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Wer wird der neue Coach?
Jonas, Kalil und ihre Freunde können es nicht fassen, als ihr geliebter Trainer seinen Abschied verkündet. Und das jetzt, wo die Tornados die arroganten Schnösel von der Protz-Grundschule herausgefordert haben. Dabei geht nicht nur um ihre Ehre, sondern um einen ganz besonderen Wetteinsatz. Kalil hat nämlich ein Leroy Sane-Trikot gewonnen, mit Autogramm! Jonas hat es in einem Anfall von Übermut verwettet - falls sie gegen die Protzkes verlieren sollten. Was nun? Kein Trainer, kein Sieg? Nach mehreren Fehlversuchen taucht endlich der coole Sam auf. Doch der hat noch nie ein Team trainiert, und als Fußballer hat er selbst nicht allzuviel gerissen. Kann so einer die Tornados zum Sieg führen ?
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Seitenzahl: 68
Zeichnungen von Timo Grubing
Fiese Fieslinge
Kalil hatte tatsächlich gewonnen! Im ganzen Leben hatte er noch nie an einem Preisausschreiben teilgenommen. Und jetzt das: gewonnen! Nicht irgendeinen beliebigen Preis. Kein Handy, mit dem man auch Kaffee kochen konnte. Keinen Regenschirm mit Solarzellen. Keinen Kuli, der auch im Weltraum funktionierte. Nein, es war der Hauptgewinn und dieser Preis war einmalig. Mit zitternden Händen öffnete Kalil das Paket. Sogar der Postbote war dageblieben, um den Schatz zu sehen. Kalil war ihm natürlich gleich jubelnd um den Hals gefallen. Hier im Viertel kannten sich schließlich alle.
„Na, mach schon, Kalil!“, drängelte der Bote. „Ich will’s als Zweiter anfassen.“
Kalil nickte. Er versuchte es ja, aber die Schere tanzte wie verhext durch die Luft. Diese Aufregung! Seine Kehle war so trocken, als hätte er seit Tagen nichts mehr getrunken.
Endlich gelang es ihm, das Klebeband zu durchtrennen. Er öffnete den Karton, schob den beiliegenden Brief an die Seite und …
Ein Original-Trikot von Leroy Sané! Eines, das sein Lieblingsspieler wirklich bei einem Länderspiel getragen hatte. Und hinten drauf waren nicht nur Nummer und Name aufgeflockt, wie bei Zehntausend anderen auch. Darunter war ein Original-Autogramm und dazu der Gruß: Für einen der Besten, Leroy Sané.
„Wow!“, platzte der Postbote heraus. „Darf ich’s wirklich einmal anfassen?“
Kalil nickte. Er war vollkommen sprachlos. Über vierzig Trikots hatte er in seiner Sammlung. Aber dieses hier war die Krone von allem.
„Danke!“, sagte der Postbote und tippte sich an die Mütze. „Jetzt sind die restlichen Pakete nur noch halb so schwer!“ Dann sprang er fröhlich pfeifend die fünf Stockwerke wieder nach unten auf die Straße.
Kalil musste sich erst mal setzen. Kurz dachte er darüber nach, ein Leroy-Sané-Museum aufzumachen und damit stinkreich zu werden. Von überall her würden die Leute in sein winziges Zimmer in Berlin strömen, um diese Trophäe zu sehen. Seine Mutter konnte dazu indische Köstlichkeiten verkaufen. Und wenn Kalils vier Schwestern endlich auszogen, war gleich Platz für ein ganzes Hotel. Kalil sah schon die neonfarbenen Buchstaben an ihrem Haus blinken: Kalils Leroy-Sané-Hotel.
Kalil schüttelte sich. Das waren alles erst mal nur Träume. Das Trikot aber war echt.
Kalil sprang auf.
„Ich muss es den anderen zeigen“, beschloss er. Die anderen, damit waren natürlich seine Freunde gemeint, das beste Team der Welt, die Fußball-TORnados.
Mustafa, um den sich bestimmt mal die deutsche und die türkische Nationalmannschaft kloppen würden, um ihn als Torwart zu kriegen. Jonas, der den Ball im Slalom schießen konnte. Luong, genannt Bäumchen, den kein Angreifer für voll nahm, weil er so klein und dünn war. Oder Demba, an dem niemand vorbeikam und vor dem jeder Gegner zitterte. Nicht nur sein Name klang wie ein Paukenschlag. Wenn Demba schoss, stöhnte jeder Ball vor Schmerz auf.
Sicher waren sie alle auf dem Fußballplatz bei Opa Emils Schrebergarten.
Kalil wollte das Trikot wieder in den Karton tun. Doch dann überlegte er es sich anders. Noch mehr würden seine Kumpels staunen, wenn er das Trikot anhätte. Dieses eine Mal würde dem Shirt ja wohl nicht schaden. Schließlich war es zum Fußballspielen gedacht, und nach Regen sah es nun wirklich nicht aus.
Kalil zog das Trikot von Neymar aus, das bisher sein Lieblingsstück gewesen war. Als er in das Sané-Shirt schlüpfte, fühlte er sich unbesiegbar. Das Selbstbewusstsein und Können seines Helden schienen auf ihn übergegangen zu sein.
