Detektei für magisches Unwesen – Drei Helden für ein Honigbrot - Lotte Schweizer - E-Book
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Detektei für magisches Unwesen – Drei Helden für ein Honigbrot E-Book

Lotte Schweizer

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Beschreibung

Spannend, magisch, einfach entzückend Wiesenschrate, Gurkentrolle, Irrlichter – überall verschwinden Fabelwesen! Peggory Jones, Agent für Magisches und Fabelwesen, hat alle Hände voll zu tun. Die Spur führt ihn in das beschauliche Kiesbach, wo auch schon Jannik tief in Detektivarbeit steckt. Denn seltsame Honigdiebstähle erschüttern den friedlichen Ort. Keine Frage, Jannik und seine beiden Freundinnen Pola und Lulu müssen ermitteln. Und nachdem sie von Peggory in die Geheimnisse der Fabelwelt eingeweiht werden, ist auch klar, dass Janniks neuer Nachbar Herr Grauenmeier etwas im Schilde führt. Ob sie gemeinsam den magisch-klebrigen Fall lösen können? Zu diesem Buch finden Sie Quizfragen auf antolin.de

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Seitenzahl: 162

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Lotte Schweizer

Detektei für magisches Unwesen

Drei Helden für ein Honigbrot

Mit Illustrationen von Alexandra Helm

dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

 

 

 

Für M. – möge immer einePrise Magie in deinem Herzen sein.

Prolog

Peggory Jones stolperte beinahe über eine Wurzel, als er durch das unterirdische Foyer des Geheimdienstes für streng geheime Angelegenheiten hastete. Seine Augen mussten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen. Da halfen auch die paar schwebenden Fackeln nicht viel.

»Ich bin Geheimagent und kein Maulwurf«, brummte Peggory und klopfte ein paar Erdkrümel von seinem Aktenkoffer. Er hasste es, wenn er der Zentrale des Geheimdienstes einen Besuch abstatten musste. Sie lag gut verborgen unter einem Feenhügel. Natürlich war es ein großer Vorteil, dass sie für Menschen damit praktisch unsichtbar war. Allerdings musste Peggory sich vor dem Zutritt mithilfe von Schrumpfgarn auf Feengröße bringen und davon wurde ihm immer schrecklich übel. Klarer Nachteil. Außerdem roch es muffig.

Er durchquerte das Foyer und hielt auf die Einlasskontrolle zu. In den vergangenen Jahrhunderten hatten zahlreiche Eindringlinge versucht, in das Innere des Feenhügels zu gelangen, um seine Geheimnisse zu stehlen. Deswegen waren gewisse Sicherheitsvorkehrungen unumgänglich. Trotzdem verzichtete der Vorstand auf neumodischen Firlefanz wie Fingerprint und Augenscanner. Nein, hier wurde noch auf gute alte Magie gesetzt. Der Torbogen, durch den man zu den geheimen Büroräumen gelangte, wurde von einem feinen Netz aus Feenhaar versperrt. Das Geflecht wirkte auf den ersten Blick zarter als Spinnweben und doch war es stärker als Stahl. Außerdem hinterließ es hässliche Verbrennungen, wenn man sich verbotenerweise daran zu schaffen machte. Neben dem Tor befand sich ein Empfangstresen und hinter diesem saß eine Erdkröte in einer blauen Uniform. Sie löste Kreuzworträtsel und ihre lange Zunge schnellte vor Freude jedes Mal hervor, wenn sie eine richtige Antwort wusste.

»Morgen, Hilda«, grüßte Peggory und zeigte der guten Ordnung halber seinen Dienstausweis vor.

»Du bist zu spät«, erwiderte die Kröte.

