Der junge Tischlermeister - Ludwig Tieck - E-Book

Der junge Tischlermeister E-Book

Ludwig Tieck

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Beschreibung

Aus "kindlicher Liebe zu Goethe" kehrt der verheiratete protestantische Tischlermeister Leonhard seiner heilen Welt den Rücken und folgt Baron Friedrich Elsheim, dem ledigen Jugendfreund, auf dessen Schloss. Beide junge Herren lieben dort neben ihrer Schauspielerei "ungestüm, fast wahnsinnig" dieselbe Dame - das Fräulein Charlotte Fleming. Schließlich finden die Freunde auf den rechten Weg zurück, nachdem sie Charlottens "Unwahrheit und Verstellung" durchschaut haben ...

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Der junge Tischlermeister

Ludwig Tieck

Inhalt:

Ludwig Tieck – Biografie und Bibliografie

Der junge Tischlermeister

Erster Teil

Vorwort

Erster Abschnitt

Zweiter Abschnitt

Dritter Abschnitt

Zweiter Teil

Vierter Abschnitt

Fünfter Abschnitt

Sechster Abschnitt

Siebenter Abschnitt

Der junge Tischlermeister, L. Tieck

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

ISBN:9783849637736

www.jazzybee-verlag.de

www.facebook.com/jazzybeeverlag

[email protected]

Ludwig Tieck – Biografie und Bibliografie

Dichter der romantischen Schule, geb. 31. Mai 1773 in Berlin, gest. daselbst 28. April 1853, Sohn eines Seilermeisters, besuchte seit 1782 das damals unter Gedikes Leitung stehende Friedrichswerdersche Gymnasium, wo er sich eng an Wackenroder anschloß, und studierte darauf in Halle, Göttingen und kurze Zeit in Erlangen Geschichte, Philologie, alte und neue Literatur. Nach Berlin zurückgekehrt, lebte er von dem Ertrag seiner schriftstellerischen Arbeiten, die er größtenteils im Verlag des Aufklärers Nicolai veröffentlichte. So erschienen in rascher Reihenfolge die Erzählungen und Romane: »Peter Lebrecht, eine Geschichte ohne Abenteuerlichkeiten« (Berl. 1795, 2 Bde.), »William Lovell« (das. 1795–96, 3 Bde.; vgl. Haßler, L. Tiecks Jugendroman »William Lovell« und der »Paysan perverti« des Rétif de la Bretonne, Dissertation, Greifsw. 1903) und »Abdallah« (das. 1796), ferner Novellen meist satirischen Inhalts in der Sammlung »Straußfedern« (1795–98), worauf er, seinen Übergang zur eigentlichen Romantik vollziehend, die bald dramatisch-satirische, bald schlicht erzählende Bearbeitung alter Volkssagen und Märchen unternahm und unter dem Titel: »Volksmärchen von Peter Lebrecht« (das. 1797, 3 Bde.) veröffentlichte. Den größten Erfolg errangen unter diesen Dichtungen die unheimlich düstere Erzählung »Der blonde Eckert« und das phantastisch-satirische Drama »Der gestiefelte Kater«. Die Richtung, die in seinen Schriften immer deutlicher hervortrat, mußte ihn in schroffen Gegensatz zu Nicolai sowie zu Iffland, dem Leiter des Berliner Theaters, bringen, während die Romantiker ihn begeistert anpriesen als ein Genie, das Goethe ebenbürtig sei. Nachdem er sich 1798 in Hamburg mit einer Tochter des Predigers Alberti verheiratet hatte, verweilte er 1799–1800 in Jena, wo er zu den beiden Schlegel, Hardenberg (Novalis), Brentano, Fichte und Schelling in freundschaftliche Beziehungen trat, auch Goethe und Schiller kennen lernte, nahm 1801 mit Fr. v. Schlegel seinen Wohnsitz in Dresden und lebte seit 1802 meist auf dem Gute Ziebingen bei Frankfurt a. O., mit dessen Besitzern (erst v. Burgsdorff, dann Graf Finkenstein) er eng befreundet war. Doch unterbrach er diesen Aufenthalt durch längere Reisen nach Italien, wo er die deutschen Handschriften der vatikanischen Bibliothek studierte (1805), sowie nach Dresden, Wien und München (1808–10). Während dieses Zeitraums waren erschienen: »Franz Sternbalds Wanderungen« (Berl. 1798), ein die altdeutsche Kunst verherrlichender Roman, an dem auch sein Freund Wackenroder Anteil hatte, »Prinz Zerbino, oder die Reise nach dem guten Geschmack« (Jena 1799), und »Romantische Dichtungen« (das. 1799–1800, 2 Bde.) mit dem Trauerspiel »Leben und Tod der heil. Genoveva« (separat, Berl. 1820) sowie das nach einem alten Volksbuch gearbeitete Lustspiel »Kaiser Octavianus« (Jena 1804), weitschweifige Dichtungen, in denen das erzählende und namentlich das lyrische Element überwiegt, aber aus einem Gewirr mannigfaltigster metrischer Ausdrucksformen gelegentlich doch echte Schönheit hervorleuchtet (vgl. Ranftl, L. Tiecks »Genoveva« als romantische Dichtung betrachtet, Graz 1899). Von den zahlreichen Übersetzungen und Bearbeitungen fremder Werke, die T. damals veröffentlichte, seien erwähnt: die fehlerhaften »Minnelieder aus der schwäbischen Vorzeit« (Berl. 1803), die gelungene Verdeutschung des »Don Quichotte« von Cervantes (das. 1799–1804, 4 Bde.), die wertvolle Übersetzung einer Anzahl Shakespeare zugeschriebener, aber zweifelhafter Stücke u. d. T.: »Altenglisches Theater« (das. 1811, 2 Bde.) u. a. Auch gab er u. d. T.: »Phantasus« (Berl. 1812–17, 3 Bde.; 2. Ausg., das. 1844–45, 3 Bde.) eine Sammlung früherer Märchen und Schauspiele, vermehrt mit neuen Erzählungen und dem Märchenschauspiel »Fortunat«, heraus, welche die deutsche Lesewelt lebhaft für T. interessierte. Das Kriegsjahr 1813 sah den Dichter in Prag; nach dem Frieden unternahm er größere Reisen nach London und Paris, hauptsächlich im Interesse eines großen Hauptwerks über Shakespeare, das er leider nie vollendete. 1819 verließ er dauernd seine ländliche Einsamkeit und nahm seinen Wohnsitz in Dresden, wo nun die produktivste und wirkungsreichste Periode seines Dichterlebens begann. Trotz des Gegensatzes, in dem sich Tiecks geistige Vornehmheit zur Trivialität der Dresdener Belletristik befand, gelang es ihm, hauptsächlich durch seine fast allabendlich stattfindenden dramatischen Vorlesungen, in denen er sich als Meister in der Kunst des Vortrags bewährte, einen Kreis um sich zu sammeln, der seine Anschauungen von der Kunst als maßgebend anerkannte. Als Dramaturg des Hoftheaters (seit 1825) gewann er eine bedeutende Wirksamkeit, die ihm freilich durch Angriffe der Gegenpartei mannigfach verleidet wurde. In der Novellendichtung, der sich T. in dieser Dresdener Zeit vor allem widmete, leistete er zum Teil Vortreffliches; aber er bahnte auch jener bedenklichen Gesprächsnovellistik den Weg, in der das epische Element fast ganz hinter dem reflektierenden zurücktritt. Zu den bedeutendsten zählen: »Die Gemälde«, »Die Reisenden«, »Der Alte vom Berge«, »Die Gesellschaft auf dem Lande«, »Die Verlobung«, »Musikalische Leiden und Freuden«, »Des Lebens Überfluß« u. a. Unter den historischen haben »Der griechische Kaiser«, »Dichterleben«, »Der Tod des Dichters« und vor allen der großartig angelegte, leider unvollendete »Aufruhr in den Cevennen« Anspruch auf bleibende Bedeutung. In allen diesen Novellen befriedigt nicht nur meist die einfache Anmut der Darstellungsweise, sondern auch die Mannigfaltigkeit lebendiger und typischer Charaktere und der Tiefsinn der poetischen Idee. Sein letztes größeres Werk: »Vittoria Accorombona« (Bresl. 1840), entstand unter den Einwirkungen der neufranzösischen Romantik und hinterließ trotz der Farbenpracht einen überwiegend peinlichen Eindruck.

