulpturen denn wäre. Sie sagte nur, dass es Julia Romero sein müsse, mich im gleichen Atemzug aber an Frederik verwies, der habe sie eingeladen. Im Nachgang bemerkte sie jedoch, dass es sich bei näherer Betrachtung wohl nicht um ein scheues Reh handelte, sondern eher um eine wilde Gazelle. Ihren neidischen Unterton überhörte ich einfach. Isabelle ist mit ein paar Pfunden mehr ausgestattet, als andere Frauen, und mit jeder Diät steigt ihr Unmut gegenüber Frauen, die in jedes Kleid passen, sei es noch so eng. Ich überlegte kurz, ob ich Frederik bitten sollte, mir Julia vorzustellen. Aber da ich kein Kind von Traurigkeit bin, schnappte ich mir zwei Sektgläser und begab mich in den Skulpturengarten. „Hallo, ich bin Andrea, Andrea Mann“, „Mann wie Frau!", so stelle ich mich immer vor. Ohne Luft zu holen sprach ich weiter. „Sag einfach ‚Ann' zu mir“ und drückte ihr das Sektglas in die Hand. „Danke“ sagte sie und lächelte, „Julia, Julia Romero“, „Wie Julia und Romeo, nur mit einem ‚r‘ zu viel!“, erklärte sie im Gegenzug. Wir unterhielten uns angeregt über die Skulpturen und scherzten dabei über das ein oder andere prekäre Detail. Während wir lachten, schienen ihre Augen mich förmlich zu durchdringen. Es war, als würde sie gerade in mein tiefstes Inneres schauen können und ich, ich ließ es zu. War sie etwa meine Seelenverwandte, die genau die Tür öffnen konnte, die ich lange für verschlossen hielt.

Wie aus einem Traum geweckt, hörte ich plötzlich jemand meinen Namen rufen. Es war Frederik. Der offizielle Teil der Vernissage begann. Als Mitglied des Künstlerkollektiv war ich gefragt und, oh je, ich hatte die Blumen im Auto vergessen, die ich Isabelle im Anschluss an ihre Rede überreichen wollte. „Bis später, Julia!“, sagte ich ganz aufgeregt, rannte zu meinem kleinen Fiat und holte die Blumen vom Rücksitz. In meinem Ohr klang noch ihre Stimme und ein „Bis dann!“ lange nach.