Die Amazone, ihre Geliebte, die Novizin und ihr Cuckold - Clifford Chatterley - E-Book

Die Amazone, ihre Geliebte, die Novizin und ihr Cuckold E-Book

Clifford Chatterley

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Beschreibung

Uppsala, Schweden, zu Beginn des 22. Jahrhunderts: Zwei junge Frauen, die gegensätzlicher nicht sein könnten, halten ihren Schulabschluss in Händen. Die eine der beiden, Marina, ist ein Kind ihrer Zeit. Sie taucht mitten in das bunte und vielfältige Leben einer Studentin ein, das sich ihr anbietet, und findet Aufnahme in einer elitären Verbindung namens Wölfe und Amazonen, bei denen unverbindliche intime Beziehungen untereinander schon zum Aufnahmeritual gehören. Die andere, Anna, schließt sich als Novizin einer obskuren Sekte an, bei der scheinbar geschlechtliche Enthaltsamkeit die einzige Regel ist, die sie ihren Mitgliedern auferlegt. Doch blickt man genauer hin, ist nicht alles ganz so, wie es zunächst scheint. Wie kommt es, dass sich die lebenslustige Marina plötzlich in einer polyamoren Ehe mit ihrer Geliebten und dem Vater deren Kindes wiederfindet, während die nach außen so asketische Anna eine Beziehung zu einem jungen Mann eingeht, den sie mehr und mehr in die Rolle ihres Cuckolds bringt, bevor sie das Kind eines anderen empfängt? Das alles vor der Kulisse einer streng säkularen und egalitären Gesellschaft, die zwar von fluider Promiskuität bestimmt ist, aber gleichzeitig von staatlicher Überwachung der intimsten Lebensbereiche der Bürger. Die Menschen tragen ganz selbstverständlich Chips in ihrem linken Unterarm und finden absolut nichts dabei, dass der schwedische Staat sie auf Schritt und Tritt überwacht und Aufzeichnungen über nahezu alle ihrer Lebensbereiche führt. Vor allem aber über ihre Intimität mit anderen, die für Schweden ohne Konsens durch Austausch ihrer Chipdaten nicht mehr vorstellbar ist. Begleiten Sie zwei eigenständige, selbstbewusste junge Frauen auf ihrer aufregenden Reise ins erwachsene Leben, für die andere Männer und Frauen zwar Partner und Spielgefährten sind, aber niemals Macht und Kontrolle über sie erlangen. Und die sich im Ausleben ihres Freiheitsdranges kaum von jungen Männern in ähnlicher Position unterscheiden.

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Über dieses Buch

Uppsala, Schweden, zu Beginn des 22. Jahrhunderts: Zwei junge Frauen, die gegensätzlicher nicht sein könnten, halten ihren Schulabschluss in Händen. Die eine der beiden, Marina, ist ein Kind ihrer Zeit. Sie taucht mitten in das bunte und vielfältige Leben einer Studentin ein, das sich ihr anbietet, und findet Aufnahme in einer elitären Verbindung namens Wölfe und Amazonen, bei denen unverbindliche intime Beziehungen untereinander schon zum Aufnahmeritual gehören.

Die andere, Anna, schließt sich als Novizin einer obskuren Sekte an, bei der scheinbar geschlechtliche Enthaltsamkeit die einzige Regel ist, die sie ihren Mitgliedern auferlegt. Doch blickt man genauer hin, ist nicht alles ganz so, wie es zunächst scheint. Wie kommt es, dass sich die lebenslustige Marina plötzlich in einer polyamoren Ehe mit ihrer Geliebten und dem Vater deren Kindes wiederfindet, während die nach außen so asketische Anna eine Beziehung zu einem jungen Mann eingeht, den sie mehr und mehr in die Rolle ihres Cuckolds bringt, bevor sie das Kind eines anderen empfängt?

Das alles vor der Kulisse einer streng säkularen und egalitären Gesellschaft, die zwar von fluider Promiskuität bestimmt ist, aber gleichzeitig von staatlicher Überwachung der intimsten Lebensbereiche der Bürger. Die Menschen tragen ganz selbstverständlich Chips in ihrem linken Unterarm und finden absolut nichts dabei, dass der schwedische Staat sie auf Schritt und Tritt überwacht und Aufzeichnungen über nahezu alle ihrer Lebensbereiche führt. Vor allem aber über ihre Intimität mit anderen, die für Schweden ohne Konsens durch Austausch ihrer Chipdaten nicht mehr vorstellbar ist.

Begleiten Sie zwei eigenständige, selbstbewusste junge Frauen auf ihrer aufregenden Reise ins erwachsene Leben, für die andere Männer und Frauen zwar Partner und Spielgefährten sind, aber niemals Macht und Kontrolle über sie erlangen. Und die sich im Ausleben ihres Freiheitsdranges kaum von jungen Männern in ähnlicher Position unterscheiden.

Inhalt

Auf die Universität

Eine gute Nachricht

Uppsala, Haus der Evangelikalen

Die Dritte Nacht

Das Gelöbnis

Einzug ins Verbindungshaus

Studentinnen

Nach dem Tutorium

Marinas Branderung

Gespräch mit dem Vater

Saras Philistrierung

Bei der Oberin

Erste Bewährung

Saras Auszug

Nach dem Seminar

Schatten der Vergangenheit

Samstag abend in Härragen

Der diskrete Charme der Burgeoisie

Verlust der Unschuld

Vom Baum der Erkenntnis

Im Verbindungshaus

In Astrids Büro

Vor der Wahl

Erste Begegnung

Orientierung

Annas Revanche

Zwei Welten

Johans Bekenntnis

Saras Wunsch

Annas zweiter Mann

Aufbrüche und Umbrüche

To boldly go ...

Das Mädchen mit dem rötlichen Haar

Eine Türe öffnet sich

Annas Entschluss

Das Loft

Erwachsen werden

Ende oder Neubeginn?

Der Perlenkranz

Saras Empfängnis

Annas ewige Profess

Marinas Hochzeit

Guter Hoffnung

Unter Schwestern

Zypern

Gespräch mit der Mutter

Abschied in die Babypause

Gespräch mit dem Vater

Im Leben angekommen

Elinas Geburt

Odans Geburt

Hendrik

Johans Entscheidung

Bei Hendriks Mutter

Impressum

Auf die Universität

Eine gute Nachricht

„Uppsala also. Schön für dich, eine wunderbare Stadt voller junger Leute.“ Karen Sannen, eine dunkelhaarige, bis an die Grenze des Mageren schlanke Mittvierzigerin, bemühte sich, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, als sie diese Worte vom Küchenherd her sprach. Sie rührte eher aus Verlegenheit in der eisernen Pfanne herum, in der der Gemüseeintopf für das heutige Abendessen vor sich hin schmorte. Sie betrachtete Marina, ihre Tochter, gerade mal achtzehn, gertenschlank und sportlich, die ihr schulterlanges rabenschwarzes Haar wie gewöhnlich offen trug, sodass ihr ein paar Strähnen wirr ins Gesicht hingen.

Karen hatte es schon vor Jahren aufgegeben, Marina Vorträge über den Wert von Haarreifen, Haarspangen und Haargummis zu halten. Doch jetzt war das nicht das Thema, sie blickte mit ein wenig Wehmut in die leuchtenden Augen, mit der ihre Tochter den Brief hochhielt, der offenbar die Zusage für einen Studienplatz in der begehrten Universitätsstadt im nördlichen Mittelschweden enthielt. Und Marina war in diesem Augenblick zu aufgeregt, um den Unterton in der Stimme ihrer Mutter auch nur wahrzunehmen. Uppsala mochte cool sein, doch es lag an die hundert Kilometer nördlich von Herrängen, einem Vorort von Stockholm, in dem ihre kleine Wohnung lag.

„Uppsala, fein, welche Studienrichtung?“ ließ sich da eine Stimme von der Türe vernehmen. Im Rahmen erschien Aada Ranta, eine stattliche Frau in ähnlichem Alter wie Karen. Über ihrer fülligen Figur, die in einem schlichten hellblauen Kleid steckte, schaute ein rundes Gesicht mit freundlichen grünlichen Augen durch eine kleine runde Brille in die Küche, eingerahmt von wallendem rötlich blonden Haar. Aada, wie Marina sie seit neuestem nennen durfte, nicht mehr „Tante Aada“, war irgendwie Teil des Haushaltes ihrer Mutter, seit Marina denken konnte. Lange Zeit hatte Marina ihre Tante Aada einfach so als gegeben hingenommen, genauso wie den Umstand, dass es in ihrem Elternhaus keinen Vater gab. In jener Zeit waren die verschiedensten Familienverhältnisse in Schweden bereits derart verbreitet, dass im Kindergarten und später an der Schule nie jemand besonderes Interesse daran gezeigt hatte. Erst als pubertierende, so mit fünfzehn, hatte Marina begonnen, sich für ihre Herkunft und die näheren Umstände der Tante Aada zu interessieren.

„Deinen Vater kenne ich selbst nicht, ich habe ihn nur ein einziges Mal in meinem Leben getroffen“, hatte Karen in ihrer schonungslos offenen Art einfach gesagt, als diese sie danach fragte. „Du willst mir sagen, ich war einfach das Produkt eines …“ Marina hatte eine Weile gebraucht, bis sie die Worte über die Lippen gebracht hatte, sie war damals schon voll aufgeklärt und auch keine Jungfrau mehr, aber die plötzliche Offenbarung ihrer Mutter hatte sie dennoch aufgewühlt. „Eines One Night Stands, eines besoffenen Ficks, mit einem Kerl, von dem du nicht einmal den Namen wusstest?“ „Er hieß Odo, wenn dir das weiterhilft“, hatte Karen noch beigesteuert.