Ohne von ihrem Rätsel aufzublicken, betätigte sie einen Schalter und das Netz zerfiel raschelnd zu funkelndem Staub. »Möchte nicht in deiner Haut stecken«, quakte die Kröte weiter. »Die Chefin ist nicht gut auf dich zu sprechen. Kennst du zufällig ein Feuer speiendes Fabelwesen mit sieben Buchstaben?«, fragte sie noch, aber da war Peggory schon längst durch das Tor geeilt und folgte den verschlungenen Gängen immer tiefer unter die Erde. Sein Weg führte ihn vorbei an zahlreichen verschlossenen Bürotüren. Keine Tür glich der anderen. Manche waren hoch und schmal, andere klein und breit. Ein paar waren smaragdgrün, einige weinrot und wieder andere nachtblau. Die Türen hatten die lästige Angewohnheit, regelmäßig ihre Position zu verändern, sodass nie ganz klar war, wo man eigentlich hinmusste, wenn man einen Termin hatte. In der Dunkelheit konnte Peggory kaum etwas erkennen. Schwebende Fackeln waren eigensinnige Dinger. Sie flogen mal hierhin und mal dorthin, sodass es im Feenhügel immer wieder Ecken gab, in denen man kaum zwei Meter weit sehen konnte. Peggory fragte sich, ob er sein Ziel womöglich schon verpasst hatte, aber da entdeckte er die runde Eichentür mit dem goldenen Knauf und den filigranen Blütenschnitzereien. Hier war er richtig. Die Aufschrift auf dem Türschild lautete:

Violet Smith – DMF-L

Leiterin Dezernat für Magisches und Fabelwesen

Peggory rückte sich den Hut zurecht und straffte die Schultern. Er wusste, dass er es dieses Mal mit seinen Ermittlungsmethoden vielleicht ein wenig übertrieben hatte. Im Kopf ging er noch einmal durch, was er sagen wollte. Dann trat er ein.

»Mrs Smith, ich weiß, ich bin zu spät, aber ich habe einen guten Grund. Es ist nämlich so, dass …«, setzte er an. Doch Mrs Smith brachte ihn mit einem strengen Blick zum Schweigen. Sie saß hinter ihrem Schreibtisch und sah in ihrem grauen Kostüm fast aus wie eine ganz normale Chefin in einem ganz normalen Büro. Wären da nicht die spitzen Feenohren gewesen.

Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Mr Jones, würden Sie mir mal verraten, wo Sie sich herumgetrieben haben? Im ganzen Land verschwinden Fabelwesen und mein bester Mann ist nicht erreichbar. Himmel, Jones, ich habe Sie auf den Fall angesetzt, weil ich Ihnen vertraut habe.«

»Der Fall! Aber genau darum geht es doch, Mrs Smith. Also, die verschwundenen Fabelwesen …«, versuchte Peggory es wieder. Aber die Chefin hörte ihm nicht zu. Sie knallte einen Stapel loser Blätter auf den Tisch. »Sehen Sie? Das sind alles Beschwerden über Sie.«

Sie fischte ein Blatt Papier aus dem Haufen.

»Zum Beispiel das hier: Unbefugte Anstiftung zur Verwendung schwarzer Magie!«

»Schwarz?«, fragte er. »Steht da wirklich schwarz? Ich würde eher sagen … grau?« Er lächelte seine Chefin unschuldig an. Mrs Smith schloss die Augen und massierte sich die Nasenwurzel. »Jones, Sie sind mein bester Mann, das wissen Sie. Aber ich fürchte, wenn Sie nicht bald Ergebnisse liefern, muss ich Sie von dem Fall abziehen.«

Jetzt reichte es Peggory.

