2,99 €
Der erste Gedichtband von Tom Schillerhof
Das Buch handelt von Liebe und Beziehungen, Verlust und Nostalgie. Es geht um die unerfüllten Träume kaputter Existenzen, die ziellos durch die nächtlichen Straßen der Großstädte streifen und ihren Kummer allein in dunklen Bars ertränken. Es geht um kritische Momente, selbstzerstörerische Stimmungen und um die Hoffnung auf einen besseren Morgen.
Inhalt:
Jetzt live – direkt aus der Bar
Champagner
Tage des Malens und des Sterbens
Der Gekko
Sie haben ihn begraben
Eine andere Zeit
Begegnungen in Tokio
Vier Wände
Wenn einer stirbt, sterben sie alle
Durch die Nacht I
Durch die Nacht II
Hinter dem Fenster
Neonreklamen
An der Rezeption
Xanadu
Sammen i himlen
Ein guter Drink
Im Hotel
Mitternacht
Pappe
Der Rausch
Nachts im Bus
Kaffee
Mehr von diesem Autor
»Hinter dem großen Glas: 23 Gedichte«
»Ein Student – Schreie aus der Anstalt Bologna: 33 Gedichte«
»Aufzeichnungen vom Scheitern: 23 Gedichte«
»Urlaub von allem: 23 Gedichte«
»Tagebuch eines Besiegten: 23 Gedichte«
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2019
Der Wahnsinn, den die
Nacht erschafft: 23 Gedichte
vonTom Schillerhof
Texte Copyright © 2014 Tom Schillerhof
Alle Rechte vorbehalten
Weitere Gedichtbände:
»Hinter dem großen Glas: 23 Gedichte«
»Ein Student – Schreie aus der Anstalt Bologna: 33 Gedichte«
»Aufzeichnungen vom Scheitern: 23 Gedichte«
»Urlaub von allem: 23 Gedichte«
»Tagebuch eines Besiegten: 23 Gedichte«
»Champagner vom Balkon: Sammelband«
Die Musik spielt einen leichten
Swing aus dem Jahr 1956.
Auf dem Hocker sitzt es sich
überaus bequem und ein paar
Gesichter sprechen leise im
Hintergrund. Ich genieße es,
dass nichts passiert, außer,
dass mir der Mann hinter der
Theke ein neues Glas hinstellt.
Das kühle Glas hinterlässt einen
kleinen Ring auf dem Holz.
Ich schwenke das Glas leicht herum
und höre zu, wie die Eiswürfel darin
klimpern. Der Tag erscheint mir nun
recht angenehm. Das Verhältnis
zwischen mir und der Welt
wird besser. Alles wird leicht,
als tänzelt man fast schwerelos,
sorgenlos.
Es braucht nur ein paar Drinks,
da bin ich plötzlich ein begnadeter
Crooner und kenne die Melodien,
die die Frauen dahinschmelzen lassen,
zu denen jeder mit dem Fuß wippt.
Ich werde zum Schauspieler und kenne
die Texte, die die Menschen da draußen
berühren. Ich bin ein bekannter Künstler
und ein großer Philosoph. Das, was ich
zu sagen habe, erscheint nun wichtig,
ganz auf den Moment bezogen,
abseits von Moral und Pflicht.
Das gedimmte Licht ist das
Scheinwerferlicht, das auf meine Bühne
strahlt. In der kühlen, klaren Nacht
klatscht man mir mit ganzer Leidenschaft
Beifall. Ein paar Rosenblätter fallen vom
Himmel herab und landen geradewegs
auf meinem lächelnden Gesicht.
Und wie ich hier so dasitze, fernab von
draußen, wo das Übel der Welt haust
und die Kranken zum letzten Mal in
den Spiegel schauen, der fleißige Kerl
von nebenan das Ende seiner Nachtschicht
herbeisehnt, das alte Paar sich hinter
vorgezogenen Gardinen wegen
Belanglosigkeiten anschreit und die
Wahnsinnigen ihre Messer wetzen,
dann schau ich mir noch einmal die
reinen, vollkommenen Facetten
des Ringes auf dem Holz an.
Der Kreis ist die perfekte geometrische
Figur – kein Anfang, kein Ende.
Ich kippe das Glas runter, bestelle einen
neuen Drink und wippe mit den Füßen
zur Musik, ganz locker und
leicht.
Ich schenke mir einen guten Kelch
voll, nach einem weiteren endlosen
Tag voller kleiner Tragödien,
die ich auf schnellstem Wege zu
vergessen versuche.
Der kühle Champagner sprudelt
empor, kleine Luftbläschen entstehen,
steigen hinauf an die leuchtende Oberfläche,
die von meiner Schlafzimmerlampe in der
Dunkelheit geschaffen wird.
Ich lebe für diese stillen Augenblicke, in
denen man ganz für sich allein sein kann.
Die Nacht ist wunderschön.
Mittlerweile schlafen die meisten, die ich
kenne und die meisten, die ich
verabscheue. Endlich halten sie
den Mund.
Morgen, wenn sie aufwachen,
werden sie wieder zu reden anfangen,
stundenlang, bis zum späten Abend
werden sie Belanglosigkeiten austauschen,
bis ihnen der Mund fusselig wird.
Was für ein abstoßender Vorgang.
Doch die Nacht gehört den Wahnsinnigen,
den Süchtigen. Ich trinke mein Glas und
denke an bessere Zeiten. Da gibt es ein
paar Momente, an die ich mich erinnern
kann, ohne dass es mir Übel aufstößt,
ein paar grandiose Augenblicke, die mir
wirklich etwas bedeutet haben.
Ich will verdammt sein, wie bin ich nur
hier hergekommen?
Mein Leben sollte das Zeugnis eines
ewig Wahnsinnigen sein,
von all der Leidenschaft schon halb
aufgefressen, ein Feind der Allgemeinheit,
vollkommen kaputt und zerstört,
aber doch irgendwie glücklich. Und nun
sitze ich hier und sehe mir selbst dabei
zu, wie ich mich allein in der Dunkelheit
betrinke.
Ich bin einer von ihnen, ein Idiot unter
Tausenden, der harmlose Nachbar von
nebenan, verwechselbar auf der Straße,
vollkommen austauschbar und verzichtbar.
Ach, zum Teufel damit!
Immerhin lebe ich noch.
Das können längst nicht alle von sich behaupten.
Statt also an die Unausweichlichkeit des
Todes zu denken, schenke ich mir lieber
ein neues Glas ein und bewundere die feinen
Luftbläschen, die so eifrig an die Oberfläche
sprudeln. Wer wird sich denn aufregen,
wenn es doch so viel Schönheit zu sehen gibt?
Ich will verdammt sein, wenn die da draußen
es schaffen, dass ich irgendwann
aufstecke – das könnt ihr vergessen.
Ich werde das Feld niemals den
gesichtslosen Geiern überlassen.
Die geflügelten Ungeheuer kommen aus
der Dunkelheit der Nacht und fliegen
an meiner Zimmerdecke entlang.
Doch das ganz in Gold getränkte Glas
gibt mir zu verstehen, dass es
keinen Grund gibt, zu zweifeln.
Ich muss mich nur daran erinnern,