Die 7 Todsünden - Stephan Sigg - E-Book

Die 7 Todsünden E-Book

Stephan Sigg

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Beschreibung

Kennst du das auch? Du kannst den Mund von etwas nicht voll kriegen und möchtest immer mehr? Oder du willst mit dem Kopf durch die Wand und schlägst jede Hilfe und jeden Ratschlag in den Wind? Hier finden sich Geschichten über die Todsünden Hochmut, Habgier, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Faulheit. Mit einem Nachwort über die Herkunft und Bedeutung der sieben Todsünden.

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Buchinfo:

Stephan Sigg interpretiert die sieben Todsünden neu – herausfordernd und am Puls der Zeit. Geschichten, die nicht mehr loslassen und zeigen, dass die Todsünden kein alter Hut sind, sondern auch die Verlockungen unserer Zeit widerspiegeln.

Autorenvita:

© Thienemann Verlag GmbH

Stephan Sigg, Jahrgang 1983, studierte Theologie in Chur und lebt heute in Rheineck (Ostschweiz). Inzwischen hat er mehrere Bücher für Kinder und Jugendliche veröffentlicht. www.stephansigg.com

Vorwort

Hand aufs Herz, ihr rechnet mit dem Tod! Ihr denkt, hier kommt jemand jämmerlich ums Leben oder wird grausam mit dem Tod bestraft? Nein, in meinen Geschichten stirbt niemand, selbst wenn es in allen um die sieben Todsünden geht und in jeder eine Art »Tod« zu finden ist. Die Geschichten thematisieren Alltagserfahrungen, die ihr vielleicht schon selbst erlebt habt oder bei Freunden und Verwandten beobachten konntet:

Du kannst den Mund von etwas fast nicht vollkriegen und willst immer mehr? Du möchtest unbedingt etwas haben oder erreichen und glaubst, mit einem Trick ans gewünschte Ziel zu kommen? Du willst mit dem Kopf durch die Wand und schlägst jede Hilfe und jeden Ratschlag in den Wind, weil du so sehr von dir überzeugt bist?

Oft halst man sich mit diesem Verhalten große Probleme auf und erreicht genau das Gegenteil von dem, was man möchte. Weshalb das so ist und wovor genau die Todsünden uns bewahren wollen, erzählen meine Geschichten.

Im Nachwort erfahrt ihr noch mehr über den Begriff der Todsünde, über die Herkunft der Todsünden und ihre Bedeutung.

Ich wünsche euch spannende Stunden beim Kennenlernen der 7 Todsünden!

Stephan Sigg

Noch nie war Finn so erleichtert gewesen, als sich die Bustüren hinter ihm schlossen.

»Gerade noch geschafft«, brachte er hervor. Er war total außer Atem. Die letzten fünfhundert Meter waren sie gerannt, um den Bus noch zu erwischen. Gerade heute war er überpünktlich.

Tim schien Finns Erleichterung nicht ganz zu verstehen. »Wir hätten auch einen späteren nehmen können. Wir sind doch früh dran.« Er rückte seine grüne Baseballmütze zurecht. Es war ihm deutlich anzusehen, dass es für ihn noch viel zu früh am Morgen war.

Der Bus war halb leer. Finn quetschte seine riesige Sporttasche oben ins Gepäckfach. Tim platzierte seine auf den Knien. Noch bevor sie sich in die Sitze fallen gelassen hatten, setzte der Bus sich in Bewegung.

»Hast du alles dabei?«, erkundigte sich Finn.

Tim nickte, zippte aber trotzdem den Reißverschluss seiner Sporttasche auf. »Trikot, Schuhe, Schienbeinschoner …«, zählte er auf, »ich hab sogar noch mein altes Ersatzpaar eingepackt. Man weiß ja nie.«

Finn nahm sein Handy hervor. »Das musst du dir ansehen.«

Auch wenn er es seit gestern Abend schon mindestens zehn Mal angeklickt hatte, schaffte er es immer noch kaum, die Aufnahme anzusehen. Es war einfach zu brutal! »Dieser Schuss ist so was von krass«, murmelte er. Er hatte ihn gestern auf You-Tube entdeckt. »Niemand im Stadion rechnet damit, dass der Ball das Tor trifft, und dann schießt er ihn nur einen Bruchteil von einem Millimeter über den Kopf des Torwartes ins Netz. Er hat sogar seine Haare gestreift.«

Er war schon wieder ganz kribbelig. So etwas musste seine Mannschaft auch mal liefern. Er wollte gerade Play drücken, da rief jemand von hinten: »Heute machen wir euch fertig!«

Tim und Finn drehten sich überrascht um. In der Reihe hinter ihnen saß ein blonder Typ in ihrem Alter und grinste sie hämisch an. Tim und Finn warfen sich irritierte Blicke zu. Was war denn das für einer?

