Deutsche Gedichte - Paul Fleming - E-Book

Deutsche Gedichte E-Book

Paul Fleming

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Beschreibung

Paul Fleming gilt als einer der bedeutendsten Lyriker des deutschen Barock. Dieser Sammelband beinhaltet seine herausragendsten Werke. Inhalt: Poetische Wälder 1. Von geistlichen Sachen 2. Von Leichengedichten 3. Hochzeitgedichte 4. Von Glückwünschungen 5. Von Liebessachen und Scherzgedichten Buch der Überschriften. Oden 1. Von geistlichen Liedern 2. Von Leichengesängen 3. Von Hochzeitliedern 4. Von Glückwünschungen 5. Von Liebesgesängen Sonnette 1. Von geistlichen Sachen 2. Auf Begräbnüsse 3. Von allerhand Glückwünschungen 4. Liebesgedichte

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Deutsche Gedichte

Paul Fleming

Inhalt:

Paul Fleming – Biografie und Bibliografie

Poetische Wälder

1. Von geistlichen Sachen

2. Von Leichengedichten

3. Hochzeitgedichte

4. Von Glückwünschungen

5. Von Liebessachen und Scherzgedichten

Buch der Überschriften.

Oden

1. Von geistlichen Liedern

2. Von Leichengesängen

3. Von Hochzeitliedern

4. Von Glückwünschungen

5. Von Liebesgesängen

Sonnette

1. Von geistlichen Sachen

2. Auf Begräbnüsse

3. Von allerhand Glückwünschungen

4. Liebesgedichte

Deutsche Gedichte, Paul Fleming

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

ISBN:9783849612818

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Frontcover: © Vladislav Gansovsky - Fotolia.com

Dieses Werk bzw. Inhalt und Zusammenstellung steht unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz. Die Details der Lizenz und zu der Weiterverwertung dieses Werks finden Sie unter http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/. Der Inhalt und die Zusammenstellung oder Teile davon wurden der TextGrid-Datenbank entnommen, wo der Inhalt und die Zusammenstellung oder Teile davon ebenfalls unter voriger Lizenz verfügbar sind. Eine bereits bestehende Allgemeinfreiheit der Texte bleibt von der Lizensierung unberührt.

Paul Fleming – Biografie und Bibliografie

Dichter, geb. 5. Okt. 1609 zu Hartenstein im Erzgebirge, gest. 2. April 1640 in Hamburg, besuchte die Fürstenschule zu Meißen und bezog dann die Universität in Leipzig, um Medizin zu studieren. Dort machte ihn sein Freund Georg Gloger mit den Bestrebungen der schlesischen Dichterschule bekannt. 1633 ging er, von den Unruhen des Dreißigjährigen Krieges verscheucht, nach Holstein. Hier schloß er sich der merkwürdigen, kostspielig ausgerüsteten Gesandtschaft an, die Herzog Friedrich von Holstein-Gottorp über Moskau und Astrachan nach Persien schickte. Die Abenteuer und Erfahrungen dieser Reise spiegeln sich kräftig und mannigfaltig in Flemings Poesie, in der er im Goetheschen Sinne Gelegenheitsdichtung bietet. Nach Beendigung der persischen Reise, die von 1635–39 gewährt hatte, ging F. zum Abschluß seiner Studien nach Leiden, wo er zum Doktor promoviert ward. Seine Gedichte: »Teutsche Poëmata« (später »Geist- und weltliche Poemata« betitelt) erschienen in erster Ausgabe 1642 zu Lübeck und wurden wiederholt nachgedruckt. Die vollständigste Sammlung derselben, mit Anmerkungen und bibliographischen Notizen, veranstaltete Lappenberg (Stuttg., Literarischer Verein, 1866, 2 Bde.), der auch Flemings zahlreiche lateinische Gedichte (das. 1863) herausgab. Ausgewählte Gedichte von F. haben G. Schwab (mit Biographie, Stuttg. 1820), W. Müller (Leipz. 1822), Tittmann (mit Einleitung, das. 1870) und Österley (Stuttg. 1885) veröffentlicht, eine Übersetzung ausgewählter lateinischer Gedichte Flemings besorgte Kirchner (Halle 1901). F. unterscheidet sich von seinem Zeitgenossen Simon Dach durch die größere Kraft und Frische der Willensgefühle; tapfer dem Schicksal Trotz bietend, feiert er in seinen Liedern alles, was dem Leben Halt und Weihe gibt: Vaterland, Freundschaft, Liebe, Religion. Seine Poesie ist Leben und sein Leben Poesie: seine Liebeslieder auf die Braut Elsabe Niehusen und später auf deren Schwester Anna sind natürlich und wahr; das berühmte Scheidelied: »In allen meinen Taten Laß ich den Höchsten raten« atmet echteste Frömmigkeit. Auch hinter dem krausen Bombast des Renaissancestils jener Zeit, der stark bei F. hervortritt, bleibt sein gesundes Gefühl erkennbar. In seiner Vaterstadt Hartenstein wurde dem Dichter 1896 ein Denkmal errichtet. Vgl. Varnhagen von Ense, Biographische Denkmale, Bd. 4; S. Tropsch, Flemings Verhältnis zur römischen Dichtung (Graz 1895); Bornemann, Paul F. (Stett. 1899).

Dem Durchläuchtigen, Hochgebornen Fürsten und Herrn, H. Friedrich, Erben zu Norwegen, Regierenden Herzogen zu Schleßwig, Holstein, Stormar und der Ditmarschen, Grafen zu Oldenburg und Delmenhorst, u.s.w. Meinem gnädigsten Fürsten und Herrn diß ganze Werk und insonderheit das erste Buch der Poetischen Wälder

P.F.

Poetische Wälder

1. Von geistlichen Sachen

Davids des hebreischen Königs und Propheten Busz-Psalme und Manasse des Königs Juda Gebet, als er zu Babel gefangen war.

1631.

 An die Wolgeborne Gräfin und Frau, Frau Katharinen, Frau von Schönburg, Frau zu Glaucha und Waldenburg, geborne Wild- und Rheingräfin, u.s.w.

Sonnet

Was uns den Himmel sperrt, die Welt zu enge macht,

die lasse Seele zwängt, den kranken Leib verzehret,

was uns bei Freuden Lust, bei Lachen Lachen wehret,

den langen Tag entfärbt, erschreckt bei Mitternacht,

was mit uns geht zur Kost, steht, sitzt, entschläft, erwacht,

das erste lange Leid, das Eva auf uns kehret,

und was das arge Fleisch noch täglich üben lehret,

auch wie wir armes Volk zu Rechte werden bracht:

das klagt und lehrt diß Buch. Wenn ihr denn, Ruhmb der Frauen,

das gnädige Gesicht' in diese Schrift laßt schauen,

so hoffet euch nur nicht der Wörter schönen Schein!

Denkt, Mutter, denkt viel mehr, daß keine böse Sache

der angeschminkte Glanz der Reden besser mache!

Der Richter siht hier nicht, was wir von außen sein.

P.F.V.H.

1. Der 6. Psalm

Ein Psalm Davids, vorzusingen auf acht Saiten

Ach schone, großer Herr, ach schone mich zu strafen,

wenn deine Huld und Gunst bei dir ist ganz entschlafen,

und du für Zorne brennst! Herr, züchtige mich nicht,

wenn dir die Grimmesglut aus Mund und Augen bricht,

die niemand tragen kan! Umb so viel mehr laß blicken

dein Gnadenangesicht, indem mich unterdrücken

viel tausent Schmerz und Angst! Herr, heile, heile mich,

weil ich voll Schwachheit bin! O Arzt, erweise dich!

Die Seele zittert mir. Ach Herr, ach Herr, wie lange?

Das Mark verschwindet aus, das Reißen macht mir bange,

das meine Beine kreischt. Herr, wende dich einmal,

und hilf mir, so du wilst, aus dieser Seelenqual!

Wer wird dir, wenn du mich nun wirst getötet haben,

für deine Hülf' und Treu' erlegen solche Gaben,

wie ich bißher getan? wer wil dir danken doch

und denken deiner Ehr' in jenem finstern Loch,

in welches du mich wirfst? Das herzenswehe Seufzen

macht mich so laß und matt, daß ich auch kaum kan geufzen.

Der Angstschweiß schwemmet mir durch manche ganze Nacht

mein müdes Lager aus. Das Qual der Thränen macht

mein Bett' als eine Bach. Wo ist mein' erste Blüte,

da ich so schöne war, das freudige Gemüte?

Die Augen dunkeln mich, die ausgefleischte Haut

wird schlaff und runzelt sich, daß mir selbst für mir graut.

Ich bin bei Leben tot. Man drängt mich vorn und hinden.

Hier ädert mich dein Grimm, den ich durch meine Sünden

gehäufet hab' auf mich, dort ängstet mich ein Man

(ach wär' es Einer nur!), dem ich kein Leid getan.

Weg, ihr verruchtes Volk, ihr Übeltäter, weichet!

Mein Jammerseufzen hat die blaue Burg erreichet

und ihren Prinz bewegt zu müssen gnädig sein.

Das Wetter ist vorbei, nun hab' ich Sonnenschein;

mein Flehen ist erhört, ich habe Gott zum Freunde.

