Der Bodyguard - Karin Lindberg - E-Book

Der Bodyguard E-Book

Karin Lindberg

0,0
3,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Geheimes Verlangen, verstohlene Blicke und ein lange gehütetes Geheimnis. Die Vergangenheit lässt Ashley Prescott einfach keine Ruhe. Sie reist ein allerletztes Mal nach England, um auf dem Anwesen ihrer Familie ihren Frieden mit dem Verschwinden ihrer Mutter zu machen. Ashleys Bodyguard Chase Rushton ist beherrscht, wortkarg und verflucht sexy. Leider ist er auch der einzige Kerl, der absolut nicht nach Ashleys Pfeife tanzen will. Und dann kommt es zur Katastrophe und Chase muss ihr zeigen, was sie ihm wirklich bedeutet, denn es ist viel mehr in Gefahr als nur ihr Herz … Jeder Band ist in sich abgeschlossen. Wer es lieber chronologisch mag, dem empfehle ich für den größten Lesegenuss folgende Reihenfolge: Band 1 Der Maskenball Band 2 Die Entführung Band 3 Der Meisterdieb Band 4 Der Amerikaner Band 5 Der Bodyguard

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2021

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Der Bodyguard

Prescott Sisters 5

Karin Lindberg

Inhalt

Reihenfolge »Prescott Sisters«:

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Epilog

Bonuskapitel Chase

Kostenloses E-Book im Newsletter

Lektorat: Dorothea Kenneweg

Korrektorat: Dr. Andreas Fischer

Covergestaltung: Casandra Krammer

Copyright © Karin Lindberg 2017

Erstausgabe August 2017

Erstellt mit Vellum

Reihenfolge »Prescott Sisters«:

Band 1 Der Maskenball

Band 2 Die Entführung

Band 3 Der Meisterdieb

Band 4 Der Amerikaner

Band 5 Der Bodyguard

Covermotiv: © Shutterstock.com

K. Baldvinsson

Am Petersberg 6a

21407 Deutsch Evern

Keine Neuigkeiten mehr verpassen? Zum Newsletter und weiteren Informationen geht es hier: www.karinlindberg.info

Ihr findet mich auch auf Facebook

Instagram @karinlindbergschreibt

Alle Rechte vorbehalten.

Jede Verwertung oder Vervielfältigung dieses Buches – auch auszugsweise – sowie die Übersetzung dieses Werkes ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet. Handlungen und Personen im Roman sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Prolog

»Das kannst du vergessen!« Ich baue mich vor meinem Vater auf und verschränke die Arme vor der Brust.

»Ashley, bleib mal auf dem Teppich. Entweder das, oder du kannst den Trip nach Bath streichen.« Mit der demonstrativen Seelenruhe des Familienpatriarchen, der er nun einmal ist, lehnt er sich langsam in seinem Schreibtischstuhl zurück und macht mich damit nur noch rasender.

»Ich bin keine zwölf mehr, Dad. Vergiss das nicht.«

Meine Stimme zittert vor Wut.

»Das ist mir egal. Ich habe kein gutes Gefühl dabei, dich alleine nach England fliegen zu lassen.«

»Du tust ja geradezu so, als könnte ich nicht auf mich selbst aufpassen. Ich bin neunundzwanzig Jahre alt und leite meine eigene Galerie, da werde ich wohl eine Reise ins Königreich auf die Reihe bekommen.«

Egal welche Argumente mein Dad vorbringen wird, ich lasse mir diesen Trip nicht ausreden. Ich muss noch einmal in unser Elternhaus reisen, um mit dem Verschwinden meiner Mutter vor mehr als zwanzig Jahren endlich abschließen zu können. Ein Begräbnis hat es nie gegeben, da nach ihrem Verschwinden jede Spur von ihr fehlte.

Das ist vielleicht das Schlimmste an der ganzen Sache für mich, nicht zu wissen, was damals wirklich geschehen ist. Die Wahrscheinlichkeit, auf dieser Reise neue Informationen zu finden, ist gering, aber darum geht es mir auch nicht vorrangig.

