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Ein neuer Kriminalfall für die beliebten Detektive aus Rocky Beach. Warum sind die drei ??? auf einmal so unglaublich müde? Justus, Peter und Bob sind auf einem Campingtrip in Sierra Nevada. Bei einem Ausflug entdecken sie eine verlassene Geisterstadt. Wer lebte einst hier? Warum sind alle Menschen fort? Die Freunde sind gleich Feuer und Flamme. Sie fühlen sich wie in einem Western. Doch auf einmal übermannt die Detektive eine unerklärliche Müdigkeit. Als sie wieder aufwachen, liegen sie wieder an ihrem Lagerfeuer. Die Geisterstadt ist spurlos verschwunden! Haben sie alles nur geträumt? Die drei ??? aus Rocky Beach in einem spannenden Fall in der Nostalgiereihe.
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Seitenzahl: 180
Veröffentlichungsjahr: 2025
Die drei ??? und das Geheimnis von Black Mesa
C. R. Rodenwald
KOSMOS
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Basierend auf der Outline »The Mystery of Black Mesa« von William Arden.
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Umschlagsabbildung: © Andreas Ruch, Düsseldorf
© 2025, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG
Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart
kosmos.de/servicecenter
Alle Rechte vorbehalten
Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
Based on characters by Robert Arthur.
ISBN 978-3-440-50943-2
E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Cover
Titel
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Hauptteil
Alfred Hitchcock hat das Wort
Eine Stadt, die es nicht gibt
Auf zur Geisterstadt
Im Gefängnis
Feuer!
Nächtliche Suche
Ein neuer Morgen
Wo ist Bob?
Petri Heil!
Big Mack und seine Bande
In die Irre geleitet
Überleben in der Wildnis
Nur eine Legende?
Gelber Staub
Durch Berg und Stollen
In der Falle
Auf der Flucht
Showdown
Tödlicher Staub
Bei Hitchcock werden letzte Fragen geklärt
Nachwort von C. R. Rodenwald
Verehrte Freunde der drei ???,
gleich zu Beginn muss ich euch um Verzeihung bitten. Der Fall, den ihr gerade in den Händen haltet, schlummerte viel zu viele Jahre vergessen zwischen alten Briefen und Drehbüchern in meinem Regal. An die Hintergründe kann ich mich nicht mehr genau erinnern, aber jedenfalls vergaß ich, das versprochene Vorwort zu schreiben. Weder Justus noch Peter oder Bob fragten nach, bis Letzterer vor Kurzem die Fallakten neu sortierte und dabei eine Lücke entdeckte.
Wie es von den drei Detektiven nicht anders zu erwarten war, brachten sie blitzschnell die Wahrheit ans Licht: Das mittlerweile vergilbte Manuskript befand sich noch zwischen meinen Unterlagen von damals.
Nachdem meine Schamesröte nun verflogen ist, freue ich mich umso mehr, euch einen Fall aus der Anfangszeit des Detektiv-Trios zu präsentieren. Die drei ??? hatten gerade das Geheimnis um die schwarze Katze gelüftet, da verschlug es sie in die Sierra Nevada. Eigentlich wollten sie nur ein paar Tage in der Wildnis zelten. Doch dann erlebten die drei Spürnasen in den Bergen ein Abenteuer, das selbst mir den Atem raubt.
So, nun möchte ich euch aber nicht länger auf die Folter spannen. Viel Vergnügen in Black Mesa!
Alfred Hitchcock
»Schau mal da, Just, eine Stadt!«, rief Peter.
»Aber das kann doch gar nicht sein«, murmelte Bob vor sich hin. Die Nachmittagssonne knallte vom Himmel. Bob kniff die Augen zusammen und warf einen Blick auf die Wanderkarte, während Peter neben ihm den herrlichen Ausblick über das weite vor ihnen liegende Tal genoss.
»Da hat sich die ganze Anstrengung doch gelohnt. Toll!«, freute sich der Zweite Detektiv.
»Was ist los, Kollegen?«, rief Justus aus einiger Entfernung, blieb kurz stehen und stützte die Hände auf den Knien ab.
»Dahinten liegt eine Stadt«, wiederholte Peter.
»Unser Weg führt aber laut Karte an keiner einzigen Siedlung vorbei. Wir müssen uns verlaufen haben«, seufzte Bob.
