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Dieser Klassiker der Science-Fiction-Literatur gehört definitiv zu den Meisterwerken des bekannten Schriftstellers H.G. Wells. Ende des 19. Jahrhunderts landen die Marsianer in der Nähe von London. Da sie den Planeten Erde als Ersatz für ihren desolaten eigenen, roten Mars beanspruchen, entbrennt bald ein gnadenloser Kampf zwischen den hoch entwickelten Außerirdischen und den hoffnungslos unterlegenen Erdlingen. Erst als alles verloren scheint, nehmen die Dinge eine unerwartete Wendung. Spannung pur und ein Buch, das niemals wirklich alt wird. Die hier vorliegende Neuübersetzung aus dem Jahr 2017 wurde nochmals überarbeitet und korrigiert und als zweite Auflage wieder veröffentlicht.
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Seitenzahl: 274
Der Krieg der Welten
H. G. WELLS
Der Krieg der Welten, H. G. Wells
Überarbeitete 2. Auflage
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
86450 Altenmünster, Loschberg 9
Deutschland
ISBN: 9783988680839
Übersetzer: Jürgen Beck
www.jazzybee-verlag.de
Buch 1 – Die Ankunft der Marsianer1
I. — Am Vorabend des Krieges. 1
II. — Ein fallender Stern. 8
III. — Auf dem Gemeindegrund bei Horsell12
IV. — Der Zylinder öffnet sich. 15
V. — Der Hitzestrahl19
VI. — Der Hitzestrahl in der Chobham Road. 24
VII. — Wie ich nach Hause kam... 27
VIII. — Freitagnacht31
IX. — Die Kämpfe beginnen. 34
X. — Im Sturm... 41
XI. — Am Fenster47
XII. — Was ich von der Zerstörung von Weybridge gesehen habe. 53
XIII. — Wie ich mit dem Vikar zusammentraf65
XIV. — In London. 71
XV. — Was in Surrey passiert war82
XVI. — Der Exodus aus London. 90
XVII. — Die "Thunder-Child"". 103
Buch Zwei – Die Erde unter den Marsianern. 113
I. — Am falschen Ort113
II. — Was wir aus der Hausruine sahen. 121
III. — Tage der Gefangenschaft131
IV. — Der Tod des Vikars. 137
V. — Stille. 142
VI. — Das Werk von fünfzehn Tagen. 145
VII. — Der Mann auf Putney Hill149
VIII. — Totes London. 166
IX. — Trümmer175
X. — Epilog. 181
Niemand hätte es in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts für möglich gehalten, dass unsere Welt genauestens beobachtet wurde von Intelligenzen, die klüger waren als die Spezies Mensch, wenn auch genauso sterblich; dass Menschen, die mit der Verrichtung ihrer täglichen Arbeit beschäftigt waren, inspiziert und überprüft wurden, vielleicht genauso, wie es ein Forscher tat, der gerade die vergänglichen Kreaturen, die in einem Tropfen Wasser schwärmen und sich vermehren, unter seinem Mikroskop erforscht. Die Menschen wandelten mit unendlicher Selbstgefälligkeit über diesen Globus namens Erde, sich ihrer Herrschaft über die Materie immer bewusst. Möglicherweise verhalten sich die Aufgusstierchen unter dem Mikroskop ja genau gleich. Niemand verschwendete einen Gedanken an den Weltraum als eine Art Bedrohung für die Menschheit – oder dachte nur kurz daran, um den Gedanken an Leben auf anderen Planeten umgehend zu verwerfen. Es fühlt sich merkwürdig an, wenn man sich einige der Gedankenmuster dieser vergangenen Tage ins Gedächtnis zurückruft. Manche Erdenbewohner dachten bestenfalls daran, dass es auf dem Mars vielleicht andere Menschen gäbe, der eigenen Spezies weit unterlegen und auf eine missionarische Unternehmung der Erdlinge wartend. Und doch beobachteten uns aus den Weiten des Weltraums Intelligenzen, die zu uns in der gleichen Relation stehen wie wir zu den vergänglichen Amöben; Intelligenzen, die groß, kalt und emotionslos waren, beobachteten diese Erde mit neidischen Augen und schmiedeten langsam aber sicher ihre Pläne gegen uns. Und zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam die große Ernüchterung.
Ich brauche den Leser kaum daran zu erinnern, dass sich der Mars in einer mittleren Entfernung von ca. 228 Millionen Kilometern um die Sonne dreht und dass das Licht und die Wärme, die er von der Sonne erhält, kaum die Hälfte von dem betragen, was die Erde abbekommt. Glaubt man der Nebelhypothese, ist er bedeutend älter als unsere Welt; und lange, bevor die Erde ihren flüssigen Urzustand beendete, hat das Leben auf der Oberfläche des Mars begonnen. Die Tatsache, dass der Mars nur ungefähr ein Siebtel des Volumens der Erde besitzt, muss sein Abkühlen auf die Temperatur, bei der sich Leben entwickeln kann, drastisch beschleunigt haben. Es gibt dort Luft und Wasser und alles, was zur Entstehung von Leben benötigt wird.
Aber der Mensch ist so eitel und so geblendet von seiner Eitelkeit, dass kein einziger Gelehrter bis zum Ende des 19. Jahrhunderts auf die Idee kam, dass sich dort intelligentes Leben auf eine Ebene jenseits unserer eigenen entwickelt hatte – wenn überhaupt. Noch weniger wurde die Tatsache beachtet, dass der Mars, älter als unsere Erde, mit nur einem Viertel der Oberfläche und viel entfernter von der Sonne, nicht nur weiter weg vom Anbeginn der Zeit war, sondern folgerichtig auch näher an deren Ende.
