Der Wald der Gehenkten - Liviu Rebreanu - E-Book
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Der Wald der Gehenkten E-Book

Liviu Rebreanu

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Beschreibung

Erster Weltkrieg: An der russischen Front wird ein Soldat hingerichtet. Man hatte ihn überführt, als er zum Feind überlaufen wollte. Leutnant Apostol Bologa aus Siebenbürgen ist unter den Mitgliedern des Kriegsgerichts, das für das Urteil verantwortlich ist. Ein Jahr später wird Bologa selbst unter dem Galgen stehen, angeklagt der Desertion, weil er sich weigerte, auf seine eigenen Landsleute schießen zu lassen. Er opfert sich und verliert alles – seine Familie, seine Karriere, seine Liebe zu Ilona. Mit epischer Wucht und suggestiver Kraft zeichnet Liviu Rebreanu das Schicksal seines eigenen Bruders nach – ein Klassiker der Weltliteratur aus Rumänien und eine große Wiederentdeckung.

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Im dritten Jahr des Ersten Weltkriegs wird an der russischen Front ein Soldat hingerichtet. Man hatte ihn überführt, als er zum Feind überlaufen wollte. Der siebenbürgische Leutnant Apostol Bologa ist unter den Mitgliedern des Kriegsgerichts, das für das Urteil verantwortlich ist. Ein Jahr später wird der skrupulöse Bologa selbst unter dem Galgen stehen, angeklagt der Desertion, weil er sich weigerte, auf seine eigenen Landsleute schießen zu lassen. Er opfert sich und verliert alles – seine Familie, seine Karriere, seine Liebe zu Ilona.

Liviu Rebreanus 1922 erschienenes Buch gilt als erster moderner Roman der rumänischen Literatur. Mit epischer Wucht und suggestiver Kraft zeichnet er das Schicksal seines eigenen Bruders nach, der 1917 von einem k. u. k. Militärgericht zum Tod verurteilt wurde.

Zsolnay E-Book

Liviu Rebreanu

Der Wald der Gehenkten

Roman

Aus dem Rumänischen von Georg Aescht

Mit einem Nachwort von Ernest Wichner

Paul Zsolnay Verlag

Dem Gedenken an meinen Bruder Emil, der im Jahre 1917 an der rumänischen Front von den Österreichisch-Ungarischen hingerichtet worden ist.

Erstes Buch

1

Unter dem grauen Herbsthimmel, der wie eine riesige Glocke aus Rauchglas alles überwölbte, reckte der neue, am Dorfrand errichtete Galgen seinen Arm mit dem Strang feindselig hinaus auf das schwarze Feld, aus dem hier und da kupferrote Bäume emporstachen. Unter der Aufsicht eines gedrungenen dunkelhäutigen Gefreiten und unterstützt von einem Bauern mit bartstoppligem geröteten Gesicht hoben zwei alte Soldaten das Grab aus, wobei sie häufig in die Hände spuckten und bei jedem Krampenschlag vor Mühsal ächzten. Aus der Wunde in der Erde förderten die Totengräber klebrigen gelben Lehm zutage.

Der Gefreite zwirbelte seinen Schnurrbart und spähte abschätzig in die Runde. Zwar suchte er sein Missfallen zu verhehlen, aber der Ausblick widerte ihn an. Zur Rechten lag der Soldatenfriedhof, mit Stacheldraht eingezäunt, die Gräber mit frischen, einheitlich weißen Kreuzen ausgerichtet wie zur Parade. Wenige Schritte weiter links lag der Dorffriedhof, von Dornensträuchern gesäumt, mit wenigen krummen, verwitterten Kreuzen, ohne Tor, als wäre seit langem kein Toter mehr dorthin gekommen und sollte auch keiner mehr kommen … Das Dorf Zirin, wo die Infanteriedivision im Quartier lag, duckte sich unter Rauch- und Nebelschwaden, aus denen gerade noch etliche entlaubte Bäume scheu ihre weitverzweigten Kronen reckten und ein paar Strohdächer sowie der von einer Granate gespaltene Kirchturm ragten. Nach Norden hin sah man die Ruine des Bahnhofs und die Bahnlinie, deren Damm sich scheinbar ohne Anfang und Ende vor den Horizont schob. Die Straße, die sich wie ein Band durch die trostlose Landschaft zog, führte vom Westen her durch das Dorf geradewegs zur Front.

»Ein hässliches Land habt ihr, Muschkote«, sagte unvermittelt der Gefreite, zu den Totengräbern gewandt, und musterte feindselig den Bauern, der innegehalten hatte, um zu verschnaufen. »Hörst du? … Land … Landschaft … Njet schön!«, fügte er hinzu, wobei er mit der Hand in die Umgebung wies und absichtsvoll radebrechte, um sich besser verständlich zu machen.

Der Bauer glotzte ihn verlegen an, grinste untertänig und brummte etwas auf Russisch.

»Der versteht die nicht, Herr Gefreiter, unsere Sprache«, sagte darauf einer der Soldaten und richtete seinen Rücken gerade.

»Es ist ja auch nicht ihre Schuld, dass das Land kläglich ausschaut«, setzte der andere Soldat gleich hinzu und stützte sich auf die Schaufel.

Mit überaus abschätzigen Blicken maßen nun alle drei Soldaten den Bauern, der, da er die fremden Worte nicht verstand, sein Haupt beschämt zu der etwa einen halben Meter tiefen Grube mit gelbem Boden senkte.

»He, wieso steht ihr da herum? Ist euch nach Faulenzen zumute?«, brüllte der Gefreite los, als er sich besann. »Soll das vielleicht ein Grab sein? Schämt ihr euch nicht? … Der Zug kann jeden Augenblick da sein … Und das Grab ist nicht fertig! … Soll ich etwa euretwegen in Teufels Küche geraten? … Los! Ran an die Arbeit, starr mich nicht so an!«

»Recht habt Ihr, Herr Gefreiter«, brummte einer der Soldaten und ließ die Spitzhacke auf einen Stein krachen. »Was das aber auch für ein Kriegsdienst ist, Gefreiter … Wir als Totengräber … Das ist ja …«

Die Männer machten sich diensteifrigst wieder an die Arbeit, worauf der Gefreite, nunmehr begütigt, wieder etwas freundlicher antwortete: »Im Krieg muss der Soldat allerhand tun, Krieg ist halt Krieg … Ob hier oder an der Front oder im Spital, überall gilt der Krieg. Wieso sagst du denn nicht besser, dass wir noch Glück gehabt haben mit der Verspätung? … Was, wenn die um vier gekommen wären, laut Befehl? Wir wären alle des Teufels gewesen … Alles, was recht ist, ich bin ein alter Soldat, aber das habe ich noch nicht erlebt, dass sie Menschen so aufhängen, wenn es fast schon dunkel ist …«

Unvermittelt hielt er inne. Sein Blick war an dem Galgen hängen geblieben, dessen Arm die Männer in der Grube zu bedrohen schien. In diesem Augenblick begann der Strang sanft zu pendeln … Den Gefreiten überlief es kalt, schnell wandte er sich ab. Jetzt aber erblickte er die weißen Kreuze in Reih und Glied auf dem Soldatenfriedhof, machte verdutzt kehrt und hatte wieder die Gräber auf dem Dorffriedhof im Blick … Eine würgende Angst überkam ihn wie im Angesicht eines Gespenstes. Gleich darauf aber hatte er sich gefangen, spuckte verächtlich aus und brummte: »Was ist das auch für ein Leben … Wo man hinschaut, nichts als Tod und Gräber und Tote.«

Ein trauriger feuchter Herbstwind wehte von dem im Nebel hindämmernden Dorf herüber und trug auf seinen Schwingen den Nachhall erstickter Seufzer heran. Aus dem grauen Äther tropfte so viel Ödnis, dass es dem Gefreiten schwer wurde ums Herz, reglos und unverwandt starrte er auf den Kirchturm und merkte nicht, dass auf dem Pfad durch den Friedhof ein Offizier nahte. Er merkte erst auf, als er die Schritte vernahm. Da zuckte er zusammen, wandte sich zu den Totengräbern und sagte mit vor Aufregung belegter Stimme: »Macht voran, Jungs, da kommt ein Herr Offizier … Jetzt muss auch der Zug bald da sein … Ach, hätten wir’s doch hinter uns! … Wie auch immer, für Soldaten ist dies nichts!«

Zögerlich trat der Offizier heran. Der Wind fuhr ihm in die geblähten Mantelschöße, als wollte er ihn auf ein unerwünschtes Ziel zutreiben. Er war von mittelgroßer Statur und hatte etwas Bart, was ihm die Anmutung eines alteingesessenen Wachtmeisters verlieh, wenngleich er dem Aussehen nach nicht älter als 35 sein mochte. Unter dem flach ausladenden Stahlhelm erschien sein blasses rundes Gesicht zerquält, zumal die groß hervorquellenden braunen Augen, ohne zu zwinkern, mit gleichsam krankhaft fiebriger Neugier auf den Galgenbaum starrten. Der schmerzlich verzogene Mund mit den fleischigen Lippen bebte. Seine steifen Arme baumelten herab, als hätte er sie vergessen.