»Dürfte ich vielleicht endlich auch mal etwas sagen?« Er legte seinen Aktenkoffer vor sie auf den Tisch. Dabei fegte er – ganz aus Versehen – den Stapel mit den Beschwerden auf den Boden. Während er an dem Zahlenschloss des Koffers herumfummelte, sagte er: »Sie dürfen mich nicht von dem Fall abziehen! Ich stehe kurz vor einem Durchbruch.«

Mrs Smith trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Tischplatte. »Kommen Sie zum Punkt, Jones!«

»Die schwarz… ähäm … graue Magie, das hängt alles mit dem Fall zusammen«, erklärte Peggory. »Ich habe nämlich meinen Fabelkompass von einer Hexe frisieren lassen!«

Mrs Smith schnappte nach Luft. »Sie haben was?«, rief sie. »Mr Jones, der Fabelkompass ist behördliches Eigentum! Da dürfen Sie doch nicht einfach so dran herumpfuschen!«

»Musste aber sein«, sagte Peggory. »Und es hat sich gelohnt. Warten Sie ab, bis Sie sehen, was er jetzt kann.« Er kramte eine zerknitterte Landkarte aus seinem Aktenkoffer. »Normalerweise zeigt ein Fabelkompass nur an, wo sich Fabelwesen aufhalten, richtig?«, fragte er, während er die Karte auseinanderfaltete und glatt strich. Mrs Smith nickte. Mit einem roten Stift hatte Peggory auf der Karte vermerkt, an welchen Orten bisher überall Fabelwesen verschwunden waren. Es waren erschreckend viele.

»Aber jetzt«, sagte er stolz und zog einen kleinen goldenen Kompass aus der Manteltasche, »jetzt zeigt er auch an, in welchen Gegenden akute Gefahr für Fabelwesen besteht!«

»Und das soll funktionieren?«, fragte Mrs Smith ungläubig. Peggory nickte. Er klappte den Kompass auf. Die Windrose auf dem perlmuttfarbenen Blatt funkelte wie Sternenstaub. Langsam fuhr er mit dem Kompass über die Karte. Hin und wieder schwirrte eine goldene Sternschnuppe über das Kompassblatt.

»Ist doch alles wie immer?« Die Chefin hob fragend die Augenbrauen, aber Peggory bedeutete ihr mit einer Geste, Ruhe zu bewahren. Plötzlich erschien ein kleiner, dunkler Fleck auf dem Kompassblatt und die Nadel erzitterte. Peggory tippte mit dem Finger auf den Ort, an dem der Kompass reagiert hatte.

»Mit ziemlicher Sicherheit wird irgendwo hier das nächste Fabelwesen verschwinden«, sagte er mit ernster Miene. »Jedenfalls, wenn ich es nicht verhindern kann.« Mrs Smith starrte auf die Landkarte.

»In Kiesbach?«, fragte sie mit gerunzelter Stirn. »Wo liegt das überhaupt? Also ich weiß nicht …«

»Es macht Sinn«, beteuerte Peggory. Er klappte die Karte ein Stück weiter auf. »Sehen Sie? Ganz in der Nähe des Dorfes liegt ein Fabelwald.« Er fuhr mit dem Kompass über das Waldgebiet und ein goldener Sternschnuppenschauer rauschte über das Kompassblatt. Mrs Smith riss die Augen auf. »Dort wimmelt es von Fabelwesen«, sagte sie. »Und Sie meinen, die sind jetzt gerade in diesem Moment alle in Gefahr?« Peggory nickte abermals. Die Chefin lehnte sich seufzend in ihrem Stuhl zurück und betrachtete ihren besten Geheimagenten nachdenklich.

»Okay«, sagte sie dann. »Sie bekommen eine letzte Chance. Packen Sie Ihr Büro ein und ab nach Kiesbach mit Ihnen.«

Peggory atmete erleichtert auf. Er stopfte die Karte zurück in den Koffer und eilte zur Tür.

»Mr Jones?«, sagte die Chefin noch, bevor er hinaus in den dunklen Gang trat. »Enttäuschen Sie mich nicht!«

Peggory lächelte sie an und tippte sich zum Abschied an die Hutkrempe. »Habe ich Sie jemals enttäuscht, Mrs Smith?«

»Bisher nicht«, sagte die Leiterin des Dezernats für Magisches und Fabelwesen leise, nachdem sich die Tür hinter dem Geheimagenten geschlossen hatte. Die Beschwerdebriefe auf dem Boden raschelten entrüstet.