Die Abkühlung, die eines Tages auch unseren Planeten im Griff haben wird, hat sich auf unserem Nachbarn schon sehr weit entwickelt. Seine physikalischen Bedingungen sind immer noch weitestgehend ein Rätsel, aber wir wissen heute, dass die Mittagstemperatur selbst in seiner Äquatorregion kaum die unserer kältesten Winter erreicht. Seine Luft ist viel dünner als unsere, seine Meere sind so weit geschrumpft, dass sie nur noch ein Drittel seiner Oberfläche bedecken und während seiner langsamen Jahreszeitenwechsel bilden sich an den Polen riesige Schneekappen, die bei ihrer Schmelze die gemäßigteren Zonen überschwemmen. Diese Phase der Entwicklung eines Planeten, die für uns auf der Erde noch unendlich weit entfernt ist, stellt für die Bewohner des Mars ein alltägliches Problem dar. Der unmittelbare Druck der Notwendigkeit hat ihren Intellekt erweitert, ihre Kräfte verstärkt und ihre Herzen verhärtet. Und wenn sie mit ihren Instrumenten und ihrem Intellekt, von dem wir nur annähernd träumen können, durch das Weltall blicken, sehen sie, bei idealer Konstellation gerade mal gute 55 Millionen Kilometer entfernt, den Morgenstern der Hoffnung – unseren eigenen, wärmeren Planeten, grün vor Vegetation und blau vor Wasser, mit einer bewölkten und fruchtbaren Atmosphäre, die durch ihre Wolkenhaufen hin und wieder flüchtige Blicke auf bevölkerte Länder und von Schiffen befahrenen Meere erlaubt.
Wir Menschen, die Kreaturen, die diese Erde bevölkern, müssen für sie genauso fremd und nieder sein, wie es uns die Affen und Lemuren erscheinen. Der intellektuelle Teil der Menschheit gibt gerne zu, dass das Leben ein unaufhörlicher Kampf ums Überleben ist, und man könnte annehmen, dass dies die Gehirne auf dem Mars genauso sahen. Ihre Welt hatte sich sehr weit abgekühlt und diese hier war übervölkert mit Leben, aber nur mit der Art, die sie selbst als minderwertig erachteten. Die Eröffnung eines Krieges gegen uns war ihre einzige Chance auf Flucht vor der Zerstörung, die ihnen Generation für Generation unaufhörlich näherkam.
Aber bevor wir zu hart über sie richten, sollten wir bedenken, welch unnachgiebige und heillose Zerstörung unsere eigene Spezies bereits angerichtet hat; und dies nicht nur an Tieren, wie den ausgestorbenen Bisons und dem Dodo, sondern auch an anderen Rassen. Die Tasmanier wurden innerhalb von fünfzig Jahren und trotz ihres menschenähnlichen Aussehens in einem von europäischen Einwanderern geführten Vernichtungskrieg vollständig von der Erde getilgt. Sind wir solche Gnadenapostel, dass wir uns über ähnlich aufgelegte Marsianer beschweren dürften?
Die Marsianer, deren mathematische Fähigkeiten den unseren weit überlegen sind, haben ihren Angriff offenkundig mit beeindruckender Genauigkeit geplant und ihre Vorbereitungen mit fast perfekter Einmütigkeit ausgeführt. Hätten es unsere Instrumente erlaubt, hätten wir den sich zusammenbrauenden Ärger schon weit zurück im 19. Jahrhundert bemerkt. Männer wie Schiaparelli beobachteten den roten Planet, konnten aber die sich verändernden Muster, die sie so gut kartographiert hatten, nicht zuordnen. Während dieser ganzen Zeit machten sich die Marsianer bereit.
Während der Opposition 1894 konnte man auf der beleuchteten Oberfläche der Scheibe ein grelles Licht ausmachen, zuerst wahrgenommen am Lick-Observatorium, dann von Perrotin von Nizza und anderen Beobachtern. Die englischen Leser erfuhren zuerst davon in der Ausgabe der Nature vom 2. August. Ich denke, dass dieser Schein vom Gießen der riesigen Kanone stammte, die in die enorme Senke in ihrem Planeten eingelassen wurde und mit der sie uns später beschossen. Während der nächsten zwei Oppositionen wurden in der Nähe dieser Stellung bisher immer noch unerklärte, sonderbare Markierungen gesichtet.
Der Sturm brach vor sechs Jahren los. Als sich der Mars seiner Opposition näherte, versetzte Lavelle auf Java den Telegraphen seiner astronomischen Station mit der verblüffenden Mitteilung in Schwingungen, dass er auf dem Planeten einen riesigen Ausbruch weißglühenden Gases wahrgenommen habe. Der Ausbruch war gegen Mitternacht des Zwölften erfolgt und das Spektroskop, das er sofort konsultiert hatte, zeigte eine Masse brennenden Gases an, hauptsächlich Wasserstoff, die sich mit unglaublicher Geschwindigkeit in Richtung Erde bewegte. Gegen Viertel nach Zwölf war dieser Feuerstrahl bereits nicht mehr zu sehen. Er verglich ihn mit einer gigantischen Verpuffung, die plötzlich und heftig aus dem Planeten herausgeschossen war, wie "brennende Gase, die aus einer Kanone kamen."
Diese Beschreibung hätte kaum treffender sein können. Und doch stand am nächsten Tag nichts davon in der Zeitung, außer einer kleinen Notiz im Daily Telegraph, und die Welt bemerkte nichts von einer der größten Gefahren, die jemals die menschliche Rasse bedroht hatte. Ich hätte von dieser Eruption vielleicht selbst gar nichts mitbekommen, hätte ich nicht Ogilvy, einen bekannten Astronomen in Ottershaw, getroffen. Er war enorm aufgeregt wegen dieser Nachricht und lud mich überschwänglich dazu ein, mit ihm in der nächsten Nacht den roten Planeten zu untersuchen.