Wie ist euch nun zu Mut, ihr schlangenarge Feinde?

Erschrecken müsset ihr für meinem Gott und mir

und plötzlich kehren umb mit Schanden für und für.

2. Der 32. Psalm

Eine Unterweisung Davids

Wie selig, selig ist ein Sterblicher zu schätzen,

dem Gott den Sündenrest fern aus den Augen setzen,

ja gänzlich schenken kan, dem seiner Gnaden Tuch

den Wust der Fehler deckt, der Segen kriegt für Fluch!

Ich sage noch einmal, daß selig der zu preisen,

dem Gott an Zorrens statt sich milde kan erweisen,

erläßt ihm Straf' und Schuld, der nur bekennet frei,

von allem Heucheln weit, daß er ein Sünder sei.

Denn als ich meine Not auch dachte zu verschweigen,

da wolte mir für Angst der Beine Mark verseigen.

Durch die Gewissensqual entgieng mir meine Kraft,

von deiner schweren Hand verlor ich allen Saft.

Wie wenn zu Sommerszeit die durstigen Gefilder

der grimme Hundsstern brennt, der Auen schöne Bilder,

die Blumen werden welk und hängen unter sich,

Herr, also stund es auch umb meinen Schmuck und mich.

Ich wil nur meine Schuld geradezu bekennen

und deinen Geisel mich ganz unverholen nennen.

Ich spreche: Sihe Herr, das ist der Sünden Knecht!

alsbald vergiebst du mir und machest mich gerecht,

streichst jene Handschrift durch. Umb dieses muß ein ieder,

ja auch die Heiligen vor dir sich bücken nieder

und einen Fußfall tun; drumb sind sie außer Not,

wenn eine große Flut sie gar wil haben tot

und taucht sie unter sich. Herr, du bist mein Erretter,

behüte mich für Angst, vertilge meine Spötter!

Ich pfände dir mich ein zu sagen werthen Dank,

zu rühmen deine Kraft durch einen Lobgesang.

Herr, sprich zu mir: Kom her, ich wil dich unterweisen!

hier ist der wahre Steg, hier kanstu zu mir reisen,

und meinen Himmel an. Kom, richte dich nach mir!

mein klares Augenliecht sol stets dir gehen für

und eine Fackel sein. – Seid nicht so unverständig,

wie Gäul' und Mäuler sein, die eh' nicht werden bändig,

als wenn ihr wildes Maul ein scharfer Zügel zwingt,

daß ihnen Blut und Schaum durch beide Lefzen dringt;

da werden sie erst zahm. Der Böse hat viel Plagen;

wer auf den Herren hofft, der kan von Gutem sagen.

Seid, ihr Gerechten, froh, und ihr, ihr Frommen, rühmt!

Diß ist der rechte Preis, der unserm Herren ziemt.

3. Der 38. Psalm

Ein Psalm Davids, zum Gedächtnüß

Jehovah, straf mich nicht, wenn deines Zorrens Flammen

verzehren alle Gunst, gehn über mir zusammen!

Wenn deines Grimmes Loh in vollem Sturme fährt,

die dieses alles auch in einem Nu verheert,

dann züchtige mich nicht! Du siehst ohn diß die Schmerzen,

so deine grimme Pfeil' erregen meinem Herzen.

Für deinem Dräuen, Herr, ist nichts an mir gesund,

dein' Hand ist mir zu schwer, sie schlägt mich krank und wund;

mein Leib ist strimenvoll, ich habe keinen Friede,

ich, wolgeplagter Mensch, in irgends einem Gliede.

Der schwere Sündenschmerz greift auch die Knochen an,

der übermachte Schmerz, und wütet was er kan.

Die Größe meiner Schuld ist über mich gestiegen,

hoch über dieses Haupt. Ich muß, ich muß erliegen.

Sie drückt mich unter sich, wie von der schweren Bürd'

ein schwacher Rücken gar in sich gequetschet wird.

Die Haut ist voller Wust, die Torheitwunden stinken,

die Schwere gehen auf. Ich muß für Schmerzen sinken.

Ich gehe manchen Tag ganz traurig, krumb, gebückt,

die Lenden dorren aus. Da ist nichts, das erquickt

den ungesunden Leib und lindert meine Beulen.

Ich bin nicht itzo ich. Ich muß für Unruh heulen,

die mir mein Leben frißt. Herr, du weists besser noch

als ich dirs klagen kan, was mich drückt für ein Joch.

Diß Seufzen kennest du. Mein mattes Herze zittert,

die erste Kraft ist hin, der ganze Leib erschüttert.

Die Glieder werden welk, der blöden Augen Liecht

ist wie ein dicker Dampf. Da ist kein Kläger nicht,

der Beileid mit mir trägt. Ein Greuel ists zu sagen!

Ja, auch die Freunde selbst, die scheuen meine Plagen

und stehen weit von mir. Der vor mein Nächster war,

ist jetzt der Ferneste. Verstoßen bin ich gar.

Was noch das Größest ist, die Feinde seh' ich stellen

auf allen Seiten auf, wie sie nur mögen fällen

mein abgeseelte Seel'. Hier lauren sie und dort

und reden wider mich nur lauter Schadenswort

und bergens listiglich. Ich aber muß nicht hören,

muß wie ein Tauber sein, darf ihren Rat nicht stören,

ganz einem Stummen gleich, der sich nicht schützen kan,

wenn ihm zur Ungebühr ein Schimpf wird angetan.

Auf dich, Herr, Herr, auf dich harr ich in diesen Nöten!

du, mein Gott, wirst ja nicht mich gar so lassen töten.

Erhör', erhöre mich, auf daß ich ihrer Rott',

im Fall mirs übel geht, nicht gar muß sein ein Spott!

Wenn dein Verhängnüß mich ließ auf dem Glatten wanken,

hilf Gott, was würden sie nicht haben für Gedanken,

wie würden sie sich doch hoch rühmen wider mich!

Es ist kein mühsamer, kein ärmer Mensch, als ich.

Ich bin zu steter Angst und Leiden nur geboren.

Mein Schmerz ist immer neu. Herr, nimb doch du zu Ohren

mein heiser Notgeschrei! Dir beicht' ich meine Schuld,

ich sorge stets für sie. Herr, habe doch Geduld,

und töte mich nicht gar! Sie, meine Feinde, leben

und trutzen auf die Macht. Sie seh' ich oben schweben

und größer sein als ich, die mich, weiß nicht, warumb

aus selbstgefastem Haß und Gramsein rennen umb,

die mir für Segen Fluch, für Gutes Böses gönnen.

Herr, wirstu länger auch dem Übel zusehn können?

Ach eile, weil die Not ietzt in dem Höchsten ist,

weil du mein' ein'ge Hülf' und starker Beistand bist!

4. Der 51. Psalm

Ein Psalm Davids, vorzusingen, da der Prophet Nathan zu ihm kam, als er war zu Bath Seba eingangen

Du Güt' und Gnade selbst, Gott, sei mir Sündern gnädig,

und sprich mich meiner Schuld in Hulden quit und ledig!

Herr, wasche du mich wol von meiner Missetat!

du hast für meinen Kot bei dir das rechte Bad.

Ich sehe für und für vor mir mein Unrecht schweben,

ich wil dir dessen nur ein klar Bekentnüß geben

und sagen frei heraus, daß ich dein Sünder bin.

Denn dieser Ausspruch sieht auf deine Gottheit hin,

daß du bleibst ewig wahr und allzeit rein zu finden.

Ich kan es leugnen nicht, ich bin ein Mensch, in Sünden

empfangen und geborn. Der Eltern schnöde Lust

hat mir auch angekleckt den bösen Kot und Wust.

Dir aber, Herr, gefällt die Wahrheit, die verborgen

in deinem Herzen liegt. Du kanst, Herr, für mich sorgen.

Du zeigest mir den Weg, der zu der Weisheit führt,

der auch sonst heimlich ist, den nie kein Heide spürt.

Nimb einen Ysoppusch, entsündige mein Leben!

Du kanst alleine mir die rechte Lauge geben,

die Seel' und Leib beglänzt, gleich als der Sehen Liecht,

die truckne Flut, der Schnee, mit seinem Schein hinsticht.

Laß mich von lautrer Lust und Wonne hören sagen,

daß der Gebeine Mark, die du so sehr zuschlagen,

einst wieder werde froh! Vertilge meine Schuld,

verbirge dich vor ihr und sei mir wieder huld!

Gott, schaffe du in mir ein neues reines Herze

und gib mir einen Geist, der nicht im Glauben scherze

und wanke hin und her! Verwirf mich nicht von dir

und nimb, o Vater, nicht den werthen Geist von mir!

Laß deine Hülfe mich zu aller Zeit erquicken,

und dein beherzter Geist laß in mir nicht ersticken

des Glaubens schwache Frucht! Herr, tröste, tröste mich!

Enthalte du mich, Herr, so bin enthalten ich!

Drumb wil ich deinen Weg die Übeltäter lehren,

daß sich die Sünderzunft zu dir sol müssen kehren.

Gott, der du stets mein Gott und frischer Heiland bist,

nimb meine Blutschuld hin, die mir das Leben frißt,

errette mich von ihr, so sol dein recht Gerichte

von mir gepriesen sein durch dieser Zungen Früchte.