T. übernahm in Dresden auch die Herausgabe und Vollendung der von A. W. v. Schlegel begonnenen Shakespeare-Übertragung (Berl. 1825–33, 9 Bde.), doch hat er selber nur die Anmerkungen beigesteuert. Die Übersetzungen A. W. v. Schlegels (s. d.) wurden zum Teil mit eigenmächtigen Änderungen wieder abgedruckt, die übrigen Stücke übersetzten Tiecks Tochter Dorothea (geb. 1799) und Wolf Graf von Baudissin (s. d.). Diese beiden verdeutschten auch noch sechs weitere Stücke des alten englischen Theaters, die T. als »Shakespeares Vorschule« (Leipz. 1823–29, 2 Bde.) mit ausführlicher literarhistorischer Einleitung herausgab. Ebenso stammen aus dieser Zeit mehrere mit Einleitungen versehene Ausgaben von Werken deutscher Dichter, auf die er die Aufmerksamkeit von neuem hinlenken wollte. So hatte er schon 1817 eine Sammlung älterer Bühnenstücke u. d. T.: »Deutsches Theater« veröffentlicht (Berl., 2 Bde.). Dann gab er die hinterlassenen Schriften Heinrichs v. Kleist (Berl. 1821) heraus, denen die »Gesammelten Werke« desselben Dichters (das. 1826, 3 Bde.) folgten, ferner Schnabels Roman »Die Insel Felsenburg« (Bresl. 1827) und die »Gesammelten Schriften« von J. M. R. Lenz (Berl. 1828, 3 Bde.). Aus seiner dramaturgisch-kritischen Tätigkeit erwuchsen die wertvollen »Dramaturgischen Blätter« (Bresl. 1825–26, 2 Bde.; Bd. 3, Leipz. 1852; vollständige Ausg., das. 1852, 2 Tle.). 1837 verlor T. seine Frau, seine Tochter Dorothea starb 21. Febr. 1841. In demselben Jahre wurde er vom König Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin berufen, wo er, durch Kränklichkeit zumeist an das Haus gefesselt, ein zwar ehrenvolles und sorgenfreies, aber im ganzen sehr resigniertes Alter verlebte. Sein Bildnis s. Tafel »Deutsche Romantiker« (Bd. 17). Seine »Schriften« erschienen in 20 Bänden (Berl. 1828–46), seine »Kritischen Schriften« in 2 Bänden (Leipz. 1848), »Gesammelte Novellen« in 12 Bänden (Berl. 1852–54), »Nachgelassene Schriften« in 2 Bänden (Leipz. 1855). »Ausgewählte Werke« Tiecks gaben Welti (Stuttg. 1886–1888, 8 Bde.), Klee (mit Biographie, Einleitungen und Anmerkungen, Leipz. 1892, 3 Bde.) und Witkowski (mit Einleitung, das. 1903, 4 Bde.) heraus. Aus Tiecks Nachlaß, der sich in der Berliner Bibliothek befindet, veröffentlichte Bolte mehrere Übersetzungen englischer Dramen, unter andern »Mucedorus« (Berl. 1893). Die Ungleichheit von Tiecks Leistungen ist z. T. auf sein improvisatorisches Arbeiten zurückzuführen, das ihn selten zu reiner Ausgestaltung seiner geist-, phantasie- und lebensvollen Entwürfe gelangen ließ; die Gesamtheit seiner Schriften verrät deutlich die Weite und Größe seines Talents. R. Köpke, der T. in den letzten Berliner Jahren nahe stand, veröffentlichte eine ausführliche Biographie u. d. T.: »Ludwig T., Erinnerungen aus dem Leben etc.« (Leipz. 1855, 2 Bde.). Vgl. außerdem H. v. Friesen, Ludwig T., Erinnerungen (hauptsächlich aus der Dresdener Zeit, Wien 1871, 2 Bde.); »Briefe an Ludwig T.« (hrsg. von K. v. Holtei, Bresl. 1864, 4 Bde.); Ad. Stern, Ludwig T. in Dresden (in dem Werk »Zur Literatur der Gegenwart«, Leipz. 1880); Steiner, Ludwig T. und die Volksbücher (Berl. 1893); Garnier, Zur Entwicklungsgeschichte der Novellendichtung Tiecks (Gieß. 1899); Mießner, L. Tiecks Lyrik (Berl. 1902); Ederheimer, Jak. Böhmes Einfluß auf T. und Novalis (Heidelb. 1904); Koldewey, Wackenroder und sein Einfluß auf T. (Leipz. 1904); Günther, Romantische Kritik und Satire bei Ludwig T. (das. 1907). – Tiecks Schwester Sophie T., geb. 1775 in Berlin, verheiratete sich 1799 mit Aug. Ferd. Bernhardi (s. d.), von dem sie 1805 wieder geschieden wurde, lebte dann in Süddeutschland und mit ihren Brüdern, dem Dichter und dem Bildhauer, längere Zeit in Rom, später in Wien, München und Dresden. 1810 schloß sie eine zweite Ehe mit einem Esthländer, v. Knorring, dem sie in dessen Heimat folgte, und starb dort 1836. Sie hat außer Gedichten, z. B. dem Epos »Flore und Blanchefleur« (hrsg. von A. W. v. Schlegel, Berl. 1822), auch Schauspiele und einige Romane, wie »Evremont« (hrsg. von Ludw. T., das. 1836), geschrieben.

Der junge Tischlermeister

Erster Teil

Vorwort

Es ist ein bekanntes Sprichwort: daß auch Bücher, größere wie kleinere, ihre Schicksale haben. So waren es nur unvermutete Hindernisse, Störungen und Zufälle, welche veranlaßten, daß gegenwärtige Novelle nicht schon vor vielen Jahren den Lesern mitgeteilt wurde. Der Plan zu dieser Erzählung ist geradezu einer meiner frühesten Entwürfe, denn er entstand schon im Frühjahr 1795. Der Wunsch, klare und bestimmte Ausschnitte unsers echten deutschen Lebens, seiner Verhältnisse und Aussichten wahrhaft zu zeichnen, regte sich lebhaft in mir. Cervantes' Novellen hatten mich schon damals begeistert. Manche andere Entwürfe wurden ausgeführt, und drängten diese Novelle, welche meine früheste war, und den Anlaß zu den spätern gab, zurück. Erst im Jahre 1811 begann ich die Ausarbeitung, die jetzt sich mehr ausdehnte und bunter ausfiel, als es im ersten Entwurfe lag. Rasch schritt ich vor, und damals, wenn das Werk geendigt worden, war mancher Gedanke über Zünfte, Bürgerlichkeit und dergleichen mehr an der Tagesordnung; vieles gewissermaßen neu und noch unbesprochen. Die Ruhe aber fand sich nicht, um die Aufgabe zu vollenden, doch wurde schon im Jahre 1819 das, was geschrieben war, der Presse übergeben, und ich hoffte, mit dem Sommer meinem befreundeten Verleger das ganze Werk dessen Druck er sogleich begann, übersenden zu können. Diese Erfüllung ist aber jetzt erst eingetreten, und so bietet sich nun die Erfindung, so früh begonnen, so oft verzögert und so spät vollendet, dem Wohlwollen des Lesers.

Ein ähnliches Schicksal traf »den Aufruhr in den Cevennen«. Er wäre jetzt statt dieses Werkes erschienen, wenn mich nicht diese Laune aus meiner Jugend zu lebhaft angeregt hätte, sie fortzusetzen und zu beschließen. Da zu jenem unterbrochenen Werke längst alles vorbereitet ist, so darf ich hoffen, auch dies dem Publikum nächstens übergeben zu können.

Wenn die jüngere ungestüme Welt mich jetzt so oft aufruft und schilt, ich soll lernen, erfahren, mitgehen, verstehen und fassen, und ich werfe einmal Blicke in diese Produkte meiner neuesten und frischesten Zeitgenossen, so kann ich mich des Lächelns nicht erwehren, weil so viele großen Entdeckungen und Wahrheiten schon längst in meinen Schriften, zum Teil den frühesten, stehen. Ich darf mir wohl das Zeugnis geben, daß ich immerdar forsche und mehr lerne, je älter ich werde; aber – wie Goethe auch schon einmal das veraltete Sprichwort auf sich anwendet – man soll oft erfahren und über das erstaunen, als über wichtige Entdeckung, was man schon längst an den Schuhsohlen abgelaufen hat. – Oberflächliche Allseitigkeit war mir immer verhaßt. Nur in seinem wahren Beruf kann der Mensch stark sein, irgendwo muß er ganz zu Hause sein und fest stehen; ich aber glaube nicht, daß ich mir willkührlich meine Kreise zu enge gezogen habe.

Es ist wohl nicht unbillig, von Rezensierenden, die mich tiefsinnig tadeln wollen, zu erwarten, daß sie meine Schriften gelesen haben. Da ich die Form der Novelle auch dazu geeignet halte, manches in konventioneller oder echter Sitte und Moral Hergebrachte überschreiten zu dürfen (wodurch sie auch vom Roman und dem Drama sich bestimmt unterscheidet), so mache ich in dieser Beziehung nur auf jene Andeutung aufmerksam, welche die Vorrede zum eilften Bande meiner gesammelten Schriften beschließt.

Dresden, im April-Monat.

