Die Geliebte? - oder - Die Ehefrau? - oder doch lieber beide!!! - Renate Lehner - E-Book

Die Geliebte? - oder - Die Ehefrau? - oder doch lieber beide!!! E-Book

Renate Lehner

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Beschreibung

Brigitte ist eine dreiundvierzigjährige, geschiedene, selbständige und selbstbewusste Frau. Bis sie "ihren Traummann" kennenlernt! Ab da verläuft ihr Leben in absolut anderen Bahnen als sie es sich jemals in ihren schlimmsten Albträumen hätte vorstellen können. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass Johann verheiratet ist und seine Ehefrau "ihren Traummann" auf keinen Fall verlieren will - oder vielleicht doch?!? Auf absolut unkonventionelle Art und Weise lernt Brigitte den sowohl von ihr, als auch seiner Ehefrau, so begehrten Mann kennen. Sie erlebt die Höhen und Tiefen einer Dreiecksbeziehung und wird immer wieder aufs Neue von den absurdesten Machenschaften und Ideen ihres Lieblings an den Rand des Erträglichen, um nicht zu sagen, des Wahnsinns gebracht. Und das alles nur, weil sie sich verliebt hat! Jeder der glaubt, er hätte schon alles erlebt, wird in diesem Buch eines Besseren belehrt.

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Die Personen und die Handlung dieses Romans sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

Brigitte ist eine dreiundvierzigjährige, geschiedene, selbständige und selbstbewusste Frau. Bis sie „ihren Traummann” kennenlernt! Ab da verläuft ihr Leben in absolut anderen Bahnen als sie es sich jemals in ihren schlimmsten Albträumen hätte vorstellen können. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass Johann verheiratet ist und seine Ehefrau „ihren Traummann” auf keinen Fall verlieren will – oder vielleicht doch?!? Auf absolut unkonventionelle Art und Weise lernt Brigitte den sowohl von ihr, als auch seiner Ehefrau, so begehrten Mann kennen. Sie erlebt die Höhen und Tiefen einer Dreiecksbeziehung und wird immer wieder aufs Neue von den absurdesten Machenschaften und Ideen ihres Lieblings an den Rand des Erträglichen, um nicht zu sagen, des Wahnsinns gebracht. Und das alles nur, weil sie sich verliebt hat! Jeder der glaubt, er hätte schon alles erlebt, wird in diesem Buch eines Besseren belehrt.

Renate Lehner wurde 1968 in Österreich geboren. Nach den verschiedensten beruflichen Stationen hat sie sich schlussendlich dazu entschlossen, ihre Leidenschaft, das Schreiben, zum Beruf zu machen. Renate Lehner ist Autodidaktin. Ende 2019 erscheint ihr neuer Roman mit dem Titel: Eine Unterhose macht noch keinen Mann! – Oder doch?

Jeder ist ein Genie!

Aber wenn du einen Fisch danach beurteilst,

ob er auf einen Baum klettern kann,

wird er sein ganzes Leben glauben,

dass er dumm ist.

Albert Einstein

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Epilog

1

„Frau Brigitte!!! Waaas wollen Sie von MEINEM Mann?!?”, tönt es eindeutig nicht sehr freundlich durch mein Handy.

Oh, oh!!! Das ist jetzt nicht die erwartete Stimme von meinem Liebling! Das ist unverkennbar die Stimme seiner Ehefrau! Mein „Oh, oh“ ist jetzt kein „Ohhh, ohhh“, ein mit eher hoher Stimme artikulierter Laut, nein, das ist so ein „O, o“ ganz kurz gesprochen, und in eher dunkler Stimmlage. In meinem Fall aber nur gedacht, und zwar in Sekundenschnelle. Was dann auch so viel zu bedeuten hat, wie: Oh, mein Gott, was mache ich jetzt? Wieso meldet sich am Handy meines Lieblings an einem Wochentag am Vormittag seine Frau?

Zugegeben, ich habe das Telefon läuten lassen, bis sich die Mobilbox gemeldet hat. Da habe ich aber sofort wieder aufgelegt und noch einmal angerufen, schließlich will ich nicht mit einer Mobilbox sprechen sondern mit ihm, meiner großen Liebe. Außerdem, und das habe ich mittlerweile schon gelernt, werde ich mit Sicherheit keine Nachricht auf dem Handy eines verheirateten Mannes hinterlassen, sicher nicht! Also, an mir liegt es nicht! Ich habe keinen Fehler gemacht!

Phhuuu, wenigstens etwas! Das ist aber noch keine Erklärung dafür, warum sich die Frau meines Geliebten am Handy ihres Mannes meldet! Mein Liebling ist doch vormittags immer in der Firma erreichbar. Wenn ich nicht arbeite, rufe ich regelmäßig um diese Zeit bei ihm an, um ein paar nette Worte zu wechseln. Na, das ist vielleicht ein klein wenig untertrieben, ich möchte einfach so oft wie möglich die Stimme meiner großen Liebe hören. Also, was ist da heute schief gelaufen?

Dass mich die Ehefrau meines Geliebten mit „Frau Brigitte“ anspricht, ist an sich nichts Neues. Auch nichts Beunruhigendes oder Überraschendes, schließlich kennen wir uns ja von einigen geplanten, aber auch ungeplanten Treffen. Und auch meine Handynummer ist ihr ganz offensichtlich mittlerweile schon bekannt. Wir sind ja quasi „alte Bekannte“. Außerdem leuchtet sicher am Display des Handys mein Name auf. Obwohl, das mit meinem Namen auf seinem Handy, hmmm, da bin ich mir gar nicht sooo sicher, denn mein Liebling ist schon ein „intelligentes Bürschchen“, was sich noch des öfteren bestätigen wird. Deshalb kann es leicht sein, dass er mich unter falschem Namen oder gar nicht in seinem Handy gespeichert hat. Sicher ist sicher, man, oder besser, er, möchte doch nicht durch so einen Anfängerfehler Schwierigkeiten mit seiner Frau bekommen! „Schließlich,“, und das sind jetzt (leider) die Originalworte meines Lieblings, „muss man zuerst darauf achten, dass zuhause alles in Ordnung ist.“

Das heißt jetzt übersetzt für alle „Nicht Fremdgeh-Spezialisten“, es wird alles Menschen- oder eher Mannesmögliche getan, damit die eigene Frau keinen Verdacht schöpft, ihr Ehemann könnte fremdgehen. Wenn das aber geklärt ist, kann man (Mann) eigentlich alles machen was man (er) will. So jedenfalls verhält sich die Sachlage aus der Sicht meines Lieblings.

Als „Frau Brigitte“ werde ich von der Ehefrau meines Geliebten schon ab dem Tag bezeichnet, an dem wir uns zum ersten Mal begegnet sind. Vielleicht weil sie meinen Nachnamen zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, oder aber auch als ein Zeichen dafür, wie überlegen sie mir ist oder sie sich mir gegenüber fühlt. Aber da stehe ich doch so etwas von drüber!

Ich hingegen spreche sie immer mit ihrem Nachnamen an, schließlich lasse ich mich doch nicht auf ihr Niveau herab! Ich weiß schließlich, was sich gehört! Na, dieser letzte Satz wird sich im Verlauf dieses Buches noch relativieren.

Vielleicht bemerkt man an diesen paar Sätzen bereits, dass doch eine gewisse Rivalität zwischen ihr, der Ehefrau, und mir, der Geliebten, besteht. Nichts Dramatisches! Sie würde mich nur am liebsten umbringen, was in ihrer Lage ja auch irgendwie, nun, verständlich wäre übertrieben, aber doch in gewisser Weise nachvollziehbar wäre. Schließlich weiß sie bereits seit einigen Monaten von meiner Existenz ohne jedoch an dieser Tatsache etwas ändern zu können.

Mit treuem Hundeblick versichert ihr mein Liebling seitdem in regelmäßigen Abständen, je nach Bedarf (hahaha!!), dass sie sich eine Beziehung zwischen ihm und mir nur einbilde. Mittlerweile ist es vielleicht aber auch so, dass ich mir nur einbilde, eine Beziehung mit ihrem Mann zu haben?? Manchmal verleugnet er mich doch ganz eindeutig, aber das ist in so einer Situation wie wir uns befinden wohl normal, oder?!?

Zum ganz normalen „Alltagswahnsinn“ gehört dann anscheinend auch, dass mein Liebling seine Frau immer wieder überzeugend beruhigen kann, zwischen ihnen, also seiner Frau und ihm, wäre alles in bester Ordnung und sie mache sich grundlos Sorgen um ihre Ehe. Dass diese Taktik meines Geliebten anscheinend lange Zeit von Erfolg gekrönt ist, werde ich einige Zeit später bei einem Treffen mit seiner Frau erfahren.

