Der Silberschatz der Fugger - Walter Brendel - E-Book

Der Silberschatz der Fugger E-Book

Walter Brendel

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Beschreibung

Das Buch zeigt die relevanten Lebensabschnitte der Fugger. Im Jahr 1521 übernehmen sie den Silberbergbau im Tiroler Städtchen Schwaz. Mit diesem Ankauf ergründet die Kaufmannssippe eine weitere Einnahmequelle. Wir begeben uns auf die Spuren des Fugger'schen Imperiums. Der Silberbergbau verändert im Spätmittelalter die Welt. Aus kleinen Dörfern in Tirol entwickelt sich das 'Silicon Valley' der Neuzeit. Schon Ende des 15. Jahrhunderts beschäftigt sich die Augsburger Unternehmerfamilie der Fugger mit dem Bergbau. Mit der Übernahme der Silberbergwerke in Schwaz in Tirol 1522 werden sie zum europaweit führenden Unternehmen in der Montanindustrie. Mit dem Schwazer Silber werden Imperien gekauft und Kriege finanziert. Schwaz ist damals mit rund 20.000 Einwohnern der zweitgrößte Ort im Habsburgerreich. Bis zu 10.000 Knappen suchen und finden hier vor 500 Jahren Silber und Kupfer und machen die Stadt zur größten Bergbaumetropole der Welt. 85% des weltweit geschürften Silbers kamen damals aus dieser Mine. Der Bergbau sorgt auch für zahlreiche wirtschaftliche und technische Innovationen. Das Fugger'sche Imperium schafft neue Handelswege, Schlösser werden erbaut, neue Betriebe zur Verwertung der Bergschätze gegründet und ein neues Bankwesen wird etabliert, das sich auf die katholische Kirche als wesentlichen Grundpfeiler stützt. Aus ganz Europa strömen Menschen in das "Silberreich", um hier Arbeit zu finden.

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Walter Brendel

Impressum

Texte:             © Copyright by Walter Brendel

Umschlag:      © Copyright by Gunter Pirntke

Übersetzer:      © Copyrigh by Walter Brendel

Verlag:

Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag

Gunter Pirntke

Mühlsdorfer Weg 25

01257 Dresden

[email protected]

 

Inhalt

Impressum

Einleitung

1. Teil: Jacob der Reiche und der Schatz der Berge

2.Teil: Der Silberbergbau verändert im Spätmittelalter die Welt

3. Teil: Die Fugger im Bergbau

4. Teil: Die Stöckl in Schwaz - Eine Tiroler Gewerkenfamilie im Frühkapitalismus

5. Teil: Berggerichte und Bergordnung

6. Teil: Tiroler Bergverwandte

7. Teil: Die Kupferproduktion

8. Teil: Die Schattenseiten des Silberabbaus in Tirol

9. Teil: Der Bergknappenaufstand

10. Teil: Die Montanunternehmungen der Fugger in Tirol und Ungarn

Quellen

Einleitung

Wir begeben uns auf die Spuren des Fugger’schen Imperiums. Der Silberbergbau verändert im Spätmittelalter die Welt. Aus kleinen Dörfern in Tirol entwickelt sich das ‚Silicon Valley‘ der Neuzeit.

Schon Ende des 15. Jahrhunderts beschäftigt sich die Augsburger Unternehmerfamilie der Fugger mit dem Bergbau. Mit der Übernahme der Silberbergwerke in Schwaz in Tirol 1522 werden sie zum europaweit führenden Unternehmen in der Montanindustrie. Mit dem Schwazer Silber werden Imperien gekauft und Kriege finanziert.

Schwaz ist damals mit rund 20.000 Einwohnern der zweitgrößte Ort im Habsburgerreich. Bis zu 10.000 Knappen suchen und finden hier vor 500 Jahren Silber und Kupfer und machen die Stadt zur größten Bergbaumetropole der Welt. 85% des weltweit geschürften Silbers kamen damals aus dieser Mine. Der Bergbau sorgt auch für zahlreiche wirtschaftliche und technische Innovationen. Das Fugger’sche Imperium schafft neue Handelswege, Schlösser werden erbaut, neue Betriebe zur Verwertung der Bergschätze gegründet und ein neues Bankwesen wird etabliert, das sich auf die katholische Kirche als wesentlichen Grundpfeiler stützt.