Schwer atmend quälte sich Justus weiter den schmalen Pfad durch die zerklüftete Felsenlandschaft der Sierra Nevada hinauf. Teilweise war zwischen den Felswänden kaum ein Meter Platz. Der Schweiß drang ihm aus allen Poren. Eigentlich war die Landschaft wunderschön, wie im Bilderbuch. Aber daran konnte der Erste Detektiv sich gerade nicht erfreuen. Erschöpft war sein Blick fast ausschließlich auf den Boden gerichtet.
Als Justus endlich oben ankam, ließ er sich auf einen flachen Felsen fallen. Er atmete schwer und nahm einen großen Schluck aus seiner Wasserflasche.
Peter hatte kurz nach Beginn der Sommerferien vorgeschlagen, einige Tage zelten zu gehen. Die Sierra Nevada mit ihrer beeindruckenden Flora und Fauna hatte sie immer schon gereizt. Auch wenn Justus im Vorhinein bereits angemerkt hatte, dass es eine sehr bergige Angelegenheit werden könnte, hatte er es sich dann aber doch nicht so anstrengend vorgestellt.
»Wir hätten die Pferde nehmen sollen«, beschwerte er sich.
»Wir hätten es auf den Pferden nie diesen Pfad durch die enge Schlucht bis hier hoch geschafft, Just«, erklärte Peter. »Oder willst du die armen Tiere umbringen?«
»Lieber bringt ihr mich um, ja?« Wäre Justus nicht so entkräftet gewesen, hätte er glatt über sich selbst gelacht. Dann nahm er Bob die Karte aus der Hand und studierte sie minutenlang. Immer wieder hob er seinen Blick und betrachtete die Landschaft. Schließlich holte Justus ein Fernglas aus seinem Rucksack hervor. Deutlich sah er Häuser und Straßen, aber keine Autos oder irgendetwas anderes, das sich bewegte.
Wie groß die Stadt war, konnte er nicht genau erkennen, da ein Teil von einem Bergrücken verdeckt wurde.
»Es gibt nur zwei Möglichkeiten«, setzte Justus zu seiner Schlussfolgerung an und gab das Fernglas an Peter weiter. »Entweder haben wir uns verlaufen und mit deinem Orientierungssinn ist es doch nicht so weit her, Peter, oder …« Justus hielt inne.
»Oder was?«, wollte Bob wissen.
»Oder die Stadt dort hinten gibt es nicht«, ergänzte der Erste Detektiv.
»Wie meinst du das? Ich kann sie doch ganz deutlich sehen.« Peter betrachtete ungläubig die Häuser im Tal. »Und außerdem: Wenn wir uns verlaufen haben, dann hat das gar nichts mit meinem Orientierungssinn zu tun. Denn der funktioniert auch ohne Karte. Die Karte hatte auch nicht ich, sondern –«
»Jetzt hör aber auf, Peter!«, unterbrach Bob seinen Freund.
»Schluss jetzt, ihre Streithähne. Spart euch eure Energie. Lasst uns lieber noch einmal zusammen mit kühlem Kopf unsere Lage bewerten«, schlug Justus vor.
Einen kühlen Kopf zu bewahren, war bei dieser Hitze keine leichte Sache. Peter und Bob legten ihre Rucksäcke ab und ließen sich links und rechts von Justus auf der Felsplatte nieder.
»Vielleicht bilden wir uns die Stadt auch nur ein. Es könnte doch eine Fata Morgana sein. Ich habe letztens einen Bericht dazu gelesen«, suchte Bob nach einer rationalen Erklärung.
»Kein schlechter Gedanke. Aber eine Fata Morgana ist eine Luftspieglung. Und wir sind hier nicht in der Wüste oder am Meer, sondern in den Bergen. Die Stadt liegt von uns aus gesehen unten in einem Tal. Um eine Luftspiegelung kann es sich also nicht handeln«, wandte Justus ein.
»Hier haben wir vorhin unser Lager aufgeschlagen.« Bob zeigte mit dem Finger auf die Karte. »Und dann sind wir in diese Richtung aufgebrochen, diesen Pfad entlang. Der führte gleich zu Beginn relativ steil bergauf. Das erkennt man daran, dass die Höhenlinien auf der Karte eng beieinanderliegen und unser Weg sie fast senkrecht kreuzt.«
Peter nickte zustimmend. Bevor Justus zur Antwort ansetzte, wischte er sich erst noch einmal mit dem Ärmel seines T-Shirts den Schweiß von der Stirn.