Mich hingegen hält mein Geliebter mit den Worten, er müsse seiner Ehefrau schonend beibringen sich von ihr trennen zu wollen um ausschließlich mit mir zusammen sein zu können, ebenfalls erfolgreich hin. Wie schon erwähnt, mein Liebling ist ein „Schlauerchen“!

Wirklich bewundernswert, wie mein Geliebter den Spagat zwischen zwei (oder auch mehr?) Frauen schafft. Immer vorausgesetzt, wir blenden die zahlreichen negativen Aspekte die diese Konstellation für alle Beteiligten mit sich bringt, aus. Wie ich aber inzwischen von vielen Leidensgenossinnen erfahren habe, ist das das übliche Vorgehen von verheirateten Männern. Schade, denn das heißt ja dann wohl, dass mein Liebling doch nicht so einzigartig kreativ ist.

Dieses Verhalten von „Fremdgängern“ ist bei genauerer Überlegung eigentlich auch vollkommen logisch nachvollziehbar. Sie können praktisch gentechnisch gar nicht anders handeln. Das ist der sogenannte Überlebenstrieb bei ihnen: Besser mehrere Frauen als keine. Man(n) sollte jedoch nicht vergessen, dass trotz der bis ins Detail durchgeplanten Strategie sehr wohl die Möglichkeit besteht, bei einer ungeplanten Auflösung all dieser Lügen überraschenderweise (Ja, wieso denn das?) keine Frau mehr vorzufinden. Dieser Gedanke wird aber von den Herren der Schöpfung so lange erfolgreich verdrängt, bis es absolut nicht mehr anders geht und sie eine Entscheidung treffen müssen oder sich mit der von den Frauen getroffenen abfinden müssen.

Also, zusammengefasst lautet die Devise: Leugnen bis die Beweislast es nicht mehr anders zulässt. Oder die Frauen! Hihihi! Ob das Ergebnis dann das Gewünschte ist, steht auf einem anderen Blatt Papier. Aber davon später mehr und vor allen Dingen auch ausführlicher und tiefgründiger, schließlich ist so eine außereheliche Beziehung ja eine komplexe Sache.

Damit auch wirklich jeder dieses „Drama“ quasi aus erster Reihe miterleben kann, versuche ich diese Liebesgeschichte jetzt von Anfang an und möglichst(!) der Reihe nach zu erzählen. Ab und zu kann es aber dennoch vorkommen, dass ich gewisse Details vorziehe, da sie für mich in dem Moment so präsent sind, dass ich es schlichtweg nicht aushalte, sie euch nicht sofort zu erzählen. Ich kann mich dann trotz wirklichem Bemühen teilweise nicht mehr beherrschen und presche mit meinen Gedanken und Taten der Zeit voraus. Vielleicht passiert das aber auch mit der Absicht, um die Zusammenhänge besser verstehen, begreifen oder geschweige denn, auch nur in irgendeiner Weise nachvollziehen zu können. Soweit das bei Aktionen von meinem Liebling überhaupt möglich ist. Und ja, ich gebe es äußerst ungern zu, es sind auch einige ganz wenige(!!!) verrückte und nicht einwandfrei korrekte, oder auch teilweise(!!!) unerklärbare Taten und Reaktionen von mir dabei.

2

Kann ein Mensch wirklich zwei total unterschiedliche Seiten haben? Und im Speziellen, auch ein Mann?

Diese Frage lässt meine Freundin Simone und mich nicht mehr los. Nicht, dass dies etwas Neues wäre, nein, wir diskutieren dieses Thema jetzt schon seit einigen Wochen und Monaten, und wenn es so weiter geht, werden noch hundert weitere folgen, und „oh Wunder“, wir kommen auf absolut keine Lösung. Wie schon des öfteren sitzen wir beisammen und schütteln unsere Köpfe, weil wir anscheinend von Männern keine Ahnung haben und ihr Verhalten nicht richtig deuten können oder wollen. Aber ich will mich ja hier nicht mit der Männerwelt allgemein beschäftigen, nein, mir reicht schon ein Mann.

Meine Gedanken drehen sich im Kreis. Meine unglückliche Liebe, hier stellt sich ja für mich schon wieder eine Frage: Ist das wirklich Liebe? Oder kann das wirklich Liebe sein? Wie definiert sich Liebe? Empfindet jede Frau und jeder Mann Liebe auf seine ganz persönliche Art und Weise? Erwartet jeder Mensch etwas anderes von der Liebe? Ist Liebe gleich Liebe?

Oh, mein Gott, ich werde dieses Rätsel nie lösen können, ich denke, es wird immer schwieriger. Mit jeder Frage, die ich mir beantworten will, stellen sich gleichzeitig fünf neue. Wo soll das hinführen? In die Psychiatrie? Nein, das kann nicht sein, und dort will ich eigentlich auch nicht hin. Noch nicht, nein, Scherzchen, so schnell lasse ich mich nicht unterkriegen!

Also, Brigitte, sage ich zu mir, setz dich auf deinen nicht gerade zarten Hintern, aber das ist jetzt wirklich wieder ein anderes Thema, und beginne dieses furchtbare Liebesdrama, das ja objektiv betrachtet nicht wirklich sooooo schlimm ist, zu analysieren. Das kann ja für eine dreiundvierzigjährige Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht, zwei Kinder mehr oder weniger erfolgreich großgezogen hat, eine Scheidung ohne gröbere Schwierigkeiten durchgezogen hat, nicht wirklich eine unüberwindbare Herausforderung sein.

Ja, das meint aber auch nur ein Außenstehender. Die Denk- und noch schlimmer, die Handlungsweise eines Mannes zu analysieren gleicht Schwerstarbeit und ist wie in meinem Fall eindeutig bewiesen, völlig danebengegangen. Na, wir wollen jetzt nicht schwärzer als schwarz malen, vielleicht nicht völlig danebengegangen, aber doch ordentlich schief gelaufen. Dafür, dass ich mir seit Monaten meinen, und auch den Kopf meiner Freundin quasi „zerbreche“, ist das Ergebnis gleich Null.

3

Normalerweise bekomme ich, nein, bekam(!!) ich abends immer eine „Gute Nacht“ SMS von meinem Liebhaber. Aber natürlich nur, wenn unsere Affäre sehr harmonisch verläuft und für meinen Geliebten die Möglichkeit dazu besteht. Um nicht schon beim ersten Satz eine Lüge einzubauen, die Worte „normalerweise“ und „immer“ sind jetzt nicht eins zu eins zu übernehmen. Wie denn auch, unsere Beziehung kann man weder als „normal“ noch als „immer“während bezeichnen.

Ja, richtig, gut aufgepasst! Die Zeitform macht den großen Unterschied. Seit vier Tagen, ja, da bin ich genau, jeder Tag zählt und wird gezählt, ist wieder einmal, und ich betone ausdrücklich, „wieder einmal“ Funkstille. Da wir, mit wir sind mein total unglücklich verheirateter Liebling und ich gemeint, gerade wieder eine Beziehungspause einlegen, gibt es momentan keine „Gute Nacht Geschichte“. Der Ausdruck „unglücklich verheiratet“ stammt, wie ihr wahrscheinlich schon richtig vermutet habt, aus dem Mund meines Geliebten. Das ist keine Fehlinterpretation von mir!

Diese, nach Ansicht meines Lieblings nahezu ausschließlich durch mich verursachten „Beziehungspausen“, sind anfangs noch stressig, völlig deprimierend und für mich absolut unvorhersehbar. Sie werden aber mit der Zeit und der Häufigkeit zur Normalität und ich muss ehrlich(?!?) sagen, man gewöhnt sich daran. Es ist jetzt nicht so, dass ich darauf nicht verzichten könnte. Nein, das wäre jetzt übertrieben. Ich, die schlaue Brigitte (eine etwas falsche Selbsteinschätzung!), habe aber im Laufe der Zeit durch Erfahrung gelernt. Im Endeffekt können meine absolut unberechenbare große Liebe, oder auch ich, sowieso nicht voneinander lassen. Einer von uns beiden versucht nach mehr oder weniger langem Stillschweigen und gegenseitigem Ignorieren den Kontakt wieder herzustellen.