Marina hatte eine Weile gebraucht, bis sie das verdaut hatte, und auch ein paar Monate, bis sie so weit war, die Frage zu stellen, die sich ihr natürlich sofort aufgedrängt hatte: „Warum hattest du damals eigentlich den Verhütungchip ausgeschaltet, als du mich – bekommen – hast?“ Marina nahm es als gegeben an, dass der ID-Chip jeder Frau über das verfügte, was bei ihr mit fünfzehn in der Schule routinemäßig aktiviert worden war: Eine permanente Empfängnisverhütung mit winzigsten Dosen von Hormonen, die auf Wunsch auch die Menstruation unterdrücken konnten, was weit über 95% der Mädchen auch so eingestellt ließen, wie es bei der Aktivierung vorgegeben war. „Diese Chips gibt es erst seit 2080“, war die ernüchternde Antwort gewesen, „meiner kann das bis heute nicht.“ Marina hatte nichts mehr weiter gefragt, war aber die nächsten Tage sehr still gewesen, ihr Geburtsjahr war 2082.

Und so ließen sich Karen und Aada noch zwei weitere Jahre Zeit, bis sie Marina das sagten, was sich diese mittlerweile schon zusammengereimt hatte, da es wohl kaum einen anderen Grund dafür geben konnte, dass Aada ein paar Mal pro Monat im Schlafzimmer ihrer Mutter übernachtete. „Aada und ich sind ein Paar“, hatte sie wiederum in ihrer entwaffnend direkten Art gemeint. Karen konnte aus ihrer Haut nicht heraus: Selbst in einem lutherisch gläubigen Haushalt inmitten der Wälder am Nordufer des Vättern groß geworden, hatte sie mit der naiven Lobpreis-Spiritualität ihres Elternhauses von klein auf nichts anfangen können. So hatte sie sich, sobald es ihr möglich war, aus der geistigen Enge des Elternhauses befreit und, ebenfalls in Uppsala, Betriebswirtschaftslehre und Controlling studiert, eine Disziplin, die zu ihrem nüchternen, realistischen Wesen genau passte. Und dort hatte sie auch bald die lebenslustige Aada kennengelernt, die ihren maßgeblichen Anteil daran hatte, dass Karens Studentinnenzeit bald alles andere als langweilig war.

Doch das war alles schon eine Weile her, Marina hatte ihr oberflächlich freundschaftliches Verhältnis zu Aada nicht sonderlich verändert. „Politik- und Verwaltungswissenschaften“, antwortete sie daher in Richtung Küchentüre. „Ah, möchtest du Staatsbeamtin werden?“, frage Aada ein wenig kampflustig zurück. „Mindestens Ministerpräsidentin“, antwortete Marina gut gelaunt, auch Karen musste jetzt lachen. „Na immer mal halblang, Kind“, meinte sie, „am Anfang steht jetzt einmal die lebenspraktische Überlegung, wo du in Uppsala wohnen wirst. Mit deiner Heimatstadt, in der du dein geräumiges Zimmer und deine Mama hast, die dir kocht, wäscht, putzt und alles hinterher räumt, bist du ja nicht zufrieden.“

Karen schien jedenfalls mit dem Inhalt der Pfanne endlich zufrieden, sie packte diese am Stiel und trug sie zu dem kleinen Esstisch am Fenster der Küche. Marina räumtehastig den Stapel Unterlagen weg, den sie sich im Sekretariat ihrer Schule hatte auf Papier ausdrucken lassen und der jetzt über den ganzen Küchentisch verstreut lag. „Erst mal Essen, Aada, ich nehme an, du bleibst auch?“ „Na klar, und ich will mit euch beiden auf die guten Nachrichten anstoßen. Und es wird deiner Prinzessin überhaupt nicht schaden, ein wenig auf eigenen Beinen zu stehen. Oder hat es uns beiden geschadet, Karen?“ Karen seufzte ein wenig, als sie drei Teller aus dem weißen Wandschrank über der Anrichte räumte, drei Messer und drei Gabeln aus einer Lade der ebenfalls weißen Anrichte mit anthrazitgrauer Arbeitsplatte nahm und alles auf den kleinen weißen Tisch stellte, um den drei weiße, filigran wirkende Sessel standen. Aada hatte derweil eine Flasche Rotwein aus der winzigen Vorratskammer in einer Ecke der Küche genommen, brachte noch einen Korkenzieher und drei Gläser mit und setzte sich dann schwerfällig auf einen der Sessel, der unter ihrem Gewicht bedenklich krachte und knarzte. Aada ignorierte das, der Sessel tat das schon seit Jahren und war immer noch nicht zusammengebrochen, sie hielt das mehr für eine Unverschämtheit des Sessels als für ein ernsthaftes physikalisches Problem. Auf die banale Idee, einfach die Schrauben des Selbstbaumöbels mit dem beigepackten Schraubenschlüssel nachzuziehen, war allerdings noch keine der drei Frauen gekommen.

Karen schaute skeptisch, Wein war unter der Woche zu den Mahlzeiten nicht üblich, doch andererseits, man war nicht alle Tage mit einem großen Schritt der eigenen Tochter in Richtung Erwachsenenleben konfrontiert. Aada hatte natürlich mit allem recht, was sie sagte. Aber es war halt ein Unterschied, ob man so etwas über irgend einen Teenager konstatierte oder über das eigene Kind, das man doch gestern erst mit nicht einmal vier Kilo und einen halben Meter klein in Empfang genommen hatte … Karen seufzte wieder, doch dann griff sie nach dem Weinglas, das Aada ihr bereits vollgeschenkt hatte: „Na dann, Kind, herzlichen Glückwunsch, es ist ja alles andere als einfach, in Uppsala aufgenommen zu werden, eine tolle Leistung, auf die du stolz sein kannst.“ Marina nahm ihr Glas zur Hand. „Danke, Mama“, sagte sie schlicht. „Danke, dass du mir eine Schule ermöglicht hast, mit der ich die Chance auf eine erstklassige Ausbildung habe, und dass du immer darauf bestanden hast, dass ich sie auch abschließe.“ Karen und Aada lachten ein wenig, Marina hatte am Höhepunkt ihrer Pubertät einige Zeit gebraucht, ihre Mitte wiederzufinden. Erst als sie sich mitsiebzehn von ihrem ersten ernstzunehmenden Freund getrennt hatte, hatte sie in der Schule wieder Tritt gefasst und dank ihrer Intelligenz und Ausdauer das Versäumte noch ohne Zeitverlust nachholen können. „Na dann, Skål“, sagte Aada, die drei stießen an und tranken das erste Glas aus, bevor sie sich dem dampfenden Eintopf widmeten.

„Uppsala, dort ist doch auch ein großes Kapitel der WuA“, sagte Aada, als sie endlich das Besteck weglegte, sie hatte weit mehr als die Hälfte des Eintopfes alleine aufgegessen. „Geh hör auf, Aada, das ist doch alles nicht mehr zeitgemäß, lass Marina damit in Ruhe.“ Doch Marina war plötzlich sehr aufmerksam. „WuA, ist das nicht die Nachfolgeverbindung der legendären Amazonen, von denen eine der hier Anwesenden Alte Dame ist?“ Karen schaute irritiert auf, während Aadas Ausdruck von satt zu amüsiert wechselte. „Und woher weißt du das schon wieder, junge Dame?“, frage sie ihre Tochter ein wenig bissig. „Es war schwierig, aber nachdem du deinePhilistrierungsurkundeim Wohnzimmer hängen hast und der alte Zirkel der Amazonen darauf prangt, konnte ich es mit viel Mühe erraten.“ „Touché“, ätzte Aada und erntete dafür einen vernichtenden Blick von Karen. „Und wenn du schon so schlau bist: Was weißt du sonst noch über WuA?“ „Ausgezeichnetes Netzwerk“, kam es wie aus der Pistole geschossen, „Lebensfreundschaften. Lauter Top-Leute.“ Marina machte eine Kunstpause, schenkte sich ein wenig Wein nach, leerte ihn mit einem großen Schluck und lehnte sich auf ihrem Sessel zurück, sodass ihre kleinen, aber runden Brüste sich durch das dünne Top durchdrückten, das sie an diesem warmen Frühsommertag ohne BH trug. „Und rudelbumsen“, sagte sie schließlich. „Ziemlich sicher bei der Aufnahme, und man vermutet, auch sonst immer wieder mal.“

Aada lachte kehlig, während Karen sichtlich verfiel. „Und woher glaubst du das zu wissen?“, frage sie ein wenig kleinlaut nach. Marina schaute eine Weile triumphierend von einer zur anderen. „Habt ihr beiden schon vom Internet gehört?“, fragte sie dann. „Ja, dort kann man viel lesen“, machte Karen noch einen schwachen Versuch, doch sie kannte Marinas Antwort darauf bereits. „Wenn wir an unserer Schule etwas gelernt haben, dann echte von falscher Information unterscheiden. Und Mama?“, setze sie nach. Karen wusste auch jetzt, was kommen würde, hatte dem Unvermeidlichen aber nichts entgegenzusetzen. „Wer ist damals auf Parties gegangen, auf denen frau nicht mehr als den Vornamen erfragte, bevor sie sich ...?“ Aada konnte sich nicht mehr helfen: Sie wusste, dass das ihrer Freundin gegenüber unsolidarisch war, aber sie prustete einfach laut heraus. Karen wurde erst puterrot, doch dann musste sie auch mitlachen.

