DER (ALB)TRAUM, DIE WELT ZU BEREISEN - Rafael Schäfer - E-Book

DER (ALB)TRAUM, DIE WELT ZU BEREISEN E-Book

Rafael Schäfer

0,0
7,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Nahtoderfahrungen beim Surfen, Wanderungen mit Durchfall sowie Roller-Unfälle beschreiben nur einen Bruchteil der zahlreichen, negativen Erfahrungen, die Rafael während seiner Reise gemacht hat. In anderthalb Jahren erkundete er 13 verschiedene Länder und wurde dabei vor allerlei Herausforderungen gestellt. In 17 Kapiteln erzählt der Autor unverblümt von den Schattenseiten des Reisens, welche man in den sozialen Medien nur selten zu sehen bekommt. Gleichzeitig sind die wahren Geschichten auch witzig, interessant und lehrreich – zumindest im Nachhinein.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 213

Veröffentlichungsjahr: 2023

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Rafael Schäfer

Der (Alb-)Traum, die Welt zu bereisen

© 2023 Rafael Schäfer

Korrektorat: Reinhold Schäfer

Coverdesign: Cecilie Etse

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland

ISBN

 

Softcover

978-3-347-82984-8

e-Book

978-3-347-82994-7

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung „Impressumservice“, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Vorwort

Kapitel 1 – Irland: Bus-Bettelei

Kapitel 2 – USA: Merkwürdige Menschen in Miami

Kapitel 3 – Mexiko: Tauch-Trilogie

Kapitel 3.1 – Ein Sprung ins kalte Wasser

Kapitel 3.2 – Zweimal ist einmal zuviel

Kapitel 3.3 – Die Luft ist raus

Kapitel 4 – Belize: Enttäuschende Enden

Kapitel 5 – Guatemala: Durchfall-Drama

Kapitel 6 – El Salvador: Surfen und Scheitern

Kapitel 7 – Honduras: Unangenehme Unterkünfte

Kapitel 7.1 – Schlaflos in Santa Rosa

Kapitel 7.2 – Hellwach in der Hauptstadt

Kapitel 8 – Nicaragua: Roller-Rausch

Kapitel 9 – Costa Rica: Absurde Absagen

Kapitel 10 – Panama: Wahnsinnige Wanderungen

Kapitel 10.1 – Oh, wie kalt ist Panama

Kapitel 10.2 – Bange vor der Schlange

Kapitel 11 – Kolumbien: Polizisten, Pech und Pannen

Kapitel 11.1 – Anzeige ist (immer noch) raus

Kapitel 11.2 – Gelegenheiten machen Diebe

Kapitel 11.3 – Der Weg ist nicht das Ziel

Kapitel 12 – Ecuador: Panik im Park

Kapitel 13 – Peru: Wüsten-Warterei

DER (ALB)TRAUM, DIE WELT ZU BEREISEN

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Vorwort

Kapitel 13 – Peru: Wüsten-Warterei

DER (ALB)TRAUM, DIE WELT ZU BEREISEN

Cover

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

27

28

29

30

31

32

33

34

35

36

37

38

39

40

41

42

43

44

45

46

47

48

49

50

51

52

53

54

55

56

57

58

59

60

61

62

63

64

65

66

67

68

69

70

71

72

73

74

75

76

77

78

79

80

81

82

83

84

85

86

87

88

89

90

91

92

93

94

95

96

97

98

99

100

101

102

103

104

105

106

107

108

109

110

111

112

113

114

115

116

117

118

119

120

121

122

123

124

125

126

127

128

129

130

131

132

133

134

135

136

137

138

139

140

141

142

143

144

145

146

147

148

149

150

151

152

153

154

155

156

157

158

159

160

161

162

163

164

165

166

167

168

169

170

171

172

173

174

175

176

177

178

179

180

181

182

183

184

185

186

187

188

189

190

191

192

193

194

195

196

197

198

199

200

201

202

203

204

205

206

Vorwort

Gehörst du tatsächlich zu der (vermutlich kleinen) Personengruppe, die dieses Buch erworben hat, ohne mich persönlich zu kennen? Selbst wenn nicht, folgt nun trotzdem eine kurze Vorstellung von mir und der Reise, auf der sich all diese Geschichten abgespielt haben.

