Die geborgte Braut - Toni Waidacher - E-Book

Die geborgte Braut E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. In der Diskothek »Old Fashion« ging es hoch her. An die dreihundert tanzwütige Gäste drängten sich in der ehemaligen Lagerhalle einer stillgelegten Kartonagenfabrik. Musik dröhnte aus den Lautsprecherboxen, Laserblitze zuckten und eine Anlage projizierte bunte Bilder an die weiß gekalkten Wände. Tische und Sitzgelegenheiten gab es kaum. Dafür einen über zehn Meter langen Tresen, hinter dem die Angestellten alle Hände voll zu tun hatten, den Gästen, die Wünsche nach Bier, Softdrinks und Mixgetränken zu erfüllen. Clemens Thaler griff nach seinem Glas, das er auf dem Tresen abgestellt hatte und prostete dem Freund zu. »Tolle Stimmung hier! Was, Andy?« rief er durch den Lärm und bewegte sich dabei im Rhythmus der Musik. Andreas Bruckner machte ein eher sauertöpfisches Gesicht. Er sah nicht aus, als fände er großen Gefallen an dem Spektakel, und die hübschen Mädchen, die sich auf der Tanzfläche die Gliedmaßen verrenkten, beachtete er kaum. »Was ist denn los mit dir?« wollte Clemens wissen. »Du guckst die ganze Zeit, als wenn's dir die Petersilie verhagelt hätte.« »Das kannst' wohl laut sagen«, kam es zurück. Der dreiundzwanzigjährige Student der Betriebswirtschaft trank sein Bier aus und gab dem anderen ein Zeichen, ihm nach draußen zu folgen. Clemens trank ebenfalls aus und zwängte sich hinter seinem Kommilitonen durch die Menge. Vor der Disko herrschte kaum weniger Betrieb, als drinnen.

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Der Bergpfarrer – 369 –

Die geborgte Braut

Aus Spiel wird Ernst

Toni Waidacher

In der Diskothek »Old Fashion« ging es hoch her. An die dreihundert tanzwütige Gäste drängten sich in der ehemaligen Lagerhalle einer stillgelegten Kartonagenfabrik. Musik dröhnte aus den Lautsprecherboxen, Laserblitze zuckten und eine Anlage projizierte bunte Bilder an die weiß gekalkten Wände.

Tische und Sitzgelegenheiten gab es kaum. Dafür einen über zehn Meter langen Tresen, hinter dem die Angestellten alle Hände voll zu tun hatten, den Gästen, die Wünsche nach Bier, Softdrinks und Mixgetränken zu erfüllen.

Clemens Thaler griff nach seinem Glas, das er auf dem Tresen abgestellt hatte und prostete dem Freund zu.

»Tolle Stimmung hier! Was, Andy?« rief er durch den Lärm und bewegte sich dabei im Rhythmus der Musik.

Andreas Bruckner machte ein eher sauertöpfisches Gesicht. Er sah nicht aus, als fände er großen Gefallen an dem Spektakel, und die hübschen Mädchen, die sich auf der Tanzfläche die Gliedmaßen verrenkten, beachtete er kaum.

»Was ist denn los mit dir?« wollte Clemens wissen. »Du guckst die ganze Zeit, als wenn’s dir die Petersilie verhagelt hätte.«

»Das kannst’ wohl laut sagen«, kam es zurück.

Der dreiundzwanzigjährige Student der Betriebswirtschaft trank sein Bier aus und gab dem anderen ein Zeichen, ihm nach draußen zu folgen. Clemens trank ebenfalls aus und zwängte sich hinter seinem Kommilitonen durch die Menge.

Vor der Disko herrschte kaum weniger Betrieb, als drinnen. Überall standen die jungen Leute herum, rauchten und diskutierten, oder lehnten einfach nur an der Mauer und warteten darauf, daß der Türsteher sich endlich gnädig zeigte und ihnen das Eintreten nicht verwehrte.

Andreas Bruckner schlug den Kragen seiner Lederjacke hoch und fuhr sich mit einer müden Geste über das Gesicht.

