Der Tod fährt mit dem Gummiboot - Susanne Hanika - E-Book

Der Tod fährt mit dem Gummiboot E-Book

Susanne Hanika

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Beschreibung

Randale auf dem Campingplatz: Das schöne Klohäusl wurde verwüstet und mit Sofias Post passieren merkwürdige Dinge. Bevor sie noch einen Nervenzusammenbruch erleidet, verdammen die Hirschgrundis sie zu absoluter Ruhe. Sofia fügt sich ihrem Schicksal und lässt sich auf einer Luftmatratze entspannt über den Hirschgrundsee treiben - und stößt dabei mit einer anderen Luftmatratze zusammen. Auf der ein Toter liegt!

Das war es mit der Erholung. Denn obwohl ihre Camper ihr ein striktes Ermittlungsverbot erteilen, kann Sofia ihre Spürnase einfach nicht aus dem Fall raushalten. Was, wenn der Mord mit der Verwüstung des Klohäusls zusammenhängt? Möchte jemand Sofia gezielt schaden? Sind die Vandalen auch die Mörder? Erholung hin oder her, Sofia muss herausfinden, was auf ihrem Campingplatz vor sich geht. Und mit den Klohäusl-Randalierern hat sie auch noch ein Hühnchen zu rupfen ...

»Der Tod fährt mit dem Gummiboot« ist der dreiundzwanzigste Teil der erfolgreichen Bayern-Krimi-Reihe »Sofia und die Hirschgrund-Morde« von Susanne Hanika. Krimi trifft auf Humor, Nordlicht auf bayerische Dickschädel, Hobbyermittlerin auf feschen Kommissar - dazu jede Menge Leichen, Mörder und Ganoven. Und all dies vor herrlich bayerischer Kulisse!

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.



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Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsÜber diese FolgeSofia und die Hirschgrund-Morde – Die SerieTitelKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Über die AutorinLeseprobeImpressum

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Über diese Folge

Randale auf dem Campingplatz: Das schöne Klohäusl wurde verwüstet und mit Sofias Post passieren merkwürdige Dinge. Bevor sie noch einen Nervenzusammenbruch erleidet, verdammen die Hirschgrundis sie zu absoluter Ruhe. Sofia fügt sich ihrem Schicksal und lässt sich auf einer Luftmatratze entspannt über den Hirschgrundsee treiben – und stößt dabei mit einer anderen Luftmatratze zusammen. Auf der ein Toter liegt! Das war es mit der Erholung. Denn obwohl ihre Camper ihr ein striktes Ermittlungsverbot erteilen, kann Sofia ihre Spürnase einfach nicht aus dem Fall raushalten. Was, wenn der Mord mit der Verwüstung des Klohäusls zusammenhängt? Möchte jemand Sofia gezielt schaden? Sind die Vandalen auch die Mörder? Erholung hin oder her, Sofia muss herausfinden, was auf ihrem Campingplatz vor sich geht. Und mit den Klohäusl-Randalierern hat sie auch noch ein Hühnchen zu rupfen …

Sofia und die Hirschgrund-Morde – Die Serie

Blaues Wasser, klare Luft, in der Ferne bei schönem Wetter die Alpen – das ist der Hirschgrund, ein idyllischer See mitten in Bayern. Nebenan der gleichnamige Campingplatz. Doch die Idylle trügt – denn diese Saison wird mörderisch.

Kaum ist die neue Besitzerin Sofia auf dem Platz angekommen, stolpert sie über den ersten Toten. Sofia ist entsetzt! Und dann neugierig. Bald schon entdeckt sie ihr Talent fürs Ermitteln und fängt an, in der bayerischen Idylle so einiges umzukrempeln …

SUSANNE HANIKA

Der Tod fährt mitdem Gummiboot

Ein Bayernkrimi

Kapitel 1

Die hellen Vorhänge blähten sich nach innen und warfen lichte Schatten an die Decke. Durch das geöffnete Fenster wehte ein lauer Wind, voll mit den Geräuschen und Gerüchen des Sommers. Die leisen Stimmen hörten sich friedlich und beruhigend an. Eine Weile starrte ich das Lichterspiel an der Decke an. Irgendetwas war anders als sonst. Neben mir lag weder mein Freund Jonas noch mein alter Hund Milo. Vor dem Fenster sagte gerade die Vroni: »Bald kommt eine Schlechtwetterfront. Das müssen wir noch ausnutzen – wir bleiben den ganzen Tag am Strand und im Café und genießen die Sonne.«

Plötzlich wusste ich, was sich so falsch anfühlte. Es musste sehr viel später sein als sonst, der Beleuchtung nach zu schließen. Ich linste hinüber zu meinem Wecker und sah, dass es zehn nach elf war. Kurz schloss ich die Augen, dann schoss mir der Schreck in die Glieder.

ZEHNNACHELF!

Ich sprang so hastig auf, dass ich für einen Moment nur Sternchen sah.