Aus ganz Europa strömen Menschen in das „Silberreich“, um hier Arbeit zu finden. Die Arbeitsbedingungen sind hart. An der technischen Ausstattung im Berg wird gespart, immer wieder kommt es zu Unfällen. Auch die Versorgung der Knappen und ihrer Familien mit Gütern des täglichen Bedarfs stellt eine enorme Herausforderung dar.

Für den Silberabbau werden Wälder gerodet, Wasserleitungen in den Bergen verlegt, hochgelegene Almen für die Tierhaltung genutzt. Immer mehr Menschen strömen nach Schwaz, um hier ihr Glück zu suchen. Sie zu versorgen stellt die Region vor große Herausforderungen.

Die Struktur der Tiroler Silberregion stammt auch heute noch in vielen Bereichen aus der Zeit der Fugger im 16. Jahrhundert - erschlossene Almen, Industrien, die sich aus alten Schmieden und Schmelzbetrieben entwickelten.

Die Bergleute wurden damals gut bezahlt, mussten aber mit schwierigsten Arbeits- und Lebensbedingungen fertig werden. Immer wieder fegten Brände Häuser und Schmelzhütten hinweg.

Im Knappenhaus lebten die Familien auf engstem Raum.

Im ‚Silberreich' kamen die Tiroler Gewerke, die vor den Fuggern den Bergbau dominierten, zunehmend unter Druck. Sie verließen sich zu sehr auf den Metallreichtum im Berg und verabsäumten es, notwendige technische Neuerungen durchzuführen. Gleichzeitig demonstrierten sie ihren Reichtum - etwa mit dem Bau der monumentalen Kirche von Schwaz oder Schloss Tratzberg.

Trotz des Bergreichtums drohte ihnen der wirtschaftliche Niedergang. Ihre Geldgeber, die Fugger, kamen immer mehr in die Lage, den Bergbau selbst zu übernehmen. Gerne wollte keiner der Familie Fugger nach Schwaz. Georg Fugger musste den Weg antreten. Die Bergbauaktivitäten bildeten inzwischen die Basis der Unternehmerdynastie für ihre weltumspannende Handelsmacht. Eine Macht, die auch sehr eng mit der katholischen Kirche verbunden war, beruhte doch ein Teil des Fugger'schen Einflusses auf der Übernahme des Ablasshandels und auf Finanzierungen für die katholische Kirche.

Diese Dokumentation bringt uns das weltumspannende ‚Reich der Fugger‘ näher, dessen Basis im Abbau und Handel von Silber, Kupfer und anderen Bergschätzen lag. Reenactments an Originalschauplätzen zeigen die Lebenswelt der Bergleute und der wirtschaftlichen Entscheidungsträger dieser Epoche.

1. Teil: Jacob der Reiche und der Schatz der Berge

Jakob Fugger „von der Lilie“, auch genannt Jakob Fugger „der Reiche“, wurde am 6. März 1459 in Augsburg geboren und war zwischen etwa 1495 und 1525 der bedeutendste Kaufherr, Montanunternehmer und Bankier Europas. Er entstammte der Augsburger Handelsfamilie Fugger. Das Familienunternehmen baute er innerhalb weniger Jahrzehnte zu einem europaweit tätigen Unternehmen aus. Seine Ausbildung hatte er bereits als 14-Jähriger in Venedig begonnen, wo er sich wohl bis gegen 1487 überwiegend aufhielt. Jakob Fugger war zugleich Kleriker und besaß eine Pfründe, hat jedoch nie in einem Kloster gelebt. Die Grundlage des Familienvermögens wurde vorwiegend durch den Baumwollhandel mit Italien geschaffen. Die Familienfirma wuchs rasch, nachdem die Brüder Ulrich, Georg und Jakob Fugger in Bankgeschäfte mit den Habsburgern und der Kurie, parallel dazu zunächst in die Montanwirtschaft in Tirol und ab 1493 in den Abbau von Silber und Kupfer im heutigen Tschechien und der Slowakei einstiegen. Ab 1525 besaßen die Fugger Rechte zum Abbau von Quecksilber und Zinnober in Almadén (Spanien).

