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Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. »Du lieber Himmel, wie schaust du denn aus?« Christel Waldmooser sah ihre Freundin und Kollegin erstaunt an. Hanna wischte sich müde über das Gesicht. »Frag' bloß net«, erwiderte sie. »Ich hab' die letzten beiden Nächte kein Auge zugemacht!« Christel ging an die kleine Anrichte, die neben dem Fenster des Büros stand, dort hatte die Kaffeemaschine ihren Platz. Die Sekretärin schenkte zwei Tassen ein und reichte eine an Hanna Behringer weiter. »Was ist denn bloß passiert?« Die junge Frau winkte ab. »Passiert ist eigentlich net viel«, entgegnete Hanna. »Bloß, dass ich einen Brief von daheim bekommen hab' …« »Schlechte Nachrichten? Was Schlimmes?«, fragte Christel erschrocken. Hanna trank einen Schluck und nickte. »Kann man wohl sagen. Meine Schwester, die Lisa, die heiratet in ein paar Wochen.« Christel blickte sie erstaunt an.
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Seitenzahl: 119
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»Du lieber Himmel, wie schaust du denn aus?«
Christel Waldmooser sah ihre Freundin und Kollegin erstaunt an. Hanna wischte sich müde über das Gesicht.
»Frag’ bloß net«, erwiderte sie. »Ich hab’ die letzten beiden Nächte kein Auge zugemacht!«
Christel ging an die kleine Anrichte, die neben dem Fenster des Büros stand, dort hatte die Kaffeemaschine ihren Platz. Die Sekretärin schenkte zwei Tassen ein und reichte eine an Hanna Behringer weiter.
»Was ist denn bloß passiert?«
Die junge Frau winkte ab.
»Passiert ist eigentlich net viel«, entgegnete Hanna. »Bloß, dass ich einen Brief von daheim bekommen hab’ …«
»Schlechte Nachrichten? Was Schlimmes?«, fragte Christel erschrocken.
Hanna trank einen Schluck und nickte.
»Kann man wohl sagen. Meine Schwester, die Lisa, die heiratet in ein paar Wochen.«
Christel blickte sie erstaunt an.
»Mehr net? Und deswegen hattest’ schlaflose Nächte? Ich dacht’ schon, es wär’ sonst was passiert!«
»Ist es ja auch. Ich muss nämlich nach Hause!«
Die Kollegin verstand sofort.
»Auweia!«, entfuhr es Christel. »Du musst zur Hochzeit fahren …«
»Genau, und einen Mann mitbringen, den ich net hab’.«
Die Unterhaltung fand im Sekretariat der Firma »Brandt und Söhne« statt, einem Speditionsunternehmen, das in ganz Europa tätig war. Hier in München befand sich die Zentrale, in der alle Fäden zusammenliefen. Hanna Behringer und Christel Waldmooser teilten sich das Büro. Es war Montagmorgen, kurz nach acht Uhr in der Frühe, und ihr Dienst hatte gerade begonnen.
Glücklicherweise kamen die Firmenchefs, Anton Brandt, sowie die beiden Söhne, Klaus und Manfred, nicht vor neun Uhr ins Büro, und die beiden Sekretärinnen konnten sich noch einen Moment unterhalten.
»Was willst’ denn jetzt machen?«, fragte Christel.
Hanna zuckte die Schultern.
»Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht.«
Seit am Samstagmorgen der Brief von ihrer Schwester gekommen war, hatte sie ein nervenaufreibendes Wochenende hinter sich. Hanna hatte stundenlang wach gelegen und hin und her überlegt, wie sie dieser drohenden Katastrophe entgehen konnte.
Doch sie fand einfach keinen Ausweg. Zur Hochzeit ihrer Schwester musste sie nach Hause fahren, und die Familie, besonders die Eltern, erwartete, dass sie Robert mitbrachte, den Mann, dessentwegen Hanna vor drei Jahren ihre Heimat verlassen hatte und nach München gegangen war, um hier mit ihm – gegen den Willen ihrer Eltern – glücklich zu werden.