Die Semmelchen! Der Campingladen! Meine Gäste! Mein Campingplatz! Wieso hatte mich nur niemand geweckt? Es musste doch jemandem aufgefallen sein, dass ich noch im Bett lag!

Als ich wieder etwas sah, rannte ich einfach los, in meinem Mickey-Mouse-Nachthemd von ganz früher, als ich bei meiner Nonna auf dem Campingplatz übernachtet hatte. Mit abstehenden Haaren und vermutlich einem Puls von über hundert riss ich die Tür zur Rezeption auf. Direkt hinter der Tür lag meine Hündin Lola, die erschrocken aufsprang, und eine Frauenstimme sagte: »Ich wusste gar nicht, dass Sie hier arbeiten.«

Die Frage war auf jeden Fall nicht an mich gerichtet, denn alle Anwesenden schauten in eine andere Richtung. Lauter junge Mütter standen in der Rezeption Schlange, was mich etwas irritierte, denn in den Tagen zuvor hatten sie immer ihre Männer Semmeln holen geschickt. Die Frauen drehten sich um und starrten mich etwas irritiert an. Der Blick in den kleinen Wandspiegel meiner Nonna bestätigte mir, dass das durchaus berechtigt war, denn ich sah aus – um die Worte meiner Nonna zu verwenden – wie die Irre von Chaillot.

»Na, gut geschlafen?«, fragte Jonas, als ich mich bis zum Tresen durchgeschlängelt hatte, und lächelte mich trotz meines Aussehens freundlich an.

»Was tust du hier?«, fragte ich erstaunt.

Jonas saß in einem hellen T-Shirt und kurzer Hose hinter dem Tresen, und was er machte, erschloss sich mir im nächsten Moment, als das Telefon klingelte, er den Hörer abnahm, »Campingplatz am Hirschgrund« sagte und mir zuzwinkerte.

Ich starrte ihn eine Weile ratlos an, während er am Computer herumklickte und Auskunft gab, ob wir noch einen Seeplatz hatten und wie es um die Wassertemperatur im See bestellt war. Die jungen Frauen hatten anscheinend jetzt, wo sie mich sahen, alles erledigt, denn sie verschwanden ziemlich rasch. Gerade kam die Schmidkunz nebenan aus dem Campingladen und fragte mich sehr freundlich: »Na, ausgeschlafen?«

Sie hatte bestimmt Semmelchen verkauft, denn sie trug den Korb mit den nicht abgeholten, in Bäckertüten verpackten und mit den Namen der Camper beschrifteten Semmeln.

»Aber …«, krächzte ich. »Wieso habt ihr mich denn nicht geweckt?«

Die Frage konnte ich mir selbst beantworten. Die letzte Woche war ein einziges Desaster gewesen. Nicht nur, dass mir jemand Müll ins Klohäusl gekippt und die Klotüren mit einer komischen braunen Masse beschmiert hatte. Plötzlich hatte ich wieder vor Augen, dass ich gestern komplett eskaliert war, weil eine Mutter direkt neben der abspülenden Vroni die Durchfallunterhosen ihrer Söhne ausgewaschen hatte. Danach waren plötzlich die Männertoiletten verstopft gewesen, der Postkasten geplündert, und die Briefe hatten schmutzverschmiert vor dem Klohäusl herumgelegen. Irgendjemand hatte diesen seltsamen Streich beziehungsweise Vandalismus, wie Vroni es nannte, gefilmt und den Mitschnitt auf die Homepage der Hirschgrundis gestellt, mit der Anmerkung, dass mein Campingplatz das letzte Drecksloch sei. Der Höhepunkt des gestrigen Tages war dann aber der Gröning gewesen, mein ältester Dauercamper, der seinen Mittagsschlaf in seinem Vorzelt einfach am Boden liegend gemacht hatte.

Dass ich gedacht hatte, ihn wiederbeleben zu müssen, war in meinen Augen nur logisch gewesen – alter Mann liegt im Vorzelt, Mund steht offen, und auf so Kleinigkeiten wie Puls überprüfen oder mal kurz ansprechen hatte ich aus Zeitgründen – oder aus Panik? – verzichtet. Dass er nicht auf meine Herzdruckmassage gleich wirklich einen Herzinfarkt bekommen hatte, war echt ein Wunder gewesen!

»Das war halt alles ein bisserl viel die letzte Woche«, sagte die Schmidkunz freundlich.

Ich nickte.

Jonas legte den Telefonhörer auf.

»Nettes Schlaf-Shirt«, grinste er. »Und klasse Frisur.«

Ich hatte einen mentalen Zusammenbruch gehabt. Das war der Grund, weshalb Jonas jetzt gerade Telefondienst machte.

»Du musst doch arbeiten«, krächzte ich.

»Ich feiere Überstunden ab«, erklärte er mir, dann stand er auf und nahm mich in den Arm.

In seinen Freizeitklamotten sah er einfach wie der nette Typ von der Rezeption aus, und man konnte überhaupt nicht ahnen, dass er in Wirklichkeit ein taffer Kommissar war und die bösen Jungs fing.