Herr, öffne mir den Mund, brich meiner Lippen Schloß,

so sol dein Ruhmb und Lob auf Erden werden groß,

so weit man Menschen kent. Könt' Opfer dir gefallen,

so brächte selbtes dir ich wol für andern allen.

Könt' ein gebrantes Vieh vor dir sein angenehm,

so wär ich fornen vor, wenn man zum Brennen käm'.

Herr, dieses wilstu nicht. Ein leidzerknirschtes Herze,

ein reugeängster Geist, ein Sinn voll wahrem Schmerze,

der von der Sünden rührt, das ist, Herr, deine Lust!

Kein Räucherwerk verdunst der Sünden Stank und Wust,

kein Bocksblut söhnt Gott aus. Tue wol nach deiner Gnade

uns und der Zionsburg! Jerusalems ihr Schade

müß einst erbarmen dich! Bau ihre Mauren auf,

die so zerschellet sind durch manchen Sturmeslauf,

wenn sie bekrieget ward! Alsdenn wird man dir können

ein rechtes Opfer tun nach deinem Wundsch und Sinnen,

alsdenn wird oft ein Schaf dir werden ganz verbrant

und bluten manches Tier von deines Priesters Hand.

5. Der 102. Psalm

Ein Gebet des Elenden, so er betrübt ist und seine Klage vor dem Herrn ausschüttet

Herr, höre mein Gebet, und laß mein sehnlichs Schreien

zu dir und vor dich ein! Verbirge nicht vom Neuen

dein Antlitz erst für mir! Neig', Herr, dein leises Ohr,

vernimb, was in der Not ich dir ietzt bringe vor!

Denn meine Tage sind als wie ein Rauch vergangen,

der eh zerfleucht, als kömpt. Die dürren Beine hangen

und sind ganz ausgebrant. Mein Herz ist wund und matt

wie ein verschmachter Halm, der nicht mehr Nahrung hat.

Ich bin verduttet ganz, daß ich auch kan vergessen

das grauerliche Brot und ekle Kost zu essen.

Die Backen trucknen aus, die Schläfe fallen ein,

ich bin durch steten Harm nur worden Haut und Bein.

Gleich als der Pelikan im wüsten Rohre schreiet

und wie ein wilder Kauz, der sich zu machen scheuet

aus seiner öden Statt, gleich wie ein Vogel girrt,

wenn ihm sein Ehgemahl vom Garn' erhaschet wird,

der stets sein Einsamsein ruft aus auf allen Bäuen:

so bin anietzo ich. Man schmäht mich stets vom Neuen.

So oft es taget nur, so tritt mein Feind vor mich,

kühlt seinen Mut an mir und lästert trotziglich.

Ich bin sein Spott und Schwur. Wo ist mein erstes Tischen?

Asch' eß ich ietzt für Brot. Mit Thränen muß ich mischen

den ungeschmacken Trank, weil du so zornig bist

und deine Dräuung mir das Mark und Seele frißt.

Du hubest mich empor hoch über alle Großen.

Wie hastu mich denn ietzt zu Boden so gestoßen?

Mein ganzer Lebenslauf gleicht einem Schatten nur,

der, wenn der Körper weicht, verlässet keine Spur.

Bei Zusehn schwind' ich ab, der Lenden Mark verrinnet,

und ich dorr aus, wie Gras, das man am Warmen sönnet.

Was bin ich gegen dir, du starker Zebaoth?

Du bleibest ewig Herr und ohne Wandel Gott,

dich ändert keine Zeit, du Herrscher aller Zeiten.

Dein ist die Ewigkeit, du Prinz der Ewigkeiten.

Wenn dieses Ganze denn die Glut wird äschern ein,

so wird doch für und für noch dein Gedächtnüß sein.

Ach! mache dich doch auf und hilf mir ärmsten Armen,

wenn deines Zions Drangs du dich noch kanst erbarmen,

so mache dich doch auf! Ietzt ist es hohe Zeit,

daß du ihr gnädig seist und werfest ab ihr Leid.

Die reife Stund' ist da. Denn wir, wir deine Knechte,

sehn gerne, daß einmal sie käme doch zu Rechte,

daß ihre Stein' und Kalk nur würden zugericht,

daß man sie führet' auf, damit in deiner Pflicht

das unbekehrte Wild, die Heiden möchten leben

und alle Könige dem Namen Ehre geben,

der aller Ehren wert, daß Zion sei erbaut,

und daß man Gott allda in seiner Hoheit schaut.

Der Unterdrückten Wundsch, das auserpreßte Flehen

hört er, läßt keinen Man nicht hülflos von ihm gehen,

der ihm nur trauen kan. Er wendet sich zu dir,

verschmäht nicht, was du ihm in deiner Not trägst für.

Das werd' in ewige Demanten eingegraben,

was wir für einen Gott an unserm Gotte haben!

In Bücher müsse diß geschrieben werden ein,

die keine Zeit befrißt, daß auch, die nach uns sein,

das ungeborne Volk, den Herren loben mügen

und sich vor dessen Macht und Ehre willig schmiegen,

der von der heilgen Höh' auf dieses Tiefe schaut,

daß er das arme Volk, das seiner Gnade traut,

und hart umbfesselt ist, aus seinen Ketten reiße,

und den geschwornen Tod der Seufzenden zerschmeiße;

daß Zion predige, wie man Gott ehren soll',

und ganz Jerusalem sei seines Ruhmbes voll

wenn das bewohnte Rund, wenn alle Königreiche,

so dieser Boden hält, beisammen sein zugleiche,

und einen solchen Dienst dir werden stellen an,

den nur das werthe Volk, das du liebst, leisten kan.

Er, dieser große Herr, erschöpfet meine Kräfte,

und treibet oft im Tun zurücke mein Geschäfte,

verkürzet meine Tag'. Ich flehe stets an ihn:

nimb, mein Gott, mich doch nicht in besten Jahren hin,

und wenn ich halbalt bin! Du bist der Zeit Verwalter,

doch außer aller Zeit. Du weißt von keinem Alter,

bleibst immer, wer du bist. Du gründetest vorhin

der Erden großen Punct. Dein weisheitreicher Sinn

gab alle Himmel an. Jedoch die festen Werke

und was zusammenzwingt der Elementen Stärke,

daß nichts nicht leer muß sein, die werden untergehn,

und du wirst unbewegt in deinen Kräften stehn.

Sie werden allesampt durch letzten Sturm zerreißen

und wie ein alt Gewand und böses Kleid verschleißen;

Jehovah, aber du bleibst immer, wie du bist,

umbschreibest dich durch dich. Die Ewigkeit, Herr, ist

bloß deines Endes Ziel. Laß deiner Knechte Kinder

auch bleiben stets vor dir! Ihr Same sei nichts minder,

als unsrer Väter war, von dir gebenedeit,

und breche, wie vor sie, durch alle böse Zeit.

6. Der 130. Psalm

Ein Lied im höhern Chor

Aus diesem tiefen Schlund', aus dieser schwarzen Gruft,

hab' ich so oft und oft, o Herr, zu dir geruft:

Ach Vater, höre mich! ach laß dein' Ohren merken

auf meines Flehens Stimm'. Herr, so du nach den Werken

mit uns verfahren wilst, uns unsre Missetat

und Sünde rechnen zu, so man verübet hat,

Herr, Herr, wer wird vor dir in seinem Tun bestehen?

Wir müssen allesampt auf eins zu scheitern gehen.

Du aber, Gott, vergiebst, daß man dich fürchten sol,

und so kan mancher noch vor dir bestehen wol,

der nur frisch aus bekennt und Gnad' umb Recht begehret,

das ihm denn, milder Herr, von dir stracks wird gewehret.

So kan man selig sein. Ich harre meines Herrn,

und meine Seele harrt. Der frische Saft und Kern,

den sein Wort in sich hat, heißt so mich auf ihn hoffen.

Diß Wohnhaus meiner Seel' halt' ich dem Herren offen

nicht an dem Tage nur. Wenn noch die dicke Nacht

umb mein Gemach ist her und eh die Sonn' erwacht,

so denk ich schon an ihn und warte mit Verlangen

auf ihn und seinen Trost. Ganz Israel sol hangen

mit seinen Hoffnungen und Seufzen, Herr, an dir,

denn blos bei dir allein ist Gnade für und für.

Du bist die Gnade selbst. Wol! hoffet all' ihr Frommen,

wir wollen doch durch ihn zur alten Freiheit kommen!

Erlösung hat er gnung. Und er, der treue Gott,

wird Jacob machen los von aller Schuld und Not.

7. Der 143. Psalm

Ein Psalm Davids

Herr, Herr, erhöre mich und nimb mein Flehen an.

So was vor dir dein Recht und Wahrheit gelten kan,

so schaffe mir auch Recht. Doch führ nicht ins Gerichte

mich, deinen Sündiger. Was hält wol das Gewichte

für Unschuld deinem Satz? Und wenn die große Welt

auf einen blachen Platz dir vor die Augen stellt'

ihr ungezähltes Volk, so würd' in solchen allen

ja nicht auf einen nur dein rechtes Urteil fallen,

daß er sei ohne Schuld. Diß bitt' ich nur allein,

daß ich des Feindes Spiel so gar nicht möge sein.

