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Vier kleine Kätzchen, ausgesetzt im Wald, allein. Gefunden werden sie von der Kunstmalerin Gudrun Stark und ihrem Mann, dem Autor Matthias Stark. Eines der Katzenkinder wird sie nach Hause begleiten. Welche Abenteuer Mensch und Tier auf dem Weg zum erwachsenen Stubentiger erleben, wurde in Wort und Bild festgehalten. Mit einfühlsamen Zeichnungen und kurzweiligen Texten beschreiben die beiden das erste Jahr im Leben ihres Findelkaters.
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Seitenzahl: 93
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„Ein König so kühn wie ein Katzensohn.“
Aus den nordischen Mythen der „Edda“
Prolog
Urlaub
Schreie
Gefunden
Suchen
Im Tierheim
Blaue Augen
Überlegungen
Beim Arzt
Namenstag
Bücher
Möbel
Der Unfall
Freiheit
Probleme und Neuigkeiten
Vernetzt
Töne
Der Kratzbaum
Hilfe
Findus als Fernsehstar
Gewinn und Verlust
Töten
Verrücktheiten
Wieder eine Idee
Geschwister
Epilog
Über die Autoren
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Durch das kleine Loch im Dach der Scheune fiel ein Lichtstrahl auf den Dachboden. Staub tanzte und das Heu verströmte den Geruch vergangener Sommer. Eine Biene hatte sich ins Halbdunkel verirrt und summte unablässig auf der Suche nach einem Ausgang. Im Hof schlurften Schritte hin und her. Ein Hund bellte von fern, dann war Stille. Nur die Biene machte Gesumm.
Im Heu raschelte es. Eine Katze strich leisfüßig durch die Dachkammer. Im hinteren Teil des alten Bodens verschwand sie im Heu. Hier lagen ihre vier Jungen. Noch hatten sie die Augen geschlossen. Zwei graue und zwei getigerte Katzenbabys waren vor ein paar Tagen auf die Welt gekommen. Die Katzenmutter hatte sich bis jetzt fürsorglich um sie gekümmert. Die alte Katze wohnte schon einige Jahre hier auf dem Bauernhof. Mit den Menschen des Hofes hatte sie wenig zu tun. Manchmal kamen Kinder und versuchten mit ihr zu spielen. Meist ging sie den Zweibeinern aus dem Weg. Sie hatte gelernt, ihnen nicht allzu weit zu trauen. Vor ein paar Jahren noch gab es die alte Mutter Hanne auf dem Hof. Die stellte manchmal den Katzen ein wenig Milch hin und wenn es Abend wurde, die Sonne sich rot färbte, saß die alte Mutter auf der Bank vor der Kate und die Katzen strichen um ihre Füße. Dann konnte es passieren, dass die eine oder andere Katze auf den Schoß der Alten sprang und sich von ihr das Fall kraulen ließ. Seit man die Mutter auf dem Friedhof im Dorf begraben hatte, war niemand mehr da, der sich um die Katzen kümmern wollte. Der Jungbauer arbeitete tagsüber in der Kreisstadt und wenn er sich am Abend um die Landwirtschaft kümmern musste, fand er keine Zeit für die Katzen. Die sollten die Mäuse in Schach halten und sich ansonsten so wenig wie möglich zeigen. So lebten die Menschen und die Katzen ein getrenntes Leben auf diesem Hof. Auch der Hund hatte es nicht besser. Er verbrachte seine Zeit in einem Zwinger. Kam jemand auf den Hof, dann bellte er laut. Für den Besucher klang es, als wolle der Hund ihm Böses. Aber Hasso freute sich doch nur über die Abwechslung, er hatte kaum Beschäftigung. Nur kurz durfte er den Zwinger am Tage verlassen und mit den Kindern eine Runde im Wald drehen. Da hatten es die Katzen besser, die waren wenigstens nicht eingesperrt und konnten ihrer Wege gehen.
Nun also lagen vier Junge im Heu. Die Katzenmutter ging zu ihnen, leckte sie vorsichtig eins nach dem andern, beschnupperte sie und prüfte so, ob alles in Ordnung war. Dann säugte sie ihre Kleinen. Sie legte sich zu ihnen und der Geruch der Mutter, ihre Wärme und Nähe und nicht zuletzt die warme Milch ließ die Kleinen sich ganz wohl und heimelig fühlen. Dann kuschelten sich die Jungen wieder ganz eng aneinander und schliefen ein. Die alte Katze erhob sich, um nun für sich selbst zu sorgen. Auch sie hatte Hunger und wollte ein wenig jagen. Es gab auf dem Hof nicht mehr sehr viele Mäuse und oft musste sie bis raus in die Felder schleichen, um Beute zu machen.