»Aber …«

»Keine Widerrede«, empfahl er mir mit den Lippen direkt an meinem Ohr.

Jetzt erinnerte ich mich auch wieder, dass ich gestern wie ein Häuflein Elend im Wohnzimmer auf der Couch gesessen und geheult hatte wie ein Schlosshund. Hatte ich angekündigt, den Campingplatz aufzugeben? Nie wieder aus dem Schlafzimmer zu kommen? Und mich fortan nur noch von Geleebananen und Blätterkrokanteiern zu ernähren?

»Du brauchst ein paar Tage Erholung«, erklärte Jonas mir.

»Wer sagt das?«, fragte ich, noch immer in der Umarmung gefangen.

»Na ja, jeder«, antwortete er vage.

Also alle Hirschgrundis, nahm ich an. Und er. Und vermutlich die von der Bäckerei Meierbeck und die von den Stöckls, der Brauerei. Und allen voran der Gröning, der sich bestimmt seines Lebens nicht mehr sicher fühlte.

»Geh einfach ein bisschen schwimmen«, sagte er, als das Telefon schon wieder klingelte. »Oder ins Café frühstücken.«

Das war natürlich ein fantastisches Angebot. Mein Blick schweifte zwar erst einmal in den Campingladen – hatte ich nicht vorgehabt, das Süßigkeitenregal neu zu bestücken? –, aber Jonas warf mir einen tadelnden Blick zu, und ich lief brav nach oben, um zu duschen und mich anzuziehen.

Im Café war die Terrasse voll besetzt. Evelyn begrüßte mich mit einem Käffchen. Ich setzte mich an den Tresen, wo sie mir ein sahniges Beerenmüsli vor die Nase stellte und mit einem Lächeln ein bisschen in Honig geröstetes Granola darüberstreute.

»Ich bin gestern eskaliert«, sagte ich etwas betreten.

»Hm«, machte sie nur und nickte.

Durch das Fenster konnte ich sehen, dass der Gröning gerade an den Strand kam. Er hatte seine Badehose an und stellte sich ins Wasser. Mit einer Hand massierte er sich ein wenig sein Brustbein.

»Ich habe den Gröning wiederbelebt«, brachte ich geknickt hervor, als ich ihn dort stehen sah.

»Ja«, nickte Evelyn und stellte ein kleines Glas Wasser auf das Tablett mit einem ihrer Low-Carb-Frühstücke. »Bin gleich wieder da.«

Ich starrte mein Frühstück an, bis Elias, der Enkelsohn der Hetzeneggers, sich zu mir gesellte.

»Kannst du der Oma sagen, dass man in den großen Ferien nicht Vokabeln lernen darf?«, fragte er mich.

»Ja«, sagte ich einfach mal so. Sagen konnte ich viel, aber ob das was brachte, wusste ich nicht.

»Darf ich meine Kameras beim Klohäusl aufhängen?«, wollte er dann noch wissen.

Eigentlich wäre es schon praktisch zu sehen, wer mir gerade am Campingplatz dazwischenpfuschte. Ich antwortet dennoch »Nein«, und nahm einen Schluck Kaffee.

Eine Weile starrten wir gemeinsam auf den Strand. Marvin hatte sich zum Gröning gesellt. Marvin war ein sympathischer junger Mann von etwa 28 Jahren mit wuscheligen dunklen Haaren, der mit seiner Freundin Janina zu Evelyns Podcast »Zu Gast in Evelyns Café« eingeladen war. Die letzten zwei Tage hatten sie damit verbracht, über Beziehungsprobleme zu reden, und das bei laufendem Mikrofon. Wie es gelaufen war, hatte Evelyn noch nicht berichtet. Sie machte gerade ein riesiges Geheimnis aus der Sache und wollte erst darüber reden, wenn die beiden die Aufnahmen gehört und freigegeben hatten. Sowohl Marvin als auch der Gröning sahen etwas angestrengt aus. Ich redete mir ein, dass es beim Gröning daran lag, dass Marvin eine Luftmatratze dabei hatte, die aussah wie ein männliches Geschlechtsteil. Aber vermutlich lag es an seinem Brustbein, das dank mir so schmerzte. Gerade kam die Vroni auf der Suche nach ihrem Enkelsohn hereingewirbelt.

»Ich fand’s toll, dass du gestern den Gröning wiederbelebt hast«, sagte Elias.

Das sollte wohl der Aufmunterung dienen.

»Ich finde das nicht toll«, murmelte ich, während ich beobachtete, wie die Vroni Elias von dem Thema abzubringen versuchte, indem sie sich zwischen ihn und mich schob.

»Ich glaube, der ist dir total dankbar«, machte Elias unbeirrt weiter.

Das bezweifelte ich, schließlich hatte er nur geschlafen und war furchtbar erschrocken.

»Das Tollste daran war, dass du dabei gesungen hast«, begeisterte sich Elias und summte ein bisschen »Highway to hell«.