In den Augen meines Geliebten, aber nur in seinen Augen, meine Augen sehen das ganz anders, ist es jedoch offensichtlich: Ich nehme zu wenig Rücksicht auf seine Lebensumstände. Ihr habt es sicherlich wieder sofort erkannt, er meint damit sein „unglücklich verheiratet“ sein. Er täte ohnehin alles, was in seiner Macht stünde!

Obwohl ich einige Zeilen weiter oben gerade überzeugend erklärt habe, dass man sich an diese „Beziehungspausen“ gewöhnt, ehrlich gedacht, nicht gesagt, es nervt mich! Ja, ja, ganz nach dem Motto: Nur nichts zugeben, was zu meinem Nachteil verwendet werden könnte. Aber: Es nervt mich so sehr, dass ich dieses Mal wirklich ernsthaft vorhabe, dieses Theater zu beenden. Ich will einfach nicht mehr, da es außer Schwierigkeiten, nur Schwierigkeiten mit sich und in erster Linie für mich bringt.

Zu seiner Verteidigung muss ich noch erwähnen, dass er verheiratet ist. Na logisch, woher käme sonst der Ausdruck: „unglücklich verheiratet“! Er hat auch nie geleugnet, verheiratet zu sein. Von Anfang an hat er immer wieder betont sich keinesfalls scheiden zu lassen oder sich von seiner Frau trennen zu wollen. Natürlich nicht, ohne in einem kleinen Nebensatz anzumerken, dass er in seiner Beziehung nicht mehr glücklich ist, im Bett schon lange nichts mehr laufe, aber er seiner Frau gegenüber fair sein möchte (hahaha!!!). Er könne daher nach zwanzig Jahren Ehe nicht einfach sagen, er hätte eine andere kennengelernt und seine Frau von jetzt auf gleich vor vollendete Tatsachen stellen. Man höre und staune, ihr habt euch jetzt nicht verlesen, mein „er“ meint todernst er wäre seiner Ehefrau gegenüber fair, wenn er eine Geliebte hätte!

Also, ich wiederhole und bringe es auf den Punkt: Er bleibt aus reiner Rücksichtnahme seiner Ehefrau gegenüber bei ihr! Weshalb denn auch sonst?!? So viel Anstand hat mein Liebling!

Dieser „er“ hat natürlich auch einen Namen, nämlich Johann. Aber im Moment bin ich so verärgert, enttäuscht und wütend, dass ich finde, wenn ich einfach nur „er“ sage, ist das absolut ausreichend für so einen Menschen.

Aber ob mit oder ohne Namen, das ist jetzt nicht das Thema. Leider ist es offensichtlich, wird von mir aber regelmäßig verdrängt: Es ist ohne Zweifel so, seit Anbeginn liegt es an mir ob ich mich auf eine eventuelle Affäre einlasse oder nicht. Ich werde und wurde zu keinem Zeitpunkt dazu gezwungen!

Fest steht auch, mein bald ehemaliger Geliebter hat mir anfangs(!!!) nie etwas anderes als eine Affäre versprochen. Nun liegt es nahe sich zu denken: Warum regt sie sich dann jetzt auf? Ja, stimmt! Im Moment sieht es so aus, als wäre ich diejenige, die plötzlich mehr von ihrem Geliebten will und sich nicht mehr mit der Rolle der Gespielin abgeben möchte und deshalb „Probleme“ macht. Das ist die Theorie. In der Praxis sieht die Beziehung, Affäre, Liaison oder wie auch immer man unseren Wahnsinn nennen möchte, ganz anders aus! Aber wie schon gesagt, alles möglichst der Reihe nach.

4

Seine Einstellung zum Fremdgehen finde ich anfangs noch sehr ehrenhaft und gut nachvollziehbar. Bitte, jetzt keinen Entmündigungsantrag für mich stellen, dieser „kleine“ Denkfehler lässt sich auf meine Verliebtheit zurückführen. Daran lässt sich eindeutig das Ausmaß meiner Verliebtheit ablesen. Aber ich betone ausdrücklich, ich finde es NUR zu Beginn unseres Kennenlernens toll, dass er diese „Rücksicht“ auf seine Frau nimmt. Das ist zu einem Zeitpunkt zu dem wir uns eigentlich nur unterhalten, ja, ehrlich, NUR unterhalten. Als es „ernster“ wird zwischen uns, wäre es mir definitiv lieber, er würde mit offenen Karten spielen und ehrlich zu seinen Gefühlen stehen. Aber, wie heißt es so schön: Man kann ja nicht alles haben im Leben. Und das gilt leider auch für mich.

Ich, lebenslustig, für jeden Blödsinn zu haben, und beziehungstechnisch offensichtlich bereit, in jedes mir nur zur Verfügung stehende Fettnäpfchen zu treten, finde den Gedanken, diesen Menschen, hmmm, Mann, näher kennenzulernen sehr interessant. Das ist mein erster schwerer Fehler für die kommenden Monate oder auch mehr. Ich habe tatsächlich keine Ahnung wie sich diese Geschichte noch während des Schreibens dieses Buches weiterentwickelt. Vielleicht wird sie aber auch schneller als beabsichtigt beendet. Warten wir es ab.

Was die Tatsache einer eventuellen Affäre noch um ein Vielfaches kompliziert, ist, dass mein Objekt der Begierde (Na, das klingt doch wirklich toll! Und unanständig!) und ich in derselben Firma beschäftigt sind.

Nicht wirklich wichtig, aber dennoch erwähnenswert ist vielleicht auch noch, dass dieser Mann zwanzig Jahre älter ist als ich. Ehrlich gesagt: Einundzwanzig Jahre! Na, ja, aber über solche Spitzfindigkeiten wollen wir nicht diskutieren. Noch dazu, wo ich doch bis vor kurzem noch der festen Meinung war, mein nächster Mann oder Partner oder Freund oder was auch immer sollte maximal fünf Jahre jünger bis fünf Jahre älter sein als ich. Das ist Theorie, folglich weit weg vom wahren Leben. Außerdem habe ich zu diesem Zeitpunkt auch (meinen) Johann noch nicht gekannt! Kann ich etwas dafür, dass dieser Mann nicht in mein vorgegebenes Schema passt? Nein!!! Na eben.

Meine besten Freundinnen, ach, was wäre eine Frau ohne ihre besten Freundinnen, Simone, Susi und Gudrun erfahren selbstverständlich als erste davon, mich in einen zwanzig Jahre älteren, verheirateten Kollegen verliebt zu haben. Nach den ersten Schrecksekunden, man könnte sie auch Schocksekunden nennen, beginnen sie mir ihre Bedenken mitzuteilen.

Dieser Mann wäre zu alt für mich! Nein, das ist wirklich kein Argument.

Erstens, sieht er nicht sooo alt aus. Das ist doch schon einmal sehr gut!

Zweitens, kleidet er sich sehr sportlich und geschmackvoll, keinesfalls wie ein „älterer“ Mann. Davon gehe ich zumindest aus, denn so richtig in „normaler“ Alltagskleidung habe ich ihn vielleicht fünf Mal gesehen. Da war ich dann aber jedes Mal begeistert. Ansonsten sehe ich ihn immer nur in Dienstkleidung, die, wie könnte es anders sein, ihm auch sehr gut steht. Aber, na klar, logisch, einen hässlichen, unattraktiven Freund werde ich mir nicht suchen!!!

Und drittens, hat er nicht so veraltete Ansichten wie manch anderer mit vierundsechzig Jahren. Das nehme ich jetzt einfach an, denn ich Schlauerchen habe absolut keinen Vergleich mit Männern im Alter meines wahrscheinlich(!) zukünftigen Liebhabers. Und im Führen von ins Detail gehenden Gesprächen, die wie von selbst zwischen Johann und mir entstehen, schon gar nicht. Keine Panik, ich spreche nicht von „schlüpfriger“ Unterhaltung, aber doch über Smalltalk hinausgehender. Ich möchte, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, von ihm mehr als eine oberflächliche Bekanntschaft.

Und außerdem, für mich hat dieser Mann das „gewisse Etwas“. Und das ist wohl das Wichtigste, schließlich muss er MIR gefallen. Wobei ich noch nicht sagen kann, was das „gewisse Etwas“ bei ihm ist, aber irgendetwas muss es doch sein. Der Ausdruck „gewisses Etwas“ sagt doch ohnehin schon eindeutig aus, dass dieses „Etwas“ nicht genauer definierbar ist und deshalb „gewiss“ heißt. Das habe ich jetzt für jeden leicht verständlich erklärt, oder?!