Der Gefreite salutierte vorschriftsmäßig und schlug krachend die Hacken zusammen. Der Offizier blieb einige Schritte entfernt stehen, erwiderte mit leichtem Nicken den Gruß und fragte, ohne den Blick von dem Strang zu wenden: »Für welche Uhrzeit ist die Hinrichtung anberaumt?«

»Das war für vier Uhr, melde gehorsamst, Herr Hauptmann«, sagte der Gefreite so laut, dass der Offizier gleich zu ihm hinsah. »Aber jetzt ist es schon fünf, und die sind noch immer nicht da.«

»Ja … ja«, murmelte der Hauptmann und senkte den Blick zu den Totengräbern, die schweigend mit zur Erde gebeugten Köpfen gruben. Dann fragte er abermals, etwas fester: »Und wer wird gehenkt?«

»Das können wir nicht wissen, Herr Hauptmann«, sagte der Gefreite leicht betreten. »Es heißt, es ist ein Herr Offizier, aber wir können’s nicht genau wissen …«

»Und was ist seine Schuld?«, hakte der Offizier nach und sah ihn forschend, fast böse an.

Der Gefreite war vollends verwirrt und antwortete zögerlich, mit einem bitter mitleidigen Lächeln: »Nun, Herr Hauptmann … Wie sollten wir das denn wissen? Im Krieg ist das Leben des Menschen wie eine Blume, die wer weiß weshalb ihre Blätter verliert … Sünden gibt es viele vor Gott dem Herrn, und die Menschen vergeben nicht.«

Der Hauptmann sah ihn lange an, gleichsam verwundert über seine Rede, und fragte nicht weiter. Als er jedoch den Blick hob und den Galgen sah, trat er ein paar Schritte zurück wie vor einem bedrohlichen Feind. Im selben Augenblick tönte von dem Weg aus dem Dorf eine befehlsgewohnt harte Stimme: »Gefreiter? … So weit fertig, Gefreiter?«

»Fertig, Herr Leutnant«, rief der Gefreite und machte kehrt, die Hand am Mützenschild.

Der Leutnant in enganliegender Ulanka mit Pelzkragen eilte fast im Laufschritt heran und redete ununterbrochen.

»Alles bereit, Gefreiter? Der Konvoi hat sich vorhin in Bewegung gesetzt und wird in einigen Minuten hier sein … Wo ist denn der Feldwebel? Wieso ist der nicht früher da? … Wenn schon ich, der ich nicht unmittelbar damit betraut bin, mir die Mühe mache …«

Unvermittelt schwieg er, als er den unbekannten fremden Hauptmann bemerkte, der ihn verunsichert ansah. Der Leutnant salutierte und schritt bis zum Rand der Grube, worauf er mit rauer Stimme aufgeregt losbrüllte: »Der Schemel, Gefreiter! Wo ist der? … Wieso vergisst du alles wie ein Trottel? … Was meinst du, wo soll der Verurteilte denn draufsteigen? … Was für Leute! So viel Gleichgültigkeit habe ich noch nie erlebt … Du stampfst sofort einen Schemel aus dem Boden, verstanden? Und in zwei Minuten bist du zurück! … Los, Bewegung, was hältst du noch Maulaffen feil?!«

Der Gefreite rannte in Richtung Dorf, während der Leutnant mit gedämpfter Stimme und einem Seitenblick zu dem abseits stehenden Hauptmann fortfuhr: »Mit solchen Leuten schlagen wir Europa nie … Wo kein Pflichtbewusstsein, da …«

Unablässig redend ging er an dem aus dem Stamm einer Tanne gezimmerten Mast vorbei bis unter den schlaff herabhängenden Strang. Die Grube nahm er mit missbilligendem Brummen in Augenschein, dann blickte er auf und packte das Seil über seinem Kopf mit beiden Händen, als wollte er es auf seine Festigkeit prüfen. Als er jedoch dem erschrockenen Blick des Hauptmanns begegnete, ließ er es fahren, betreten und verunsichert. Einige Augenblicke noch verharrte er unschlüssig auf der Stelle, dann ging er plötzlich geradewegs auf den Fremden zu und stellte sich vor: »Leutnant Apostol Bologa …«

»Klapka«, unterbrach ihn der Hauptmann und streckte die Hand aus. »Otto Klapka … Ich bin soeben angekommen, geradewegs von der italienischen Front … Auf dem Bahnhof habe ich gehört, dass Sie eine Hinrichtung haben, und bin hierher geraten, ich weiß selbst nicht wie …«

In der Stimme des Hauptmanns lag eine derart offenkundige Scheu, dass der Leutnant zu seinem Leidwesen spürte, wie die Beschämung von vorhin wieder aufkam, worauf er verstört mit bemühter Lockerheit sagte: »Sie sind also zu unserer Division versetzt worden?«

»Ja … Fünfziger, Feldartillerie …«

»Ach, gerade zu unserem Regiment«, rief Bologa mit unverstellter Freude. »Alsdann, willkommen!«

Das Gesicht des Hauptmanns hellte sich auf, als hätte ihm die Aufrichtigkeit des Leutnants das Bild eines neuen Menschen offenbart. Ihre Blicke, in denen Sympathie aufleuchtete, kreuzten sich. Einen Augenblick lang. Dann fuhr Klapka zusammen und fragte geradezu verängstigt: »Wer wird gehängt?«

In Apostol Bologas tiefliegenden blauen Augen leuchtete ein sonderbarer Stolz auf. Mit kaum verhohlener Geringschätzung antwortete er: »Ein tschechischer Unterleutnant, Svoboda … Ein großer Schandfleck für das Offizierskorps … Man hat ihn überführt, just als er zum Feind überlaufen wollte, ausgestattet mit Karten und Lageplänen. Eine Schande, empörend! … Nicht wahr?«, hakte er kurz darauf nach, weil Klapka schwieg.

»Nun ja … vielleicht«, sagte der Hauptmann beklommen.

Bologa empfand die zweifelnde Antwort als Herausforderung. Und er befleißigte sich einer Redseligkeit, die ihm offensichtlich nicht eigen war, wohl weil er um jeden Preis überzeugen wollte: »Ich hatte die Ehre, dem Kriegsgericht anzugehören, vor das er gestellt wurde, und infolgedessen … Im Übrigen hat er gar nichts abgestritten … Keine Rede, im Angesicht der eindeutigen Beweise wäre auch jegliche Verteidigung vergeblich gewesen … Er legte einen richtiggehend unerhörten Zynismus an den Tag. Die ganze Zeit über tat er den Mund nicht auf und wollte nicht einmal auf die Fragen des Vorsitzenden antworten … Abschätzig musterte er uns der Reihe nach, mit einer Art hochmütiger Verachtung … Selbst das Todesurteil empfing er grinsend und mit solchen Augen … Natürlich fürchten Menschen dieser Art nicht einmal den unehrenhaften Tod … Als sie ihn gestellt haben, eine von einem Offizier befehligte Patrouille in einem toten Winkel, da hat er sich erschießen wollen … Welcher Beweis wäre schlagkräftiger als der Selbstmordversuch? Das Gericht hat ihn ohne weitere Verhandlung einstimmig zum Tode verurteilt, so offen lag das Verbrechen zutage … Selbst ich habe, obwohl von überaus zweifelnder Wesensart, diesmal ein vollkommen ruhiges Gewissen, absolut vollkommen …«

Klapka, befremdet zumal durch den rauen Tonfall, murmelte: »O Gott … Beweise … Wo es doch um ein Menschenleben geht.«

Die schmalen, an den Mundwinkeln geschürzten Lippen des Leutnants verzogen sich in einem Gemisch aus Ironie und Verachtung: »Sie vergessen, Herr Hauptmann, dass wir uns im Krieg und an der Front befinden. Ein Menschenleben darf nicht das Leben des Vaterlandes gefährden! … Ließen wir uns von sentimentalen Bedenken leiten, müssten wir nach allen Seiten kapitulieren … Sie sind offenbar Offizier der Reserve, sonst würden Sie nicht so reden, über ein Verbrechen …«

»Ja, das stimmt«, pflichtete Klapka eilfertig bei. »Ich bin Rechtsanwalt gewesen, zu Friedenszeiten … Jetzt aber …«

»Auch ich bin Offizier der Reserve«, unterbrach ihn der Leutnant stolz. »Der Krieg hat mich aus der Mitte der Bücher gerissen, weg von der Universität, wo ich den Kontakt zum wirklichen Leben fast schon verloren hatte. Aber ich habe mich schnell besonnen und mir Rechenschaft gegeben, dass allein der Krieg wahrhaftig Energien schafft!«

Der Hauptmann lächelte, als hätte ihn die Antwort peinlich berührt, und sagte mit sanfter, von milder Ironie eingefärbter Stimme: »Dabei dachte ich, gerade der Krieg vernichte Energien!«

Apostol Bologa errötete wie eine Jungfrau und wagte es nicht, dem Hauptmann in die Augen zu schauen. Er war bis ins Mark getroffen und suchte in Gedanken nach einer harschen Antwort, die das Gespräch beenden sollte. Da kam aber der Gefreite keuchend mit dem Schemel angerannt.