Ich muss ein letztes Mal alles sehen, die Orte besuchen, die mich mit meiner Mum verbinden, bevor ich sie gehen lassen kann. Dafür brauche ich bestimmt keinen Aufpasser.

»Sweetheart«, seufzt Dad jetzt ungeduldig. »Das Haus ist momentan unbewohnt und liegt nicht gerade mitten in der Stadt. Ich will nur, dass es dir gutgeht und dass du vor allem sicher bist.«

Es war schon immer so, dass mein Dad einen Hang zur Überbehütung hatte.

Da sag noch mal jemand was von Helikopter-Müttern … Okay, in unserem Falle musste er uns tatsächlich die Mutter ersetzen, aber seine Maßnahmen sind trotzdem absolut übertrieben.

»Verdammt noch mal, Dad. Ich brauche keinen Babysitter!«

»Er ist kein Babysitter, sondern ein Bodyguard und ich lasse nicht mit mir verhandeln. Nicht in diesem Fall. Sieh ihn dir doch erst mal an, Chase Rushton ist ein äußerst vertrauenswürdiger Mann. Er hat für den Secret Service und danach für verschiedene Promis gearbeitet und will es nun etwas ruhiger angehen lassen.«

»Secret Service?«

Augenblicklich bin ich interessiert. Diese Kerle müssen gestählte Körper haben und ich stehe auf Muskeln. »Hast du ein Foto?«

Dad neigt den Kopf und sieht mich forschend an. »Ashley, er ist kein Spielzeug. Ich habe ihn für deine Sicherheit engagiert und nicht für anderweitige Vergnügungen.«

Beinahe hätte ich laut gelacht. Was denkt er denn von mir?

Das Zutreffende wahrscheinlich. Ich bin in Beziehungsangelegenheiten nicht gerade als stabil zu bezeichnen. Die Halbwertszeit meiner Affären liegt unter der von Radium.

»Dad, das weiß ich doch. Was ist nun mit seinem Foto?«

Er klickt ein paarmal mit seiner schnurlosen Maus und winkt mich zu sich. »Hier ist sein Lebenslauf, mach dir selbst ein Bild. Er hat bereits für Beyoncé und die Kardashians gearbeitet, wünscht sich jetzt aber etwas weniger … exzentrische Arbeitgeber.«

»Na«, lache ich, »da ist er ja bei mir an der richtigen Adresse!«

Dad presst seine Lippen aufeinander und wirft einen flehenden Blick an die Decke. »So, ist Chase Rushton genehm für die Dame?«

Meine Mundwinkel biegen sich nach oben, als ich seine Vita überfliege und mir sein Bewerbungsfoto genauer betrachte.

Militärisch kurzer Haarschnitt, kantige Gesichtszüge und wachsame Augen. Dass er sein markantes Gesicht glattrasiert hat, lässt ihn jünger wirken, als seine zweiunddreißig Jahre, die hier vermerkt sind, anmuten lassen.

Ledig, keine Kinder. Sehr schön.

Einer kleinen Affäre würde also nichts entgegenstehen.

»Okay, Dad. Dann habe ich für den Trip also einen Bodyguard. Grandios.«

Mein Vater runzelt die Stirn. »Gut, dass wir das geklärt haben. Lass uns essen gehen.« Energisch schiebt er seinen Stuhl zurück und steht auf. »Die anderen warten sicher schon auf uns.«

Kapitel 1

Mit klopfendem Herzen betrete ich den Pudong International Airport. Mit meinem Bodyguard – wie bescheuert das klingt – ist verabredet, dass wir uns in der Abfluglounge unserer Airline treffen. Nachdem ich eingecheckt und die Sicherheitskontrolle passiert habe, steuere ich den avisierten Treffpunkt an.

In der Lounge suche ich mir ein ruhiges Plätzchen, da ich ihn zunächst nirgends entdecken kann.

»Ashley Prescott?«

Ich hebe meinen Kopf und sehe in ein paar ausdrucksstarke grünbraune Augen.