Nur leider währte dieses Glück nicht viel länger, als ein paar Wochen, denn dann stellte sich Robert Gerke als Frauenheld und notorischer Fremdgänger heraus, und Hanna gab ihm den Laufpass.
Dabei hatte alles so romantisch begonnen. Auf dem Tanzabend in St. Johann hatte sie ihn kennengelernt, und wie bei ihr, versicherte er, war es auch bei ihm Liebe auf den ersten Blick.
Dass das ganz dreist gelogen war, merkte Hanna erst, als es zu spät war. Ihre Eltern hatten gleich keinen guten Eindruck von dem Mann, der es nicht für nötig erachtete, sich bei ihnen einmal vorzustellen.
Zu undurchsichtig war Robert Gerke und auch gegenüber Hanna verstrickte er sich in Widersprüche, wenn er von seinem Beruf als angeblicher Finanzmakler redete, von seinem Haus in der vornehmen Villengegend in München.
Doch Hanna war viel zu sehr verliebt, um über diese Widersprüche zu stolpern. Erst als sie in München ankamen, erfuhr sie, dass die Villa nicht Robert gehörte, sondern dem Chef seines Vaters, bei dem Richard Gerke als Chauffeur angestellt war. Er und seine Frau wohnten in einer kleinen Wohnung über den Garagen, Robert selbst hatte ein möbliertes Zimmer in einem ganz anderen Stadtteil.
Die junge Frau verbarg ihre Enttäuschung und machte gute Miene zum bösen Spiel. Immerhin hatte sie sich mit den eigenen Eltern entzweit, um Robert zu folgen.
Da konnte sie auf gar keinen Fall zurückgehen und sich daheim blamieren!
Hanna suchte sich eine Arbeit. Bisher hatte sie auf dem elterlichen Hof gearbeitet. Nun fing sie in einer Fabrik an und lötete Elektroteile zusammen, die in Waschmaschinen eingebaut wurden. Eine eintönige Arbeit, aber immer noch besser, als auf der faulen Haut zu liegen – so wie Robert.
Der kümmerte sich nicht um Arbeit und lebte schön auf Hannas Kosten. Und dann merkte sie sehr schnell, dass seine Liebe zu ihr stark abgeflaut war. Ja, Hanna kam dahinter, dass Robert sie betrog. In seiner Stammkneipe hatte er den Ruf eines Casanovas, und mehr als einmal sah Hanna ihn mit wechselnden Frauen im Arm.
Klammheimlich packte sie ihre Sachen, schrieb ihm einen Abschiedsbrief und suchte sich eine Bleibe in einer Pension. Sie arbeitete fleißig, besuchte eine Abendschule und machte nach erfolgreichem Abschluss eine zweijährige Ausbildung zur Sekretärin. Mit ihren Englischkenntnissen fand sie rasch eine Anstellung in der Spedition, wo sie seit einem halben Jahr arbeitete.
Beinahe drei Jahre hatte sie nicht mehr an Robert gedacht, und nun wurde er ihr ins Gedächtnis gerufen. Es hatte ungefähr sieben oder acht Monate gedauert, bis sie es wagte, Kontakt mit Zuhause aufzunehmen. Sie schrieb ihrer Mutter einen langen Brief, in dem sie um Verzeihung bat und sich wünschte, doch hin und wieder etwas von den Eltern und der Schwester zu hören.
Tatsächlich kam ein Antwortbrief. Dann ein zweiter. Zuhause wollten sie wissen, wie es Hanna ging. Ob sie glücklich verheiratet sei, wann man mit ihrem und Roberts Besuch rechnen könne.
Hanna ließ sich immer neue Ausreden einfallen, um diesen Besuch hinauszuzögern. Jetzt aber konnte es keinen Grund mehr geben, der die Heimfahrt verhinderte.