Mit eleganten Bewegungen erklomm sie einen Balken und sprang von dort auf die Treppe. Leichtfüßig und lautlos gelangte sie in den Hof, lief an der Scheunenwand entlang hinter den Schuppen. Dort gab es ein paar Mauselöcher und vielleicht war ihr das Jagdglück hold.
Unterdessen war der Jungbauer im Hof erschienen. Er ging geradewegs auf die Scheune zu und zur Treppe, die auf den Boden führte. Unter der Last des Bauern ächzten die Stufen. Die kleinen Kätzchen hörten im Schlaf das Knarren der Stufen nicht. Sie waren satt und zufrieden. Erst als ein paar große, kräftige Hände nach ihnen griffen, wurden sie wach und verstanden mit ihren kindlichen Seelen nicht, was mit ihnen geschah. Eines nach dem anderen wurde unsanft erfasst und in einen Weidenkorb gelegt. Als der Korb geschlossen wurde, war Dunkelheit um sie herum. Ein leichtes Schaukeln ließ sie wieder in den Schlaf fallen.
Ihre Katzenmutter sahen sie nie wieder.
Keiner konnte ahnen, dass sich heute unser Leben verändern würde. Es war der Tag des Sommeranfangs, die Sonne blinzelte in unsere Unterkunft im Havelland. Urlaub, jene Zeit, in der man seine Position auf dem Erdenrund gern wechselt, austauscht, sich verändert. Und Veränderung würde es geben.
Wir verbringen unsere Urlaubstage gern in Gegenden, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht wünschen, die Luft nicht erfüllt ist vom Motorengeräusch fahrender Automobile und geschäftiges Hasten selten anzutreffen ist. Deshalb waren wir zum ersten Mal in einen Landstrich gefahren, der fast schon nicht mehr brandenburgisch-preußisch, aber auch noch nicht ganz sachsen-anhaltinisch ist. Ein Grenzland, eine der dunkelsten Ecken Deutschlands, aber nur des Nachts unterm Sternenhimmel und im wahrsten Wortsinn. Unsere Unterkunft in G. war ein altes Schleusenwärterhaus, direkt an der Havel gelegen und romantisch umgeben von alten Bäumen, Wiesen und Wäldern.
Unsere Wirtsleute waren freundliche Menschen, die ihre Pension mit viel Liebe führten. Da wurde abends gekocht, Brot gebacken und manchmal gab es Pizza aus dem Holzofen im Hof. Anschließend wurde gemeinsam dort am großen Tisch gegessen. Einmal überflog ein Schwarzstorch die muntere Gesellschaft.
Wir hatten bereits eine ganze Woche hinter uns gebracht. Am Tage waren wir wandern, haben die einsamsten Stellen erkundet und dabei viele schöne Beobachtungen anstellen können, Seeadler beim Fischen beobachtet, kreisenden Rotmilanen bei ihren halsbrecherischen Flugmanövern zugesehen und Fischadler auf ihren Horsten ausgemacht. An einigen Abenden sind wir in den kleinen Hafen von G. gefahren. Dort wohnte eine Biberfamilie, nach der man fast die Uhr stellen konnte. Zur Zeit des Sonnenunterganges verließen die Tiere ihren Bau, schwammen auf die Havel hinaus und ließen sich hervorragend beobachten. Die gar nicht scheuen Kerle sind dort schon an die Beobachter gewöhnt und ließen sich nicht stören von den Zweibeinern, deren Sehschärfe so unvollkommen ist, dass sie sich mit Fernrohen, Feldstechern und Kameras ausstatten müssen, um erkennen zu können. Ja der Mensch ist unvollkommen, aber das wissen die Tiere nicht. Wären sie uns gegenüber sonst so scheu?
An fast jedem Abend konnten wir eine Ricke sehen, die im hohen Gras stand und zu uns blickte. Irgendwo auf der Wiese lag vermutlich ihr Kitz versteckt. Einmal versuchten wir, uns ihr zu nähern. Sie blieb lange Zeit ruhig stehen, sprang dann aber doch zur Seite ab. Auf einer anderen Wiese schnürte ein Fuchs entlang. Er suchte Mäuse, und wir konnten mehr als einmal zuschauen, wie er zum Sprung ansetzte und sich seine Nahrung fing. Hatte auch er Junge zu versorgen?