Denn er verfolget mir aufs äußerste mein Leben,

ich muß in steter Furcht für seinem Trutzen schweben.

Für ihm verkriech' ich mich, ich bin sein ewger Raub.

Ereilet er mich denn, so wirft er mich in Staub

und in ein finster Loch, da mich kein Liecht bestralet,

ich bin den Todten gleich. Wenn er so hoch herpralet,

so ängstet sich mein Geist. Mein Herze wird verzehrt,

daß er ohn' Unterlaß so grimmig an mich fährt,

daß ich so hülflos bin. Denk ich denn an die Werke

die du vorhin getan durch deiner Hände Stärke,

so tret' ich auch vor dich und bringe sie dir für,

und bitte, daß du auch so wollest helfen mir.

Ich strecke Nacht und Tag zu dir die lassen Arme,

nach dir, Herr, durstet mich in diesem dürren Harme,

wie ein entsaftet Land, das sich zum Himmel neigt,

und der erzürnten Burg die tiefen Risse zeigt,

gleich einem Seufzenden. Merk auf, Herr, Herr, erhöre!

erschein', erscheine bald in deiner großen Ehre,

eh mir der Geist entwischt, der nicht herwiederzeucht,

wenn er uns einmal nur durch unsre Lippen fleucht!

Verbirg dein Antlitz nicht, du Sonne meiner Seelen!

sonst werd' ich denen gleich, so in die schwarze Hölen

des Todes fahren ab, als wie in einen Schacht,

ohn' alle Wiederkunft, und sind in langer Nacht.

Herr, säume dich doch nicht! Laß deine frühe Gnade

mir bald zu wissen tun, und daß ich auf dem Pfade,

den du wilst, geh' herein, so mache mir ihn kund!

Nach dir Herr, Herr, nach dir seufz' ich mit Seel und Mund'.

Ich hoffe bloß auf dich. Gott, du bist mein Erretter,

und meiner Zuflucht Schutz entgegen alle Spötter,

die mir den Tod gedräut. Ich steife mich auf dich,

und achte sie für nichts. Hinwieder, lehre mich

nach deinem Willen tun, denn du bist mein Regierer!

Dein guter werther Geist sei allezeit mein Führer

auf wolgebahnter Bahn! Verhänge, Herr, doch nicht,

daß der, so dir dein Lob des hohen Namens spricht,

fahr' unerquicket hin! Führ' aus den großen Nöten

mein' halberlegne Seel' und laß sie nicht gar töten!

Gott, weil du bist gerecht, so sihe doch darein

und laß mich Armen nicht in steter Unruh sein!

Verstöre meinen Feind von deiner Güte wegen!

Setz' ihnen dich für mich zur rechten Rach' entgegen!

Du wirst, Herr, richten wol die Seelenängster hin,

wenn du nur denken wilst, daß ich dein Knecht noch bin.

8. Das Gebet Manasse, des Königs Juda, da er zu Babel gefangen war

O Herr, du starker Gott, du Vater unsrer Väter,

und ihres Samens auch, der ein gerechter Täter

in deinen Satzen ist, der du das Firmament,

der tiefen Erde Schoß und was sich drinnen wendt,

auch was steht unverwandt, aus Nichts doch hast erfunden!

Du hast das hohe Meer durch dein Gebot erfunden,

du, Gott, verschleußst die See, als siegeltst du sie zu,

sie bricht nicht dein Pitschier. Du Herr, allein Herr du

bist schrecklich und doch gut. Dein herrlich Loh zu mehren

erschufst du diesen Bau. Dich, dich muß alles ehren.

Diß Ganz' erschrickt für dir. Wir fürchten uns erblaßt

für deiner großen Macht, die du dir geben hast.

Unträglich ist dein Zorn, den du den Sündern dräuest.

Doch deine Mildigkeit, die du hierbei verleihest,

ist mäßig ohne Maß, und zu erforschen nicht,

wie deinen grimmen Ernst die linde Gnade bricht.

Der Allerhöheste bist du allein zu nennen,

so weit die Sonne kan mit ihren Gäulen rennen

umb die gecirkte Welt! Jedoch, wie groß du bist,

so lind' und gnädig auch dein Herz, o Vater, ist.

Die Strafe trübt dich selbst, mit der du uns belegen,

uns harte Sünder, must. Drumb hastu auch hingegen

ein Vorteil auserdacht, wie du der offnen Schuld

kanst einen Durchstrich tun und wieder werden huld.

Das ist die ernste Buß', in der du uns quittirest

von aller Missetat. Weil aber du, Herr, führest

den Namen, daß du bist der Frommen Gott allein,

so kan die Buße nicht den Frommen geben sein,

wie Abram, Isaak und Jacob für dir waren,

als denen wider dich kein Feil nie widerfahren.

Ich aber habe, Herr, vor dir gesündigt sehr,

mein Unrecht überwiegt den kleinen Sand am Meer.

Ich muß gekrümmet gehn in schweren eisern Banden

und habe keine Ruh, weil ich mit meinen Schanden

erwecket deinen Zorn, da ich vor dir getan

groß' übermachte Schuld, indem ich böser Mann,

viel schweres Ergernüß und solche Greuelsünden

vorhin hab' ausgeübt. Doch so noch Heil zu finden,

so sieh, ich beuge, Herr, die Knie des Gemüts,

mein Herze neigt sich dir. Erteil mich des Beschieds,

daß ich Gnad' haben sol! Ach Herr, ich bin gefallen!

Gefallen bin ich, Herr. Nun aber, wie dem Allen,

ich kan und wil und sol es leugnen nicht für dir,

ich beichte meine Schand'. Ich bitte, steh bei mir!

vergib mir, fleh' ich, Herr! Herr, wehre dem Verderben!

Laß mich doch trostlos nicht in meinen Sünden sterben!

Herr, mildre mir die Straf', und laß sie träglich sein!

Hilf mir Unwürdigen und brich zu mir herein

mit deinem Gnädigsein! So wil ich dein Erbarmen

beloben, weil ich bin. Dich rühmet, was umbarmen

der Himmel starke Heer'. Herr, preisen sol man dich,

dich Grundbarmherzigen, wie ietzt, so ewiglich.

9. Klagegedichte

über das unschuldigste Leiden und Tod unsers Erlösers Jesu Christi

1632 März.

An diesem öden Ort, dahin kein Tier auch kömmet,

den Sonn' und Mon nicht weiß, da nie kein Stern nicht glimmet:

da nichts als flüchtige Narcissen gegend sind,

da stets gebücket geht der matte Hyacinth,

an diser stillen Bach, da kein Silvanus springet,

da keine Nachtigal sich in die Luft erschwinget

und singt ihr liebes Lied, da stete Demmerung

mit Nebel ist vermengt, doch stille Luft genung:

kom, kom, Melpomene, mit deiner schwarzen Schaube,

bekränzet umb das Haupt mit frischem Myrtenlaube,

bring' Harf' und Saiten mitt', und setze dich zu mir

an den Cypressenstock, der für uns stehet hier!

Du, meiner Thränen Lust, die mir noch bleibt alleine,

weil ich alleine bin, du weist, von wem ichs meine.

Setz' unser Werk hindan, das dein' und meine Zier

zu guter Letzte noch begert von dir und mir,

als sie gab gute Nacht. Und selbte zu betauren

gebührt uns ewig zwar. Doch laß uns mitte trauren

umb den, umb den so tut der größre Teil der Welt,

der ihm gleich ietzt das Grab und letzten Dienst bestellt!

Hier sind wir aus der Welt, hier ist der Ort zu klagen

den, den die tolle Welt nach so viel tausent Plagen

zum Kreuze hat verdampt, den, den die grimme Welt

vom höchsten Himmel aus bis in das Grab gefällt,

den wahren Gott aus Gott, den frommen Sündenbüßer,

den Zahler aller Schuld, den treuen Himmelschließer.

Das breite Trauerfeld, die ganze wüste Statt

klagt mit uns dessen Tod, der sie erschaffen hat.

Er war zugegen schon, eh' als die Himmel waren

und aller Zeiten Zeit. Er kam herab gefahren

aus seines Vaters Schoß und ward der Mutter Pfand,

der Mutter, der er selbst der Vater wird genant.

Er ist des Vaters Wort, dadurch er erstlich machte,

was er von Ewigkeit zu machen ihm gedachte.

Die Last, die gab er an, so Atlas auf sich trägt,

das grosse Weltgebäu und was sich drinnen regt.

Der Vater war in ihm, er war sein Bild und Wesen,

der ganzen Gottheit Glanz, von Gott ein Gott erlesen.

Er war der Söhnungsrat, als Evens Apfelbiß

uns umb den Eden bracht' und in diß Elend stieß'.

Er bote sich für uns das Lösegeld zu werden,

das niemand zahlen kunt' auf dieser breiten Erden.

Der muste selbst Gott sein, der Gott vergnügen wolt',

und in das erste Reich uns Arme setzen solt'.

Auf ihn hofft' alle Welt. Er macht' es ziemlich lange,

eh er diß Werk fieng an. Es ward den Alten bange,

es war ihr höchster Wundsch, daß der doch käm' einmal,

der ihre Seelen hielt' in steter Hoffnungsqual.