„Aber damals war es doch noch gar nicht WuA, deine Mama war noch bei den Amazonen“, wandte Aada schließlich ein. „Und was ändert das, nach meinen Quellen waren die Aufnahmerituale immer gemeinsam mit den Wölfen, wo hättet ihr die Schwänze sonst hergenommen?“, fragte Marina zurück, ihre Augen blitzten dabei unter ihrer schwarzen Mähne, was auch ein Stück weit dem Wein geschuldet war. WuA stand einfach für „Wölfe und Amazonen“: Seit der schwedische Staat vor zehn Jahren getrenntgeschlechtliche Vereine generell verboten hatte, waren zahlreiche solch merkwürdige Konstruktionen entstanden, vor allem bei den Studentenverbindungen. Pardon, Studierendenverbindungen. Karen gab auf. „Aber dass ich das gemacht habe, heißt noch nicht, dass es für dich auch gut ist.“ „Was jetzt?“, fragte Marina plötzlich ernst nach. „Ich glaube kaum, dass du Chefcontrollerin beim führenden Flugzeugbauer Schwedens wärst, wenn du nicht …“ Marina wechselte zu Aada. „Und du mit deinem Trödelladen nicht Präsidentin des schwedischen Kleinunternehmerverbandes.“ Aada schmollte ein wenig: Das, was Marina da so despektierlich „Trödelladen“ nannte, war immerhin eine der führenden Antiquitätenhandlungen in der Altstadt Stockholms, die sie vor fünfzehn Jahren von einem Spinner günstig übernommen und mit unglaublicher Zähigkeit von einem Ramschladen zur ersten Adresse für einschlägige Sammler, aber auch Touristen gemacht hatte.

Eine Weile wurde am Tisch geschwiegen, es schien zu diesem Thema irgendwie alles gesagt. „Sei’s drum, du brauchst eine Empfehlung eines Alten Herrn oder einer Alten Dame, sonst erfährst du nicht einmal die Adresse des Verbindungshauses. Ich darf dich als deine Mutter nicht empfehlen, du musst dich selber umschauen.“ Marina grinste. „Gehst du mal kurz raus, auch als meine Mutter musst du nicht bei allem wissen, wie ich es anstelle.“ Aada bemühte sich nach Kräften, sich das Lachen zu verbeißen, doch Karen stand gehorsam auf. „Und mach bitte die Türe zu. Das macht es einfacher für uns alle.“

Kaum war die Türe geschlossen, wechselte Marinas Ausdruck von jugendlich begeistert zu voll konzentriert. „Ich nehme an, ich liege nicht falsch mit der Annahme, dass auch du eine Alte Dame der Amazonen bist?“, eröffnete Marina das Gespräch. Aada überlegte eine Weile, aber da Marina dabei unverwandt den schlichten silbernen Ring anstarrte, den sie an der linken Hand trug und der dem von Karen glich wie ein Ei dem anderen, zuckte sie mit den Schultern. „Und wenn?“, fragte sie einfach zurück. „Würdest du mir dann helfen, dort hineinzukommen?“ Aada sah Marina wieder eine Weile an. „Anbrennen lässt du nichts, Kind, hier nicht und sonst wohl auch nicht.“ Marina lächelte dünn und wartete ab. Es war alles gesagt, auf die zugegeben noch recht milde Provokation reagierte sie nicht erkennbar. Gutes Zeichen, dachte Aada. „Also gut, ich bin Alte Dame des Amazonen-Kapitels in Uppsala“, sagte sie schließlich. „Wie kann ich dir behilflich sein?“ Aada war bisweilen ganz gut darin, schlichte Sätze in eine unnahbare, magische Aura zu verpacken, Marina zuckte ein wenig zurück, sie war wohl nicht auf der Hut gewesen. Sie brauchte aber nur einen winzigen Augenblick, sich wieder zu fangen. Ihre Augen fokussierten auf Aada. „Was ich möchte, habe ich bereits gesagt. Ich frage dich noch einmal höflich und in aller Form: Kannst und willst du mir dabei helfen?“ Mmmh, schon besser: Die Kleine wusste auch, wann es genug war und man einen höheren Rang anerkennen musste.

„Erste Voraussetzung ist: Du musst dir sicher sein und es mir gegenüber aussprechen, was du genau möchtest. Das ist ganz wichtig, formuliere es bitte von vorn bis hinten mit deinen eigenen Worten.“ Marina schaute mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und leichter Irritation, doch dann sagte sie ganz ruhig. „Aada, Alte Dame der Verbindung Amazonen, nunmehr Wölfe und Amazonen, ich ersuche dich als Akzeptierte der Universität Uppsala im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte um eine Empfehlung für die Aufnahmeprüfung in die studentische Verbindung Wölfe und Amazonen.“ Aada nickte anerkennend, die Formulierung war korrekt und wohlgesetzt. Marina hatte sich offenbar mit den Anfangsgründen mehr auseinandergesetzt, als sie ihre Mutter hatte wissen lassen. Sie schaute Marina in die Augen und reichte ihr beide Hände über den Tisch: „Schwöre bei dem, was dir heilig ist, was immer es sei, dass du über das, was du ab jetzt von mir erfahren wirst, Stillschweigen wahren wirst gegenüber jedermann und jederfrau, es sei denn, du hättest Gewissheit, die Person gehöre der WuA an.“ Marina sprach die Formel mühelos und fehlerfrei zur Gänze nach. Aada gab ihre Hände wieder frei und begann zu sprechen.

Eine halbe Stunde später hatte Marina einiges über die Organisation und die Zusammenkünfte der WuA erfahren, auch einiges über die Rituale, aber ein Thema war noch ausgespart geblieben. „Hast du die Sache bis hierhin verstanden? Ich würde dich bitten, die wesentlichen Punkte mit eigenen Worten zu wiederholen.“ Aada verfolgte mit ihrer Befragung selbstverständlich eine genaue Agenda, die älteren Mitglieder waren dringend gehalten, nur solche Personen überhaupt in Betracht zu ziehen, die einige Mindestvoraussetzungen mitbrachten. Intelligenz, rasche Auffassungsgabe und mündliche Ausdrucksfähigkeit waren zentrale Kriterien, und Aada hatte auch einige Techniken auf Lager, das Gespräch mit Herausforderungen aller Art zu spicken. „Vor allem habe ich verstanden, dass das hier eine Art Prüfung ist, sonst macht eine solche Bitte doch wenig Sinn“, sagte Marina. Sie wartete Aadas Antwort nicht ab und gab eine Zusammenfassung der umfassenden Erklärungen Adas, die nicht einmal die Hälfte der Zeit in Anspruch nahm und doch alles Wesentliche beinhaltete. Und sogar fein nuancierte Wertungen, die allerdings in derartiger Subtilität vorgetragen waren, dass Aada die freie Wahl hatte, sie zu hören oder nicht.

Gut, das hat sie einmal gemeistert. Jetzt also zum etwas schwierigeren, persönlichen Teil. „Erzähl mir über deinen Glauben“, sagte sie daher. Marina zuckte nicht mit einer Wimper: „Meine Position ist skeptisch agnostisch: Wir können über die Existenz eines höheren Wesens nichts aussagen, und keine der Disziplinen, die uns als Menschheit weiterbringt, benötigt einen Gott in ihren Weltmodellen. Das inkludiert auch die Individualpsychologie und die Sozialwissenschaften.“ Aada hakte das Thema geistig ab, Gläubigkeit in einem theologischen Sinn war ein Ausschlusskriterium für WuA. „Nur der Vollständigkeit halber: Verspürst du Beschränkungen, was dein Sexualverhalten betrifft, und wenn ja, welche?“ Marina dachte eine Weile nach, dann zog ein Lächeln auf ihrem Gesicht auf. „Besonders schwierig machst du es mir nicht, die Jesuiten wären subtiler“, sagte sie. „Natürlich sind die Grenzen zu respektieren, die der Staat uns auferlegt, ich muss sie hier nicht wiederholen. Ansonsten schöpfe ich Beschränkungen nur aus meinen eigenen Bedürfnissen.“ Aada nickte. „Willst du mir ein oder zwei Beispiele für solche Bedürfnisse nennen?“, fragte sie noch nach. Marina grinste. „Muss ich mir jetzt Sorgen machen, weil du gar so primitiv fragst? Ich ficke, wenn ich etwas Lohnendes dafür kriege. Ein geiler Orgasmus oder zwei ist eine gute Option.“

Aada nickte. Marina hatte sichtlich genug von dem Braten gerochen, um hier nur mehr erwartungskonform zu antworten, aber um das ging es Aada nicht. Sie hatte bei der Antwort hauptsächlich auf Widersprüche geachtet, die aus der Haltung, der Körpersprache, dem Ausdruck der Augen der jungen Frau geachtet. Und erwartungsgemäß keine gefunden. „Ich muss dich noch darüber aufklären, dass es zu den Gebräuchen von WuA gehört, andere Mitglieder als mögliche Geschlechtspartner zu sehen, was sich auch in manchen Ritualen ausdrückt, unter anderem auch in solchen zur Aufnahme. Es ist uns aber wichtig, dass wir in dieser Richtung niemals Zwang ausüben werden, du hast in jeder Situation die Möglichkeit, abzubrechen und die Veranstaltung zu verlassen. Am Aufnahmeritual werden allerdings doppelt so viele Kandidatinnen und Kandidaten teilnehmen, wie wir Mitgliedschaften vergeben, es besteht weder Anspruch auf eine Aufnahme noch darauf, dass die Ablehnungsgründe genannt werden. Für sexuelle Handlungen während des Aufnahmerituals werden wir dich vorweg bitten, eine Konsenserklärung abzugeben, zur beiderseitigen Sicherheit.“