Trotz allem, was seither passiert ist, kann ich mich an diese Nachtwache sehr gut erinnern: das dunkle und stille Observatorium, die beschattete Laterne, die einen matten Schein auf den Boden in der Ecke warf, das ständige Ticken des Uhrwerks am Teleskop, der kleine Schlitz im Dach – eine rechteckige Öffnung, durch die man das Sternenmeer sah. Ogilvy lief umher, unsichtbar, aber hörbar. Wenn man durch das Teleskop blickte, sah man einen tiefblauen Kreis und den kleinen, runden Planeten, der mitten in diesem Feld hing. Er erschien so klein, so hell und winzig und ruhig, mit kaum wahrnehmbaren Querstreifen überzogen und nicht perfekt rund, sondern leicht abgeflacht. Aber so klein er auch war, so silbern warm – ein Licht, kaum größer als ein Stecknadelkopf! Es schien zu zittern, aber tatsächlich war es nur das Teleskop, das durch die Arbeit des Uhrwerks, das den Planeten im Sichtfeld hielt, vibrierte.
Als ich weiter beobachtete, schien der Planet größer und kleiner zu werden, nach vorne und wieder zurück zu treten; aber das war natürlich nur mein müdes Auge. Er war fast 65 Millionen Kilometer entfernt – fast 65 Millionen Kilometer Leere. Nur wenige Leute haben eine Ahnung von der riesigen Leere, in der der Staub des materiellen Universums fließt.
Ich erinnere mich, dass ganz in der Nähe drei blasse Lichtpunkte erkennbar waren, drei unendlich weit entfernte teleskopische Sterne – und drum herum die unermessbare Dunkelheit leeren Weltraums. Sie wissen, wie diese Dunkelheit in einer frostigen, sternenreichen Nacht aussieht. In einem Teleskop wirkt sie noch viel tiefgründiger. Und für mich unsichtbar, so weit entfernt und so klein, flog dieses Ding, das sie uns sandten, schnell und beständig über diese unglaubliche Entfernung hinweg und kam Minute für Minute tausende Kilometer näher; dieses Ding, das so viel Kampf, Elend und Tod über die Erde bringen sollte. Ich hätte nicht im Traum daran gedacht, als ich so beobachtete; niemand auf Erden hätte im Traum an dieses unbeirrbare Geschoss gedacht.
Auch in dieser Nacht gab es einen weiteren Gasausstoß auf diesem Planeten. Ich habe ihn gesehen. Ein rötlicher Blitz mit schwach erkennbaren Umrissen, kurz bevor das Chronometer Mitternacht schlug. Ich berichtete Ogilvy davon und er nahm meinen Platz ein. Die Nacht war warm und ich war durstig. Ich streckte unbeholfen meine Beine und tastete mich durch die Dunkelheit zu dem Tisch, wo der Siphon stand, während Ogilvy erregt den Gasstrom, der auf uns zuraste, betrachtete.
In dieser Nacht startete eine weitere, unsichtbare Rakete vom Mars zur Erde, fast genau vierundzwanzig Stunden nach der ersten. Ich erinnere mich, wie ich in der Dunkelheit an diesem Tisch saß und grüne und karminrote Flecken vor meinen Augen waberten. Ich wünschte mir Feuer, um rauchen zu können, und dachte nicht weiter über das kurze Glühen, das ich gesehen hatte, nach, schon gar nicht über das, was es bald über mich bringen würde. Ogilvy beobachtete weiter bis gegen ein Uhr und gab es dann auf. Wir zündeten die Laterne an und gingen hinüber zu seinem Haus. Unten in der Dunkelheit lagen Ottershaw und Chertsey und hunderte Menschen, die tief und friedlich schliefen.
Ogilvy spekulierte viel in dieser Nacht über den Zustand des Mars und belustigte sich über die geschmacklose Idee, dass es dort Bewohner geben könne, die uns Signale sandten. Er dachte eher an Meteoriten, die in einem schweren Regen auf den Planeten fielen, oder an einen Vulkanausbruch, der gerade im Gange war. Er machte mir klar, wie unwahrscheinlich es war, dass die organische Evolution auf zwei benachbarten Planeten denselben Verlauf genommen hatte.
"Die Chancen, dass es auf dem Mars Leben gibt, stehen eine Million zu eins," sagte er.
In dieser Nacht sahen hunderte Beobachter die Flamme, genauso in der nächsten Nacht um Mitternacht, in der Nacht danach und insgesamt für zehn Nächte – jede Nacht eine Flamme. Niemand auf der Erde konnte sich erklären, warum die Schüsse nach zehn Nächten aufhörten. Vielleicht hatten die Gase, die beim Abschuss entstanden sind, den Marsianern Probleme bereitet. Dichte Rauch- und Staubwolken, die durch ein kraftvolles, irdisches Teleskop als kleine, graue, wabernde Flecken wahrzunehmen waren, verbreiteten sich durch die klare Atmosphäre des Planeten und verschleierten seine gewohnten Konturen.
