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Es wird besinnlich am Hirschgrundsee: Weihnachten steht vor der Tür und die Hirschgrundis lassen sich allerhand einfallen, um die Camper in Stimmung zu versetzen. Es gibt einen kleinen Weihnachtsmarkt, Fackeln rund ums Klohäusl, einen Plätzchen-Back-Wettbewerb für die Kinder und sogar eine Esel-Wanderung. Alles könnte so schön sein, wären da nicht diese ungehobelten Jäger, die Evelyns Café besetzen. Besonders der Vorsitzende, Frank Klinkenberg, geht Sofia auf die Nerven, weil er sie ständig anbaggert. Als Jonas das mitbekommt, sieht er rot und legt sich mit ihm an. So schnell wird sich Frank ihr nicht mehr nähern - da ist Sofia sich sicher.
Wie recht sie doch hat. Denn am nächsten Tag wird Frank tot in seiner Jagdkanzel aufgefunden! Der Brunner verdächtigt natürlich sofort Jonas und Sofia. Die weihnachtliche Stimmung droht zu kippen. Doch das lassen die Hirschgrundis nicht zu. Und so sehen sie sich wieder mal gezwungen, selbst die Ermittlungen aufzunehmen, um den wahren Mörder zu finden.
»Der Tod braucht keine Winterstiefel« ist der vierundzwanzigste Teil der erfolgreichen Bayern-Krimi-Reihe »Sofia und die Hirschgrund-Morde« von Susanne Hanika. Krimi trifft auf Humor, Nordlicht auf bayerische Dickschädel, Hobbyermittlerin auf feschen Kommissar - dazu jede Menge Leichen, Mörder und Ganoven. Und all dies vor herrlich bayerischer Kulisse!
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Seitenzahl: 258
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Es wird besinnlich am Hirschgrundsee: Weihnachten steht vor der Tür und die Hirschgrundis lassen sich allerhand einfallen, um die Camper in Stimmung zu versetzen. Es gibt einen kleinen Weihnachtsmarkt, Fackeln rund ums Klohäusl, einen Plätzchen-Back-Wettbewerb für die Kinder und sogar eine Esel-Wanderung. Alles könnte so schön sein, wären da nicht diese ungehobelten Jäger, die Evelyns Café besetzen. Besonders der Vorsitzende, Frank Klinkenberg, geht Sofia auf die Nerven, weil er sie ständig anbaggert. Als Jonas das mitbekommt, sieht er rot und legt sich mit ihm an. So schnell wird sich Frank ihr nicht mehr nähern – da ist Sofia sich sicher.
Wie recht sie doch hat. Denn am nächsten Tag wird Frank tot in seiner Jagdkanzel aufgefunden! Der Brunner verdächtigt natürlich sofort Jonas und Sofia. Die weihnachtliche Stimmung droht zu kippen. Doch das lassen die Hirschgrundis nicht zu. Und so sehen sie sich wieder mal gezwungen, selbst die Ermittlungen aufzunehmen, um den wahren Mörder zu finden.
Blaues Wasser, klare Luft, in der Ferne bei schönem Wetter die Alpen – das ist der Hirschgrund, ein idyllischer See mitten in Bayern. Nebenan der gleichnamige Campingplatz. Doch die Idylle trügt – denn diese Saison wird mörderisch.
Kaum ist die neue Besitzerin Sofia auf dem Platz angekommen, stolpert sie über den ersten Toten. Sofia ist entsetzt! Und dann neugierig. Bald schon entdeckt sie ihr Talent fürs Ermitteln und fängt an, in der bayerischen Idylle so einiges umzukrempeln …
SUSANNE HANIKA
Der Tod brauchtkeine Winterstiefel
Ein Bayernkrimi
Die Welt schien über Nacht grau-braun geworden zu sein. Ein langanhaltender Regen hatte die Stellplätze auf meinem Campingplatz mit Wasser getränkt und aufgeweicht, und dort, wo ein Wohnmobil gewendet hatte, war der Stellplatz schlammig aufgewühlt. Mir kam es so vor, als würden die drei Birken bei Hetzeneggers ihre kahlen Äste mit bitterer Miene in den grauen Himmel recken. Von einer gemütlichen Adventszeit waren wir etwa so weit entfernt wie ein THW-Einsatz bei Hochwasser von einem Karibikurlaub. Ohne meine Hunde hätte ich mich jetzt auf dem Sofa eingeigelt und darauf gewartet, dass mein Freund Jonas aus Regensburg von seiner Arbeit beim Mordkommissariat zurück nach Hause kam.