»Das war wie in einem Lehrvideo«, nickte Evelyn, die gerade zurückkam. »Allerdings glaube ich, dass man das mit dem Singen nur gedanklich machen soll.«

Ich wurde rot. Das glaubte ich allerdings auch.

»Ja, das wissen wir ja jetzt alle«, unterbrach die Vroni das Gespräch. »Jetzt soll die Sofia mal schön frühstücken, und dann darf sie sich in meinen Liegestuhl legen.«

Evelyns Handy klingelte. »Hallo Jonas«, sagte sie und ergänzte nach einer Weile: »Nein, das Gruberhäusl ist gerade nicht frei. Janina und Marvin sind wahrscheinlich nicht als Übernachtungsgäste im Gruberhäusl eingetragen, weil sie dort wegen der Podcast-Aufnahme umsonst übernachten dürfen. Die machen hier ja nicht richtig Urlaub.«

Eine Weile sahen wir nur über den See. Ich beobachtete den Gröning aus Schuldbewusstsein und den Marvin wegen seiner grässlichen Luftmatratze. Marvin hielt ein großes rosa Trinkgefäß in der Hand und nahm einen Schluck. Dann platzierte er das rosa Teil in einem Getränkehalter an seiner Luftmatratze. Das Klientel, das solche Matratzen kaufte, nutzte die Halterung bestimmt für alkoholische Getränke, aber das nahm ich bei Marvin um diese Uhrzeit am Vormittag erst einmal nicht an.

»Ich hab dir eine Luftmatratze gekauft«, sagte Evelyn.

»Doch wohl hoffentlich nix Unanständiges«, fragte ich, schob mir einen Löffel Müsli in den Mund und genoss die sahnig-süße Beerenmischung.

»Ein Krokodil. Nichts ist besser, wenn man die Seele baumeln lassen will, als auf dem See zu treiben.«

»Ich könnte mir vorstellen, dass es mich total entspannt, Jonas beim Arbeiten zuzusehen«, erwiderte ich etwas träumerisch. Jonas war sowieso sehr schön anzusehen. Und während er meine Arbeit machte, war das doppelt schön.

»Er sieht total sexy aus hinter dem Tresen«, fand auch Evelyn. »Ich glaube, alle Frauen finden es total entspannend, ihm beim Arbeiten zuzusehen.«

»Deswegen lungern da auch lauter junge Frauen rum«, kritisierte die Vroni. »Du sollst Jonas trotzdem nicht beim Arbeiten zusehen. Ich pass schon auf, dass sich keine von denen an den Jonas ranmacht.«

»Na gut«, antwortete ich mit vollem Mund. Ich hatte diesbezüglich ohnehin keine Bedenken.

»Blas Sofia doch mal das Krokodil auf«, sagte Evelyn und warf Elias die bunte Verpackung zu, originalverpackt.

»Freddy, das Krokodil« stand darauf.

»So, gestern Abend habe ich es noch geschafft, die neue Podcast-Folge zu schneiden«, freute sich Evelyn. »Die ist jetzt nicht so geworden, wie ich das wollte, aber ich glaube, zwischendrin eine Folge mit weniger Pep ist durchaus in Ordnung.«

Evelyn hatte es mit Marvin und Janina endlich geschafft, andere Leute als Alex und mich zu ihrem Beziehungspodcast »Zu Gast in Evelyns Café« einzuladen.

»Wie hättest du die Folge denn gerne gehabt?«, fragte ich nach.

»Ganz viele Gespräche über Sex«, erklärte sie mir.

»Und das haben sie nicht geliefert?«, fragte ich erstaunt. »Das wundert mich. Von Leuten, die so unanständige Luftmatratzen haben, hätte ich gedacht, dass sie mehr auf Lager haben …«

»Ja, ich finde das auch komisch. Aber vermutlich ist es ein Unterschied, ob man darüber redet oder ob man nur ein Gummi-Statement zum Baden mitnimmt.«

Evelyn winkte ab. »Ich hab den Podcast auch noch nicht hochgeladen. Mal sehen. Ich stehe noch mit anderen Interessenten im Kontakt. Vielleicht nehme ich erst einmal ein paar Folgen auf, und lade dann erst hoch, wenn ein Knaller dabei ist.«

Sie grinste mich an. »So wie die Podcast-Folge von Alex und dir. Die ist echt gelungen.«

»Aber von hinten bis vorne gelogen«, wandte ich ein, und wieder winkte sie ab. Darauf kam es Evelyn nicht an. Gerade kam eine hübsche junge Frau mit riesigen chirurgisch aufgepeppten Brüsten und einem neongrünen Bikini an den Strand und tauchte ihre Zehen ins Wasser. Laura, die junge und sehr attraktive Frau von Günther Wittmann. Man sah die beiden kaum außerhalb des Wohnmobils.

»Die beiden müsstest du mal zum Podcast einladen«, schlug ich vor.