Der Ordnung halber und um bei der Wahrheit zu bleiben: Meine Einschätzung der NICHT veralteten Ansichten bewahrheitet sich dann bei genauerer Betrachtung nicht ganz so wie erwartet. Was jetzt heißen soll, Johann hat sehr wohl, SEHR veraltete Anschauungen. Bei einer Sicht durch die rosarote Brille bleibt das aber absolut unentdeckt, was sicherlich an der guten Qualität der Brille liegt. Und wenn wir schon bei der Wahrheit sind: Der gute Geschmack bei seiner Kleidung, der ist seiner Frau zu verdanken. Sie kümmert sich darum, dass ihr Mann immer fesch und adrett gekleidet ist und besorgt auch größtenteils seine Kleidung. Das sind im Endeffekt aber alles nur belanglose Kleinigkeiten, oder?!?

Komplett unabhängig davon, in jeder halbwegs vernünftigen Frauenzeitschrift gibt es immer wieder Artikel über Beziehungen, in denen der Altersunterschied zwischen Partnern relativ groß ist und die trotzdem bestens funktionieren. Also! Genau so eine perfekt funktionierende Affäre, ich betone, AFFÄRE, das heißt also unverbindlicher als eine Beziehung, wird die von Johann und mir. Was gibt es Besseres? Oder Einfacheres? So der Plan – mein Plan!

Okay, meine lieben Freundinnen, den Einwand, dass Johann zu alt für mich wäre oder sein könnte, habe ich jetzt eindeutig und logisch erklärt, widerlegt. Bitte glaubt nicht, ich wüsste eure Sorgen und Bedenken nicht zu schätzen, ich bin mir sehr wohl dessen bewusst, dass ihr nur das Beste für mich wollt. Aber in diesem Fall habt ihr eindeutig Unrecht! So, ich bin bestens gerüstet für den nächsten Grund, warum ich die Finger von ihm, also Johann, aber keinesfalls Hansi, er ist ja kein Kanarienvogel, lassen sollte.

Das nächste Argument von meinen Verbündeten in guten wie in schlechten Tagen lautet: Er ist ein Kollege! Nach dem Motto: Niemals intim im Team!!! – So ein blöder Spruch! Er wird mir aber auch von meiner Kollegin regelmäßig vorgebetet, da ihr das doch etwas übertrieben freundliche und teilweise liebevolle Miteinander von Johann und mir aufgefallen ist. Ja, gut, da ist natürlich eine gewisse Vorsicht geboten, aber seien wir ehrlich: Wir arbeiten in einer Firma mit vierzig Angestellten und außerdem nicht unmittelbar zusammen. Da fallen wir sicherlich keinem auf. Ich bin als Kellnerin in einem von mehreren Cafès dieser Lokalkette beschäftigt. Er ist die rechte Hand vom Chef.

Johann und ich sehen uns täglich einige Male während der Arbeitszeit. Entweder, wenn er bei uns tatsächlich etwas zu erledigen hat, oder er einen Grund erfindet, um mich zwischendurch kurz „besuchen“ zu können. Das ist dann auch schon alles. Selbstredend haben wir immer ein Scherzchen auf den Lippen und unterhalten uns vielleicht ab und zu ein wenig zu freundschaftlich. Aber sicher nicht so offensichtlich, dass es jemandem auffallen würde.

Und für alle, die überall ein Problem sehen: Ich gehe so gesehen mit einem eventuellen Flirt auch kein unkalkulierbares Risiko ein. Falls tatsächlich etwas Gröberes schief gehen sollte, kann ich im schlimmsten Fall immer noch kündigen. Damit wäre die Geschichte für mich dann aber auch erledigt.

Trocken, aber wie immer auf den Punkt gebracht, meint meine Freundin Simone, dass mir dann auch nichts anderes übrigbleiben würde, denn Johann würde sicher nicht die Firma verlassen.

Aber wer wird denn gleich den Teufel an die Wand malen? Jetzt rechnen wir nicht schon vor Beginn mit dem Ende! Ich habe mich noch gar nicht fix entschieden etwas mit ihm anzufangen, da kann ich doch nicht schon wieder daran denken, dass es Probleme geben könnte.

Etwas, na, sagen wir einmal nicht Unwesentliches habe ich noch außer Acht gelassen: Zu einer Affäre gehören ja immer noch zwei. Selbst wenn ich mich dafür entscheiden sollte, Johann zu meinem Liebhaber zu machen, weiß ich noch nicht, ob er das auch will! Das wäre dann im Vorfeld noch zu klären, wenngleich ich im Moment den Eindruck habe, an ihm würde es nicht scheitern! Ein echter Mann eben!

Wie ich von Johann bereits erfahren habe, arbeitet er mehr oder weniger zum Spaß. Seine Begründung dafür lautet: Um fit zu bleiben und nicht immer zuhause sein zu müssen. Man bemerke den Ausdruck „müssen“! Wie er auch immer wieder betont, hält er es nicht vierundzwanzig Stunden am Stück mit seiner Frau aus! Ohh, der Arme!! Notwendig hätte er das Arbeiten nicht, schließlich bekäme er schon seit einiger Zeit seine Pension, und die ist seinen Worten nach ziemlich hoch.

Zugegeben, dass meine eventuell zukünftige Affäre bereits in Pension ist, klingt etwas gewöhnungsbedürftig, lässt aber meinerseits die absurdesten Gedankensprünge zu: Wenn Johann nicht mehr arbeiten MUSS, dann könnte er im Umkehrschluss auch jederzeit und ohne finanzieller Schwierigkeiten weniger oder gar nicht mehr arbeiten. Das ist gut! Denn, falls es soweit kommen sollte, wir eine Beziehung eingehen und die so läuft, wie ich(!) mir das vorstelle, dann würden wir mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit mehr Zeit für uns zur Verfügung haben wollen. Und diese zusätzlichen Stunden der Zweisamkeit könnte Johann durch Verringern der Arbeitszeit verwirklichen. Seine Frau würde nichts merken, da Johann wie gewohnt dasselbe Ausmaß an Zeit auswärts verbringt. Dann nur nicht mehr ausschließlich in der Firma, sondern mit mir.

Es ist immer wichtig, für alle Eventualitäten gewappnet zu sein, und wenn möglich auch schon den perfekten Plan parat zu haben. Also, wenn ich nicht bestens auf meine zukünftige Affäre vorbereitet bin, wer dann??? Ich bin stolz auf mich!

Für alle Skeptiker unter euch scheinen diese Gedanken wahrscheinlich etwas verfrüht. Bis zu einem gewissen Punkt gebe ich das auch gerne zu, aber man wird doch noch träumen dürfen.

Und für alle positiv denkenden Menschen, so wie mich: Alles klar! Von mir aus kann es losgehen!

Ja, ich weiß, es gibt auch Pessimisten, aber auch für die habe ich eine Lösung: Wenn es mit einer eventuellen Liebesbeziehung nicht klappen sollte, oder noch negativer ausgedrückt, im totalen Chaos endet, können Johann und ich immer noch in Freundschaft verbunden bleiben und in Frieden gemeinsam weiterarbeiten.

Na, toll! Jetzt bin ich verunsichert. Ich mache mir Gedanken, was passieren könnte, wenn irgendetwas nicht so laufen sollte, wie wir, oder wahrscheinlich eher nur ich, es plane. Und das noch bevor es überhaupt los geht. Na, bravo! Das fängt ja schon gut an!

Hmmm, das mit dem in Freundschaft gemeinsam weiterarbeiten ist ein netter, naiver Gedanke von mir, es wird sich aber zeigen, dass sich das nicht ganz so verwirklichen lässt. Das wird aber in naher Zukunft eines meiner geringsten Probleme sein.

Vielleicht sind all diese Gedanken, schon vor Beginn einer Beziehung oder Affäre an das Ende zu denken, ja bereits das erste Zeichen dafür, dass ich mir die Sache noch einmal genau überlegen sollte. Trifft der Spruch: „Die Liebe steht unter keinem guten Stern!“, auf mich zu? Ja, aber hallo! Glaube ich, die bodenständige und absolut nicht abergläubische Brigitte an solche Sprüche? Nein, sicher nicht!

Naja, um ehrlich zu sein, bezüglich der Sterne und so bin ich schon der Meinung, Horoskope sollte man nicht unterschätzen. Jedes Sternzeichen hat seine speziellen Vor- und Nachteile, aber das ist jetzt nicht abergläubisch, sondern soweit ich weiß, sogar wissenschaftlich bewiesen!