Erster Abschnitt

Leonhard, der junge Tischlermeister, lehnte sich aus dem Fenster, schaute in den alten Nußbaum hinauf und übersahe dann seinen Hof. Der Dunst von den Brettern, welche zum Trocknen aufgestapelt waren, das Zwitschern der Schwalben, die auf und ab, von und zu ihren Nestern flogen, ein ferner Gesang aus einem Dachstübchen der nächsten Straße herüber, der rote Schimmer der untergehenden Sonne, der im Wipfel des Baumes sich bewegte, dessen Geräusch mit dem Abendliede einzustimmen schien: alles bewegte des jungen Mannes Herz auf eine seltsame Weise, und er fühlte sich beklemmt, als die Schatten sich überall verbreiteten, so daß er im Nachsinnen seine junge Frau nicht bemerkte, die neben ihn getreten war, und ihn jetzt mit einem sanften Schlage aus seiner Träumerei erweckte. »Wo warst du mit deinen Gedanken?« fragte sie ihn freundlich. Er küßte sie herzlich und sagte: »Ich weiß es selbst nicht, liebe Friederike, ich dachte wohl eigentlich nichts, und jetzt erst, da du mich zur Besinnung gebracht hast, ist es mir möglich, von meinen Empfindungen etwas zu wissen. Du erinnerst dich, mit welcher Sehnsucht wir im vorigen Winter das Frühjahr erwarteten, mit ihm die neue Einrichtung, den Ankauf der Hölzer, den Aufhau der Schuppen, die Erweiterung meines Gewerbes, und alles ist nun da, besser, reicher, wohlhabender, wie ich es nur wünschen konnte, und indem ich nun jetzt so über meinen Besitzstand hinblickte, in der Ferne die Gesellen arbeiten hörte, und mir aus allen diesen Brettern gleichsam schon alle die Mobilien entgegentraten, die daraus gefertigt werden können, und mir war, als hörte ich das Geld klingen, das mir dafür gezahlt würde, um wieder Bretter einzukaufen, und so immer fort – wurde mir so bänglich zu Sinne, daß ich aus Wehmut auf das Zwitschern der Schwalben hörte, und fast weinen mußte, als das Abendlied der alten Wollspinnerin von drüben herübertönte. So ist es; aber was es ist, kann ich selbst nicht sagen.«

»Nichts ist es«, sagte Friederike lachend, »als daß du ein wunderlicher Kauz bist und bleibst. Aber darum lieb ich dich nur um so mehr, daß du nicht bist wie alle Menschen. In der Kindheit konnte mich wohl auch solche Furcht anwandeln, mitten unter meinen Befreundeten eine unaussprechliche Bangigkeit. So hatte mein Oheim sein Haus fertig gebaut, und das Hintergebäude war beinah auch schon vollendet. Wir Kinder hatten vor dem Oheim den allergrößten Respekt, die Bauanstalt kam uns sehr ehrwürdig vor, alles, was wir sahen, sprach davon, wie von etwas höchst Wichtigem, und alle die Maurer, Tischler, Zimmerleute und Anstreicher schienen mir mit ihrem Klappern, Tünchen und Hämmern das Erhabenste, was man in dieser Welt erleben könne. Einen Feierabend spielten wir zwischen den Spänen im Nebengebäude, wir entdeckten da tausend kindische Schätze, und indem ich durch eine Tür krieche, die mit Gerüsten verbaut war, um aus einem anderen Zimmer Klötzchen, Stücke Blech und Hobelspäne in meiner Schürze zu sammeln, überfiel mich in der dämmernden Einsamkeit, unter den stummen Geräten und Gestellen die sonderbarste Angst, eine Furcht vor etwas Unbekanntem, und dabei ein fast lächerliches Gefühl, als wenn der reiche Oheim und sein Bau, und alle seine Arbeiten und Anstalten etwas durchaus Albernes, Läppisches und Unnützes seien, so daß ich mich mit schreiendem Gesang zu meinen Gespielen zurückarbeitete, und mir den ganzen Abend, auch bei den Lichtern, war, als könne ich die vorige Welt nicht wiederfinden. Eine alte Magd, der ich beim Schlafengehen meine Empfindungen mitteilen wollte, meinte, ich würde wohl den Baugeist gesehen oder gehört haben. Der Abend ist mir nachher noch oft eingefallen, und freilich muß ich manchmal lachen, wenn ich den übertriebenen Ernst so vieler Menschen sehe und ihre ängstliche Geschäftigkeit, und daß alles doch wieder vergeht, und wenn man über dies dunkle Wesen ängstlich werden möchte, so nenne ich es immer mit meiner alten Magd den Baugeist, und bin beruhigt. Es ist doch immer so lustig und schön, wenn die Menschen brav arbeiten.«

»Laß uns sehen, was Franz macht«, antwortete Leonhard, und sie gingen beide in ein anderes Zimmer, wo der Knabe neben seinem Lehrer saß und eifrig die Landkarte betrachtete. Deutschland war aufgeschlagen, und der alte Magister suchte ihm die Einteilung der Kreise, den Lauf der Flüsse und den Zusammenhang der Gebirge deutlich zu machen. »Recht in der Mitte Germaniae«, sagte er eben, »liegt allhier das alte Noricum, oder Nürnberg, welches darum billigerweise die Hauptstadt des deutschen Reichskörpers sein sollte.« Leonhard beugte sich über den Knaben und sah mit in die Karte. »Ein herrliches Land ist Franken«, fing er an; »und vor allen das Bambergische und die Ufer des Mains.« – »Sind wohl dorten gewesen?« fragte der Magister. – »Lange Zeit«, antwortete der Meister, »und wunderbar war alles dort nebeneinander, so verschieden und doch so schön vereinigt. Nürnberg in der Mitte, als der Sitz der Kunst und des Gewerbfleißes, eine alte ehrwürdige Stadt mit ihren Denkmälern, das lustige Anspach; das schöne Bayreuth mit dem nahen finstern Fichtelgebirge, das sandige Erlangen, und nicht fern davon die herrlichen Täler von Streitberg und Muggendorf mit ihren Ruinen und Naturwundern; seitwärts das warme, helle, liebliche Bamberg, mit der unendlich schönen Aussicht von seinem zerstörten Schlosse, mit seinem ehrwürdigen Dom; dann die schönen Wälder bei Ebrach, und bald dahinter das Weinland Würzburg, und die schönen Wildnisse des Spessart; nicht fern das reizende Bischoffsheim, hinten Mergentheim, Heilbronn, und die Schlösser an der Jaxt, der Tauber und dem Neckar, die Pfalz hinunter.«

»Wo wir aber schon die Grenze Franconiae überschritten haben!« sagte der Magister. – »Gewiß«, antwortete Leonhard, »nur rissen mich die Jugenderinnerungen hin.« Er seufzte, und verfolgte auf der Landkarte den Lauf der Ströme. »Herr Leonhard«, fuhr der Magister fort, »könnten selber den Sohn in Geographia unterrichten, da Sie alles, oder das meiste gesehen haben, es würde ihm zweifelsohne deutlicher werden, da die eigene Anschauung sich leichter mitteilt; freilich müßte ich wohl, wenn er erwachsener ist, wieder in das Mittel treten, um ihm die ältere Länder-Einteilung und was Austrasia und Neustria gewesen, historisch zu erklären.«

Man wollte sich zum Abendessen in das größere Zimmer begeben, als der Altgeselle des Gewerkes mit seinem Spruch hereintrat und ankündigte, daß zwei Fremde eingewandert wären, die Leonhard, nachdem er auf die herkömmliche Weise geantwortet hatte, annahm, weil sich sein Gewerbe mit jeder Woche vergrößerte. Die Fremden sollten am folgenden Tage einziehen und der Meister, seine Frau und der Magister nebst Franz gingen in die andere Stube, die schon erleuchtet war, und wo vier Gesellen und drei Lehrburschen ihrer warteten. Leonhard setzte sich, zu seiner Linken der Magister und neben diesen die Frau, welcher der Knabe folgte, an einen runden Tisch; neben dem Knaben standen die Bursche, und rechts vom Meister saßen die Gesellen in der Ordnung, in der sie früher oder später in sein Haus gekommen waren. Ein kurzes Tischgebet wurde gesprochen, und die Mahlzeit unter fröhlichen Reden vollendet. Die Gesellen erzählten von dem einen Fremden, welchen sie schon kannten, und mit dem der älteste in Augsburg gearbeitet hatte; man rühmte ihn als geschickt, tadelte aber sein unordentliches Wesen und seine Liebe zum Trunk, wodurch er zu nichts kommen könne, und ohnerachtet seines guten Verdienstets immer nur schlecht in Kleidern einhergehe. Leonhard erzählte manche unglückliche Beispiele ähnlicher Art, und beklagte, daß durch Leichtsinn und schlechte Gewohnheit sich nur zu oft die geschicktesten und sonst fleißigsten Menschen ein trauriges Alter zubereiteten. Der Magister sprach nur selten, und wenn es geschahe, meist in lateinischen Sprüchen, wobei er jedesmal den jüngsten der Gesellen scharf ansah, weil dieser ihn zuweilen lächelnd von der Seite betrachtete, und der Alte Spott in seinen Blicken zu lesen glaubte. Auch war es zu entschuldigen, wenn die Gestalt des Magisters komisch auffiel, und besonders jüngern Leuten Veranlassung zum Lachen gab. Sein altes Gesicht war feierlich und voll Runzeln, und verriet mehr Jahre, als er wirklich verlebt hatte; er trug noch (was schon anfing selten zu werden) eine Perücke, die aber niemals gepudert war, oft ungekämmt und zerzaust schien und fast nie gerade saß, zwei Schleifen eines engen Halstuches hingen ihm über der Brust, die Weste prangte mit schwarzen Knöpfen von Gagat, am langschößigen Rock aber trug er Schleifen nach Art der Wiedertäufer, und zinnerne ziemlich große Schnallen glänzten von seinen Füßen. In allen seinen Gebärden suchte er den Gelehrten darzustellen, und um nicht in den Anstand und die Sprache der Handwerker zu verfallen, die ihm wohl gemein dünken mochten, wurde er hochfahrend und steif, nicht selten linkisch und verlegen, und stieß Gläser und Teller um, obgleich er sich immer beobachtete. Er war in Wittenberg auf der Schule gewesen, und hatte dort studiert und promoviert, hatte nie Glück gehabt, weil es ihm an jedem Talent fehlte, sich in die Welt und seine Umgebung zu schicken, und war nun hieher, in Leonhards Geburtsstadt geraten, wo er Kindern und jungen Leuten in Sprachen und den Anfängen der Wissenschaft Unterricht gab, sich aber immer höchst armselig behelfen mußte, weil er zu jenen gutmütigen Wesen gehörte, welche alles, ohne zu rechnen, wegschenken, und wenn sie einmal etwas zurückgelegt haben, sich bestehlen lassen, sich aber auch darüber nicht verwundern oder Vorkehrungen dagegen treffen, weil sie die Meinung hegen: es müsse so und könne nicht anders sein, er wenigstens hätte lieber selber gebettelt, als einen Dieb beim Gericht belangt, wenn er ihn auch kannte oder erriet.