»Richtig«, sagte er dann. »Aber das ist jetzt auch schon wieder eine Weile her. Wir sind ziemlich lange gelaufen. Damit wir uns auf der Karte auch hundertprozentig zurechtfinden, sollten wir sie erst einmal einnorden.«
»Was sollen wir die Karte?«, fragte Peter.
»Einnorden!«, wiederholte Justus und setzte zu einem für den Ersten Detektiv typischen Monolog an. »Eine Karte ist immer nach Norden ausgerichtet, zumindest heutzutage. Im Mittelalter zeigte der obere Kartenrand oft nach Osten, Richtung Orient. Deswegen spricht man auch von Orientierung. Seit dem 19. Jahrhundert liegt der Norden aber oben auf der Karte. Damit wir uns optimal orientieren können, sollten wir die Karte auch so halten, dass ihr oberes Ende Richtung Norden zeigt. Gebt mir mal den Kompass.«
Bob durchsuchte seinen Rucksack. »Mist, ich glaube, den habe ich bei den anderen Sachen im Zelt gelassen.«
»Und jetzt?«, stöhnte Peter genervt.
»Ein guter Detektiv hat immer einen Plan B. Wir können die Karte nämlich auch ohne Kompass einnorden«, fuhr Justus fort. »Grob können wir schon am Stand der Sonne bestimmen, wo Norden ist. Im Osten geht die Sonne auf, im Süden nimmt sie ihren Lauf und im Westen geht sie unter. Zur Mittagszeit steht die Sonne also im Süden.« Justus blickte auf seine Armbanduhr. »Es ist jetzt 16 Uhr. Norden muss also ungefähr dort sein.« Er zeigte in Richtung eines Bergmassivs und fuhr fort. »Aber wir wollen es so genau wie möglich wissen.« Justus stand auf, nahm die Uhr ab und drehte sie so, dass der Stundenzeiger in Richtung Sonne zeigte. »Jetzt ziehen wir gedanklich einen Strich vom Mittelpunkt der Uhr bis zur Ziffer 12. Und seht da, Kollegen, genau in der Mitte zwischen dieser Linie und dem Stundenzeiger ist Süden.« Justus drehte sich um. »Und daraus folgt: Der Berggipfel dort hinten liegt genau nördlich von uns.«
Wieder vertiefte sich Justus in die Karte und glich ihre Position mit den neuen Erkenntnissen ab. »Wir haben uns definitiv nicht verlaufen. Zunächst gingen wir zu dieser Lichtung, dann durch diese Schlucht und hinauf auf den Berg. Und jetzt sind wir exakt hier.« Justus tippte mit dem Finger auf die Karte.
»Alles andere hätte mich auch gewundert.« Peter klatschte triumphierend in die Hände, stutzte dann aber. »Wenn wir uns nicht verlaufen haben, warum ist die Stadt dann nicht auf der Karte?«
»Dabei habe ich sie doch ganz neu bei Booksmith gekauft«, sagte Bob vor sich hin.
»Wie, du hast sie neu gekauft?«, hakte Justus ein. »Ich konnte letztens kaum die Telefonrechnung bezahlen, so knapp bei Kasse ist unser Unternehmen. Unnötige Ausgaben können wir uns nicht leisten. Gerade deswegen hatte ich dich doch darum gebeten, in der Box mit den alten Wanderkarten und Reiseführern bei uns im Gebrauchtwarencenter nachzuschauen.«
»Habe ich ja auch, aber die einzige halbwegs brauchbare Karte von hier war aus dem Jahr 1930«, verteidigte sich Bob, vom harschen Ton seines Freundes überrascht. »Mit so einem alten Ding konnten wir doch nicht auf Wanderschaft gehen.«
Justus winkte ab. »Die Topografie der Sierra Nevada hat sich in den letzten zehntausend Jahren nicht verändert. Da kommt es auf ein paar Jahre mehr oder weniger auch nicht an.«
© /Kosmos
Diese Bergwanderung mit den drei Detektiven beschert uns ein paar Ungereimtheiten. Warum sind auf der Karte zwar Wege verzeichnet, aber keine Siedlung? Und das, obwohl die Karte jüngeren Datums ist – oder gerade deswegen?
»Fällt euch eigentlich auf, wie ruhig es hier ist?«, überlegte Peter. »Man müsste doch irgendeine Art von Leben sehen oder hören. Aber hier ist nichts als Stille.«
»Stimmt, Zweiter. Jetzt, wo du’s sagst. Außerdem sehe ich auch gar keine Straße, die zur Stadt hinführt. Das ist schon ziemlich ungewöhnlich«, meinte Bob.