»Ja, die sind auf Sexurlaub«, grinste Evelyn. »Oder hast du die jemals gemeinsam am Strand oder beim Essen gesehen?«

»Nein«, winkte ich ab. »Aber so genau will ich das gar nicht wissen.«

»Meine Zuhörer schon«, mutmaßte Evelyn. »Die würden das gerne bis ins allerletzte Detail wissen. Seit wann verheiratet, wie groß der Altersunterschied, welche Sexpraktiken. Ich würde mal sagen, der ist mindestens dreißig Jahre älter. Und ganz wild auf sie.«

Vroni zischelte ungehalten dazwischen. Sie war sehr um ihren Enkel besorgt, aber der war mit dem Aufblasen des Gummikrokodils beschäftigt und mit seinen Überlegungen, wie er das verhasste Vokabellernen vermeiden konnte. Denn sehr viel lieber las er gerade das Buch einer Forensikerin über das Sterben, sogar jetzt während des Pustens. Währenddessen frühstückte ich zu Ende und hörte der Vroni dabei zu, wie sie über die Leute am Strand lästerte, die nichts Besseres zu tun hatten, als ihren Müll einfach fallen zu lassen.

»In jeder Minute sterben ungefähr dreihundert Millionen unserer Zellen«, informierte uns Elias, als er gerade eine Pustepause einlegte.

»Und dann diese unanständige Luftmatratze«, ignorierte Vroni das, was ihr Enkel uns vorlas.

»Spermien leben nur drei bis fünf Tage«, fiel Elias beim Thema Penis-Matratze ein.

»Wieso hast du eigentlich in Bio eine fünf, wo du so viel weißt?«, unterbrach ihn seine Großmutter erregt. »Kannst du das nicht dem Lehrer sagen?«

Statt uns, aber das sagte die Vroni nicht.

»Ich mache schon viel mündliche Mitarbeit«, sagte Elias freundlich. »Aber das letzte Mal habe ich dann einen Verweis bekommen.«

»Weil du gesagt hast, dass deine Spermienqualität vielleicht nicht in Ordnung ist, weil dein Handy direkt neben …« Vroni verschluckte den Rest des Satzes.

Evelyn grinste. Ich grinste. Elias reichte mir Freddy, das Krokodil.

Nach dem Frühstück ging ich mit Freddy unterm Arm zum Haus, um mir meinen Bikini anzuziehen. Vorher wollte ich Jonas doch noch ein bisschen dabei zusehen, wie er meine Arbeit erledigte. Vielleicht konnte ich ihn hier und da ein wenig unterstützen, schließlich hatte ich inzwischen richtig viel Erfahrung im Umgang mit dem Computersystem. Aber Jonas schob dem gleich einen Riegel vor: »Traust du mir das nicht zu?«

»Natürlich«, widersprach ich. »Du machst das fantastisch. Hast du gesehen, dass du dir die freien Plätze anzeigen lassen kannst, wenn …«

»Ja«, unterbrach er mich erneut. »Geh Baden.«

»Und wenn man sich anzeigen lassen will, ob eine Verlängerung möglich ist, dann …«

»Jaja«, machte er wieder. »Wenn ich was brauche, rufe ich einfach an.«

»Wen denn, wenn ich auf dem See herumschaukle?«, fragte ich.

»Elias«, verriet er mir. »Der bekommt alles ruckzuck heraus.«

»Das stimmt. Beim Ermitteln ist er auch sehr fix«, antwortete ich spitz. »Wenn du also etwas über gescheite Ermittlungen wissen willst …«

Jonas hob eine Augenbraue wegen der Retourkutsche.

»Also im Fall des Falles«, meinte ich. »Er hat ein Forensik-Buch geschenkt bekommen, seitdem lässt er uns an seinem übergroßen Wissen teilhaben.«

»Schön«, antwortete Jonas und wedelte mit den Händen, als wollte er eine lästige Fliege vertreiben. »Mit den Hunden war ich übrigens auch schon draußen. Jetzt geh schon!«

Brav wie ich war, lief ich durch den Campingladen auf die Terrasse, wo meine Schwimmsachen zum Trocknen hingen. Ich nahm das Rosenblüten-Handtuch meiner Nonna von der Leine und meinen pinkfarbenen Bikini. Milo schlurfte an mir vorbei und trottete am Gartenzaun entlang, der meinen Garten vom Campingplatz trennte.

»Milo!«, rief ich, aber weil mein alter Hund schwerhörig war, schlurfte er einfach weiter bis zu der Stelle, wo eine Zaunlatte fehlte.

Ich lief ihm nach, um ihn davon abzuhalten, sich durch den Zaun zu zwängen.