Nächst der Leidenschaft des Trunkes war es die des Spieles, über welche die Tischgesellschaft sprach, und welche Leonhard fast noch gefährlicher schilderte, weil sie schneller zur Armut führt und den Charakter der Menschen untergräbt, so daß nicht selten derjenige, der als ein ehrlicher Mann begann, als Betrüger und Dieb endigen muß.

»Es ist eine sonderbare Frage«, fuhr Leonhard fort, »Ob der Mensch immer stark genug ist, den Leidenschaften widerstehen zu können, oder ob nicht vielleicht mancher doch früher oder später erliegen muß und seinem Schicksale nicht entgehen kann, er mag mit noch so vieler Kunst und Festigkeit nach dieser oder jener Seite ausbeugen.«

»Est problema periculosissimum,« sagte der Magister, »denn axioma est, quod voluntas nostra libera sit.« Martin, der jüngste Gesell, lächelte wieder. »Das heißt«, fuhr der Magister mit erhöhter Stimme fort, »damit Er es verstehe, mein guter Juvenis Martin, es ist ein Grundsatz, daß unser Wille durchaus frei ist.«

»Mir fällt diese Frage nur ein«, sagte Leonhard, »weil ich mich eines sonderbaren Falles erinnere, den ich selber erlebt habe. Als ich noch in der Lehre stand, kannte ich schon einen alten Gesellen, der hier arbeitete. Er war katholischer Religion und sehr fromm, auch war er eitel darauf, daß man ihn in der Jugend zum Geistlichen bestimmt hatte. Bei aller Frömmigkeit aber war er nicht stark genug, dem Getränk Widerstand zu leisten, so daß man ihn gewöhnlich Sonntags berauscht sah. Zwar trank er nicht viel, aber da er sehr lebhaft und von hitziger Einbildung war, stiegen ihm wenige Gläser gleich so in den Kopf, daß er fast nichts von sich wußte, und was das Schlimmste war, so befiel ihn alsdann eine so große Begier zu prahlen und aufzuschneiden, daß er seinen wöchentlichen Verdienst mit vollen Händen ausstreute mochte das Geld nehmen, wer wollte. Daher fanden sich immer einige lüderliche Brüder, die, wenn er in dieser Stimmung war mit ihm Karte oder Würfel spielten und ihn rein ausplünderten, fiel es ihm zuweilen ein, zu zanken, weil er doch Unrecht merken mochte, so trug er zum Überfluß des Unglücks noch Schläge davon. Am andern Tage war derselbe Mensch dann der demütigste, bescheidenste und leutseligste; ja er hätte vor Scham vergehen mögen, daß er sich so hatte betragen können, und fing doch den nächsten Sonntag wieder an, dieselbe Rolle zu spielen. Diese Art aber, zwischen den beiden Äußersten hin und her zu schwanken, hatte ihm alle Kraft und Festigkeit genommen, so daß er auch niemals den Entschluß fassen konnte, in irgendeiner Stadt das Meisterrecht nachzusuchen, sondern sich lieber, so alt er auch schon wurde, als Gesell durch alle Länder umtrieb. Nach vielen Jahren, als mich der Zufall auf meiner Wanderschaft nach Triest verschlagen hatte, traf ich diesen alten Menschen wieder. Aber wie war ich erstaunt, da ich ihn ganz verwandelt fand. Er trank nie einen Tropfen starken Getränkes, mochte er müde, noch so durstig oder erschöpft sein; und auf mein Befragen erzählte er mir, daß er vor zwei Jahren sich im Trunke so weit vergessen, daß er einen Geistlichen, der ihn zu ermahnen gesucht, gemißhandelt habe, worüber er im Nüchternwerden so erschrocken sei, daß er von diesem Augenblick an das Gelübde getan habe, nie, auch bei der dringendsten Veranlassung, und selbst auf Festen und Hochzeiten etwas anderes als Wasser zu genießen. Dieses Gelübde hielt er auch so strenge, daß ich die Kraft seines Willens bewundern mußte.«

»Ecce«, rief der Magister, »das leuchtendste Exemplum, daß der Wille des Menschen allerdings frei sei und alles vermöge.«

»Wenn er nur in der Tat durch diese Sinnesänderung gewonnen hätte«, fuhr Leonhard ruhig fort. »Der Pater hatte dem reuigen Sünder, ich weiß nicht welches Erbauungsbuch, gegeben, das zum Unglück eins von denen war, die man die mystischen nennt, in welchen dem Menschen außer der Vernunft und dem Glauben noch ein neuer Sinn aufgeschlossen werden soll, durch welchen er Gott und dessen Wesen erkennen mag, und durch die Anstrengung der Liebe und eines geheimnisvollen Willens fähig werden, das unbegreifliche Wesen in sich selbst vertraulich und fortdauernd aufzunehmen. Diese Vorstellungsart, so wenig er auch die meisten Bücher dieser Gattung begreifen mochte, hatte sich des schon gläubigen Menschen so bemeistert, daß er in Muße- und Arbeitsstunden las, und Lutheraner und Katholiken zu seiner Meinung bekehren wollte; alles Geld, was er erarbeiten konnte, wandte er dazu an, mehr und mehr Bücher dieser Art zu kaufen; er las in den Nächten, er predigte in der Einsamkeit des Feldes, er glaubte sich zum Apostel berufen, so daß es schien, sein Lebenslauf sollte nicht eben und gerade ausgehn, sondern durch Leidenschaft und Phantasie verwickelt und gestört werden. War er in frühern Zeiten ausschweifend und töricht, so mußte man ihn jetzt, wenn man es auch noch so gut mit ihm meinte, geradezu einen Narren heißen.«

»Schwärmer oder Mystiker wäre richtiger gewesen«, warf der Magister ein, »an dergleichen Irrlehrern hat die reine christliche Kirche von jeher viel zu leiden gehabt.«

»Jetzt war sein Seelenrausch ununterbrochen«, erzählte der junge Meister weiter. »Ich gedachte durch das Krain und Kärnten, durch Tirol hinauf nach Augsburg zu gehen, mehr um die herrlichen Gebirge zu sehn, als der Arbeit wegen, denn ich hatte Geld zur Reise zurückgelegt. Der Alte bot sich zu meinem Begleiter an. Es war im Spätsommer, das Wetter das vortrefflichste, die Gegenden, durch die wir zogen, die allerwunderbarsten und zauberreichsten, die ich noch gesehen hatte; aber der Arme war nicht mehr fähig, die Schönheit der Schöpfung zu genießen; er sah in den erhabenen Berg- und Felsenmassen nur das Werk der bösen Geister, einen Trotz gegen den Himmel; er redete sie manchmal in seinem Eifer an, und schalt sie wilde Riesen und Empörer gegen Gott. Den Verdruß hatte ich auf dem ganzen Wege, und mich gereuete oft, daß ich mit ihm gegangen war. Dazu kam, daß er unter der Last seiner Bücher keuchen und schwitzen mußte, und doch konnte er nicht unterlassen, in jedem Städtchen sich nach andern Werken dieser Art umzusehn, und zu kaufen, wenn er etwas fand, das ihm erständig war. So übel ich auch auf seine Besessenheit zu sprechen war, so trug ich ihm doch den größten Teil seines Gepäckes, und bedung mir nur aus, daß er mir in den Ruhestunden nicht vorlesen durfte, worüber er wehmütig die Achseln zuckte. Wir kamen bei Botzen heraus. Nie werde ich dies herrliche Tal vergessen und den wundervollen Weg nach Brixen. Es ging schon gegen die Weinlese, allenthalben konnten wir uns mit Trauben erquicken. Es war eine Vollmondnacht, und wir hatten beschlossen, von Brixen auszuwandern, die kühle helle Nacht hindurch, und am anderen Mittag irgendwo stille zu liegen, weil die Hitze in den Bergen dort auch um jene Jahreszeit in den Mittagsstunden drückend war. War mein Gefährte am Tage begeistert, so schien der Mondschein noch stärker auf ihn zu wirken: seine Schilderungen waren so grausenhaft, daß ich mich selbst, wenn der Mond hinter eine Wolke trat, zuweilen eines kleinen Schauders nicht erwehren konnte. In der Hölle besonders war er wie zu Hause, und genau beschrieb er die vielen Heerscharen; auch ihre verschiedenen Physiognomien und Gebärden, die von dort täglich und nächtlich auszögen, um seine arme Seele zu bestricken, bald durch Zweifel, bald durch Hochmut, ein anderes Mal durch falsche Gesichte, oder auch durch ängstigende Herzensleere, bis dann im anhaltenden Gebet der Brunnen des Lebens wieder springe und von innen heraus alle seine Kräfte tränke und erfrische. So mochte es Mitternacht geworden sein, als wir zwischen Brixen und Sterzingen einen Hügel hinanstiegen; die Gegend war ganz einsam, kein Dorf in der Nähe, rechts ab vom Wege schienen in ziemlicher Entfernung einige Hütten zu liegen, doch mochten es auch Steine sein, denn nichts war im rätselhaften Schimmer des Mondlichtes genau zu unterscheiden. Sowie wir höher stiegen, hörten wir ein seltsames Rascheln oder Rauschen, und es war nicht anders, als wenn jemand eine große Tonne mit Wasser schüttelt, um sie auszuspülen. Dies war es denn auch zu meinem größten Befremden: denn als wir oben waren, sahen wir mitten auf der Landstraße eine ziemlich beleibte, aber kleine menschliche Figur, die mit der größten Behendigkeit ein großes Faß hin und her bewegte. Mein Gefährte drängte sich dicht an mich; mir war, gesteh ich, etwas unheimlich: diese sonderbare Beschäftigung hier im einsamen Gebirge, in der stillen Mitternacht, keine menschliche Wohnung in der Nähe. Um dem nächtlichen Arbeiter vorbeizukommen, mußten wir im Wege etwas ausbeugen, und mit einer etwas ängstlichen Stimme sprachen wir beide den Gruß, der in Tirol gebräuchlich ist: ›Gelobt sei Jesus Christi!‹ worauf das Nachtmännlein, ohne sich in seiner Beschäftigung stören zu lassen, mit einer schnarrenden, näselnden, fast kindisch quäkenden Stimme antwortete: ›in Ewigkeit!‹ Wir gingen stumm weiter, schneller, sahen uns nach einigen hundert Schritten bei einer Felsenecke um – und indem wieder eine Wolke dem Monde vorüberzog, war alles verschwunden. ›Hast du ihn gesehn?‹ fragte mein Gefährte mit zitternder Angst – ›Den?‹ – Ich wagte nicht ihm zu antworten, er nannte den Arbeiter immer nur ihn, und schien sich viel dabei zu denken; auch ich weiß noch jetzt mir das Abenteuer nicht zu deuten, so natürlich es vielleicht zusammenhängen mag.«