Schließlich bemerkten sogar die Tageszeitungen die Störungen und hier und da erschienen Aufsätze bezüglich der Vulkane auf dem Mars. Ich erinnere mich daran, dass die Satirezeitschrift Punch die Nachricht in ihrem politischen Cartoon durch den Kakao zog. Und die ganze Zeit über dachte niemand auch nur im Entferntesten daran, dass die Geschosse, welche die Marsianer auf uns abgefeuert hatten, weiter erdwärts zogen, den leeren Weltraum mit einer Geschwindigkeit von vielen Kilometern pro Sekunde durchkreuzten, Stunde für Stunde, Tag für Tag, näher und näher. Heute erscheint es mir fast schon irrwitzig wundersam, wie die Menschen ihren kleinen Belangen nachgingen und dabei das Schicksal schon fast direkt über uns schwebte. Ich sehe noch Markham, wie er darüber jubilierte, dass ihm für die Illustrierte, die er damals herausgab, ein neues Foto des Planeten gelungen war. Die Zeitgenossen von heute können sich wohl kaum den Unternehmungsgeist und die Vielfalt des Zeitungswesens des 19. Jahrhunderts vorstellen. Ich selbst hatte genug damit zu tun, das Fahrradfahren zu erlernen und war für einige Zeitschriften damit beschäftigt, die wahrscheinliche Entwicklung moralischer Werte im Vergleich zur Entwicklung der Zivilisation zu diskutieren.
Eine Nachts, das erste Geschoss war vielleicht gerade mal 15 Millionen Kilometer entfernt, ging ich mit meiner Frau spazieren. Die Sterne waren gut zu sehen, ich erklärte ihr die Tierkreiszeichen und zeigte ihr auch den Mars, einen hellen Punkt, der Richtung Zenit wanderte und auf den gerade so viele Teleskope gerichtet waren. Es war eine warme Nacht. Auf dem Heimweg kamen uns einige Ausflügler aus Chertsey oder Isleworth entgegen und zogen musizierend und singend an uns vorbei. In den Obergeschossen der Häuser, wo die Menschen gerade zu Bett gingen, brannte Licht. Vom Bahnhof in der Ferne hörte man das Geräusch rangierender Züge, ein Klirren und Krachen, das sich durch die Entfernung fast schon melodisch anhörte. Meine Frau machte mich auf die hellen roten, grünen und gelben Signallichter aufmerksam, die sich wie auf einem Gerüst gegen den Himmel abhoben. Alles schien so sicher und ruhig.
Dann kam die Nacht, in der der erste Stern vom Himmel fiel. Man sah ihn früh am Morgen, wie er über Winchester nach Osten schoss, eine flammende Linie hoch oben in der Atmosphäre. Hunderte müssen ihn gesehen und für eine gewöhnliche Sternschnuppe gehalten haben. Albin sagte, dass er einen grünen Strich, der einige Sekunden lang leuchtete, hinter sich hergezogen hatte. Denning, unsere größte Koryphäe für Meteoriten, dass sein erstes Erscheinen auf etwa 140 oder 150 Kilometern Höhe passiert sei. Er meinte, er sei etwa 150 Kilometer östlich von ihm auf die Erde gekracht.
Ich befand mich zu dieser Stunde zuhause und schrieb in meinem Arbeitszimmer; und obwohl meine Flügelfenster Richtung Ottershaw blicken und die Jalousie noch oben war (ich liebte es in diesen Tagen in den Nachthimmel zu blicken), sah ich nichts davon. Und doch muss dieses merkwürdigste Ding, das jemals aus den Weiten des Weltraums zur Erde gekommen ist, heruntergefallen sein, während ich dort saß. Hätte ich aufgeblickt, während es vorbeiflog, hätte ich es gesehen. Einige, die es beobachtet hatten, beschrieben ein Zischen, das seinen Flug begleitete. Ich habe nichts davon gehört. Viele Leute in Berkshire, Surrey und Middlesex müssen es fallen gesehen, aber bestenfalls an einen weiteren Meteoriten gedacht haben. Niemand hielt es in dieser Nacht für nötig, nach dem gefallenen Etwas zu suchen.
Aber der arme Ogilvy, der die Sternschnuppe gesehen hatte, stand schon sehr früh am nächsten Morgen auf in der Überzeugung, dass irgendwo auf dem Gemeindegrund zwischen Horsell, Ottershaw und Woking ein Meteorit lag, den er finden wollte. Er fand ihn tatsächlich schon kurz nach Sonnenaufgang in der Nähe der Sandgruben. Der Einschlag des Projektils hatte ein riesiges Loch hinterlassen und der Sand und Kies, der mit enormer Wucht über die gesamte Heide verteilt worden war und große Haufen gebildet hatte, war schon aus zwei Kilometer Entfernung zu sehen. Im Osten brannte das Heidekraut und dünner, blauer Rauch hob sich gegen das Morgengrauen ab.
Das Ding selbst war fast komplett mit Sand bedeckt und lag inmitten der überall verstreuten Holzsplitter einer Tanne, die es beim Aufprall in ihre Einzelteile zerlegt hatte. Der unbedeckte Teil hatte das Aussehen eines gewaltigen Zylinders, der über und über mit einer dicken, schuppigen, dunklen Kruste überzogen war. Es hatte einen Durchmesser von gut über 25 Metern. Ogilvy näherte sich dem Ding und war von der Größe und speziell der Form sehr überrascht. Die meisten Meteoriten sind mehr oder weniger komplett rund. Aber dieser war von seinem Flug durch die Luft immer noch so heiß, dass sich ein Näherkommen von selbst verbot. Ein surrendes Geräusch im Innern des Zylinders schrieb er der ungleichmäßigen Abkühlung der Oberfläche zu; zu dieser Zeit war ihm noch nicht die Idee gekommen, dass er hohl sein könnte.
