Der Zerbrochene Krug - Heinrich von Kleist - E-Book + Hörbuch

Der Zerbrochene Krug E-Book

Heinrich Von Kleist

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Beschreibung

Der Zerbrochene Krug Heinrich von Kleist - Der zerbrochne Krug ist ein Lustspiel von Heinrich von Kleist und eines seiner bekanntesten Werke. Die Komödie ist in Blankversen verfasst. Das Stück gehört zum Kanon der deutschen Literatur, ist weit verbreitete Schullektüre und diente mehrfach als Vorlage zu Opern und Filmen.Im Mittelpunkt des um 1685 in der Gerichtsstube in Huisum, einem fiktiven niederländischen Dorf (in der Provinz Utrecht) spielenden Geschehens steht der titelgebende zerbrochene Krug, welcher der Frau Marthe Rull gehört. Sie beschuldigt Ruprecht, den Verlobten ihrer Tochter Eve, am vorherigen Abend den Krug in ihrem Haus zerstört zu haben. Ruprecht hingegen versichert, dass ein Fremder ins Haus eingebrochen sei und dieses fluchtartig durch ein Fenster verlassen habe, wobei er den Krug vom Fensterbrett gestoßen habe.Gerichtsschreiber Licht überrascht Richter Adam morgens beim Verbinden frischer Wunden. Adam erklärt, beim Aufstehen gestrauchelt und gegen den Ofen gefallen zu sein. Licht gibt sich damit einstweilen zufrieden, lässt aber durchblicken, dass er eher an ein erotisches Abenteuer seines Vorgesetzten glaube, bei dem ihm ein kräftiger Nebenbuhler in die Quere kam.Da lässt sich Gerichtsrat Walter melden. Er ist aus Utrecht entsandt, um Gerichtskassen und Akten zu prüfen. Adam gerät in Panik, zumal seine richterliche Perücke verschwunden und kein Ersatz zur Hand ist. Obendrein ist auch noch Gerichtstag, Klägerin, Beklagter und Zeugen warten schon vor der Tür. Der Richter ahnt, w

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Heinrich von Kleist
Der Zerbrochene Krug

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Personen:

Walter, Gerichtsrat Adam, Dorfrichter Licht, Schreiber Frau Marthe Rull Eve, ihre Tochter Veit Tümpel, ein Bauer Ruprecht, sein Sohn Frau Brigitte Ein Bedienter, Büttel, Mägde usw.

Die Handlung spielt in einem niederländischen Dorf bei Utrecht

Erster Auftritt

Adam sitzt und verbindet sich ein Bein. Licht tritt auf.

Licht Ei, was zum Henker, sagt, Gevatter Adam! Was ist mit Euch geschehn? Wie seht Ihr aus?

Adam Ja, seht. Zum Straucheln brauchts doch nichts als Füße. Auf diesem glatten Boden, ist ein Strauch hier? Gestrauchelt bin ich hier; denn jeder trägt Den leid'gen Stein zum Anstoß in sich selbst.

Licht Nein, sagt mir, Freund! Den Stein trüg jeglicher—?

Adam Ja, in sich selbst!

Licht Verflucht das!

Adam Was beliebt?

Licht Ihr stammt von einem lockern Ältervater, Der so beim Anbeginn der Dinge fiel, Und wegen seines Falls berühmt geworden; Ihr seid doch nicht—?

Adam Nun?

Licht Gleichfalls—?

Adam Ob ich—? Ich glaube—! Hier bin ich hingefallen, sag ich Euch.

Licht Unbildlich hingeschlagen?

Adam Ja, unbildlich. Es mag ein schlechtes Bild gewesen sein.

Licht Wann trug sich die Begebenheit denn zu?

Adam Jetzt, in dem Augenblick, da ich dem Bett Entsteig. Ich hatte noch das Morgenlied Im Mund, da stolpr ich in den Morgen schon, Und eh ich noch den Lauf des Tags beginne, Renkt unser Herrgott mir den Fuß schon aus.