»Im besten Falle«, sagte der Magister, »ist es immer exzentrisch, auf hohem Gebirge in stiller Nacht sich mit Fässern zu tun zu machen, die Nacht macht alles zum Schreck.«

»So war es auch mit meinem Freunde«, fuhr der Erzählende fort, »der nur noch eines letzten Anstoßes bedurfte, um völlig in die Irre zu geraten. Wir kamen nach Sterzingen. Zum Essen kam der Alte nicht, und als wir ihn suchten, fanden wir ihn endlich in einem abgelegenen Winkel im eifrigsten Gebet. Er sagte mir, er hätte danken müssen, daß der Himmel ihm seinen Verstand habe erhalten wollen. Ich suchte ihn zu erheitern und drehte die Sache zum Scherz, aber da er böse wurde, brach ich ab. Wir blieben diese Nacht in der Stadt, weil ich mit dem Unglücklichen nicht wieder eine nächtliche Wanderung unternehmen mochte; in der Nacht schlief er sehr unruhig, ich hörte ihn oft ächzen und beten; schauderhaft war es, daß er wohl hundertmal die Worte: ›in Ewigkeit!‹ wiederholte, und zwar genau den seltsamen, nicht kindischen und nicht männlichen, nicht kreischenden und auch nicht heisern Ton der nächtlichen Erscheinung zu treffen suchte. Bald darauf erreichten wir Inspruck, wo wir Arbeit annahmen. Nach acht Tagen gehe ich mit meinem Gefährten des Sonntags in die Kapuzinerkirche. Hier ist das schöne Grabmal des Kaisers Maximilian, hier ruht die berühmte Philippine Welserin; hier stehen die lebensgroßen erznen Bildnisse von merkwürdigen Menschen der Vorzeit, und ich war in Betrachtung dieser Denkmäler vertieft, als ich plötzlich unter den Worten des Predigers einen lauten Aufschrei höre; alles läuft zusammen, man bestrebt sich, jemand aus der Kirche zu tragen, ich trete hinzu: er ist es, der Unglückliche, der in Krämpfen heult. Draußen erzählt er, daß die Kirche voller bösen Geister sei, daß der Fußboden sich unter Flammen aufgetan, daß die gräßlichsten Gebilde zu ihm emporgestiegen. Im Wahnsinn quält er sich noch acht Tage, nachdem er unzähligemal das: in Ewigkeit! mit jenem widerlichen Tone wiederholt hatte. Er liegt dort begraben.«

Nach einem kurzen Stillschweigen wünschten die Arbeiter gute Nacht und entfernten sich, indem der vorschnelle Martin schon in der Tür zu seinen Begleitern auf sprichwörtliche Art sagte: »Unser junger Meister hat in seinem kleinen Finger mehr Verstand, als im ganzen alten Magister steckt.« Dieser überhörte es aber Leonhard nahm sich vor, am folgenden Morgen dem jungen Menschen einen Verweis zu geben. Der Knabe wurde zu Bett gebracht, und der Magister nahm ebenfalls seinen Hut; doch Leonhard wandte sich zu ihm und bat: »Erzeigen Sie uns die Ehre, werter Herr Magister, noch ein Gläschen Wein mit uns zu trinken.« Indem trat auch ein anderer Freund des Hauses, ein Tischlermeister, ein kleines rundes Männchen, herein, der sich den Schweiß abtrocknete und ausrief: »Immer noch brav heiß, als wenn es schon mitten im Sommer wäre! Guten Abend!« fuhr er fort; »ja wenn man zu euch kommt, Leute, so sind alle Stuben wie die Putzstuben, und je mehr ich zu Hause aufräume, je wilder sieht die Wirtschaft aus! ich habe nicht Glück und Segen in den Händen; hier ist einem immer zumute, als wenn man bei vornehmen Leuten wäre.« – Man setzte sich nun um einen kleinen Tisch, und die Hausfrau schenkte von dem guten Frankenweine ein, den alle stark und wohlschmeckend fanden. Der Magister legte seine feierliche Miene ab und fing an heiterer zu werden, wozu vorzüglich die Gespräche und Erzählungen des Meisters Krummschuh beitrugen, über den er sich ohne allen Rückhalt erhaben fühlte. Es wurde an die Tür geklopft, und ein Bedienter trat herein, der dem Leonhard ein zusammengelegtes Blatt übergab. Er hatte kaum die Aufschrift angesehn, als er rot vor Freude ward und sich sehr heiter mit den Worten zum Diener wandte: »Es wird mir eine große Ehre sein, ich bin morgen den ganzen Tag zu Hause.« Der Diener entfernte sich und Leonhard sagte: »Der Baron ist wieder in der Stadt und von seiner Reise zurückgekommen, er wird mich morgen besuchen, wenn ich nicht schon früh zu ihm gehe.« – »Ich hatte es dir nur zu melden vergessen«, sagte die junge Frau, »er war schon heut nachmittag hier und suchte dich.« – »Wie kannt du das nur vergessen?« rief Leonhard aus. – »Es ist ja noch Zeit genug, daß du es erfährst«, erwiderte sie etwas unwillig, »er hat Projekte mit dir, er will dich auf eine Reise mitnehmen, du sollst ihm ein Schloß einrichten helfen und was dergleichen mehr ist, was mir gar nicht sonderlich hat gefallen wollen; er ist überhaupt fatal mit seinem herablassenden vertrauten Wesen, und hindert dich nur; ich kann es gar nicht leiden, daß er mich immer liebe kleine Frau nennt.« – »Du bist unbillig«, antwortete der Mann, »er will gegen uns nicht den Vornehmen spielen, ich kenne ihn seit lange, wir waren Schulkameraden.« – »Ich bin aber nie sein Schulkamerad gewesen«, erwiderte sie etwas spitzig; »und wie klein bin ich denn? doch groß genug, daß er mit mir etwas mehr Umstände machen könnte; ich kann es nicht leiden, wenn die Vornehmen gar zu bürgerlich tun wollen; ich fürchte nur, du lässest dich beschwatzen, weil ich deine Lust am Reisen kenne.«

»Ja, das muß wahr sein«, rief Krummschuh aus, »in meinem Leben hab ich noch keinen Menschen gesehen, der so versessen auf das Wandern ist. Er konnte es nie satt werden, und ich werde zeitlebens an das Jahr gedenken, in dem ich mich mit ihm herumgetrieben habe. Wenn andere Menschen müd und matt in die Herberge kommen, so richten sie sich ein, sehen nach der Küche bestellen sich ein Essen, setzen oder legen sich nieder; nicht so er. Gleich fragt er nach den Merkwürdigkeiten der Stadt und der Gegend, meistens kennt er sie auch schon, oft besser als die Leute selbst, und da ist nun entweder ein alter Turm, den er besehen und auf die Spitze mit Lebensgefahr hinaufklettern muß, oder Mauerwerk von einem Schlosse oder Kloster ist eine halbe Meile davon, dahin wird nun gewandert, ohne fast nur einen Trunk Bier getan zu haben. Und was hat er nachher von dem allen? Ich begreife es jetzt selbst nicht, wie er mich damals durch seinen Umgang so hat behexen können, daß ich alle die Torheiten mitmachte.«

