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Wieder war ein Kind vor der Hochzeit gekommen. Der Zwinger – wo werden arme Leute anders geboren als im Zwinger? – nahm das Ereignis bemerkenswert ruhig hin. Die alte Geschichte ... Der Soldat lernt das Mädchen kennen, genießt bescheidene Sonntagsfreuden und bleibt eines Abends zu lang mit dem Schatz auf der Bank sitzen, was ist da schon dabei? Johannes Löhner war wenigstens hernach nicht davongelaufen. Das wurde ihm von der Welt im Zwinger gutgeschrieben, und selbst Maria Mäl glaubte an ein ungewöhnliches Glück, weil sie wußte, daß es nicht alle Männer so halten.
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Seitenzahl: 245
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ISBN 9783961507337
Im Zwinger steht noch das Haus, rissig und grauwandig, allen Winden offen, den milden wie den rauhen, die sich an den vier Ecken stoßen. Dicht unter dem First hängt die Dachstube vor, einem Vogelbauer ähnlich, klein, eng, bescheiden in sich geduckt.
Heulend blies der Wind in einer Märznacht des Jahres 1886 um das graue Haus. Das dürftige Lichtlein in der Dachstube bebte und zitterte. Jeden Augenblick wollte es erlöschen, den aussichtslosen Kampf aufgeben gegen den grimmigen Nordsturm.
Dann wäre die Welt ganz finster gewesen, die zu beschreiten Ernst Löhner sich eben anschickte. Übermäßig hell war die Welt wohl auch jetzt nicht, doch ein kleines, freundliches Lämpchen spendete immerhin schwachen Schein und ließ die weise Frau sehen, daß sie einem Knäblein hilfreichen Dienst tat.
»Jessas! Der macht ja net amal an rechtschaffnen Maßkrug voll«, urteilte die rundliche Hebamme, während sie das Kind aller herkömmlichen Weihen unterzog, die der Mensch bei seiner leiblichen Ankunft zu ertragen hat.
Drei oder vier Weiber der Nachbarschaft waren trotz der frühen Stunde anwesend. Sie wollten ihre überschüssigen Tränen loswerden, zu welchem Zweck ihnen Entbindung, Kindtaufe oder Begräbnis gleich wert ist.
Es gibt Menschen, die darin ein Vergnügen finden. Die Weiber füllten den schmalen Raum zwischen Tisch und Wochenbett, steckten die Köpfe zusammen wie Gänse, wenn es donnert, und erzählten erbauliche Geschichten von schweren Entbindungen.
Johannes Löhner saß mitten unter ihnen. Aufgeregt, fast hilfloser als sein Erstgeborener, und erstaunt aufzuckend, wenn aus dem Stubenwinkel der schrille Diskant des Söhnleins dem Leben einen sehr zornigen Hymnus sang.
Johannes war enttäuscht. Die auffällige Kleinheit seines Sprossen verletzte sein einfaches Gemüt, denn seine vierkantige Art schätzte am Menschen besonders die Brustweite. Damit schien es bei seinem Stammhalter nun allerdings nicht hervorragend bestellt.
Gutmütig lächelnd trug die Hebamme den mörderisch schreienden Bengel durch die Stube, hielt ihn seinem Erzeuger unter die Nase und orakelte, auf eine kleine Falte an der Nasenwurzel deutend: »Der Bub hat Verstand. Ich kenn' mich da aus. Vor dreißig Jahren ist es gewesen ...«
Andächtig horchte Johannes Löhner auf die Geschichte eines Kindes mit einer Falte unter der Nasenwurzel, das später eine Leuchte im Leben wurde. Er besaß die unbegrenzte Hochachtung einfacher Menschen vor geistigen Gaben. Unklar war ihm nur, woher sein Kind solche Gaben haben sollte. Er wußte von sich genau, daß er die elende Dorfklippschule bis zur Entlassung in der zweiten Klasse geschwänzt hatte. Doch diese Unklarheit konnte ihn nicht groß anfechten.
Mit gelassenem Stolz nahm er die Glückwünsche von Hebamme und Nachbarinnen entgegen, fuhr übernächtig in den gipsbestaubten Arbeitsrock und ging schwerschrittig in den grauenden Morgen hinaus, seiner täglichen Arbeit nach.
Auf der Straße noch zeterte das gellende Kreischen aus der Dachstube hinter ihm her und gutlaunig brummte er: »Ob der Saubub wohl noch immer brüllt, wenn ich zum Mittag komm ...«
Wieder war ein Kind vor der Hochzeit gekommen. Der Zwinger – wo werden arme Leute anders geboren als im Zwinger? – nahm das Ereignis bemerkenswert ruhig hin. Die alte Geschichte ... Der Soldat lernt das Mädchen kennen, genießt bescheidene Sonntagsfreuden und bleibt eines Abends zu lang mit dem Schatz auf der Bank sitzen, was ist da schon dabei?