Jetzt aber zurück zur geplanten Freundschaft nach einem eventuellen Scheitern unserer Beziehung. Schreiben wir diesen Gedanken einfach meinem jugendlichen Leichtsinn, meiner Blauäugigkeit oder kurz ausgedrückt, meiner grenzenlosen Dummheit zu. Zum momentanen Zeitpunkt allerdings bin ich der felsenfesten Meinung, auch diesen Einwand, keine Liaison mit einem Kollegen einzugehen, mit stichhaltigen Argumenten vom Tisch gefegt zu haben. Wir sind schließlich zwei erwachsene Menschen! - Hahaha!

Meine Kinder, zwei verständnisvolle und normalerweise in allem ihre Mutter unterstützende Mädchen, sind nach meinem Outing, mich eventuell in Johann verliebt zu haben, erstmals einige Minuten stumm. Sie schauen mich nur mit großen, diesmal eindeutig verständnislosen Augen an. Ich denke, sie hoffen anfangs noch, ich würde einen Scherz machen, werden aber angesichts meines ernsten Gesichtsausdrucks schnell wieder in die Realität zurückgeholt und schütteln den Kopf. Sie sind sozusagen sprachlos, obwohl sie ja grundsätzlich schon einiges von ihrer Mutter gewöhnt sind, es ist ja nicht der erste „Blödsinn“, der mir einfällt. Aber diese Aktion mit Johann ist dann doch eher in die Kategorie „sehr heftig“ und „kaum zu übertreffen“ einzuordnen. Dann jedoch erklären sie mir, mir in meine Liebesgeschichte nicht hineinreden zu wollen, aber ob ich mir schon bewusst wäre, was ich vorhätte zu tun.

Natürlich, selbstverständlich bin ich mir dessen bewusst, ich bin doch eine vernünftig denkende, erwachsene Frau, zumindest schätze ich mich so ein. Ohne mich jetzt besser darstellen zu wollen als notwendig, auch meine Kinder meinen, ich wäre eigentlich ganz hübsch, nicht unintelligent und hätte folglich gute Chancen, auch einen Mann kennenzulernen, der altersmäßig zu mir passen würde. Ja, das ist wirklich nett von meinen Mädels, aber es geht doch nicht nur ums Alter. Das Gesamtpaket macht es aus! Ich glaube, ich habe mit Johann den „Deckel“ auf mich, als „Topf“ gefunden.

Aber ich will nichts überstürzen. Auch ich habe in meinem Leben schon viele Erfahrungen gemacht. Gute, wie auch weniger gute. Aber eines weiß ich mit absoluter Sicherheit: Da ich die beiden letzten Jahre alleine, also ohne feste Partnerschaft mit meinen Kindern verbracht habe, muss ich ehrlich sagen, es hat auch seine Vorteile, ungebunden zu sein. Ich war nicht unglücklich alleine, nein, ganz sicher nicht!

Aus diesem Grund haben Johann und ich bei einem unserer häufigen Gespräche über unsere eventuell angehende Beziehung folgende Vereinbarung getroffen: Wie bereits im Vorfeld erwähnt, Johann ist verheiratet und will es auch bleiben. Passt! Kein Problem für mich, das verstehe ich doch, ich bin doch so verständnisvoll!!! Selbstverständlich will auch ich meine Freiheit behalten. Das heißt in unserem Fall, wir verstehen uns gut, haben Spaß miteinander, und wenn uns danach ist, werden wir natürlich auch Sex haben. Damit tun wir keinem weh.

Ich nicht, denn ich bin ohnehin ungebunden und niemandem Rechenschaft schuldig.

Und Johann auch nicht. Er bleibt wie gewünscht bei seiner Frau und erledigt seine Aufgaben in seiner Ehe weiterhin wie bisher. Wie Johann mir mit treuem, unschuldigem Hundeblick (Er war in seinem vorigen Leben sicher ein Bernhardiner!) versichert, natürlich rein platonisch. Ich solle mir bitte keinerlei Gedanken machen, in seiner Ehe gäbe es keinen Sex mehr!! Natürlich glaube ich meinem (jetzt schon mehr und mehr Realität werdenden) Liebling. Er würde mich doch niemals belügen!!

Zugegeben, dass er mit mir Sex hat, ist vielleicht nicht ganz so toll für seine Frau. Johann kann mir aber glaubhaft versichern, das wäre kein Grund für ihn, und auch nicht für mich, ein schlechtes Gewissen zu haben, da seine Frau keinen Wert auf Zärtlichkeiten und Sex lege. Sie ist laut ihrem Ehemann quasi froh, wenn er für diese Bedürfnisse jemand anderen hat. Denn dadurch müsste auch sie deswegen kein schlechtes Gewissen ihm gegenüber haben. Ja, wenn mir Johann das so verständlich erklärt, kann ich ihm nur zustimmen. Folglich gibt es dann mit seiner außerehelichen Beziehung mit mir (Na, mit wem denn sonst?!?) kein weiteres Problem.

Selbstredend werden wir diese Beziehung nicht nur vor seiner Frau geheim halten, sie muss ja nicht alles wissen, und wir wollen sie nicht unnötig aufregen, sondern auch in der Firma. Für die Öffentlichkeit sind wir einfach nur gute Freunde, nicht mehr und nicht weniger. Ach, sind wir toll und so vorausschauend planend.

Mein, hoffentlich bald, zukünftiger Liebhaber hat nach eigener Aussage seine Frau bisher in seiner zwanzigjährigen Ehe noch nie betrogen. Diese Tatsache erklärt er mir damit, dass er sehr wählerisch wäre, was eine Frau betreffe. Er hätte noch keine kennengelernt, die ihn so angesprochen hätte wie ich, und da meint er nicht ausschließlich mein Äußeres! Obwohl das alleine eigentlich schon überzeugen sollte. Na also, wenn das kein eindeutiger Beweis dafür ist, wie einzigartig und perfekt ich bin! Wie schnell und richtig MEIN Johann erkannt hat, was unter meiner hübschen Schale verborgen liegt. Wie allgemein bekannt, ist der Charakter, also das Innere eines Menschen viel wichtiger als das, was man im ersten Moment nur äußerlich wahrnimmt.

Vielleicht denken jetzt einige: „Wie blöd ist diese Frau eigentlich?“ Warum blöd? Nur weil ich Johann glaube, was er sagt? Oder schwingt da vielleicht ein wenig Neid mit? Möchtet ihr auch einen echten Mann, wie Johann kennenlernen? Tut mir leid, den gibt es wahrscheinlich nur ein Mal – und da gehört er mir! Ach, ja, das hätte ich fast vergessen: Und seiner Frau!

Selbstverständlich ist mir teilweise bewusst, dass Johann mir alles erzählen würde, um mich näher kennenlernen zu können. Aber wo ist das Problem? Soll er doch mit Komplimenten um sich werfen. Er tut es gerne und mir tut es gut. Im Augenblick bin ich sehr geehrt, dass er in mir etwas so Einmaliges und Besonderes sieht. Und auch, dass ein bis jetzt absolut treuer Ehemann zu überlegen beginnt, ob er seine Frau wegen mir betrügen, hintergehen oder belügen soll oder nicht, spricht doch eindeutig für meine Einzigartigkeit! Oder etwa nicht?!? Ich beweise hiermit gerade überzeugend wie toll, oder vielleicht auch nur naiv, total behämmert, oder alles zusammen, ich bin. Keine Ahnung, wie mir so etwas passieren kann.

In meiner grenzenlosen Euphorie bin ich von unserer Abmachung restlos begeistert. Ihr wisst schon, mein Geliebter bleibt verheiratet und bei seiner Frau, und ich behalte meine Freiheit. Ich bin der ernsthaften Überzeugung, wir profitieren beide davon. Hallo, ich bin verliebt! Da darf man unlogisch denken! Derzeit würde ich Johann auch glauben, dass es normal wäre, dass es bei uns im Juli schneit, wenn er das sagt.

Aber jetzt wieder im Ernst: Es ist doch tatsächlich so, im Moment ist jeder von uns beiden zufrieden, wir können uns regelmäßig treffen und unseren Spaß haben. Ich muss jetzt nicht nochmals extra erwähnen, dass ich noch nie eine Beziehung oder auch nur eine etwas „engere“ Freundschaft zu einem verheirateten Mann hatte. Das ist wohl für jeden mehr als offensichtlich. Vielleicht kann diese Tatsache meine Engstirnigkeit und Naivität in dieser Angelegenheit ein klein wenig entschuldigen?