Und endlich kam er auch nach vorbestimmten Zeiten

und hielte seine Wort'. Als Feier von den Streiten

hatt' unser ganzes Rund, hieß' er sich melden an,

ohn welchen nichts, was ist, in Friede leben kan.

Die Botschaft Gabriel der Jungfrau muste bringen,

die Sohn ihn heißen solt' und ihm das Sause singen;

der Geist, der werthe Geist, der zeugt' in der die Frucht,

die keinen Man erkant, die stets gelebt in Zucht,

die Frucht, die für das Gift der ersten Frucht wird gessen.

Er kam und ward ein Kind, als iederman vermessen

sich seiner nicht versah; ob man gleich gabe für,

man warte stets auf ihn, ietzt war zu Tor und Tür.

Er ward in einen Stall verwiesen zu den Tieren,

der über alles ist. Den Wiegen solten zieren,

der ward der Krippen Last; der must in Kält' und Frost

geworfen werden hin und sein an schlechter Kost,

der Kält' und Wärme gibt, der alles reichlich speiset,

was Speise nur bedarf. Doch wird er noch gepreiset

von Tityrus Schalmei, im Fall kein Musicant'

Herodes hören wolt'. Als er kam in sein Land

und zu den Seinigen, die ihn doch nie erkanten,

ob sie Messias stets in ihren Schulen nanten,

ietzt sieht man ihn nicht an. Der muß geschätzet sein,

der vor Augustus hatt' ins Reich gesetzet ein,

der ewig freie Prinz. Er fing schon an zu leiden,

als er geboren kaum; er ließe sich beschneiden.

Des Vaters Zimmeraxt, der Mutter Näterei

erwurben ihm mit Not den halbgemachten Brei.

Am Mangel mangelts nicht: noch blieb er nicht zu Frieden

in seiner Kindheit Lenz. Er muste sein geschieden

von Freund und Vaterland. Ägyptus Hausgenoß

ist der, der alle Welt behaust in seiner Schoß.

Herodes tobte sehr, er furchte seiner Krone,

beginge Kindermord. Die List ward doch zu Hohne.

Gott fällt durch Säbel nicht. Das Kind fleucht bei der Nacht.

Tyrannen sind doch nichts vor Gott mit ihrer Macht.

Der König wurde faul, starb hin bei frischem Leben;

so ward der Kinder Tod dem rechten Tode geben.

Das Kind läßt Nilus stehn, kehrt umb nach Nazareth:

wird weiser Tag für Tag, folgt Joseph früh und spät'.

Es war sein höchste Lust, daß er zu Tempel gienge,

gab zu verstehen schon, was er an künftig fienge;

die Ceremonien hielt' er in allem mitt',

und hörte gerne zu, wenn etwa fiel ein Strit

in Glaubenssachen für. Ihr blinden Pharisäer,

und du verstocktes Volk, ihr dummen Sadducäer!

was half euch Moses Schrift und der Propheten Wort,

weil ihr erkantet nicht den wahren Lebenshort?

Er war euch untertan, doch mustet ihr ihn neiden.

Er war zwar euer Sohn, doch auch das Liecht der Heiden,

weil ihr ihn stießet aus. Was hilft euch Abraham?

Ietzt geht euch Japhet für, nun ihr seid worden Cham.

Wie ofte kam er doch in eure Synagogen,

alda ihr seiner Lehr' und Unterrichts gepflogen!

Wie war euch da zu Mut', als er, doch noch ein Kind,

mit euch befragte sich? Ihr waret sehend blind.

Der Jordan täufet' ihn, der Geist fuhr sichtbar nieder

und satzte sich auf ihn: das Zeugnüß hört' ein ieder,

das ihm sein Vater gab. Johannes weiste frei,

daß er das Gotteslamb für unsre Sünde sei.

Er trat ins Predigampt, beglaubte mit viel Zeichen

das Evangelium, er heilte manche Seuchen,

den Blinden gab er Liecht, den Tauben das Gehör',

er speiste wunderlich die Folger seiner Lehr'.

Er kostete kein Brot in zweimal zwanzig Tagen,

das Wasser war ihm Land, die See, die must' ihn tragen;

es ist ihm umb ein St, so fleuget Eolus.

Neptunus wildes Feld für ihm erstummen muß.

Er weckt den Jüngling auf, Jairus Tochter schnäubet,

und Lazarus, sein Freund, wird wieder neu beleibet,

ob er schon riechend ist, nur durch ein einzig Wort:

hier trieb er Teufel aus, den Krüppeln half er dort.

Er stieß die Wechsler aus und die des Tempels Ehren

durch Krämerei verletzt. Er kunte kräftig lehren,

er nam kein Blat fürs Maul, die Jüden schalt er frei,

und meldete sich selbst, daß er Messias sei.

Noch half es alles nichts. Ihr kuntet ihn nicht hören,

an Geistes Ohren taub, doch gleichwol auch nicht wehren.

Was wart ihr gegen Gott? Das Volk beschämet euch,

verachtet euren Bann, wird seelenfrei und reich.

Ietzt trugt ihr Steine zu und woltet ihn entleben,

ietzt stürzen von dem Fels, ietzt in die Bande geben.

Doch stricht ihr in die Luft. Wer streitet wider Gott,

der schlägt sich selbst aufs Maul und wird des Pöbels Spott.

Ihr brauchtet manchen Fund, erdachtet glatte Fragen, –

was aber ihr für Ruhm mit euch anheim getragen,

des rühmt euch jo nur nicht: es bleibet doch darbei,

der Menschen Klugheit ist für Gott nur Narrerei, –

biß daß die Zeit kam an, daß er, umb wessen willen

er kommen, führt' hinaus. Der Esel und das Füllen

bracht' ihn zu Jebus ein, daß zweierlei Geschlecht'

er zu dem Testament und neuen Rechte brächt'.

Hosanna singt man ihm, es spreitet mancher Jüde

die Palmen auf den Weg, weil kömpt der rechte Friede.

Als er zu Tische saß, erfeuchtet Haupt und Bart

das Nardenwasser dem, der vor gesalbet ward

zu dem gedritten Ampt'. Er ließ uns noch zur Letzte,

als er zum letzten sich mit seinen Jüngern setzte

und aß das Osterlamb, ein hohes Liebespfand,

ein rechtes Ostermahl, das er selbst wird genant,

das große Sacrament, da wir Gott selbsten essen

in und mit Brot und Wein. Ob schon der Feind besessen

Ischarioth, den Dieb, so würdigt' er ihn doch,

daß er ihm reichte zu den letzten Bissen noch.

Drauf wird er teuflisch ganz, steht auf bei Nacht und übet

das rechte Werk der Nacht, betrübt den, der ihn liebet,

verkäufet Gott umb Kot. Der schändliche Gewin

macht, daß der Geizhals hier gibt Seel' und Herren hin.

Jetzt geht die Marter an, jetzt muß der Heiland schwitzen,

bei frischer Lenzenluft. Er glüt für Grimmeshitzen,

darmit sein Vater brennt und wir stets schüren zu.

Die schwere Höllenangst läst ihm nicht so viel Ruh.

Der Schweiß ist nicht ein Schweiß, Blut sehn wir von ihm rinnen,

der Puls schlägt nährlich an. Wie ist ihm doch zu Sinnen!

Er betet brünstiger das Abba in der Loh,

das Abba, welches uns in letzter Angst macht froh.

Der herbe Sündenkelch, den er ietzt aus muß trinken,

der machet ihn so schwach, daß auch im letzten Sinken

ihm Kraft ein Engel gibt. Der starke Zebaoth,

der vor die Engel schuf, ist ietzt in solcher Not.

Jacobus, schläfestu? Johannes, kanstu rasten?

Auf Simon, denke doch an deines Meisters Lasten!

Auf Schläfer! Schläfer auf! Ietzt kömpt der Capitain

auf das Getsemane, ietzt läst man ihn gleich ein.

Du mörderischer Schelm, in Plutos Gruft erzogen,

du hast beim Phlegeton Erynnis Brust gesogen,

die blaue Neidesmilch. Du kömpst bei später Nacht

ietzt vom Avernus her, gerüstet mit der Macht

der tollen Furien. Was sind die Spieß' und Stangen,

als der Tisiphone giftaufgelaufne Schlangen?

Alekto brennend Pech und Schwefel umb sich schwingt,

wenn man die Fackeln sicht. Jetzt ist der Herr umbringt.

Ihr frischen Krieger ihr, fallt ihr von einem Worte,

das doch kein Donner war? Wie kriecht ihr nach der Pforte!

Ich bins,das hat die Kraft, daß ihr frei lassen müßt,

die der wil, der doch ietzt von euch gefangen ist.

Der zwingt euch, den ihr zwingt. Trit her, trit her, Verräter,

und raffet euch doch auf, ihr nichts als Übeltäter!

Was säumstu, Juda, dich? Laß hören deinen Gruß,

und gieb, du falscher Hund, das Zeichen, einen Kuß!