Aber es half nichts, die Hunde mussten raus! Ich blieb eine Weile vor der Garderobe stehen und überlegte, was ich anziehen sollte. Ich entschied mich für den gelben Ostfriesennerz von Nonna, der mir etwas kurz war, den Schal, den mir die Schmidkunz gestrickt hatte – knallrot und knallorange gestreift, dass man mich sogar in der Nacht hätte leuchten sehen können –, und dazu meine neue schwarze Mütze, bei der man meinte, ich hätte eine Perücke auf, weil sich auf ihr oben wuscheliges rotes Kunsthaar kräuselte. Eigentlich war sie ein Geschenk an den Schmidkunz gewesen, von irgendwelchen verrückten Verwandten, wie es die Schmidkunz formulierte. Er selbst hatte sich aber geweigert, sie zu tragen. Ich hatte sie gerne übernommen, weil ich grundsätzlich outfitmäßig wenig Scham kannte, jedenfalls auf meinen Hunde- oder Campingplatzrunden! Der Hetzenegger musste immer lachen, wenn er mich sah, und gedachte, sich auch so eine Mütze zu kaufen, schließlich fehlte es ihm an Haupthaar.
Ich hielt Milo die Tür länger offen als gewöhnlich. Er blieb mitten auf der Schwelle stehen und schien gründlich zu evaluieren, ob das da draußen schon Regen war oder doch nur sehr feuchter Nebel.
»Na komm schon«, sagte ich lockend.
Das hatte er bestimmt nicht gehört, weil er ziemlich schwerhörig war, aber er folgte mir dann doch, oder vielleicht auch nur seinen Damen Lola und Clärchen, die schon längst außer Sichtweite waren.
Ich ging im gemäßigten Tempo Richtung Klohäusl. Auf den Stellplätzen direkt gegenüber arbeiteten der Hetzenegger, der Sepp – der war mein Mädchen für alles – und Sepp Zwo, ein etwa 60-jähriger Bauer, der uns gerade half, die Bretterbuden aufzubauen. Alle trugen wasserdichte Jacken und hatten die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen. Neben ihnen stand Evelyn genau wie ich in einem quietschgelben Gummioutfit und erläuterte trotz des Wetters sehr fidel und motiviert, wohin sie die Fässer stellen würde, auf denen man dann seine Glühweinbecher abstellen konnte.
»Die müsstest du mit Alex holen, er braucht Hilfe …«, teilte sie mir mit, und bevor ich meine Einwände hervorbringen konnte, sagte sie: »Er hat vier Tonnen, die er bei seinem letzten Outdoor-Event benutzt hat, und würde sie uns für die Adventszeit leihen. Für die Weihnachtsfeiertage und Silvester braucht er sie dann allerdings selbst wieder. Aber das ist auch nicht so schlimm, bis dahin haben wir den Adventsmarkt eh wieder abgebaut.«
Ich vergrub meine Hände tief in den Jackentaschen. Mein Gesicht war komplett nass, obwohl es gerade nicht wirklich regnete, sondern nur große Nebeltropfen in der Luft zu schweben schienen.
»Da kommt dann das zweite Häuschen hin«, erklärte Evelyn mir. »Kunstgegenstände zum Verkauf.«
Ich kramte ein Taschentuch heraus und schnäuzte mich. Sepp Zwo hatte eine knallrote Birne, entweder alkoholbedingt oder blutdruckmäßig, und der Hetzenegger sah neben ihm aus wie ein schlanker Jüngling, obwohl er auch einen ganz schönen Ranzen hatte, wie seine Frau Vroni spitz anzumerken pflegte.
»Ich würde vorschlagen, wir eröffnen schon am Donnerstag unseren kleinen Adventsmarkt«, schlug Evelyn mir vor.
»Ich dachte, du willst nur am Wochenende öffnen?«, fragte ich nach.
»Ja. Dachte ich erst auch. Aber es haben sich ja schon einige Leute angemeldet, und die würden schon gerne am Donnerstag starten.«
Evelyn hatte die Idee gehabt, dieses Jahr Adventscampen anzubieten. Sogar samt Eselwanderung für die Kleinen. Den Esel hatten wir noch nicht, aber es waren schon vier Familien mit kleinen Kindern da, die sehnsüchtig darauf warteten.
»Es ist ja noch nicht einmal der 1. Dezember«, sagte Evelyn kopfschüttelnd.
Milo schlurfte an mir vorbei Richtung See. Meine beiden anderen Hunde waren schon nicht mehr zu sehen.
»Und wenn die JagBar nicht bald instand gesetzt ist, flippe ich aus«, flüsterte Evelyn, aber Sepp Zwo hatte gute Ohren.
»Spätestens am Wochenende«, sagte er.
»Dann ist ja gut«, erwiderte Evelyn spitz.
»Mit einem Wasserschaden ist nicht zu spaßen«, merkte der Hetzenegger an und bückte sich nach einem heruntergefallenen Nagel.
»Mit rauchenden Jägern in meinem schönen Café auch nicht«, merkte Evelyn genervt an. »Und auch wenn sie auf die Terrasse gehen, überall liegt die Asche herum.«
Bevor es zwischen Sepp Zwo und Evelyn eskalieren konnte, hörte ich aggressives Hundegebell, als würden sich zwei geifernde Rüden angreifen.