Er blieb am Rand der Grube, die das Ding geformt hatte, stehen und betrachtete die merkwürdige Erscheinung. Hauptsächlich war er über die ungewöhnliche Form und Farbe verwundert und er dachte auch zum ersten Mal daran, dass die Ankunft des Zylinders vielleicht nicht zufällig geschehen war. Der frühe Morgen war wunderbar ruhig und die Sonne, die gerade hinter den Fichten in Richtung Weybridge aufging, spendete bereits Wärme. Er konnte sich nicht daran erinnern, Vögel gehört oder ein Lüftchen gefühlt zu haben; die einzigen Laute waren die schwachen Bewegungen im Innern des Zylinders. Er war ganz allein auf dem Gemeindegrund.
Dann plötzlich schreckte er auf und bemerkte, dass ein Stück der grauen Schlacke, der aschfarbenen Kruste, die den Zylinder bedeckte, vom kreisrunden Ende abfiel. Sie rieselte in kleinen Flocken auf den Sand hinunter. Dann löste sich ein größeres Stück und fiel so lautstark ab, dass ihm fast das Herz stehen blieb.
Eine Minute lang überlegte er, was das bedeuten konnte. Dann kletterte er, obwohl die Hitze übergroß war, in die Grube hinunter, um das Ding genauer betrachten zu können. Immer noch dachte er daran, dass die Abkühlung des Körpers dies bewirkt haben könnte, aber was zu diesem Gedanken nicht passte, war die Tatsache, dass die Asche nur an einem Ende des Zylinders abfiel.
Und dann bemerkte er, dass sich der kreisförmige Abschluss des Zylinders langsam aus dem Rumpf herausdrehte. Die Bewegung war kaum wahrnehmbar und er entdeckte sie nur, weil eine schwarze Markierung, die sich vor fünf Minuten noch direkt vor ihm befunden hatte, plötzlich auf der anderen Seite der Scheibe war. Selbst jetzt war ihm kaum klar, was dies bedeutete – bis er ein gedämpftes, kratzendes Geräusch hörte und sich die Markierung wenige Zentimeter nach vorne bewegte. Und dann überkam es ihn wie ein Blitz! Der Zylinder war künstlich – hohl – und das Ende drehte sich heraus! Etwas drinnen im Zylinder drehte den Deckel ab!
"Großer Gott!", sagte Ogilvy. "Da ist ein Mensch drin – MENSCHEN! Halb zu Tode geröstet! Versuchen zu fliehen!"
Ein Gedankenblitz ließ ihn das Ding mit den Ausbrüchen auf dem Mars in Verbindung bringen.
Der Gedanke an die gefangene Kreatur war so schlimm, dass er die Hitze vergaß und sich dem Zylinder weiter näherte, um beim Drehen zu helfen. Aber glücklicherweise stoppte ihn die Hitzestrahlung, bevor er sich die Hände am immer noch glühend heißen Metall verbrennen konnte. Einen Moment stand er unentschlossen da; dann drehte er sich um, krabbelte aus der Grube und rannte wie ein Wilder in Richtung Woking. Es muss gegen sechs Uhr gewesen sein. Er traf einen Fuhrmann und versuchte ihm begreiflich zu machen, was los war. Aber seine Geschichte und sein Aussehen waren so chaotisch – er hatte seinen Hut in der Grube verloren –, dass der Mann einfach weiterfuhr. Bei dem Wirt, der gerade die Türen der Gastschänke an der Horsell-Brücke öffnete, erging es ihm nicht anders. Der Bursche hielt ihn wohl für weitestgehend wahnsinnig und unternahm den erfolglosen Versuch, ihn in der Gaststube einzusperren. Dies beruhigte Ogilvy ein bisschen; und als er Henderson, den Journalisten aus London, in dessen Garten sah, rief er über den Gartenzaun hinweg und machte sich bemerkbar.
"Henderson", rief er, "haben Sie die Sternschnuppe letzte Nacht gesehen?"
"Und?", antwortete Henderson.
"Sie liegt draußen auf dem Gemeindegrund bei Horsell."
"Großer Gott!", sagte Henderson. "Ein abgestürzter Meteorit! Das ist gut."
"Aber es ist mehr als ein Meteorit. Es ist ein Zylinder – ein künstlicher Zylinder, Mensch! Und irgendwas ist da drin."
Henderson stand auf, seinen Spaten fest in der Hand.
"Was ist los?", fragte er. Er war auf einem Ohr taub.
Ogilvy berichtete alles, was er gesehen hatte. Henderson brauchte ungefähr eine Minute, bis er alles verarbeitet hatte. Dann ließ er den Spaten fallen, schnappte seine Jacke und kam raus auf die Straße. Die beiden Männer eilten zurück zur Weide und sahen, dass der Zylinder unverändert an derselben Stelle lag. Aber die Geräusche im Inneren hatten aufgehört und zwischen dem Deckel und dem Rumpf des Zylinders zeigte sich ein dünner Ring aus leuchtendem Metall. Man konnte hören, wie am Rand Luft mit einem zischenden Laut entweder eintrat oder entwich.
Sie lauschten weiter, klopften mit einem Stock auf das verkrustete, verbrannte Metall und beschlossen, da sie keine Antwort erhielten, dass der Mensch oder die Menschen da drinnen entweder bewusstlos oder tot waren.
Die beiden konnten einfach nichts tun. Sie riefen tröstende Worte und versprachen zu helfen und rannten zurück zur Stadt, um weitere Hilfe zu organisieren. Stellen Sie sich die beiden vor, mit Sand bedeckt, aufgeregt und durcheinander, wie sie im hellen Sonnenlicht die kleine Straße herunterrannten, gerade als die Kaufleute die Läden abnahmen und sich überall die Fenster der Schlafzimmer öffneten. Henderson begab sich sofort zum Bahnhof, um die Neuigkeiten nach London zu telegrafieren. Die Artikel, die vorher erschienen waren, hatten den Verstand der Leser genügend auf das Gesehene vorbereitet.