Diß ist der Augenblick, der dich zur Höllen stürzet,

in dein recht Vaterland. Der Strick, der dir verkürzet

dein Leben hat hernach, wird dir ein Leben sein,

das nichts als Tod doch ist in ungeendter Pein.

Und wär' es nur ein Tod. Wo wird doch Minos finden

gnung Strafen nur für dich? Man wird dich müssen binden,

wo Tityus muß sein und wo sein Geier ist,

der dir die falsche Zung' und ihm die Leber frißt.

Ixion freuet sich, daß du wirst sein Geselle

an seinem Schlangenrad'. Es muß die ganze Helle

dir eine Helle sein. Styx speiet Pech auf dich,

Cocytus brennend Harz und Schwefel grimmiglich.

Nun greift man Jesus an; ietzt führt man ihn gefangen

für Caiphas Gericht', allda die zarten Wangen

den Backenstreich gefühlt. Der wird des Hannas Spiel,

der uns vom ewigen Gespötte freien wil.

Die königliche Hand muß Rohr für Scepter führen,

die Kron' ist Dornenreis, der Purpur muß ihn zieren,

doch nur zu Spott und Schmach. Man beugt für dem die Knie,

man grüßet König den, den man geehret nie.

Er wird der Knechte Spott, der uns zu Herren machet,

der ietzt in höchster Angst wird noch darzu verlachet.

Von Kot und Speichel fleust das heilig' Angesicht,

von Dornen schmerzt das Haupt, die Haut von Geißeln bricht.

Seht, welch ein Mensch ist das! geht, fragt, ob man auch finde

ein' Angst, die dieser gleicht. Er ist, als für uns stünde

sein Schatten und nicht er. Wie macht ihn doch so naß

der Wust und Schmerzenschweiß? Seht welch ein Mensch ist das!

Seht, welch ein Mensch ist das! so ihr noch könt erkennen,

daß er nicht sei vielmehr ein Wurm als Mensch zu nennen.

Wie elend ist er doch, wie krank! wie mat! wie blaß!

Wie wund! wie zugericht! Seht, welch ein Mensch ist das!

Der Leib ist Beulen voll, gelifert Blut und Eiter

rinnt häufig von ihm weg, die Wunden brechen weiter,

die Strimen laufen auf in ungezählter Zahl.

Da ist kein Plätzlein nicht, das habe nicht ein Mal.

O Modul aller Angst! O Exemplar zu dulden!

Wir, wir sind Streiche werth, denn unser sind die Schulden.

Wie kanst du so den Sohn, o Vater, richten zu?

Halt inne, schlag auf uns und gib dem Bürgen Ruh!

O Qual, o höchste Qual! O Marter aller Plagen,

die du, o Bruder, must für uns ietzunder tragen!

Du bist Immanuel, von unsern Wunden wund,

durch welche Wunden du die unsern machst gesund.

Die Schmerzenstöchter dich, die Thränen, scheußlich machen,

sie fließen als ein Strom, auf daß wir möchten lachen.

Doch schweigstu, wahres Lamb, und sagst kein Wörtlein nicht,

auf daß wir künftig nicht erstummen für Gericht.

O wahrer Menschenfreund, die doch sind deine Feinde,

was tustu nicht für sie? Ein Freund, der seinem Freunde

durch sich den Tod versöhnt, das ist die höchste Treu:

hier sieht man wie ein Freund für Feind' ermordet sei.

Diß muß jo sein ein Freund, diß muß jo lieben heißen!

Er schonet seiner nicht, läst weidlich auf sich schmeißen,

daß uns in Plutos Gruft Alekto peitsche nicht

und Rhadamantus wir nicht kommen für Gesicht.

Hie hilft kein Helfen nicht, ihn kan ietzt niemand retten,

die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Friede hätten.

Des Vaters Zornesflut fährt über ihn mit Graus

und wil ihn aus dem Land' und Leben rotten aus.

Man wil ihn haben tot, und wird doch nichts erwiesen.

Der Zeugen Zeugnüß wankt. Er wird gerecht gepriesen

vom Pfleger Pontius. Noch sol und muß er dran,

ob man gleich keine Schuld auf ihn erzwingen kan.

Herodes lacht ihn aus, Pilatus, fast erzwungen,

spricht ihn dem Tode zu. Die Alten mit den Jungen

erbitten Barrabas. Der Mörder wird erkiest

für dem, der doch für sich das wahre Leben ist.

O Urteil ohne Recht! O Strafen ohne Sünden!

Messias muß nun fort. Er muß sich lassen binden.

Zum Kreuz ist er verdampt. Der wahre Todes Tod,

des Lebens Leben selbst kömpt ietzt in solchen Spott.

Der Segen wird ein Fluch, auf daß wir Segen hätten,

vom Fluche frank und quit: die Freiheit geht in Ketten,

auf daß wir würden frei. Sein Blut durchstreicht den Brief,

der wider unser Blut zu Gott stets schrie und rief.

Er mus auf Golgatha das Kreuz ihm selber tragen,

der unser Kreuze trägt. Er wird daran geschlagen,

streckt Händ' und Füsse weg, der doch in seiner Macht,

was Auf- und Niedergang, was Mitter-Tag und Nacht

in sich bearmet, hält. Der hänget zwischen Dieben,

der ohne Sünde war. Denkt, denkt, was ihr könnt üben,

ihr Herzen ohne Herz', ihr nichts als Ottergift!

Die Sonne trübt der Fall, der ihren Schöpfer trifft,

sie macht den Tag zur Nacht. Das blaue Schloß des Himmels

entfärbt sich ob der Tat. Von Stürmen des Getümmels

erblaßte Cynthia sampt ihrer güldnen Schar

und eilet' an die Wacht, als es noch hoch Tag war.

Nocturnus wuste nicht, welch Pferd er satteln solte.

Auch Atlas bebete, gleich ob er fallen wolte.

Die Wolken drungen sich und flogen schneller fort.

Neptunus kunte selbst für Sturme nicht zu Port.

Es zittert die Natur, weil ietzt ihr Vater zaget.

Gott reißet sich von Gott. Vor Durst der Schöpfer klaget,

das gallgefüllte Rohr, der essigvolle Schwamm

muß mehren seinen Schmerz. An dem verfluchten Stamm'

hängt unser Lebensbaum. Die hier vorüber giengen,

die klatschten mit der Hand. Auch selbst die mit ihm hiengen,

die schalten auf ihn zu. Es bliebe mancher stehn

und las die Überschrift mit spöttlichem Gehön'.

Hier hänget unser Ruhm, hier leidet unser Prangen,

hier kranket unser Arzt, durch den wir Heil erlangen!

Ist das der Wunderbaum? ist diß das werthe Holz,

darauf wir Christen sein so prächtig und so stolz?

Der Even erster Wundsch, des Abrahams Verlangen,

die Hoffnung Isaaks, den Jacob hat umbfangen,

die Himmelsleiter die, der Trost der Köninge,

hängt hier in Schmach, in Angst, in Schmerz, in Ach, in Weh.

Es kunte niemand nicht ein Beileid mit ihm haben,

das war die doppelt' Angst. Maria sampt dem Knaben

beweinten Freund und Sohn. Da ist kein Jünger nicht,

kein Petrus ist nicht da mit seiner hohen Pflicht,

der für ihn sterben wil. Ach! wie ist dir zu Herzen,

du nie erkantes Weib, wenn du in solchen Schmerzen

hörst winseln deinen Sohn? Wie ofte zeuchstu hin

in Ohnmacht, stimmelos, erstarret, ohne Sinn.'

Hier hängt dein Wunderkind in so viel hundert Wunden,

in Ängsten über Angst, gebissen von den Hunden,

die ärger sind, als Hund'. O Weib, o armes Weib,

ietzt dringet dir das Schwert durch deine Seel und Leib?

Du niemand gleiche Frau, du must von fernen heulen.

Ach dürftestu doch nur verbinden seine Beulen!

Ach wäre dir vergunt, daß du zu guter Letzt

ihm küsstest seinen Mund, mit Thränen eingenetzt!

Was hilfts? es kan nicht sein. Du must in Jammer stehen

und zusehn, wie man spielt. Jetzt mustu gar vergehen,

weil dir dein Trost vergeht, weil er wird sinnenlos,

weil ihm die Todesangst gibt manchen harten Stoß.

O Alles, schaue zu, Jehova muß ietzt sterben,

der uns durch seinen Tod das Leben kan erwerben;

Gott röchelt, Gott erblaßt, der Herr der Herrlichkeit

muß so elendiglich ietzt enden seine Zeit.

Und nun, nun ist er hin! Das Firmament erzittert,

der Felsen Stärke springt, der große Punct erschüttert.

Nord, Osten, Süd und West, die rissen aus der Kluft,

bestürmten See und Land. Dreimal mehr in die Luft

spie Etna Feuer aus. Die Elementen dachten,

es wär ihr Ende da, des Tempels Sparren krachten,

der Teppich riß entzwei, die Gräber brachen auf.

Auf dich, o Solyme, war vieler Toten Lauf.

Ach Leben, bistu tot? ie kan denn Gott sich enden,

der Anfang anfangslos, das End' ohn' End' und Wenden?

Wie? mangelt der ihm selbst, der nichts als Alles hieß?

Ist denn die Seele hin, die uns die Seel' einblies?