»Augenblick mal, Herr Hauptmann«, frohlockte Bologa gedämpft und wandte sich dem verschwitzten Gefreiten zu, als hätte der ihm die Erlösung gebracht. »Der ist zu hoch, siehst du das denn nicht?«, brüllte er dann wutentbrannt. »Wie soll der Verurteilte da hinaufklettern, auf so ein … Nun, wieso soll ich mich eigentlich aufregen, wo doch die Hinrichtung gar nicht in meine Zuständigkeit fällt … Ihr werdet schon hören, was der Herr General sagt, denkt dran! … Was stehst du noch herum? Richt wenigstens den Platz her und bind den Strick höher! … Was für Leute!«

Empört warf er die Arme empor und wandte sich ab. Allerdings fasste er sich sofort wieder, als er auf dem Weg vom Dorf her eine Gruppe Offiziere gewahrte, die sich gravitätisch gemessenen Schrittes näherte. An der Spitze schritt, nervös mit einer Reitpeitsche gegen den Stiefelschaft klopfend, der Divisionskommandant selbst, klein und dick, kurzbeinig und mit hochrotem Kopf, während der Militärrichter, ein schmerbäuchiger Hauptmann mit grauem Schnurrbart, ihm etwas erklärte, wobei seine Rechte weit ausholend mit einem Blatt Papier wedelte.

»Der Konvoi kommt … Da ist auch schon der General«, raunte Bologa und zwinkerte dem Hauptmann zu, der zurückwich wie vor einer Geistererscheinung.

Der Leutnant eilte dem General entgegen und erstattete mit wichtiger Miene salutierend Meldung: »Zufällig bin ich früher gekommen, Exzellenz, und habe festgestellt, dass der Schemel fehlt.«

»Fehlt?«, wiederholte der General mit ärgerlichem Seitenblick zum Richter, der Bologa verzweifelt ansah.

»Ich habe sogleich Vorkehrungen getroffen«, beeilte sich der Leutnant hinzuzufügen, um dem verdatterten Richter aus der Verlegenheit zu helfen.

Dennoch spürte der Richter die Gereiztheit des Generals und beschleunigte nach einer hingemurmelten Entschuldigung den Schritt, um als Erster zum Richtplatz zu gelangen und sich zu vergewissern, dass seine Befehle ausgeführt worden waren. Mit einem Blick erfasste er alles, ohne dem in verängstigter Starre salutierenden Gefreiten irgendeine Beachtung zu schenken. Er wollte sich lächelnd an den hinzutretenden General wenden, da fiel ihm plötzlich etwas ein, und er fragte besorgt: »Der Henker, wo ist der, Gefreiter?«

»Wir wissen es nicht, Herr Hauptmann«, antwortete der Gefreite. »Wir hatten den Befehl, die Grube auszuheben, und …«

»Wieso weißt du das nicht, du Trottel?«, fuhr ihn der Richter, von blankem Entsetzen gepackt, an und brüllte aufgebracht: »Wo ist denn der Feldwebel? Was hat der Feldwebel gemacht? … Feldwebel! … Stellen Sie sich vor, Exzellenz, wir haben keinen Henker!«, wandte er sich, vollends fassungslos, an den General, der gerade an die Grube getreten war. »Umsonst ergreife ich alle im Reglement vorgesehenen Maßnahmen, die Leute kommen ihrer Pflicht nicht mehr nach!«

Ein Feldwebel mit aschgrauem hagerem Gesicht rannte herbei und blieb zitternd am Mast des Galgens stehen.

»Was hast du getan, du Nichtsnutz! Wo ist der Henker?«, fuhr ihn der Richter an und knirschte mit den Zähnen. »Ich werde dich … ich werde …«

»Dreißig Tage Kerker«, ging der General dazwischen, wobei er seine linke Schnurrbarthälfte zwirbelte und drohend die Reitpeitsche schwang. »Jetzt aber muss ein Mann abkommandiert werden, unverzüglich …«

»Gefreiter, du wirst der Henker sein«, sagte der Richter schnell, einigermaßen erleichtert.

»Herr Hauptmann, ich bitte Sie gehorsamst, mich zu verschonen«, stammelte der Gefreite und erbleichte. »Ich bitte Sie gehorsamst, Herr Hauptmann …«

Der Richter hörte nicht auf ihn, sondern trat an den General heran, um sich weiterhin über die Disziplinlosigkeit der Leute zu beschweren. Der General jedoch unterbrach ihn mit beherrschter Entrüstung und brummte kurz angebunden: »Wir reden später … Die Pflicht ruft!«

Auf dem staubgrauen Feldweg wankte das Gros des Konvois in der schnell hereinbrechenden Abenddämmerung langsam heran. Der Verurteilte, in einen grünlichen Mantel mit hochgeschlagenem Kragen gehüllt und mit einem zivilen Hut auf dem gesenkten Kopf, schritt mechanisch am Arm eines alten Militärseelsorgers zwischen vier Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett einher. Es folgten gemischte Gruppen von Offizieren und Soldaten, die eigens von der Front herbeikommandiert worden waren, damit sie die Hinrichtung sahen, alle mit Stahlhelmen und in schmutzigen Uniformen voll des schweren Geruchs der Schützengräben, ohne Tritt, weit auseinandergezogen, sodass der Konvoi sich fast bis zum Dorfrand dehnte.

Unter dem Galgen wartete der Gefreite in strammer Haltung mit verstört flackernden Augen, während der Feldwebel flüsternd auf ihn einredete und ihn aufklärte, was und wie er es zu tun hatte.

Der feuchte Wind frischte auf, fegte über die Erde, verfing sich zwischen den Gräbern auf dem Friedhof, fuhr unter die herantretenden Männer …

Am Rand der Grube dann blieb der Priester mit dem Todgeweihten stehen, der beim Anblick des feuchtklebrigen Lehms kurz zusammenfuhr.

»Gott ist gut und groß«, raunte der Priester ihm erschrocken ins Ohr und hielt ihm das Kreuz vor die Lippen.

»Die andere Seite, Vater … bitte!«, war wieder die heiser erregte Stimme des Militärrichters zu vernehmen. »Ordnung muss sein … Feldwebel, Achtung! Kennst du denn deine Pflicht nicht?«

Wie auf Befehl beschleunigte der Konvoi den Schritt, und in wenigen Augenblicken bildete sich ein Kreis von Menschen um den Galgen. Allerdings schwiegen sie alle, als fürchteten sie, den Schlaf eines von seinen Leiden ausgelaugten Kranken zu stören. Nur das Scharren ungeduldiger Füße mischte sich in das unablässige Fauchen des Windes.

»Doktor, Doktor, dauert das lang?«, flüsterte Apostol Bologa, Arm in Arm mit dem Arzt, der sich einen Weg zwischen den dichtgedrängten Soldaten zu bahnen mühte.

»Wirst du ja sehen … Jetzt ist nicht die Zeit für …«, antwortete der Doktor gelangweilt. »Platz da, he, Herrgott nochmal … Macht doch Platz, Jungs!«

Bologa schaffte es im Schlepptau des Arztes bis zum Fußende der Grube vor dem Galgen. Seine Kehle war bitter trocken, und sein Herz schlug in beinahe schmerzhafter Aufregung. Zufrieden, dass er alles sehen würde, hielt er, um seine Ungeduld zu zähmen, Ausschau nach Bekannten und Freunden in der Runde Dutzender kriegsgegerbter und unter der Last der Stahlhelme eingesunkener Gesichter … Der General stand nur etwa drei Schritt weit rechts, reglos, finster. Weiter hinten aber fieberte in höchster Erregung Leutnant Gross und verfolgte mit verzweifelter Anspannung sämtliche Bewegungen des Verurteilten, der sein guter Freund gewesen war. Sobald er Gross gewahrte, entsann sich Bologa auch des fremden Hauptmanns von vorhin und entdeckte ihn hinter dem General, die Hand am Kinn, starr wie ein Vorwurf.

Was für ein Mensch!, dachte Bologa ärgerlich. Kommt vom Bahnhof geradewegs hierher, und dann will gerade er mir Lehren in Menschlichkeit erteilen, als wäre ich ein Raubtier oder …

In diesem Augenblick spürte er, wie eine Hand seinen Arm packte.

»Ach, Cerwenko!«, murmelte Bologa, als er sich umdrehte. »Du hier? … Ich staune … Du bist sicher nicht freiwillig gekommen … Weißt du, dass ich dem Kriegsgericht angehört habe?«

Hauptmann Cerwenko konnte nicht mehr antworten, denn plötzlich gellte die Stimme des Militärrichters durch die Luft, viel spitzer und schärfer als vorhin: »Alle Mann drei Schritt zurück! Platz da! … Platz da! …«

Die Männer, gewissermaßen erschrocken über den schrillen Ton, der sich durch die Stille zu bohren wagte, zogen sich drängelnd ein paar Schritte zurück. Auf dem freien Platz vor der Grube stand nur noch der General, während der Verurteilte neben dem grob behauenen Mast den Blick geradeaus richtete und sanft den Damm entlanggleiten ließ, der den Horizont versperrte. Bologa sah ihm jetzt mit klammem Herzen gerade in die schwarzglühenden großen Augen … sah plötzlich, wie der Mensch unter dem Strang sich dem versteinerten Priester zuwandte, und hörte ihn sehr deutlich sagen: »Ich will schneller sterben …«

Der General zog die zusammengewachsenen buschigen Augenbrauen hoch und sagte zum Militärrichter: »Hören Sie nach, was er will …«

Aber der Verurteilte ließ jetzt die Augen über die Köpfe der Leute hinweg schweifen und hörte wohl gar nicht mehr auf die Frage des Richters, der nach einer Weile vergeblichen Wartens außer sich herausplatzte: »Fertig? … Dann … Ja, dann …«

Und mit einem untertänigen Seitenblick zum General stieg er auf den Hügel frischen Lehms am Rand der Grube, entfaltete das Blatt, das er in der Hand zerknittert hatte, und verlas den Urteilsspruch des Militärgerichts der Division, mit dem der Unterleutnant Svoboda des Verrats und der Desertion zum Feind für schuldig befunden und zum Tode durch den Strang verurteilt wurde. Seine Stimme klang hohl und verstellt, zweimal verlas er sich, wofür ihm der General jeweils einen stechenden Blick zuwarf, und am Ende klang er heiser, als hätte er den ganzen Tag aus Leibeskräften gebrüllt.