Ja, das muss er sein. Ausgeprägte Wangenknochen, sehr kurze Haare und ein Wahnsinnskörper.

Genial, ich liebe diesen Trip jetzt schon.

»Chase?« Ich stehe auf, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein, was mir jedoch auch stehend nicht gelingt, da er um einiges größer ist als ich. Er reicht mir seine Hand und ich erwidere seinen Gruß. Obwohl er sich höchstwahrscheinlich zurückhält, spüre ich dennoch, wie viel Kraft in ihm steckt.

Ja, ich kann mir gut ausmalen, dass er zuvor beim Secret Service tätig war.

»Freut mich«, flöte ich, als mir das Schweigen zwischen uns zu unbehaglich wird.

»Gleichfalls.«

»Nenn mich bitte Ashley, auf Förmlichkeiten lege ich keinen besonderen Wert.«

Er lässt meine Finger los und nickt wortlos, bevor er seinen Seesack neben mir abstellt.

Süß, wirklich. Fehlt nur noch, dass er eine Marke um den Hals trägt.

»Gut, mache ich gerne«, sagt er, während ich versuche, ein Grinsen zu unterdrücken.

Ich will auf keinen Fall, dass er denkt, ich würde mich über ihn lustig machen, schließlich habe ich viel vor mit ihm.

Chase sieht in natura noch um einiges attraktiver aus als auf dem Bewerbungsfoto und ich kann mir vorstellen, dass wir auch im Bett gut harmonieren würden. Er entspricht in allen Punkten meinem Beuteschema.

»Auf eine angenehme Reise. Soll ich uns ein Gläschen Champagner holen?«, schlage ich gutgelaunt vor.

»Nein, danke. Ich trinke nicht.« Seine Miene hätte nicht desinteressierter sein können.

»Nie?«, hake ich nach.

»Nicht, wenn ich arbeite.«

Hm. Na schön. Dann eben kein Drink. Davon lasse ich mir die Laune nicht trüben.

»Na gut, erzähl mal was von dir. Wir sollten uns besser kennenlernen, da wir nun ein paar Tage miteinander verbringen.«

Chase sieht mich mit einem unergründlichen Ausdruck an, bevor er sich mir gegenüber in einen der Sessel pflanzt.

»Hast du meinen Lebenslauf nicht gelesen?«

Ich runzele die Stirn. »Äh, doch. Aber da steht ja kaum was drin.«

»Es ist alles, was du über mich wissen musst. Ich sorge dafür, dass du wohlbehalten nach Shanghai zurückkommst.«

Ernsthaft? Ich kann es nicht fassen. Einen Augenblick überlege ich, ob mein Dad ihm womöglich einen Bonus zahlt, damit er nur das Nötigste mit mir spricht und auf keinen Fall mit mir im Bett landet.

So weit dürfte selbst mein alter Herr nicht gehen … Nein. Das glaube ich nicht.

Es muss an Chase liegen. Vielleicht taut er ja noch auf.

Das hoffe ich zumindest. Ansonsten könnte diese Reise ziemlich nervtötend werden. Ich hasse Menschen, die den Mund nicht aufbekommen.

Zwölf Stunden haben Chase und ich jetzt auf engstem Raum in der Business Class miteinander verbracht. Ja, man hat mehr Platz als in der Monkey, trotzdem kommt man sich unweigerlich näher als anderswo. Hier konnte er nicht vor mir flüchten, obwohl er sich genau das garantiert hundertmal gewünscht hat.

Chase ist nicht nur wortkarg, sondern auch noch extrem verschlossen.

Merkwürdigerweise scheint dieser Mann absolut kein Interesse an Gesprächen oder sonstigen sozialen Interaktionen zu haben – und das macht mich wahnsinnig.

Auf jede meiner Fragen antwortet er, jedoch äußerst einsilbig. Hauptsächlich hat der Kerl allerdings geschlafen, oder so getan. Gut, so blieb mir Zeit, ihn ausgiebig zu betrachten.