Nach 1487 bestimmte de facto Jakob Fugger die Geschäftspolitik, die sich in etwas mehr als einem Jahrzehnt „von einem konventionellen Handelsunternehmen mittlererer Reichweite zu einem europaweit agierenden Konzern mit ausgeprägten Schwerpunkten im Montan- und Banksektor“ entwickelte. Das Unternehmen nahm zeitweilig eine monopolartige Stellung auf dem europäischen Kupfermarkt ein. Kupfer aus Oberungarn (heutige Slowakei) wurde über Antwerpen nach Lissabon und von dort weiter nach Indien verschifft. An der ersten und einzigen Handelsfahrt deutscher Kaufleute nach Indien (1505/06) in einer portugiesischen Flotte war Jakob Fugger ebenso beteiligt wie 1525 an einer frühen, allerdings gescheiterten spanischen Handelsexpedition zu den Molukken(indonesische Inselgruppe zwischen Sulawesi und Neuguine).

Porträt des Jakob Fugger, Albrecht Dürer (um 1519)

Jakob Fugger hatte sechs ältere Brüder. Andreas und Hans starben jung in Venedig, ebenso Peter 1473 in Nürnberg. Sein Bruder Markus war Geistlicher, ab 1470 Schreiber in einer päpstlichen Kanzlei in Rom, wo er 1478 verstarb. Die verbleibenden Brüder Ulrich (1441–1510) und Georg (1453–1506), schufen die Grundlagen für den europaweiten Aufstieg der Firma. Sie gründeten um 1470 Faktoreien in den wichtigen Handelszentren Venedig und Nürnberg. Kredite Ulrich Fuggers an den Habsburger Kaiser Friedrich III. sollen die Ursache dafür sein, dass den Fuggern 1473 vom Kaiser das Lilienwappen verliehen wurde.

Bis zum Jahr 2009 waren Historiker davon ausgegangen, dass Jakob Fugger, der als 12-Jähriger die niederen Weihen erhalten hatte, bis 1478 als Kanonikus im mittelfränkischen Stift Herrieden gelebt habe. Ein Dokument aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien belegt allerdings, dass Jakob Fugger bereits 1473, also im Alter von 14 Jahren, die Fugger in Venedig vertrat. Die neuere Forschung geht davon aus, dass Jakob Fugger von 1473 bis 1487 überwiegend am Fondaco dei Tedeschi, dem Haus der deutschen Kaufleute in Venedig, tätig war. Venedig war nicht nur die Handelsdrehscheibe für den Mittelmeerraum. Die Lagunenstadt ermöglichte Jakob Fugger zudem eine fundierte Ausbildung im Bankwesen und vor allem im Metallgeschäft.

Frühe Geschäfte im Montanwesen tätigte Jakob Fugger bei Salzburg. Den selbstständigen Silbergrubenbesitzern der Salzburger Schieferalpen, die ständigen Kapitalbedarf hatten, lieh er Geld. Dafür ließ er sich jedoch nicht – wie es üblich gewesen wäre – Schuldscheine ausstellen, sondern forderte Kuxe (eine Art von Aktienbeteiligung am Vermögen einer bergrechtlichen Gewerkschaft) und konnte über diese Beteiligung immer mehr Bergbauunternehmer im Raum Gastein und Schladming zwingen, das Silber direkt an die Fugger zu verkaufen, statt es an Zwischenhändler abzugeben.

Jakob Fugger war für die Fugger‘schen Geschäfte auf der Linie Augsburg – Tirol – Venedig – Rom verantwortlich. Um 1485 gründeten die Fugger auch eine Faktorei in Innsbruck (Faktorei ab 1510 in Hall, ab 1539 in Schwaz). Dort kam Jakob Fugger 1485 durch einen kleinen Kredit erstmals mit dem Tiroler Landesherrn Erzherzog Sigmund ins Geschäft. Dieser Habsburger hatte als alleiniger Eigentümer des Tiroler Bergregals Abbaurechte an private Grubenpächter vergeben, die einen Teil der Erträge als Pachtzahlung an Sigmund abzuführen hatten.