Apostol Bologa lief rot an vor Anspannung, und sein Blick hing am Gesicht des Verurteilten. Er vernahm seinen hämmernden Herzschlag, der Helm presste seinen Schädel zusammen, als wäre er zu klein und ihm mit Gewalt übergestülpt worden. Staunendes Befremden kochte in seinem Kopf hoch, denn während der Militärrichter die Verbrechen aufzählte und das Papier in seinen Fingern zitterte, belebten sich die Wangen des Unterleutnants unter dem Strang, und in seinen runden Augen glühte ein stolzes Funkeln auf, das bis ins Jenseits zu leuchten schien … Zunächst ängstigte und verärgerte Bologa dieser Blick. Späterhin spürte er jedoch deutlich, wie die Flamme aus den Augen des Verurteilten sich als schmerzlicher Vorwurf in sein Herz brannte. Er versuchte den Kopf zu wenden und wegzusehen, aber die Augen des todgeweihten Mannes schienen ihn mit ihrem todesverachtenden und von einer machtvollen Liebe verschönten Blick in ihren Bann zu schlagen. Schließlich wartete Bologa darauf, dass sich der Mund des Verurteilten auftun und einen furchtbaren Schrei der Erlösung ausstoßen würde, gerade wie jene ersten Gläubigen, die im Augenblick ihres gewaltsamen Todes Christus zu Gesicht bekamen.

Hastig faltete der Militärrichter das Papier zusammen und brabbelte, während er es in die Tasche steckte, ermattet etwas vor sich hin. Sodann trat der Gefreite an den Verurteilten heran und raunte ihm unterwürfig zu: »Ich darf bitten … der Mantel …«

Ohne ihn anzusehen, warf Svoboda sogleich den Mantel ab und stand da, nur im zivilen Rock mit umgeschlagenem Kragen, der seinen langen und dünnen weißen Hals freiließ. Dann nahm er den Hut ab, strich sein Haar über der Stirn glatt und küsste gierig das Kreuz in der Hand des Priesters, wobei er sich rasch bekreuzigte … Für einen Augenblick spähte er ein wenig verwundert in die Runde, als hätte er etwas vergessen. Dann, mit einem Fünkchen Freude, besann er sich und stieg auf den Schemel an dem Tannenmast. Mit strahlendem Blick, mit weiß leuchtendem Angesicht schien er den Menschen von einem großen Sieg künden zu wollen.

»Komm schon, Junge, hab keine Angst«, raunte der Feldwebel in heller Aufregung dem kleinwüchsigen Gefreiten zu, fasste ihn um die Schultern und schob ihn sanft zum Verurteilten hin.

Schlotternd trat der Gefreite näher, nicht wissend, was er tun sollte. Er sah sich um, und auf ein Zeichen des Feldwebels streckte er die Arme nach dem Strang aus.

»Tunika ausziehn«, rief darauf mit tiefer Stimme der General. »Ein Soldat in Uniform kann nicht Henker sein!«

Eine Minute später streckte der Gefreite wieder die Hände nach dem Strang aus, nur mehr im Hemd und barhäuptig wie ein zweiter Todgeweihter. Mittlerweile jedoch hatte sich Svoboda die Schlinge selbst um den Hals gelegt, als probierte er einen ungewohnten Kragen.

»Zieh den Schemel weg!«, raunte der Feldwebel wieder.

Besinnungslos riss der Gefreite den Schemel unter den Füßen des Verurteilten weg. Der Galgenschwengel knarrte, und der Leib begann sich auf der Suche nach einem Halt krampfhaft zu winden. Das seltsam glühende Leuchten in den Augen flackerte mit unsteter Heftigkeit auf, weiß und immer weißer … Bologa sah genau, wie die Augäpfel hervortraten und sich blau verfärbten, dabei wahrte der Blick seinen beseelten Glanz, als vermöchte ihn nicht einmal der Tod zu verdunkeln oder zu vernichten.

Der Gefreite sagte noch etwas zum Feldwebel, der verzweifelt hinzustürzte und mit beiden Händen die Füße des Gehenkten packte, die immer noch von unsinnigen Zuckungen heimgesucht wurden.

»Lass ihn los«, schrie der Militärrichter entsetzt. »Weg da! … Was tust du?«

Der Doktor neben Apostol Bologa hielt die Uhr in der Hand und maß die Zeit. Die schwarzen Vorhänge der Abenddämmerung senkten sich jetzt rascher. Der Wind hatte mit einem Mal innegehalten wie ein Läufer am Rande einer Schlucht. Den Schleier des Schweigens, der sich über alles breitete, zerriss plötzlich ein langgezogener Seufzer, wie ein Ruf. Aber nur Bologa wandte sich um und sah einen Soldaten mit einer tiefen Narbe im tränenüberströmten Gesicht, der aufstöhnte vor Mitleid. Er wollte ihm bedeuten aufzuhören, dann sah er jedoch auch in den Augen anderer Menschen in der Nähe Tränen glitzern. Bestürzt spürte er, dass sein Gaumen ausgetrocknet war.

Wieso stöhnt der Soldat, fragte er sich, um sein Herz zu besänftigen; in dem Moment jedoch, als diese Frage in seinem Kopf aufging, begegnete sein Blick wieder den Augen des Gehenkten, in denen das vorhin noch stolze und zuversichtliche Leuchten sich in den Fängen der Finsternis wand.

Etliche Minuten gingen dahin. Der Leib des Gehenkten rührte sich schon lange nicht mehr. Die Dämmerung deckte die ganze Welt zu wie ein schwarzes Leichentuch.

»Was ist zu tun, Doktor?«, fuhr der General grimmig auf. »Sehen Sie nicht, dass es dunkel geworden ist?«

»Die Pflicht, Exzellenz«, antwortete der Arzt ruhig, die Uhr im Blick.

»Was denn für eine Pflicht? … Feststellen! Das ist Ihre Pflicht«, sagte der General erbost.

Der Doktor zuckte die Schultern, ging zum Galgen und tastete nach dem Puls des Gehenkten, dann murmelte er: »Er ist schneller gestorben, als hätte er das Leben sattgehabt …«

»Lassen Sie die Kommentare«, fuhr der General auf. »Der Befund!«

»Exzellenz, der Verurteilte ist verschieden«, meldete salutierend der Doktor.

»Alsdann? Na?«, sagte ungeduldig der General und drehte sich nach dem verdatterten Militärrichter um.

»Exzellenz, das Urteil ist vollstreckt«, verkündete eilig der Militärrichter, wobei er die Hacken zusammenschlug wie ein eifriger Rekrut.

Der General war eigens gekommen, um eine Rede über die Desertion zum Feind und vor allem über die Strafen zu halten, die ohne Gnade all jene treffen würden, die sich soldatischen Pflichten entzögen. Jetzt aber fühlte er sich müde und hatte keine Lust mehr auf Reden.

»Also gehen wir«, brummte er und setzte sich so unvermittelt in Bewegung, dass die Leute kaum zur Seite zu weichen vermochten, um ihm Platz zu schaffen.

Der Militärrichter erteilte dem Feldwebel rasch die einschlägigen Befehle und eilte dem General nach, um ihm zu erklären, dass die Zwischenfälle ausschließlich zu Lasten der disziplinlosen Männer gingen. Dann trat alles den Rückweg an, und das Feld hallte von Stiefeltritten. Nur Apostol Bologa verharrte wie angewurzelt, die Augen starr auf den Gehenkten gerichtet, dessen Rockschöße im Wind flatterten.

»Der arme Mensch«, sagte plötzlich mit weinerlicher Stimme der Hauptmann Cerwenko neben Bologa.

»Wie? Was sagst du da?«, fuhr Bologa auf und setzte, um seine Rührung zu verhehlen, sogleich hinzu: »Wieso der arme Mensch? Wieso denn …«

Er führte dies jedoch nicht weiter aus und wartete auch die Antwort des Hauptmanns nicht ab. Vielmehr schritt er, den andern hinterher, auf dem Pfad zum Dorf aus, als fürchtete er, die Nacht würde ihn hier ereilen. Nach etwa dreißig Schritten hatte er Klapka eingeholt.

»Nun, hat’s dir gefallen, du Philosoph?«, sprach ihn der Hauptmann mit leicht vorwurfsvoller Stimme an.

»Herr Hauptmann, die Strafe … das Verbrechen … das Gesetz«, stammelte Apostol Bologa, erschrocken über die Frage des Hauptmanns.

»Jaja … und dennoch … der Mensch«, murmelte Klapka düster.

»Der Mensch … der Mensch … der Mensch«, gab Bologa schaudernd zurück.

Rundum hatte die Finsternis sich dermaßen verschärft, dass sie in den Augen brannte. Bologa sah sich um. Auf dem Feld bewegten sich, so weit der Blick reichte, schwarze Gestalten, als hätten sich alle Menschen in ruhelose Schemen verwandelt. Nur der Galgen schimmerte teilnahmslos weiß, umgeben von den weißen Kreuzen des Soldatenfriedhofs.