Er ist wirklich ein Sahneschnittchen. Viel habe ich von seinem Körper zwar noch nicht gesehen, aber ich kann die Konturen seiner Muskeln unter seiner Kleidung durchaus erahnen.

Hätte mein Dad mir nur vorher gesagt, dass es sich bei meinem Aufpasser um einen Taubstummen handelt, hätte ich es mir vielleicht anders überlegt und wäre heimlich ohne ihn geflogen …

Jetzt ist es zu spät, wir sind in London und auf dem Weg zur Mietwagenstation, bei der Emma, unser ehemaliges Kindermädchen, das nun als persönliche Assistentin für meinen Dad arbeitet, uns freundlicherweise einen Wagen reserviert hat.

Emma war – wie mein Dad – überhaupt nicht begeistert, dass ich so kurz vor Weihnachten nach Blanrych Manor, in unsere alte Heimat, reisen will. Das Anwesen liegt ziemlich genau zwischen Bath und Bristol an der Westküste Englands.

Ich habe lange genug mit diesem Besuch gewartet, aber jetzt will ich endlich einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen, um in die Zukunft blicken zu können.

»Da ist es«, informiert mich mein Begleiter gewohnt knapp und zeigt auf das Schild unseres Mietwagenanbieters.

»In Ordnung, du kannst hier warten. Nicht weglaufen, ja?«, scherze ich und lächele.

Chase neigt seinen Kopf und sieht mich mit hochgezogener Augenbraue an.

Okay, Humor hat er auch nicht. Super. Das wird eine Wahnsinns-Reise. Yay.

Ich verziehe mein Gesicht, während ich auf die Mitarbeiterin zugehe, die sich in aller Seelenruhe die Fingernägel bepinselt und überhaupt nicht für mich interessiert.

»Guten Morgen«, grüße ich höflich und so gut gelaunt, wie man sein kann, wenn man gerade einen zwölfstündigen Interkontinentalflug hinter sich hat.

»Guten Morgen, Madam. Wie kann ich behilflich sein?«, leiert sie herunter und wedelt mit ihrer frisch lackierten Hand durch die Luft.

Jetzt pustet sie sogar noch darauf. Die Nägel werden bei ihrem billigen Look auch nichts mehr rausreißen, aber das behalte ich lieber für mich.

»Wir haben ein Auto reserviert. Auf den Namen Prescott«, informiere ich sie und lege die Buchungsbestätigung auf den Tresen.

Sie nimmt das Papier mit spitzen Fingern und studiert es in einer Langsamkeit, die mich an den Rand meiner Beherrschung bringt.

»Momentchen«, teilt sie mir nach einer Ewigkeit mit und gibt etwas in ihren Computer ein. Ungeduldig tippe ich mit dem Fuß auf den Boden und sehe mich nach Chase um.

Er hat mich – wie erwartet – im Blick. Er scheint jede meiner Bewegungen zu analysieren.

Nie habe ich einen Mann kennengelernt, der so ausdrucksstarke grünbraune Augen hat wie er. Die Farbe ist außergewöhnlich. Ihm dürfte das egal sein, wie vieles andere auch.

Ich habe keine Ahnung, was in seinem Hirn vorgeht, daher versuche ich es mal mit einem Winken. Ich weiß, es ist ein bisschen provokant, es ist schließlich sein Job, auf mich zu achten. Mir kommt es – je länger wir unterwegs sind – immer alberner vor, dass mein Dad ihn engagiert hat.

»Ah, hier habe ich die Buchung«, verkündet die Trine der Vermietung endlich.

Halleluja, will ich frohlocken, atme stattdessen nur hörbar aus und freue mich, dass es nun hoffentlich vorangehen wird.