Ich heiße Rafael und komme ursprünglich aus Stuttgart. Nachdem ich 2017 mein duales BWL-Studium abgeschlossen hatte, wurde ich vom selben Unternehmen noch für ein Jahr übernommen. Aufgrund finanzieller Probleme wurde schon vorher angekündigt, dass mein befristeter Vertrag nach diesem Jahr nicht verlängert werden könnte. Ich entschied mich, statt nach einem neuen Job zu suchen, danach erstmal auf unbestimmte Zeit zu reisen – solange wie meine Motivation und mein Geldbeutel das zulassen würden. Um mir zumindest mit der zweiten Einschränkung etwas mehr Spielraum zu geben, nutzte ich alle Möglichkeiten: Ich wohnte weiterhin bei meinen Eltern und konnte mir dadurch die Miete sparen. Neben meinem Job gab ich privat manchmal Nachhilfe und verkaufte einigen „Müll“ aus meinem Zimmer im Internet. Ansonsten versuchte ich auch, möglichst wenig Geld auszugeben.

Erst kurz bevor mein Vertrag tatsächlich auslief, fand ich dann noch zwei Schnäppchen für den Start der Reise. Mit einem Flugticket nach Irland würde meine Reise im Oktober 2018 starten. Anderthalb Wochen später würde ich von dort in die USA weiterreisen. Von diesen zwei Flügen abgesehen hatte ich keine weiteren Pläne. Mein spontaner Reisestil führte mich daraufhin nach Mexiko und dann über Land durch alle Staaten Mittelamerikas bis nach Panama. Von dort setzte ich mit einem Boot nach Kolumbien über und verbrachte weitere acht Monate in Südamerika. Meine Reise wurde dann im März 2020 in Peru durch die Corona-Krise beendet. Ich saß dort noch zwei Wochen lang im Hostel fest, bevor mich die deutsche Regierung mit dem Rückholflieger zurück nach Deutschland beförderte.

Das ist eine sehr kurze Zusammenfassung von ungefähr 17 Monaten, die ich in Folge im – vor allem spanischsprachigen – Ausland verbracht habe. In dieser Zeit habe ich nicht nur großartige Menschen getroffen und schöne Orte gesehen, sondern auch (gezwungenermaßen) Spanisch gelernt. Dass auf solch einer langen Reise jedoch nicht immer alles glatt läuft, überrascht vermutlich niemanden. Ich hatte auch vorher schon mit dem einen oder anderen herausfordernden Moment gerechnet. Aber welches Ausmaß und welche Absurdität manche der negativen Erfahrungen im Ausland hatten, hätte ich mir nicht ausmalen können. Auch nicht, wie lustig, interessant und lehrreich diese Begebenheiten sein würden. Zumindest im Nachhinein.

Du fragst dich nun wahrscheinlich, warum dieses Tagebuch meiner Reise-Fails für dich interessant sein sollte. Vielleicht ja aus den folgenden Beweggründen:

• Du bist auf der Suche nach validen (!) Rechtfertigungen, deine Komfortzone nicht zu verlassen und lieber zu Hause zu bleiben

• Du brauchst Negativbeispiele, um deinem Kind seinen/ihren geplanten „Work&Travel“-Aufenthalt in einem exotischen Land auszureden

• Du bist selbst schon viel gereist (und wirst dich dann wahrscheinlich zwangsläufig an einigen Stellen selbst wiederfinden)

• Du willst wissen, wie die Realität des Reisens hinter den geschönten Inhalten auf Social Media aussehen kann