„Ja, warum erwähnst du das extra?“, antwortete Marina. Sexuellen Konsens zu dokumentieren war in Schweden mittlerweile weithin üblich. Man hielt einfach die linken Unterarme aneinander, bis es leise piepste, und musste danach zur Sicherheit innerhalb einiger Sekunden den eigenen Finger auf den dort implantierten ID-Chip legen. Ob man dabei bei Bewusstsein war, registrierte das System automatisch. Man konnte das Verfahren in Abwandlungen für alle Rechtsgeschäfte nutzen, aber in dieser simplen Form gab es nur die eine Bedeutung. War man in Reichweite eines der Zugriffspunkte des staatlichen drahtlosen Internets, wurde die Transaktion gleich in einem zentralen Server abgelegt, so wie Millionen andere Informationen. Schweden waren an diese Art der Transparenz mittlerweile von klein auf gewohnt, sie kamen nicht auf die Idee, dass der schwedische Staat irgendetwas davon für Repression verwenden könnte. Und dieser hatte ihnen über die Jahrhunderte auch noch keinen Anlass dazu gegeben, denn dass die Daten zur Aufklärung von Verbrechen herangezogen wurden, fanden die meisten Schweden nur natürlich und wünschenswert.

Nachdem Aada nichts weiter sagte, fuhr Marina einfach fort. „Ist die Prüfung jetzt abgeschlossen? Ich gehe davon aus, dass ich bestanden habe, sonst hättest du mir schon den letzten Teil nicht mehr offengelegt. Ich ersuche dich daher neuerlich um Empfehlung für das Aufnahmeverfahren in die studentische Verbindung Wölfe und Amazonen.“ Aada sah Marina eine Weile an. „Ja“, sagte sie, „ich werde dich empfehlen. Unternimm nichts, du wirst kontaktiert und angeleitet werden.“

*

Es war schon dunkel, nur ein paar Kerzen erhellten das Schlafzimmer, in das Karen sich mit Aada zurückgezogen hatte. Es war Freitag Abend, Marina war längst ausgegangen und würde wohl kaum vor dem nächsten Morgen zurück sein. Aada und Karen hatten es sichnackt und entspannt in dem riesenhaften Bett bequem gemacht, das von einem mit dünner Gaze behangenen eisernen Baldachin gekrönt wurde. Es war immer schon so gewesen zwischen den beiden, dass Karens Schlafzimmer der Ort war, an dem sie neben ihrer körperlichen auch ihre geistige Intimität austauschten. Aada saß wie eine Venus aufrecht an das Betthaupt gelehnt, die Beine weit gespreizt, und hielt die dürre Karen, die rücklings zwischen ihren Beinen lag, den Kopf in ihren Bauch gelehnt, locker in ihren Armen, die Hände auf deren Brüsten. Auch wenn die beiden schon mehr als zwei Jahrzehnte ein Paar waren: Sie hatten gerade routinemäßig ihre Chips aneinander gehalten und mit Fingerdruck ihr Einverständnis bestätigt, das war selbstverständliche Gewohnheit, man dachte gar nicht groß darüber nach.

Karen lag also entspannt in Aadas Armen und rauchte langsam und bedächtig einen Joint. Gras war in Schweden schon die letzten dreißig Jahre legalisiert, was aber nichts daran änderte, dass das Schlafzimmer die ganze Nacht danach riechen würde, Fenster offen oder nicht. Aada wartete stumm, bis Karen bereit sein würde, zu reden. „Und, hat sie dich gefragt?“, eröffnete Karen schließlich das Gespräch. Aada unterdrückte den Impuls, ihre Freundin wegen der auffallenden Dummheit der Frage zu rügen. „Du dachtest aber nicht, dass sie nicht ohnehin gekommen wäre. Die war so gut informiert, wie man von außen nur informiert sein konnte. Ich gebe ihr übrigens die Empfehlung.“

Aada streichelte ihrer Freundin sachte über ihre Nippel, die sich unter ihren kundigen Berührungen rasch versteiften. Karen schüttelte sie für den Augenblick unwillig ab. „Aada, du hast keine Kinder, du kannst nicht beurteilen, wie sich das anfühlt. Sie war doch gerade noch ein Baby.“ „Und schon hält sie dir den Spiegel vor, Süße“, antwortete Aada ungerührt, „und hält ihn dabei genau so, dass das Spiegelbild in deinen Augen blendet. Oder sollte ich mich da täuschen?“ Mit diesen Worten streichelte sie Karen sachte über ihren flachen Bauch. Karen schien ihren Widerstand aufzugeben, legte sich ein wenig bequemer zurecht, um Aada besseren Zugriff zu geben, und sog noch einmal kräftig an ihrem Joint. „Täusche ich mich, Aada, oder ist sie noch unbekümmerter, noch frecher, noch selbstbestimmter, als ich es war?“ Aada antwortete zunächst nicht, nahm ihr aber das Tütchen aus den Händen und nahm selbst einen tiefen Zug davon. Es war auch für sie nicht einfach, mit ihrer Freundin über deren einzige Tochter so offen zu sprechen.

„Du hast es vermieden, ihr eine Hypothek mitzugeben, die du immer noch mit dir herumschleppst, Süße“, sagte sie schließlich bedächtig. „Du kannst aus dem, was dir dein bigott gläubiges Elternhaus mitgegeben hat, zwar mit dem Kopf heraus, aber nicht mit dem Bauch.“ Sie strich ihrer Freundin wieder sachte über ihren Unterleib, schloss diesmal deren blank rasierten Venushügel mit ein. „Du hast gelernt, das Joch zu ignorieren, das auf deinen Schultern liegt“, fuhr sie fort, „aber Marina hat gar keines dort liegen. Sie ist wirklich vollkommen frei, was ihre Körperlichkeit betrifft, sie kann auch, wenn sie sich noch so bemüht, nicht nachvollziehen, was Sexualität mit Moral zu tun haben sollte. Wohingegen du, meine Süße …“ Sie machte eine kurze Sprechpause, während sie ihre Hand tiefer gleiten ließ, einen Finger punktgenau auf die Stelle zwischen Karens Schamlippen legte, die sie nach über zwanzig Jahren intimer Freundschaft auch im Tiefschlaf finden würde. „… wohingegen du deine Geilheit immer noch aus der Grenzüberschreitung ziehst.“ Karen konnte ihrer Freundin intellektuell nicht mehr ganz folgen, weil ihr vor lauter Ziehen und die Nässe zwischen ihren Beinen ihr wieder einmal das klare Denken aussetzte. Sie fühlte sich in diesem Augenblick einfach geborgen in Aadas Armen, und das mit Marina würde schon seine Richtigkeit haben, sie konnte Aada ja zu hundert Prozent vertrauen. Sie ließ sich also einfach fallen und genoss, die nächste halbe Stunde, in der Aada ihren vom Gras benebelten Körper ein scheinbar nicht endendes Feuerwerk an bunten Bildern zu der Serie von Orgasmen lieferte, unter denen sie sich keuchend und schwitzend in deren Armen wand.

Uppsala, Haus der Evangelikalen

Anna Lundberg wartete, bis der Wagen geräuschlos vor dem Eingangstor des Hauses gehalten hatte, das ein wenig zurückgesetzt an einer wenig befahrenen Straße am Stadtrand von Uppsala lag. Ohne groß nachzudenken, legte sie ihren linken Unterarm auf das Display des Wagens, auf dem in grünen Lettern „Checkout“ leuchtete. Sie stieg aus, schloss die Türe, das selbstfahrende Fahrzeug setzte sich wie von Geisterhand in Bewegung und fuhr mit einem leisen Summen ab.

Anna mochte einen Meter fündundsiebzig groß sein. Wenn es so etwas wie eine typische Schwedin gab, dann war sie ein Beispiel dafür: Flachsblondes langes Haar war sorgfältig gescheitelt und am Hinterkopf straff zu einem Knoten gebunden; heller Teint, wache blaue Augen, eine zierliche kleine Nase. Sie war gertenschlank, ihre Figur wurde noch von dem schlichten Naturleinenkleid unterstrichen, das ihr bis weit unter die Knie reichte. Obwohl ihre Silhuette schmal war, ließen ihr die Falten im Rockteil des Kleides genug Bewegungsfreiheit, sodass sie mit den weißen Sneakers gut ausschreiten konnte, die sie an ihren unbestrumpften, makellos glatten Beinen trug.

Anna war wie meist mit einem zweisitzigen Fahrzeug unterwegs, obwohl dieses etwa zwanzig Prozent mehr kostete als die kleinen Einsitzer, die allerdings mehr an Kabinenroller gemahnten und eine mehr dem Motorradfahren ähnliche Sitzposition erforderten. Anna war von klein auf darauf gedrillt, ihre Beine zusammenzuhalten. Daher war ihr das unangenehm, sie bevorzugte die zweisitzigen Modelle, in denen man normale Autositze vorfand. Und sie konnte sich das auch leisten. Oder ehrlicherweise: Ihr Vater konnte sich das leisten, als Tochter eines Rechtsanwaltes und einer Internistin, mit denen sie etwas außerhalb von Uppsala als ältere von zwei Töchtern ein großes Haus bewohnte, kannte Anna keine materiellen Sorgen.