Licht Und wohl den linken obenein?

Adam Den linken?

Licht Hier, den gesetzten?

Adam Freilich!

Licht Allgerechter! Der ohnehin schwer den Weg der Sünde wandelt?

Adam Der Fuß! Was? Schwer! Warum?

Licht Der Klumpfuß?

Adam Klumpfuß! Ein Fuß ist, wie der andere, ein Klumpen.

Licht Erlaubt! Da tut Ihr Eurem rechten unrecht. Der rechte kann sich dieser—Wucht nicht rühmen, Und wagt sich ehr aufs Schlüpfrige.

Adam Ach, was! Wo sich der eine hinwagt, folgt der andre.

Licht Und was hat das Gesicht Euch so verrenkt?

Adam Mir das Gesicht?

Licht Wie? Davon wißt Ihr nichts?

Adam Ich müßt ein Lügner sein—wie siehts denn aus?

Licht Wie's aussieht?

Adam Ja, Gevatterchen.

Licht Abscheulich!

Adam Erklärt Euch deutlicher.

Licht Geschunden ists, Ein Greul zu sehn. Ein Stück fehlt von der Wange, Wie groß? Nicht ohne Waage kann ichs schätzen.

Adam Den Teufel auch!

Licht bringt einen Spiegel. Hier! Überzeugt Euch selbst! Ein Schaf, das, eingehetzt von Hunden, sich Durch Dornen drängt, läßt nicht mehr Wolle sitzen, Als Ihr—Gott weiß wo?—Fleisch habt sitzen lassen.

Adam Hm! Ja! 's ist wahr. Unlieblich sieht es aus. Die Nas hat auch gelitten.

Licht Und das Auge.

Adam Das Auge nicht, Gevatter.

Licht Ei, hier liegt Querfeld ein Schlag, blutrünstig, straf mich Gott, Als hätt ein Großknecht wütend ihn geführt.

Adam Das ist der Augenknochen.—Ja, nun seht, Das alles hatt ich nicht einmal gespürt.

Licht Ja, ja! So gehts im Feuer des Gefechts.

Adam Gefecht! Was?—Mit dem verfluchten Ziegenbock Am Ofen focht ich, wenn Ihr wollt. Jetzt weiß ichs. Da ich das Gleichgewicht verlier, und gleichsam Ertrunken in den Lüften um mich greife, Fass' ich die Hosen, die ich gestern abend Durchnäßt an das Gestell des Ofens hing. Nun fass' ich sie, versteht Ihr, denke mich, Ich Tor, daran zu halten, und nun reißt Der Bund; Bund jetzt und Hos und ich, wir stürzen, Und häuptlings mit dem Stirnblatt schmettr ich auf Den Ofen hin, just wo ein Ziegenbock Die Nase an der Ecke vorgestreckt.

Licht lacht. Gut, gut.

Adam Verdammt!

Licht Der erste Adamsfall, Den Ihr aus einem Bett hinaus getan.

Adam Mein Seel!—Doch, was ich sagen wollte, was gibts Neues?

Licht Ja, was es Neues gibt! Der Henker hols, Hätt ichs doch bald vergessen.

Adam Nun?

Licht Macht Euch bereit auf unerwarteten Besuch aus Utrecht.

Adam So?

Licht Der Herr Gerichtsrat kömmt.

Adam Wer kömmt?

Licht Der Herr Gerichtsrat Walter kömmt, aus Utrecht. Er ist in Revisions-Bereisung auf den Ämtern, Und heut noch trifft er bei uns ein.

Adam Noch heut! Seid Ihr bei Trost?

Licht So wahr ich lebe. Er war in Holla, auf dem Grenzdorf, gestern, Hat das Justizamt dort schon revidiert. Ein Bauer sah zur Fahrt nach Huisum schon Die Vorspannpferde vor den Wagen schirren.