Gegen acht Uhr waren bereits einige Jungen und Arbeitslose zur Weide aufgebrochen, um sich "die toten Menschen vom Mars" anzusehen. So verbreitete sich schließlich die Nachricht. Ich habe gegen viertel vor Neun, als ich draußen meinen Daily Chronicle holen wollte, von meinem Zeitungsjungen davon gehört, und war natürlich sehr erregt und verlor keine Zeit. Ich musste über die Brücke bei Ottershaw und zu den Sandgruben.
Dort fand ich eine kleine Anzahl von vielleicht zwanzig Menschen, die um das riesige Loch, in dem der Zylinder lag, herumstanden. Ich habe bereits den Eindruck beschrieben, den dieser unförmige Koloss erweckte, der da im Boden begraben lag. Die Erde und der Kies drum herum schienen verkohlt zu sein, als hätte es eine plötzliche Explosion gegeben. Es bestand kein Zweifel, dass der Einschlag eine Stichflamme verursacht hatte. Henderson und Ogilvy waren nicht dort. Ich schätze, sie hatten erkannt, dass man für den Moment nichts mehr tun konnte und sie zum Frühstück zu Hendersons Haus gegangen waren.
Vier oder fünf Jungen saßen am Rand der Grube, ließen ihre Beine hinunter baumeln und machten sich einen Spaß daraus, Steine auf die gigantische Masse zu werfen – bis ich ihnen befahl damit aufzuhören. Nachdem ich mit ihnen gesprochen hatte, begannen sie in der Gruppe der umherstehenden Leute Fangen zu spielen.
Unter diesen waren eine Gruppe Fahrradfahrer, ein Gärtner, den ich manchmal selbst beschäftigte, ein Mädchen mit einem Baby auf dem Arm, der Metzger Gregg mit seinem Sohn und zwei oder drei der Tagediebe, die für gewöhnlich am Bahnhof herumlungerten. Man hörte nicht viel Gerede. Nur die wenigsten unter den gewöhnlichen Engländern hatten zu dieser Zeit überhaupt so etwas wie ein bisschen Ahnung von Astronomie. Die meisten starrten nur schweigend auf das große, tischartige Ende des Zylinders, das immer noch so war, wie es Ogilvy und Henderson verlassen hatten. Ich denke, dass die Leute, die ja einen Haufen verkohlter Leichen erwartet hatten, vom Anblick dieses unbeweglichen Haufens einfach enttäuscht waren. Während ich dort war, gingen einige wieder, andere kamen hinzu. Ich krabbelte hinunter in die Gruppe und bildete mir ein, eine schwache Bewegung unter meinen Füßen gespürt zu haben. Auf jeden Fall hatte der Deckel aufgehört sich zu drehen.
Erst als ich diesem Objekt so nahe war, wurde mir seine Fremdartigkeit voll bewusst. Auf den ersten Blick war es auch nicht aufregender als eine umgestürzte Kutsche oder ein Baum, der quer über der Straße lag. Aber dem war nicht so. Es sah wie ein rostiges Teil einer Gasleitung aus. Man musste schon eine gewisse wissenschaftliche Bildung genossen haben, um zu erkennen, dass die graue Kruste auf dem Ding kein gewöhnliches Oxid war und dass das gelblich-weiße Metall, das aus der Spalte zwischen dem Deckel und dem Zylinder glänzte, einen ungewohnten Farbton besaß. Das Wort "außerirdisch" hatte für die meisten Zuschauer keinerlei Bedeutung.
Zu dieser Zeit war es mir relativ klar, dass dieses Ding vom Mars gekommen war; aber es schien mir unmöglich, dass es ein Lebewesen beinhaltete. Ich glaubte, dass der Aufschraubmechanismus automatisch erfolgt war. Im Gegensatz zu Ogilvy vermutete ich immer noch, dass es Leben auf dem Mars gab. Gedankenverspielt dachte ich an die Möglichkeit, dass es eine Schrift beinhalten könnte, an die damit verbundenen Schwierigkeiten der Übersetzung, an darin befindliche Münzen oder Modelle, und so weiter. Aber die Größe gab Anlass zu der Vermutung, dass ich vielleicht doch falsch lag. Ungeduld machte sich in mir breit. Ich wollte es offen sehen! Nachdem nichts passierte, ging ich gegen elf Uhr zurück zu meinem Haus in Maybury, den ganzen Weg meinen Gedanken nachhängend. Es fiel mir schwer, die abstrakten Untersuchungen meiner täglichen Arbeit wiederaufzunehmen.
Am Nachmittag hatte sich das Aussehen der Weide stark verändert. Die Frühausgaben der Abendblätter hatten London mit fetten Schlagzeilen in helle Aufregung versetzt:
"EINE NACHRICHT VOM MARS."
– Merkwürdiger Bericht aus Woking –
und so weiter. Darüber hinaus hatten Ogilvys Telegramme an die astronomische Mitteilungsstation sämtliche Observatorien in den drei Königreichen aufgeschreckt.
Ein halbes Dutzend Mietdroschken vom Bahnhof Woking standen auf der Straße bei den Sandgruben, dazu ein Einspänner aus Chobham und eine ziemlich große, herrschaftliche Kutsche. Daneben lag ein großer Haufen Fahrräder. Zusätzlich hatten sich ziemlich viele Menschen aus Woking und Chertsey trotz der Hitze des Tages zu Fuß hier heraus begeben. Zusammen ergab das eine ordentliche Menschenmenge – die eine oder andere adrett angezogene Lady war auch darunter.