»… der gewünschte Wagen ist aktuell nicht verfügbar, ich schaue mal, was wir sonst noch dahaben …«

Genervt verdrehe ich die Augen. »Hören Sie, Lady. Geben Sie mir einfach ein Auto!«

»Ich bin dabei, nur keine Hektik.«

Ich schüttele meinen Kopf und versuche ruhig zu bleiben, auch wenn es mir, übermüdet wie ich bin, äußerst schwerfällt. Ich hasse es, mit Stümpern zu tun zu haben, leider kann man es nicht in allen Lebenslagen vermeiden.

»Wie wäre es mit einem Volvo?« Sie klimpert mich mit ihren falschen Wimpern an.

»Volvo?«, wiederhole ich. »Hatten wir nicht einen Range Rover gebucht?«

Stümper, ich sag’s ja.

»Ja, aber wie ich Ihnen bereits erklärt habe, es ist keiner verfügbar.«

»Mein Gott, dann nehmen wir eben den Volvo. Wo sind die Schlüssel?«

»Brauchen Sie eine Vollkasko-Versicherung?«

»Ja, machen Sie schon. Hier ist meine Kreditkarte.«

Gefühlte zwei Stunden später sind wir endlich auf dem Weg zu unserem Wagen. Chase schiebt meinen Koffer, seine eigenen Habseligkeiten passen offenbar alle in diesen Seesack, den er sich zuvor über die Schulter geworfen hat.

Wenn er ein bisschen mehr reden würde, wäre er echt ein Schnuckel. Wobei, bei dem, was ich mit ihm vorhabe, braucht man nicht viele Worte.

Obwohl ich hundemüde bin, kann ich ein Schmunzeln nicht unterdrücken.

Nach einem beinahe zwanzigminütigen Fußmarsch über den Flughafen Heathrow bis hin zum Parkplatz der Mietwagengesellschaft haben wir unser Auto schließlich erreicht. Das Grinsen ist längst aus meinem Gesicht gewichen. Ich bin am Ende meiner Kräfte und stoße einen erleichterten Seufzer aus, bevor ich die Verriegelung mit der Fernbedienung aufhebe.

Chase packt unsere Sachen in den Kofferraum, während ich die Fahrertür öffne.

Moment mal.

Um ein Haar wäre ich auf dem Beifahrersitz gelandet. England, Linksverkehr, erinnere ich mich und umrunde den Wagen.

»Was tust du da?«, fragt mich mein sonst mit Worten geizender Beschützer.

»Einsteigen?«, gebe ich stirnrunzelnd zurück. »Wonach sieht es aus?«

»Ich meinte, wieso steigst du auf der Fahrerseite ein?«

»Ganz einfach, weil ich fahre.«

Er lacht trocken und schüttelt seinen militärisch kurzgeschorenen Kopf.

»Gib mir die Schlüssel!« Um seine Forderung zu unterstreichen, hält er mir seine flache Hand vor die Nase.

»Äh, nein?!«

»Ashley …«

Es klingt betörend, wie er meinen Namen ausspricht. Mein Körper reagiert mit einer Gänsehaut. Seine Stimme ist ruhig und angenehm dunkel.

Ich kann dennoch den bestimmten Unterton darin wahrnehmen, der bedeutet, dass er gewohnt ist, dass Leute das tun, was er von ihnen will. Und jetzt will er offenbar das Steuer selbst in die Hand nehmen.

»Ich soll auf dich aufpassen. Dein Vater bezahlt mich nicht dafür, dass du uns umbringst.«

Ich atme zischend aus. »Willst du mich verarschen? Ich werde ja wohl noch einen verdammten Volvo lenken können. Steig endlich ein!«

Chase verschränkt die Arme vor seiner breiten Brust. Nur ein einziger zuckender Muskel an seiner Wange verrät mir, dass er innerlich nicht so gelassen ist, wie er vorgibt zu sein.

»Du hast einen Langstreckenflug hinter dir, hast kaum geschlafen und bist keine geübte Fahrerin. In Shanghai hast du einen Chauffeur und mit Linksverkehr bist du nicht vertraut. Also, her mit den Schlüsseln.«

»Linksverkehr, ich höre immer nur Linksverkehr. Und du warst nicht mit in der Maschine, oder wie?«

»Ich bin es gewohnt, mit wenig Schlaf auszukommen. Das ist mein Job.«

»Herrgott noch mal, du Nervensäge«, fluche ich und werfe die Schlüssel in die Luft. Er fängt sie gekonnt mit einer Hand auf.