Anna holte noch einmal tief Luft und prüfte sich ein letztes Mal, bevor sie die paar Schritte auf die Haustüre zuging und den altmodischen Klopfer betätigte, der die einzige Möglichkeit schien, sich bemerkbar zu machen. Sie hatte sich das letzte halbe Jahr, im Sommer vor ihrer Universitätseinschreibung, intensiv mit sich selbst und dem Angebot der Evangelikalen beschäftigt. Und ja, sie war sich sicher, dass das der Weg war, den sie gehen wollte. Sie war mit ihren achtzehn Jahren noch Jungfrau, sowohl im technischen Sinn, als auch im praktischen Zugang zu ihrer erwachenden Fraulichkeit. Sie hatte kaum je das Bedürfnis verspürt, sich selbst zu berühren, ihre Körperlichkeit zu erkunden, und der Gedanke, eine andere Person, insbesondere einen Mann, näher als auf Armlänge an sich heranzulassen, machte sie schaudern. Sie war allerdings auch dankbar gewesen, als mit fünfzehn ihr Chip aktiviert wurde, und dachte nicht daran, an der Unterdrückung ihrer Menstruation etwas zu ändern, die ihr die beiden Jahre davor erheblich zu schaffen gemacht hatte. Auch ihre Mutter, die zu diesem Thema eine sehr konservative Haltung hatte und ihr den Chip am liebsten wieder ganz abgeschaltet hätte, konnte daran nichts ändern, gegen Annas Willen war das auch technisch gar nicht möglich. Es gab so viel Anderes, was die Welt zu bieten hatte, was man entdecken konnte, der eigene Körper galt ihr nicht viel mehr als ein Transportmittel ihres wachen Geistes, dem man vor allem deswegen Aufmerksamkeit schenken musste, um ihn langfristig in guter Funktion zu halten.

*

Sie war natürlich schon bemerkt worden, lange bevor sie den Klopfer betätigt hatte. Der weit reichende Chipleser, der am Portal des Hauses angebracht war, war zwar nicht legal, aber auch schwer zu entdecken, weil er auch das sachte Vibrieren des Chips zu unterdrücken vermochte, das eigentlich vorgeschrieben war, damit die tragende Person immer wusste, wenn sie gescannt wurde. Man wollte schließlich wissen, wer sich für das unscheinbare Haus interessierte. Doch Anna wurde erwartet, und so bat Nils Nilsson, ein Vorstandsmitglied des lokalen Zweigvereines der Evangelikalen, der den völlig irreführenden Titel „Bischof“ trug, die Hausangestellte, die junge Dame hereinzubitten und gleich zu ihm weiterzuführen.

Es war eher ungewöhnlich, dass der Bischof selbst sich um das Erstaufnahmegespräch einer studentischen Kandidatin kümmerte, aber beim Bewerbungsschreiben Annas hatte erst der automatische und dann der genauere händische Check gleich in mehrfacher Hinsicht angeschlagen: Sie war aus bestem Haus, sie hatte einen exzellenten Schulabschluss und einen entsprechenden Aufnahmetest an die Universität hingelegt, und was das wichtigste war: Sie hatte sich derartig überzeugt und leidenschaftlich von der Sache der Evangelikalen gezeigt, dass zu vermuten stand, dass sie sich jedenfalls als überzeugendes Testimonial, und vermutlich auch in leitender Funktion sehr gut machen würde. Und dass sie eine Schönheit im klassischen schwedischen Sinn war, war für die Sache natürlich auch nicht verkehrt.

Dennoch war der Bischof innerlich nicht gewappnet gegen die Aura der jungen Frau, gegen ihre überwältigende Ausstrahlung, als sie den Raum betrat und augenblicklich für sich vereinnahmte. Er brauchte lange, jedenfalls viel zu lange, bis er den augenblicklich über ihn hereinbrechenden Hormonrausch einigermaßen unter Kontrolle gebracht hatte. Wenngleich es in der nachgelagerten Videoanalyse keine zehn Sekunden war. Aber jedenfalls deutlich länger, als sie gebraucht hatte, ihren gleichmütigen Ausdruck wiederzufinden. Laut Video waren es keine drei Sekunden gewesen, und er hatte es in der Situation überhaupt nicht gemerkt. Nicht das Nils einen solchen Anfall nicht gerechtfertigt hätte: Er war Mitte dreißig, groß gewachsen, sein dunkler Teint verriet seine indischen Wurzeln. Sein dunkles volles Haar überragte scheinbar ordnungslos seine hohe Stirn, dunkle Augen und eine mächtige Nase verliehen ihm einen raubvogelhaften Ausdruck, der jedoch durch sein breites Lächeln mehr als wettgemacht wurde. Nein, Nils hatte keine Probleme, mit jungen Frauen in Kontakt zu kommen, obwohl sein Amt ihm das ja eigentlich verbot. Er zog sich jedenfalls hinter dieses Lächeln zurück, als er aufstand, auf Anna zuging und ihr beide Hände offen entgegenstreckte. „Anna? - Willkommen bei den Evangelikalen. Ich habe schon viel von dir gelesen, ich freue mich, dich jetzt persönlich kennenzulernen.“

Anna, ein Produkt ihrer kühlen, stets kontrollierten Mutter, spulte eine weitgehend automatisierte Reaktion ab. „Ich nehme an, du bist Nils? Danke für den herzlichen Empfang, ich freue mich, hier zu sein.“ Ihr Ausdruck blieb dabei allerdings gleichmütig, und sie vermied es, die angebotenen Hände zu ergreifen, sie deutete stattdessen eine leichte Verbeugung an, gerade genug, ihm den geschuldeten Respekt zu zollen, aber keine Handbreit mehr. Er überspielte die momentane Verlegenheit des Augenblicks galant, indem er den Stuhl zurückschob, der vor seinem Schreibtisch stand, und ihr galant Platz anbot. Die Art, wie sie dankte und sich setzte, ohne dass ihre Knie auch nur eine Handbreit auseinander klafften, die Anmut der fließenden Bewegung sagten ihm bereits: Hier hatten sie einen Volltreffer gelandet. Jetzt nur nichts verderben, die junge Dame nicht verschrecken. So einen Schatz würde sich manch andere Organisation auch nicht entgehen lassen.

„Kaffee?“, fragte er noch und wollte nach dem Mädchen läuten. „Nein danke, ich nehme nur einen Schluck Wasser“, antwortete Anna kühl. „Wie du willst.“ Er schenkte ihr aus dem großen Krug ein, der auf seinem Schreibtisch stand. „Nun, also, schön, dass du da bist. Ich nehme an, dass du dich schon ein wenig mit uns Evangelikalen beschäftigt hast, bevor du dich um Aufnahme beworben hast. Möchtest du damit beginnen mir zu erzählen, was du schon weißt?“ Anna bedachte ihn dafür zwar mit einem kurzen „bitte kein Kindergarten“-Blick, bequemte sich aber dann doch zu einer Antwort. „Soweit ich das verstanden habe, ist der Kern des evangelikalen Gedankens, bei aller Verankerung im Heute, im Hier und Jetzt, in unserer modernen Welt, ein persönliches Zeichen gegen die grassierende Beliebigkeit im Verkehr mit unseren Mitmenschen zu setzen. Aus Respekt vor uns selbst und vor diesen beschränken wir sexuelle Kontakte auf diejenigen, mit denen wir zumindest ein Stück des Lebensweges ernsthaft gemeinsam gehen wollen, und verzichten in Lebenssituationen ganz darauf, in denen wir auf uns selbst zurückgeworfen sind. Sofern wir Mitglieder einer evangelikalen Gemeinschaft sind, versichern wir einander dieser Haltung durch Gelübde, die wir vor einander ablegen, und die je nach persönlichem Reifegrad zwischen einem Jahr und im Extremfall lebenslange Gültigkeit haben. Ich denke, das fasst den Kern der Lehre ganz gut zusammen.“

Nils brauchte eine Weile, bis er eine passende Antwort gefunden hatte. Im Kern war das die gesamte Lehre der Evangelikalen, die in Wirklichkeit weder Kirche noch sonstige Glaubensgemeinschaft waren, sondern versuchten, mit diesem einzigen Anliegen Mitglieder und Anhänger um sich zu scharen. Als Mitglied des inneren Kreises der Führung wusste er auch, was Odo Sanders, der Gründer der Evangelikalen, damit wirklich beabsichtigte: Nämlich politische Macht zu erlangen. Sie standen in dieser Hinsicht auch noch ganz am Anfang, über ein paar lokale Studentenvertretungen waren sie noch nicht hinausgekommen. Aber das konnte er die junge Frau natürlich nicht wissen lassen, die ihm da gegenüber saß. Immerhin: sie hatte wohl schon angebissen, das mehrfache „wir“ sagte das überdeutlich. Und er wusste eines: Er würde sehr bald eine Aufgabe für sie finden müssen, denn Keuschheit leben, das konnte sie sehr gut allein, und übertriebene soziale Bedürfnisse schien sie auch nicht zu haben.