Alle lachten, und der Erzähler fuhr fort: »Jetzt ist es mir selber lächerlich, aber damals war ich oft verdrüßlich genug. Weißt du noch, Gevatter, wie wir miteinander das Fichtelgebirge durchstrichen? In der Ebene war er noch erträglich und ziemlich vernünftig, aber sowie er nur in Berge geriet, war er wie wahnwitzig, und ich glaube auch, daß es eine Krankheit in ihm gewesen ist, die jetzt wohl ausgetobt hat. Da mußte immer noch ein Berg erstiegen werden, und dann noch ein höherer und wieder ein anderer, und das hatte dann niemals ein Ende! Dabei konnte er unsereinen so schön persuadieren, daß man immer nachkletterte; er konnte wunder was versprechen, goldne Berge und Luftschlösser, es blieben aber immer nur neue Felsenberge. Ich hatte von frühester Kindheit die Anlage, einen Bauch zu kriegen, wie es denn auch jetzt geschieht; seit ich denken kann, ist mir beim Bücken das Blut ins Gesicht gestiegen, und ich kann nichts tun, ohne in starken Schweiß zu geraten. Aus dieser Komplexion ergibt sich nun von selbst, daß ich kein sonderlicher Fußgänger bin, was er bei seiner schlanken Statur niemals begreifen wollte, sondern meinen Widerwillen nur für Faulheit erklärte. Da liegt in Franken ein finsteres Nest, Wunsiedel genannt, unter dem Fichtelgebirge; eine halbe Meile oder Meile davon sind im Buschwerk die wunderlichsten tollsten Felsenmassen über-, unter- und durcheinander geworfen, wie man es nur im Traum sich vorstellen kann, da mußt ich nun hin, und springen, kriechen, klettern und stöhnen, um das Wunderwerk in Augenschein zu nehmen. Der höchste und verwirrteste Punkt dieser Gegend, wo man verrückt werden möchte, heißt die Luchsburg. Von hier sieht man aus der schwärzesten Tannen-Einsamkeit rund umher in die Zerstörung hinaus, von allen Seiten nur Wälder und wilde Steinklumpen unter sich, Waldrauschen und wildes Vogelschreien, alles zum Entsetzen. Da war er nun glücklich und wie betrunken vor Freude. Wir mußten aber weiter, wir sollten auf den Gipfel des Gebirgs gelangen, den sie dort den Ochsenkopf nennen. Er wußte meine Ambition so in Tätigkeit zu setzen, daß ich richtig mitging; den Abend vorher hatte ich geschworen, es nicht zu tun. Es liegt ein tiefer langer Morast unten am Gebirge, über welchen Stangen gelegt sind, um nur festen Fuß fassen zu können, da hinüber mußten wir uns quälen. Dann ging es in den dicksten Wald, neben großen Steinwänden, Eichen und Tannen vorbei; er hatte sich den Weg genau beschreiben lassen, und glaubte nicht fehlen zu können. Aber es geriet uns dennoch anders, denn nachdem wir einige Stunden bergauf gewandert waren, hatten wir jede Spur eines Weges verloren. Nach vielem Hin- und Hertappen gerieten wir auf eine alte Straße, die aber seit lange schon mußte verlassen gelegen haben, nämlich auf eine Art von Knütteldamm über morastigen Boden. Hier war es Kunst zu wandern. Oft brach der Baum, indem man auftrat, oder tauchte unter, und man mußte behende auf den zweiten steigen, wo es oft noch schlimmer ging; an vielen Stellen fehlten die Bäume ganz, und wir mußten zum Springen unsere Zuflucht nehmen, wobei es doch nicht zu vermeiden war, daß wir nicht einmal ums andere tief in den Sumpf hineinfielen. Ich fing an zu heulen und zu weinen; der böse Mensch aber war so weit voraus, daß er es gar nicht einmal hören konnte. Was half's? ich mußte ihm nach. Wie dieser vermaledeite Weg zu Ende war, hatte wir zwar festen Boden unter uns, aber wir waren darum um nichts gebessert. Die ehemalige Straße mochte mit Bäumen und Gebüschen verwachsen sein, und so mußten wir uns bequemen, eine Art von Treppenstiege hinanzukommen, welche die Wasser in den Felsen gerissen hatten. Dieser Weg dauerte wieder einige Stunden, zog sich steiler und immer steiler hinan, und oft waren die Felsblöcke so hoch, daß mein Verführer sich mir unterstemmen mußte, um mich nur hinauszuwinden. Die Geier in den himmlischen Lüften müssen über unsere Wanderung verwundert gewesen sein. Schon fing es an Abend zu werden, und wir hatten bei unsern Strapazen seit dem frühesten Morgen nichts genossen. Aber was stand uns bevor? Unsere Felsentreppe endigte endlich auf einem kleinen runden Wiesenfleck, den von allen Seiten hohe, dichte Bäume und hinter diesen die steilsten Felsenwände umschlossen. Kein Ausgang war zu entdecken, wir waren hier wie in einer verzauberten Gegend eingefangen, indem die Sonne unterging. Er verlor nicht den Mut, sondern schnitt sich mit seinem großen Messer einen Ausgang durch den Wald, und kletterte wie eine Gemse auf eine Klippe hinaus. Jeder Fußtritt, jedes leise gesprochene Wort, jedes Aufstoßen mit dem Stock schallte in dieser Einsamkeit furchtbarlich wieder. Ich fing in der Verzweiflung an, das kurze, nicht saftige Gras zu kosten. Mit dem schlechtesten Troste kam unser Freund zurück; es zeigten sich, nach seiner Aussage, von dort nichts, als rundum die schwindlichsten Abgründe: ›die Sonne ist untergegangen‹, fuhr er fort, ›zurück können wir auch nicht, und fänden wahrscheinlich unsern unrichtigen Weg so wenig, wie den richtigen; hier ist es trocken, die Nacht wird nicht eben kalt werden, der Himmel ist heiter, was bleibt uns übrig, als hier auf dieser Stelle unser Quartier aufzuschlagen? kommt ja doch, wie man sagt, guter Rat über Nacht.‹ Wir mußten aus der Not eine Tugend machen, und ich wäre wohl zum Einschlafen müde genug gewesen, wenn mich die Qual des Hungers nur zur Ruhe hätte kommen lassen. Als es finster wurde, fing der unglückliche Mensch an, mir, wie er sagte, zum Zeitvertreib die allerfürchterlichsten Gespenstergeschichten zu erzählen, und dazu heulte der Wind, oder was es sonst war, in den Klüften unter uns so entsetzlich, über uns war oft in der Luft ein Geschwirre und Krächzen, die Bäume schüttelten sich oft so plötzlich, und in der Dunkelheit sahen die Felsenzacken mit so gräßlichen Schnauzen und Bärten zu uns herüber, daß ich den Verstand zu verlieren glaubte; doch war meine Müdigkeit stärker als alles andere, und ich erwachte wirklich erst, nachdem die Sonne schon aufgegangen war. Der Abenteurer hatte auch, wie er mir sagte, gut geschlafen, und wir befanden uns insoweit wohl, außer daß wir vor Hunger und Mattigkeit kaum die Beine bewegen konnten. Er war auch, wie ich merkte, abgekühlt, denn er war von der sogenannten Natur nicht so begeistert wie gewöhnlich, wir trafen über den schwindlichten Felsenspitzen einen kleinen grünen Vorsprung, der sich längs dem Abgrunde hinzog; von hier gerieten wir nun in eine fast ebene Waldstrecke, und nach Verlauf von dreien Stunden, in denen wir ununterbrochen gekeucht und gestöhnt hatten, fanden wir endlich zu unserer größten Freude wieder einen Waldweg, der uns auch wirklich bald zu einer einsamen kleinen Hütte führte. Die Frau eines Bergmannes, die hier wohnte, war verwundert, uns von dort kommen zu sehen; sie erquickte uns mit Brot und Butter, das wir im Freien genossen. ›Das rechte Steigen‹, sagte sie, ›fängt erst von hier bis zum Ochsenkopf hinauf an.‹ Ich machte mich seufzend auf den Marsch, sah aber bald, daß die gute Frau nicht mit bei unserer bisherigen Wanderschaft gewesen war, denn ob es gleich beschwerlich ausfiel, so war alles doch nur Kinderei gegen das, was wir überstanden hatten. Ich legte mich oben nieder, wieder auszuruhen, und weiß nicht, was man von so hohen Orten sieht, als eine tüchtige Strecke Luft und ein weitläufiges Nichts, in dem hie und da einzelne Stifte Von Kirchtürmen, oder ein Fleckchen, was eine entfernte Stadt ist, hervorschimmert. Wir kletterten dann nach Bischofsgrün hinunter, und ich war froh, wieder unter Menschen und in die Ebene zu geraten.«

»Und du kannst es wirklich für nichts halten«, fiel Leonhard ein, »von oben den ganzen Zusammenhang eines großen Gebirges zu überschauen? Wie auf einer Insel unter sich die blauen Wogen der Berge und Hügel zu sehn, alle im Glanze der Luft auf das lieblichste aufgelöst und zerschmolzen? Es gibt nur den zwiefachen Anblick der Unendlichkeit, entweder die Aussicht über das Meer hinüber, oder vom höchsten Punkt eines Gebirges. Mir war freilich der Fichtelberg noch nicht hoch genug.«

»Redensarten! Redensarten!« sagte der kleine Freund, »die verschiedenen Wahrzeichen in den Städten sind mir immer lieber gewesen, um die du dich fast nie bekümmert hast.«