Obwohl der Herzog aus diesem Geschäft über Einkünfte verfügte, die ihm den Beinamen „der Münzreiche“ eintrugen, war er ständig in Geldnot. Seine verschwenderische Hofhaltung, die Versorgung von zahlreichen unehelichen Kindern und seine umfangreiche Bautätigkeit machten die Aufnahme immer neuer Darlehen notwendig. Als ein Schadensersatz von 100.000 Gulden fällig wurde, der als Kriegsfolge an Venedig zu zahlen war, sprang Jakob Fugger als Geldgeber ein.

1488 beliefen sich die Kreditverbindlichkeiten des Herzogs gegenüber den Fuggern auf über 150.000 Gulden. Jakob Fugger zahlte die Gelder nicht an den Fürsten selbst aus, sondern an die Gläubiger. Hofstaat und Handwerker erhielten ihre Entlohnung direkt und pünktlich von den Fuggern. Den Fuggern stand in der Folge „zeitweilig alles Silber und Kupfer“ zu. 1517 beschafften die Fugger im Gegenzug zum Beispiel rund die Hälfte des Tiroler Staatshaushaltes. Ein Tiroler Chronist schrieb: „ in diesem Land ist Alles versetzt, was Geld beträgt, die Fugger von Augsburg haben das große Gut zu Schwaz inne und ziehen daraus jährlich 200.000 Gulden“. Bei solchen Klagen wurde freilich übersehen, dass es Maximilian I. war, der (mit wenigen Ausnahmen) „alle einträglichen Herrschaften und Gerichte“ verpfändete und daraus Nutzen zog.

Matthäus Schwarz war der Hauptbuchhalter der Fugger-Gesellschaft und Vertrauter der Familie. Nach seiner Kaufmannslehre in Mailand und Venedig, wo er Kenntnisse in Buchhaltung erwarb, bekam er im Jahr 1516 eine Anstellung bei Jakob Fugger.

Die Ausweitung der höchst riskanten, wenn auch äußerst lukrativen geschäftlichen Verbindung der Fugger zu Maximilian I. ist ohne Zweifel auf Jakob zurückzuführen. Auf seiner Einschätzung, das Haus Habsburg sei das für die Zukunft in Deutschland maßgebende Geschlecht, beruhte die Entscheidung, den gleichaltrigen Herrscher finanziell und damit machtpolitisch zu unterstützen. Jakob Fugger begegnete dem jungen römisch-deutschen König zum ersten Mal 1489 auf der Frankfurter Messe. Damals waren seine Pläne hinsichtlich des noch selbständigen Herzogtums Tirol bereits mit des Königs Kanzler Johann Waldner abgesprochen. Als am 16. März 1490 Herzog Sigmund und die Tiroler Landstände zusammenkamen, war nicht zufällig auch König Maximilian anwesend. Auf Druck der Stände, die ihm Misswirtschaft vorwarfen, musste Sigmund zugunsten Maximilians abdanken, der sich verpflichtete, alle Kredite des Vorgängers zurückzuzahlen.

Jacob Fugger (rechts) im Kontor, der „Goldenen Schreibstube“, mit seinem Hauptbuchhalter Matthäus Schwarz

Damit wurden die Fugger zu einem der wichtigsten Geldgeber Maximilians, der seit 1486 Mitregent im Heiligen Römischen Reich war. Maximilian wurde 1493 nach dem Tode seines Vaters Friedrich III. allein regierender römisch-deutscher König. Maximilian, „der letzte Ritter“, wie er auch genannt wurde, wurde früher als „der schlechteste Haushalter aller Habsburger und verschwenderisch bis an die Grenzen des Wahnsinns“ angesehen. Dieses Urteil wird heute differenzierter betrachtet: Trotz aller finanziellen Schwierigkeiten und zahlreicher gescheiterter politischer Projekte wird anerkannt, dass Maximilian I. letztlich seine Pläne verwirklichen konnte.