»Deine Eltern kennen diesen Robert doch gar net, oder?«, fragte Christel.
Hanna schüttelte den Kopf.
»Sie haben ihn nie geseh’n.«
Die Kollegin kratzte sich am Kopf.
»Das vereinfacht die Sache natürlich«, schmunzelte sie.
Hanna Behringer sah sie nicht verstehend an.
»Wie meinst du das?«
»Ganz einfach«, lachte sie. »Du bringst deiner Familie deinen Mann mit und stellst ihn endlich zu Hause vor.«
Hanna sah die Freundin und Kollegin einen Moment an, als habe Christel den Verstand verloren.
»Wie soll das denn bitt’ schön geh’n? Ich bin net verheiratet und hab’ keinen Mann! Schon vergessen?«
Christel Waldmooser winkte ab.
»Pah«, meinte sie, »heutzutage kann man alles mieten, warum net auch einen Ehemann?«
*
»Ich soll was?«
Hanna wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
»Ich soll sozusagen einen Mann leasen?«, fragte sie noch einmal.
»Klar. Wieso net? Es gibt da ganz seriöse Unternehmen, die männliche Begleiter vermitteln.«
Hanna Behringer machte ein zweifelndes Gesicht.
»Ich weiß net«, sagte sie, »ist das net ein bissel … anrüchig?«
Ein anderes Wort fiel ihr nicht ein. Doch die Freundin schüttelte den Kopf.
»Überhaupt net. Heutzutag’ gibt’s so viele Frauen in gehobenen Positionen, die haben meist gar keinen Mann, geschweige denn, dass sie verheiratet wären und eine Familie hätten. Denen geht die Karriere über alles. Und nun stell’ dir mal vor, so eine Geschäftsfrau ist aus irgendwelchen Gründen auf die Begleitung eines Mannes angewiesen. Dann nimmt sie eben solch einen Escortservice in Anspruch. Vielleicht ist besagte Dame auch nur einsam in ihrem Hotelzimmer und will eine Theateraufführung besuchen, dann begleitet der Mann sie, und nachher verabschieden sie sich voneinander. Am nächsten Tag erinnert man sich net einmal mehr an den Namen. So unverbindlich ist das alles.«
»Trotzdem. Denk doch mal nur, was so einer alles über meine Familie und mich wissen müsst’, schließlich sind wir ja angeblich seit drei Jahren verheiratet.«
»Du, das sind Profis«, untergrub Christel die Argumentation der Freundin. »Ich an deiner Stelle würd’ es jedenfalls net sofort ablehnen, sondern mich erst mal nach den Konditionen erkundigen. Billig, fürcht’ ich, wird’s nämlich net sein.«
Die Unterhaltung der beiden Frauen wurde unterbrochen, als der Chef mit seinen Söhnen eintraf. Hanna versuchte, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, wurde aber immer wieder von dem Gedanken abgelenkt, sie müsse den Eltern einen auch ihr Wildfremden als Ehemann vorstellen.
Hanna war froh, als sie endlich in die Mittagspause gehen konnten. Christel begleitete sie. Doch statt wie sonst in das kleine Bistro zu gehen, das sich auf der anderen Straßenseite befand, lotste die Kollegin Hanna in ein Internetcafé.
»Was sollen wir denn hier?«
Christel Waldmooser lächelte geheimnisvoll. Sie deutete auf einen freien Computer.
»Jetzt wollen wir doch mal schauen, ob so eine Aktion überhaupt finanzierbar ist.«
»Du redest immer noch von einem Begleitservice?«
»Klar, ich hab’s dir angeseh’n, wie’s heut’ Vormittag ständig hinter deiner Stirn gearbeitet hat. Also, wenn du mich fragst, ich find’ die Idee immer noch gut. Jedenfalls immer noch besser, als ohne Ehemann nach Hause zu kommen.«
»Pst! Net so laut!«
Hanna drehte sich vorsichtig um. Die Computer standen an den Wänden des rechteckigen Raumes, in der Mitte befand sich eine Art Rondell mit weiteren Rechnern darauf. An einem davon saßen die beiden Sekretärinnen. Viele Computer waren belegt, aber niemand schaute zu den Frauen hinüber. Die anderen Nutzer, meist junge Burschen, surften im Internet, und keiner kümmerte sich um den anderen.