O Höchster, neigst du dich? Die krausen Locken hangen,

der rosenliebe Mund, die wollustvolle Wangen

verlieren ihren Glanz, die Augen brechen ein,

die Augen, die der Welt sind mehr als Sonnenschein.

Die Hände werden welk, der Beine Mark erkaltet,

blutrünstig ist die Haut, gelifert und veraltet;

hier hängst du ausgespannt, geädert, abgefleischt,

zerstochen, strimenvoll, entleibet, ausgekreischt.

O wahrer Pelican, der seine toten Jungen

durch sein selbst Blut belebt. Uns ists durch dich gelungen,

du ehrne Schlange du, du edle Medicin,

die Leviathans Gift und Bisse nimmet hin.

O mehr als Jonathan, o treuer als Orestes,

Treu über alle Treu', hier suchstu unser Bestes

und tust dir höchstes Leid. O Priester, o Levit,

der uns, wie Aaron, beim Vater stets vertrit.

Du stirbest als ein Mensch, auf daß du überwindest

den Tod, als wahrer Gott, und daß du, Schiloh, bindest

den starken Cerberus, so steigstu in die Gruft

und stürmest kecklich zu auf Plutos schwarze Kluft.

Du starker Simson du, du Löw' aus Juda kommen,

wie hat doch deine Kraft so gar bald abgenommen?

O Stern, wo ist dein Glanz? O Schatz, wo ist dein Gold?

O Herr, ist das dein Ehr'? O Arzt, ist das dein Sold?

Kein Tiger ist so grimm, so grausam ist kein Drache,

der einem seiner Art ein solches Quälen mache.

Der Löwe liebt den Arzt; wir Menschen sein so toll

und töten den, der uns vom Tode helfen sol.

Ihr ganz vergälltes Volk, ihr gar verstockter Sinnen,

noch tierischer als Tier, ie werdet ihr nur künnen

erkennen eure Schuld? In Gottes Sones Blut'

habt ihr den Speer genetzt, das er auch euch zu gut'

ietzt fließen läst von sich. Beherzet doch die Zeichen!

Doch ihr seid Eisenart, euch kan doch nichts erweichen.

Den Demant zwinget Blut, den Stal zerschmelzt die Glut,

kein Demant und kein Stal gleicht eurem harten Mut?

Ietzt gebt ihr Gott den Dank, wie eure Väter taten,

das ungezähmbte Volk, das Volk dem nicht zu raten,

der dich, o Israel, erlöst' aus Pharus Hand,

der dir das Rote Meer in blaches Feld gewandt

und Jordans wilde Flut, der inner vierzig Jahren

dich wie ein Adler trug. Da keine Wege waren,

kein Proviant, kein Haus, nichts als nur Wüstenei,

hielt er dich, hartes Volk, in Speis und Kleidern frei.

Die Winde musten Fleisch, die Klippen Wasser geben,

das Manna stunk euch an. Er selbst Gott, euer Leben,

stund allzeit über euch, noch fürchtet ihr ihn nicht.

Das Kalb, das war euch mehr als Gottes Wolk' und Liecht,

bis daß euch Josua in Idumeen brachte

und alles Canaan euch untertänig machte,

das Milch- und Honigland. Es war euch Niemand gleich.

Gott macht' ein großes Volk und Königreich aus euch.

Er stieß euch vielmal aus und holt' euch vielmal wieder,

so oft ihr kehrtet umb und fielet für ihm nieder.

Ihr seid der Väter Har; ihr häuft noch ihre Schuld;

ihr teufelisches Volk, solt' euch denn Gott sein huld?

So viel Prophetenblut ist noch für euch zu wenig,

ietzt tötet ihr Gott selbst, Gott selbst, Gott euren König!

O du verdamptes Volk, der euch von Anbeginn

zu seinem Reich erwählt, dem ihr stets lagt im Sinn, –

und diß noch was ihr seid, seid ihr durch seine Gnade, –

ietzt gebt ihr ihm den Lohn. Ach daß doch euer Schade

euch noch zu Herzen gieng'! iedoch ihr habt kein Herz!

Es ist euch eine Mähr, es ist euch nur ein Scherz.

Du Volk von Hagar her, du nicht der Freien Same,

du bist nicht mehr ein Volk, dein Nam' ist mehr kein Name,

du iedermannes Greul, so weit schwebt eine Wolk'

hastu kein stetes Haus, du ganz zerstörtes Volk!

Luft, Feuer, Erd' und Meer die ruf' ich an zu Zeugen,

daß ihr, Halsstarrigen, mit nichts nicht seid zu beugen,

wie Gott selbst von euch sagt. Weil ihr denn starrt so sehr,

so beug' euch dermaleins Luft, Feuer, Erd und Meer.

O Kreuz, uns nicht ein Kreuz, an dem wir können haben

für Kreuz Ergötzlichkeit, für Armut reiche Gaben,

für Bande freien Pass, für Schrecken Sicherheit,

für Helle Himmelsgunst, für Tod Unsterblichkeit.

Diß heist ja wol getauscht. Ietzt stehn des Himmels Türen

geöffnet angelweit. Gott wil uns mit sich führen

in sich und durch sich selbst. Wir sind den Engeln gleich,

ja mehr als Engel noch in unsers Heilands Reich'.

O Kreuze sei gegrüßt. Dich muß ein jeder ehren

in allem, was er tut. Du kanst den Teufeln wehren,

durch den der dich geweiht. O heilige Figur,

an der wir haben stets noch unsers Elends Cur.

Weg, Moses, mit dem Fluch! Hier hat Gesetz ein Ende,

der Decke darf man nicht, daß uns der Herr nicht blende.

Hier ist des Lebens Buch, das neue Testament;

Jehova selbst ist hier, den noch kein Jüde nennt.

Hin ist nun alles Leid, Gott hat nun ausgestanden,

was auszustehen war. Gebt Linderung den Banden

und zieht die Nägel aus, nehmt Gottes Körper ab,

tut ihm das letzte Recht, versenkt ihn in ein Grab.

Und Joseph, du tust wohl, daß du wilst den begraben,

durch dessen Wundergrab wir keine Gräber haben.

Weil der gestorben ist, so stirbet nun kein Christ,

weil uns der Tod ein Schlaf, das Grab ein Ruhbett ist.

Ach hätt' ich auch gelebt zu Nikodemus Zeiten,

ich hätte wollen wol des Herren Grab bespreiten

mit blauen Veiligen, das grüne Lorberlaub

hätt' ich hieher gestreut! Für Erde, Sand und Staub

hätt' ich die Rosmari und Amaranthen geben,

mit Tolpen untermengt, dir, aller Blumen Leben.

Das fremde Benzoe hätt' ich gezündet an,

und wormit sonsten man die Toten ehren kan.

Das Wündschen hilft mich nichts. Jebova, nim vor Willen,

weil ich doch meinen Wundsch kan ietzund nicht erfüllen,

nim an diß Sterbelied, nim an den Grabgesang,

den, höchster Freund, aus mir dein grimmer Tod erzwang!

Erlöser, habe Dank, Blutbürge, sei gelobet!

Ruhstifter, ruhe sanft; obgleich umb dein Grab tobet

der Wächter ohne Wacht. Schlaf ein, bis weder Tag,

noch Wacht, noch Siegel dich im Grabe halten mag!

10. Am Himmelfahrtstage

1634. Mai 25.

Fahr auf, du Siegesfürst, in aller Himmel Himmel,

und laß dich holen ein mit prächtigem Getümmel,

wie dein Triumph erheischt! Zehntausent Engel stehn,

zehnmal zehntausent stehn, bis daß du ein wirst gehn

in dein gestirntes Reich. Die lauten Cherubinen

und der gelehrte Chor der hellen Serafinen

erhöhen ihren Ton und schreien dich so an:

Triumph, Triumph, Triumph, dir, dir, dir, starker Mann,

Mensch, Gott, Immanuel! So wirstu aufgenommen,

so wartet man dir auf. Umher stehn alle Frommen,

die du hast frei gemacht, und jauchzen für der Lust,

für Lust, die keinem noch von Menschen ist bewust.

Erlöser, setze dich zu deines Vatern Rechten,

und sei hinfort, wie vor, auch gnädig deinen Knechten.

11. Über ein Kleines

Herr, es ist lange satt, daß ich dich nicht gesehen.

Was mir für Kümmernüß darüber ist geschehen,

wie Angst mir itzt noch ist, das weiß nur ich und du,

wir beide wissens nur. Ach, mein Herr, siehe zu,

daß mir dein Absein nicht die halbverzehrte Seele,

die so nach dir verlangt, bis auf das Sterben quäle!

Erzeige dich, mein Arzt! Der wenigste Verzug

versäumt den Kranken oft; ist sie schon auf den Flug

die Seele, so ists aus. Wie ist doch dieses Kleine

wie ach! wie groß bei ihr! sie sieht nach dir, die deine,

läßt keinen Blick vorbei, schickt Sinn und Geist nach dir.

Itzt fleugt sie selbst dir nach. Ach was verbleibt nur mir?

Ich bin nun nicht mehr ich. Kömt sie nicht balde wieder

und bringt dich, ihren Freund und meinen Trost, hernieder,

wie? wo? was werd' ich sein? der ich schon itzt vorhin

ein lebendiger Tod und totes Leben bin.

