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Der Kinderbuch Klassiker von Otfried Preußler, für Kinder ab 6 Jahren mit kolorierten Illustrationen.
Eines Tages bekommt die Wassermannsfamilie im Mühlenweiher Nachwuchs. Der kleine Wassermann mit grünen Haaren und Schwimmhäuten zwischen den Zehen gedeiht prächtig und findet überall Freunde. Bald geht der kleine Wassermann mit seinem Vater oder mit seinem Freund, dem Karpfen Cyprinus, auf Entdeckungsreise. Er lernt sich im Weiher zurechtzufinden und erlebt tagtäglich neue Abenteuer, bis es Winter wird und das Eis den Mühlenweiher wieder zudeckt.
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Als der Wassermann eines Tages nach Hause kam, sagte die Wassermannfrau zu ihm: „Heute musst du ganz leise sein. Wir haben nämlich einen kleinen Jungen bekommen.“ „Was du nicht sagst!“, rief der Wassermann voller Freude. „Einen richtigen kleinen Jungen?“ In der Welt der Fische, Schnecken und Muscheln wächst er auf, der kleine Wassermann mit den grünen Haaren, den Hosen aus Fischschuppen und der roten Zipfelmütze. Tagtäglich erlebt er neue Abenteuer, bis es Winter wird und das Eis den Mühlenweiher zudeckt.
© Hanns-Wilhelm Grobe
Otfried Preußler wurde am 20. Oktober 1923 im nordböhmischen Reichenberg geboren. Nach dem Krieg und fünf Jahren in sowjetischer Gefangenschaft, kam er 1949 nach Oberbayern. Bevor er sich ganz der Schriftstellerei zuwandte, arbeitete er als Lehrer an einer Volksschule. „Der kleine Wassermann“, sein erstes Kinderbuch, wurde 1956 veröffentlicht. Otfried Preußler hat über 35 Bücher geschrieben, die in mehr als 50 Sprachen übersetzt wurden und für die er viele Auszeichnungen erhalten hat. Die weltweite Gesamtauflage seiner Bücher beträgt rund 50 Millionen Exemplare. Otfried Preußler starb am 18. Februar 2013.
Mehr über Otfried Preußler: www.preussler.de
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Viel Spaß beim Lesen!
Otfried Preußler
Mit vielen Textzeichnungen
von Winnie Gebhardt
Thienemann
Als der Wassermann eines Tages nach Hause kam, sagte die Wassermannfrau zu ihm: „Heute musst du ganz leise sein. Wir haben nämlich einen kleinen Jungen bekommen.“
„Was du nicht sagst!“, rief der Wassermann voller Freude. „Einen richtigen kleinen Jungen?“
„Ja, einen richtigen kleinen Wassermann“, sagte die Frau. „Aber bitte, zieh dir die Stiefel aus und sei leise, wenn du hineingehst. Ich glaube, er schläft noch.“
Da zog sich der Wassermann seine gelben Stiefel aus und ging auf den Zehenspitzen ins Haus. Das Haus war aus Schilfhalmen gebaut, es stand tief unten auf dem Grund des Mühlenweihers. Statt mit Mörtel war es mit Schlamm verputzt, denn es war ja ein Wassermannhaus. Aber sonst war es genauso wie andere Häuser auch, nur viel kleiner. Es hatte eine Küche und eine Speisekammer, eine Wohnstube, eine Schlafstube und einen Flur. Die Fußböden waren sauber mit weißem Sand bestreut, vor den Fenstern hingen lustige grüne Vorhänge, die waren aus Algen und Schlingpflanzen gewebt. Und natürlich waren alle Stuben, der Flur und die Küche und auch die Speisekammer voll Wasser. Wie konnte das anders sein, wenn das Haus auf dem Grund des Mühlenweihers stand?
Also, der Wassermann schlich auf den Zehenspitzen über den Flur in die Küche. Aus der Küche schlich er in die Wohnstube, aus der Wohnstube schlich er in die Schlafstube. Als er dann leise, leise ans Bett trat, da sah er in einem Binsenkörbchen den kleinen Wassermannjungen liegen. Der Junge hatte die Augen geschlossen und schlief. Seine Fäustchen lagen rechts und links von dem dicken, roten Gesicht auf dem Kopfkissen. Das sah aus, als hielte sich der kleine Wassermann die Ohren zu.
„Wie gefällt er dir?“, fragte die Wassermannfrau. Sie war auch mit hereingekommen und schaute dem Wassermann über die Schulter.
„Ein bisschen klein ist der Junge“, sagte der Wassermann. „Aber sonst gefällt er mir eigentlich.“ Er beugte sich über das Binsenkörbchen und zählte: „Eins, zwei, drei, vier, fünf …“
„Was zählst du denn?“, fragte die Wassermannfrau.