»Jetzt komm schon«, sagte ich. »Wir gehen vorne rum!«

Er sah mich mit wässrigen Augen an, und ich warf einen kurzen Blick auf den Stellplatz direkt hinter dem Zaun. Als Kind war ich dort immer über den Zaun geklettert, wenn mir Nonna verboten hatte, schwimmen zu gehen, und ich mich trotzdem mit meinem Jugendfreund Alex verabredet hatte. Da konnte ich dann so tun, als wäre ich im Garten gewesen, in Wirklichkeit war ich dem wachsamen Auge meiner Nonna entgangen. Vermutlich saß deswegen die Zaunlatte so locker.

Dieser Schleichweg führte zwar über einen Stellplatz, aber schon zu Zeiten meiner Nonna war der nicht oft belegt gewesen. Schließlich handelte es sich um ein kleines Eckplätzchen, auf dem man mit einem normal großen Wohnwagen nicht stehen konnte. Erst wenn der Campingplatz voll besetzt war, waren die Camper mit so einem Platz einverstanden.

Aber weit gefehlt! Auf dem Platz stand erstaunlicherweise ein niedriges grünes Einmannzelt! Da musste jemand heute wirklich sehr früh angekommen sein. Ich packte Milo am Halsband.

»Nun komm schon«, munterte ich ihn auf. »Ich bring dich zu Evelyn.«

Im Café konnte Milo seiner Lieblingstätigkeit nachgehen: Gäste so lange mit traurigem Blick anstarren, bis sie sich seiner erbarmten und erkannten, dass er gerade kurz vor dem Hungertod stand! Milo ging nun brav mit mir mit.

Nachdem ich mir schnell in der Wohnung meinen pinkfarbenen Bikini angezogen und mich in das alte Badehandtuch von Nonna gewickelt hatte, flipflopte ich Richtung Strand. Vor mir tobten meine Hunde Clärchen und Lola, hinter mir latschte Milo. Ich begegnete dem Hetzenegger, der anscheinend wieder auf Spionage-Tour war. Er machte mit dem Kopf eine Bewegung in Richtung Platz 42.

»Wieso der campt, ist mir ein großes Rätsel«, erklärte er mir. »Ich wollte mich ein bisschen unterhalten, und da hat er gesagt, er hätte keine Zeit.«

Mein Blick wanderte zu dem Typen auf Platz 42, der ganztags vor seinem winzigen Wohnwagen saß. Ich konnte mich auch an seinen Namen erinnern, weil er einen französischen Vornamen und einen deutschen Nachnamen hatte, André Baumann.

»Lässt du jetzt mal die Sofia in Ruhe mit deinem Gemecker!«, mischte sich die Vroni ein, die eilig angelaufen kam. »Die soll sich jetzt keinen Kopf machen, wegen nichts!«

»Wegen nichts«, nickte Hetzenegger zackig. »Tschuldigung. Ich dachte, das interessiert sie.«

»Das interessiert mich auch«, sagte ich, und wir gingen zu dritt Richtung See. Den Mann von Platz 42 hatte ich gestern und vorgestern auch schon beobachtet, er war vielleicht um die sechzig und bereits vollständig ergraut. Sein Bauch war total prall, gespannt wie eine Trommel, auf der seine Brüste lagen. Sein Gesichtsausdruck war stets angestrengt. Die meiste Zeit hielt er eine absurd große Fliegenklatsche in der Hand und schien nur darauf zu warten, dass endlich ein Insekt vorbeikam, das er erschlagen konnte. Da konnte man nur hoffen, dass der Gröning das nicht zu Gesicht bekam, denn den machte die unnötige Insektentöterei ausgesprochen aggressiv!

Dass der Mann keine Lust auf eine Unterhaltung hatte, fand ich auch seltsam. Schließlich saß er den ganzen Tag vor seinem riesigen dunklen SUV und einem gemieteten Wohnwagen, der absolut süß aussah, weil er so winzig war. Gerade klatschte er in die Hände, um die Tauben über sich in den Birken zu verscheuchen.

»Ich vermute mal, dass er ein Straftäter ist«, meinte die Vroni. »Er trägt nämlich eine Fußfessel.«

Kapitel 2

»Eine Fußfessel?«

Ich drehte mich hastig um, und Vroni stoppte mich energisch.

»Nicht hinsehen!«, flüsterte sie. »Sonst bemerkt er doch, dass wir es wissen.«

»Also, ich darf nichts sagen, damit sich Sofia nicht aufregt, und du erzählst ihr so einen Schmarrn!«, beschwerte sich der Hetzenegger.

»Das ist kein Schmarrn. Hast du nicht gesehen, was er ständig um seinen Knöchel trägt?«

»Nein«, sagte der Hetzenegger. »Aber Leute mit Fußfessel dürfen doch nicht einfach Urlaub machen.«

»Der macht auch keinen Urlaub. Hast du gesehen, wie der schaut?«

»Als hätte man ihm ins Bier gespuckt«, sagte der Hetzenegger.

Ich lachte, und die beiden sahen mich mit hochgezogenen Augenbrauen an

»Der hat sich halt den Campingurlaub anders vorgestellt«, schlug ich vor.