Bologa schauderte von neuem. Eine schmerzliche Kälte fuhr ihm durchs Herz. Angstvoll flüsterte er: »Was für eine Dunkelheit, mein Gott, was für eine Dunkelheit auf die Erde gesunken ist.«

Seine Stimme wand sich wie die Wehlaute eines Kranken und erlosch in den Seufzern des Windes.

2

Die Dunkelheit erdrückte das weit auseinandergezogene Dorf, in dem heute mehr feindliche Soldaten als Zivilisten wohnten. Verschreckt hielten die schwarzen Häuser Wache an der ungepflasterten breiten Straße, von Schlaglöchern übersät, zerfurcht von Tausenden von Wagen, welche ununterbrochen mit Proviant für die Menschen an der Front unterwegs waren und stets vollbeladen mit den Überresten der Kämpfe zurückfuhren. Hier und da blinzelte schwach ein gelbes Auge, das Befehlsstände, Spitäler, Offiziersmessen in Wirtshäusern anzeigte … Fluchend und schimpfend tappten die von der Hinrichtung Wiederkehrenden durch die Pfützen der Straße.

Apostol Bologa schritt schweigend neben dem fremden Hauptmann einher. Immer wieder wollte er seine Schritte beschleunigen, loskommen von diesem zweifelnden Menschen, der ihm selbst durch sein Schweigen Vorwürfe zu machen schien. Zugleich aber erwartete er, noch etwas unsagbar Wichtiges von ihm zu erfahren, und dass der den Mund nicht mehr auftat, ärgerte ihn dermaßen, dass er hätte schreien mögen … Zudem nahm die stickig feuchte Finsternis sein Herz immer bösartiger in die Zange.

Dann ließ sich vor einem Haus mit erleuchteten Fenstern die Stimme des Generals vernehmen, worauf Klapka zusammenzuckte und sagte: »Ich bleibe hier, damit ich …«

Bologa antwortete nicht, grüßte noch nicht einmal, sondern ging seines Weges, rasch, erleichtert, er war froh, davongekommen zu sein, und befürchtete, dass jener ihn zurückrufen könnte, als läge beim Hauptmann der Grund für die Last, unter der sein Gemüt sich beugte. Bald darauf schwenkte er in ein enges Gässchen und betrat den Hof der Lehmhütte, in der er wohnte. Aus einem Schuppen hinten tönte wehmütiger Gesang. Er ärgerte sich, dass dem Burschen ausgerechnet jetzt nach Singen zumute war. Dennoch lauschte er ein Weilchen und dachte: ein Lied von daheim … Er wollte Petre rufen, besann sich jedoch, sobald er den Mund auftat, und trat in die Diele. Er fand die Tür zum Zimmer nicht und ereiferte sich: »Der singt, statt …« Auf einem Tisch im Zimmer brannte mit kümmerlicher Flamme die Lampe unter rußgeschwärztem Glas. Bologa legte seinen Helm auf die Truhe, dann warf er sich aufs Bett und verharrte so, die Hände auf der Brust, die Augen an der rissigen schwarzen Balkendecke. Er fühlte sich erschöpft wie nach einer kräftezehrenden Arbeit.

Bis zum Abendessen werde ich ein wenig ruhen, um meine Gedanken zu verscheuchen, sagte er sich gähnend und schloss die Augen.

Sogleich aber fielen aus allen Hinterhalten des Gehirns die Gedanken über ihn her wie gierige Vögel, und in seinen Ohren hallte das Lied des Burschen so klar, als würde es vor seinem Fenster gesungen. Erschrocken schlug er gleich wieder die Augen auf. Ihm fiel ein, dass er Petre dennoch rufen müsse, um ihm zu sagen, dass sie morgen bei Tagesanbruch zurück an die Front mussten und er ja nichts hier vergessen sollte … Gleichzeitig aber gab er sich Rechenschaft, dass er Angst hatte, mit den eigenen Gedanken allein zu bleiben, und redete sich zu: Mein Gewissen ist rein … Und wie auf Befehl drängelten sich in seinem Kopf zu Dutzenden die Argumente, die ihm versicherten, dass Svoboda schuldig war, er hatte zu desertieren und zu verraten versucht, sodass er selbst, der ihn zufällig mit gerichtet und verurteilt hatte, sich nichts, überhaupt nichts vorzuwerfen hatte … Dennoch erschienen, während er in seinem Gemüt den beruhigenden Beweisen nachhorchte, an der schwarzen Balkendecke, vorerst ausdruckslos aufblitzend, dann immer deutlicher, die Augen des Menschen unter dem Strang mit stolzem Blick, verstörend wie ein Ruf, in dessen merkwürdigem Hall der Strom der Argumente ohnmächtig versiegte.

Der hört gar nicht mehr auf, dieser Petre … Wieso hört der nicht auf?, dachte er dann, schloss von neuem die Lider und ergab sich, erschöpft, in sein Schicksal.

Nur noch das Klagelied des Soldaten hallte nach in seinem Hirn, sanft und gütig wie eine samtweiche Liebkosung, ließ reihenweise Erinnerungen aufleben und seine Seele auf Traumschwingen nach Hause fliegen, in den Marktflecken Parva im Tal des Samosch.

Dort stand sein Elternhaus, alt und festgegründet, gerade gegenüber der strahlend neuen Kirche. Von der Veranda mit blumengemusterten Säulen sah man durch die Zweige der Nussbäume, die am Tage seiner Geburt gepflanzt worden waren, das Grab seines Vaters mit einem grauen Steinkreuz, auf dem der eingemeißelte Name mit goldenen Lettern von weitem zu erkennen war: Iosif Bologa.

Das Haus hatte viele Räume mit allerlei alten Möbeln und einen großen Hof mit Wirtschaftsgebäuden und weiter hinten einen Garten, der bis zum Samosch mit seinen lärmenden Wassern ging. Dies alles, mitsamt einigen Tafeln fruchtbaren Landes, war die Mitgift der Tochter von Doktor Hogea, dem ersten Kreisarzt in Parva, dessen Grab ebenfalls auf dem Kirchhof lag zum Gedenken an das ehrbare und tätige Leben eines würdigen Nachkommen des weiland Subpräfekten aus der Zeit der Revolution und der Herrschaft von Avram Iancu. Seine größte Freude hatte der Doktor an dem Tag gehabt, als der alte Erzpriester Groza seine Tochter mit dem Rechtsanwalt Iosif Bologa vermählte. Auf jene Freude ging auch sein Tod zurück, der einige Monate nach der Hochzeit seines einzigen Kindes eintrat … Im Übrigen hatte Fräulein Maria ihr Glück sehr wohl verdient. Sie war ein braves, gesetztes Mädchen ohne Flausen und mit einem großen Glauben an Gott. Als mutterlose Halbwaise wuchs sie im Mädcheninternat in Hermannstadt auf. Dort lernte sie, als die Prüfung für die sechste Lyzealklasse anstand, in der Familie der Direktorin Iosif Bologa kennen, der, eine Woche darauf und ohne ihr auch nur ein Wort zu sagen, an den Doktor Hogea nach Parva schrieb und um ihre Hand anhielt. Eine weitere Woche später sah sie sich überrascht ihrem Vater gegenüber, erfuhr, dass der »große Rechtsanwalt« sie liebte, und drei Tage danach wurde die Verlobung just im Haus der Direktorin gefeiert, die untröstlich war, dass »Maritzi« nicht wenigstens das Schuljahr beendete … Fünf Monate war sie daraufhin verlobt, bis Bologa nach eingehenden Verhandlungen mit dem Schwiegervater beschloss, seine Anwaltskanzlei mit gar nicht so vielen Klienten aus Hermannstadt nach Parva zu verlegen. So hatte Maria Zeit, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, dass sie einen Mann heiraten würde, der ihr auch nach der Verlobung als Fremder erschien. Statt Liebe empfand sie Bologa gegenüber einen ängstlichen Respekt, vor allem wegen des Schwalls von Lobreden, mit dem ihr Vater sie überschüttete, sooft das Gespräch auf seinen künftigen Schwiegersohn kam.

Zudem war Iosif Bologa nicht der Mann, der die romantischen Träume eines siebzehnjährigen Mädchens zum Erblühen gebracht hätte. In seinem herben, kantigen Gesicht mit tiefliegenden, von buschigen Brauen verschatteten Augen, dichtem kastanienbraunen Schnurrbart und breitem, von der Schärfe der Rasiermesser bläulich angelaufenen Kinn schien eher der Hass daheim zu sein als die Liebe. Zwar war er wortkarg und von stetigem Ernst, aber seine eindringlich warme Stimme zeugte von einem sanften Herzen und lebhafter seelischer Anspannung. Er war der älteste Sohn eines armen Pfarrers aus dem Motzenland, in dessen Sippe wie eine Trophäe das Andenken eines Ahnen namens Grigore hochgehalten wurde, der einer der Rädelsführer beim Aufstand des Horia gewesen und nach der Niederlage der Bauern in Weißenburg, Alba Iulia, aufs Rad geflochten worden war. Iosif Bologas Gemüt wurde durch die Ikone des heldenhaften Ahnen und Märtyrers zum Arbeitseifer angeregt und fand darin sein Ideal. Sobald er die Zulassung als Anwalt erhalten hatte, stürzte er sich mit aller Leidenschaft in die Politik und schaffte es, zum jüngsten Verurteilten im Prozess um das Memorandum zu werden, worauf er etwa zwei Jahre in einem Staatsgefängnis zubringen musste.