„Und du hast dich für dich bereits entschieden, diesen Weg zu gehen, oder wäre das für dich eine Art von Umkehr?“, fragte er sie stattdessen. Anna setzte diesen „es geht dich zwar nichts an, aber ich sag es dir trotzdem gern“-Blick auf, den er in diesem Augenblick unwiderstehlich fand. „Ich hatte noch keine sexuellen Kontakte und auch kein besonderes Interesse daran. Also ja, ich gehe diesen Weg bereits, aber ich habe Interesse am Austausch mit den wenigen Menschen, die überhaupt verstehen, was das bedeutet, und ernsthaft bereit sind, sich ebenfalls darauf einzulassen. „Nun gut, ich denke, du bist dir sehr sicher, dass unser Weg der richtige für dich ist. Wenn das auch immer noch dein Wille ist, dann habe ich möglicherweise auch gleich ein interessantes Angebot für dich.“

Anna sah ihn eine Weile an. Er musste wohl sein Interesse an ihr ein wenig zu offensichtlich gezeigt haben, jedenfalls antwortete sie: „Es wäre vor allem einmal meine Hoffnung, dass alle Mitglieder, egal welchen Geschlechts, den Weg, den sie eingeschlagen haben, auch ernst nehmen und sich nicht von der erstbesten Blüte am Wegrand davon abbringen lassen.“ Nils zuckte ein wenig zusammen. Er musste sich bei dieser ungewöhnlichen jungen Frau wohl mehr als normal am Riemen reißen. „Wir versuchen das durch unser Auswahlverfahren einigermaßen sicherzustellen. Natürlich hat das Grenzen, man kann in niemanden hineinsehen, und man weiß auch nicht, wie sich Menschen entwickeln.“ Anna verzichtete offensichtlich darauf, hier noch einmal nachzusetzen, und ließ ihn mit dieser matten Erklärung davonkommen. „Ich nehme an, dass der Standardweg ist, in einen Pool von Frischlingen zu kommen mit dem Ziel, offensichtliche Nieten, Dummköpfeund Eiferer rasch wieder loszuwerden. Meine Hoffnung ist, dass das ‚interessante Angebot‘ ein etwas direkterer Weg in die Gemeinschaft ist, ich habe tatsächlich keine Lust, zwei Semester wie ein Kindergartenkind behandelt zu werden.“

„Nun, das träfe sich doch gut, da du dir deiner selbst schon so sicher bist, könntest du der Gemeinschaft stattdessen auch dabei helfen, den jungen Männern und Frauen, die jetzt zu Semesterbeginn neu zu uns stoßen, ein wenig Halt und Orientierung zu geben und denjenigen, bei denen das schwer fällt, auch Alternativen zu uns aufzuzeigen. Wie klingt das für dich?“ „Du meinst zum Beispiel als Tutorin für Anfängergruppen?“ „Ja genau, das wäre eine ausgezeichnete Möglichkeit.“ „Na wenigstens würde mir das zeigen, dass man mich hier ernst nimmt. Meinen Hintergrund habt ihr ja offenbar gründlich recherchiert, es ist ja wohl auch nicht so, dass jede beliebige Erstsemestrige den Vorzug hat, gleich zu Beginn von einem – Bischof interviewt zu werden.“ Sie zögerte genau diesen Hauch vor dem Wort Bischof, der den Satz von einer Respektbezeugung ins Spöttische drehte. Nun gut, er konnte sich wohl persönliche Eitelkeit momentan nicht leisten. Alles zu seiner Zeit.

„Da wäre allerdings eine Sache, um die wir dich diesfalls bitten müssten.“ Anna sah ihn nur an. „Normalerweise nehmen wir Erstesemestern keine Gelübde ab. Doch in diesem speziellen Fall würden wir dich doch bitten, ein einjähriges Gelübde abzulegen, den Regeln der Gemeinschaft zu folgen. Schließlich würden wir dir ja auch bereits eine verantwortliche Aufgabe übertragen.“ Anna sagte immer noch nichts. „Ich glaube mich nicht zu täuschen, dass das für dich kein Problem darstellt“, setzte er daher nach. „Nein. Sonst noch was? Sonst könnten wir dann bitte bald zur Sache kommen, ich weiß recht gut, was ich will. Wo muss ich unterschreiben?“ Nils seufzte, dann griff er nach dem mittlerweile allgegenwärtigen Datenendgerät, einer Art von Tablet Computer, das einen Chipleser integriert hatte. „Hier bitte, du kannst dir die Beitrittserklärung in Ruhe durchlesen.“ „Danke, aber ich habe bereits recherchiert, was drinsteht, mehr als Name und Adresse sind wohl nicht relevant.“ Damit legte sie ohne weitere Umstände ihren Chip auf den Leser, ein leises Vibrieren zeigte ihr an, dass ihre Daten gelesen wurden, dann ein kurzes „Pieps“, dass sie die Erklärung unterschrieben hatte. „Danke“, sagte Nils. „Für das Gelübde gibt es bereits nächste Woche Gelegenheit, wo wir es den Drittsemestern abnehmen. Wenn du das einrichten könntest …“ „Schick mir einfach den Termin über das Netz, ich werde da sein. Und wenn du mir jetzt bitte einen Wagen rufen könntest, Zweisitzer bitte, ich bin schon spät.“

Fünf Minuten später trat sie in Begleitung des Hausmädchens bereits wieder auf den kleinen Platz vor dem Haus der Evangelikalen, wo schon ein kleiner weißer Wagen auf sie wartete. Sie setzte sich mit perfekt automatisierter, elegant fließender Bewegung auf einen der Sitze, schloss die Türe, legte ihren Chip auf das leuchtende Display und sagte nur „nach Hause.“ „Nach Hause“, bestätigte eine angenehme, wenngleich synthetische Männerstimme, und das Fahrzeug setzte sich mit leisem Surren in Bewegung. Nils blickte ihr über die Videoanlage des Hauses nach, bis sie im Wagen verschwunden war. „Dich krieg ich schon noch klein, kühle Blonde“, murmelte er mehr zu sich selbst, und sein jungenhaftes Lächeln wurde breiter, als das Hausmädchen, eine nicht besonders schlaue Fünftsemestrige, zu ihm zurückkehrte. Er hatte wohl etwas zu laut gesprochen, ihr rundes naives Gesicht strahlte ihn an. „Ja, sie ist sehr hübsch. Gibt es noch irgendetwas, was ich für dich tun kann, Bischof?“, frage sie und folgte willig seinen Gesten, der sie unter seinen Schreibtisch dirigierte. Er dachte noch rechtzeitig daran, die Videoaufzeichnung im Raum mit seinem Master Key außer Betrieb zu nehmen, bevor sich weiche Lippen kundig um seine Erektion schlossen.

Die Dritte Nacht

Marina verschlief den besseren Teil des Nachmittags, den die Kandidierenden nach dem kräfteraubenden Aufnahmeverfahren zu ihrer freien Verfügung hatten. Pünktlich um 19 Uhr begann ihr Chip sanft und dann immer fordernder zu vibrieren, bis die integrierte Überwachung ihrer Vitalfunktionen ihren Wachzustand registrierte und das lästige Summen aufhörte. Noch Zeit genug, um einen leichten Imbiss in dem schlichten Speiseraum einzunehmen, in dem die Kandidierenden verköstigt wurden, und sich dann für „die dritte Nacht“ fertig zu machen.

Die ersten beiden Tage waren einfach nur anstrengend gewesen. Workshops, Diskussionsrunden, dazwischen Sportwettbewerbe, bei denen sich die Kandidierenden aneinander messen mussten. Mit Ausnahme von zwei Trainern, einem Mann und einer Frau, und einer Jury, in ihrem Fall ein Mann und zwei Frauen, waren die Kandidierenden unter sich. Ob die fünf der Verbindung angehörten, wurde bei der Vorstellungsrunde nicht offengelegt, Marina war aber zumindest bei Jury ziemlich sicher. Von Anfang an war klar, dass das Setting höchst kompetitiv war, es wurden nach jeder Runde irgendwelche Rankings veröffentlicht, wenngleich Marina auffiel, dass es sich dabei immer nur um Einzelaufnahmen handelte und niemals ein Gesamtscore bekannt gegeben wurde.

Dennoch waren am Nachmittag des dritten Tages nur mehr sechsundzwanzig der vierzig Kandidierenden übrig. Marina war nicht entgangen, dass in etwa jeden halben Tag einige freiwillig aus der Kandidatur ausschieden, nachdem einzelne Jurymitglieder sie scheinbar absichtslos in Gespräche verwickelt hatten. Sie selbst war nur einmal zu einem solchen Gespräch gebeten worden, wo sie eine der Frauen um ihre Selbsteinschätzung gefragt hatte, wie sie wohl im Rennen lag. Sie hatte zunächst ausweichend geantwortet, worauf die Frau immer mehr insistiert und sich auch zunehmend kritisch zu Marinas Leistungen geäußert hatte. Marina hatte das Gespräch, das immer offensichtlicher darum ging, sie zu verunsichern und womöglich zum Aufgeben zu bewegen, schließlich mit den Worten: „Bilanziert wird zum Schluss, und vielleicht reiß ich mich ja beim Ficken noch raus“ beendet und die Jurorin einfach stehen lassen. Ganz verkehrt konnte das nicht gewesen sein, sie hatte seitdem vor solchen Versuchen Ruhe gehabt.

Marina studierte die verbliebenen Kandidaten, vor allem die Frauen, mit denen sie wohl in der kommenden Nacht in der ein oder anderen Form in Konkurrenz treten würde. Nach den allgegenwärtigen Quoten waren es dreizehn, von denen sie vielleicht drei, vier ernsthaft im Auge behalten würde müssen. Ein paar weitere waren noch übrig, die wohl aus Familientradition genötigt worden waren und denen nichts anderes übrig blieb, als bis zum Schluss durchzuhalten, um die Erwartungen ihrer Väter und Mütter zu erfüllen. Fünf von ihnen saßen gerade zusammen etwas abseits an einem Tisch und versuchten sich recht offensichtlich gegenseitig Mut zu machen.