»He, Alter«, meinte Clemens. »Du wirst doch wohl noch nicht schlappmachen? Der Abend hat gerade erst angefangen.«

Die Glocken der nahen Kirche schlugen die zwölfte Nachtstunde und straften seine Worte Lügen. Allerdings war es aus seiner Sicht wirklich noch viel zu früh, um schon nach Hause zu gehen.

Clemens schlug dem Freund auf die Schulter.

»Also, was ist los?«

»Laß uns nach Hause fahren«, bat Andreas. »Da können wir über alles reden.«

Der Zweiundzwanzigjährige zuckte die Schulter.

»Na gut, wenn du meinst«, antwortete er und steuerte auf das Auto zu, mit dem sie hergekommen waren.

»Kannst’ du noch fahren?« fragte Andreas vorsichtshalber. »Sonst laß uns lieber ein Taxi nehmen.«

»Na hör’ mal, ich hab’ gerade mal ein Glas getrunken!« empörte er sich.

»Dann ist’s gut.« Andreas reichte ihm die Wagenschlüssel.

Die beiden Studenten teilten sich eine Wohnung im Münchener Stadtteil Schwabing. Eine kleine Küche, Bad und für jeden ein großes Zimmer. Seit zwei Jahren wohnten sie jetzt zusammen, und das Leben schien für sie eine einzige Gaudi zu sein.

Das mit dem Studieren nahmen sie nicht so ernst, es kam nicht sehr häufig vor, daß man sie in den Räumen der Universität sah.

Dafür konnte man sie jedes Wochenende in den angesagten Diskotheken und Szenekneipen treffen.

Auf dem Weg nach Hause, hielten sie an einer Tankstelle und kauften vorsichtshalber ein paar Flaschen Bier. Sie wußten nicht genau, ob der Vorrat im heimischen Kühlschrank noch ausreichte. Außerdem mehrere Tüten Kartoffelchips, die Clemens gleich im Doppelpack verdrücken konnte.

Zu Hause angekommen, setzten sie sich in die Küche. Schnell waren zwei Bierflaschen geöffnet, eine Chipstüte in eine Schale geleert und das Radio angestellt.

»So, jetzt erzähl’ mal, welche Laus dir über die Leber gelaufen ist«, forderte Clemens den Freund auf, nachdem er einen tiefen Schluck aus seiner Flasche genommen hatte.

Andreas Bruckner schaute mißmutig vor sich hin.

Er hatte kurze dunkle Haare und ein markant geschnittenes Gesicht. Außerdem besaß er Geist und Humor, eine Mischung, mit der er bei den Frauen ankam. Allerdings nahm er es mit der Treue nicht all zu genau, und die Herzen, die er schon gebrochen hatte, konnte er kaum noch zählen.

»Wozu soll ich mich binden?« fragte er immer, wenn das Gespräch auf dieses Thema kam. »Das Leben ist doch viel zu schön, als daß man es sich durch eine Heirat verderben sollte.«

Clemens Thaler war der gleichen Ansicht. Er sah nicht weniger attraktiv aus als der Sohn eines Nürnberger Spielzeugfabrikanten. Er und Andreas hatten dieselbe Einstellung zum Leben: Erst einmal genießen, ernst wurde es immer noch früh genug.

Andreas zog einen Brief aus der Tasche und hielt ihn Clemens unter die Nase.

»Der ist heute gekommen.«

»Und – was steht darin?«

Der Freund verzog das Gesicht.

»Daß ich heiraten muß!« antwortete er.

*

Clemens Thaler riß die Augen auf.

»Was? brüllte er und übertönte dabei sogar noch die Musik im Radio. »Das darf doch net wahr sein!«

Mit fassungslosem Lächeln sah er Andreas an, und das Grinsen in seinem Gesicht wurde immer breiter.

»Du und heiraten? Hahaha!«

Er krümmte sich vor Lachen und schlug sich vor Vergnügen auf die Schenkel. Er prustete und schluckte, japste und keuchte und konnte sich gar nicht wieder einkriegen.