Die geifernden Rüden waren Milo und Ferdl, der Hund von Corinna Klein. Sie war seit zwei Tagen mit einem uralten VW-Bus hier, der beladen war mit Kisten voller selbst hergestellter bunter Glas-Tierchen. Sie war eine der »KünstlerInnen«, die auf dem Adventsmarkt ausstellen durften.
»Bleib da«, befahl Evelyn. »Milo regelt das schon.«
Darauf wollte ich mich nicht verlassen. Corinna traute sich nicht, den Streit der zwei großen Rüden zu schlichten, und so war ich es, die »Schluss« brüllte, so laut ich konnte. Erstaunlicherweise beendete das den Konflikt schneller als gedacht.
Ich packte Milo, der mit seinen aufgestellten Nackenhaaren wie ein Bär aussah, und Corinna ihren Ferdl, der eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Milo hatte, allerdings um Jahre jünger war.
»Tschuldigung«, murmelte Corinna. »Ich wollte eigentlich nur fragen, wann das mit dem Aufbau stattfindet.«
»Morgen«, antwortete Evelyn. »Bis jetzt sind die Buden noch nicht fertig. Ab morgen soll es auch kälter werden, dann stehen wir nicht so im Matsch.«
Corinna zerrte ihren Hund von uns weg, weil Milo noch immer höchst aggressiv grollte. Ich hatte meinen uralten Hund die letzten Wochen bereits mit einer Pfote im Grab gesehen, aber der Ferdl hatte Milo quasi von den Toten erweckt, Milo wirkte um Jahre jünger und war hochmotiviert, unseren Campingplatz vor dem in seinen Augen blöden Köter zu verteidigen.
In die Stille hinein fluchte Sepp Zwo, weil er sich mit dem Hammer auf den Daumen geschlagen hatte. Gleichzeitig fragte Evelyn erstaunt: »Was macht die denn da?«, als sie bei der Schranke zum Campingplatz eine Frau entdeckte.
Ich folgte Evelyns Blick. Am Hirschgrunder See gab es zwei Campingplätze. Meinen, der natürlich der schönste Campingplatz auf der ganzen Welt war, mit den allernettesten Campern, und dann noch den der Steglmaiers. Den gab es noch nicht so lange wie meinen, denn der Steglmaier war erst durch Nonnas Campingplatz überhaupt auf die Idee gekommen, einen zu eröffnen. Inzwischen hatte er ganz außergewöhnliche Toilettenanlagen, nämlich in Form eines Piratenschiffes, und man konnte sich, um Evelyn zu zitieren, »beim Scheißen Vogelstimmen anhören«. Die Steglmaiers und ich existierten nebeneinander her, nachdem das eine oder andere vorgefallen war, gingen wir uns inzwischen eher aus dem Weg.
Es war die Mutter vom Steglmaier, also Frau Steglmaier senior, die wir an der Schranke erblickten. Sie hatte in den letzten Jahren ziemlich abgebaut. Mit ihrem klobigen, altertümlichen Gehwagerl rackerte sie sich durch die Pfützen ab bis zur Rezeptionstür. Dort rumpelte sie ein paarmal mit ihrem Gefährt gegen die Tür, dann hatte sie es geschafft und verschwand im Haus.
Ich ließ Milo wieder los, und der pinkelte stracks gegen einen Johannisbeerbusch, was eigentlich streng verboten war, aber ich war zu abgelenkt, um das zu monieren. Nun gut, die Hunderunde konnte ich mir jetzt sparen.
»Hätte ich nur nicht zugestimmt, dass die Jäger im Café ihre Jahresabschlusssitzung machen können«, murrte Evelyn, als wir zur Rezeption stiefelten.
»Sind ja bald weg«, tröstete ich sie. »Was Frau Steglmaier wohl will?«
In der Rezeption saß Frau Steglmaier hinter dem Tresen und studierte eine alte Liste mit der Campingplatz-Belegung. Ihre Jacke hatte sie ordentlich aufgehängt.
»Hallo?«, sagte ich in fragendem Tonfall.
»Sie können sich einfach einen Platz aussuchen«, sagte die Steglmaier freundlich.
Ich öffnete den Mund und schloss ihn wieder ratlos.
»Aha«, machte ich schließlich, als sie sich nicht weiter erklärte. »Und was tun Sie hier?«
»Ich arbeite noch bis mittags«, sagte sie noch immer sehr freundlich. »Dann übernimmt Elli.«
Elli war meine Nonna. Die schon lange Zeit unter der Erde war. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Im nächsten Moment klingelte das Telefon, Frau Steglmaier nahm einfach den Hörer ab und sagte »Camping am Hirschgrund« und »Ja. Sie können sich einfach einen Platz aussuchen.«
Ich nahm ihr gewaltsam den Hörer aus der Hand, was sie mit einer empörten Miene zuließ, aber der Anrufer hatte bereits aufgelegt.