Am 15. Juli 1507 verkaufte der römisch-deutsche König Maximilian I. an Jakob Fugger die bei Ulm gelegene Grafschaft Kirchberg, die angrenzende Herrschaft Weißenhorn mit der dazugehörigen Stadt sowie die Herrschaften Wullenstetten und Pfaffenhofen an der Roth aus habsburgischem Besitz in Vorderösterreich. Dafür erhielt der Habsburger, der sich 1508 in Trient selbst zum Kaiser proklamierte, 50.000 Gulden. 1508 verkaufte Maximilian I. auch die Hofmark Schmiechen an Jakob Fugger, 1514 die Herrschaft Biberbach. Kaiser Maximilian I. erhob Jakob Fugger 1511 in den Adelsstand und ernannte ihn 1514 zum Reichsgrafen, damit der Augsburger Bürger seine Herrschaft ohne Widerstände aus dem Adel ausüben konnte.

Zum Ende seines Lebens hatte sich Maximilian I. derart stark bei Jakob Fugger verschuldet, dass der Augsburger Bankier wohl gar nicht mehr anders konnte, als die Habsburger weiter zu unterstützen, um so seine Forderungen zu sichern.

Wohl auf Drängen Jakob Fuggers wurde die Firma 1494 in eine der ersten offenen Handelsgesellschaften Europas (der compagnia palese des welschen Rechts) umgewandelt. Gleichzeitig erfolgte die Namensänderung in „Ulrich Fugger und Gebrüder von Augsburg“, um die Gleichberechtigung der drei beteiligten Brüder in geschäftlichen Fragen anzuzeigen. An dieser Entwicklung lässt sich der erheblich gestiegene Einfluss Jakobs innerhalb des Unternehmens ablesen. Wohl schon seit den späten 1480er Jahren bestimmte Jakob Fugger mehr und mehr die Firmenpolitik, wenngleich der älteste Bruder Ulrich nach außen stets das Unternehmen leitete. Darauf deutet hin, „dass die Tiroler Quellen fast durchgängig von Jakob Fuggers Gesellschaft sprechen und dass später auch die zentralen Verträge des Ungarischen Handels von ihm geschlossen wurden“.

Das enorme Wachstumspotential im Bergbau und Erzhandel nutzte Jakob Fugger in den folgenden Jahren äußerst gewinnbringend. Als Sicherheit für Darlehen, die er den Habsburgern und auch dem König von Ungarn gegeben hatte, ließ er sich Bergwerkserträge in Tirol (Schwazer Bergbau) und Bergwerksrechte in Oberungarn übertragen. Auf diese Weise erwarb das Montanunternehmen schließlich im Heiligen Römischen Reich eine dominierende Stellung im Handel mit Kupfer.

Mit ihrem Geschäftspartner Hans Thurzó gründeten die Fugger 1494 den „Ungarischen Handel“. Johann Thurzo, entstammte der Patrizierfamilie Thurzo und wuchs in der Zips auf. Nach Abschluss seiner Studien in Padua investierte er erfolgreich in den niederungarischen Erzbergbau und betrieb Handel mit Gold und Silber. Im Jahr 1463 ließ er sich in Krakau nieder, wo er 1477 Ratsherr wurde. 1469 errichtete er in Mogiła ein Hüttenwerk und gründete 1475 eine Bergbaugewerkschaft, zu der zahlreiche Bergwerke in der heutigen Mittelslowakei, in Mähren und in Schlesien gehörten. Am 14. September 1478 kaufte er sich auch in das Rammelsberger Silberbergwerk bei Goslar ein. 1495 schloss er einen Vertrag mit Jakob Fugger über einen gemeinsamen Betrieb eines Kupferbergwerks in Neusohl in Ungarn. Als dessen Hauptgewerke führte er den Bergbau zu einer Blütezeit.