An einem sonnigen Tag fuhr unser Gastgeber bereits am Morgen mit uns auf die Havel hinaus. Mit dem kleinen Boot hatten wir keine Mühe, in die verwunschenen Seitenarme der Havel zu gelangen. Wir konnten hier hervorragend Fischadler beobachten, die auf den Bäumen saßen und sich wenig um uns scherten. An einen sitzenden Rotmilan schlich sich unser Boot Welle um Welle heran, wir konnten dem Tier schon fast in die Augen schauen, dann flog es doch lieber auf und brachte sich in Sicherheit. Den Menschen flieht das Tier, es kennt ihn schon zu lange!
Man könnte sich in der Stille der Havel stundenlang auf dem Wasser treiben lassen, den Gedanken Ausflug gewähren und Ruhe einatmen. In der flirrenden Sommerluft trieben die Insekten ihr Spiel. Überall war ein Summen und Brummen in den Wiesen, dass es dem Betrachter schwindelig werden konnte.
Wir nahmen fast immer Brote mit auf unsere Touren. So waren wir nicht darauf angewiesen, uns um ein Mittagessen kümmern zu müssen. Wir verbrachten die Tage unter dem hohen Himmel in der Weite der havelländischen Felder und Wiesen, an den Seen und kleinen Fließen, wo man immer wieder etwas entdecken konnte. Sogar die seltenen Bartseeschwalben konnten wir bei ihren Flugmanövern beobachten. Hoch oben im Himmelsblau kreisten die Seeadler, von fern waren Kranichrufe zu hören und die Feldlerchen trillerten ihr Lied, für uns unsichtbar, weit oben, nah bei den Göttern.
Die Tage waren angefüllt von sanftem Nichtstun, Schauen, Staunen, von Lesen und Nachdenken, Bummeln und Schlendern.
Die Sonne versprach, dass schöne Sommertage kommen würden, warm und sorglos. Bis zum heutigen Tag. Denn heute würden wir noch mal Eltern werden.
Der Hof unserer Gastgeber war ein Schwalbenhof. Die Vögel flogen mit einer göttlichen Leichtigkeit umher, dass einem beim Zuschauen ganz taumelig wurde. Sie hatten hier ein Paradies gefunden. Herr F. hatte ihnen seine Garage überlassen. Sein Auto parkte er anderswo, sodass der Hof allein den Schwalben und ihrem Nachwuchs gehörte. Ein kleiner Schlitz in der Tür der Garage genügte den Flugkünstlern, und mit einer erstaunlichen Behändigkeit flogen sie ein und aus, versorgten ihren Nachwuchs und hatten ein gutes Leben.
Andere Gäste dieses Hofes waren ein Storchenpaar, das auf dem alten Schornstein seine Jungen aufzog und hier schon seit Jahren ein Zuhause hatte. Mit freundlichem Geklapper empfing die Storchendame ihren Gatten, der von der Jagd zurückkam und seiner Familie die ersehnte Nahrung brachte. Zwei kleine Kinderköpfchen schauten dann und wann über den Nestrand und wollten auch schon mal die Welt erkunden. Die Schwalben und die Störche hatten hier ihr Auskommen, so wie auch die menschlichen Gäste es sich hier wohl sein lassen konnten. Es waren sorglose Tage.
Wir fragten unsere Gastgeber, wo es hier in der Gegend vielleicht einen Fuchs- oder Dachsbau gäbe. Weil wir uns gern mal ein paar Stunden im Wald auf Ansitz begeben, um dann den einen oder anderen tierischen Bewohner zu beobachten. Ganz viele schöne Dinge haben wir so schon sehen können. Gerade Füchse und Dachse sind unsere besonderen Freunde. Junge Füchse beim Spielen zu beobachten gehört mit zu den aufregendsten Möglichkeiten, eine Tür zur wirklichen Natur da draußen zu öffnen und in einen Garten zu blicken, der den Menschen meist verborgen bleibt. Wir leben ein Leben, das sich immer weiter von der Natur entfernt und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis unsere Entfernung unüberbrückbar geworden sein wird.
„Da müssen Sie hinterm Nachbardorf in W. nach Süden die Plattenstraße fahren. Dort ist dann ein Kiefernwäldchen mit einem Dachsbau.“ Wir fuhren also die Plattenstraße. Die Wiesen waren von kleinen Baumgruppen bestanden, es ist Abwechslung in der Landschaft, so, als hätte ein Maler mit seinem Pinsel kleine Tupfer setzen wollen. Überall Sträucher und Hecken, genügend Unterschlupf für Kleintiere, Vögel und Insekten.