Der Magister fing hierauf an: »Dieselben müssen aber schon lange verheiratet sein, da Ihr Sohn schon ziemlich erwachsen ist, und doch erscheinen Sie mir noch so jung, wenn ich vollends die Jahre der Reisen hinzurechne.«

»Das ist ja nur ein angenommenes Kind«, rief der kleine Freund aus, »mit den Kindern will es unserm Leonhard nicht so, wie mit anderen Dingen gelingen.«

»So! So!« antwortete der Magister, »ist aber sehr schön, daß sich Dieselben ganz als Eltern gerieren, höchst erbaulich und wahrhaft christlich, an den Kleinen so viel zu wenden, der auch ein gutes Ingenium verspüren läßt.«

»Der kleine Franz«, sagte die Frau »ist das Vermächtnis einer Nachbarin, die arm starb und nicht wußte, wo sie die Waise unterbringen sollte; auf dem Todbette habe ich ihr versprochen, mich seiner anzunehmen. Ich bin erst seit anderthalb Jahren verheiratet. Nicht wahr, Leonhard, jetzt werden es achtzehn Monate sein?«

»Du bist eine genaue Rechnerin«, sagte der Mann, »mit dem gestrigen Tage war dieser Zeitraum verflossen.«

Der Magister trank mit nachdenklicher Miene ein Glas Wein aus; dann sagte er: »Da kommt mir ein Gedanke, der zweifelsohne ein richtiger ist. Es werden jetzt acht Monate sein, daß ich sehr schwer krank darnieder lag; in meiner Armut war keine Hilfe, aber ich erhielt täglich gesunde Brühe, stärkenden Wein und Geflügel, auch Arznei, die ich nötig hatte, und kein Mensch wollte sich melden, mir die Wohltat erzeigt zu haben; aber gestehen Dieselben nur, daß Sie es gewesen sind.«

»Lieber Herr Magister«, sagte die Frau, »Sie sind ja unser Freund; mein Mann wünschte Sie wieder gesund zu sehen; sind wir das nicht alle unserm Nächsten schuldig?«

»Ei! Ei!« fuhr der Magister gerührt fort, »nun auf Dero Wohlsein!« indem er anstieß und ein neues Glas ausleerte; »das hätte ich mir damals nicht träumen lassen! Hab ich nicht der krummen gnädigen Frau drüben auf der andern Gasse so viele Danksagungen deshalb abgestattet, die sie auch alle angenommen hat; denn ich meinte durchaus eine so edle Unterstützung müsse aus vornehmen Händen erfolgen, und ich hätte mir doch damals schon sagen können, daß Sie, Frau Leonhard, ein Engel von Frau sind.«

Leonhard, der die Verlegenheit und Rührung des Magisters sah, wollte gern dem Gespräch eine andere Wendung geben; er fing an zu erzählen, wie ihn sein Vater in früher Jugend eigentlich zum Studieren bestimmt habe, und wie er selber lange geglaubt, diesen Trieb in sich zu spüren. »Nur zweierlei verdarb mir die Lust daran« fuhr er fort, »unser oberster Lehrer auf der Schule, der es nie müde werden konnte, uns lateinische Aufsätze schreiben zu lassen, weil er selber ein guter Lateiner war. Nun hatte ich zwar Sinn für die Sprachen und las die Autoren gern, aber es war mir unmöglich, in einer fremden Sprache Gedanken aufzufinden, und diese in die gehörigen Worte und Wendungen zu kleiden, auch merkte ich bald, daß diejenigen meiner Mitschüler, die sich in diesen Übungen auszeichneten, nur mit bekannten Phrasen spielten, die sie sich aus den Autoren gesammelt hatten, und Rede und Zusammenhang sich diesen Erinnerungen mehr oder weniger fügen mußten.«

»Richtig!« rief der Magister, »das ist der Weg, den wir Gelehrten alle im Anfange haben gehen müssen; man muß wohl in jeglicher fremden Sprache so beginnen, wenn man sich des Ausdrucks bemeistern will.«

»Dazu aber«, antwortete Leonhard, »habe ich mich nie entschließen können, denn es schien mir fast wie Lüge. Die zweite Störung meines Studiums war die Betrachtung, daß ich auf diesem Wege meiner Leidenschaft zu reisen vielleicht nie Genüge tun könne, und doch war mir der Gedanke, wenigstens nicht mein Vaterland in seinen verschiedenen Richtungen kennen zu lernen, unerträglich. Dazu kam noch, daß ich an allem Mechanischen, an eigentlicher Arbeit und Zusammensetzung ein unendliches Vergnügen fand. Wie erstaunte daher mein Vater, als ich ihm einmal plötzlich ein kunstreiches Kästchen mit vielen Schubfächern und sauber gearbeiteten Abteilungen, das ich heimlich in vielen Abendstunden verfertigt, und das jedem Tischler Ehre gemacht hätte, überreichte, und ihm dabei fest erklärte: daß ich gesonnen sei, seine Hantierung fortzusetzen. Nun fühlte ich mich im Abmessen, Zirkeln, Sägen, Einfugen und Ausrechnen aller Teile in meinem Elemente, wobei aber das Lateinische und Ton dapameibomenon und die vielen Verse, die mir waren geläufig worden, nicht vergessen werden durften; und so danke ich es meinen Schulstudien, daß ich noch jetzt den Homer auf meine Art im Original lesen kann.«

»Vielleicht lesen Sie auch«, fragte der Magister lebhaft, »die Mutter aller Sprachen, die hebräische?«

»Angefangen habe ich es wohl«, versetzte der junge Meister, »bin aber nie über die ersten Anfangsgründe hinübergekommen.«

»Schadet nichts«, rief der eifernde Gelehrte, »ich bin und bleibe darum doch ein Monstrum horrendum, ein widerwärtiger, erbärmlicher Mensch!« indem er sich heftig vor die Stirn schlug; »ja ja, du hochmütiger, unwissender, eitler, törichter Block du! gib nur der Wahrheit die Ehre, und gestehe laut, von welcher grege du bist, Abgeschmacktester!«

»Was fehlt Ihnen, Magisterchen?« sagte teilnehmend der kleine Freund, »sind Sie krank?«

»Ja, an der Seele«, fuhr jener erhitzt fort, »am Herzen, an allen Eingeweiden. Könnt ihr's mir glauben, meine verehrten Freunde, daß ich es erst höchlich übelnahm, als mir ein Bekannter den Antrag tat, hier im Hause Unterricht zu geben? – Wie? sagte ich zu mir selbst, bei einem Tischler, bei einem Professionisten? Ich wollte es ausschlagen; da ich mich aber dermalen, wie jederzeit, in kläglichen Umständen befand, so nahm ich die Stunden an, setzte mir aber vor, mit gebührlichem gelehrtem Hochmut einzutreten, und Sie, Herr Leonhard, immer nur per Er zu traktieren: Sie, hochgeehrtesten, meinen teuersten Wohltäter, Sie, denen Ton dapameibomenon, und nephelegereta Zeus, und Integer vitae, und Bereschid bara nichts Fremdes ist? Sie? Können Sie mir diese Niederträchtigkeit vergeben, o Sie englische schöne Madam.«

Man suchte den eifernden alten Mann zu beruhigen, er hörte aber auf nichts, sondern stand auf und riß plötzlich die Perücke vom Kopf: »Ja, auch extra muros gibt es Menschen«, rief er aus, indem er den Haarschmuck zu Boden warf, und mit den Füßen darauf trat, »auch hinter dem Berge wohnen Leute, nicht die Perücke allein macht den würdigen Mann; sieh, mit Füßen trete ich dich« (und er tanzte dabei lebhaft auf der zerzausten herum), »daß du mich zum Hochmut verleitet, daß du mein Gemüt verdorben hast, daß ich alle Menschen, die nicht solches alte, verschrumpfte, eingepuderte, eingeschmierte Wesen auf dem Sitz ihrer unsterblichen Seele trugen, für eine geringere Kaste hielt, und das sidera feriam sublime vertice nur verstehen konnte von denen, die Perücken aufhaben? Nicht wahr, Menschenkinder, ich bin ein ordinärer alter Esel?«

Er fing von neuem an zu wüten, aber der Kleine und Leonhard faßten ihn unter den Armen; der fremde Meister setzte ihm seinen mißhandelten Schmuck wieder auf und sagte: »Nehmt Vernunft an, Phantast, es liegt nicht an der Perücke.«

»Ja!« rief der Magister, »nichts ist gleichgültig, was der Mensch trägt von außen; es ist wie ein Zauber, wie eine Schleife, ein Hut, ein Degen, ein Orden und Perücke auf ihn wirken: sie machen ihn gut oder schlecht; in Stiefeln denkt man anders als in Schuhen, in Seide anders als in Tuch; das menschliche Herz ist wie eine Motte, der man immer ansehen kann, aus welchem Gespinste sie ausgekrochen ist.« Er fing an zu weinen, gab Leonhard und der Frau die Hand, und sagte schluchzend: »Sie vergeben mir, meine großmütigen Freunde, das weiß ich; aber ich bitte Sie demütig in dieser Stunde, in der ich mich freilich sehr vergessen habe, mir den Gedanken, der sich mir schon zudrängen will, zu entfernen, daß Sie mich nur aus Barmherzigkeit und ohne alles Bedürfnis zum Lehrer des Knaben angenommen haben. Nicht wahr, es ist nicht so? Ich müßte vor Scham und vor Trauer über mich selber vergehn.«

Beide versicherten ihn das Gegenteil, und wie sie sich gefreut hätten, daß ein gelehrter Mann die Mühe habe über sich nehmen wollen, ihr Pflegekind zu unterrichten; wodurch er sich endlich beruhigte, und von den beiden Männern nach seiner ziemlich entfernten Wohnung begleiten ließ.