»Ich fasse es nicht«, murmelte ich. »Ist das eine neue Form der Sabotage?«
Evelyn sah mich eine Weile an, als hätte ich nichts gesagt, dann blinzelte sie und flüsterte mir zu: »Die ist dement.«
Hinter mir dingelte die Rezeptionstür, und die Vroni kam herein. Obwohl es Winter war, trug sie einen Bademantel, und ich wusste, dass sie drunter nur ihren roten Badeanzug mit den weißen Tupfen trug.
»Ich wäre bereit«, sagte sie fröhlich.
»Ich schlüpf auch gleich in meinen Badeanzug«, versicherte ich ihr, nicht dass sie dachte, ich würde mich vor dem Winterschwimmen drücken. »Ich muss nur …«
Ich machte eine Bewegung mit dem Kopf zum Tresen. Frau Steglmaier beachtete uns überhaupt nicht, sondern legte ein paar Stifte auf den Tresen.
»Sie ist dement«, flüsterte auch die Vroni erklärend. »Ich habe sie schon vor zwei Tagen von ihrem Sohn abholen lassen. Da warst du gerade einkaufen.«
Ich warf einen kritischen Blick auf die Frau, dann schüttelte ich den Kopf. »Das kann doch nicht sein. Wieso sollte eine demente Frau extra zu mir in die Rezeption kommen …«
»Wahrscheinlich hat sie sich erinnert, dass sie als junge Frau bei deiner Nonna gearbeitet hat«, erklärte Evelyn. »Ich habe sie hier schon ein paarmal mit ihrem Gehwagerl gesehen, und wahrscheinlich fällt ihr dann just in dem Moment ein, dass sie hier gearbeitet hat.«
»Ja, sie schiebt manchmal vorne auf der Landstraße auf und ab. Und wenn sie zu weit in unsere Richtung kommt, schlägt sie einfach den Weg in die Rezeption ein«, analysierte die Vroni. »Anscheinend hat sie dann das Gefühl, dass sie auf dem Weg zur Arbeit ist.«
Wir sahen eine Weile zu, wie Frau Steglmaier Papiere sortierte. Um genau zu sein, brachte sie Unordnung rein, denn sie legte die Blätter nur von hier nach da und fing dann wieder von vorne an.
»Das ist ja krass«, sagte ich fassungslos.
»Ja. Ruf den Steglmaier an, der soll sie abholen. Die Meierbeck hat gesagt, dass er sie schon gechipt hat, damit er sie findet, weil sie ständig davonläuft.«
»Sie ist gechipt?« fragte ich noch fassungsloser.
»Na ja, sie hat ein Handy dabei, das man orten kann«, relativierte Evelyn ihre Aussage.
Darauf warten, dass dem Steglmaier endlich auffiel, dass seine Mutter fehlte, wollte ich nicht, also rief ich ihn an.
»Ihre Mutter sitzt hier bei mir in der Rezeption«, teilte ich ihm mit.
»Ach«, machte er. »Und?«
»Nichts und. Sie will abgeholt werden.«
»Ach«, machte er wieder und klang gar nicht begeistert.
Und zwar dalli, hätte ich gerne gesagt, aber ich verabschiedete mich nur.
Vorsichtshalber brachte ich das Telefon außer Reichweite der Steglmaierin.
»Wie soll man da arbeiten«, beschwerte sie sich.
»Ich gebe Ihnen jetzt frei«, erklärte ich ihr. »Sie haben Urlaub. Bis in vierzehn Tagen dann!«
»Ach«, sagte sie erfreut. »Wie schön.«
Wir schüttelten uns die Hände und strahlten uns an.
»Das hat sie in fünf Minuten vergessen«, informierte mich die Evelyn. »Du musst sie nur so weit vom Campingplatz weg bringen, dass sie ihn nicht mehr in Sichtweite hat.«
Das war extrem traurig. Frau Steglmaier hatte schon wieder vergessen, dass sie Urlaub hatte, denn sie nahm meine kompletten Rechnungen, unbezahlt, und warf sie in den Papiermüll.
»Ja. Wunderbar, danke schön«, sagte ich zu ihr und nahm sie bei der Hand. »Das Taxi ist gleich da, kommen Sie.«
Ihr Taxi war nicht gleich da. Im nächsten Moment ging erst einmal die Tür auf, und herein kam Frank Klinkenberg, ein stämmiger, selbstbewusster Mann um die fünfzig. Er trug einen dunkelgrünen Lodenjanker, einen dunkelbraunen Hut und die typisch derben Stiefel, die bei uns oft die Männer trugen, die viel im Wald unterwegs waren. Er hatte ein breites, etwas arrogantes Lächeln im Gesicht und umarmte mich als Erstes mal. Es dauerte eine Weile, bis ich der unerwünschten Umarmung entkam.