»Das ziemlich kannst du streichen. Je mehr ich darüber nachdenke, desto rätselhafter erscheint mir das Ganze. Deshalb sollten wir diese Stadt mal genauer unter die Lupe nehmen«, stellte Justus fest und erhob sich. Die Antwort seiner beiden Freunde wartete er erst gar nicht ab. Wenn es ein Mysterium aufzuklären gab, war Justus Jonas der Erste, der sich auf den Weg machte.
Justus marschierte den Pfad hinab, der in Serpentinen nach unten führte. Die Nadelbäume standen hier dicht an dicht. Der vollkommen mit Nadeln bedeckte Waldboden war gesäumt von kleinen und mittelgroßen Steinen, zwischen denen sich die drei Jungen ihren Weg bahnten. Im Schatten der Bäume genossen sie die angenehme Kühle.
Als sie schließlich das Tal erreicht hatten, schaute Justus noch einmal auf die Karte. »Diese gestrichelte Zickzacklinie hier ist der Weg, den wir eben gegangen sind. Und in diesem Seitental muss die Stadt liegen.« Justus faltete die Karte wieder zusammen und die drei Freunde gingen weiter an einem schmalen Fluss entlang. Justus hielt dabei fortwährend nach einer günstigen Stelle Ausschau, an der sie trockenen Fußes ans andere Ufer gelangen konnten.
»Warum gibt es hier eigentlich nirgendwo eine Brücke oder zumindest einen Steg? Die Stadt muss doch irgendwie erreichbar sein!« Justus kratzte sich ungläubig am Kopf.
»Ist euch eigentlich aufgefallen, dass der Fluss direkt aus dem Berg kommt?«, fragte Peter. »Mit dem Fernglas konnte ich es von oben ganz genau sehen.«
»Ja, das ist gut möglich. Wasser findet immer einen Weg«, kommentierte Justus leicht desinteressiert. Seine Gedanken kreisten einzig und allein um die Stadt.
Schließlich entdeckten sie eine Stelle, an der man den Fluss überqueren konnte. Ein großer Felsen ragte dort aus dem Wasserlauf. Dazu lag ein Baumstamm quer über dem Fluss. Er war schon vor langer Zeit von einem Biber gefällt worden.
Justus kletterte mit einem dicken Grinsen im Gesicht zunächst etwas unbeholfen auf den mit Moos bedeckten Felsen und von dort aus auf den Stamm. Er setzte sich hin und robbte auf dem Bauch liegend auf die andere Seite. Kurz vor dem Ziel wäre er beinahe noch abgerutscht und ins Wasser gefallen, aber nur fast. Peter entschied sich für die mutigere Variante und balancierte aufrecht mit sicherem Schritt über den Fluss. Bob war zwar deutlich weniger optimistisch, dass er auf diese Weise trocken ans Ziel kam, wollte sich aber keine Blöße geben. Am Ende schaffte auch er es, ohne nass zu werden, ans andere Ufer.
Die drei Freunde gingen auf der anderen Seite des Flusses weiter, bis ihr Weg sie hinaus aus dem Wald in eine flache Ebene führte. »Jetzt kann es nicht mehr weit sein«, freute sich Justus, der seine Aufregung kaum noch verbergen konnte.
Nach weiteren 15 Minuten Fußmarsch erreichten die Detektive endlich ihr Ziel. Was aus der Ferne wie Häuser ausgesehen hatte, waren in Wirklichkeit eine Reihe heruntergekommener Baracken und Schuppen. Die Siedlung war um einiges größer, als es von dem Bergrücken den Anschein gemacht hatte. Eine systematische, historisch gewachsene Anordnung der Gebäude, wie es zum Beispiel im Stadtzentrum von Rocky Beach der Fall war, war jedoch nicht zu erkennen. Die Stadt musste vor langer Zeit in Windeseile aus dem Boden gestampft worden sein.