Am Morgen ging Leonhard mit dem festen Entschlusse zu seinem Freunde, dem jungen Baron, ihm seine Begleitung auf der Reise und die Arbeit für ihn abzuschlagen; denn er hatte es in dieser Nacht seiner Frau nach einem zärtlichen Streite versprechen müssen, sich nicht aus der Stadt zu entfernen. Er fand den jungen Elsheim, der heftig in seinem Zimmer auf und nieder ging, und in sich hineinlachte. Sie begrüßten sich herzlich, und der Tischlermeister mußte sich zu einem Glase alten Weines niedersetzen »Ich bin sehr vergnügt«, sagte der Baron, »denn nachdem ich dreiviertel Jahr sehr ernsthaft und gesetzt habe leben müssen, habe ich den unumstößlichen Entschluß gefaßt, zur Abwechselung wieder irgend etwas Lustiges oder Dummes zu treiben; und dazu sollst du mir behülflich sein, denn die gesetzten Leute geben dergleichen Dingen erst Haltung und Geschick; wer sich ohne sie in solche Geschichten einlassen will, wird auf dem halben Wege zur Vernunft zurückkehren müssen.«

»Lieber Baron«, sagte Leonhard freundlich, »ich bin gekommen, Ihnen zu sagen, daß Sie auf mich weder im Guten noch im Bösen rechnen sollen; ich werde zu alt – ich kann jetzt überhaupt nicht abkommen.«

»Aha!« sagte jener (indem er sich vor ihm mit beiden Armen auf den Tisch stemmte und ihm dann die braunen Locken von der Stirne strich), »du bist heut auf deinem feierlichen Ton, du hast alle unsere ehemaligen Bedingungen vergessen, oder willst nicht daran denken; aber ich weiß, daß du es bereuest, wenn du mir diesmal nicht folgst.«

»Ich kann nicht«, sagte Leonhard schmerzlich, »meine Wirtschaft vergrößert sich, meine Frau ist nicht ganz wohl, meinen Leuten darf ich nicht trauen, und noch dazu habe ich wichtige Bestellungen bekommen, wo mein Auge allenthalben selbst zugegen sein muß.«

»Und das Wichtigste nennst du gar nicht einmal«, sagte Elsheim, »daß nämlich alles dies geradezu gelogen ist. Noch neulich schriebst du mir, deine Einrichtung sei so gut, der älteste Gesell so brav, daß es dir nie auf einige Wochen ankommen könne; deine Frau, wie ich gesehn habe, ist so gesund, wie sie nur sein kann, aber der Ehemann, mein Schatz, hat sich dir so eingelernt, daß du auch ohne Souffleur deine Rolle ohne Anstoß hersagst; nur fehlt noch die richtige Mimik, um den Zuschauer zu überzeugen. So lebe denn wohl, mein Freund, da deine Frau ein so strenges Regiment führt; ich muß also ohne dich reisen, ich muß einen andern gescheiten oder geschickten Mann aufsuchen, ich muß vielleicht die Bestellung, den Bau, die Torheit, die Lust aufgeben, und bloß den Bauern auf dem Gute guten Tag und Lebewohl sagen.«

»Welche Freude können Sie nur in jener nördlichen traurigen Gegend finden«, sagte Leonhard, »daß Sie sie so oft besuchen? Und welche Lust können Sie sich jetzt dort versprechen?«

»Narr«, sagte sein Freund, »dahin reise ich diesmal nicht, ich übernehme jenes andere Gut, auf welchem meine Mutter bis jetzt gelebt hat – das an der fränkischen Grenze. Nur freilich mag dies, ernsthaft gesprochen, dir zu weit entlegen sein.«

»Dahin? nach der fränkischen Grenze zu?« fragte Leonhard lächelnd und überrascht. Dann ward er auf einmal nachdenkend und fuhr nach einer Pause fort: »Nun, so teilen Sie mir wenigstens mit, wozu Sie dort meinen Beistand hätten brauchen können.«

»Tausenderlei hatt ich mir vorgenommen«, sagte der Freund verdrüßlich, »was nun alles zu Wasser wird: ich wollte dort von dir ein Theater in einem mächtig großen Rittersaale einrichten lassen; du solltest mitspielen; gute Freunde, herrliche und langweilige Menschen sind schon gebeten und kommen hin, Weiber und Mädchen, ich hatte Lust, mich einmal so recht zu verlieben, vielleicht gar zu heiraten; meine ganze Jugend wollte ich mit dir wiederholen, und alles, was wir auf der Schule träumten und wünschten, einmal zu erleben suchen; meine alte Lust wollte ich büßen und den Götz von Berlichingen, den ich schon bearbeitet habe, einmal wirklich darstellen helfen.«

»Götz! Berlichingen!« rief Leonhard aus, indem er hastig seinen Freund umarmte; »ja, ich reise mit, alles kann liegenbleiben, es geht recht gut ohne mich, und die Frau muß sich darin finden.«

»Recht so!« sagte Elsheim, »aber wie wird dir nun so plötzlich diese Einsicht?«

»Kommt nicht alles von Neigung und Erinnerung zusammen«, rief Leonhard aus, »um einen übrigens vernünftigen Entschluß umzustoßen? Die Freundschaft zu dir, die Erinnerung unserer Jugend und ihrer mannigfaltigen Träume, die Nähe meines geliebten Frankenlandes und dann – der Zauber des Gelüstes, einmal ein Talent zu prüfen, dem ich einmal in einer törichten Periode mein Leben widmen wollte; vorzüglich aber noch der Name jenes Lieblingswerkes meiner Kindheit und Jugend, alle die Lebensmelodien, die in diesem herrlich grünenden Baume wehen und singen!«

»Trink, mein Freund«, sagte der Baron; »so gefällst du mir, und so solltest du immer sein! Laß uns einmal wieder in unser sechszehntes Jahr zurückgehen und einige heitere Wochen ganz so genießen, wie wir damals in unserm Vermögen hatten, und wie man es leider mit jedem Jahre immer mehr verlernt. Nun erzähle einmal wieder, wie du sonst so oft tatest.«

Leonhard, dem jetzt von neuem die frühesten Erinnerungen lebendig wurden, folgte dieser Aufforderung, und fuhr also fort: »Die Kunst lesen zu lernen, von der Begier, zu erfahren was in den Büchern stehe, unterstützt, ward mir so leicht, daß ich schon in der allerfrühesten Jugend ein fertiger Leser war. An Büchern fehlte es mir anfangs nicht, denn ich las alles, doch merkte ich halb den Unterschied zwischen denen, von welchen ich etwas verstand, und jenen, die mir durchaus fremde Wildnis blieben. Mein Vater hielt nur wenige Bücher, aber die er besaß, waren ihm desto lieber; unter diesen befand sich auch der Nachdruck des damals kürzlich erschienenen Götz von Berlichingen. Ich las ihn, und noch nie hatte ich ein Buch so verstanden; noch keines hatte mich mit solchem Zauber umsponnen, in keinem waren mir selbst die Stellen, die ich nicht begriff, und von denen ich mir oft die wunderlichsten Vorstellungen machte, so lieb und teuer und in ihrer Dunkelheit so magisch. Ich erwuchs mit dem Gedichte, ja meine Phantasie und mein Wesen wuchsen hinein. Jedes Wort wußte ich auswendig, in Gedanken ließ ich alle Figuren, in allen Verhältnissen, in allen Trachten, mit allen Mienen und Gefühlen, mir vorübergehn, auch die häßlichsten und grausendsten hatten meine Liebe; mit Kartenblättern, mit unscheinbaren Stückchen Papier spielte ich das Stück, wer weiß wie oft, durch, und blieb immer gerührt und erbaut. Die Überschriften der Szenen, selbst die kleine Vignette vorn, gehörten mir zur Poesie, und erregten mir die lieblichsten Empfindungen. Welche Tränen vergoß ich um den biedern Götz, den edlen weichen Weislingen, vorzüglich über den herrlichen Georg. So waren Jahre vergangen, und dieses Werk war mir so notwendig, wie die Luft, die ich atmete, wie mein Leben selbst, es war mir daher nie eingefallen, nach dem Autor zu fragen, obgleich er auf dem vielgelesenen Titel genannt war; ja mich dünkte, dieses Buch müsse so ewig sein, wie die Natur und Erde selbst; und mein Erstaunen, meine Wehmut, mein unnennbares Gefühl läßt sich nicht beschreiben, als ich nun den erwachsenen Jahren schon näher erfuhr, daß es wirklich von einem Verfasser herrühre, der noch lebe und auch andere Sachen geschrieben habe. In welchem Dämmerlichte erschienen mir Clavigo, Claudine, Erwin, Stella: gleichsam wie von kranker Natur gegen jene Fülle herrlicher Gesundheit, und ich dachte mir ihren Verfasser lange Zeit als melancholisch und im Sterben. Auch das geliebte Frankenland wurde mir zuerst durch dieses Gedicht teuer, und im schönsten Sonnenglanze schwebten die Maingegenden, Jaxthausen und Bamberg vor meinen Augen.«