»Sag’ bloß, daß..., hahaha, daß eine deiner unzähligen Bräute..., hahaha...«

Er brach ab und sah Andreas fragend an.

»Du wirst doch net etwa Vater?«

»Unsinn!« gab der Freund zurück. »Red’ net solch einen Schmarrn. Und überhaupt, so lustig, wie du sie findest, ist die Angelegenheit net. Der Brief ist von meinem Vater. Kannst ihn ja lesen. Dann weißt du, worum’s geht. Und wenn du mein Freund bist, dann lachst du net mehr darüber, sondern gibst mir einen Rat, wie ich da wieder herauskomme.«

Clemens nahm das Schreiben und las. Dann holte er tief Luft und stieß sie, mit einem pfeifenden Geräusch, wieder aus.

»Das ist ja starker Tobak«, lautete sein Kommentar.

»Du sagst es«, nickte Andreas und nahm die Bierflasche in die Hand.

Allerdings trank er nicht, sondern hielt sie nur fest und sah sie nachdenklich an.

»Deshalb läufst’ also den ganzen Tag schon mit einem Gesicht durch die Gegend, daß es einem grausen kann. Na ja, kein Wunder, bei den Aussichten...«

Andreas nickte stumm. Seit er den Brief am Morgen erhalten und gelesen hatte, lag ihm der Inhalt wie ein zentnerschwerer Brocken im Magen.

Walter Bruckner, sein Vater und schwerreicher Fabrikant, erwartete von seinem Filius nicht mehr und nicht weniger, als daß der Herr Sohn endlich sein Studium beenden und in die väterliche Firma einsteigen sollte. Da der Senior ihn trotz der räumlichen Entfernung zwischen Nürnberg und München sehr wohl kannte und ahnte, daß Andreas bestimmt nicht mit den Semestern hinterher kam, hatte er einen Passus eingefügt.

Mein lieber Sohn, hatte er geschrieben, da ich mir sehr gut vorstellen kann, daß Du die trockenen Vorlesungen scheust und dich stattdessen amüsierst, gebe ich Dir noch ein halbes Jahr Zeit, Dein Studium endlich zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen.

Ich erwarte allerdings, daß Du die, ja schon sehr bald beginnenden Semesterferien mit Deiner Mutter und mir verbringst. Ich habe vorsorglich auch für Dich ein Zimmer im Hotel ›Zum Löwen‹, in Sankt Johann reserviert. Nein, halt, es sind zwei Einzelzimmer, die ich gebucht habe, denn ich erwarte auch, daß Du uns endlich Deine Braut vorstellst, von der Du in Deinen Briefen immer schreibst. Sie ist herzlich eingeladen, auf unsere Kosten ihre Ferien mit uns zu verbringen, und das ist doch eine gute Gelegenheit, sie endlich kennenzulernen.

Mama und ich freuen uns, Euch zu sehen. Liebe Grüße, Papa.

Und dann folgte noch ein Nachsatz.

PS: Solltest Du Deine Ferien lieber anderswo verbringen wollen, so sei jetzt schon darauf hingewiesen, daß ich mich dann leider gezwungen sehe, Dir den monatlichen Scheck zu sperren!

»Kannst du mir sagen, wie ich aus der Nummer wieder rauskomme?« fragte der Student, und sein Gesicht drückte echte Verzweiflung aus.

»Na ja, das mit dem Studium könntest ja noch hinbekommen«, meinte Clemens. »Aber woher willst du die Braut nehmen?«

Andreas hatte geglaubt, schlau zu handeln, als er den Eltern vorschwindelte, ein junges Madel kennengelernt zu haben, in das er sich Hals über Kopf verliebt hätte. Er bat um Verständnis, wenn er mit der Liebe seines Lebens mehr Zeit verbringen wolle und deshalb nicht so oft nach Hause käme, ­zumal er in der Familie der jungen Frau herzlich aufgenommen ­worden sei, und diese ihn praktisch schon als Schwiegersohn ansah.