• Du bist schadenfreudig

• Du willst (ungefragt) einiges über verschiedene Randsportarten wie Breakdance, Surfen und Tauchen erfahren

Leider habe ich die Erlebnisse teilweise erst vier Jahre später aufgeschrieben, deshalb könnten meine Erinnerungen natürlich ein wenig verschwommen oder lückenhaft sein. Aber ich habe trotzdem alles nach bestem Wissen und Gewissen, und ohne Übertreibungen oder erfundene Zusätze wiedergegeben. Die gleiche Mentalität, echt und authentisch zu bleiben, gilt auch für Bilder dieses Buchs: Ich habe die Fotos selbst geschossen und sie nicht bearbeitet, damit sie die Realität so gut wie möglich widerspiegeln. Wenn du an ähnlichen Inhalten interessiert sind, folg mir gerne auf Instagram @2lazy4filters (ja, ich preise meinen Account hier schamlos an).

Der Fairness halber wollte ich von allen Ländern meiner Reise mindestens eine Begebenheit veröffentlichen. Wie du an den unterschiedlichen Längen der Kapitel erkennen kannst, gaben mir manche Länder (wie beispielsweise Kolumbien) mehr Stoff für dieses Buch als andere. Das bedeutet aber NICHT, dass ich in diesen Ländern weniger Spaß hatte oder generell eine schlechtere Zeit verbracht habe. Tatsächlich lässt es eher einen Rückschluss darauf zu, wie viel Zeit ich in den einzelnen Ländern verbracht habe. Statistisch gesehen können in einer längeren Zeit einfach mehr Dinge passieren. Die meisten Begebenheiten dieses Buchs sind nämlich genau das: Blöde Zufälle, die mir durchaus auch in anderen Reisezielen hätten zustoßen können. Lass dich durch dieses Buch also bitte nicht vom Besuch eines spezifischen Ortes abbringen, nur weil ich dort eine schlechte Erfahrung gemacht habe.

Kapitel 1 – Irland: Bus-Bettelei

Nach den ersten neun Tagen meiner Reise war ich in Killarney, Irland, angelangt. Ich war gerade von einer geführten Tagestour um den „Ring of Kerry“, einer Rundstrecke entlang grüner Highlands und schroffen Küsten, zurückgekommen. Damit hatte ich das vorletzte Highlight in Irland von meiner Liste abgehakt.

Aussicht am Ring of Kerry

Zwei Tage darauf wollte ich den gebuchten Flug in die USA nehmen. Ich hatte einen kleinen Flughafen an der Westküste Irlands wegen eines Flugschnäppchens ausgewählt. Außerdem befindet er sich in der Nähe der weltberühmten Steilklippen „Cliffs of Moher“, deren Besuch ich am letzten Tag vor dem Flug eingeplant hatte.

Cliffs of Moher

Um diesen Zeitplan einzuhalten, musste ich am selben Tag nach der Tour noch eine Kleinstadt namens Ennis erreichen, die zwischen den Klippen und dem Flughafen liegt. Meine Unterkunft dort hatte ich schon gebucht. Um dorthin zu gelangen, würde ich in der Stadt Limerick umsteigen müssen. Laut meiner Online-Recherche fuhr am Nachmittag aber nur noch ein Bus von Killarney aus dorthin. Daher hing mein gesamter Plan davon ab, diesen Bus zu erreichen.

Da die Tour pünktlich endete, war ich rechtzeitig im Hostel zurück und hatte noch etwas Zeit bis zur Abfahrt. Ein Bus-Ticket hatte ich mir online wegen Problemen mit meiner Kreditkarte nicht kaufen können. (Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass Online-Zahlungen auf nicht-deutschen Webseiten mit meiner Kreditkarte aus unerfindlichen Gründen nicht funktionierten.) Ich würde mir einfach vor Ort ein Ticket kaufen. Der Bus würde nicht ausgebucht sein, vermutete ich. Ich verließ mein Hostel rechtzeitig und begab mich zur Bushaltestelle. Dort zeigte ein Schild an, dass wegen Bauarbeiten eine Ersatzhaltestelle eingerichtet war. Diese war zwar fünf Minuten entfernt, aber da ich noch zehn Minuten bis zur Abfahrt des Busses hatte, lief ich gemütlich dorthin. Diese Gelassenheit sollte die Ruhe vor dem Sturm sein.