Apostol wurde just an einem jener Tage geboren, in denen sein Vater in Klausenburg, Cluj, auf sein Urteil wartete. Noch ehe Bologa aus dem Gefängnis kam, sah das Kind offenen Auges in die Welt, umhegt von einer abgöttischen Mutterliebe. Die junge Frau Bologa fand, da sie sonst nicht geliebt wurde, in ihrem Kind ein Lebensziel. Ihre vom Glauben an Gott erfüllte Seele wurde sogar hin und wieder von Zweifeln heimgesucht: Liebte sie ihren Spross nicht noch mehr als den Allmächtigen? Um ihr Gewissen zu befrieden, gab sie sich große Mühe, dem Herzen des kleinen Apostol die Anbetung des Herrn einzupflanzen. So waren die ersten Erinnerungen des Kindes beherrscht von einem guten, gütigen und vergebenden Gott, der den Menschen im Austausch für die tagtäglichen Gebete Freuden auf Erden und ewiges Glück im Himmel beschert. In seiner sprunghaften Einbildung fiel das Erscheinungsbild dieses Gottes in eins mit jenem des Erzpriesters Groza, der oft um Nachrichten von »unserem Märtyrer« einkam, und dem die Mutter die Hand küsste.

Eine einschneidende Veränderung, eine Art Revolution in Apostols Leben löste die Rückkunft seines Vaters aus. Der Bahnsteig wimmelte von Menschen, Herrschaften und Bauersleuten aus der Umgebung. Das Kind hing verzweifelt an Mütterchens Rockschößen, gleichsam in Erwartung eines furchtbaren Wunders … Dann fuhr der Zug ein, hielt mit ganz grässlichem Quietschen, und aus einem Wagen stieg Bologa im schwarzen Rock, barhäuptig und mit einem kastanienbraunen Rauschebart, der ihm im Kerker gewachsen war, sah sich kurz die Leute auf dem Bahnsteig an und stürmte dann auf den kleinen Apostol zu, hob ihn in die Höhe und küsste ihn schmatzend auf beide Wangen, während die Menschen rundum ihn hochleben ließen. Von schmerzlichem Entsetzen gepackt, begann das Kind zu weinen und sich in den Armen des Fremden zu winden, der ihn jetzt, während er der Rede des Erzpriesters lauschte, zu beruhigen und sanft zu wiegen versuchte. Weil der Kleine immer ängstlicher schrie und die Willkommensrede übertönte, überantwortete ihn Bologa schließlich verärgert der Frau Bologa, die vor Scham und Aufregung errötet war. In ihren Armen beruhigte sich Apostol, lugte jedoch weiterhin verängstigt hinüber zu dem Herrn mit dem kastanienbraunen Bart.

Im Übrigen führte Bologa noch am selben Abend mit seiner Frau ein feierliches Gespräch bezüglich der Erziehung des Kindes. Er legte ihr in weit ausholenden Sätzen einige Prinzipien dar, nannte die Namen etlicher berühmter Erzieher, riet ihr gar, eingehend deren Werke zu studieren, die er seinerseits im Gefängnis gerade im Hinblick auf Apostol gelesen hatte, und forderte sie vor allem zu energischem, konzentriertem und entschiedenem Einsatz auf.

»Das Kind muss von Anfang an begreifen, dass das Leben des Menschen nur dann wertvoll ist, wenn es einem Ideal folgt!«, schloss Bologa pathetisch. »Unsere elterliche Pflicht beginnt erst jetzt! Wir müssen uns alle Mühe geben, unseren Liebling zu einem Menschen und zu einem Charakter zu machen!«

Frau Bologa weinte und rang die Hände. Aus der Rede ihres Gatten schloss sie, dass ihr abverlangt wurde, sich mit ihrer Mutterliebe, den Liebkosungen und der Verzärtelung zurückzuhalten. Gleichwohl fügte sie sich ohne Murren. Bologa, den alle Welt feierte, der Märtyrer mit der Aureole des Kerkers und dem imposanten Bart, erschien ihr als ein unsagbar weiser Herrscher, dem man bedingungslos Gehorsam und Unterwürfigkeit entgegenzubringen hatte. Sie beschränkte sich also darauf, ihren Schatz im Geheimen zu lieben und ihre Liebkosungen vor Bologas Augen zu verbergen. Dafür verstärkte sie ihre religiöse Fürsorge und hielt den Glauben in Apostols Seele wach. In dieser Hinsicht genoss sie alle Freiheit vonseiten ihres Gatten, der, wiewohl nicht gläubig, die Religion in der Erziehung als Mittel zur Entfaltung der Phantasie guthieß.

Apostol, still und scheu, ohne jeden Spielgefährten, empfand zutiefst, welch ernsthafte Stimmung sein Vater im Haus durchgesetzt hatte. Der Schrecken der ersten Begegnung mit ihm hatte sich seinem Herzen eingeprägt, und er betrachtete ihn nach wie vor als Fremden, der eigens gekommen war, ihn zu beherrschen. Freudige Stunden erlebte er nur mit der Mutter, wenn sie allein zu Hause waren, und manchmal auch mit dem Erzpriester Groza, den, da er verwitwet war, die Gesellschaft des sanften und klugen Kindes aufmunterte. Über allen Gedanken und Vorstellungen des Kleinen aber schwebte stets sehr undeutlich eine Liebe, in Gottes Namen …

Als er sechs Jahre alt wurde, erschütterte ein anderes merkwürdiges Ereignis seine Seele. Eingedenk der Tatsache, dass das Kind zur Schule musste, beriet sich Frau Bologa lange mit dem Erzpriester Groza, wie diese Pflicht ihm zu erleichtern wäre, und sie kamen überein, dass der Allmächtige angerufen werden musste. Infolgedessen beschlossen sie, Apostol zu bestimmen, dass er an einem Sonntag im Rahmen der heiligen Liturgie das Vaterunser aufsagte. Die Vorbereitungen trafen sie unter höchster Geheimhaltung, damit nicht etwa Bologa sie mitbekam und ihren Plan durchkreuzte. Am vorbestimmten Tag schließlich nahm das Ehepaar Bologa wie gewöhnlich Platz in dem Gestühl zur Rechten, vor ihnen Apostol, neu eingekleidet, bleicher als sonst und mit vor Aufregung flackerndem Blick. Frau Bologa hatte Tränen in den Augen, zitterte und bekreuzigte sich fieberhaft, wobei sie unablässig das Gebetbüchlein knetete. Als es dann an der Zeit für das Gebet war, neigte sie sich ängstlich aus dem Gestühl nach vorn und flüsterte: »Jetzt, mein Schatz …« Hocherhobenen Hauptes und festen Schrittes ging Apostol bis vor das Königstor, fiel auf die Knie, faltete die Hände. Einen Augenblick später flatterte seine Stimme, dünn wie ein weißer Seidenfaden, durch die schwer atmende Stille hinauf zum Sternenhimmel, senkte sich herab unter die aberhundert Menschen. Zu Anfang erblickten seine Augen im Altarraum den Erzpriester Groza, der ihm zur Ermunterung sanft zulächelte; darauf jedoch schwebte nur mehr das vergoldete Kreuz hoch oben, gleichsam im Äther. Dann, gerade als er sich zum Ende des Gebetes bekreuzigte, tat sich mit einem Mal der Himmel auf, und unendlich weit weg, dabei so nahe, als wäre er just in seiner Seele, erschien ihm ein Schleier weißer Wölkchen, in dessen Mittelpunkt Gottes Angesicht strahlte wie ein goldenes Licht, blendend, beängstigend und zugleich begütigend wie der Kuss einer Mutter. Aus dem göttlichen Leuchten aber trat ein Blick in Erscheinung, unendlich mild und überwältigend, der alle Tiefen und Rückhalte zu durchdringen schien. Dieses Gesicht dauerte nur einen Augenblick und war so unendlich lieblich, dass Apostols Herz zu schlagen aufhörte und seine Augen in einem merkwürdigen, krankhaften Leuchten erstrahlten. Gleichwohl war seine Seele dermaßen voll des Glücks, dass er’s zufrieden gewesen wäre, gleich dort im Angesicht des göttlichen Wunders zu sterben. Als er zu seinem Platz zurückkehrte, schien sein Angesicht verklärt. Seine blauen Augen über den weißen Wangen waren zwei Quellen des Lichts.

»Mütterchen, ich habe Gott gesehen«, stammelte das Kind beseelt, während Frau Bologa ihre Tränen mit dem nassgeweinten Taschentuch zu trocknen suchte. Apostols Gesichte führten zu einigen Auseinandersetzungen im Hause Bologa. Der Erzpriester und Frau Bologa glaubten fest daran, dass der liebe Gott besondere Güte hatte walten lassen und den Weg gewiesen hatte, den der Junge im Leben beschreiten sollte; demgegenüber versuchte der Anwalt nachzuweisen, dass dieses ganze »Wunder« nur ein Auswuchs der religiösen Überspanntheit des Kindes war. Weil er sie nicht zu überzeugen vermochte, warf Bologa ihnen schließlich wütend vor, sie wollten seinen Jungen krank machen, indem sie sein zartes Hirn mit pfäffischen Wahnvorstellungen belasteten, und da er als Vater für Apostols seelische Gesundheit verantwortlich sei, untersagte er derlei Auftritte ein für alle Mal.