»Das scheint eine dieser typischen verlassenen Goldgräberstädte zu sein, wie es sie in Kalifornien zuhauf gibt«, sagte Bob. »In der Nähe von Rocky Beach gibt es doch auch eine Geisterstadt.«
»Ja, Powder Gulch. Aber die kennt ja jeder.« Justus knetete seine Unterlippe. Das tat er immer, wenn er scharf nachdachte. »Ich bin noch meilenweit von einer plausiblen Erklärung entfernt, aber unsere Entdeckung könnte historisch äußerst bedeutsam sein!«
Die Straßen der Stadt waren menschenleer. Das erste Gebäude, das die Bezeichnung Haus verdiente, war eine alte Stellmacherei. Vor, hinter und neben dem Gebäude standen ein paar halbverwitterte Karren und Kutschen. »Hier wurden früher die Pferde beschlagen und die Wagenräder erhielten einen Eisenring. Das war für die Menschen damals genauso wichtig wie für uns heutzutage eine Autowerkstatt«, erklärte Justus im Vorbeigehen.
»Und warum liegt da neben den Rädern ein Berg alter Stiefel?«, fragte Peter in die Runde.
»Der gehört bestimmt zu der Schusterwerkstatt dort«, antwortete Justus. Er zeigte zu einer Holzbaracke, auf dessen Reklameschild man mit einiger Anstrengung noch die Aufschrift Ragnarson entziffern konnte.
Wenig später gelangten die drei ??? auf die Hauptstraße. Hier standen die Gebäude deutlich enger beieinander. Gespenstisch pfiff der Wind durch die Straße und wirbelte Staub auf. Auch hier waren sämtliche Häuser aus Holz gebaut. Einige hatten zur Straßenseite hin vergrößerte Fassaden mit einem überdachten Gehweg.
Justus, Peter und Bob blieben vor einem Gebäude stehen, das einmal die Post gewesen sein musste. Die Aufschrift über dem Eingang war zwar verblasst, aber noch deutlich zu erkennen.
»Black Mesa Post Office«, las Peter laut vor. »Hm, Black Mesa – das muss der Name dieses Ortes sein. Noch nie gehört! Was ist mit euch?«
Bob schüttelte den Kopf. »Ich auch nicht«, sagte Justus und ging ein paar Meter auf eine alte, heruntergekommene Postkutsche zu.
Der Erste Detektiv legte seinen Finger an die Lippen, um sich Ruhe zu verschaffen. Einige Minuten lang betrachtete er konzentriert die einzelnen Häuser. Die Gebäude mussten früher einmal bunt gewesen sein. Doch Wind und Wetter hatten nur noch Reste der Farben übrig gelassen. Eines der Häuser war einmal gelb gewesen. Das nächste rostrot. Ein anderes war dunkelgrün gestrichen und hatte weiße Fensterrahmen.
Die drei ??? gingen die Straße entlang, immer weiter in den Ort hinein.
»Also, ich finde es total unheimlich hier. Fühlt ihr euch nicht auch irgendwie beobachtet?«, flüsterte Peter seinen Freunden zu.
»Ob ihr es glaubt oder nicht, Kollegen. Dasselbe Gefühl habe ich auch«, bemerkte Bob.
»Wir sollten uns nicht von Gefühlen, sondern von Fakten leiten lassen. Wir haben doch schon oft erlebt, dass der Schein trügt. Ich schlage vor, dass wir die einzelnen Gebäude einmal näher untersuchen«, warf Justus ein. »Und mit dem Saloon fangen wir an.«
»In Ordnung, aber wir bleiben zusammen, damit das klar ist«, forderte Peter, während Justus bereits zielstrebig auf ein Gebäude zusteuerte, das von einem großen Holzschild als Saloon ausgewiesen wurde.
»Das sehe ich genauso«, pflichtete Bob seinem Kollegen bei.
Der Saloon war eines der größten Gebäude in der Stadt. Im Gegensatz zu den meisten anderen verfügte er über ein Obergeschoss mit einer überdachten Veranda.
Die Tür quietschte, als Justus den Saloon betrat, und auch die alten Bodendielen knarzten bei jedem Schritt. Auf der Theke standen ein paar leere Whiskeygläser. Auf einem der Tische lag eine alte Ausgabe der Black Mesa News. Justus warf einen Blick auf die Schlagzeilen und das Erscheinungsdatum.
»August 1879«, sagte er vor sich hin und las in der Zeitung.