»Sofia!«, sagte er mit seiner sonoren, selbstbewussten Stimme. »Das ist einfach großartig, dass wir unsere Sitzung im Café abhalten können.«
Egal, was er sagte, es klang stets selbstgefällig mit einer guten Prise Arroganz, und ich trat vorsichtshalber einen Schritt zurück, um weiterem Körperkontakt zu entgehen. Seit Klinkenberg das Jagdrevier auf der anderen Seite des Hirschgrunder Sees hatte, kam er häufiger hier bei mir vorbei und umarmte mich jedes Mal. Und jedes Mal einen Ticken zu lange. Mir kam es auch so vor, als würde er es jedes Mal länger machen, obwohl ich mich meist hinter dem Tresen in Sicherheit brachte. Milo neben mir knurrte leise, aber nicht minder böse. Er mochte alt und blind sein, aber dass ich Frank nicht mochte, hatte er natürlich mitbekommen!
»Das mit der Jägerversammlung ist Evelyns Ding«, merkte ich abwehrend an. Vielleicht wollte die unbedingt umarmt werden. Aber auch Evelyn trat einen Schritt zurück.
»Kein Problem. Heute Abend geht noch in Ordnung, aber ab morgen ist das nicht mehr möglich«, sagte sie mit scharfem Unterton.
Denn eigentlich waren ihr die Jäger schon jetzt ausgesprochen lästig. Glücklicherweise hörte ich ein Auto vorfahren, und mit der Steglmaierin an der Hand ging ich nach draußen.
»Mama«, sagte der Steglmaier ziemlich grantig. Er hatte die Abdrücke eines Kissens im Gesicht und sah aus, als wäre er erst seit einer Viertelstunde wach.
»Mei, schön, dass du dich an mich erinnerst«, sagte sie spitz. »Ich dachte, du kommst gar nicht mehr.«
Direkt hinter den Steglmaiers hielt nun auch noch ein dicker, dunkler SUV, aus dem eine junge, blonde und hochschwangere Frau ausstieg sowie ein sehr dicker junger Mann, der ausgesprochen bunt gekleidet war. Trotz des schlechten Wetters trug er seine schillernde Jacke offen und zeigte ein glänzendes dunkellila Hemd. Ein bisschen erinnerte er mich an einen Gangster aus einem amerikanischen Film, der in Chicago spielte. Aber als er mich anlächelte, verflüchtigte sich dieser Eindruck sofort, und er wirkte plötzlich wie ein großer, etwas tollpatschiger Kerl.
»Wir holen den Papa ab«, sagte die junge Frau und stemmte die eine Hand in den Rücken. Aha. Die Tochter von Sepp Zwo. Und war die schillernde Gestalt an ihrer Seite vielleicht der Kindsvater? Er hakte sich bei ihr unter. »Damit du mir nicht hinfällst«, sagte er fürsorglich, was das Bild des Gangsters gründlich aus meinem Kopf vertrieb.
»Hallo, Tina«, sagte Evelyn. »Ich glaube, die sind noch nicht ganz fertig.«
»Dann packen wir mit an!«, sagte der junge Mann mit Begeisterung in der Stimme.
»Jetzt komm«, sagte Vroni zu mir, während der Steglmaier grantig seine Mutter ins Auto bugsierte. »Ich warte hier auf dich, zieh dich schnell um!«
Frank ignorierend, der noch immer so aussah, als würde er mich gerne abschließend umarmen, rannte ich schnell hinauf in meine Wohnung und warf mich in meinen Badeanzug. Der Typ war wirklich eine Landplage! Gestern hatte er mir im Café lang und breit erklärt, dass der Sinn des Lebens die Liebe sei, und zwar mit möglichst vielen Partnern, und dass das so wahnsinnig natürlich sei, dass man sich dem nicht entziehen dürfe. Danach hatte ich das Café verlassen und mich vor den Fernseher geknallt. Das erschien mir im Winter ebenfalls ungemein natürlich und angenehm, vor allen Dingen angenehmer, als mit diesem arroganten Sack zu turteln! Selbst Evelyn, die ja mit allen möglichen Männern flirtete, war ihm gegenüber nicht besonders aufgeschlossen.
Ich zog mir eine Jogginghose und einen Pullover über den Badeanzug und griff nach dem flauschigsten Handtuch aus dem Schrank. Seit diesem Herbst hatten die Schmidkunz, die Vroni und ich eine Winterschwimmen-Challenge am Laufen. Ohne die beiden hätte ich schon längst aufgegeben, denn so richtig lustig war es inzwischen nicht mehr. Die Schmidkunz hatte zwar behauptet, dass man sich da ratzfatz dran gewöhnte, besonders, wenn man wie wir im Herbst ohne Pause weitermachte. Aber auf mich traf das nicht wirklich zu. Das Wasser war inzwischen eiskalt! Vor allem, wenn es draußen so richtig ungemütlich nasskalt war, fiel es mir umso schwerer, ins kalte Nass zu steigen.
Als ich wieder nach unten in die Rezeption kam, war diese verwaist. Die Steglmaiers waren abgefahren und auch Frank und Evelyn nicht zu sehen. Milo stand etwas ratlos vor der Tür – den hatte ich wohl vergessen, Mist! Draußen regnete es nicht mehr, und Vroni tigerte auf dem Vorplatz auf und ab. Zusammen stapften wir in Gummistiefeln Richtung See.
