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Die Brüder ist eine einzigartige Erzählung von Ludwig Tieck.
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Seitenzahl: 15
In der Nähe von Bagdad lebten Omar und Machmud, die Söhne einer armen Familie. Als der Vater starb, erbten sie nur ein kleines Vermögen, und jeder von ihnen beschloß, zu versuchen, wie hoch er damit sein Glück bringen könne. Omar zog fort, um eine kleine Reise zu machen, und den Ort zu finden, wo er sich niederlassen wolle. Machmud begab sich nach Bagdad, wo er einen kleinen Handel anfing, der in kurzer Zeit sein Vermögen um ein Ansehnliches vermehrte. Er lebte sehr sparsam und eingezogen, und sammelte sorgfältig jede Zechine zu seinem Kapitale, um mit diesem wieder etwas Neues zu unternehmen. Auf diese Art bekam er bei mehreren reicheren Kaufleuten Kredit, die ihm zuweilen einen Theil der Schifffracht abtraten und gemeinschaftliche Spekulationen mit ihm versuchten. Durch wiederholtes Glück ward Machmud dreister, er wagte größere Summen, und sie trugen ihm jedesmal reichliche Zinsen. Nach und nach ward er bekannter, seine Geschäfte wurden größer, er hatte bei vielen Leuten Summen ausstehen, so wie er von vielen andern Gelder in den Händen hatte, und das Glück schien ihm beständig zu lächeln. Omar war im Gegentheil unglücklich gewesen, keiner von seinen vielen Versuchen war ihm gelungen; er kam jetzt ganz arm, fast ohne Kleider, nach Bagdad, hörte von seinem Bruder und ging zu ihm, um bei ihm Hülfe zu suchen. Machmud freute sich, seinen Bruder wieder zu sehn, beklagte aber seine Armuth. Da er sehr gutmüthig und weich war, gab er ihm sogleich eine Summe aus seiner Handlung, und richtete ihm davon ebenfalls einen Laden ein. Omar fing an mit Seidenwaaren und Kleidern für Frauen zu handeln, und das Schicksal schien ihm in Bagdad günstiger, sein Bruder hatte ihm die Summe Geldes geschenkt, und er hatte es daher nicht nöthig, sich wegen der Wiederbezahlung zu ängstigen. Er war in allen Unternehmungen unbesonnener als sein Bruder, und eben deswegen glücklicher; er war bald mit einigen Kaufleuten bekannt, die bis dahin mit Machmud