Johannes Löhner war wenigstens hernach nicht davongelaufen. Das wurde ihm von der Welt im Zwinger gutgeschrieben, und selbst Maria Mäl glaubte an ein ungewöhnliches Glück, weil sie wußte, daß es nicht alle Männer so halten.
Seit der Entlassung Johannes Löhners vom Militär wohnten die zwei Leutchen zusammen. Hoch oben in der Dachstube des grauen Hauses führten sie den kleinen Hausstand, so gut das gehen wollte. Erste Sorge war, arbeitsfähig zu sein. Das graue Gespenst, das treppauf, treppab durch die Welt des Zwingers schlich, ging nur an Türen vorüber, hinter denen es gesunde, kräftige Arme wußte. Darum schleppte Johannes Löhner täglich elf Stunden Mörtel und Ziegelsteine, und Maria Mäl knüpfte Silberborten, daß ihre Augen brannten.
Das Kind stand dem Sinn eines solchen Lebens im Weg. Eine Mutter, die arbeiten muß, kann die eigene Nacht nicht opfern.
Der kleine Ernst kam also in Pflege. Eine bejahrte Witfrau, die gute, alte Lina Sindelmann, nahm den ewigen Schreihals ins Haus. Sie war eine liebe Seele. Die fleischgewordene Geduld schleppte sie ihren Pflegling durch alle Räume der bescheidenen Wohnung – es gab nur zwei, ein Zimmer und die giftgrün bemalte Küche – und war eigentlich nur am Sonntag mit der Welt unzufrieden, weil da die Eltern das Kind heimholten.
Sie fühlte sich ganz als Mutter des kleinen Ernst Mäl und war es auch, wenn eine Mutter mehr ist als die körperliche Herberge während der neun Monate. Sie entdeckte das erste Lächeln, sie lenkte die ersten Schritte, und das erste deutliche Wort des Kindes galt ihr.
Von diesen kleinen Begebenheiten wußte Maria Mäl nur aus den Berichten der Pflegefrau. Sie saß diese ganze Zeit im dumpfen Fabriksaal und knüpfte alle Sehnsucht ihres mütterlichen Gefühls in goldene und silberne Schnüre. Manchmal stieg wohl eine zornige Traurigkeit in Maria Mäl darüber auf, daß sie Mutter geworden war, es aber nicht sein durfte. Diese Traurigkeit zerbrach aber an der harten Einsicht, daß arme Leute geboren sind, zu arbeiten.
Ernst Mäl ging ins fünfte Jahr, als sich die Hüterin seiner ersten Kindheit legte und die Welt so geräuschlos verließ, wie sie darin geschaltet hatte. Am Nachmittag winkte die runzelige Hand noch hinter den Geranien- und Fuchsienstöcken hervor, am Abend lief es durch die ganze Nachbarschaft: »Die alte Sindelmännin hat der Schlag getroffen!« So kam die erste Nacht, die Ernst unter dem elterlichen Dach verbrachte. Unfaßliches Entsetzen hielt das Lind wach. Was war mit Mutter Sindelmann geschehen?
Die zwei nächsten Tage waren voll aufregender Erlebnisse. Am Mittag gingen Vater und Mutter in ihren besten Kleidern fort, die Mutter einen mächtigen Kranz in der Hand mit einer weißen Schleife daran.
Ernst sollte nicht aus dem Hoftor gehen. Er machte sich aber, kaum waren die Eltern außer Sicht, auf die Suche nach Mutter Sindelmann. Sie hatte nur einige Häuser straßab gewohnt, und Ernst stand bald vor dem niedrigen, schmucklosen Haus. In den engen Hausflur führten vier ausgetretene Staffeln. Das Haus lag ausgestorben da. Alles war zum Begräbnis fort, und niemand hörte, als Ernst Mäl zaghaft an der Türe von Mutter Sindelmanns Wohnung klopfte. Hilflos schluchzend sank das Kind auf den alten Abstreifer hin, saß dort, von herzbrechendem Weinen geschüttelt, und rief von Zeit zu Zeit den Namen der Toten. Da keine Antwort kam, schlug es verzweifelt gegen die Tür und schlief endlich, des Weinens und Wartens satt, auf der Schwelle ein. Spät abends fand ihn die Mutter immer noch schlafend, die geballten Hände gegen die Wohnung der Toten streckend.
Ein anderes Leben begann jetzt. Die Eltern fanden, Ernst sei alt genug, sich selbst zu hüten. Sie freuten sich herzlich des ersparten Kostgeldes und redeten ernsthaft mit ihrem Sohn, sich der Freiheit wert zu erweisen.
Jeden Morgen hieß es, mit den Eltern aufstehen. Bei armen Leuten ist alles genau ausgerechnet, auch der Schlaf. Dann zog Maria Mäl den schlaftrunkenen Buben an, strählte das im Wirbel borstig abstehende Braunhaar und drückte Ernst eine Brotscheibe in die Hand. Dabei stand sie immer schon mit einem Fuß auf der Treppe.