Natürlich war kein Wort daran wahr. Andreas hatte die Geschichte erfunden, um den lästigen Besuchen zu Hause zu entgehen. Seither war er auch nicht mehr ein einziges Mal in Nürnberg gewesen. In mehr oder weniger regelmäßig geschriebenen Briefen teilte er den Eltern von Fortschritten im Studium mit, die es auch nicht so gab, wie er sie darstellte, und schwärmte in den höchsten Tönen von Kathie Langer – die in Wirklichkeit gar nicht existierte.

Zumindest nicht als seine Braut.

»Ein schöner Schlamassel, in den ich da hineingeraten bin«, gab er jetzt kleinlaut zu.

Er sah den Freund bittend an.

»Clemens, du mußt mir helfen! sagte er eindringlich. »Nächste Woche sind Semesterferien, dann muß ich in dieses blöde Sankt Johann. Wo soll ich denn bloß bis dahin eine Braut hernehmen?«

Clemens Thaler trank einen Schluck Bier. Er schien zu überlegen.

»Warum mietest du dir net einfach eine?« fragte er plötzlich.

Andreas sah ihn ungläubig an.

»Spinnst du? Wo soll ich mir denn eine Braut mieten, bitte schön?«

Der Freund zuckte die Schultern.

»Keine Ahnung. Aber bestimmt kann man’s. Heutzutag’ kann man doch alles mieten, oder leasen, wie man so schön sagt. Warum net auch eine Braut?«

Der Sohn des Spielzeugfabrikanten rieb sich nachdenklich die Nasenwurzel.

»Hm«, meinte er, »warum net? Wahrscheinlich hast du recht, und es geht wirklich. Wir müssen bloß herausfinden wo. Laß uns doch mal in das Branchenverzeichnis schauen – vielleicht finden wir da was unter dem Stichwort ›Hochzeitsservice‹. Es gibt doch Firmen, die Hochzeitsfeiern ausrichten. Warum sollten die net auch eine Braut im Angebot haben?«

Er trank sein Bier aus und knallte die Flasche auf den Tisch.

»Blödsinn, ausgemachter!« schimpfte er. »Du bist mir ein schöner Freund. Kaum, daß ich dich mal um Rat frag’, kommst’ mir mit so einer hirnverbrannten Idee!«

»Wart’ mal«, sagte Clemens. »Geh’ net gleich in die Luft. So hirnverbrannt ist die Idee vielleicht gar net. Natürlich findest’ keine Braut im Branchenverzeichnis. Aber überleg doch mal, wie viele Madln wir kennen. Vielleicht ist ja eines darunter, das in Frage kommt. Wenn du vielleicht der Cordula Brandmayr ein Angebot machst – vierzehn Tag’ kostenlosen Urlaub in einem Luxushotel, wenn sie mitspielt und ein bissel für dich schwindelt. Warum sollte sie da nein sagen?«

Andreas schluckte vor Aufregung. Er merkte, wie er von dieser Idee angesteckt wurde. Wenn man es sich ganz genau überlegt, dann konnte es vielleicht sogar klappen. Es wäre ja nur für zwei Wochen. Danach konnte er den Eltern immer noch erzählen, die Beziehung sei in die Brüche gegangen. Das war ja nicht ungewöhnlich. So etwas kam schließlich jeden Tag vor!«

»Also gut«, nickte er. »Aber net die Cordula. Die ist zu korrekt, die würd’ den Schwindel net durchstehen. Wir müssen eine finden, die net gleich umkippt, wenn mein Vater mal ein paar kritische Fragen stellt.«

Clemens richtete sich auf.

»Na klar. Das muß vorher alles gründlich besprochen werden. Auch was die Familie des Madls angeht, damit die ›Braut‹ sich später net verplappert. Was hast denn deinen Eltern schon alles über die Frau deines Herzens berichtet?«

Andreas Bruckner lehnte sich zurück und grinste.