Adam Heut noch, er, der Gerichtsrat, her, aus Utrecht! Zur Revision, der wackre Mann, der selbst Sein Schäfchen schiert, dergleichen Fratzen haßt. Nach Huisum kommen und uns kujonieren!

Licht Kam er bis Holla, kommt er auch bis Huisum. Nehmt Euch in acht.

Adam Ach, geht!

Licht Ich sag es Euch.

Adam Geht mir mit Eurem Märchen, sag ich Euch.

Licht Der Bauer hat ihn selbst gesehn, zum Henker.

Adam Wer weiß, wen der triefäugige Schuft gesehn. Die Kerle unterscheiden ein Gesicht Von einem Hinterkopf nicht, wenn er kahl ist. Setzt einen Hut dreieckig auf mein Rohr, Hängt ihm den Mantel um, zwei Stiefeln drunter, So hält so'n Schubjak ihn, für wen Ihr wollt.

Licht Wohlan, so zweifelt fort, ins Teufels Namen, Bis er zur Tür hier eintritt.

Adam Er, eintreten!— Ohn uns ein Wort vorher gesteckt zu haben.

Licht Der Unverstand! Als obs der vorige Revisor noch, der Rat Wacholder, wäre! Es ist Rat Walter jetzt, der revidiert.

Adam Wenn gleich Rat Walter! Geht, laßt mich zufrieden. Der Mann hat seinen Amtseid ja geschworen, Und praktisiert, wie wir, nach den Bestehenden Edikten und Gebräuchen.

Licht Nun, ich versichr Euch, der Gerichtsrat Walter Erschien in Holla unvermutet gestern, Vis'tierte Kassen und Registraturen, Und suspendierte Richter dort und Schreiber, Warum? ich weiß nicht, ab officio.

Adam Den Teufel auch? Hat das der Bauer gesagt?

Licht Dies und noch mehr—

Adam So?

Licht Wenn Ihrs wissen wollt. Denn in der Frühe heut sucht man den Richter, Dem man in seinem Haus Arrest gegeben, Und findet hinten in der Scheuer ihn Am Sparren hoch des Daches aufgehangen.

Adam Was sagt Ihr?

Licht Hilf inzwischen kommt herbei, Man löst ihn ab, man reibt ihn, und begießt ihn, Ins nackte Leben bringt man ihn zurück.

Adam So? Bringt man ihn?

Licht Doch jetzo wird versiegelt In seinem Haus, vereidet und verschlossen, Es ist, als wär er eine Leiche schon, Und auch sein Richteramt ist schon beerbt.

Adam Ei, Henker, seht!—Ein liederlicher Hund wars— Sonst eine ehrliche Haut, so wahr ich lebe, Ein Kerl, mit dem sichs gut zusammen war; Doch grausam liederlich, das muß ich sagen. Wenn der Gerichtsrat heut in Holla war, So gings ihm schlecht, dem armen Kauz, das glaub ich.

Licht Und dieser Vorfall einzig, sprach der Bauer, Sei schuld, daß der Gerichtsrat noch nicht hier; Zu Mittag treff er doch ohnfehlbar ein.

Adam Zu Mittag! Gut, Gevatter! Jetzt gilts Freundschaft. Ihr wißt, wie sich zwei Hände waschen können. Ihr wollt auch gern, ich weiß, Dorfrichter werden, Und Ihr verdients, bei Gott, so gut wie einer. Doch heut ist noch nicht die Gelegenheit, Heut laßt Ihr noch den Kelch vorübergehn.

Licht Dorfrichter, ich! Was denkt Ihr auch von mir?

Adam Ihr seid ein Freund von wohlgesetzter Rede, Und Euren Cicero habt Ihr studiert Trotz Einem auf der Schul in Amsterdam. Drückt Euren Ehrgeiz heut hinunter, hört Ihr? Es werden wohl sich Fälle noch ergeben, Wo Ihr mit Eurer Kunst Euch zeigen könnt.