Die Grundschulunterweisung erhielt er zu Hause, Frau Bologa war seine Lehrerin. Bologa prüfte sie beide jeden Samstag mit zunehmender Strenge, als hätte er zwei Komplizen vor sich, die ihm etwas vormachen wollten. Obwohl Apostol fleißig war, beschloss der Vater, ihn zum Mittelschulunterricht auf das Lyzeum in Nassod, Năsăud, zu schicken, weil das Kind, wie er sagte, Kontakt zu den Menschen und zur Welt aufnehmen musste. In Wirklichkeit wollte Bologa aus Missfallen an der ultrareligiösen Erziehung, die das Kind entgegen seinen Vorgaben zu Hause bekam, dem Übel Einhalt gebieten, solange noch Zeit war.

Sie quartierten ihn beim Mathematiklehrer ein, einem guten Freund von Bologa, wo er gut versorgt und beaufsichtigt wurde wie zu Hause. Als die Eltern abgereist waren und er allein zurückgeblieben war, wurde Apostol von einer wehen Angst heimgesucht. Er fühlte sich verlassen, ausgesetzt, fremd und ohnmächtig. Dabei durfte er noch nicht einmal weinen, weil er fürchtete, dass die Kinder des Gastgebers ihn auslachen würden. Doch gerade als seine Seele die letzte Hoffnung fahrenließ, erblickte er an der Wand des Kämmerchens eine Ikone mit Jesus Christus am Kreuz. Da schwand seine ganze Traurigkeit wie durch einen Zauber. Er war nicht mehr allein. Sein Herz war in Gottes Hand …

Da Parva unweit von Nassod lag, kam Frau Bologa jeden Monat zu Besuch, ihn zu trösten. Apostol jedoch machte jetzt einen fröhlichen und zufriedenen Eindruck. Er lernte mit Leidenschaft. Als er am Ende des Schuljahres in die Ferien nach Hause fuhr, legte er seinem Vater freudig ein glänzendes Zeugnis vor.

»Ich gratuliere dir!«, sagte Bologa, nachdem er es andächtig gelesen hatte, und drückte ihm die Hand wie einem Freund.

Dieser Händedruck berührte ihn eigentümlich. Zum ersten Mal spürte er, dass sein Vater ihn liebte. Bis dahin hatte er gemeint, Liebe müsse unbedingt mit Tränen und Liebkosungen einhergehen. Jetzt begriff er, dass es auch beherrschte, männliche Arten der Liebe gab. Er selbst war im Übrigen zurückhaltender geworden in seinen Gefühlsäußerungen. Er hatte es darauf angelegt, als ernsthafter Mensch zu gelten. Seine besten Freunde, Alexandru Pălăgieșu und Constantin Boteanu, waren drei oder vier Jahre älter als er.

Als er die vierte Klasse abgeschlossen hatte und wieder das Zeugnis brachte, hielt Bologa es für angebracht, ihm in Gegenwart von Frau Bologa ein paar ernste Worte zu sagen, im Stehen. Nach einer Einleitung mit lateinischen Zitaten führte er ihm das Andenken des in Weißenburg aufs Rad geflochtenen Ahnen vor Augen und fuhr dann mit feierlicher Stimme fort: »Von heute an, mein Sohn, bist du ein Mann. Käme es darauf an, wärst du imstande, dein Brot selbst zu verdienen. In den höheren Klassen wird sich dein Horizont erweitern. Du wirst viele ungesehene Dinge begreifen, denn das Leben und die Welt sind voller schwerwiegender Geheimnisse. Strebe immer danach, die Achtung der Menschen zu gewinnen und vor allem deine Selbstachtung zu mehren. Darum sei deine Seele immer eins mit dem Gedanken, der Gedanke mit dem Wort und das Wort mit der Tat, denn nur so wirst du ein beständiges Gleichgewicht zwischen deiner Welt und der äußeren Welt herzustellen vermögen! Tue deine Pflicht als Mann und vergiss niemals, dass du ein Rumäne bist!«

In der fünften Klasse, im Advent, wurde Apostol während einer Mathematikstunde unvermittelt hinausgerufen. Auf dem Korridor wartete ihr Kutscher, Mütze und Peitsche in der Hand.

»Ja, was denn, was ist passiert«, fragte Apostol ahnungsvoll.

»Ist schon gut, junger Herr, alles gut, nur heute Nacht ist der Herr Rechtsanwalt verstorben, am Herzen, und die gnädige Frau hat mich geschickt, Euch abzuholen, zum Begräbnis.«

Auf dem Weg nach Parva weinte Apostol ohne Unterlass. Die Beerdigung war imposant. Tausende Menschen geleiteten den Sarg zum Grab, viele Trauerreden wurden gehalten. Ein paar Tage noch blieb Apostol zu Hause. Er weinte nicht mehr, saß aber stundenlang starr vor einer Fotografie, die seinen Vater in kämpferisch drohender Pose zeigte. (Sie war in Klausenburg aufgenommen worden, nachdem er aus dem Kerker entlassen worden war.) Früher hatte er Angst gehabt vor dieser Fotografie. Jetzt peinigten ihn Gewissensbisse. Er spürte, wie Fragen ihn mit schwarzen Flügeln umschwirrten, und wagte es nicht hinzusehen. Fortwährend musste er sich sagen, er habe ihn nicht zu schätzen gewusst, er erinnerte sich an seine strengen Weisungen und war dauernd von der Furcht besessen, irgendwo könnte etwas einstürzen, hatte aber nicht die geringste Ahnung, was und wo das sein mochte. Frau Bologa, besorgt über seine Trauer, sagte am dritten Tag sehr sanft und wehmütig zu ihm:

»Lass gut sein, mein Liebling … Was wollen wir tun? Gott hat es so gewollt.«

»Warum«, fragte Apostol plötzlich zurück und sah sie mit leeren Augen an.

Die Mutter antwortete etwas, er aber vernahm ihre Worte nicht mehr, denn in dem Augenblick, als er die Frage aussprach, spürte er, wie in seiner Seele ein altes Gebäude, festgegründet wie eine tiefwurzelnde Eiche, mit furchtbarem Getöse zusammenbrach.

Ich habe Gott verloren, schoss es ihm durch den Kopf, und angsterfüllt schloss er die Augen, als wollte er dadurch den Ruin verhindern. Er hatte das überaus deutliche Gefühl, als stürzte er in eine bodenlose Schlucht und fände nirgendwo Halt. Das währte jedoch nur einen Augenblick oder noch kürzer, dann verharrte er mit verkrampftem Grauen im Herzen, als wäre er um Mitternacht allein auf einem riesigen Friedhof aufgewacht und wüsste nicht, wohin.

Verstört kehrte er nach Nassod zurück, mit von Zweifeln zerrissener Seele und der Gewissheit, dass sein Erdendasein jeglichen Sinn verloren hatte. Eine Zeitlang versuchte er noch, sich aus den Trümmern ein neues Haus zu bauen. Er merkte jedoch, wie ihn unter jedem Stein eine schmerzliche Frage ansprang, auf die es keine Antwort gab. Diese vergeblichen Mühen mit ihren unausgesetzten Qualen ermüdeten ihn bald. Dann jedoch erhob sich über ihnen, wie eine Siegesfahne, der Erkenntnisdrang, der Wunsch, genaue Antworten auf alle verstörenden Fragen zu finden.

Als werdender Abiturient verbrachte er die Ferien in Beratungen und Auseinandersetzungen mit seiner Mutter und dem Erzpriester Groza, die im Gedenken an die einstige himmlische Erscheinung trachteten, ihn auf eine Priesterlaufbahn einzuschwören. Apostol jedoch wollte von Theologie überhaupt nichts wissen. Er ging jetzt auf die Zwanzig zu, war hochgewachsen und sehr schlank, seine grüblerisch zerfurchte weiße Stirn und das lange, nach hinten gekämmte kastanienbraune Haar verliehen ihm etwas von der Anmutung der Jugendlichen zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, die für ihre Sehnsucht zu sterben bereit waren. Sosehr eine rauschhafte Lebenslust in seinem Herzen brodelte, so rastlos rang sein Kopf mit geheimnisvollen Fragen, und er litt körperliche Qualen, sooft er auf der Suche nach Erklärungen an die Mauern stieß, mit denen der menschlichen Erkenntnis ein Anfang und ein Ende gesetzt sind. Nachdenklich war er geworden, träumerisch gar mit romantischen Anwandlungen und einer Neigung zum Starrsinn. Frau Bologa sagte mit einem leichten Schatten des Bedauerns, er ähnele charakterlich dem Verstorbenen, was Apostol als schmeichelhaft empfand, denn je älter er wurde, desto mehr bewunderte er die Weisheit seines Vaters und mühte sich nach Kräften, es ihm mindestens gleichzutun. Als er merkte, dass Widerstand ohne Argumente weder seine Mutter, geschweige denn Groza zu überzeugen vermochte, erklärte er ihnen feierlich, dass er schon lange nicht mehr an Gott glaube und demzufolge keine Laufbahn wählen könne, die auf Betrug gründe. Der Erzpriester war erzürnt und ging, ohne ihm die Hand zu reichen, Frau Bologa wiederum weinte eine Woche lang und betete zum Allmächtigen, er möge ihren Sohn auf den rechten Weg zurückführen.