Es war brütend heiß, nicht ein Wölkchen am Himmel, geschweige denn ein Lufthauch. Der einzige Schatten kam von den hier und da stehenden Fichten. Das brennende Heidekraut war gelöscht worden, aber der ebene Boden in Richtung Ottershaw war schwarz soweit das Auge reichte und stand immer noch voller senkrechter Rauchsäulen. Ein unternehmerischer Süßwarenhändler aus der Chobham Road hatte seinen Sohn mit einer Wagenladung grüner Äpfel und Ingwerbier heraufgeschickt.
Als ich an den Rand der Grube ging, fand ich dort ein halbes Dutzend Männer vor – Henderson, Ogilvy und ein großer, blonder Mann, den ich hinterher als Stent, den Hofastronomen kennenlernte. Dazu schufteten einige Arbeiter mit Spaten und Beilen. Stent gab mit klarer, hoher Stimme Anweisungen. Er stand auf dem Zylinder, der nun offenbar sehr viel kühler war; sein Gesicht war hochrot, der Schweiß lief ihm davon und irgendetwas schien ihn irritiert zu haben.
Obwohl sich das untere Ende immer noch in der Erde befand, war bereits ein großer Teil des Zylinders freigelegt worden. Als Ogilvy mich in der Menge der Zuschauer am Rand der Grube erkannt hatte, rief er mir zu herunterzukommen und fragte mich, ob es mir etwas ausmachen würde, zum Gutsherren Lord Hilton hinüber zu gehen.
Die zunehmende Menschenmenge, sagte er, sei mittlerweile ein ernsthaftes Hindernis für die Ausgrabung, besonders die Jugendlichen. Man sollte eine leichte Brüstung errichten, welche die Menschen zurückhält. Er erzählte mir auch, dass im Innern des Behälters immer noch eine leise Bewegung vernehmbar war, aber die Arbeiter den Deckel immer noch nicht abheben konnten, da er ihnen keinen Halt bot. Und da der Behälter enorm dick war, hätte es gut sein können, dass die schwachen Geräusche auch von einem lauten Tumult im Innern rührten.
Ich war sehr froh darüber, ihm helfen zu können und damit zu den erlauchten Zuschauern zu gehören, die sich innerhalb der geplanten Bewehrung aufhalten durften. Lord Hilton war nicht zuhause, aber man sagte mir, dass er um sechs Uhr mit dem Zug aus Waterloo aus London zurückkommen würde; und da es gerade viertel nach fünf war, ging ich nach Hause, trank etwas Tee und begab mich dann zum Bahnhof, um ihn dort abzupassen.
Als ich zum Gemeindegrund zurückkam, ging gerade die Sonne unter. Vereinzelte Gruppen eilten aus Richtung Woking herbei und ein oder zwei Personen kehrten zurück. Die Menge um die Grube herum war größer geworden und hob sich schwarz gegen das Zitronengelb des Himmels ab – vielleicht einige hundert Menschen. Ich hörte aufgeregte Stimmen und in der Grube schien etwas vorzugehen. Seltsame Vorstellungen sausten durch meinen Verstand. Als ich näherkam, hörte ich Stents Stimme:
"Bleibt zurück! Bleibt zurück!"
Ein Junge rannte mir entgegen.
"Es bewegt sich", japste er im Vorbeilaufen, "es dreht sich … es dreht sich auf. Ich mag das nicht. Ich gehe heim, oh ja, heim."
Ich ging weiter zu der Menschenmenge. Es waren tatsächlich, schätze ich, zwei- oder dreihundert Leute, die sich mit den Ellbogen bearbeiteten und gegenseitig schubsten. Und die zwei oder drei Damen waren bei weitem nicht die Friedfertigsten.
"Er ist in die Grube gefallen!", rief jemand.
"Bleibt zurück", sagten einige andere.
Die Menge schwankte etwas hin und her und ich verschaffte mir mit den Ellbogen einen Weg hindurch. Jeder schien extrem aufgeregt. Aus der Grube tönte mir ein seltsames Summen entgegen.
"Bitte", sagte Ogilvy, "helfen Sie mit, diese Idioten zurückzuhalten. Wir wissen nicht, was sich in diesem verwünschten Ding befindet, wissen Sie."
Ich sah einen jungen Mann, ich glaube er war Gehilfe in einem Laden in Woking, der auf dem Zylinder stand und versuchte aus dem Loch herauszukrabbeln. Die Menge hatte ihn hineingedrückt.
Das Ende des Zylinders wurde von innen herausgedreht. Man sah bereits über einen halben Meter des glänzenden Gewindes einer Schraube. Jemand stolperte gegen mich und um ein Haar wäre ich auf der Oberseite dieser Schraube gelandet. Ich drehte mich um, und in diesem Moment muss die Schraube herausgekommen sein, denn der Deckel des Zylinders fiel mit ohrenbetäubendem Lärm auf den Kies. Ich fand meinen Ellbogen in der Person hinter mir wieder und drehte mich wieder zu dem Ding hin. Einen Moment lang schien die kreisrunde Öffnung völlig schwarz zu sein. Ich sah genau in den Sonnenuntergang.
Ich glaube, dass jedermann erwartete, einen Menschen hervorkommen zu sehen – vielleicht in einigen Details uns Erdenmenschen unähnlich, aber grundsätzlich ein Mensch. Ich weiß zumindest, dass ich das erwartete. Als ich aber so schaute, sah ich bald etwas, das sich in den Schatten bewegte. Etwas gräuliches, wellenförmige Bewegungen, eine über der anderen, und schließlich zwei leuchtende Scheiben – wie Augen. Dann wickelte sich etwas, das mich an eine kleine, graue Schlange erinnerte und ungefähr so dick wie ein Spazierstock war, aus der zuckenden Mitte und schlängelte sich auf mich zu – und dann noch eines.