»Die Tina muss ihren Papa die ganze Zeit herumfahren«, verriet sie mir ungefragt. »Weil der Sepp nämlich stockbetrunken Auto gefahren ist. Der hat jetzt einen Monat Fahrverbot. Er ist echt grantig und behauptet, dass das mit dem Promillewert überhaupt nicht stimmen würde. Er habe ja auch nur zwei Bier getrunken, das sei doch nicht stockbesoffen.«
Sie verdrehte die Augen zum Zeichen, dass sie ihm keine Silbe glaubte, sprach dann aber nicht weiter, als sie den jungen Mann im schillernden Outfit beim Geschirrspülhäusl auf uns warten sah.
Vroni flüsterte mir zu: »Das ist der Xaver, der wohnt direkt neben den Kohls, und man sieht ihn ganz oft mit der Tina, die waren gemeinsam in der Schule. Der Sepp kann ihn überhaupt nicht leiden, wahrscheinlich wollte er deswegen nicht mit ihnen im Auto fahren.«
Da wir jetzt schon zu nah am Xaver dran waren, fügte sie laut hinzu, als hätten wir die ganze Zeit darüber gesprochen: »Morgen werden wir den Markt eröffnen. Wir trinken Glühwein und essen Plätzchen, und wenn es nicht ausdauernd regnet, grillen wir vielleicht ein paar Würstln.«
»Da komme ich auf jeden Fall«, freute sich der Xaver. »Morgen habe ich Zeit.«
»Da wird der Elias traurig sein, dass er nicht mit dabei ist«, stellte ich fest, weil Vronis Enkelsohn bei allem immer gerne mitmachte.
»Ja. Aber der hat so viele Schulaufgaben noch vor Weihnachten, der darf nicht kommen.«
Klang das etwa ein bisschen erleichtert?
Xaver ging mit uns die Treppen zum See hinunter. »Ich habe gehört, dass hier eine Gruppe Eisbader ist, das will ich mir mal ansehen, das interessiert mich so richtig! Habe auch schon überlegt, damit anzufangen.«
»Jeder kann sich uns anschließen«, antwortete die Vroni freundlich. »Je mehr, desto besser!«
Vor allen Dingen stieg dann der soziale Druck.
Die Schmidkunz wartete schon unten am See auf uns, mit ihrer Thermoskanne Tee, die sie zwar immer dabei hatte, aus der sie aber selten trank.
»Vor dem Baden habe ich immer das Gefühl, ich mag nicht. Aber danach fühlt man sich richtig gut«, erklärte sie dem Xaver.
Ja. Man fühlte sich so, als wäre man gerade dem Tod von der Schippe gesprungen, und das war wirklich euphorisierend.
Xaver kicherte. »Aber jetzt, wo ich vor dem kalten Nass stehe, erscheint es mir unmöglich, auch nur eine Zehe hineinzustecken!«
»Und in den nächsten Tag soll es richtig kalt werden«, sagte die Schmidkunz. »Ich habe meinem Mann schon gesagt, wenn der See zufriert, dann brauchen wir Leute, die ein Loch in die Eisdecke schlagen.«
Ich hatte ja gehofft, dass dann die Winterschwimmen-Saison beendet wäre!
Unsere Winterschwimmen-Challenge hatte seit gestern Zuschauer und auch eine neue Mitstreiterin: Corinna Klein. Sie kam gerade schnell vom Campingplatz heruntergelaufen und sagte zur Wettereinschätzung von der Schmidkunz: »Das wird dann aber echt hart!« Ihren ziemlich unerzogenen Hund Ferdl hatte sie glücklicherweise in ihrem VW-Bus gelassen. Die vier Familien mit ihren insgesamt zehn Kindern standen am Ufer und staunten über unsere Willensstärke. Was es mir natürlich schwer machte, mich vor dem Vorhaben zu drücken.
»Also ich könnte das gar nicht«, sagte die Mutter mit der pinkfarbenen Bommelmütze. »Wenn das Wasser unter zwanzig Grad hat, bekommen mich keine zehn Pferde rein.«
Die Vroni strahlte stolz, besonders, weil jetzt auch ihr Mann, der Hetzenegger, an den Strand kam und ihr mit sichtbarer Bewunderung den Bademantel hielt.
»Danke, mein Schatz«, sagte sie und schritt zügig und mit stolz hervorgestrecktem Atombusen in den See. Sie sah wirklich klasse aus.
Mir fiel das deutlich schwerer. Ich zog mir meine Perückenmütze tief über die Ohren. Spätestens, als ich bis zum Bauch im Wasser stand, hatte ich das Gefühl, das es heute für eine derartige Unternehmung deutlich zu kalt war.
Um mich nicht vor all den Leuten am Ufer zu blamieren, tat ich trotzdem so, als müsste ich nicht hyperventilieren und als würde es mir wirklich ganz großen Spaß machen. Mein ganzer Körper fing zu prickeln an.