An der Ersatzhaltestelle stand der Bus schon bereit. Der Busfahrer nahm meinen Rucksack entgegen, um ihn in den Stauraum zu packen. Währenddessen stieg ich bereits ein und sah zu meiner Freude eine hübsche Reisende, die ich am gleichen Tag schon auf der Tour kennengelernt hatte. Die Busfahrt wäre mit einer Gesprächspartnerin auf jeden Fall weniger langweilig. Der Fahrer kam dann wieder herein und wollte mir das Ticket für 10 Euro verkaufen.

Ich öffnete meinen Geldbeutel und musste schlucken. Ich hatte kein Bargeld mehr. Ich weiß auch nicht mehr, warum. Vielleicht hatte ich einfach vergessen abzuheben. Vielleicht hatte ich auch erwartet, dass der Bus von einem richtigen Terminal abfahren würde, an dessen Schalter Kartenzahlung akzeptiert werden würde. Noch relativ gelassen versuchte ich, alle Möglichkeiten durchzugehen.

Ob ich mit Karte zahlen könnte, wollte ich wissen. Er antwortete, dass das nicht gehen würde. Könnte ich mein Ticket dann noch schnell online kaufen? Das könnte man für den jetzigen Bus nicht mehr, entgegnete er.

Könnte ich ein Busticket für den nächsten Tag kaufen und damit einfach schon heute fahren? Das würde er nicht akzeptieren. Langsam wurde ich unruhig. Ob er wüsste, wo der nächste Geldautomat wäre und kurz warten könnte? Das wüsste er nicht und er müsste in zwei Minuten auch pünktlich losfahren. Ich war ein wenig genervt darüber, wie unkooperativ der Busfahrer sich zeigte. Mir war zwar bewusst, dass es nicht seine Aufgabe war, mir mit meinem Problem zu helfen, aber ein wenig Einsicht hätte er schon zeigen können. Dann fragte ich die Reisende, ob sie mir einen Zehner leihen könnte. Leider hatte sie auch kein Bargeld mehr. An diesem Punkt setzte mein Adrenalin ein. Ich sah vor meinem inneren Auge schon, wie ich aus dem Bus fliegen würde und der Besuch der Cliffs of Moher zeitlich vor meinem Weiterflug nicht mehr hineinpassen würde. First World Problems eben.

Es wurde Zeit für drastischere Maßnahmen: Es saßen noch fünf weitere Personen im Bus, zu denen ich nun nacheinander hingehen müsste, um eine Leihgabe von 10 Euro zu erbitten. Ich würde den Betrag sofort per PayPal oder Überweisung zurückzahlen, stotterte ich. Wegen des Adrenalins konnte ich die offensichtliche Peinlichkeit der Situation vorerst unterdrücken. Natürlich hatten die Leute weiter hinten im Bus auch schon gesehen, wie ich von der ersten Person zurückgewiesen wurde. Trotzdem durfte ich nichts unversucht lassen und musste nacheinander alle anderen Passagiere anbetteln. Teilweise gestalteten sie die Abfuhr sogar etwas angenehmer: Unter dem Vorwand, dass sie kein Bargeld dabeihätten oder es noch selbst brauchen würden, wurde ich abgewimmelt. Am Ende hatte ich also ganze 0 Euro zusammen. Irgendwie auch verständlich. Wenn mich jemand im Bus nach einem Zehner gefragt hätte, hätte ich wahrscheinlich auch direkt verneint, ohne sein Angebot des (höchst zweifelhaften) Zurückzahlens überhaupt anzuhören.  Aber mein Verständnis für den „Geiz“ der Leute half mir eben trotzdem nicht, das Busticket zu bezahlen.