Plötzlich und unvermittelt stand Marina auf, stellte ihr Tablett mit dem benutzten Geschirr auf einen der bereitstehenden Wagen und verließ die Kantine. Es war ihr schlagartig klar geworden, dass es nicht um die anderen ging. Sondern ausschließlich darum, wie sie selber sich schlug. Sie rief sich auch die Worte Aadas wieder in Erinnerung, die diese ihr noch am Abend vor der Aufnahmeprüfung in Erinnerung gerufen hatte. „Es geht um Mut. Es geht um deine innere Bereitschaft, deine Grenzen immer weiter zu verschieben. Und es geht ein Stück weit auch um Vertrauen. WuA macht für dich nur dann Sinn, wenn du unerschütterlich daran glaubst, dass dir die Verbindung niemals schaden wird.“ Aada hatte Marinas prüfendem Blick mühelos standgehalten, aber etwas in ihrem Ausdruck hatte Marina verraten, dass sie mit diesen Sätzen eigentlich schon zu viel preisgegeben hatte. Doch konnte sie ihrer eigenen Einschätzung vertrauen? Sie war mittlerweile wieder in dem kleinen Zimmer angelangt, das ihr für die Prüfungszeit zur Verfügung stand.

Sie betrachtete sich eine Weile in dem wandhohen Spiegel, aus dem sie ihr eigenes Bild in dem kaltweißen Licht der Deckenleuchte blass, mit wirrem Haar und verunsichertem Ausdruck anstarrte. Nein, so ging das gar nicht. Sie brauchte einen Plan. Und zehn Minuten später hatte sie auch schon einen. Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel, zumindest der verunsicherte Ausdruck war vollkommen verschwunden. Am Rest würde sie noch arbeiten müssen, aber sie hatte ja noch etwas über eine Stunde. Der erste Weg führte sie in die Garderobe, die man ihnen am Nachmittag gezeigt hatte, wo sie sich neben der Kleidung, die sie sich überlegt hatte, auch eine große Kiste mit Schminksachen mit in ihr Zimmer nahm. Noch fünfundvierzig Minuten, als sie mit den notwendigen Vorbereitungen in der Dusche begann. Zwei Minuten vor neun war sie fertig, gerade noch Zeit, sich in die große Eingangshalle zu begeben, wo sich die Kandidierenden für die Nacht versammelten.

Wie Marina es erwartet hatte, wurden jetzt Männer und Frauen getrennt. Weder die älteren Wölfe noch die Amazonen wollten sich wohl das Frischfleisch entgehen lassen. Die dreizehn Frauen boten ein buntes Bild von Ideen, sich für einen solchen Abend zurechtzumachen, doch die meisten hatten sich in irgend einer Form für kurz und frivol entschieden. Vor allem bei der Schminke merkte man, dass einige vollkommen ahnungslos damit umgegangen waren, Marina war Karen in diesem Augenblick unendlich dankbar, dass diese ihr schon früh die Anfangsgründe eines halbwegs professionellen Makeups beigebracht hatte, vor allem den Grundsatz: Weniger ist mehr.

Marina stach insofern aus der Reihe, als sie die einzige Frau war, die bodenlang gewählt hatte, wenngleich mit einem gewagten Schlitz auf einer Seite, der ihr fast bis zu den Hüften reichte. Zugegeben, die Hälfte der Frauen hatte sowieso nicht einmal annähernd die Figur, die frau für so etwas brauchte, aber dass sich einige etwas pummelige Mädchen derart gewagt in kurze und quietschbunte Kleider quetschen würden, damit hatte Marina nun wirklich nicht gerechnet, da hätte sie für eine jede von denen eine deutlich bessere Lösung gewusst. Aber das sollte nicht ihr Problem sein.

Sie reihte sich also im vorderen Drittel der Gruppe ein, die dem Trainer nach rechts in einen Trakt des Verbindungshauses folgen, den sie bis jetzt noch nicht betreten hatten. Eine zweiflügelige Türe wurde geöffnet, und – was immer Marina sonst erwartet hatte: Es öffnete sich vor ihren Augen ein Clubraum von gut zweihundert Quadratmetern, ein Sammelsurium aus den verschiedensten Stilen und Arrangements. Es gab bequeme Sitzgruppen, Bereiche, die mit Matten und Kissen, ausgelegt waren, eine große Bar, ein Klavier, zwei Himmelbetten mit schweren Vorhängen standen mitten im Raum. Marina ließ ihren Blick schweifen, versuchte sich einen Überblick zu verschaffen, bemerkte schließlich in einer der hinteren Ecken einen spärlich beleuchteten Bereich, dessen Wände mit rotem Samt austapeziert waren. Die Möbel, die in dieser Ecke standen, waren allesamt mit schwarzem Leder ausgeführt und mit allerhand Nieten verziert, von Wand und Decke schienen metallisch schimmernde Ringe und Ketten zu hängen. Marina schluckte. Auch wenn sie mit dieser Szene noch nie in Berührung genommen war, erkannte sie die Sachen als das, was sie waren: Utensilien für BDSM-Praktiken. Und es schien sich dabei nicht um Kinderspielzeug zu handeln.

Zunächst war außer der Gruppe der Kandidatinnen niemand im Raum, der Trainer hatte nur „viel Vergnügen“ gewünscht und war dann kommentarlos abgezogen. Das sollte sich auch die nächste Stunde nicht ändern. Hinter der Bar stand ein Barmann, der auf Verlangen Drinks zubereitete. Was zunächst einmal dazu führte, dass das Grüppchen, das schon in der Kantine zusammengesessen war, begann, sich Mut anzutrinken, und nach Ablauf der Stunde bereits die dritte Runde intus hatte. Marina hatte zwar noch nicht heraußen, worum es hier gehen würde, aber: Wer besoffen am schnellsten die Beine breit machte, das schloss sie als Kriterium aus.

Sie beschloss also, sich an der Trinkerei nicht zu beteiligen, und nahm stattdessen den Raum näher in Augenschein. Mit gewissem Vorbedacht verbrachte sie dabei eine geraume Weile die BDSM-Ecke, denn die war das einzige, was erkennbar zu Aadas Ratschlägen passte. Im Augenwinkel beobachtete sie dabei, dass nach und nach junge Männer, nach ihrer Einschätzung in ihrer Mehrheit zwischen fünfundzwanzig und dreißig, in den Raum kamen. Sie nahmen von den Frauen zunächst keine Notiz und gruppierten sich zwanglos auf die Sitzecken. Marina fühlte intuitiv, dass die Weichen für die kommende Nacht jetzt gestellt werden würden und sie jedenfalls nicht endlos Zeit verlieren durfte. Sie erinnerte sich: Der Benimm-Codex, der seit mittlerweile über fünfzig Jahren an schwedischen Schulen verteilt wurde und immerhin ein zweiseitiges Vorwort des Königs enthielt, räumte Männern und Frauen ausdrücklich das gleiche soziale Initiativrecht ein, es galt also weithin nicht mehr als unschicklich, wenn Frauen Männer einfach ansprachen oder sich selbst vorstellten.

Während sie an einem der schwarzen BDSM-Möbel lehnte, taxierte Marina rasch und unauffällig ihre Möglichkeiten. Die Wahl würde letztlich immer eine gewisse Unsicherheit in sich tragen, aber nicht zu wählen war jetzt gerade die schlechteste Option. Selbst die bereits reichlich angetrunkenen Mädchen in ihren kurzen Kleidern schienen das irgendwie zu spüren, wenngleich sie zunächst auf erstaunlich wenig Reaktion stießen. Marinas Blick fiel schließlich auf die Sitzgruppe, die ein wenig abseits in der Nähe der BDSM Ecke stand und an der zwei eher ernsthaft und intelligent wirkende Männer in schlichter, aber durchaus eleganter Gesellschaftskleidung miteinander plauderten, ohne sich um die Vorgänge um sie herum sonderlich zu kümmern.

Einmal noch durchatmen. Eine Entscheidung für etwas ist immer auch eine Entscheidung gegen etwas. Sie ging also ohne sonderliche Eile, aber doch zielstrebig auf die Sitzecke der beiden Herren zu. Sie probierte es einfach mit „Guten Abend, ich bin Marina, störe ich gerade, oder habt ihr Lust, dass wir einander ein wenig kennenlernen?“ Es schien zu funktionieren, einer der beiden blickte zu ihr auf. „Sehr gerne, ich denke, wir sind alle hierhergekommen, um neue Bekanntschaften zu schließen.“ Er deutete auf einen der Fauteuils, Marina dankte und setzte sich. „Vielleicht ein Drink?“ Es war der andere, der sich jetzt zu Wort meldete. Marina überlegte kurz, entschied sich aber dann für die altmodische Variante. „Wenn du so nett bist, dann bitte einen Vodka Martini.“ Der Mann blickte sie amüsiert an, bevor er aufstand. „Geschüttelt, nicht gerührt?“, fragte er, bevor er sich mit einem leichten Kopfnicken verabschiedete und Richtung Bar ging.