Da blinzelte nun der kleine Ernst in den nebelnden Herbstmorgen, das ausgewaschene Zwillichröcklein am Leib, unter dem die halblangen Hosen neugierig vorguckten. Das schäbige Zwillichröcklein schützte mütterliche Wirtschaftlichkeit noch durch eine Wachstuchschürze. Langsam trollte Ernst über die Straße, zog die Hosen an, die heftig zum Herunterfallen neigten und verschlug sich in das wellige Gelände von Schutthaufen, kleinen Kerichthalden und Schottersteinbergen, die er von der elterlichen Wohnung aus ständig sah. Dort saßen schon ein Dutzend Spielgenossen, ältere und jüngere, ernst und sachlich mit der Untersuchung der verschiedenen Haufen befaßt.
Ernst hatte nur wenig Glück bei diesem Bergwerksbetrieb. Mehr als rostige Nägel oder einen invaliden Kochtopf hatte er noch nicht gefördert. Daran läßt sich leicht das Glück ermessen, daß er eines Tages einen Öldruck ausgrub. Es war darauf ein Reiter zu sehen, der mit gezogenem Schwert vor sich hinwies. Er hatte einen herrlich blauen Panzer an und auf dem Kopf einen adlergeschmückten Helm.
Die andern Buben kamen in Bewegung und an seiner blutigen Nase konnte Ernst ermessen, wie groß ihr Neid war. Nach heftigem Geräuf war er in den Hof geflüchtet und saß jetzt im hintersten Winkel der sicheren Zuflucht, trunken von Glückseligkeit über dem wunderbaren Schatz.
Im Übermaß der Wonne streckte sich Ernst bäuchlings auf den Boden, breitete den Bogen vor sich hin und beschwerte die Ecken mit Steinen, die er als rechter Bub immer in den Taschen trug. Dann vertiefte er sich in die grellfarbige Herrlichkeit, prägte sich jeden kleinsten Zug des Bildes ein und fand vornehmlich den langen Pferdeschwanz wunderschön.
Beim Mittagessen gab es Kopfnüsse, weil Ernst nach jedem Löffel Suppe vom Tisch wegrannte. Er fürchtete, der blaugepanzerte Reiter könnte auf Nimmerwiedersehen fortreiten.
Vom Vater wollte Ernst eine Erklärung des Bildes und war sehr befriedigt, daß der Reiter Bismarck hieß und ein Preuße war. Er wollte auch ein Preuße sein, vorausgesetzt, daß die Preußen wirklich alle reiten und blaue Panzer tragen. Ob das der Fall sei? Der Vater bestritt die Möglichkeit nicht, und Ernst träumte lange nur von Preußen, blauen Panzern und langen Pferdeschwänzen.
So vergingen die Tage bei mageren Suppen und fetten Einbildungen. Immer hatte Ernst schmutzige Hände und auch sein unkindliches, weil zu scharf geschnittenes Gesicht prangte in allen Zeichen eifriger Wühlarbeit. Die Mutter schalt, aber davon wurde Ernst nicht sauberer. Arme Kinder haben keine Gärten mit reinlichen Sandwegen. Sie treiben sich in Schuttgruben und Bauplätzen umher, fallen wohl auch in eine Mörtelpfanne und riechen selten gut.
Ernst trug seinen Zwillichrock nun schon im dritten Jahr. Er war ihm noch nicht zu eng. Wachteln und Kaldaunen kamen daheim nicht auf den Tisch, und blaue Griessuppe ist kein Mästfutter. Bis ihm vom Wohlleben die Knöpfe aus dem Zwillichrock sprangen, hatte es gute weile.
Manches liebe Mal saß er auf seiner Schutthalde und trug herzliches Verlangen nach einer Scheibe Brot, wenn ihm doch jetzt ein kleineres Mädchen in den Weg laufen wollte, das an einem Schmalzbrot kaute! Was glaubt ihr würde Ernst machen? Natürlich seinen Teil von dem Brot nehmen, wenn das Mädchen nicht freiwillig abgeben wollte, und es würde schon nicht wollen.
Eifrig spähte Ernst die pfützendurchwirkte Straße entlang, ob ihm nichts in den Weg laufen wollte. Nichts, gar nichts ... Nur ein Wagen lenkte um die Biegung und schaukelte leicht stoßend näher. Sonst war Ernst den Wagen nicht abgeneigt. Doch was sollten jetzt Steine, wo er Lust auf Brot hatte? Der Kutscher dröselte neben dem Fuhrwerk her, holte zu einem knallenden Peitschenschlag aus und pfiff gedankenlos durch die gespitzten Lippen.