Die eigentliche Abfahrtszeit war nun eingetreten und der Busfahrer hatte nun genug von meinen Sperenzchen. Er wollte seinen Fahrplan wohl einhalten und keinesfalls wegen mir schon bei der Abfahrt verspätet sein. Er holte meinen Rucksack wieder aus dem Stauraum und ließ mich damit auf dem Bordstein stehen. Inzwischen konnte ich das in mir aufsteigende, unangenehme Gefühl nicht mehr unterdrücken. Es war die Peinlichkeit des Bettelns kombiniert mit der Demütigung eines Schwarzfahrers, der aus dem Zug geworfen wird. Mein Adrenalin schwächte ab und ich realisierte, dass ich an 10 Euro gescheitert war. Geschlagen sah ich den Bus abfahren.

In dieser Situation würde ich also nicht nur die Cliffs von Moher bis zu meinem Flug nicht mehr besuchen können, aber mir würden auch 25 Euro unnötige Kosten entstehen, weil ich das Hostel für diesen Abend schon ohne Stornierungsoption gebucht hatte. Mir war auch bewusst, dass das alles halb so wild war. Noch immer First World Problems. Aber mein Ego hatte gerade trotzdem eine grandiose Abreibung bekommen. Und das war nur passiert, weil

1. der Kauf eines Bustickets online nicht funktioniert hatte,

2. ich kein Bargeld mehr hatte,

3. wegen der Verlegung der Haltestelle nicht mehr genügend Zeit gewesen war, um noch Geld abzuheben,

4. der Busfahrer mir die Fahrt nicht hatte schenken wollen nicht sehr kompromissbereit gewesen war und

5. die Leute genauso geizig gewesen waren, wie ich selbst an ihrer Stelle wahrscheinlich auch gewesen wäre (Karma is a b*tch).

Nach weiterer Kontemplation meines Lebens schaute ich nochmal auf der Webseite des öffentlichen Verkehrs in Irland nach einer anderen Verbindung. Und es gab tatsächlich doch noch eine. Diese bedeutete allerdings drei verschiedene Züge und wegen schlechter Umsteigezeiten eine vier Stunden längere Fahrt mit Ankunft nach 1 Uhr nachts. Außerdem war sie insgesamt 30 Euro teurer. Aus diesen Gründen hatte ich sie beim Checken der Webseite am Tag vorher gleich mental ausgeblendet und vergessen. So eine dumme geld- und zeitverschwendende Verbindung würde doch niemand nehmen, hatte ich noch gedacht.

Aber jetzt freute ich mich doch über dieses Glück im Unglück. Denn diese Verbindung ließ mich meinen Zeitplan noch einhalten. Am Bahnhof traf ich dann sogar noch zwei weitere Personen von der Tour, mit denen die erste Zugfahrt sehr unterhaltsam war. Die Cliffs of Moher sowie den Flughafen am nächsten Tag erreichte ich dann auch ohne weitere Probleme. Ich hatte auch etwas gelernt, was sich auf der Reise immer wieder bewahrheiten sollte: Nur Bares ist Wahres.

Happy End!

Kapitel 2 – USA: Merkwürdige Menschen in Miami

Es gab kaum einen Ort auf meiner Reise, dessen Besuch ich wirklich bereute. Die allermeisten Orte überraschten mich sogar positiv und boten viel mehr, als ich anfangs dachte. Ich wurde jedoch schon gefragt, wo ich am meisten enttäuscht worden wäre. Und die unangefochtene Nummer Eins auf der Liste der unerfüllten Erwartungen ist Miami Beach. Und dabei hatte ich mich so darauf gefreut. Ich war nämlich zuvor in den Großstädten der amerikanischen Ostküste unterwegs gewesen. Ich hatte Boston, New York, Philadelphia, Baltimore und Washington DC besucht. All diese Städte waren im Herbst schon relativ kalt gewesen und hatten außerdem mit hohen Unterkunfts-Preisen nicht zum langen Verweilen eingeladen. Also hatte ich spontan einen günstigen Flug in wärmere Gefilde gebucht. So landete ich Anfang November in Miami.