Licht Wir zwei Gevatterleute! Geht mir fort.

Adam Zu seiner Zeit, Ihr wißts, schwieg auch der große Demosthenes. Folgt hierin seinem Muster. Und bin ich König nicht von Mazedonien, Kann ich auf meine Art doch dankbar sein.

Licht Geht mir mit Eurem Argwohn, sag ich Euch. Hab ich jemals—?

Adam Seht, ich, ich, für mein Teil, Dem großen Griechen folg ich auch. Es ließe Von Depositionen sich und Zinsen Zuletzt auch eine Rede ausarbeiten: Wer wollte solche Perioden drehn?

Licht Nun, also!

Adam Von solchem Vorwurf bin ich rein, Der Henker hols! Und alles, was es gilt, Ein Schwank ists etwa, der, zur Nacht geboren, Des Tags vorwitz'gen Lichtstrahl scheut.

Licht Ich weiß.

Adam Mein Seel! Es ist kein Grund, warum ein Richter, Wenn er nicht auf dem Richtstuhl sitzt, Soll gravitätisch wie ein Eisbär sein.

Licht Das sag ich auch.

Adam Nun denn, so kommt, Gevatter, Folgt mir ein wenig zur Registratur; Die Aktenstöße setz ich auf, denn die, Die liegen wie der Turm zu Babylon.

Zweiter Auftritt

Ein Bedienter tritt auf. Die Vorigen.—Nachher zwei Mägde.

Der Bediente Gott helf, Herr Richter! Der Gerichtsrat Walter Läßt seinen Gruß vermelden, gleich wird er hier sein.

Adam Ei, du gerechter Himmel! Ist er mit Holla Schon fertig?

Der Bediente Ja, er ist in Huisum schon.

Adam He! Liese! Grete!

Licht Ruhig, ruhig jetzt.

Adam Gevatterchen!

Licht Laßt Euern Dank vermelden.

Der Bediente Und morgen reisen wir nach Hussahe.

Adam Was tu ich jetzt? Was laß ich? Er greift nach seinen Kleidern.

Erste Magd tritt auf. Hier bin ich, Herr.

Licht Wollt Ihr die Hosen anziehn? Seid Ihr toll?

Zweite Magd tritt auf. Hier bin ich, Herr Dorfrichter.

Licht Nehmt den Rock.

Adam sieht sich um. Wer? Der Gerichtsrat?

Licht Ach, die Magd ist es.

Adam Die Bäffchen! Mantel! Kragen!

Erste Magd Erst die Weste!

Adam Was?—Rock aus? Hurtig!

Licht zum Bedienten. Der Herr Gerichtsrat werden Hier sehr willkommen sein. Wir sind sogleich Bereit, ihn zu empfangen. Sagt ihm das.

Adam Den Teufel auch! Der Richter Adam läßt sich Entschuldigen.

Licht Entschuldigen!

Adam Entschuld'gen. Ist er schon unterwegs etwa?

Der Bediente Er ist Im Wirtshaus noch. Er hat den Schmied bestellt; Der Wagen ging entzwei.

Adam Gut. Mein Empfehl! Der Schmied ist faul. Ich ließe mich entschuldigen. Ich hätte Hals und Beine fast gebrochen, Schaut selbst, 's ist ein Spektakel, wie ich ausseh; Und jeder Schreck purgiert mich von Natur. Ich wäre krank.

Licht Seid Ihr bei Sinnen?— Der Herr Gerichtsrat wär sehr angenehm. —Wollt Ihr?

Adam Zum Henker!

Licht Was?

Adam Der Teufel soll mich holen, Ists nicht so gut, als hätt ich schon ein Pulver!

Licht Das fehlt noch, daß Ihr auf den Weg ihm leuchtet.

Adam Margarete! he! Der Sack voll Knochen! Liese!

Die beiden Mägde