Ernst sah gelangweilt und hungrig auf Wagen, Pferde und Kutscher, plötzlich riß es ihn von seinem Platz. Starr den Blick auf das Handpferd gerichtet, kreuzte Ernst knapp vor dem Wagen die Straße, wofür er einen elenden Lausbuben zu hören bekam, lief einige Schritte voraus, blieb stehen und ließ das Fuhrwerk vorbei. Dieses Spiel wiederholte er mehrmals.
Neben einem stumpfen, abgearbeiteten Fuchs ging ein hochbeiniger Schimmel im Zug. Der stolze Bau des Schimmels, seine edle Kopfhaltung rissen Ernst mächtig hin und lösten eine dumpfe, unklare Ergriffenheit aus.
Jeden Tag kreiste seine Sehnsucht um das Tier. Er wartete auf den Wagen, nahm die polternden Schimpfreden des Kutschers verächtlich hin, wenn er ganze Straßen weit neben dem Schimmel herging und war ganz dem Bild des edlen Tieres verfallen. Ernst träumte nachts von seinem Schimmel und bewahrte lange den Glanz aus diesen Träumen. Auf dem Schimmel ritt Ernst aus dem grauen Land seiner Kindheit.
Ernst ging gern in die Schule. Darin bewies sich die Unkindlichkeit seines Wesens. Die andern Gören des Zwingers sträubten sich gegen die Schule und gingen durch, wo sie nur konnten.
Anders Ernst. Stolz die Schiefertafel unter die Achsel geklemmt, sah ihn der Zwinger täglich viermal über die Straße laufen. Das Schwämmchen flatterte an einer Schnur lustig hinterdrein. Die geheimnisvolle Welt des Abcs hatte für ihn gar keine Schrecken. Hinter jedem Buchstaben witterte er unerhörte Abenteuer, die zu erleben er heftig den jungen Geist spornte. Die Lehrer wunderten sich über die leichte Auffassung und hielten den Taglöhnersbuben für einen ausgemachten Windhund.
Rasch begriff Ernst seinen Vorteil. Er war stolz und gönnerhaft gegen die weniger Begabten, hämisch und ausfallend gegen einige, die ihm glücklich nachstrebten und verschlossen gegen alle, Lehrer wie Mitschüler, als hätte er ein tiefes Geheimnis zu hüten. Von großer Reizbarkeit griff Ernst mit Worten und mit den Fäusten jeden an, der etwa auf sein oder der andern armen Kinder Aussehen anspielte.
In der dritten Klasse saß auf der Bank vor ihm ein derber, breiter Bengel, Sohn eines protzigen Pfragners. Der liebte es, mit noch ewigen gleichgestimmten Seelen, ärmere Kinder zu hänseln.
Die Mutter achtete sonst peinlich auf alle Löcher in des Buben Kleidung. Aber einmal mußte sie doch einen Riß in Ernstens Hose übersehen haben, denn mit triumphierendem Geheul zerrte der dicke Pfragnersbub Ernst das Hemd aus dem Hosenboden. Blutrot stand Ernst vor dem Ausbruch schallenden Jubels und duckte sich, das Übel zu verbergen, scheu in seine Bank.
Draußen wartete er zitternd vor Wut auf den Feind. Ohne Plänkeleien einzuleiten, über die Bubenkämpfe selten gedeihen, sprang er den Pfragnerssohn an. In wütender Umschlingung wälzten sich die beiden Körper durcheinander. Ernst war nur ein schmächtiger, wenig ansehnlicher Knabe, doch er besaß die gefährliche Flinkheit aller Kinder, die sich viel im Freien tummeln. Bald kniete er auf dem schwerfälligen Gegner und drosch sinnlos auf ihn ein.
»Du Hund, da ... du Hund ... da ... da ...« Er zitterte am ganzen Körper, und die hellen Tränen kollerten über das verschrammte Gesicht. Bis eine kräftige Faust ihn unsanft von seinem Opfer riß und derbe Ohrfeigen um seine Backen prasselten. Der Vater des Besiegten hatte eingegriffen.
»Wart, du Bankert! Dir will's ich's versalzen, ehrlicher Leute Kinder zu prügeln, wo du froh sein kannst, daß sie überhaupt mit dir zusammen sein mögen ...«
Ernst spürte die Schläge eigentlich gar nicht. Nur die rohen Worte klangen ihm donnernd in die Ohren. Er stand einen Augenblick wie in tiefer Überlegung, rannte dann blitzschnell zu einem Steinhaufen, wo er eine Handvoll Steine aufraffte, und schleuderte unter unflätigen Worten dem Mann die Steine nach. Der begnügte sich, mit der Faust zu drohen.
Noch speiend vor Wut rannte Ernst geraden Laufs zur Mutter. Er wollte wissen, was ein »Bankert« ist.