Neben dem Augsburger Handelshaus Fugger, mit dem Thurzo in intensivem und kooperativem Geschäftsverkehr sowie in verwandtschaftlichen Beziehungen stand, war er einer der mächtigsten Unternehmer Europas. Johann Thurzo ist der Vater des Breslauer Erzbischofs Johannes V. Thurzo, des Krakauer Bürgermeisters Georg III. Thurzo, der mit Anna Fugger verheiratet war, und des Olmützer Bischofs Stanislaus I. Thurzo, die aus seiner ersten Ehe mit Ursula Böhm stammen. Aus seiner zweiten Ehe mit Barbara Beck stammen weitere fünf Kinder, darunter Katharina, die mit dem Kaufmann Raymund Fugger verheiratet wurde und die Mutter von Johann Jakob Fugger war.

Die von den Fuggern finanzierten Bergwerke in Neusohl (Banská Bystrica) gehörten zum Königreich Ungarn. Jakob schuf nun einen regelrechten Montankonzern: Neben einer Schmelzhütte in Neusohl wurden 1495 die Saigerhütte Fuggerau in Kärnten, bald darauf die Saigerhütten in Hohenkirchen in Thüringen und in Moschnitz (Moštenica in der heutigen Slowakei) gegründet. Verteilt wurde das Kupfer über Faktoreien in Breslau, Leipzig, Krakau und Ofen (im heutigen Budapest). Für den Transport zur Ostsee ließ Jakob Fugger eigens eine neue Straße über den Jablunkapass bauen, über den die Kupferlieferungen zu den Ostseehäfen in Danzig, Stettin und Lübeck transportiert wurden. Von dort wurde das Kupfer aus Oberungarn über Antwerpen nach Lissabon verschifft, wo es die wichtigste portugiesische Handelsware für den Export nach Indien darstellte.

Kaiser Maximilian I. Albrecht Dürer (1519)

Auf den Kupfermarkt in Venedig gelangte Fugger‘sches Kupfer aus Neusohl über Wiener Neustadt und die Adriahäfen Triest und Zengg. In den schlesischen Goldbergbau stiegen die Fugger 1502 ein. Die slowakische Kupferförderung machte knapp 40 Prozent der europaweiten Kupferherstellung aus. Aus Tirol – wo die Fugger den Markt weitgehend beherrschten – stammten 40 Prozent des europäischen Kupfers. Die Augsburger Firma besaß somit in Europa eine marktbeherrschende Stellung im Kupfergeschäft, wenn auch kein Monopol. Das Handelsblatt schrieb: „Für die tausende von Bergleuten, die in den Fuggerschen Bergwerken und Verhüttungsbetrieben arbeiteten, war das Leben (…) so unsicher und hart wie für das Industrieproletariat des 19. Jahrhunderts.“

Vor allem für den Bergbau in Oberungarn benötigten die Fugger enormes Kapital – das die Firma zu dieser Zeit noch bei Weitem nicht aufbringen konnte. 1496 war deshalb Kardinal Melchior von Meckau der Hauptgeldgeber der Fugger. Der Fürstbischof von Brixen hatte am Domkapitel vorbei heimlich über Jahre hin etwa 150.000 Gulden bei Fugger gegen Zins angelegt. So umging der Kirchenfürst das offiziell geltende kirchliche Zinsverbot. 1509 verstarb von Meckau plötzlich in Rom. In seinem Ärmel wurden Depositenzettel gefunden, die diese Anlage verrieten. Der Papst, das Bistum Brixen und die Familie von Meckaus forderten nun als potentielle Erben die sofortige Auszahlung der Einlage, was die Fugger in die Zahlungsunfähigkeit getrieben hätte. In dieser Situation zeigte sich die politische Hilfestellung, die Kaiser Maximilian seinem Bankier angedeihen ließ.

Der Kaiser erklärte sich gegenüber Papst Julius II. dazu bereit, in dessen kriegerische Auseinandersetzung mit Venedig einzugreifen. Dafür wurde der Habsburger als Erbe des verstorbenen Kardinals von Meckau anerkannt und die Erbschaft – die plötzlich nur noch 100.000 Gulden umfasste – konnte mit offenen Forderungen der Fugger verrechnet werden. Von den Fuggern wurde der Papst mit Juwelen abgefunden. Noch im selben Jahr 1509 allerdings forderte der Kaiser die entsprechende Gegenleistung, und Jakob Fugger unterstützte ihn mit 170.000 Gulden bei dessen Feldzug gegen Venedig.