Bedenken seitens meiner Freundinnen, so eine Vereinbarung sei sehr schwierig einzuhalten, da es in der Liebe auch Gefühle gäbe (Ach?!? Wirklich!?!) und nicht nur „vertragliche“ Vereinbarungen, werden von mir als überfürsorgliches Geschwafel abgetan. Schließlich weiß ich doch, welche Kompromisse ich eingehe, und ich habe meine Gefühle unter Kontrolle. Johann ist ja auch nicht meine „große Liebe“ ohne die ich nicht hätte leben können. Ach, jetzt auf einmal doch nicht? Er ist mir sehr sympathisch, ja, das gebe ich gerne zu, und er ist äußerst charmant, aufmerksam und nett, allerdings nur, solange alles nach seinen Vorstellungen verläuft. Aber auch das werde ich erst später bemerken.

Aha, jetzt ist er plötzlich nur mehr nett??? Es ist allgemein bekannt, die kleine Schwester von nett ist sch…, aber das trifft jetzt bei uns absolut (noch) nicht zu! Nein, ich verwende das Wort „nett“ nicht negativ, sondern ich will damit sagen, dass ich Johann sehr anziehend und attraktiv finde. So etwas Ähnliches habe ich vor Kurzem schon einmal erwähnt, ich weiß, aber wenn mein Johann doch soooo toll und einzigartig ist, kann ich es nicht oft genug betonen.

Vielleicht reizt mich an dieser für mich neuen Art der Beziehung(?!?) auch nur diese unverbindliche Vereinbarung, ohne zu viel von meiner Freiheit aufgeben zu müssen, das zu bekommen, was ich will? Ach, wirklich? Was will ich denn? Einen Mann, der zuhause eine Ehefrau hat? Das ist ja interessant. Da bin ich dann wohl die einzige Frau weit und breit, die sich so etwas wünscht. Vielleicht meint Johann das mit meiner Einzigartigkeit! Wahrscheinlich hat er es noch nie so leicht gehabt, eine Affäre anzukurbeln, wie mit mir, ich naive „Ehestörerin“!

Hmmm, lasst mich einmal nachdenken! Was könnte es sonst sein, was Johann mir im Gegensatz zu anderen Männern Aufregendes bieten könnte? Ich könnte es im Moment beim besten Willen nicht in Worten ausdrücken. Auch nicht in Zahlen – eher überhaupt nicht! Aber die Zukunft wird zeigen, dass Johann mir sehr wohl sehr Aufregendes zu bieten hat! Gut, dass ich jetzt noch nichts davon weiß. Nichts desto trotz, ich bleibe dabei und bilde mir sehr überzeugend ein, dass ich diese Art der Zweisamkeit (welche Zweisamkeit??) für mich absolut passend und perfekt finde und ich mir nichts Besseres wünschen könnte.

Vielleicht ist es auch zu einem Teil die Geheimniskrämerei, die eine gewisse Spannung erzeugt und die Situation interessanter macht als eine „normale“ Beziehung. Versteckspiele sollte man jedoch lieber den Kindern überlassen, was sich in der Zukunft ebenfalls bestätigen wird. Aber so weit sind wir noch nicht. Bleiben wir im hier und jetzt, das ist für mich als Affären-Anfänger Herausforderung genug.

Gut, das Theoretische ist soweit klar vereinbart und von beiden Parteien akzeptiert. Ich muss jetzt zum besseren Nachvollziehen dieser Situation noch erwähnen, dass sich der Vorgang vom Kennenlernen bis zum konkreten Besprechen wie wir unser Vorhaben, eine Affäre zu beginnen, verwirklichen können, über einen Zeitraum von vier Monaten hingezogen hat. Man will schließlich nichts Unüberlegtes tun. Sowohl Johanns als auch meine Grenzen des Machbaren gehören exakt ausgelotet. Es soll kein kurzes, leeres, belangloses „Techtelmechtel“ oder in der heutigen Sprache: kein nichtssagender One-Night-Stand werden, sondern eine echte, ehrliche (hahaha, ja, ihr werdet noch merken, worauf sich das „hahaha“ bezieht!) Beziehung. Ich will Johann keineswegs in Schwierigkeiten bringen, aber ich will IHN.

Diese Vereinbarung, ihm seine Ehe zu lassen und mir meine Freiheit, scheint für mich eine sehr passende Abmachung zu sein, da dadurch jeder von uns sein Privatleben ein großes Stück weit behalten kann. Selbstredend muss unsere Beziehung in der Firma geheim gehalten werden, das kann ich gar nicht oft genug erwähnen, sicher ist sicher, nur kein unnötiges Risiko eingehen. Es fällt garantiert keinem Mitarbeiter auf, wenn wir immer gemeinsam auf Pause gehen, miteinander plaudern, lachen und bester Laune sind, wenn wir uns sehen. Auch nicht, wenn Johann jetzt drei Mal so oft in unser Lokal kommt, weil er noch etwas „zu erledigen“ hat, als noch zu Zeiten, als es mich in seinem Leben nicht gegeben hat. Nein, das merkt keiner! Niemals! Wir wollen ja keine Schwierigkeiten. Aber bei zwei erwachsenen, intelligenten Menschen, wie wir es uns einbilden zu sein, ist das wohl das geringste Problem.

Soweit, wie gesagt, die Theorie. Es ist noch immer absolut nichts zwischen uns passiert. Wir unterhalten uns weiterhin darüber wie eine Affäre ausschauen könnte, und jedes Mal wenn ich Johann sehe, fliegen meine Schmetterlinge im Bauch wild umher und meine Laune hätte nicht besser sein können. Auch Johann kommt jedes Mal beschwingt im Cafè vorbei, um schnell ein paar Scherzchen zu machen und dann wieder weiterzuarbeiten. Die fragenden, neugierigen und teilweise „schrägen“ Blicke der Kollegen ignorieren wir gekonnt. Nach einer weiteren Woche meint Johann dann endlich(!!!), wir sollten uns nach der Arbeit noch auf ein Getränk treffen.

Ohh, mein Gott, jetzt bin ich aufgeregt: Ist das jetzt das erste offizielle Date zwischen Johann und mir??? Wird aus der Theorie jetzt Praxis??? Freudestrahlend nehme ich diese Einladung an, in der Hoffnung, dass er endlich seinen ganzen Mut zusammennimmt und sich selbst eingesteht, ohne mich ist sein Leben nicht mehr lebenswert. Na gut, das ist jetzt vielleicht ein wenig dramatisch ausgedrückt, aber der Grundgedanke stimmt, schließlich bin ich doch sein absoluter „Lottogewinn“. So zumindest kommt es bei unseren theoretischen Gesprächen bei mir an. Aber jetzt wird aus der Theorie vielleicht doch noch Praxis, man soll die Hoffnung niemals aufgeben, und schon gar nicht bei Johann. Wird er nun endlich in die Offensive gehen?

Um einundzwanzig Uhr ist es dann soweit. Nach Dienstende gehe ich zum mit Johann vereinbarten Treffpunkt, um mit ihm, wie ausgemacht, noch etwas zu trinken. Um unsere Dummheit aufs Neue zu demonstrieren, treffen wir uns in einer Filiale unserer Firma, wo wir selbstredend als Mitarbeiter bekannt sind. Aber wer wird denn Probleme sehen, wo gar keine sind? Man wird doch unter Kollegen noch etwas trinken dürfen? Na, ganz ehrlich gesagt hoffe ich doch schon auf etwas mehr. Aber warten wir es ab, ich mache sicher nicht den Anfang.

Wir reden vertraut wie immer, Johanns Hand hält meine, sein Kopf kommt immer näher, und plötzlich küsst er mich. Ohh, mein Gott!!! Ich schwebe im siebten Himmel. Ich genieße dieses Gefühl von Johann geküsst zu werden. Da wir uns in der Öffentlichkeit befinden, bleibt es bei einigen ganz züchtigen Küssen, doch der Anfang ist gemacht. Meine Bedenken, durch unsere öffentliche Küsserei mitten im Lokal Getratsche bei den Mitarbeitern ausgelöst zu haben, zerstreut mein Johann sofort. Er versichert mir glaubwürdig, von unseren Küssen hätte niemand etwas mitbekommen. Nein, nein, wie denn auch, wir sitzen ja auch nur mitten im Lokal. Na, klar, wenn Johann das sagt, wird es schon stimmen!