Maria Mäl hatte die Frage noch nicht richtig gehört, da stürmte sie auch schon in die Wohnung des Pfragners. Wenige Minuten später lag der halbe Zwinger in den Fenstern und lauschte vergnügt dem Stimmengewirr aus dem Neidnerschen Laden. Maria, schnell zu Entladungen bereit, fragte mit schallender Stimme, ob man vielleicht erst einen vollgefressenen Heringsreiter fragen müßte, ob er etwas zu dem Buben zahle, ob er sich vielleicht nochmal unterstehe, den Buben zu schlagen, und ob sie ihm den Korb ins Gesicht werfen solle, wenn er nicht hinter dem Ladentisch bleibe.
Am Abend kam für Ernst das Nachspiel in Gestalt einer Tracht Prügel. Man hatte bei dem Pfragner bisher borgen können. Das war nun vorbei, und Ernst mußte dafür mit Fug und Recht büßen.
Wilder Groll verblieb Ernst aus diesem Erlebnis. Er grübelte umsonst, warum er gehauen worden war. Die Kinder um ihn hatten es schwer. Ernst puffte und knuffte alles, was schwächer war und stürzte sich in jedes Handgemenge zwischen feindlichen Brüdern, mochte es ihn angehen oder nicht. Außerdem wurde er noch scheuer und zog sich ganz in eine selbstgeschaffene Einsamkeit zurück, die er mit bedenklichen Bücherhelden bevölkerte. Rinaldo Rinaldini, der bayrische Hiesl, Leichtweis und ähnliche Romanhelden der Vorstadt waren die Gäste seiner Einsamkeit. Die billigen Hefte lagen überall herum, und wer hätte Zeit und Verständnis gehabt, Ernst vor dieser ehrenwerten Gesellschaft zu warnen?
Vier Klassen Volksschule hatte Ernst hinter sich, als es einem gutherzigen Mann einfiel, ihn zu verpflanzen. Der Vikar Blume nahm den kleinen Ernst gelegentlich in seine Wohnung und fragte nach den häuslichen Verhältnissen. Der junge Vikar war ein Christenmensch. Das erkannte jeder, der ihn nur einmal »Jesus« sagen hörte. Es lag darin eine kindlich gläubige Betonung, ganz fern jener anmaßlichen Vertraulichkeit zünftiger Kirchenlichter, die immer so tun, als wären sie Gott Vater, Sohn und heiligem Geist persönlich bekannt.
Der Vikar wolle mit ihnen sprechen, richtete Ernst eines Tages den Eltern aus.
Johannes beutelte den schwarzen Wollschopf und Maria wechselte in zwei Minuten dreimal die Schürze. Immer wieder blies sie ein gar nicht vorhandenes Stäubchen von den billigen Abzahlungsmöbeln.
Als der Vikar endlich kam, knixte Maria Mäl aufgeregt, wischte zum zehnten Male Staub und lud den Besucher ein, sich zu setzen. Johannes gab den Versuch einer Verbeugung schnell auf, kaute einen halben Gruß und hielt die schweren Arbeitshände krampfhaft hinter dem Rücken. Er verließ sich ganz auf Maria und auf sein frischgewaschenes Hemd. Er starrte den Besuch in unverhohlener Hochachtung an, und alles schien ihm an dem jungen Geistlichen bemerkenswert. Der langschössige Rock aus schwarzem Tuch, die goldene Brille, vornehmlich aber die weißen, gepflegten Hände, die sicher auf der Tischdecke ruhten. Gottes Wunder! Solche Hände gab es also auch auf der Welt.
Maria hatte sich bald gefaßt. Sie war nicht umsonst in der Großstadt aufgewachsen. Ohne zu reden, schoß sie aus der Tür. Mit Schwarzbrot, Butter, Käse und einem riesigen Rettich kehrte sie zurück. Diese Leckerheiten stellte sie vor den Gast, hielt erst einen ziemlichen Vortrag über Wert und gute Beschaffenheit der einzelnen Waren zusammt den Quellen, aus denen sie flossen, und endete mit der Aufforderung, zuzugreifen.
Johannes fühlte dunkel, daß er nun auch etwas tun müsse. Er fingerte bedächtig im rechten Hosensack, holte ein Markstück heraus und händigte es Ernst mit den gewichtigen Worten ein: »Lauf, Bub! A Maß Bier für'n Herrn Pfarrer!«
Vikar Blume fühlte hinter der plumpen Form die gute Absicht und hinderte nicht. Rettich und Bier schlug er allerdings aus und bat dafür um eine Tasse Milch, was Johannes zu der tiefen Überlegung bewog, ob nun Bier oder Milch besser für den Menschen sei.
Dann kam der Zweck des Besuchs an die Reihe. Vikar Blume wollte Ernst in die Realschule geben, was die Eltern dazu sagten?
Allerhand Einwendungen, in sehr gedrücktem Ton vorgebracht, brachten das Gespräch schließlich auf den Kern der Sache. Der Vikar möchte wissen, was die Eltern in der Woche verdienen.