Welcome to Miami!

Außer der erwarteten Wärme sollte der Ort auch einige verrückte Bekanntschaften für mich bereithalten. Vielleicht hatte es damit zu tun, dass ich eines der billigsten Hostels ausgewählt hatte. 12 Dollar pro Nacht würden ein gewisses Klientel anziehen. Das war mir auch bewusst. Aber nicht, dass es so viele „besondere“ Leute auf einmal sein würden…

Einen Tag nach meiner Ankunft telefonierte ich gerade mit meinen Eltern, während ich in der Lobby des Hostels saß. Ein etwas älterer Mann in einem Poloshirt und Bootsschuhen saß daneben. Nach meinem Telefonat sprach er mich auf Deutsch an. Er stellte sich als Schweizer heraus. Seine Kleidung passte auch gut, denn er war momentan tatsächlich auf einer mehrwöchigen Segeltörn. Er würde morgen in Richtung Bahamas ablegen. Warum so ein Urlauber sich im billigsten Hostel der ganzen Stadt aufhielt, war mir nicht ganz verständlich.

Dann sagte er, dass ich mit meinen Aussagen über die aufgesetzte Höflichkeit in den USA Recht hatte. Ich hatte nämlich ein paar Minuten zuvor mit meinen Eltern darüber geredet. Die „How are you?“-Fragen, scheinbar ohne wirkliches Interesse an meinem tatsächlichen Befinden, waren mir auf die Nerven gegangen. Mit seiner Aussage hatte er gerade aber auch preisgegeben, dass er wahrscheinlich den gesamten Anruf belauscht hatte. Wirklich erfreut war ich darüber nicht.

Obwohl ich nichts Schlimmes gesagt hatte, fühlte ich mich in meiner Privatsphäre verletzt. So müsste es also für englischsprachige Personen sein, die nirgendwo auf der Welt etwas sagen könnten, ohne Gefahr zu laufen, von irgendwelchen Fremden verstanden zu werden.

Allerdings war das noch nicht alles. Er zog anschließend sehr über die Amerikaner her. Er behauptete wortwörtlich, es wäre hier allen „scheißegal, wenn er morgen draufgehen würde“. Laut ihm würde es niemanden interessieren. Er benutzte einen sehr abwertenden Ton. Für die Kultur und die Einwohner des Landes, in dem er gerade zu Gast war, hatte er nicht viele gute Worte übrig. Das stieß mir wiederum unangenehm auf.

Bisher waren nämlich alle Amerikaner, die ich auf dieser Reise sowie auf einem Schüleraustausch ein paar Jahre zuvor persönlich – nicht nur oberflächlich – kennengelernt hatte, nette und großzügige Personen gewesen. Warum er so negativ dachte, konnte ich nicht verstehen. Das sollte sich jedoch bald ändern:

Kurze Zeit später lernte ich im Hostel einen ungefähr 40-jährigen Afroamerikaner kennen. Ein Arm von ihm war in einer Armschlinge fixiert. Wir kamen ins Gespräch und ich fragte ihn natürlich, was passiert war. Ich erwartete eine mehr oder minder interessante Begebenheit, die zum Bruch seines Arms geführt hatte.

Seine Antwort überraschte mich aber stark. Er wäre nämlich angeschossen worden. In den Arm. Ich glaubte ihm erst nicht, woraufhin er mir die komplette Begebenheit erzählte. Bedauerlicherweise habe ich die Details inzwischen vergessen. Aber in den USA war das leider nicht mal so außergewöhnlich, dachte ich. Zu allem Überfluss hatte er sich vor Kurzem von seiner Frau getrennt.