1. Kapitel

In dem sich der Dorfpolizist Olaf an einer Mohnschnecke verschluckt

»10:13 Uhr, Zielperson verspeist die dritte Mohnschnecke an diesem Morgen«, diktierte Jannik, und Lulu notierte seine Beobachtung in das Bandenbuch. Es war dick wie drei Schinkenbrote, aber es stand noch nicht viel Nennenswertes darin.

»Das ist so öde«, stöhnte Pola und pustete einen Marienkäfer von einer Blüte. »Müssen wir unseren ersten Ferientag echt damit verbringen, dem Dorfpolizisten nachzuspionieren?«

»Wir spionieren nicht, wir observieren«, korrigierte Jannik. »Und selbstverständlich muss das sein. So bekommen wir aus erster Hand mit, wenn es einen Fall gibt.«

»Einen Fall in Kiesbach?«, prustete Pola. »Was soll das sein? Das letzte Großereignis war ein Sack Mehl, der in Majas Backstube umgefallen ist.«

Jannik verdrehte die Augen, obwohl er wusste, dass seine Freundin damit leider nicht ganz unrecht hatte.

Jannik, Pola und Lulu gingen nicht nur in die gleiche Klasse, sie waren auch die allerbesten Freunde. Trotzdem herrschte bei einer sehr wichtigen Sache Uneinigkeit. Jannik fand, dass Kiesbach dringend eine Detektivbande brauchte. Pola und Lulu sahen das anders. Schließlich passierte in dem kleinen Dorf mit dem gemütlichen Marktplatz, den alten Häusern und windschiefen Dächern so gut wie nie etwas. Doch die beiden brachten es nicht übers Herz, Jannik hängen zu lassen. Ihm zuliebe hatten sie bereits gemeinsam Polas Stofftiere der Geldwäsche überführt, gegen Lulus Tante wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses ermittelt (es ging um das hässliche rosa Sonntagskleid) und deren Katze wegen Leckerlidiebstahls verhaftet. Nur einen richtig echten Fall mit einem richtig echten Verbrechen hatten sie noch nie gelöst. Aber Jannik war sich sicher: In Kiesbach lag etwas in der Luft. Wenn die drei dranblieben, würden sie bald auf ihren ersten richtigen Fall stoßen.

Und so kam es, dass er und seine zwei unfreiwilligen Bandenmitglieder am ersten Tag der Sommerferien in der Blumenhecke vor Majas Backstube hockten und den Dorfpolizisten Olaf observierten.

Jannik spähte durch ein Fernglas, obwohl die drei nur wenige Meter von Olaf entfernt saßen.

»Ich finde, Pola hat recht«, sagte Lulu. Eine Biene brummte um ihren Kopf herum und ließ sich auf einer Blüte nieder. »Das ist die reinste Zeitverschwendung. Meine Eltern wären stinksauer, wenn sie wüssten, dass ich nicht lerne! Frau Kleppermann musste beide Augen und sogar ihre Hühneraugen zudrücken, damit ich in Deutsch nicht durchfalle. Meine Eltern haben ihr versprochen, dass ich in den Ferien den ganzen Stoff aufhole und eine Nachprüfung ablege. Seitdem sitzen sie mir im Nacken: Lulu, erkläre uns die Kommaregeln! Lulu, buchstabiere ›Klettergerüst‹!«

»Immerhin interessieren deine Eltern sich für dich«, brummte Pola. »Meine wissen nicht mal, dass es grad Zeugnisse gab.«

»Pssst«, fiel Jannik den beiden ins Wort. »Da tut sich was!« Olaf verschwand in Majas Backstube. Einen Augenblick später tauchte er mit der vierten Mohnschnecke wieder auf. »10:24 Uhr, Zielperson …«

»Ich seh’s selbst«, zischte Lulu und kritzelte eine Notiz in das Bandenbuch. Olaf pulte mit dem kleinen Finger ein Mohnkörnchen aus seinen Zähnen.