Vater Johannes spielte im Leben meist den stummen Zuschauer. Die unvermittelte Frage verwirrte ihn deshalb. Als wäre die Antwort auf dem Grund des Bierkrugs zu finden, tat er einen gedankenvollen Schluck, bevor er herausdruckste: »Sind halt bloß 28 Pfennig die Stund und elf Stunden arbeiten wir. Dann gibt's a Nacht oder an Sonntag Kalk lösch'n. Dafür zahlt der Meister 40 Pfennig.« Der Vikar war schnell mit der Rechnung fertig. Der Mann 18, das Mädchen 6-7 Mark, jedenfalls nicht über 25 Mark, in der Woche: Da ließ sich allerdings nicht ans Studium denken. Er versprach tatkräftige Beihilfe und bekam die Zusage.
Vikar Blume war aber auch Geistlicher, und die Gemeinschaft der zwei Leutchen gefiel ihm nicht.
Weder Johannes Löhner noch sein Mädchen hatten es bislang notwendig gefunden, auf einem roten Samtschemel zu knien und das berühmte laute und deutliche »Ja« zu sagen. Johannes wußte sich ganz frei von diesem Bedürfnis, denn einmal redete er nicht gerne, und dann war die Unehelichkeit in seiner Familie Überlieferung. Seit drei Geschlechtern hatte es in der Familie keine Trauung gegeben vom Großvater ab. Weiter reichte die Überlieferung nicht.
Wesentlich lebhafter griff Maria den Gedanken auf. Sie empfand es lächerlich, daß ein Mädchen von zweiunddreißig Jahren, Mutter von vier Kindern, immer noch »Fräulein« angeredet wurde. Vikar Blume hatte an ihr eine Verbündete, und da Johannes nur gleichmütig die Augenwimpern hob, nahm er auch sein Einverständnis an. Die besorgten Hinweise auf die Kosten der Hochzeit beschwichtigte der Vikar mit der Zusage seiner Unterstützung.
Sehr befriedigt über den Besuch erhob sich Blume vom Plüschsessel (Maria hatte ihn von der Nachbarin entliehen) und nahm herzlichen Abschied. Er reichte Johannes und Maria die Hand, strich Ernst gütig über das drahtige Haar und verließ freundlich grüßend die Wohnung. Maria dienerte, bis der letzte Zipfel des schwarzen Rockes verschwunden war, und Johannes rieb tiefsinnig die schwieligen Hände aneinander. Er dachte über die weiche Hand des Geistlichen nach und murmelte kopfschüttelnd vor sich hin: »wie Butter ... wie Butter ...«
Ernst ging zur Realschule. Die Aufnahme war spielend bewältigt worden. Er tat sich viel zu gut, trug auf steifem Halse das Abzeichen seiner neuen Würde – eine grüne Mütze mit weißblauem Band – und verachtete aus ehrlichem Gemüt die Kameraden der gewöhnlichen Volksschule. Das hinderte aber nicht, ihnen die Zunge krampfhaft herauszustrecken, wenn sie seinen Weg kreuzten oder ein hitziges Gefecht anzubinden, was immer geschah, sobald einer nach der grünen Mütze schielte. Diese Mützen waren den Volksschülern ein Dorn im Auge. Konnten sie eine erschnappen, so war der Jubel groß. Ernst verteidigte sein Heiligtum stets siegreich und bläute manchen guten Freund darum brav aus.
Sein Hochmut fachte Erbitterung bei den Kindern des Zwingers an. Ernst merkte bald, daß er Feinde hatte, die ihm den Verrat an der Vergangenheit nicht vergessen wollten. Aber er reckte die Nase nur noch höher und verschwor laut, jemals wieder mit einem Volksschüler zu spielen.
War Ernst aus dem alten Kreis getreten, der neue Kreis nahm ihn nicht ohne weiteres auf. Die Söhne wohlhabender Metzger und Wirte taten Ernst durchaus nicht den Gefallen, zu hofieren. Sie suchten ihn wohl gelegentlich bei Schularbeiten auszunützen, gingen aber nicht gern mit ihm auf der Straße, weil Ernst ziemlich schäbig und fadenscheinig daherkam. Auch die sonderbare Doppeltheit seines Namens war ihnen unheimlich. Sie hießen alle wie ihre Väter. Der Tagelöhnerssohn trug den Mutternamen. Woher das kam, erfuhren sie auf Umwegen.
Diese auffällige Eigenschaft sollte Ernst übrigens bald verlieren. Der Same des Vikars Blume ging auf. Die Eltern würden heiraten.
Daheim verlautete kein Sterbenswörtlein davon. Durch den Kassenvorstand erfuhr Ernst von der Hochzeit der Eltern. Er wurde für einen Tag beurlaubt.