Das kam häufiger vor, dass jemand sehr idyllische Vorstellungen vom Campen hatte und dann feststellen musste, dass ein Gewitter im Zelt nur halb so romantisch war, wie man sich das in seinen Träumen ausgemalt hatte. Oder bemerkte, dass eine kleine Wanderung zum Klohäusl mitten in der Nacht, wenn man sehr dringend musste, doch nicht so der Brüller war.

Auf Höhe des Geschirrspülhäuschens drehte ich mich nun doch um, um einen Blick auf die elektronische Fußfessel des Campers zu werfen. Aber jetzt stand vor dem Wohnmobil nur der leere Klappstuhl. Wahrscheinlich musste auch jemand wie er mal aufs Klo gehen.

Das gestrige Fiasko schien weit entfernt zu sein, als ich endlich Freddy, das Krokodil, auf die Wasseroberfläche legte. Der Hetzenegger hatte ein neues Opfer gefunden, mit dem er über das Campen fachsimpeln konnte: Günther Wittmann, der mit seiner Frau auf unserem Campingplatz Sexurlaub machte – zumindest Evelyn zufolge. Er war schon locker sechzig und schien sich an der Seite seiner achtundzwanzigjährigen Frau sehr jung zu fühlen. Da seine Frau gerade eine Runde schwamm, hatte er sich auch mal aus dem Camper bemüht.

»Ich bin froh, dass ich überhaupt Urlaub machen kann«, erklärte Günther gerade. »Sehen Sie das hier?«, wir sahen alle brav auf seine Schulter, auf der man noch rote Narben erkennen konnte. »Da ist mir vor zwei Jahren beim Skifahren vom Schlepplift ein Metallteil draufgesprungen. Ich hätte tot sein können, wenn mir das auf den Kopf geschnellt wäre! So hatte ich nur eine schwer verletzte Schulter.«

Der Hetzenegger nickte. Solcherart Geschichten begeisterten ihn nicht sehr.

»Nur ist gut gesagt! Das hat ewig gedauert, bis es geheilt war. Wahrscheinlich wegen des Schlüsselbeins«, prahlte Günther begeistert über seine Verwundungen. »Und wie dann alles verheilt war, knax …«

Wir starrten ihn an. Knax was?

»Ist das Schlüsselbein noch einmal gebrochen. Der Arzt hatte mir zwar gesagt, dass ich bestimmte Tätigkeiten nicht mehr ausführen dürfe, aber ich dachte, das wäre schon o. k. …«

Bestimmte Tätigkeiten? Ich wollte lieber nicht spekulieren.

Der Hetzenegger indes hatte keine Schwierigkeiten damit, nachzufragen.

»Welche Tätigkeiten?«

»Schneeräumen«, erklärte uns Günther strahlend.

Nun gut, vielleicht hatte ich einfach eine viel zu schmutzige Fantasie! Günther machte weiter mit seinen Krankheitsschilderungen, die unerträglichen Schmerzen nach dem Schneeräumen, die er gar nicht richtig gedeutet hatte, und ich nutzte die Gunst der Stunde, um mich zu verdünnisieren. Der Hetzenegger konnte sich das ruhig alles anhören, ich aber war überanstrengt und erholungsbedürftig!

Mit einem wohligen Seufzen ließ ich mich endlich mit der neuen Luftmatratze in das Wasser gleiten. Am Ende der Saison war der Hirschgrunder See meist sehr warm, und auch ein paar kühlere Tage ließen die Temperatur kaum sinken.

Obwohl ich letzte Nacht zwölf Stunden geschlafen hatte, fühlte ich mich unglaublich müde. Tatsächlich war ich total dankbar, dass mir Jonas und meine Camper ermöglichten, einfach mal nichts zu tun. Und Evelyn hatte recht, auf der Luftmatratze über den See zu schaukeln war ein Traum. Eine Weile ruderte ich mit den Armen, dann ließ ich mich einfach treiben. Dabei ließ ich die Augen halb geöffnet und beobachtete, wie der Gröning noch immer im Wasser stand und die Natur um sich herum beobachtete. Das konnte der stundenlang machen, bis zu den Knien im Wasser stehend, die Arme vor der Brust verschränkt, nach Vögeln und Libellen Ausschau haltend.

Dann beobachtete auch ich die Natur. Die blauen und grünen schlanken Libellen, die im Tandem flogen oder bewegungslos über dem Wasser zu schweben schienen und mir dann rückwärts fliegend auswichen.

Auch Marvin schien sich auf seiner grässlichen Luftmatratze zu entspannen. Seine Frau hatte sich gestern unglaublich aufgeregt, weil seine Kumpels ihm zum Geburtstag die Penisluftmatratze geschenkt hatten und er es auch noch wagte, sie zu benutzen. Gerade lag er mit dem Kopf zwischen den ballartigen Erhebungen, was mir etwas zu unanständig gewesen wäre.

In der Halterung für Bierdosen wippte die rosa Plastikwasserflasche, auf der mit länglichen Buchstaben RIEGEL stand. Wahrscheinlich gehörte die eigentlich seiner Freundin.