Kalil schnappte sich sein Longboard und rannte die Treppe hinunter. Draußen gab er mächtig Schwung. Trotzdem brauchte er zwanzig Minuten. Der Fußballplatz war nicht gerade um die Ecke. Er lag ein bisschen versteckt bei einer Schrebergartenanlage. Bis vor ein paar Wochen hatte hier nur Atzes Opa mit seinen „Alten Herren“ gekickt. Doch nun war er der Mittelpunkt der Welt für die Fußball-TORnados.
Kalil stoppte sein Board. Gerade war nur Jonas da, ihr Kapitän und Kalils bester Freund. Jonas hatte mit ihm zusammen die TORnados gegründet. Jonas lief über den Platz und übte Freistöße. Dabei konnte das doch sowieso kein Spieler außerhalb der Bundesliga besser als er!
„Yo, Bro, was geht?!“, grüßte Kalil von der Außenlinie. Statt einer Antwort flankte Jonas ihm die Pocke zu, passgenau auf den rechten Fuß. Kalil nahm das Angebot an. Er dribbelte sich zu Jonas durch, umkreiste ihn mit einem Sané-Hacken-Trick und zirkelte den Ball aufs Tor.
„Unhaltbar!“, jubelte Kalil.
Jonas sagte nichts. Er betrachtete nur das Trikot.
„Hast du schon wieder ein neues?“, fragte er. „Aber da haste nicht aufgepasst, da hat einer was draufgekrickelt.“
Kalil holte den Ball aus dem Netz und tat unschuldig. „Echt? Was steht denn da?“
Rückwärts ging er auf seinen Freund zu. So konnte Jonas auch sein breites Grinsen nicht sehen.
„Moment …“, murmelte Jonas. „Da steht: Für einen der Besten, Leroy Sa… – das ist nicht dein Ernst, oder? Du hast echt gewonnen?“
Jonas hob seine Hand, Kalil klatschte ab.
„Sauber, Alter!“, gratulierte Jonas. Dann umarmten sich die Freunde.
Natürlich wusste jeder in der ganzen Schule von dem Preisausschreiben. Ach, in ganz Berlin!
Kalil strahlte über das ganze Gesicht. „Es ist echt“, sagte er. „1000-prozentig echt. Leroy hat es auf dem Körper gehabt. Da ist sein Schweiß von einem Länderspiel drin. Und einer der Besten, das soll ich sein!“
Jonas lachte.
„Leroy hat echt Ahnung von Fußball, das habe ich ja schon immer geahnt!“, rief er.
Jonas wollte noch etwas sagen, da wurde er zur Seite geschubst. Ein Kerl, den er noch nie gesehen hatte, nahm ihm den Ball ab. „Ey, Max!“, brüllte ein anderer hinter ihnen. „Her mit der Pille! Die Windelpupser wissen ja doch nicht, was sie damit machen sollen!“
Jonas fuhr herum. Er sah so wütend aus wie ein Nashorn ohne Frühstück.
Jonas und Kalil stoben nun auseinander. Niemand durfte ihnen den Ball abnehmen. Schon gar nicht auf ihrem eigenen Platz. Das fühlte sich an wie Diebstahl! Doch so sehr sie sich auch anstrengten, die andern waren schneller. Immer war der Ball bereits weg, wenn Kalil oder Jonas bei den Großen ankamen.
Max, Danni und Erkan waren tolle Fußballer. Das musste man auch zugeben, wenn man sie nicht mochte.
„Wir müssen“, rief Erkan plötzlich. Er pöhlte den Ball zu Kalil und nahm seine Sporttasche in die Hand.
Ehe Jonas und Kalil protestieren konnten, waren die drei verschwunden. Das höhnische Gejohle der Typen aber hallte noch ewig in ihren Ohren nach.
Super-Bäumchen
Jonas war auf hundertachzig. Kalil war genauso aufgewühlt, aber er zeigte es nicht so. Stattdessen versuchte er, seinen besten Freund zu beruhigen. Doch das war unmöglich. Jonas war höflich, bescheiden und dachte immer erst zweimal nach, bevor er etwas sagte. Allerdings nur im richtigen Leben. Auf dem Fußballplatz war er ein vollkommen anderer Jonas. Ihn trafen Niederlagen noch viel heftiger als andere Spieler. Er wollte immer gewinnen. Auch wenn es um nichts weiter ging als um die Ehre. „Hey, was könnte ein wichtigerer Preis sein als die Ehre?“, sagte er immer.
Gerade aber sagte Jonas etwas ganz anderes.
„Die mache ich nass!“, polterte er los. „Die haben uns nur kalt erwischt. Wenn das ein richtiges Spiel gewesen wäre, dann …“
Kalil winkte ab. „Ist doch egal!“, grummelte er. Doch auch er war mehr als nur geknickt. Es kam ihm vor, als hätten die drei Jungs ihn vor den Augen von Leroy Sané bloßgestellt.
„Rache!“, rief Jonas wie ein hirnloser Mutant in einem Zombiefilm und schoss den Ball voll in die Maschen des Tores. Kalil hätte sich nicht gewundert, wenn seinem Kumpel pinkfarbener Sabber aus dem Mund getropft wäre.