Daher brauchte er jetzt erstmal eine Pause. Und da es im amerikanischen „Gesundheitssystem“ keine Kuren gibt, nahm er gerade eine eigenfinanzierte Auszeit in Miami. Er war schon seit ein paar Wochen hier und wollte noch länger bleiben. Da ich an diesem Nachmittag die Stadt ein wenig erkunden wollte, schloss er sich mir an. Zugegeben, er war nicht gerade die Reisebegleitung, die ich erwartet oder gesucht hatte.

Viele andere Gäste schienen im Hostel aber nicht herumzulungern. Besser als allein war es allemal. Also erkundeten wir an diesem Nachmittag zusammen ein paar Parks, eine Uferpromenade und den Strand in der Nähe.

Tatsächlich stellte sich die Stadterkundung mit ihm als angenehm heraus. Am Abend wollten wir dann noch etwas trinken. Aber besser nicht in einer Bar oder einem Restaurant, entschieden wir. Wir waren uns darüber einig, dass das Geldverschwendung wäre. Also kauften wir Alkohol im Supermarkt. Dummerweise ist der Genuss von alkoholischen Getränken in der Öffentlichkeit in den USA aber generell nicht erlaubt. Unser Hostel verbat mitgebrachten Alkohol auch. Diesen müsste man an der hauseigenen Bar erwerben.

Diese Hürden sollten uns aber nicht von unserem Plan abhalten, denn mein Mitstreiter hatte einen besonderen Trick auf Lager. In einem Mini-Markt kaufte er Saft, um den Alkohol zu mischen. Außerdem nahm er aber auch zwei große Pappbecher mit, die eigentlich für die Befüllung an der Softdrink-Maschine gedacht waren. Nachdem er außerdem noch Eiswürfel hineingegeben hatte, füllte er vor dem Laden dann Alkohol und Saft in unsere beiden Becher. Polizisten hassen diesen Trick. Er präsentierte mir diese Technik ganz stolz, als hätte er gerade einen nobelpreiswürdigen Durchbruch geschafft. Wir liefen durch die Straßen zurück zum Hostel und tranken dabei die (für meine Verhältnisse zu starke) Mischung durch die Strohhalme aus unseren Soda-Bechern.

Als wir an einem Polizeiauto vorbeiliefen, wollte er mir scheinbar beweisen, wie sicher unsere Methode war und grüßte die Polizisten im Auto demonstrativ mit erhobener Hand. Ich bekam kurz etwas Bammel. Die Cops nickten zurück. Es war natürlich nichts passiert. Aber warum er eine mögliche Konfrontation herausforderte, wusste ich auch nicht. Was ich wusste, war, dass das Life of Crime nichts für mich wäre. Mit dem entsprechenden psychologischen Druck könnte ich nicht umgehen. Im Hostel angekommen, machten wir es uns mit den Drinks in der Hand im Whirlpool im Außenbereich gemütlich.

Mein Begleiter und ich genossen diesen Ort der Entspannung nach dem heißen Tag sehr. Allerdings musste er seinen verbundenen Arm aus dem Wasser heraushalten. Dass dieses günstige Hostel überhaupt einen Whirlpool zur kostenlosen Benutzung anbot, war schon überraschend. Noch überraschter war ich darüber gewesen, dass ich niemand anderen in den letzten zwei Tagen beim Baden gesehen hatte. Auch an diesem Abend kam niemand dazu und wir hatten das warme Wasser für uns. Mein Begleiter verließ den Whirlpool kurze Zeit später, da er wegen seines Arms nicht ganz entspannen konnte. Er teilte mir mit, dass er ins Bett gehen würde. Ich würde ihn heute also nicht mehr sehen, denn er war nicht im selben Mehrbettzimmer wie ich. Ich hingegen genoss den Luxus des Whirlpools noch etwas länger.