Ich atme hörbar aus, aber verkneife mir einen zusätzlichen Kommentar.

Ich gebe nur nach, weil wir sonst niemals ankommen werden.

»Danke.«

Ich schnaube erneut leise auf.

»Na gut, dann kann ich mir dich noch ein bisschen genauer ansehen.« Ich zucke mit den Schultern.

Habe ich erwähnt, dass ich durchaus praktisch veranlagt bin, was gleich nach meiner Harmoniesucht kommt?

Ich hasse Streit und will im Grunde gut mit ihm auskommen.

»Hast du mich im Flugzeug nicht schon ausgiebig genug beäugt?«, kontert er und bringt mich ins Stutzen, während ich den Volvo zum zweiten Mal umrunde und endlich auf der Beifahrerseite einsteige.

»Hast du irgendwo zwei Ersatzaugen, mit denen du alles verfolgst, solange du schlummerst?«

Chase lacht. Zum ersten Mal, seit ich ihn in Shanghai kennengelernt habe, lacht er laut und herzhaft.

»Ich habe einen leichten Schlaf«, ist jedoch das Einzige, was er zu sagen hat.

Kurz danach verlassen wir London, steuern auf den Motorway M4 und brechen nach Westen Richtung Bath auf. Das Navi zeigt uns zweieinhalb verbleibende Stunden und einhundertfünfzehn Meilen an.

Jetzt bin ich froh, dass er darauf bestanden hat zu fahren, denn mir fallen schon nach wenigen Minuten immer wieder die Augen zu.

»Du kannst ruhig dösen«, kommentiert er mein Gähnen.

»Danke, Papa«, brumme ich und ruckele mich im Sitz zurecht.

Chase hält das Lenkrad mit beiden Händen umklammert und sieht stur geradeaus.

»Hast du so einen Kodex, der es dir verbietet, mit deinen Kunden näher ins Gespräch zu kommen?«, will ich von ihm wissen und starre auf die kleine, längliche weiße Narbe, die sich über seiner linken Augenbraue befindet.

»Nein.«

O Mann. Ich würde ihn gerne schütteln. Geht es irgendwie noch knapper?

»Okay. Regeln, dass du nicht mit Schutzbefohlenen ins Bett gehst?«

»Nein.«

Ich sehe zu ihm rüber, wo liegt dann eigentlich sein Problem?

»Aber?«, hake ich nach.

»Ich habe weder am einen noch am anderen Interesse. Es ist nicht mein Job, dich zu unterhalten, und schon gar nicht, dich zu vögeln.«

Mir bleibt einen Moment die Luft weg.

Nachdem ich mich wieder gefangen habe, wende ich mich ihm erneut zu. Wir werden viel Zeit miteinander verbringen, die ich nur ungern verschwende.

»Also, du könntest, wenn du wolltest?«, möchte ich deshalb von ihm wissen.

So leicht lasse ich mich nicht abbügeln.

»Natürlich. Ich bin ein freier Mann.«

Ah. Sehr gut. Es ist noch nicht aller Tage Abend, wo wir gerade so schön bei hohlen Phrasen sind. »Und woran liegt es dann?«

»Ich bin nicht interessiert.«

Er ist nicht interessiert? Da ist er der erste Kerl, dem ich unverfänglichen Sex anbiete, der Nein sagt.

Na gut, so konkret habe ich es natürlich nicht ausformuliert, aber er ist garantiert nicht so begriffsstutzig, dass er nicht kapiert, was ich von ihm will.

»Ha, alles klar. Du bist schwul«, schlussfolgere ich und verschränke meine Arme.

Er hebt eine Augenbraue. »Ich bin sicher nicht schwul.«

Beinahe hätte ich über seinen konsternierten Gesichtsausdruck gelacht, beiße mir jedoch auf die Unterlippe.