Christel hatte zwei Milchkaffee und Croissants bestellt und war schon dabei, eine Internetseite aufzurufen. Sie hatte das Stichwort »Begleitservice« in die Suchmaschine eingegeben, und schon Sekunden später standen unzählige Seiten zur Auswahl auf dem Bildschirm.
»So, dann wollen wir mal …«
Fasziniert schaute Hanna zu, wie ihre Freundin die einzelnen Seiten aufrief und durchsah. Kaum eine Firma in diesem Bereich bot nicht auch Begleitungen für einen längeren Zeitraum an. Sogar bis zu sechs Wochen in den Urlaub konnte man – je nachdem – einen Mann oder eine Frau mitnehmen. Dabei wurde ständig darauf hingewiesen, dass es sich bei den Angeboten lediglich um einen Escortservice handele und weitere »Dienstleistungen« nicht in Anspruch genommen werden könnten.
Doch, ach weh, die Kosten!
Schon eine einfache Abendbegleitung kostete ab dreihundert Euro aufwärts. Hinzu kamen die Kosten für Theater- oder Opernbesuche, die Rechnung für Bar- und Restaurantbesuche, sowie Taxifahrten oder ähnliches, die der Kunde zu tragen habe.
Eine Woche Begleitung wurde mit zehntausend Euro veranschlagt – ohne Spesen!
»Du lieber Himmel, wer soll das denn bezahlen?«, fragte Hanna erschreckt.
Christel zuckte die Schultern.
»Na ja, Leute, die so was in Anspruch nehmen, können’s sich freilich leisten. Schad’, die Idee jedenfalls ist net schlecht.«
»Aber leider undurchführbar«, erwiderte Hanna.
»Dann müssen wir uns halt eine preiswertere Variante ausdenken.«
Christel war offenbar von dem Gedanken nicht abzubringen.
»Mir fällt jedenfalls keine ein«, bemerkte Hanna und steckte sich den Rest des Hörnchens in den Mund und trank den Milchkaffee hinterher.
Die beiden Frauen verließen das Internetcafé, um wieder in die Firma zu gehen. Kurz nach ihnen trat ein junger Mann auf die Straße und schaute ihnen hinterher. Ein leises Lächeln umspielte die Lippen des sympathisch wirkenden Gesichts. Der Mann wartete, bis Hanna und Christel um die Ecke gebogen waren, dann folgte er ihnen, wobei er ein fröhliches Lied pfiff.
Kurz vor dem Eingang zur Spedition hatte er sie eingeholt.
»Hallo ihr zwei«, rief Andreas Felber und machte ein gestresstes Gesicht. »Findet ihr net auch, dass die Mittagspause viel zu kurz ist?«
Hanna nickte zustimmend. Der Kollege arbeitete in der Abteilung für Logistik und war verantwortlich, dass ein Lastwagen der Firma, der etwa eine Ladung nach Mailand gebracht hatte, nicht leer wieder zurückfuhr – wenn es denn gerade in der Gegend einen Auftrag gab. Andreas war ein Jahr älter als sie und verhehlte nicht, dass er ein Auge auf Hanna geworfen hatte. Leider waren seine Bemühungen in dieser Hinsicht bisher vergebens gewesen. Mehr als einen gemeinsamen Kinobesuch hatte es nicht gegeben. Dabei war Andreas durchaus eine attraktive Erscheinung. Schlank und sportlich, einen guten Meter achtzig groß und mit ausgezeichneten Manieren. Zwar hatte er auf eine Wiederholung gehofft, doch Hanna machte ihm sehr deutlich, dass sie an einer Beziehung nicht interessiert wäre.