»Hoffentlich sieht mich hier niemand! Ich würde im Erdboden versinken!« Pola öffnete die Frontkamera ihres Handys und überprüfte ihre Frisur. Wie immer waren ihre blauen Haare zu zwei Hörnchen gezwirbelt. Es sah aus, als hätte sie Katzenohren.

Olaf lehnte sich zurück und öffnete den obersten Knopf seiner Uniformhose. Die saß ihm so eng am Bauch wie Pelle an der Wurst. Dann schlug er die Beine übereinander und die Tageszeitung auf.

»Ahhh, jetzt noch ’n Käffchen! Maja, machste mir einen? Mit drei Stück Zucker!«, rief er, ohne von seiner Zeitung aufzusehen.

»So! Mir reicht’s für heute. Ich geh zum Badesee.«

Olaf sah verwundert von seiner Zeitung auf, als Pola aus der Blumenhecke sprang.

»Ich komme mit!« Lulu erhob sich ebenfalls.

»Wartet!«, rief Jannik aufgeregt und zog Lulu an ihrem T-Shirt zurück. »Ich habe was entdeckt.« Die Mädchen blieben zögernd stehen. Jannik kniff hinter seinem Fernglas die Augen zusammen, um zu entziffern, was auf dem Titelblatt von Olafs Zeitung stand. »Honigdiebstahl in Kiesbach«, las er vor. »Habt ihr was davon mitbekommen?« Pola und Lulu schüttelten die Köpfe und kletterten zurück zu Jannik ins Gebüsch.

»Im Feinkostladen Piepenbrink wurden gestern am frühen Morgen sieben Gläser von dem feinen Blattgoldhonig entwendet. Zeugen werden dazu aufgerufen, sachdienliche Hinweise an die örtliche Polizeibehörde weiterzugeben.«

Jannik stieß einen leisen Pfiff aus. »Na bitte, habe ich es euch nicht gesagt? Irgendwas geht hier vor sich!«

»Ich weiß nicht«, murmelte Pola. »Es sind doch bloß ein paar Honiggläser.«

Olaf biss beherzt in seine Mohnschnecke. Plötzlich gab das Funkgerät an seinem Gürtel ein Knistern von sich. »Olaf, bitte kommen! Einbruch bei Oma Ilse«, knarzte eine Stimme und der Polizist verschluckte sich vor Schreck. »Olaf, bitte kommen«, wiederholte die Stimme. Aber Olaf musste fürchterlich husten.

»Hier Olaf«, keuchte er in sein Funkgerät. »Was soll ich denn jetzt machen?«

»Na, zu Oma Ilse fahren und ermitteln. Over and out«, erwiderte die Stimme aus dem Funkgerät. Der Polizist blieb einen Moment lang unglücklich sitzen. Er knöpfte sich die Hose zu, schlurfte zu seinem Dienstfahrrad, schnallte sich den Fahrradhelm auf und aktivierte das Blaulicht, das darauf befestigt war. Dann machte er sich auf den Weg zu Oma Ilse.

Jannik, Pola und Lulu sahen ihm verblüfft hinterher.

2. Kapitel

In dem Olaf Fiffi verdächtigt und damit falschliegt

Ohne Dienstfahrrad brauchten Jannik, Pola und Lulu etwas länger zum Tatort als Olaf, und so war das Verhör schon in vollem Gange, als sie bei Oma Ilse eintrafen.

»Ich war drinnen, nur ganz kurz, um mir einen Tee zu kochen. Kamille. Ich hab’s immer so mit dem Magen«, gab Oma Ilse gerade zu Protokoll, als die Detektive durch das Gartentor traten. Die beiden saßen unter dem Sonnenschirm auf der Terrasse und vor Olaf stand ein großes Glas Limonade.