»Das kann ja jeder sagen. Beweis es mir!«, provoziere ich ihn.

»Du bist nicht mein Typ«, knallt er mir tatsächlich eiskalt vor den Latz.

Okay, das ist de facto ein Argument.

Wenn er auf durchtrainierte, blonde Püppchen steht, ist er bei mir mit meinen üppigen Rundungen beileibe an der falschen Adresse.

Zu schade.

»Na schön. Wer ist dann dein Typ?«

Vielleicht kann ich ja die Haarfarbe wechseln. Es interessiert mich tatsächlich, welche Art Frau ein Kerl wie er bevorzugt, auch wenn ich es mir so ungefähr vorstellen kann.

Das Gegenteil von mir offenbar.

»Das geht dich nichts an«, brummt er und richtet seinen Blick wieder stur geradeaus.

O Mann.

»Pf«, gebe ich von mir und schaue aus dem Fenster.

Wahnsinn, so eiskalt hat mich im Leben noch keiner abblitzen lassen.

»Pass auf, Ashley.« Er wirft mir einen resignierten Seitenblick zu. »Wir machen uns den Alltag in den kommenden Tagen leichter, wenn du aufhörst, mich anzugraben. Das führt ohnehin zu nichts.«

»Ein Jammer, wirklich. Ich glaube, du und ich, wir hätten viel Spaß zusammen haben können.«

»Das bezweifle ich.«

Gegen meinen Willen muss ich grinsen. »Sind deine Vorlieben so speziell?«

Er hebt eine Augenbraue. »Das geht dich ebenfalls nichts an.«

Ich zucke wieder mit den Schultern und schließe meine Lider. »Na gut. Dann schlafe ich eben eine Runde.«

Mit ihm zu reden, bringt ja offenbar nichts. Jedenfalls erhalte ich keine befriedigenden Antworten, also spare ich mir weiteren verbalen Leerlauf fürs Erste.

Chase atmet hörbar aus, schweigt jedoch. Ich kann mir gut vorstellen, dass er froh ist, wenn ich endlich meine Klappe halte.

Ich bin zwar hundemüde, kann aber auch nach einigen Minuten nicht einschlafen. Mit geschlossenen Augen lasse ich deshalb raus, was mir durch den Kopf geht.

»Du denkst, ich bin ein verwöhntes Püppchen aus reichem Hause?«

Vielleicht hat er ja was gegen Leute mit Geld.

Hat mein Vater nicht erwähnt, dass er nicht mehr für so exzentrische Individuen wie Beyoncé und Co arbeiten will? Das wäre wenigstens eine Erklärung für sein Verhalten.

»Dein Vater bezahlt mich dafür, dich sicher zurück nach Shanghai zu bringen, alles andere ist irrelevant und interessiert mich nicht.«

Puh. Sein Standardspruch. Der Kerl ist echt eine harte Nuss. Ich habe genug davon, dass er auf keine meiner Versuche ein Gespräch zu führen eingeht.

»Was hat dir mein Dad über den Grund der Reise erzählt?«

Kommen wir eben zu den unerfreulichen Fakten unseres Zusammenseins, wenn er für die angenehmen schon nichts übrig hat.

»Nicht viel.«

Okay, auch bei diesem Thema scheint er nicht gerade ein großer Redner zu sein.

»Willst du mehr darüber hören?«, hake ich nach.

Keine Ahnung, woher mein Bedürfnis kommt, mich mit ihm zu unterhalten. Ich schiebe es mal auf den Schlafmangel, der hat eine ähnliche Wirkung auf mich wie Alkohol, da kann ich mich manchmal seltsam benehmen. Nach dieser Phase kommt üblicherweise die totale Erschöpfung.

»Eigentlich nicht.«

»Mein Gott.« Ich werfe die Hände in die Luft. »Können wir über irgendetwas reden?«

»Dafür werde ich nicht bezahlt.

---ENDE DER LESEPROBE---