Der ÖPNV im Elb-Havel-Winkel -  - E-Book

Der ÖPNV im Elb-Havel-Winkel E-Book

0,0
7,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der Öffentliche Personennahverkehr im Elb-Havel-Winkel ist für viele Bürgerinnen und Bürger ein Symbol staatlichen Versagens. Wann immer man einen Bus fahren sieht, sitzt keiner drin. Wenn man selbst einmal nicht mit dem eigenen Auto irgendwohin fahren möchte, gibt es keine (oder eine völlig unattraktive) Busverbindung. Im Rahmen des Projekts "Bus sucht Anschluss" wurden Ideen für ein stärker bedarfsorientiertes ÖPNV-Angebot gesammelt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 47

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Rückblicke

2.1 Die Verkehrswege

Die Fernverkehrsstraßen in nord-südlicher Richtung

Die Fernverkehrsstraßen in west-östlicher Richtung

Die Eisenbahnstrecken

Die Wasserstraßen

2.2 Das Havelberger Busnetz im Wandel der Zeiten

Das erste Havelberger Busnetz (1928-1931)

Havelberg als Knotenpunkt des ÖPNV im Jahre 1965

3. Einblicke

3.1 Die Gesprächsrunden vor Ort

Blackbox ÖPNV-Planung

Allgemeine Ergebnisse der Gesprächsrunden

Welche Art der Busanbindungwird besonders gewünscht?

3.2 Die Mobilitätsumfrage

Warum sind die Ergebnisse nicht repräsentativ, aber trotzdemaussagekräftig?

Warum lohnt es sich, seine Zielgruppe besser kennenzulernen?

Welche Maßnahmenmachen den ÖPNV aus Sicht der Nutzenden attraktiver?

Andere Linienführungen – aber welche?

ÖPNV und Fahrrad

Bürgerbus

4. Ausblicke

Der ÖPNV imElb-Havel-Winkel – eine ernüchternde Bilanz

Rufbus reloaded – was wäremöglich?

Sind flexible Bedienformenwirklich kostengünstiger?

Agile ÖPNV-Planung

Modellprojekte, Nachbesserungen und und Selbstorganisation

5. Anhang

1. Einleitung

Die vorliegende Denkschrift dokumentiert die Ergebnisse des Projekts “Bus sucht Anschluss”. Träger des im Jahre 2023 umgesetzten Vorhabens war der gemeinnützige Verein Sachen machen aus Havelberg. Ermöglicht wurde das Projekt durch eine finanzielle Förderung seitens der Bundeszentrale für politische Bildung im Rahmen des Programms “Miteinander Reden”. Darüber hinaus profitierte das Vorhaben von der ideellen Unterstützung durch die Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH (NASA GmbH), das Prignitz-Museum (Havelberg), das Schülerinstitut für Technik und angewandte Informatik (SiTI e.V.) (Havelberg), die Volkssolidarität (Außenstelle Havelberg), das Haus der Flüsse (Havelberg), die Evangelische St. Marien-St. Laurentius-Gemeinde (Havelberg), die Hansestadt Havelberg mit ihren Ortschaften Nitzow, Kuhlhausen und Kümmernitz-Vehlgast sowie die Gemeinde Kamern.

In diesem Buch sollen die gesammelten Daten dokumentiert und kontextualisiert werden. Das geschieht in drei Schritten: Am Beginn stehen die verkehrsgeschichtlichen Rückblicke. Durch sie wird der aktuelle Zustand des ÖPNV in seinem historischen Gewordensein verständlich. Dann folgen die demoskopischen Einblicke. Sie fokussieren vor allem auf die Defizite des gegenwärtigen Angebots aus der Sicht (potentieller) Nutzerinnen und Nutzer. Den Abschluss bilden die verkehrspolitischen Ausblicke. Sie bündeln die von Politik und Verwaltung imAustausch mit der Bürgerschaft formulierten Verbesserungsvorschläge.

In einem Anhang wird außerdem bislang unbekanntes Aktenmaterial zur Geschichte des ÖPNV erstmals ausgewertet.

Projektziele

Ziel des Vorhabens war es, an einem konkreten Handlungsfeld aufzuzeigen, welche Potentiale die Verknüpfung von Bürgerbeteiligung und Bürgerwissenschaft für eine gelebte Demokratie freisetzen kann. Dabei ging es nicht um formelle Bürgerbeteiligung, wie sie etwa im Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (§§ 25-28) geregelt oder im Baugesetz (§ 3) vorgeschrieben wird, sondern um die informelle Einbeziehung der Einwohnerinnen und Einwohner.