»Hallo, Kinder!« Oma Ilse freute sich sehr, als sie die drei entdeckte. Olaf beäugte Jannik, Pola und Lulu misstrauisch. »Was wollt ihr denn hier? Verfolgt ihr mich etwa?«

Bevor die Kinder etwas antworten konnten, fragte Oma Ilse: »Mögt ihr ein paar Kekse?«

»Nee, danke! Wurde bei dir wirklich eingebrochen?« Jannik war ungeduldig. Sein Magen schlug einen Purzelbaum vor Aufregung. Stand die Bande gerade tatsächlich vor ihrem ersten Fall?

»Ach, genau! Das wollte ich dem Olaf gerade erzählen. Ich wurde bestohlen. Stellt euch das nur vor! Ich war kurz in der Küche …«, nahm Oma Ilse ihre Geschichte wieder auf.

»Also ich hätte schon gerne ein paar Kekse«, unterbrach Olaf sie und Oma Ilse verschwand im Haus.

»Was ist denn nun mit dem Einbruch?«, drängelte Jannik, als sie endlich wieder auftauchte.

»Na ja, ein Einbruch in dem Sinne war es gar nicht!« Oma Ilse stellte den Keksteller vor Olaf ab.

»Eher ein Diebstahl. Der Fiffi hat noch Alarm geschlagen. Stimmt’s, Fiffi? Ein ganz Feiner bist du!« Sie kraulte ihrem Dackel die Ohren. »Der hat gebellt wie ein Großer. Aber ich bin ja nicht mehr so gut zu Fuß. Und als ich rauskam, war der Dieb mit seiner Beute längst über alle Berge.«

»Was wurde denn gestohlen? Schmuck? Edelsteine? Juwelen?«, fragte Pola neugierig und Lulu klappte das Bandenbuch auf, um mitzuschreiben. Oma Ilse schüttelte den Kopf. »Nein, kein Schmuck. Mein Honigbrot! Da hat es gelegen!« Sie zeigte empört auf den leeren Teller am Tischende. Nur noch ein paar einsame Krümel erinnerten an ihr Frühstück. »Und meine Petunien hat er auch platt getrampelt!«

Die drei tauschten vielsagende Blicke und Lulu klappte das Bandenbuch wieder zu.

»Wäre es nicht möglich, also rein theoretisch natürlich, dass Fiffi dein Honigbrot gefressen hat?«, fragte Olaf und der Dackel sah fast ein bisschen beleidigt aus.

»Aber nein!« Oma Ilse lachte. »Fiffi isst doch gar keinen Honig! Leberwurst, das wäre eine andere Sache. Aber Honig? Das schließe ich ganz entschieden aus.«

Olaf war ratlos. »Und jetzt? Willst du Anzeige erstatten?«

»Ginge das denn?«

Olaf zuckte mit den Achseln. »Ich müsste auf der Wache mal gucken. Wir haben da bestimmt ein Formular.«

»Ach nein, mein Lieber. Ich will dir nicht noch mehr Arbeit bereiten. Du hast immer so viel um die Ohren. Aber vielleicht könntest du etwas ermitteln? Ich wüsste schon gern, wer einer alten Dame das Frühstück klaut.«

Olaf stand unschlüssig auf. Er stemmte die Hände in die Hüften und sah sich um. »Hmm, wo fange ich denn da am besten an?«

»Du könntest Fingerabdrücke vom Teller nehmen«, schlug Jannik vor.

»Puh, da weiß ich jetzt gar nicht genau, wie das geht«, sagte Olaf und griff stattdessen lieber nach den Keksen. Er steckte sich zwei in den Mund und sah auf seine Armbanduhr. »Hui, ist ja glatt schon wieder Zeit für die Mittagspause«, stellte er erleichtert fest. »Ich melde mich bei dir, wenn es was Neues gibt, Oma Ilse! Aber ich will dir nicht zu viel versprechen. Auf der Wache ist einiges los. Erst gestern wurde was im Feinkostladen Piepenbrink gestohlen. Das gibt viel Papierkram.«

Er stieg auf sein Rad, nickte den Kindern zu und radelte pfeifend davon.