Unser Timing ist vielleicht nicht das Beste, da ich am nächsten Morgen für vier Tage nach Spanien fahre. Ich muss wohl nicht extra erwähnen, dass diese vier Tage die längsten meines Lebens sind. Normalerweise gibt es für mich nichts Schöneres als in den Süden zu fahren, aber diesmal zähle ich jede Stunde, bis dieser „blöde“ Urlaub wieder beendet ist. Nachdem wir uns nach Monaten nähergekommen sind, gleich wieder vier Tage Pause machen zu müssen, gleicht irgendwie einer Folter. Selbstverständlich telefonieren Johann und ich in jeder ihm zur Verfügung stehenden Minute, und das sind für einen verheirateten Mann überraschenderweise ganz schön viele. Das beweist meine anschließende Handyrechnung, die ohne mit der Wimper zu zucken von meinem Johann übernommen wird. So ein Kavalier aber auch! Ich habe es ja immer schon gewusst, mein Johann ist ein wahrer Schatz!

Aber irgendwann sind auch diese vier Tage vorbei und es ist wieder Dienstbeginn. Das Wichtigste aber: Wir treffen, sehen und küssen uns wieder.

Um so viel Zeit wie nur irgendwie möglich miteinander zu verbringen, beschließen wir, uns ab jetzt regelmäßig schon eine halbe Stunde vor Dienstbeginn zu treffen, um noch in Ruhe einige ungestörte Minuten verbringen zu können. Johann ist aufmerksam, liebevoll und für mich zu diesem Zeitpunkt einfach der perfekte Mann.

Zu meiner großen Freude kommt meine Freundin Sophie aus Wien wieder einmal zu Besuch und wir vereinbaren ein Treffen. Sie soll meinen Johann endlich „live“ erleben! Selbstverständlich ist sie telefonisch genauestens über meinen Liebling informiert. Nun wird sich herausstellen ob meine Schilderungen mit den Tatsachen übereinstimmen.

Wir trinken gemeinsam Kaffee und Sophie plaudert intensiv mit Johann. Sie möchte in der ihr zur Verfügung stehenden Zeit möglichst viel über ihn erfahren. Als mein Liebling dann wieder zurück zur Arbeit muss, will ich von Sophie eine detaillierte Analyse über meinen verheirateten Freund hören. Und das vernichtende Urteil lässt keine zwei Sekunden auf sich warten.

An dieser Stelle muss ich unbedingt noch einmal erwähnen, dass ich immer sehr viel Wert auf die Meinung meiner Freundinnen lege. Das soll jetzt nicht heißen, dass ich keine eigene Meinung habe. Nein, nein, ich tue schon genau das, was ICH will und ICH für richtig halte. Ob es auch wirklich das Richtige ist, sei dahingestellt. Aber es interessiert mich einfach, was meine Freundinnen über meine Pläne und Taten beziehungsweise Missetaten denken. Sie kennen mich wirklich gut und ich kann mich hundertprozentig auf ihre Einschätzung verlassen. Vielleicht macht dieses innige Verhältnis auch der Umstand aus, dass sie teilweise genauso weltfremd und naiv sind wie ich und immer an das Gute im Menschen glauben. Für sie, wie auch für mich ist es unvorstellbar, jemandem vorsätzlich zu schaden oder noch schlimmer, einen geliebten Menschen zu verraten. Aber wir, und vor allem ich als Betroffene, werden allesamt eines Besseren belehrt!

Aber zurück zu Sophie und ihrer Beurteilung meines Johanns: Das Alter von Johann spielt für sie keine Rolle. Na wenigstens eine, die daran nichts auszusetzen hat. Das lässt sie eiskalt, so nach dem Motto, „wo die Liebe hinfällt“. Außerdem ist sie der Meinung, dass ein älterer Liebhaber durchaus seine Vorteile haben könne. Hmmm, naja, da kann ich noch nicht mitreden, so weit haben wir es bisher noch nicht geschafft. Redet Sophie da etwa aus Erfahrung? Gibt es da etwas, was ich nicht weiß? Aber der Gedanke an sich gefällt mir, noch dazu wo ich doch schon mit einer halben Stunde morgendlichen Küssens, naja, Schmusens im siebten Himmel schwebe. Wenn das so weitergeht, dann kann nichts mehr schiefgehen. Vielleicht bin ich tatsächlich ein wenig einfach zufriedenzustellen??? Sophie ist also die Erste, die sich nicht über das Alter meines zukünftigen Liebhabers aufregt. Nein, aufregt ist der falsche Ausdruck, besser wäre, die Erste, die nicht total sprachlos, verwundert und entsetzt ist. Ja, das trifft es! Das ist schon einmal ein guter Anfang, denke ich. Aber zu früh gefreut, Brigitte!

Sophie ist eine, die sagt, was sie denkt, kein Schönreden, keine Lügen. Ganz im Gegenteil, vielleicht ab und zu etwas zu gerade heraus, aber genau das macht eine echte Freundin aus! Ich habe sie nach ihrer Meinung gefragt und bekomme nun die schonungslose Antwort. Sie wäre entsetzt, wie dieser Mann mich in seinen Bann ziehen würde. Sie könne nicht glauben, dass ich, die ich immer lustig, fröhlich und spontan wäre, mich plötzlich so unterordnen würde. In ihren Augen wäre ich fast nicht wiederzuerkennen. Ihre Worte sind: “Merkst du denn nicht, dass dich Johann total einsperrt?”

Ha! Da hat sie völlig unrecht, das tut er gar nicht! Nein, nein, ich habe es schon richtig verstanden, Sophie meint psychisch und nicht physisch. Ich habe es kapiert, ich bin ja nicht ganz blöd! Und weiter: “Dass er dir seine Meinung aufzwingt, du nur mehr sagst und machst was er möchte?”

Sie meint aber auch, hmm, hurra, jetzt kommt doch auch noch etwas Positives: “Allerdings muss ich zugeben, ich habe dich noch nie so verliebt gesehen.”

Trotzdem wäre sie entsetzt, wie verändert ich auf sie in Gegenwart meines Johanns wirke. Also kurz und gut, oder eher nicht gut, ihren Segen für eine Beziehung habe ich definitiv nicht. Ganz im Gegenteil, sie meint, ich solle mir das Ganze noch einmal gut überlegen, auf sie wirke Johann sehr besitzergreifend und bevormundend, sie könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass ich mit Johann glücklich werden würde.

Nur nicht übertreiben, ich will ihn ja nicht heiraten. Haha, kann ich auch nicht, selbst wenn ich es wollte, ist er doch schon! Aber für eine Affäre so zwischendurch wird es ja wohl reichen. Wir probieren es einfach(!) aus. Falls es nicht so toll zwischen uns funktionieren sollte wie, wahrscheinlich ausschließlich von mir, geplant, dann beenden wir die Sache kurz und schmerzlos. Es hat ja jeder von uns sein eigenes Leben im Hintergrund.

Warum mache ich mir eigentlich so viele Gedanken um meine vielleicht zukünftige Affäre? Laut Statistik gehen doch heutzutage schon so viele Menschen, Frauen wie Männer, ab und zu außereheliche Beziehungen ein, wenn die sich alle genau so viele Gedanken darüber machen würden wie ich, bliebe ihnen zum Fremdgehen gar keine Zeit mehr.

Aber vielleicht ist uns allen, meinen Freundinnen und mir, auch nur von vornherein schon klar, dass ich nicht geeignet bin für solch ein Vorhaben. So „halbe“ Sachen sind einfach nicht mein Ding. Ich bin mehr der Typ, ganz oder gar nicht. Hallooo!!! Alles mit der Ruhe. Wir stehen am Beginn einer tollen Liebesbeziehung und mein Liebling wird sehr schnell merken, dass ich zu ihm gehöre und sonst keine! Und damit sind wir von „halber Sache“ schon ein großes Stück in Richtung „ganzer Sache“ gerückt.

Selbstverständlich ist mir klar, dass Sophie es gut mit mir meint, aber sie kennt Johann eigentlich überhaupt nicht. Nach nur einer Stunde gemeinsamen Kaffeetrinkens, kann sie ihn sicherlich noch nicht richtig einschätzen. Ja, ich weiß, das hat sie auch nicht behauptet. Sie hat sich wahrscheinlich in ihm getäuscht. Außerdem kommt es natürlich auch immer auf die Tagesverfassung eines Einzelnen an, wie man wirkt, wie man sich gibt, aber natürlich auch, wie man manche Situationen interpretiert.