»Außer dem Namen fast gar nix«, antwortete er. »Nur, daß die Familie hier aus München kommt. Die Mutter ist Hausfrau, der Vater arbeitet in der Staatskanzlei. Das kommt immer gut an.«

»Na prima. Dann müssen wir bloß schauen, daß wir eine geeignete Kandidatin finden und die Sache ist geritzt«, meinte Clemens Thaler und rieb sich die Hände.

Andreas nickte.

»Fragt sich bloß, wo...«

*

Das war eine berechtigte Frage, denn die Suche nach einem Madl, das für die Rolle, als liebevolle Braut, geeignet schien, gestaltete sich für die beiden Burschen sehr viel schwieriger, als sie geglaubt hatten.

Von den meisten jungen Frauen, die sie kannten und fragten, ernteten sie nur ein mitleidiges Lächeln. Ein paar von ihnen gingen soweit, zu fragen, ob die beiden noch ganz richtig im Oberstübchen wären, und da sowohl Andreas, als auch Clemens nicht den besten Ruf genossen und auf dem Campus eher als Nachfolger Casanovas galten, gelang es ihnen nach Ablauf einer Woche nicht, eines der Madln zu überreden.

Und morgen mittag erwarteten ihn die Eltern in Sankt Johann!

An diesem Abend saßen die beiden Freunde in einem Lokal, das in der Nähe der Universität lag und von vielen Studenten als zweites Wohnzimmer betrachtet wurde. Es war voll hier, rauchig und stickig. Musik war kaum zu hören, denn die jungen Leute unterhielten sich lautstark. Wie meistens ging es um Bafög-Kürzungen, Querelen mit einem Professor oder die Frage, wie man das kommende Wochenende verbringen wollte.

Da die Semesterferien an diesem Tag begonnen hatten, waren allerdings sehr viel weniger Besucher als an anderen Tagen anwesend. Andreas und Clemens saßen an einem Tisch in einer Ecke. Vor ihnen standen zwei Maß Bier und eine Schale Erdnüsse, aus der Clemens sich immer wieder bediente.

Andreas hingegen zeigte keinen Appetit. Statt dessen ließ er seinen Blick in die Runde schweifen. Die meisten anderen Gäste kannte er.

Warum, fragte er sich, war es ihnen nicht gelungen, eine Frau zu finden, die bereit war, ihm aus der Patsche zu helfen? Schließlich war es ja kein so schlechtes Angebot, zwei Wochen umsonst Urlaub zu machen.

Oder war die Idee vielleicht doch nicht so gut?

Natürlich, eine gewisse schauspielerische Begabung mußte sie schon mitbringen. Aber so schwer konnte es nun auch wieder nicht sein, die verliebte Braut zu spielen, schließlich sah er ja ziemlich gut aus.

»Was mach’ ich bloß? Was mach’ ich bloß«, jammerte der Student und sah seinen Freund fragend an.

Clemens trank einen Schluck und zuckte die Schultern.

»Tja, mein Alter«, antwortete er, »so, wie ich’s seh’, bleibt dir wohl nix anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beißen und deinen Eltern reinen Wein einzuschenken.«

»Bist du verrückt?« fuhr Andreas auf. »Was glaubst du wohl, was mein Vater mit mir anstellt? Wahrscheinlich bleibt’s net nur beim gesperrten Scheck. So, wie ich ihn kenn’, enterbt er mich gleich!«

»Dann mußt du ihnen eben plausibel erklären, daß deine – wie heißt sie noch gleich?«

»Kathie Langer.«

»Daß deine Kathie Langer krank geworden ist und net mitkommen konnte.«

»Das geht net«, schüttelte Andreas den Kopf. »Dann wollen meine Eltern ihre Anschrift wissen, damit sie Blumen und einen Genesungsgruß zu ihr schicken können.«

Clemens machte ein verzweifeltes Gesicht.

»Dann mußt eben noch mal lügen und sagen, daß ihr Schluß gemacht habt«, meinte er. »Da bleibt ihnen ja nix anderes übrig, als diese Erklärung zu akzeptieren.«