»Aber na klar!« Jannik schlug sich gegen die Stirn. »Dass ich da nicht gleich drauf gekommen bin. Der Feinkostladen!« Pola und Lulu sahen ihn verständnislos an. »Aber kapiert ihr denn nicht?«, fragte er ungeduldig. »Erst der gestohlene Blattgoldhonig und jetzt das Honigbrot. Das hängt alles zusammen.«

»Nein, so was!«, entfuhr es Oma Ilse.

Jannik umrundete den Tisch. »Passt auf und lernt«, sagte er zu Pola und Lulu. Die beiden verdrehten die Augen, bis man nur noch das Weiße sah, denn sie wussten, was ihnen jetzt blühte: eine unfreiwillige Nachhilfestunde im professionellen Ermitteln.

»Professionelles Ermitteln«, begann Jannik, »erfordert einen kühlen Kopf. Wir müssen analytisch und logisch an die Sache herangehen und den Blick fürs Wesentliche behalten, damit uns kein Detail entgeht.« Er stippte mit dem Zeigefinger einen Krümel vom Teller und betrachtete ihn von allen Seiten.

»Hier hat dein Honigbrot gelegen?«, fragte er und Oma Ilse nickte. »Und hier sind die Petunien zertrampelt …«, fuhr er fort. Jannik sah in den dichten Wald hinter dem Gartenzaun. »Vermutlich ist der Honigdieb aus dem Gebüsch gekommen und über den Zaun gestiegen.«

»Vielleicht ein hungriger Spaziergänger?«, überlegte Lulu.

»Möglich, aber nicht wahrscheinlich«, sagte Jannik. »Und du hast wirklich niemanden gesehen, Oma Ilse?«

Sie zog sich die Strickjacke vor der Brust zusammen. »Ich habe da schon jemanden gesehen. Aber ob das mit dem Diebstahl zu tun hat … Ich weiß nicht. Das war nämlich schon ganz früh heute Morgen, als Fiffi und ich von unserer Gassirunde zurückkamen. Und da gab es mein Honigbrot ja noch gar nicht.« Jannik nickte ihr aufmunternd zu und Oma Ilse fuhr fort: »Wir haben beobachtet, wie dieser Neue … Wie heißt der noch gleich? Herr Gaunermüller? Nee, das war’s nicht …«

Jannik horchte auf. »Meinst du Herrn Grauenmeier?«

»Ja, genau, das war’s! Also, dieser Herr Grauenmeier ist so komisch am Waldrand herumgeschlichen. Hat sich nach allen Seiten umgesehen, als würde er etwas auskundschaften. Das kam mir merkwürdig vor.«

»Woher kennst du den denn, diesen Grauenmeier?«, fragte Pola verwundert.

»Der ist letzte Woche neben uns eingezogen«, erklärte Jannik. »Ich habe seinen Namen auf dem Klingelschild gelesen. Aber gesehen habe ich ihn noch nicht.«

»Was für ein Morgen«, seufzte Oma Ilse. »Ich hoffe nur, dass Olaf etwas herausfindet. Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, dass hier ein Dieb herumschleicht.«

»Sorg dich nicht, Oma Ilse. Meine Kolleginnen und ich finden heraus, was mit deinem Honigbrot passiert ist. Wir sind nämlich eine richtig echte Detektivbande.«

»Ja, wirklich?«, fragte Oma Ilse hoffnungsvoll.

»In Nullkommanix haben wir ermittelt, wer hinter diesem Verbrechen steckt«, sagte Jannik stolz. »Detektivehrenwort!«

3. Kapitel

In dem Pola und Lulu stinksauer sind

»Du kannst doch der Oma Ilse nicht einfach versprechen, dass wir herausfinden, wer ihr Honigbrot gegessen hat!«, schimpfte Pola.