Der seltene Festtag brach für Ernst wenig verheißungsvoll an. Er wollte die Festlichkeit mit längerem Schlaf anfangen. Das fand die Mutter nicht notwendig, und sie goß ihm, als alles Rütteln und Schütteln nichts half, Wasser über den Kopf. Ernst bemurrte diesen nassen Anfang, beruhigte sich aber, als ihn der Vater mit einigen Ohrfeigen abtrocknete.
Um Platz zu schaffen, war das Zimmer zu räumen, worin die Familie wohnte und schlief. Mit dem Vater schleppte Ernst die Betten auf den Speicher, im Waschboden wurden sie verstaut. Der Vater klemmte sich zum Überfluß den Finger bei dieser Arbeit, was die Stimmung nicht hob. Aber es sah in der Wohnung doch prächtig aus. Die sonst in zwei Zimmer geteilte, enge Wohnung war eine neue Einheit, die Ernst gleich abmessen mußte. Genau neunzehn Schritte von einer Wand zur andern. Drei Tische (zwei davon freundnachbarlich ausgeborgt) bildeten eine lange Tafel. Die Tische waren verschieden hoch, so daß es auf der Fläche bergan und bergab ging.
Mit hochrotem Kopf kam Johannes Löhner aus der Nachbarswohnung, die als Ankleideraum diente. Nach heftiger Anstrengung war die stämmige Gestalt in den Gehrock geschlüpft, prustend nestelte Johannes den engen Kragen zurecht und mühte sich umsonst, die breiten Fäuste in die Stoffhandschuhe zu zwängen. Der gequetschte Daumen spottete aller Mühe. Schließlich erlaubte Maria, die Handschuhe im Rockschoß unterzubringen.
Besser ging es mit der bräutlichen Einkleidung. Maria sah in ihrem weißen Kleid sogar recht vorteilhaft aus. Mit 32 Jahren, und wenn man seit der Schulentlassung in die Fabrik geht, ist die Schönheit weg. Heute lebte Maria wieder einmal auf; froher Glanz lag in den Augen und sanftrosiger Schein über den Wangen.
Drunten polterte der Hochzeitswagen vor. Ein behendes Männlein schoß eilig in das Haus und bremste knapp vor dem Hochzeitspaar, die aufgeregt fliegenden Rockschöße in elegantem Schwung beruhigend. Von dem Lohndiener begleitet, der um sie sprang wie ein Dackelhund um ein Katzenpaar, bestiegen Johannes und Maria die Kutsche. Bewundernde Anmerkungen des ganzen Zwingers folgten nach.
Ernst, der sich keine Einzelheit des Tages entgehen lassen wollte, erhaschte bei der Abfahrt noch, daß dem Vater der angejahrte Zylinderhut entsprang, was ihm so köstlich vorkam, daß er aus vollem Halse lachte.
Armer Leute Fest hat den Magen zum besten Gast. Auch bei dieser Hochzeit wurde geschmort und gebraten, gebacken und gerührt, daß der ganze Zwinger nach den Wohlgerüchen duftete.
Die Hochzeiter kamen zurück. Johannes lachte dröhnend über die reichlich schwülstigen Glückwünsche, drehte sich mit vom Leib abgehaltenen Rockschößen zweimal um die Achse und hieb seine neue Frau derb auf die Schulter. »Etzt hätt mersch, Alte! Etzt därf ka Mensch mehr »Fräulein« zu dir sag'n.«
Fast zwei Stunden vergingen mit Kauen und Schlucken. Punkt drei Uhr öffnete Johannes den letzten Westenknopf und meinte stillvergnügt, der Mensch müßte eigentlich zwei Mägen haben. Dann stand er auf, blickte unsicher durchs Fenster und verschwand mit fliegendem Rock, was sollte er jetzt daheim machen, wo die Weiber ihren Kaffeeklatsch vorbereiteten? Da ging ein vernünftiger Mann lieber zum Bier.
Im Wirtshaus »Zum roten Roß« fanden sich nur zwei Gäste, fragwürdige Gestalten, bei der Erfindung der Arbeit sicher unbeteiligt. Bei der Ankunft des feierlich gekleideten Hochzeiters steckten sie die Köpfe zusammen und schnupperten erwartungsvoll. Sie witterten billiges Vergnügen und die Witterung trog nicht. Bald ächzte der Tisch unter dem Aufprall harter Knöchel und weil ein rechtschaffener Kartenspieler immer findet, daß nur der andere Fehler macht, setzte es nach jedem Spiel laute Bemerkungen. Dabei wurden aber nicht die vollen Krüge vergessen, denen der Wirt wahrhaft rührende Aufmerksamkeit widmete.
Vollkommen zufrieden mit seinem Hochzeitstag spielten Johannes und die Tagediebe bis in die Dämmerung. Möglich, daß der neue Ehemann überhaupt auf die häusliche Feier vergessen hätte, wären nicht Abgesandte erschienen, die an die Pflicht mahnten.