»Ich hab euch gleich erkannt. Auch wenn das Foto schon etwas älter ist.«

Finn machte ein Gesicht, als wäre er damit beschäftigt, eine schwierige Matheaufgabe zu lösen: der Mund halb geöffnet, die Augen zusammengekniffen, der Kopf leicht schräg. Auch Tim verstand noch immer nur Bahnhof.

»Das Mannschaftsbild in eurem Facebook-Profil!«, half ihnen der Blonde auf die Sprünge. »Wir spielen in einer Stunde miteinander, oder besser gesagt: gegeneinander. Ich war neugierig, wer ihr seid.«

»Ja, und jetzt?«, fragte Finn.

»Da seid ihr baff, was?« Der Junge lachte. »Wird sicher ein toller Vormittag heute. Übrigens, ich bin Gustav.«

Tim und Finn nannten ihre Namen.

»Nach dem Spiel müssen wir dann unbedingt etwas trinken gehen, um uns noch ein bisschen kennenzulernen«, sagte Gustav, »so viele Leute – das wird sicher eine Bombenstimmung.«

»Warum nicht?«, meinte Tim. »Vorausgesetzt, beiden Gruppen ist nach dem Spiel die Lust nicht vergangen.«

Aber Finn sah nicht ein, weshalb er mit diesem Typen einen auf besten Kumpel machen sollte – in knapp einer Stunde standen sie als Gegner auf dem Platz. Es ging hier um Fußball und nicht um Vergnügen.

An der Bushaltestelle wartete Tyler auf sie, die Sporttasche hatte er auf die Wartebank gestellt. Er trug bereits das orange Trikot. Und sofort fühlte sich Finn großartig: Sie hatten die neuen Trikots erst seit vier Wochen, die Software-Firma von Tylers Vater hatte sie gesponsert, nachdem Finn ihn unter Einsatz seines ganzen Charmes überzeugt hatte. Als Tyler die beiden Jungs entdeckte, winkte er aufgeregt mit einer Colaflasche.

»Ich kann es kaum erwarten!« Das Fieber hatte ihn schon total gepackt.

»Bis später«, verabschiedete sich Gustav und marschierte an den Jungs vorbei in Richtung Klubheim, dessen ausgebleichtes Blau in der Morgensonne etwas frischer wirkte, als es wirklich war.

»Wer war denn das?«, fragte Tyler.

Finn zuckte mit den Schultern. »Ein Spieler der Mannschaft, gegen die wir heute antreten.«

Finn erzählte, wie er sie im Bus zugetextet hatte. »Und der hat echt vorgeschlagen, dass beide Mannschaften nach dem Spiel noch irgendwo hingehen«, schloss er, »gemeinsam etwas trinken.«

Doch Tyler fand die Idee gar nicht so schlecht. »Cool«, meinte er und nahm einen Schluck von seiner Cola, »warum habt ihr ihn nicht gleich gefragt, ob sie zum Bowlen mitkommen?«

Tyler hatte beim letzten Training den Vorschlag in die Runde geworfen, sich mit der ganzen Mannschaft direkt nach dem heutigen Spiel im Bowlingcenter zu treffen. Das hatten sie schon öfter gemacht.

»Warten wir erst mal das Spiel ab«, sagte Finn, »wir wissen ja noch gar nicht, wie die so drauf sind.« Gut möglich, dass das totale Angeber waren.

Tyler grinste. »Und sonst? Hat er etwas preisgegeben? Haben sie eine Strategie oder so?«

»Keine Ahnung«, meinte Tim. So wichtig war das doch nicht. Oder glaubte Tyler wirklich, Gustav hätte ihnen brühwarm die Pläne seiner Mannschaft aufgetischt? Seit Tyler sich mit Verschwörungstheorien beschäftigte, witterte er hinter allem etwas Verdächtiges oder Mysteriöses, das er ans Licht bringen musste.

Als sie beim Spielfeld angekommen waren, blieb Finn abrupt stehen und ließ die Tasche auf den Rasen fallen. Mit stolzgeschwellter Brust rief er: »Hier sind wir! Wurde Zeit, dass wir wieder mal spielen.«

Tim und Tyler warfen sich amüsierte Blicke zu. Finn tat wieder so, als würden sie in einem großen Stadion stehen und das in die Jahre gekommene Klubheim, das schon längst hätte komplett renoviert werden müssen, wäre das piekfeine Zuhause der besten Spieler.

»Finn ist bereit für den UEFA-Super-Cup«, zog Tyler ihn auf, »heute lehrt er David Beckham das Fürchten.«

Dafür kassierte er von Finn einen Stoß in die Magengrube. Aber es war ihm anzusehen, dass auch er Tylers Bemerkung witzig fand. Es war ein offenes Geheimnis, dass Tyler vor allem wegen der Mannschaft und weniger wegen des Fußballs mitmachte. Tyler war erst seit etwa einem halben Jahr dabei und zwar nur, weil Tim ihn mehrere Wochen lang bearbeitet hatte. Tim wiederum war auf Finns Initiative zum Team gestoßen. Damals hatten sie akuten Nachwuchsmangel und Finn, der schon seit der Grundschule Fußball spielte, hatte alles daran gesetzt, dass seine Mannschaft nicht wegen Spielermangels aufgelöst wurde.