»Gleichmäßig atmen«, sagte die Schmidkunz, die schon drin war und genau das tat.
Ich tauchte ein und fing wie jedes Mal eigentlich zu schreien an, von gleichmäßig Atmen war ich meilenweit entfernt. Wir schwammen gemeinsam etwa fünf Meter in den See hinaus, und während die beiden anderen ganz langsam zurückschwammen, begann ich schon zu laufen, als ich noch bis zum Bauch im Wasser war, und kämpfte mich regelrecht durch das Wasser hinaus an den Strand.
Draußen stand ausgerechnet Frank am Ufer und hielt mein flauschiges Badetuch in der Hand. Was für ein Idiot! Ich wollte ihm das Badetuch entreißen, aber bevor ich das in die Tat umsetzen konnte, hatte er mich bereits darin eingewickelt und hielt mich fest umschlungen. Ich konnte mich erst einmal überhaupt nicht wehren, und er sagte: »Habe ich dir schon gesagt, dass du eine wahnsinnig tolle Frau bist?«
»Lass mich los«, fuhr ich ihn an.
So ein unverschämter Kerl, was fiel dem ein?
»Wie ich das bewundere, dass du dich der Witterung aussetzt, das würde meine Frau niemals machen …«
»Lass. Mich. Los«, zischte ich eisig. »Und ich habe einen Freund, falls dir das entgangen ist.«
»Meine Frau ist ja auch so fixiert auf mich«, fuhr er fort, als würde mich das in irgendeiner Weise interessieren. »Aber mal ganz ehrlich, ist das nicht langweilig? Nur ein Mann?«
Vielleicht sah er ja das Unheil in Form meines einzigen, langweiligen Mannes nicht auf sich zukommen, weil er dummerweise mit dem Rücken zur Treppe stand. Auch ich sah es nicht auf ihn zukommen, weil ich damit beschäftigt war, mich aus diesem Griff zu befreien. Jonas sah so wütend aus, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Denn mein Freund und Kriminalkommissar war eigentlich selbst in den schlimmsten Lebenslagen noch sehr reflektiert und versuchte jedes Problem mit Verstand und Coolness zu lösen.
Mich in den Armen des blöden Frank zu sehen, gehörte anscheinend nicht zu den Situationen, wo er rational agieren konnte, denn das Erste, was er machte, war, Frank nach hinten zu reißen und ihm erst einmal eine riesige Backpfeife zu versetzen.
»Spinnst du?«, schrie Frank und hielt sich seine brennende Wange.
»Das ist doch wohl eher anders herum!«, schrie ihn Jonas so zornig an, dass ihm fast die Funken aus den Augen sprühten. Er packte ihn mit beiden Händen an seinem edlen Jagdjanker und brüllte ihm ins Gesicht. »Lass deine dreckigen Finger von meiner Freundin!«
Xaver stieß einen spitzen Schrei aus, und alle anderen schienen die Luft anzuhalten. Vielleicht war es aber auch nur ich, die das tat. Dann gab Jonas Frank noch mit beiden Händen einen Schubs auf die Brust, sodass Frank nach hinten taumelte.
»Oh mein Gott, oh mein Gott!«, schrie Xaver, die Hand fest auf die Brust gedrückt, als würde er gleich einen Herzinfarkt erleiden.
Mit ein bisschen altersbedingter Verspätung erkannte auch Milo die Brisanz der Lage – seine Familie war augenscheinlich in größter Gefahr, und mit einem dumpfen Grollen stürzte er sich auf Frank. Der schrie auf und taumelte weiter nach hinten. Im nächsten Moment lag Frank im Hirschgrunder See und schnappte ordentlich nach Luft. Eisbaden war er wohl nicht gewohnt.
Ich warf mich zwischen die beiden Männer und versuchte gleichzeitig, Milo von weiteren Attacken abzuhalten.
»Lass ihn«, befahl ich resolut und hielt sowohl Milo als auch Jonas fest.
Frank rappelte sich im Wasser auf, er fluchte und schimpfte. »Das wird ein Nachspiel haben!«, schrie er aggressiv. »Ich rufe die Polizei!«
»Im Gegenteil«, sagte ich sehr energisch an Frank gewandt. »Wer hier ein Nachspiel beginnt, bin ja wohl ich!«
Wie ich es hasste, wenn jemand die Tatsachen verdrehte!
»Wenn du mich noch einmal anfasst, rufe ich die Polizei! Und dann wird die Sache für dich Konsequenzen haben!«
»Oh mein Gott, oh mein Gott«, keuchte Xaver dazwischen, seine Stimme war nun ganz hoch geworden.
Der Hetzenegger hatte sich drohend neben uns aufgebaut, entweder um Frank davon abzuhalten, auf uns loszugehen, oder um Jonas an weiteren Aktionen zu hindern, das wusste ich nicht.
»Erschossen gehört er, der blöde Köter!«, schrie Frank patschnass zu uns herüber.
Ob er gerade Jonas oder Milo meinte, war nicht genau festzustellen.