Ich schaute zwei anderen Hostelgästen beim Tischtennisspielen zu und kam mit ihnen ins Gespräch. Sie stellten sich als Italiener heraus, die hier in der Stadt jobbten. Deswegen hätten sie leider keine Zeit, um in den nächsten Tagen etwas zu unternehmen. Trotzdem genoss ich die Unterhaltung, die ich aus dem Whirlpool heraus mit ihnen führte. Ich erzählte, dass ich wahrscheinlich bald weiterreisen würde. Wohin, wüsste ich aber noch nicht. Darauf entgegnete einer der beiden, er würde in eineinhalb Wochen eine neue Festanstellung als Barkeeper antreten und würde die vier bis fünf Tage davor gerne noch für einen (vielleicht sogar internationalen) Ausflug nutzen. Er wäre bereit, sich mir anzuschließen, da sein Landsmann an diesen Tagen sowieso arbeiten musste.

Wir machten aus, dass ich ihm Bescheid sagen würde, falls ich etwas Passendes finden würde. Die beiden verschwanden ein paar Minuten später aus dem Hostel. Sie hatten an diesem Abend wohl noch andere Pläne. Schade, denn ich wäre auch gerne mitgekommen. Aber ich wäre natürlich das dritte Rad am Wagen gewesen.

Als ich an diesem Abend mein Mehrbettzimmer betrat, sah ich in einem benachbarten Bett einen weiteren ungefähr 40-jährigen Afroamerikaner schlafen. Allerdings ohne Decke und in voller Arbeitsmontur, die nach Gipser oder Maler aussah. Weird Flex, but okay. Ich fragte mich, wie müde er gewesen sein musste, sich vor dem Schlafen nicht mal mehr umzuziehen. Viel mehr Gedanken machte ich mir aber nicht, bevor ich ins Bett ging. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, waren kein Koffer, Rucksack oder andere Gegenstände um sein Bett herum zu sehen. Daraus schloss ich, dass er wohl schon abgereist war.

Am Nachmittag sah ich sowohl die Decke als auch ein weißes Handtuch – fein säuberlich gefaltet – auf dem Bett liegen. Für mich sah das nach dem vorbereiteten Schlafplatz für den nächsten Gast aus. Ich hatte allerdings kein Handtuch erhalten. Also entschied ich, es einfach von diesem Bett zu nehmen. Es war mir lieber als mein dünnes Reisehandtuch. Ja, Gelegenheit macht eben Diebe. Da ich von der Hitze sehr verschwitzt war, benutzte ich es auch gleich zum Duschen. Danach hing ich es draußen an eine Wäscheleine.

Gegen Abend kam ich ins Zimmer zurück. Mein vermeintlich abgereister Zimmernachbar war zurückgekehrt. Er fragte mich sofort in einem etwas anmutenden Unterton, ob ich sein Handtuch genommen hätte. Es glich der Ruhe vor dem Sturm. Er war immer noch in seinem Arbeiteroutfit, in dem er auch geschlafen hatte. Ich war geschockt, aber von seiner aggressiven Aura so überrumpelt, dass ich es auch nicht leugnen konnte. Ich stammelte eine Entschuldigung. Ich hätte gedacht, er wäre schon abgereist. Dann fauchte er mich an, dass das SEIN Handtuch gewesen wäre. Ich hatte das Gefühl, er wöllte mich in der nächsten Sekunde verprügeln.

Solch einen aggressiven Tonfall hatte ich noch nie persönlich erlebt, geschweige denn gegen mich gerichtet. Jetzt wurde mir etwas bange. Mit einem nervösen, diplomatischen Lächeln stotterte ich, dass es doch kein Problem wäre und ich ihm schnell ein neues von der Rezeption holen würde. Das sollte ich jetzt BESSER tun, entgegnete er mir energisch. Das hatte etwas von einem Mafia-Geldeintreiber, der einem noch einen weiteren Tag zur Schuldenbegleichung gibt, bevor man eine Kugel in den Schädel bekommt.