»Es würde nicht schaden, wenn ihr euch auch ein bisschen mehr identifizieren würdet«, sagte Finn zu den beiden. Sie liefen den Kiesweg hinunter, der zum Klubheim führte, und steuerten auf den Garderobeneingang zu. Als sie die Tür öffneten, kam gerade ihr Trainer heraus.

»Ihr seid die Ersten. Von der anderen Mannschaft sind schon fast alle da.«

Finn seufzte. Wenn bloß alle rechtzeitig hier aufkreuzten!

Endlich standen alle auf dem Feld. Andreas’ Freundin und zwei andere Mädchen waren gekommen. Sie lehnten sich über ein altes Werbeplakat einer Versicherung und winkten ihnen aufgeregt vom Spielfeldrand aus zu.

»Mit Chearleaderpompons hätte es noch cooler ausgesehen«, kommentierte Tyler. Die Mädchen kicherten. Der hatte Vorstellungen! Sie waren hier ja nicht bei einem Baseballspiel. Auch wenn Tyler nur die ersten vier Jahre seines Lebens in den USA verbracht hatte, ließ er immer wieder mal den Ami raushängen. Außer den drei Mädchen gab es nicht viel Publikum. Zwei ältere Herren standen an der anderen Seite und diskutierten. Finn kannte sie. Weißhaarige Fußballveteranen, die sich kein Spiel entgehen ließen. Sie gehörten zu diesem Fußballplatz wie das Flutlicht, das noch nie funktioniert hatte. Ihr Trainer gesellte sich gerade zu ihnen und klopfte ihnen auf die Schulter. Finn sah sich um. Auf der anderen Seite war alles grün-weiß. Die Trikots sahen ziemlich neu aus. Trotzdem nicht so toll wie die orangen Trikots von Finns Mannschaft. Gustav war also der linke Verteidiger. Finn hätte ihm eher den Stürmer gegeben. Er zwinkerte Finn zu und zeigte mit dem rechten Daumen nach oben. Der Schiedsrichter rannte aufs Feld. Finn hatte ihn noch nie gesehen. Er blies in seine Trillerpfeife. Das Spiel begann. Und sofort legten sich alle ins Zeug. Finn schaffte gleich zu Beginn einen beeindruckenden Pass, mit dem Tyler beinahe ein Tor schoss. Doch der Torwart von Gustavs Mannschaft konnte den Ball mit einem Sprung nach links gerade noch auffangen.

»Cool«, ermunterte Tyler Finn, »das nächste Mal packen wir es.«

Jetzt spielte Finn den Ball Tim zu. Aber dieser schaffte es nicht, ihn zu halten. Er kam nur ein paar Meter weit, dann wurde er von Gustav abgedrängt.

Tim zuckte mit den Achseln. »Ging mir zu schnell, sorry.«

Finn stöhnte. »Das wäre die Chance gewesen!«

Gustav versuchte, das Tor anzupeilen, aber er wurde schnell gestoppt. Wieder flog der Ball zurück auf die andere Hälfte des Spielfelds. Endlich hatte Andreas den Ball an sich gerissen.

»Hier!«, machte Finn auf sich aufmerksam. Er stand gerade allein, keine Gegner in unmittelbarer Nähe. Das war die Chance! Aber Andreas nahm zu Tim Blickkontakt auf und schon schoss der Ball in seine Richtung. Dieser schnappte ihn, sprintete ein paar Meter nach vorne, bis sich ihm zwei Gegenspieler in den Weg stellten. Er versuchte noch, den Ball an Andreas zurückzuspielen, aber der Schuss misslang, sodass die Gegnermannschaft wieder das Kommando übernahm.

Finn fluchte. »Spinnst du?«, fuhr er Tim an. »Das wäre doch nicht so schwierig gewesen. Ich stand ganz allein. Ich hätte locker ein Tor schießen können.«

»Hatte ich nicht geschnallt«, verteidigte sich Tim, »Andreas stand gerade so ideal …« Finn hörte sich den Rest nicht mehr an. War doch alles sinnloses Geschwätz. Er verzichtete darauf, dem Ball zu folgen. Da waren schon genug andere Spieler. Auch Tim beobachtete aus der Entfernung, wie sich die anderen Spieler um den Ball rangelten. Es dauerte eine Weile, bis sich Finn wieder nützlich machen konnte.

»Tim!«, schrie er, um seinen Kumpel vorzuwarnen. Denn Tim stand in der Nähe des Tors und mit ein bisschen Glück würde es ihm gelingen, den Ball zu versenken. Aber obwohl Finn ihm den Ball elegant zuspielte, verfehlte Tim das Tor.