Apostol hatte schon lange beschlossen, Philosophie zu studieren. Als der Erzpriester das vernahm, verschärfte sich sein Ärger, und um die Widersetzlichkeit des verlorenen Sohnes zu brechen, riet er Frau Bologa, ihm die Geldmittel zu verweigern. Der Abiturient verfiel in Trübsinn. Tagelang beriet er sich mit seinem einzigen Freund in Parva, Alexandru Pălăgieșu, der nach einem Lehrgang Notargehilfe geworden war und nun darauf wartete, dass der alte Notar in Rente ging und er dessen Stelle übernahm. Infolge dieser Gespräche begab sich Apostol kurzentschlossen nach Nassod, beriet sich auch mit seinem ehemaligen Hausherrn und dem Direktor des Lyzeums, das Ergebnis war ein Gesuch an das Unterrichtsministerium, mit dem er ein staatliches Stipendium beantragte. Nach etwa drei Wochen kam auch der Bescheid: Er erhielt einen Platz in einem Studentenkolleg in Budapest, darin enthalten waren Kost und Logis und sogar ein paar Kronen monatlich als Taschengeld.

An der Universität stieß er auf erwartete und unerwartete Schwierigkeiten. Er bewältigte sie mit verbissenem Eifer. In ein paar Monaten lernte er Ungarisch und Deutsch, sodass die erste Prüfung ihm Glückwünsche und eine Einladung zum Essen seitens des alten, armen und noblen Professors für Philosophie eintrug. Zwischen dem Professor und seinem Schüler ergaben sich darauf Bindungen wie zwischen einem Beichtvater und einem Rechtgläubigen. Als Kenner der menschlichen Seele erlangte der Professor alsbald Einsicht in Apostols Unrast und gewann ihn lieb. Ihm erschien dieser junge Mann, bis in seine Grundfesten von Zweifeln erschüttert, als typischer Vertreter einer Generation, die den Glauben an Gott verloren hatte und hartnäckig nach etwas außerhalb der menschlichen Seele suchte, nach einem wissenschaftlich beglaubigten Gott ohne alle Geheimnisse und Unbekannten, nach einer absoluten Wahrheit, hinter der sich nichts mehr verbarg, in der selbst das Nichts enthalten sein und sich offenbaren sollte. Die Abgeklärtheit und Sympathie des Professors dämpften nach und nach das Ungestüm des Studenten. Schon in den ersten Hochschulferien kam Apostol mit einer »Lebensanschauung« nach Hause, die er den ganzen Sommer über Alexandru Pălăgieșu erläuterte, welcher Notar in Parva geworden war.

»Der einsame Mensch ist nicht mehr als ein Wurm«, sagte der Student mit einer Bestimmtheit, als hätte er den Stein der Weisen entdeckt. »Ein Aufflackern vergänglichen Bewusstseins … Nur die organisierte Gemeinschaft wird zur konstruktiven Kraft, lieber Freund! Vereinsamt verliert sich der Mensch, während in einer Gemeinschaft jede Anstrengung ihren Platz findet und alle gemeinsam zur Erhebung jedes Einzelnen ebenso beitragen, wie die gemeinsame Tätigkeit aller Gemeinschaften die Menschheit näher zu Gott bringt … Heutzutage werden wegen des Mangels an Organisation neunzig Prozent der Arbeit des menschlichen Gehirns verschwendet … Stell dir vor, was wäre, wenn durch perfekte Organisation die gedanklichen Anstrengungen aller Menschen gebündelt und auf dasselbe Ziel ausgerichtet würden! … Wie viele Menschen leben heute auf der Erde? … Zwei Milliarden, sagen wir mal … Nun, gäbe es denn überhaupt noch das Unbekannte, wenn zwei Milliarden Kilogramm grauer Materie sich in gemeinsamem Drang zum Sturm auf die verschlossenen Tore aufmachten?«

»Soll heißen, schlicht rumänisch gesprochen, wir sollen das, was wir tun, alle tun«, sagte der Notar. »Unsere Pflicht gegenüber dem Staat, nicht wahr? … Nun, das sagen ja auch unsere Gesetze …«

»Nein, nicht die Gesetze … Das Gewissen soll dir die Pflicht diktieren, nicht die Gesetze … Ein großer Unterschied«, ereiferte sich Apostol und nahm seine Erklärungen mit stürmischem Eifer wieder auf.

Zwei Jahre lang erprobte Apostol in Budapest unter allerlei Umständen seine »Lebensanschauung«, und nach jeder Probe erschien sie ihm besser, befriedigender. Das Leben in der Hauptstadt aber fand er unerträglich. Der Lärm auf den Straßen, der Egoismus der Menschen, die Mechanisierung des Lebens waren ihm ein Gräuel. Er strebte die Zivilisierung der Seele an, und diese schien ihm in den großen Menschenmengen unerreichbar. Inmitten der Natur fühlte er sich frei und näher am Herzen der Welt. Sooft er Zeit hatte, floh er die Stadt. Das Ofener Bergland kannte er wie die Umgebung von Parva. Nur wenn er nach Hause kam, merkte er, dass er sein Leben nach einem Schnittmuster gestaltet hatte, das hier überhaupt nicht geschätzt wurde. In Parva geriet seine Anschauung ins Wanken, und er musste sich anstrengen, damit sie nicht zerbröckelte. Hier wurde der Staat als Feind betrachtet. Gerade bei seinem dritten Ferienaufenthalt fand er das schlagende Argument in einem Gespräch mit dem Rechtsanwalt Domșa, der nach dem Tod des alten Bologa in Parva ein Vermögen gemacht hatte.

»Ich behaupte nicht, unser Staat sei gut«, rief Apostol, einer plötzlichen Eingebung folgend. »Behaupte ich gar nicht … Solange er aber besteht, müssen wir unsere Pflicht tun … Geben Sie mir einen besseren Staat, und ich verneige mich vor ihm. Einstweilen aber würden wir in Anarchie versinken, Herr Domșa! Im Leben müssen wir uns nach Tatsachen richten, nicht nach Wünschen!«

Der Rechtsanwalt Domșa mochte ihn und sagte ihm eine glänzende Zukunft voraus, wie übrigens alle Herren in Parva, gar jene in Nassod. Es hieß, Apostol sei der Liebling der Fakultät und werde es unweigerlich zum Hochschulprofessor bringen. Deshalb machte Domșa ihm ein wenig den Hof in der Hoffnung, er könnte seine Aufmerksamkeit auf Fräulein Marta richten, ein etwa siebzehnjähriges Mädchen, reizend und aufgeweckt, wie man im Tal des Samosch noch keines gesehen hatte, noch dazu ausgestattet mit einer herrschaftlichen Mitgift, war sie doch das einzige Kind gerade dieses Herrn Domșa.

Eines schönen Tages stattete Apostol, um die Diskussion fortzuführen, dem Rechtsanwalt einen Besuch ab. Er traf ihn nicht zu Hause an, wurde aber von Fräulein Marta empfangen. Er verweilte eine halbe Stunde, wobei er mit dem Fräulein nur über Bagatellen sprach und Domșas Eintreffen erhoffte. Am nächsten Tag kam er wieder und saß erneut eine halbe Stunde mit Marta zusammen. Und so eine ganze Woche lang, Tag für Tag, immer zur gleichen Zeit und zunehmend erfreut, dass der Anwalt nicht zu Hause war. Eine weitere Woche später sagte er strahlend zu Frau Bologa: »Du musst wissen, Mutter, ich werde mich mit Domșas Tochter verloben!«

Frau Bologa erstarrte. Marta erschien ihr allzu kokett und flatterhaft. Ein Mädchen, aufgewachsen, wie das Schicksal es gerade gefügt hatte, Frau Domșa war vor etwa vier Jahre gestorben – das konnte keine rechte Frau für Apostol sein. Sie versuchte sich zu widersetzen. Wieder rief sie den Erzpriester Groza zu Hilfe. Alles vergeblich. Die Verlobung wurde, ohne Zeremonie, in der Familie vollzogen, man beschloss allerdings, dass sie erst Hochzeit feiern sollten, wenn Apostol seine Studien abgeschlossen hatte, in einem oder zwei Jahren.

Bald nach der Verlobung erschien in Parva ein Leutnant der Kaiserjäger, überaus schneidig und eingebildet, der Sohn des ungarischen Richters. Apostol hatte nur Geringschätzung für ihn übrig und meinte, er sei hohl und unbedarft, während Marta ihn interessant und nett fand. Den Sonntag darauf fand der Wohltätigkeitsball statt. Zwar war Apostol kein Tänzer, an jenem Abend jedoch tanzte er verbissen, um dem anderen ja nicht nachzustehen. Der Leutnant aber forderte höchstens drei Mädchen auf, darunter auch Marta. Und da erspähte Apostol in ihrem Gesicht einen Stolz und eine Freude, die nur dürftig verhohlen waren.

Binnen drei Tagen füllte sich die Seele des Verlobten mit Gift. Er kam sich unglückselig vor und wurde von Todesgedanken heimgesucht. Er verglich sein Bild mit dem des Leutnants in Martas Seele und war sich sicher, dass Marta die blitzende Uniform, die Sporen wählen würde. Dabei hatte er, Sohn einer Witwe, gar nicht gedient! In einem verzweifelten Augenblick überlegte er, es wäre gut, wenn er auf die Gunst des Wehrdienstgesetzes verzichtete, nach einem Jahr im Offiziersrock wiederkäme und Marta zeigte, dass auch er sein konnte wie der andere … Jedenfalls wird er sich um keinen Preis aus Martas Liebe verbannen lassen. Gerade weil das so ist, liebt er sie noch mehr. Er wird kämpfen und sie endgültig erobern. Wenn sie nicht imstande ist, sich bis zu seiner Höhe heraufzuschwingen, wird er sich zu ihr hinabbegeben. Marta aber muss ihn lieben, ihn allein!