Jakob Fugger führte seit dem Tod seines Bruders Ulrich (Georg war 1506 gestorben) das Familienunternehmen allein und geradezu monarchisch. Das Familienunternehmen firmierte nun unter dem Namen „Jakob Fugger und Gebrüder Söhne“. In den Jahren bis zu seinem Tod gelang es Fugger, das Eigenkapital der Familienfirma, das 1511 noch bei rund 200.000 Gulden lag, auf rund zwei Millionen Gulden zu steigern. Das Abenteuer Bergbau war zu dieser Zeit schon längst beendet.

Jakob Fugger starb am 30. Dezember 1525 als der wohl reichste Unternehmer Europas. Die von seinen Erben durchgeführte Bilanz aus dem Jahr 1527 ergab Aktiva von 3.000.058 Gulden, Passiva von 867.797 Gulden und damit einen Überschuss von rund 2,1 Millionen Gulden. Unter den Aktiva waren allerdings 1.650.000 Gulden enthalten. Eine Umrechnung dieses Vermögens in heutige Wertverhältnisse ist aufgrund der heutigen Geldumlaufmenge und anderer Parameter bestenfalls eingeschränkt möglich. Nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Dezember 2016 betrug sein in die heutige Kaufkraft umgerechnetes Vermögen die Summe von 300 Milliarden US-Dollar. Danach wäre er die vermögendste Privatperson in der Geschichte der Menschheit gewesen.

Weil er keine eigenen Nachfahren hatte, gingen die Firma und ihr Vermögen bei seinem Tod auf seine Neffen Raymund und Anton Fugger über, wobei Anton die Firma leitete. Mit seinem Tod im Jahr 1560 endete das „Zeitalter Fugger“.

2.Teil: Der Silberbergbau verändert im Spätmittelalter die Welt

Vor mehr als 500 Jahren wird Tirol, besonders die Region um Schwaz zum Silberreich. Aus einsamen Bergtälern, Berggipfel und den sumpfigen Ufer der Inn wird die Schatzkammer Europas. Was wir darüber wissen, verdanken wir dem Schwazer Bergbuch, geschrieben vom Faktor und Buchhalter der Fugger und späteren Industriebegründer in der Region, Ludwig Lässl.

Im Mittelalter war Schwaz das Montanzentrum Europas. Rund 85% des weltweit produzierten Silbers stammte aus Schwaz und machten die Stadt zu seiner Blütezeit um 1500 zur größten Bergbaumetropole der Welt, und Tirol wurde zu einem der reichsten Länder Europas.

Im Spätmittelalter gehörten die Silberbergwerke bei Schwaz zu den größten und ertragreichsten in der Region. 1554 waren in den Schwazer Bergrevieren über 7400 Bergknappen täglich beschäftigt.

Ludwig Lässl, Verfasser des Schwazer Bergbuches

Nicht auf der oberen Erde, sondern mitten in den Bergen Tirols, in Schwaz unter der Erde, liegt der Metallreichtum, der die Geschichte Europas verändert. Der Silber- und Kupferreichtum machen Tirol zu einer blühenden Wirtschaftsregion, mit all den Folgen, die eine ungeahnte und ungebremste Expansion für Menschen haben.

Bergleute aus ganz Europa zieht es in die Alpen. Sie bringen immenses Wissen mit, was den Abbau des Bergschatzes betrifft. Sie scheuen keinen Raubbau, ohne die Folgen zu bedenken, zurück. Es geht hier im das Silber der Region und um Reichtum zu erwerben, koste es, was es wolle.

Auch die Menschen vor Ort, die ein hartes Leben um das Überleben gewohnt sind, finden sich in einen Kessel von tausenden Neuankömmlingen wieder. Bis zu 20 000 Tausend sollen es gewesen sein. Alle mussten aber versorgt werden, eine Herausforderung, der man nur schwer nachkommen kann.

Was im Berg gefunden wird, gehört den Landesfürsten, der die Bergrechte, die Rechte des Abbaus vergeben kann. So machen die Bergschätze viel reich, die ihr Leben auf der Suche danach verschrieben haben.