Eilig zog ich jetzt sowohl Jonas als auch Milo mit mir mit, beide waren widerwillig und ärgerlich.
»Und sag nicht mehr, ich bring ihn um«, bat ich Jonas, während ich neben ihm hinauf zum Haus ging. Die Camper wichen ein wenig vor uns zurück, als hätte Jonas vor, auch noch ein paar andere Männer in den See zu werfen, wenn sie mir nur einen schiefen Blick schenkten. »Der hat jetzt schon kapiert, dass er Ärger bekommt.«
Jonas schwieg und strahlte jede Menge knurrige Energie aus.
Ich lächelte der Frau mit der pinken Wollmütze zu und hob die Hand. Sie sah aber nur Jonas an, und in ihrem Blick lag jede Menge Bewunderung. Vielleicht wünschte sie sich auch so einen Helden, aber sollte sie über ihn herfallen, würde ich sie auch in den See werfen, schließlich war Jonas jetzt mit gutem Beispiel vorangegangen.
Eilig gingen wir weiter, an dem alten VW-Bus von Corinna vorbei, in dem ihr Hund Ferdl bellte und bellte, und irgendjemand schrie etwas schrill dazwischen: »Geschüttelt oder gerührt?«
Geschüttelt oder gerührt?
Als ich mich umdrehte, ging gerade Corinna eilig vorbei Richtung Duschen. Ich war so aufgeheizt, dass ich die Kälte überhaupt nicht spürte. Ferdl bellte noch immer wie wild, aber Milo ging brav mit uns zurück. Erst, als wir allein in der Rezeption ankamen, atmete ich erleichtert durch.
»Danke mein Held«, sagte ich und umarmte Jonas. Jetzt war auch er ziemlich nass, aber er hielt mich trotzdem fest.
»Ich hätte nicht so ausflippen sollen«, sagte er an meinem Ohr.
»Wahrscheinlich nicht«, stimmte ich ihm friedlich zu. »Aber weißt du was, wahrscheinlich merkt er sich das jetzt besonders gut.«
Wenn er nicht morgen mit einer Lungenentzündung ins Krankenhaus kam und dort starb.
Als ich nach dem Duschen ins Wohnzimmer kam, hatte sich auch Jonas umgezogen und zappte sich durchs Fernsehprogramm. Seine Miene war noch immer nicht richtig entspannt.
»Morgen komme ich zu dir nach Regensburg, und wir gehen auf den Christkindlmarkt«, schlug ich vor, während ich mich an ihn kuschelte. »Das wird richtig romantisch weihnachtlich!«
»Gute Idee«, antwortete er mir und gab mir einen Kuss auf die Nase. »Die ist noch immer kalt«, stellte er fest, und zum ersten Mal heute Abend sah ich ihn lächeln.
Mein Handy fing auf dem Wohnzimmertischchen zu hüpfen an, anscheinend gab es gerade einen Nachrichten-Flash, der das Handy zum Eskalieren brachte.
»Tschuldige, ich muss mal nachsehen …«, sagte ich und nahm das Handy. Nicht, dass der blöde Kerl doch die Polizei informiert hatte. Oder vielleicht die Schmidkunz umarmt hatte und jetzt vom Schmidkunz getaucht wurde.
Natürlich war es die Hirschgrunder WhatsApp-Gruppe, die so einen Lärm veranstaltete.
»Er ist weg«, hatte Vroni geschrieben und als Beweismittel zwei Bilder geschickt. Eines, auf dem ein tropfnasser Frank Richtung Campingplatz ging. Dabei sah er aus, als würde er gerne jeden hier umbringen. Die umstehenden Campinggäste dagegen wirkten, als würden sie gerne Jonas applaudieren. Und dann noch eines, auf dem er mit bitterer Miene in seinen SUV stieg. Anscheinend hatte es sich der Hetzenegger nicht nehmen lassen, jeden Moment fotografisch festzuhalten. Ich sah mir noch einmal das Bild am See an. Auf dem war auch der Xaver zu sehen, der vollkommen deplatziert wirkte, weil er mit seiner Kleidung wie ein Partygänger aussah und nicht wie jemand, der auf einem verschlammten Campingplatz Leuten beim Eisbaden zusehen wollte. Sein Mund formte gerade ein O, als wollte er schon wieder »Oh mein Gott, oh mein Gott« wiederholen.
»Frank hat gesagt, dass er Jonas anzeigt, wenn er krank wird«, verriet uns die Schmidkunz.
»Und wenn er sich wegen Milo eine Blutvergiftung zuzieht«, schrieb nun Evelyn mit einer Reihe von genervten Smileys.
»Hat Milo ihn wirklich richtig gebissen?«, fragte ich besorgt.
»Nur in die Wadeln. Und durch die Stiefel ist er mit seinen Zähnen gar nicht gekommen«, behauptete der Hetzenegger.
»Milo hat nur geschnappt. Und gar nicht richtig gebissen.«, behauptete die Schmidkunz.