„Ach, ich zähle bloß, ob er auch alle Finger hat“, sagte der Wassermann leise. „Und sieh nur, die strammen Beinchen! Wenn er größer wird, soll er ein Paar schöne gelbe Stiefel bekommen und eine schilfgrüne Jacke und braune Hosen und eine knallrote Zipfelmütze! – Am besten gefallen mir seine Haare. Du weißt ja, ich habe mir immer so einen kleinen Jungen mit grünen Haaren gewünscht!“
„Du, sei vorsichtig!“, mahnte die Wassermannfrau. „Was machst du denn jetzt wieder?“
„Lass mich nur“, sagte der Wassermann. „Ich muss nachsehen, ob er auch Schwimmhäute zwischen den Fingerchen hat. Das ist wichtig für einen Wassermannjungen.“ Und der Wassermann wollte dem Jungen das eine Fäustchen öffnen. Aber da wachte der kleine Wassermann auf und rieb sich die Augen.
„Du, schau!“, rief der Wassermannvater auf einmal ganz laut. „Siehst du das? Siehst du es auch?“
„Also hat er wohl doch Schwimmhäute zwischen den Fingerchen?“, lachte die Mutter.
„Das auch, das auch!“, rief der Wassermann fröhlich. „Aber jetzt weiß ich sogar, was für Augen er hat! Sie sind grün, sie sind grün, es sind richtige Wassermannaugen!“
Und der Wassermannvater hob seinen kleinen Wassermann aus dem Binsenkörbchen und hielt ihn hoch über seinen Kopf. Und dann tanzte er mit ihm in der Stube herum, dass die Schilfwände wackelten und der weiße Fußboden nur so wirbelte. Dabei sang er in einem fort: „Wir haben einen kleinen Wassermann! Wir haben einen kleinen Wassermann!“
Da kamen die Fische von allen Seiten herbeigeschwommen und schauten mit ihren Glotzaugen zu den Fenstern herein. Der kleine Wassermann strampelte vergnügt mit Armen und Beinchen. Und jeder, der es sehen wollte, sah auf den ersten Blick, dass er wirklich ein richtiger kleiner Wassermann war.
„Was meinst du?“, sagte der Wassermann abends zu seiner Frau. „Es gehört sich wohl, dass wir dem kleinen Jungen zu Ehren ein Fest geben, nicht? Ich werde gleich morgen die ganze Verwandtschaft dazu einladen, damit wir ihn allen zeigen können. Und du wirst kochen und braten, dass wir auch etwas zum Schnabulieren haben. Es ist ja bei uns nicht wie bei armen Leuten.“
Gut, der Wassermann ging also am nächsten Tag seine Verwandten einladen, und denen, die weiter weg wohnten, schickte er Fische als Boten. Die Wassermannfrau blieb zu Hause und kochte und briet. Bis zum späten Abend rührte sie in den Töpfen, schwenkte die Bratpfanne und klapperte mit den Schüsseln. Zwischendurch gab sie dem kleinen Wassermann seinen Brei.
Siebenundzwanzig Verwandte hatte der Wassermann eingeladen und sechsundzwanzig von ihnen kamen. Es waren zwölf Wassermänner mit ihren Frauen, ein Brunnenmann und das Brückenweiblein von der Sankt-Nepomuks-Brücke. Der Brunnenmann wohnte im Röhrbrunnen hinter dem Spritzenhaus, er war schon sehr alt und trug einen weißen Bart. Die anderen Wassermänner und ihre Frauen kamen aus dem Dorfteich, aus dem Froschtümpel, aus der Entenpfütze, aus dem Roten und aus dem Schwarzen Flössel, aus dem Forellenwasser, dem Steinbach und noch fünf anderen Bächen.
„Seid uns gegrüßt!“, sagte der Vater des kleinen Wassermanns. „Es ist recht, dass ihr euch alle so pünktlich eingefunden habt! Meine Frau und ich sagen allerseits besten Dank und wir hoffen auch, dass es euch schmecken wird.“
„Willst du uns nicht zuerst deinen kleinen Jungen zeigen?“, fragte der Wassermann aus dem Steinbach den Vater des kleinen Wassermanns.
„Nein“, entgegnete der Wassermannvater. „Zuerst einmal wollen wir tafeln, die Hauptsache bleibt für zuletzt.“
Da mussten sich die zwölf Wassermänner mit ihren Frauen, der Brunnenmann und das Brückenweiblein alle an den langen Tisch setzen, den der Mühlenweiherwassermann vor seinem Haus für sie aufgestellt hatte, denn in der Wohnstube wäre es viel zu eng gewesen für diese große Gesellschaft. Der Brunnenmann mit dem weißen Bart bekam den Ehrenplatz in der Mitte.
Die Mutter des kleinen Wassermanns brachte den Gästen zuerst eine Suppe aus Wasserlinsen, dann ein Gericht von gebratenen Fischeiern mit gerösteten Algen. Danach tischte sie einen Salat auf, den sie aus eingelegter Brunnenkresse und klein gehackten Dotterblumenstängeln bereitet hatte. Und wer dann noch immer nicht satt war, für den gab es zum Schluss noch eine ganze Schüssel gedünsteten Froschlaich mit eingesalzenen Wasserflöhen. Ja, ja, es war eben nicht wie bei armen Leuten.