Zu tief saß noch die Enttäuschung, die sie mit Robert erlebt hatte, doch davon sagte sie
nichts …
So blieb Andreas Felber nichts anderes übrig, als seine Traumfrau aus der Ferne anzubeten und die Hoffnung nicht aufzugeben.
Und genau diese Hoffnung hatte heute Mittag neue Nahrung erhalten.
»Hast’ einen Moment Zeit?«, fragte er Christel, als sie unten im Flur standen.
Hanna war bereits die Treppe hinaufgegangen. Die junge Sekretärin blieb stehen.
»Was gibt’s denn, Romeo?«, wollte sie lächelnd wissen.
Christel Waldmooser wusste um Andreas’ unerfüllte Liebe zu der Kollegin.
Er kratzte sich ein wenig verlegen am Kopf.
»Tja, also, die Sache ist die …«, begann Andreas zögernd. »Eben, im Internetcafé …, also, ich saß auf der anderen Seite des Rondells.«
Christel ging ein Licht auf.
»Und hast gehört, worüber Hanna und ich uns unterhalten haben.«
Er nickte.
»Also, wirklich net absichtlich. Aber sag’ doch mal, was ist denn das für eine Geschichte? Wieso sucht Hanna einen Mann übers Internet?«
Christel sah sich rasch um, dann zog sie den Kollegen in einen Raum, in dem Computerpapier und andere Dinge gelagert wurde.
»Kein Sterbenswort zu Hanna!«, beschwor sie ihn. »Jedenfalls net, bevor ich mit ihr gesprochen hab’.«
»Bestimmt net«, versprach Andreas. »Aber was ist denn nun mit ihr …?«
Die Sekretärin lächelte verschmitzt.
»Ich glaub’, ich hab’ eben eine wunderbare Idee bekommen«, meinte sie geheimnisvoll.
*
»Ich muss verrückt geworden sein, mich überhaupt darauf eingelassen zu haben!«
Hanna Behringer saß neben Andreas und schüttelte immer wieder den Kopf, als könne sie es nicht fassen, dass sie beide auf dem Weg nach St. Johann waren.
Mit ihm, als ihren Ehemann!
»Beruhig’ dich, mein Schatz«, grinste er und sah sie von der Seite her an. »Net bös’ sein, ich üb’ ja bloß.«
Hanna holte tief Luft und schluckte runter, was ihr auf der Zunge lag. Wie ein böser Traum kam es ihr vor, seit Christel freudestrahlend ins Büro gekommen war und verkündet hatte, sie habe die Lösung für das kleine Problem.
»Andreas Felber?«, hatte Hanna ungläubig ausgerufen. »Nie im Leben frag’ ich den!«
»Brauchst’ auch net«, grinste die Freundin. »Das hab’ ich nämlich schon getan. Er ist einverstanden.«
Hastig erzählte sie von der Unterhaltung, die sie mit Andreas eben noch geführt hatte. Und je mehr sie erzählte, umso natürlicher fand Hanna den Vorschlag. Sie kannte Andreas und mochte ihn. Hätte sie ihn unter anderen Umständen kennen gelernt, hätte sogar etwas aus ihnen werden können. Doch die Wunden, die die Beziehung zu Robert Gerke gerissen hatte, waren längst noch nicht verheilt.
Indes musste sie sich ja auf nichts einlassen, was sie nicht selber wollte. Christel hatte ein erstes Treffen für den Abend in Hannas Wohnung verabredet und versprach, dabei zu sein. Es war schon eine seltsame Situation, Hanna empfand sie sogar als peinlich, als sie zu dritt im Wohnzimmer saßen, und sie zum ersten Mal einem anderen Menschen – von Christel einmal abgesehen – ihre Lebensgeschichte erzählte. Andreas hörte zu, ohne sie zu unterbrechen, und selbst als sie fertig war, enthielt er sich eines wertenden Kommentars.