Ich schloss wieder ein wenig die Augen, vielleicht auch ein bisschen länger, und schaukelte dahin. Aus der Ferne hörte ich die Kinder am Strand schreien und kreischen, aber je weiter man davon weg trieb, desto leiser wurden die Geräusche. Ich schreckte erst wieder auf, als mein herabhängender Arm an etwas stacheligem entlangschrabbte.

Nixenkraut!

Der Gröning wäre jetzt bestimmt stolz auf mich, wenn er wüsste, dass ich mir sogar gemerkt hatte, wie die kratzige Wasserpflanze hieß! Ich ruderte ein wenig rückwärts, um wieder aus dem Uferbereich herauszukommen. Eine seltene Pflanze, hörte ich die Stimme vom Gröning in meinem Kopf. Als ich mich zum Strand drehte, bemerkte ich, dass ich ganz schön weit entfernt war, dass der Hetzenegger es auch geschafft hatte, sich zu verdünnisieren, und Günther jetzt an der Stelle vom Gröning im Wasser stand. Genau wie dieser hatte er die Arme vor der Brust verschränkt und ließ den Blick über den See schweifen. Der Gröning stand inzwischen am anderen Ufer und verschränkte dort die Arme vor der Brust.

Im Gegensatz zum Gröning hatte Günther jedenfalls kein Interesse an Libellen. Er sah in die Ferne. Mir fielen die Augen fast wieder zu, und ich beobachtete ziemlich dasig im Kopf die Vroni, die in ihrem Liegestuhl saß, und die Schmidkunz, die in einem Buch las. Günthers Frau war nicht mehr am Strand zu sehen, wahrscheinlich war sie wieder im Camper, aber Janina kam gerade herbeispaziert, mit dem Telefon am Ohr, und sah in die Runde. Vermutlich suchte sie Marvin. Ich drehte mich träge mit Freddy in die andere Richtung und bemerkte, dass auch Marvin auf seiner unanständigen Matte ziemlich vom Kurs abgekommen war.

Man trieb eigentlich fast automatisch ans Ufer, wenn man sich der Brücke näherte, vielleicht weil es doch eine gewisse Strömung im See gab. Beim letzten Sturm war zudem eine große Kiefer in den See gestürzt, direkt gegenüber vom Campingplatz, in der lauschigen Bucht. Genau dorthin wurde Marvin getrieben. Auch er lag auf dem Bauch, und seine Arme waren heruntergerutscht und hingen im Wasser. Bald würde er in den Ästen des umgefallenen Baumes landen. Ich wusste, dass auch in dieser Bucht das Nixenkraut wucherte, und ich war mir sicher, dass er aufwachen würde, sobald seine Arme das Kraut berührten. Ich dagegen war wieder weit genug vom zugewucherten Ufer entfernt und schloss die Augen.

Ich musste wirklich richtig fest eingeschlafen sein, denn ich schreckte davon auf, dass ich Vronis Stimme hörte.

»Sofia? Sofia? Alles in Ordnung?«

Ich blinzelte ein bisschen in die Sonne. »Ja, alles in Ordnung!«, rief ich zurück. »Ich komme!«

Als ich mich umsah, bemerkte ich, dass mir die Vroni von der Terrasse aus zuwinkte. Ich hob noch die Hand, um zu signalisieren, dass wirklich alles in Ordnung war. So richtig zwar nicht, denn ich merkte, dass ich einen richtigen Brummschädel hatte, als hätte ich am Vortag viel Alkohol getrunken. Vielleicht war ich auch nur ein bisschen zu lange in der Sonne herumgetrieben. Da mir der Magen knurrte, war es vermutlich auch schon spät.

»Du brauchst einen Sonnenhut«, hörte ich die Vroni rufen, wobei ich nicht wusste, ob sie damit mich meinte oder Elias. Die Vroni war ja grundsätzlich um jeden besorgt.

Als ich Richtung Ufer paddeln wollte, drehte sich Freddy, das Krokodil, erst in die Gegenrichtung, und mein Blick fiel auf Marvin und seine Penis-Matratze. Inzwischen war er ganz zwischen die Äste der umgefallenen Kiefer getrieben, ein Bein war von der Matte gerutscht und schien sich in einem Ast verhakt zu haben.

Was machte der Typ denn nur? Er musste einen gesegneten Schlaf haben, wenn ihn weder die Äste der Kiefer noch das Nixenkraut aus dem Schlaf rissen!

Ich wollte mich schon wegdrehen, aber der Anblick machte mich nun doch stutzig. Durch mein Herumgepaddel hatte ich nämlich einen gewissen Wellengang erzeugt, und im Takt dieser Wellen schaukelte die Penis-Matratze auf und ab, und Marvins Arm schaukelte im Gleichtakt an dem Kiefernast entlang. Ich blinzelte gegen die helle Sonne an und wartete darauf, dass Marvin zusammenzuckte.

Kapitel 3