Diese Bürgerbeteiligung hatte den Charakter einer Befragung, bei der bestehende ÖPNV-Angebote evaluiert und Vorschläge zur Verbesserung diskutiert werden sollten. Die Befragungen fanden als offene Gesprächsrunden in den Dorfgemeinschaftshäusern Nitzow, Kuhlhausen und Damerow sowie im Gemeindehaus Kamern statt. Darüber hinaus erfolgte eine statistische Erhebung zum Mobilitätsverhaltenmittels eines Fragebogens.

Die auf diese Weise gewonnenen Daten wurden vom Projektträger mit Unterstützung der NASA GmbH und des SiTI e. V. unter verschiedenen Fragestellungen ausgewertet. So konnte in einem Bottom-Up-Prozess neues Wissen über lokaleMobilitätsbedürfnisse geschaffen werden. Dieses kann von Politik und Verwaltung für zukünftige Planungen und Entscheidungen genutzt werden, auch wenn es nicht in allen Punkten die Gütekriterien professioneller oder gar wissenschaftlicherWissensproduktion erfüllt.

Was haben Busse mit Demokratie zu tun?

Die demokratische Verfassung unseres Landes muss fortlaufend ihre Leistungsfähigkeit auf vielen Politikfeldern unter Beweis stellen. Das Thema ÖPNV ist somit ein exemplarischer Anwendungsfall um zu erproben, ob und wie durch Formen der zivilgesellschaftlichen Selbstbefragung, Wissensvermittlung und Meinungsbildung mehr Bürgerinnen und Bürger motiviert werden können, sich aktiv in politische Aushandlungsprozesse einzumischen, die sie selbst betreffen.

Für eine solche Erprobung bietet sich der ÖPNV an, da zu diesem Thema eigentlich jeder eine Meinung hat, die oftmals jedoch vor allem auf ‘gefühlten Wahrheiten’ beruht. So gilt den meisten Menschen im Elb-Havel-Winkel der ÖPNV als eine besonders offensichtliche Manifestation staatlichen Versagens, ganz nach dem Motto: Immer wenn man einen Bus fahren sieht, sitzt keiner drin. Kein Wunder, denn dann, wenn man selbst einmal den Bus benutzen möchte, fährt er zur falschen Zeit, in die falsche Richtung oder einfach gar nicht.

Vor lauter Frust über das unattraktive Angebot, spricht kaumeiner über die großartige und keineswegs selbstverständliche Leistung des bestehenden Busnetzes: Es ermöglicht allen nicht-motorisierten Menschen in einer dünn besiedelten ländlichen Region nah- und weiträumige Mobilität zu bezahlbaren Preisen. Der ÖPNV ist deshalb ein Paradebeispiel für ein Grundprinzip der Demokratie, demzufolge die Mehrheit (hier: Autofahrer) berechtigte Bedarfe einer Minderheit (hier: nicht-motorisierte Minderjährige, Alte und Führerscheinlose) anerkennt und als elementaren Bestandteil staatlicher Daseinsvorsorge auch zu einemerheblichen Anteil aus Steuermitteln finanzieren lässt.

Was hat Verkehrsplanung mit Demokratievertrauen zu tun?

Während der Laufzeit des Projekts wurde in der Presse viel über den Zustand der Demokratie in Deutschland diskutiert. Anlass waren verschiedene Studien, die zu alarmierenden Ergebnissen kamen. So ermittelte etwa die Friedrich-Ebert-Stiftung, dass gegenwärtig 51 % der Befragten mit der Demokratie in Deutschland weniger oder überhaupt nicht zufrieden sind.1 Und die Körber-Stiftung fand heraus, dass 54 % der Befragten ein weniger großes oder geringes Vertrauen in die Demokratie in Deutschland haben.2

Die Skepsis gegenüber der Demokratie als Staatsform speist sich wahrscheinlich aus vielen verschiedenen Wurzeln. Dass die Verkehrspolitik eine (vermutlich nicht ganz kleine) dieser Wurzeln ist, wird ebenfalls durch wissenschaftliche Studien nahegelegt. Die alljährliche “dbb Bürgerbefragung” kam 2023 zu demErgebnis, dass 47%der Befragten die Verbesserung der Verkehrsstruktur für eine sehr wichtige Aufgabe des Staates halten.3 Dabei sehen viele Bürgerinnen und Bürger nicht nur Politik und Verwaltung, sondern auch sich selbst in der Pflicht: 72 % der Befragten halten eine stärkere Bürgerbeteiligung bei der Verkehrsplanung für sinnvoll.4

1 Volker Best u.a., Demokratievertrauen in Krisenzeiten. Wie blicken Menschen in Deutschland auf Politik, Institutionen und Gesellschaft?, Bonn 2023, S. 17.

2https://koerber-stiftung.de/projekte/staerkung-der-demokratie/vertrauensverlust-in-die-demokratie/ (Zugriff 18.12.2023)

3