»Und was steht drin?«, wollte Peter ungeduldig wissen. »Nun lass dir doch nicht jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen!«
»Nur mit der Ruhe, Kollege. Ich muss ja selbst erst einmal lesen. Hier ist von einem Großbrand die Rede, der weite Teile der Stadt vernichtet hat. Aber bevor das Feuer das Zentrum erreichen konnte, setzte ein starker Regen ein. In dem Artikel wird spekuliert, ob es sich überhaupt noch lohnt, die Stadt wieder aufzubauen.«
Justus blätterte die Zeitung durch und blieb an einem weiteren Artikel hängen. »Hier ist von einer geheimnisvollen Bergkrankheit die Rede. Die ist aber nicht hier, sondern in Deutschland bei Bergleuten in den Schneeberger Gruben aufgetreten.«
»Also zu weit weg, dass es für uns von Bedeutung sein könnte«, resümierte Bob.
Justus rollte die Zeitung zusammen und steckte sie in seinen Rucksack. Die drei Detektive ließen ihre Blicke weiter durch den Raum schweifen. Auf einem Tisch in der hinteren Ecke lagen noch Spielkarten.
»Hier hat es eine Schießerei gegeben. Seht mal her.« Justus inspizierte die Wand.
»Das sind eindeutig Einschusslöcher. Und dort drüben ist ein Spiegel von einer Kugel getroffen worden«, merkte Peter an. Der Fußboden davor war übersät mit Scherben, Staub und Unrat.
»Was schließen wir daraus?« Noch bevor Peter oder Bob etwas erwidern konnten, gab sich Justus selbst die Antwort. »Nach der Schießerei wurde der Saloon dichtgemacht, sonst hätte hier jemand aufgeräumt. Und da es wohl kaum eine Westernstadt ohne Saloon gibt, dürfte die Stadt ebenfalls im Zuge der Schießerei verlassen worden sein.«
»Dann muss es um mehr gegangen sein als um einen Streit beim Pokerspiel«, schlussfolgerte Bob. »Zu Zeiten des Goldrauschs war ein Duell zwischen sogenannten Revolverhelden nichts Ungewöhnliches. Ich habe mir als Vorbereitung für unsere Tour ein Buch über den Goldrausch ausgeliehen und mir auch ein paar Notizen gemacht«, erzählte Bob, der bei den drei ??? für Recherchen und Archiv zuständig war. Er holte ein kleines gelbes Notizbuch hervor und fuhr fort.
»Vor dem Beginn des Goldrauschs lebten in ganz Kalifornien nur etwa 14.000 Menschen. Innerhalb kürzester Zeit explodierte die Bevölkerungszahl. 1852, also keine fünf Jahre nachdem das erste Gold hier in der Gegend gefunden worden war, hatte Kalifornien schon mehr als 250.000 Einwohner. Scharen von Glücksrittern kamen ins Land. Aber nur wenige fanden Gold und wurden wirklich reich«, berichtete Bob weiter.
»Sehr gut recherchiert, Bob!«, lobte Justus. »Aber es wird langsam spät. Wir sollten die Zeit hier besser nutzen, um uns ein möglichst umfassendes Bild von der Stadt zu machen.«
Die drei Detektive verließen den Saloon und gingen weiter die Hauptstraße entlang. »Schaut mal, hier ist ein Drugstore. Lasst uns einen Blick hineinwerfen«, schlug Justus vor. »Ich bin gespannt, was es dort alles so zu kaufen gab.«
Bald würde die Nachmittagssonne hinter den Berggipfeln verschwinden, aber noch warf sie lange Schatten in den Verkaufsraum. In den Regalen standen Konserven und andere Lebensmittel. Andernorts hingen Kleidungsstücke. In der Ecke befanden sich Schaufeln und Pfannen sowie weitere Utensilien, die man zum Goldwaschen benötigte.
Justus nahm eine Dose aus dem Regal und pustete den Staub weg. Er betrachtete das Etikett. »Hat jemand von euch Appetit auf Bohnen?« Justus schaute seine beiden Freunde fragend an. »Scherz beiseite. Ich glaube nicht, dass man hiervon noch irgendetwas essen sollte. Hier war bestimmt Jahre, ach, was sage ich, Jahrzehnte niemand mehr drin.«
Justus ging zum Fenster hinüber und spähte hinaus. Sein Blick fiel auf ein Gebäude, dessen Dach nahezu komplett abgebrannt war. »Das sieht interessant aus. Lasst uns mal da drüben in die Seitenstraße gehen.«
Die drei ??? umrundeten das Geschäft und steuerten auf das verkohlte Gebäude zu. Es stand im Gegensatz zu den anderen Häusern frei auf einem kleinen Platz.
»Das muss die Kirche gewesen sein«, stellte Justus nach wenigen Augenblicken fest.