Die beiden warteten stumm, bis er mit einer frischen Runde Drinks zurück war, die er mit einem Tablett brachte und auf den Tisch stellte. „Freut uns, dich kennenzulernen, Marina. Das hier ist Carl Gustaf, und ich bin Sven. Carl Gustaf ist bereits Alter Herr, ich bin noch in der Activitas der Wölfe. Und Amazonen.“ Marina bemerkte die Pause vor dem „und“, ganz aufgehoben schien das Mann-Frau-Ding hier jedenfalls noch nicht zu sein.„Aber erst mal Skål, Marina. Es ist uns ein Vergnügen.“ Die beiden hoben ihre Gläser, Marina tat es ihnen gleich, es wurde nicht angestoßen, sie nahmen je einen Schluck. „Meine Rolle muss ich wohl nicht erörtern, ich bin Kandidatin, sonst wäre ich nicht hier“, nahm Marina das Gespräch wieder auf. „Die es immerhin in die letzte Runde geschafft hat. Wie ging es dir denn die letzten beiden Tage?“ Carl Gustafs Stimme war angenehm und ruhig, er strahlte ein ungewöhnliches Maß an Selbstsicherheit aus. „Es war schon fordernd, aber auch eine Gelegenheit, viel über sich selbst zu erfahren. Wie immer es schließlich ausgeht, aber ich möchte es schon einmal als persönliche Erfahrung nicht missen.“ Carl Gustaf lächelte hintergründig.

„Dabei liegt der spannendste Teil ja noch vor dir“, antwortete er. „Bis jetzt lief ja alles nach relativ offensichtlichen Kriterien ab. Doch ab hier geht es in ein offenes Setting. Du bist das erste Mal mit deklarierten Mitgliedern der Verbindung konfrontiert, die sehen möchten, wie du mit einer weiteren, vielleicht der intimsten der möglichen Ausprägungen unserer Geselligkeit zurechtkommst. Oder um es einfacher zu formulieren: Wir wollen gemeinsam herausfinden, ob du jenseits deiner überdurchschnittlichen intellektuellen und sozialen Kompetenz, die du ja schon bewiesen hast, auch vom reinen Bauchgefühl her zu uns passt. Und da gibt es letztlich kein richtig oder falsch.“

„Übrigens, falls du Sorge hast: Die drei, die noch gehen müssen, werden sich sehr vermutlich unter den fünf Alkoholleichen finden, die da drüben gerade ein trauriges Bild mangelnden Selbstmanagements abgeben. Alles, was du noch schaffen musst, ist morgen früh um acht Uhr noch hier sein. Der Weg nach draußen wäre allerdings nicht umkehrbar.“ Marina war auf der Hut. Nicht, dass das nicht plausibel gewesen wäre, aber die Ankündigung passte nicht in den Kontext. Es würde wohl trotz allem noch andere Mindestkriterien geben als dies. „Das ist noch gut zehn Stunden hin, eine Menge Zeit, von der es doch schade wäre, sie einfach abzusitzen. Ich denke auch nicht, dass das eure bevorzugte Variante ist, die Nacht zu verbringen.“

„Da hast du allerdings einen Punkt. Wir beide wollen nicht damit hinterm Berg halten, dass wir eine gewisse Präferenz dafür haben, die ein oder andere schöne und intelligente junge Dame heute Nacht näher kennenzulernen. Natürlich sind gegenseitiges Gefallen und gewisse gemeinsame – Interessen nicht zu unterschätzende Vorteile, was das Gelingen einer solchen Begegnung anbelangt.“ Marina lächelte, lehnte sich in ihrem Fauteuil ein wenig zurück und schlug ein Bein über das andere, sodass durch den Schlitz des Kleides ihr Knie und ihr Oberschenkel frei lagen. Die Geste verfehlte ihre Wirkung nicht. „Wir konnten nicht umhin zu beobachten, dass du an gewissen – Gerätschaften vorhin lebhaftes Interesse gezeigt hast. Bist du mit den Vorrichtungen und ihren Zwecken vertraut?“

Auch wenn Marinas Zug offenkundigen Erfolg zeigte, war sie von der plumpen Vorhersehbarkeit dieses nächsten Schrittes der Männer ein wenig enttäuscht. Dennoch zeigte ein Blick in ihre Karten: Sie war Frischfleisch, nicht die beiden, sie würde wohl nach deren Regeln spielen müssen. „Bedauerlicherweise nicht“, antwortete sie daher brav, „aber vielleicht seid ja ihr beide damit vertraut?“ Carl Gustaf sah sie prüfend an. Marina war sich in diesem Augenblick unsicher wie nie, ob sie seine markanten Gesichtszüge nicht von irgendwo her kannte, kam aber momentan nicht drauf. „Ein wenig“, sagte er schließlich. „Sicherlich genug, um einen tiefer gehenden Eindruck zu hinterlassen.“ Marina unterdrückte ein Kopfschütteln. Die führende Intelligenz des Landes kochte wohl auch nur mit Wasser, besonders dann, wenn der Verstand schon in die Hose gerutscht war. „Ich darf vorgehen?“

Marina stand auf und folgte den beiden Männern in die Ecke des Raumes, wo Carl Gustaf relativ nüchtern zu erklären begann, wofür die einzelnen Möbel und die Geräte verwendet wurden, „um einander subtilere, intensivere Formen der Lust zu bereiten“, wie er das ausdrückte. Marina wartete eine angemessene Zeit ab, in der sie den Anschein erweckte, ergriffen an seinen Lippen zu hängen. Dann apportierte sie ihm brav das nächste Stichwort: „In der Theorie klingt das ja alles recht aufregend, aber wirklich beurteilen lässt sich das wohl nur, wenn man es an sich selbst erfährt, oder?“ Carl Gustaf schwieg eine Weile. „In einer Umgebung wie der hiesigen gilt noch mehr als sonst die allgemeine Regel: Hüte dich vor deinen Wünschen, sie könnten in Erfüllung gehen.“ Marina spürte, wie ihr Puls stieg. Jetzt war wohl einer der Schlüsselmomente der Nacht. War sie aus dem Holz geschnitzt, das für WuA taugte?

Sie versuchte, ihre Aufregung ein wenig niederzukämpfen, als sie den nächsten Schritt setzte: Sie lehnte sich gegen einen der mit Leder und Nieten bezogenen Böcke, spreizte ihre Beine leicht, sodass eines frei aus dem Schlitz ihres Kleides schlüpfte, schaute die beiden Männer von unten her an, drehte dabei ihre Handflächen nach oben und fragte mit leicht belegter Stimme, die der Dramaturgie des Augenblicks dienlich war: „Oh, ist das so?“ Carl Gustaf ging quälend langsam auf sie zu. Mittlerweile waren ein paar andere auf die Szene aufmerksam geworden, die Gespräche rund um sie verstummten allmählich. Der junge Mann berührte sie sachte unter ihrem Kinn, drückte ihr den Kopf in den Nacken, bis sie gezwungen war, seinem Blick zu begegnen, und sprach mit ruhiger, beherrschter Stimme: „Nur wenn du es möchtest. Doch sieh dich vor: In diesem Raum ist es vor allem dein eigener Mut, der dir Grenzen setzt. Wie weit geht dein Mut?“

Einen Augenblick lang kämpfte Marina gegen die in ihr aufwallende Panik an. Natürlich hatte sie selbst die Situation maßgeblich zugespitzt, aber jetzt musste sie liefern, und das würde bedeuten, ein großes Stück weit die Kontrolle an Unbekannte zu verlieren. Zeit, sich auf ihr eigenes Urteil zu verlassen: Sie riskierte hier nichts, niemand konnte sich leisten, ihr hier bleibende Schäden zuzufügen. Dennoch: Die Theorie war eines …

„Find es heraus“, stieß sie plötzlich und für ihren Geschmack etwas zu kehlig hervor. Carl Gustaf blieb äußerlich ruhig, taxierte sie eine Weile. „Konsens?“, fragte er dann einfach. Marina drehte ihren linken Arm weiter nach außen und bot ihm ihren Chip dar. Ohne Hast legte er den seinen drauf, es vibrierte, reflexartig bestätigte sie. „Du bekommst ein Sicherheitswort von mir“, fuhr er fort, „merke es dir, obwohl ich nicht denke, dass du es brauchen wirst. Es lautet ‚rot‘“. Marina wusste genug über BDSM, um die Bedeutung eines Sicherheitswortes zu kennen. Aber auch genug über die Situation, in die sie sich gebracht hatte: Es zu verwenden, würde das Ende ihres Aufnahmeverfahrens in WuA bedeuten.

Mittlerweile hatten sie die Aufmerksamkeit für sich, es bildete sich langsam ein Halbkreis um die Ecke, in die Carl Gustaf Marina getrieben hatte. Oder sie sich selbst, wie man es halt betrachtete. Sven bat die, die in der vordersten Reihe standen, ein wenig Abstand zu halten, die Menge wich ein paar Schritte zurück. Marina wartete. Carl Gustaf kam näher, legte seinen Finger behutsam auf das Grübchen unter ihrem Kehlkopf, ließ ihn langsam über ihre nackte Haut abwärts gleiten, soweit ihre Brüste in dem etwas zu tiefen Dekollete des Kleides bereits exponiert waren. Als er am Saum des Kleides angekommen war, zog er seine Hand zurück. „Zieh dich aus, in diesem Fummel wird das nichts.“ Er sagte das, als ob er über das Wetter sprechen würde. Marina fühlte hingegen heiße und kalte Schauer durch ihren Körper rieseln, denn Fakt war: Unter dem Kleid war sie nackt.