Die festliche Gesellschaft war inzwischen angetreten. Vikar Blume war auch gekommen und sah befriedigt auf sein christliches Werk. Die Traurede vom Vormittag ergänzte er durch erbauliche Betrachtungen über die Schönheiten des Ehestandes, von allen Anwesenden andächtig hingenommen. Als der Vikar einen Lobgesang auf die Häuslichkeit anhub, rutschte Johannes schuldbewußt auf seinem Stuhl, denn Maria rühmte seine Abneigung gegen außerhäusliches Leben.
Wuchtige Schritte polterten die Treppe herauf. Johannes knuffte hinter dem Rücken des Vikars nach Maria, die entschuldigend zu Blume meinte: »Arbeitskollegen von ihm! Lauter Landsmänner ...«
In der Tür tauchte ein baumlanger Kerl auf. Er trug den breitgekrämpten Filzhut der ehrsamen Maurerzunft tief in die Stirn gedrückt; das Gesicht war beschattet und nur ein brandroter Schnurrbart von der Dicke eines Mädchenzopfes zu sehen. Die Türe war sichtlich für kleinere Menschen berechnet. »Auweh, Hannes! Da hat scheint's der Zimmermo nach an Schneider g'mess'n. Hast an niedern Stuhl, sonst hau i a Loch in die Deck'n.«
Hinter dem Langen drängten weitere vier Männer nach, der Wehner Sixt, ein untersetzter Kerl mit einer Faschingslarve als Gesicht, der Hartl, dürr wie ein Postklepper, der Lengefelder, ein hübscher Bursch in geckischem Anzug und endlich der Herr »Polier«, kenntlich an einer mächtigen Glatze und an dem Zollstock, der zwischen der hinteren Hosentasche und dem Rock achtunggebietend ragte. Jeder trug ein Paket unterm Arm, der lange Klebes außerdem eine Ziehharmonika am Riemen über der Schulter.
Dem Pfarrer war die Ankunft der rauhen Gesellen unheimlich. Doch denen war die Anwesenheit des Pfarrers noch unheimlicher. Sie wagten kaum einen Scherz und benahmen sich recht manierlich. Ernsthafte und verständige Reden über das Wetter wurden geführt, dabei besonders erörtert, wie lang noch im Freien gearbeitet werden könnte, und einer achtete auf den andern, daß er beim Trinken nicht zu lange im Krug blieb. Alles wegen des Vikars! Nur der lange Klebes rückte unruhig auf seinem Platz. Schließlich ging er aus dem Zimmer, kam aber gleich wieder zurück, breites Schmunzeln im Gesicht und einen schwärzlichen Hauch auf dem fuchsigen Schnurrbart. Er war begeisterter Schnupfer und hatte den Zwiespalt von Anstand und Leidenschaft durch sein Austreten gelöst. Das freute die ehrliche Haut innig.
Als der Vikar aufbrach, gab es ein allgemeines Scharren und Kratzen der Füße und Verbeugungen, wie ehrsame Maurer und Mörtelmacher sie eben im Gelenk haben.
»Feiner Mann, der junge Herr Pfarrer«, urteilte der lange Klebes. »Aber ich halt's mit die Pfarrer doch wie derselbig Bauer, der g'sagt hat: Weißt, Nachber, unsern Pfarrer siegh i am liebst'n in der Kirch. Do kann i ihm ausweich'n ... Net amal rechtschaff'n schnupf'n konnst. Aber etzt san mir unter uns Pfarrerstöchter. Magst, Hannes?«
Die Dose wanderte reihum und schnell war die erbauliche Stimmung verschwunden. Johannes legte den Rock und den zerweichten Hemdkragen ab. In so bequemem Anzug setzte er sich an das Kopfende der Tafel. Alle andern folgten dem Beispiel, bis auf den Lengefelder, der nicht schlecht gehänselt wurde, weil er als einziger Rock und Kragen anbehielt. Er griente aber bloß und zupfte herausfordernd die großgeblümte Binde vor.
Der lange Klebes bearbeitete sein Maurerklavier nach allen Regeln der Kunst. Er zog den Balg mit athletischer Kraft und machte keine sehr reine, aber eine sehr laute Musik. Märsche, Lieder, Tänze wechselten. Hartel und der »Polier«, die sich für verkannte Sänger hielten, wetteiferten mit dem langen Klebes um die Oberherrschaft im Reich der Töne und setzten ihre ganze Stimmkraft daran. Bald sang alles, die Hochzeiter eingeschlossen.
Gestern Abend, spat in stiller Ru–hu, hört ich im Wald wohl einer Amsel zu–hu. Und als ich draußen saß und meiner ganz vergaß, da kam die Amsel, sie schmeichelt sich an mi–hich und küsset mi-hich.
Die Endsilben jeder Zeile wurden endlos hinausgezogen und erstarben in sanftem Säuseln.