***

Es gibt einige Sagen, die von der Hebung des Silberschatzes davon erzählen. Ein Mischung von Sage und historischer Realität sind die Venedigermandel. Bei dem Venedigermandl handelt es sich um einen Zwerg welcher jedes Frühjahr in den Bergen, nach Gold suchte. Zwerge sind ja dafür bekannt dass sie die Hüter verborgener Schätze sind.

Freskengemälde vom Venedigermandl

Der Name Venedigermandl hat mit der Stadt Venedig zu tun, welche vor rund 500 Jahren eine der reichsten Städt der Welt war! Vor allem der Handel mit farbigem Murano Glas brachte der Stadt Wohlstand und Weltruhm ein. Es entstand ein riesiger Bedarf an Rohstoffen wie Kobalt, Mangan, Quarz und Gold. So sagt man, dass das Venedigermandl aus Venedig kam, um in den Bergen Europas nach diesen kostbaren Rohstoffen zu suchen.

Daraus abgeleitet sind mettalkundige Männer, sogenannte Walen, aber auch Venedigermandl genannt, die aus Venedig kamen, um in den Bergen Europas nach diesen kostbaren Rohstoffen zu suchen. Eine Erwähnung von Walen stammt vom April 1365. Hier nennt Markgraf Friedrich so italienische Kaufleute, was nichts mit den späteren Walen-Vorstellungen zu tun hat. Eine Erwähnung, die sich auf die Traditionsbildung bezieht, findet sich im 1523 gedruckten Joachimsthaler Bergbüchlein. Dort beklagt sich Hans Rudhardt in einem Vers, dass die Walen „große Burde und Huck“ aus Deutschland davontragen. Caspar Bruschius schreibt 1542 in seiner historisch-geographischen Beschreibung des Fichtelgebirges von Wahlen und Venedigern (neben Spaniern und Zigainern). Auch er beschwert sich, dass diese fremden landkundtschaffter die Bodenschätze besser kennen, als die Einheimischen selbst (die zuweilen mit einem Stein nach einer Kuh werfen, der wertvoller als die Kuh ist – eine sprichwörtliche Wendung), und große Schätze mit sich von dannen führen. Hier findet sich auch die erste Erwähnung von Walenbüchern, die auf „wellisch“, französisch und niederdeutsch geschrieben seien. Von dem Exemplar, das er selbst besessen hat, sagt Bruschius nur, es habe „viel Seltsames“ darin gestanden und auf zahlreiche Fundstellen hingewiesen.

Fachleute untersuchen frisch gewonnenes Erz; Schwazer Bergbuch, 1556

1574 stellte Lazarus Ercker, der Oberbergmeister des Königreichs Böhmen, fest: „So viel hab ich aber von glaubwirdigen Personen, die von solchen Landfahrern berichtet worden, daß solche Körner gar kein Gold bey sich haben, werd auch keinß darauß gemacht, sondern durch sie, die Landfahrer, in Italien und anderen Orten umb einen Lohn hingetragen, als zu einem Zusatz, darauß schöne Farben oder Schmeltz-Glaß gemacht werden. Welche Farben und Schmeltz-Glas man bey jhnen so hoch achte, und so Tewer verkauffe, als wenn es Gold wäre.“

Es wird aber auch vermutet, dass sich die Bezeichnung „Venediger“ nicht nur auf die Mineralsucher italienischer Herkunft beschränkte. Vielmehr wurden damit auch reiche, im Bergbau tätige Kaufleute bezeichnet, die zwar nicht aus Venedig, sondern größtenteils aus Deutschland und Österreich stammten, mit Venedig jedoch regen Handel trieben.

Die Venetianer- oder Venedigersagen gehören zu den Volkssagen und erzählen gewöhnlich von der Begegnung von Einheimischen mit Venedigern. Obwohl, oder gerade weil solche Begegnungen tatsächlich sehr selten gewesen sein dürften, stellen die Venetianersagen eine wichtige Untergruppe der Bergmannssagen dar und fanden auch bei Sagenforschern größere Beachtung.