12. Ich bin ein guter Hirte

Ja freilich, freilich ja, du bist der gute Hirte,

ich bin ein böses Schaf, das in der Wüsten irrte,

von dir weit, weit von dir. Ich gieng der Weide nach,

die mich zur Hellen stieß und dir das Leben brach.

Mein Leben war dein Tod, dein Hunger mein Vermügen,

mein Überfluß dein Durst. Ich wäre blieben liegen.

Der Mietling flohe weg, der wilde Wolf brach ein

und ließ mich schwaches Vieh kaum, kaum noch übrig sein.

Du, Jesu, suchtest mich, du fundest mich, mich Armen,

und trugst mich wieder heim; es ist bloß ein Erbarmen,

daß ich bin, der ich bin. Herr, weide ferner mich!

Herr, speise mich mit dir! ich dürst', ich hunger, dich.

Du bist das Himmelbrot; wer dich ißt, der wird leben.

O Brunnen Israel, du, du kanst Wasser geben,

das aus dem Himmel quillt und wieder rinnt hinein.

Wer dich ißt, wer dich trinkt, wird stets gesättigt sein.

13. Gütiger Jesu, dein Verdienst

Aus dem Scaliger.

O Großer, denke nicht an meinen faulen Sinn,

der nichts als Unrecht tut und von dir fället hin,

der dich verläßt und irrt! Du bist der Sonnen Zier,

die auf- und niedergeht. Verwundre dich in dir!

Schau unsre Finsternüß und dunkels nur nicht an,

als die man sehen nicht für deinem Glanze kan!

14. Der holdselige Name Jesus

Aus eben desselbigen Lateinischem.

Was ists, das mich bestrahlt, daß ich so rede frei?

Wer gehet mir denn vor, dem ich so folg' ohn' Scheu?

Und wer, wer folget mir? Welch' eine laute Rede,

so hellen Glanzes voll, die mich so machet blöde?

Wer ist der neue Nam', als den der Herr selbst nennt?

Kom, meine Seel', und schau, schau den an, der dich kennt,

den du liebst und er dich! Er ist herfür geschossen,

gleich wie am Libanon ein ungekrümmter Sprossen,

der mit der Wurzel recht bis in den Abgrund reicht

und einen Gipfel hat, der sich dem Himmel gleicht.

15. Andacht

Ich lebe, doch nicht ich; derselbe lebt in mir,

der mir durch seinen Tod das Leben bringt herfür.

Mein Leben war sein Tod, sein Tod war mir mein Leben,

nur geh' ich wieder ihm, was er mir hat gegeben.

Er lebt durch meinen Tod, mir sterb' ich täglich ab.

Der Leib, mein irdnes Teil, der ist der Seelen Grab,

er lebt nur auf den Schein. Wer ewig nicht wil sterben,

der muß hier in der Zeit verwesen und verderben,

weil er noch sterben kan. Der Tod, der geistlich heißt,

der ist alsdann zu spat, wann uns sein Freund hinreißt,

der unsern Leib bringt um. Herr, gieb mir die Genade,

daß dieses Leibes Brauch nicht meiner Seelen schade.

Mein Alles und mein Nichts, mein Leben, meinen Tod,

das hab' ich bei mir selbst. Hilfst du, so hats nicht Not.

Ich wil, ich mag, ich sol, ich kan mir selbst nicht raten,

dich wil ichs lassen tun, du hast bei dir die Taten.

Die Wündsche tu ich nur, ich lasse mich ganz dir.

Ich wil nicht meine sein. Nim mich nur, gieb dich mir!

16. Gedanken über der Zeit

Ihr lebet in der Zeit und kennt doch keine Zeit;

so wißt, ihr Menschen, nicht von und in was ihr seid.

Diß wißt ihr, daß ihr seid in einer Zeit geboren

und daß ihr werdet auch in einer Zeit verloren.

Was aber war die Zeit, die euch in sich gebracht?

Und was wird diese sein, die euch zu nichts mehr macht?

Die Zeit ist was und nichts, der Mensch in gleichem Falle,

doch was dasselbe was und nichts sei, zweifeln alle.

Die Zeit, die stirbt in sich und zeugt sich auch aus sich.

Diß kömmt aus mir und dir, von dem du bist und ich.

Der Mensch ist in der Zeit; sie ist in ihm ingleichen,

doch aber muß der Mensch, wenn sie noch bleibet, weichen.

Die Zeit ist, was ihr seid, und ihr seid, was die Zeit,

nur daß ihr wenger noch, als was die Zeit ist, seid.

Ach daß doch jene Zeit, die ohne Zeit ist, käme

und uns aus dieser Zeit in ihre Zeiten nähme,

und aus uns selbsten uns, daß wir gleich könten sein,

wie der itzt jener Zeit, die keine Zeit geht ein!

17. Aus eines Andern seiner Erfindung

Setz' einen, der doch itzt nicht lebt auf dieser Erden,

noch ie gefunden ist, noch wird gefunden werden,

der alles hab' an sich, was einen rühmblich macht,

des Crösi Geld und Gut, des Cäsars Glück und Pracht,

die Schönheit Absolons, die Weisheit Salomonis,

Homers Beredsamkeit, den Eifer Ciceronis,

das Leben des Augusts, des Simsons starke Kraft,

des redlichen Traians gerechte Bürgerschaft,

des schnellen Azahels behende Hurtigkeiten,

des Hectors kühnen Mut, im Fall es kömpt zum Streiten:

so ist er doch so hoch mit Gaben nicht geschmückt,

als von der Neider Schaar verfolget und gedrückt.

18. Christum lieben ist beßer denn Alles wißen

Ohn Eins ist alles nichts, was etwas ist und heißt,

so viel der Sternenzelt in seinem Zirk' umschleust.

Diß Eins ist über All, in allem doch beschlossen;

stets seine, ganz und frei, in alles doch gegossen,

ein lebensvoller Geist; sein Absein ist der Tod.

Wer ohne dieses ist, ist niemals ohne Not.

Was bin ich doch bemüht um alles zu erlernen,

was nahe bei uns ist und was uns kömpt von fernen,

was hier und da und dort und überall geschieht,

darnach ein geizigs Aug' aus Herzenshunger sieht?

Könt' ich ein' iede Kunst, wär' aller Reichtum meine,

hätt' ich der Ehren Thron zu eigen ganz alleine;

gieng' alles mir nach Lust und wüst' ich keine Zeit,

die mich von Jugend auf nicht herzlich hätt' erfreut,

ja wüst ich, (welches doch noch Keinem ist gegeben,)

daß ich auch keinen Tod auf Erden solt' erleben,

mein Name reichte hin bis in die neue Welt,

an mir wär' alles das, was man für Alles hält,

ganz alles hätt' ich ganz: was wäre dieses Alles?

Ein Alles auf den Schein, ein Conterfet des Schalles,

des Schatten leiblichs Bild, Verblendung des Gesichts,

ein Schlauch an Leere voll, mit einem Worte Nichts.

O Alles über All! O mehr als alles Alles,

vor Allem allzeit da, ein Aufstand alles Falles,

nach Allem stets wie vor, ein Einzler an der Zahl,

doch über alle Zahl und Zeiten allzumal,

für dem der schärfste Witz ist Aberwitz zu nennen,

du aller Schätze Schatz, den nur die Seelen kennen,

für dem die Ehre Schmach, die Wollust Unlust heißt,

ein geistgestalter Mensch, ein menschgestalter Geist,

o Menschgott, Heiland, Heil! dem alle Dinge geben

in Allem allen Preis, du alles Lebens Leben

und alles Todes Tod! du bist es, Jesu, du,

ohn dem Nichts Alles ist und minder noch darzu.

Ach Alles, laß mein Nichts dir darumb doch gefallen,

dieweil es nichts wil ein in andern Sachen allen,

gieb, Alles, mir, dem Nichts, in allem Rat und Tat,

so hab' und kan ich mehr, als Alles kan und hat!

2. Von Leichengedichten

 Dem Wolgebornen, Hochedeln Herrn Philipp Scheiding auf Schedwy, Arno und Kegel, des Königreichs Schweden Rat und Gubernatoren des Fürstentum Ehsten auf Reval und des Königl. Hof-Gerichts zu Dorpt hochansehentlichen Präsidenten, meinem hochgeehrten Herrn.

1. Auf das Ableben der Fräulein Maria Juliane von Schönburg-Waldenburg.

1630.

1. Sonnet an das hochedle Haus Schönburg

Schönburg, du schönes Haus, wie tustu ietzund klagen,

indem ein großes Teil von deiner Schönheit fällt

und wird gerissen hin, darvon die Meißner Welt

und Ieder, wer dich kennt, mit Trauren weiß zu sagen!

Wie solte diesen Fall denn unbetrauret tragen

ich, der ich ohne dich in lauter Trauren bin

und gleichsam lebe tot? ich, den du mich vorhin

mit Gnade dir erkauft? Drumb weil mir deine Plagen

und übergroßes Leid durch Herz und Seele geht,

wolan, so nimb von dem, der dir zu eigen steht

mit Allem, was er ist, die Schrift zu einem Pfande