Plötzlich bekam ich Gänsehaut. Eine Frau hinter mir ließ einen grellen Schrei. Ich drehte mich halb um, die Augen immer noch auf den Zylinder, aus dem nun weitere Tentakel herausragten, gerichtet. Dann begann ich, mir einen Pfad weg vom Rand der Grube zu bahnen. Ich sah, wie sich das Erstaunen auf den Gesichtern der Leute um mich herum in blanke Angst verwandelte. Überall hörte ich undeutliche Ausrufe. Alles bewegte sich rückwärts. Ich beobachtete, wie der Ladengehilfe immer noch versuchte, vom Rand der Grube herauszuklettern. Dann war ich allein und sah, wie die Menschen auf der anderen Seite der Grube, darunter auch Stent, losrannten. Ein weiterer Blick zum Zylinder und unbändiger Schrecken bemächtigte sich meiner. Ich stand wie versteinert und starrte hinüber.
Aus dem Zylinder erhob sich langsam und mühevoll eine große, graue, rundliche Masse, vielleicht so groß wie ein Bär. Als es sich aufrichtete und vom Licht beschienen wurde, glänzte es wie nasses Leder.
Zwei große, dunkle Augen betrachteten mich unentwegt. Die Masse, die sie umgab, also der Kopf dieses Dings, war rundlich und hatte, so könnte man sagen, ein Gesicht. Unter den Augen befand sich ein Mund, dessen lippenloser Rand zitterte und bebte und aus dem Speichel tropfte. Die ganze Kreatur pulsierte und wogte hin und her, als ob sie Krämpfe hatte. Ein schlankes, tentakelartiges Körperglied hatte den Rand des Zylinders im Griff, ein weiteres wogte durch die Luft.
Wer noch nie einen lebenden Marsianer gesehen hat, kann sich kaum den Horror seines Aussehens vorstellen. Der sonderbare, V-förmige Mund mit der spitzen Oberlippe, die fehlenden Augenbrauen, das Fehlen eines Kinns unter einer keilförmigen Unterlippe, das fortwährende Zittern des Mundes, die Fühler, die aussehen wie Gorgonen, das heftige Atmen der Lungen in dieser fremden Atmosphäre, die offensichtlich schwerfälligeren und mühevolleren Bewegungen in der größeren Schwerkraft der Erde und über allem die unglaubliche Intensität der Augen – all dies wirkte gleichermaßen lebhaft, intensiv, unmenschlich, verkrüppelt und monströs. Die ölige braune Haut wirkte pilzig und in der tollpatschigen Bedächtigkeit der mühsamen Bewegungen lag etwas unbeschreiblich Ekliges. Selbst diese erste Begegnung, der erste Anblick, vermittelte mir Abscheu und Furcht.
Plötzlich verschwand das Monster. Es war über den Rand des Zylinders gestürzt und mit einem dumpfen Aufschlag, ähnlich dem einer großen Masse Leder, in die Grube gefallen. Ich hörte, wie es einen merkwürdigen, langen Schrei ausstieß, worauf sogleich eine weitere dieser Kreaturen in der Öffnung auftauchte.
Ich drehte mich um und rannte wie besessen in Richtung der nächsten Baumgruppe, die ungefähr hundert Meter entfernt war. Aber ich lief gebückt und stolperte immer wieder, weil ich mein Gesicht nicht von diesen Dingern abwenden konnte.
Dort, unter einigen Fichten und Stechginstern, hielt ich an, schnaufte durch und wartete ab, was passieren würde. Rund um die Sandgrube war die Weide gesprenkelt mit Menschen, die wie ich halb starr vor Schrecken auf diese Kreaturen starrten – oder besser, auf den angehäuften Kies am Rand der Grube, in dem sie lagen. Und dann durchfuhr mich der Schreck erneut, als ich am Rand der Grube ein rundes, schwarzes Objekt immer wieder auf- und abtauchen sah. Es war der Kopf des Gehilfen, der hineingefallen war und sich nun gegen die Sonne im Westen wie ein schwarzes Etwas abhob. Dann konnte er seine Schulter und sein Knie nach oben bringen, nur um gleich wieder abzurutschen bis nur noch sein Kopf sichtbar war. Plötzlich war er verschwunden und ich bildete mir ein, einen schwachen Schrei gehört zu haben. Eine momentane Eingebung gebot mir zurückzugehen und ihm zu helfen, aber meine Angst war stärker.
Danach war so gut wie nichts mehr zu erkennen, alles war verdeckt von der tiefen Grube und dem Sandhaufen, den der Einschlag des Zylinders aufgeworfen hatte. Jeden, der zu diesem Zeitpunkt die Straßen aus Chobham oder Woking entlang gekommen wäre, hätte dieser Anblick zutiefst beeindruckt – eine ständig weniger werdende Menge von vielleicht hundert Leuten, die in einem großen, unregelmäßigen Kreis herumstanden, hinter Büschen, Toren oder Hecken; und die kaum etwas miteinander redeten, und wenn, dann in kurzen, aufgeregten Rufen – und die unentwegt einen riesigen Haufen Sand anstarrten. Der Karren mit dem Ingwerbier – ein seltsames Relikt – hob sich schwarz gegen den glühenden Himmel ab und in den Sandgruben stand eine Reihe verlassener Fuhrwerke, deren Pferde aus ihren Hafersäcken fraßen oder mit den Hufen auf dem Boden scharrten.