Das soll jetzt keine Entschuldigung sein, weder für Sophie noch für Johann, sondern ein ernst zu nehmender Denkansatz meinerseits. So komme ich zu dem Schluss, dass Sophie heute einfach nicht den besten Tag hat, und beim nächsten Treffen sicher ganz anders über Johann urteilen wird. Sie wird ihn im Endeffekt genauso unwiderstehlich finden wie ich. Ja, das wird sie definitiv!

5

Damit es nicht langweilig wird und ich mich nicht nur ausschließlich mit Johann beschäftigen „muss“, erreicht mich zu diesem Zeitpunkt ein Anruf von Simone. Ich solle mich so schnell wie möglich mit ihr treffen. Sie hätte mir etwas Wichtiges zu erzählen. Gibt es etwas Wichtigeres als auf den „Hilferuf“ einer Freundin zu reagieren? Kaum! Also nichts wie ab ins nächste Cafè um meiner Freundin mit Rat und Tat zur Verfügung zu stehen. Sozusagen von einem Experten zum anderen. Ich habe keine Ahnung worum es geht, aber es muss etwas Wichtiges sein, denn normalerweise hat Simone keinen derartigen Stress mir Neuigkeiten oder Sensationen zu erzählen.

Meine Freundin Simone ist eine große, dunkelhaarige, sehr attraktive, siebenunddreißigjährige Frau, seit sechs oder sieben Jahren verheiratet, ob glücklich oder weniger glücklich ist Definitionssache.

Ohne pessimistisch wirken zu wollen, aber gibt es heutzutage noch Paare, die auch nach sieben Jahren Ehe noch ohne zu lügen von sich behaupten können, glücklich verheiratet zu sein oder sogar ihren Partner ein zweites Mal heiraten würden? So traurig es klingen mag, aber ich denke, wenn von zwanzig Paaren, eines die sogenannte „bessere Hälfte“ wirklich noch liebt, dann ist das schon viel. Es ist nicht so, dass ich diesen Gedanken, einen Menschen ein Leben lang zu lieben nicht wunderschön finden würde. Nein, ganz im Gegenteil! Ich betrachte öfter ältere oder tatsächlich alte Pärchen mit einer gewissen Wehmut. Für mich ist es einfach bewundernswert, wenn man es schafft, einen anderen Menschen fünfzig Jahre oder vielleicht noch länger zu respektieren, achten, ehren und auch noch wirklich zu lieben. Dazu gehört sicher eine Menge Arbeit in der Beziehung und natürlich ganz viel Toleranz und Vertrauen dem anderen gegenüber. Wenn all diese Voraussetzungen gegeben sind, dann kann man von der sogenannten „großen Liebe“ sprechen. Das ist meine feste Überzeugung.

Davon bin ich im Moment noch meilenweit entfernt. Ich gebe die Hoffnung jedoch nicht auf, solch einen für mich genau passenden Partner zu finden. Wobei ich doch zugeben muss, dass ich mit einem verheirateten Mann wahrscheinlich nicht auf dem richtigen Weg zum absoluten Glück bin. Aber wie heißt es so schön: Wo ein Wille, da ein Weg. Diesen Weg werde ich gehen! An meinem Willen soll es nicht scheitern!

Da stellen sich für mich schon die nächsten Fragen: Was ist eine „große Liebe? Definiert sich eine „große Liebe“ für jeden anders? Wie viele „große Lieben“ kann es in einem Leben geben? Findet jeder zumindest einmal im Leben seine „große Liebe“?

Aber zurück zu Simone. Simone und ihr Mann sind finanziell abgesichert, besitzen ein schönes Haus und haben teure Autos. Ja, das Pferd und die Yacht fehlen ihnen – kleiner Scherz! Sie erwecken für Außenstehende den Eindruck, so sieht eine richtige Bilderbuchfamilie aus. Nun, es ist nicht so, dass Simone jetzt die unglücklichste Person in ganz Europa wäre, aber alles ist auch nicht so perfekt wie es scheint.

Simone rührt gedankenversunken in ihrer Kaffeetasse und sucht nach dem richtigen Anfang für ihre Geschichte. Ich warte und lasse ihr Zeit, obwohl es mich vor Neugierde fast zerreißt. Aber verständnisvolle Freundin wie ich bin, zügle ich meine Ungeduld und warte bis Simone endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, mit ihrer Geschichte beginnt und mich dabei völlig verzweifelt ansieht: “Brigitte, ich glaube, ich habe mich verliebt. Ich habe keine Ahnung wie mir das passieren konnte. Aber ich denke es ist so.”

Simones Schwarm heißt Peter, ist 25 – in Worten: fünfundzwanzig (Ich weiß ganz genau was sich jetzt jeder denkt! Nämlich: Na also, geht doch, deine Freundin findet einen Freund, der um einiges jünger ist als sie. Die hat das aber schlau gemacht, obwohl diese Version jetzt auch schon wieder gewagt ist, oder? Ach, nein??? Und jetzt lest erst einmal weiter!!!!) Jahre älter als sie. Ja, ja, ihr habt vollkommen richtig gelesen, ÄLTER – ha! Wer will da jetzt noch etwas über Johann und mich sagen? Und er ist verheiratet. Er ist Vater von zwei fast erwachsenen Kindern und ein bekannter Manager einer großen Firma. So spielt das Leben. Und ich dachte schon, meine Geschichte wäre eine Katastrophe!!!

Simone und der Mann, von dem sie glaubt, sich in ihn verliebt zu haben, haben sich auf einem Event kennengelernt und waren sich auf Anhieb sympathisch. Eine kurze, belanglose, nette Unterhaltung und das war dann auch schon alles, fürs Erste. Am nächsten Tag erhielt Simone von Peter eine SMS. In der erklärte er ihr, sie wäre ihm sofort aufgefallen, und als sie sich dann auch noch so nett (Nett …. – da war doch schon einmal etwas in der Richtung!) unterhalten hätten, wäre es um ihn geschehen gewesen. Er fände sie überaus attraktiv und intelligent. Schon immer hätte er von einer Frau wie ihr geträumt.

Hmmm, wieso kommen mir diese Worte irgendwie so bekannt vor? Ist es möglich, dass Peter und Johann sich kennen? Oder ist das einfach der „Schmäh“ von Männern aus dieser Generation? Man muss ihnen aber lassen, diese Masche kommt bei uns selbständigen und emanzipierten Frauen sehr gut an. Es entsteht in mir der Gedanke, dass wir neumodernen Frauen vielleicht doch nicht ganz so „hart“, selbstbewusst und „komplimentresistent“ sind, wie wir glauben, oder wie uns von der Außenwelt suggeriert wird! Warum sonst würden wir auf so, nicht böse gemeint, aber doch sehr, sehr einfache „Anmachsprüche“ von unseren Verehrern hereinfallen? Jawohl! Hereinfallen!!! Genau das ist der richtige Ausdruck dafür, wenn sich bei ein paar schmeichelnden Worten vom männlichen Gegenüber unsere Gehirnzellen komplett ausschalten und nur mehr die sogenannten „Hormone“ bemerkbar machen. Bis jetzt war ich immer der Meinung, das wäre ein reines Männer-Phänomen, aber anscheinend und von Simone und mir ja eben realitätsnah bewiesen, passiert das auch uns Frauen! Leider!

Nachdem Simone, wie bereits erwähnt, in ihrer immerhin schon einige Jahre dauernden Ehe, mit solchen Komplimenten nicht mehr überhäuft wird, oder besser ausgedrückt, sie solche netten Worte schon seit Jahren nicht mehr gehört hat, ist sie natürlich geschmeichelt. Mal ehrlich, wer wäre das in dieser Situation nicht?! Völlig unerwartet erscheint ein Mann, der in ihr nicht nur die Mutter, Putzfrau, Köchin und Hausfrau sieht, sondern eine begehrenswerte, hübsche, sexy Frau erkennt.

Unter diesen Umständen ist es absolut logisch und gut nachvollziehbar, dass sich viele Frauen fragen werden, ich natürlich ausgenommen, denn ich habe ja meinen Johann, wo diese Events stattfinden, bei denen man solche charmanten Männer von Welt kennenlernen kann. Echte Männer (hahahaha!), die sofort auf den ersten Blick erkennen, was in einer Frau steckt.

Ehrliche Frage – ehrliche Antwort: Seien wir einfach nur froh, dass wir es nicht wissen! Denn auch bei Simone wird sich noch herausstellen, dass Peter nicht wirklich der „Lottogewinn“ ist, für den sie ihn am Anfang hält. Aber wie bei so vielen Dingen im Leben, im Nachhinein ist man immer klüger.

Vorerst aber sitzt Simone einerseits total glücklich, andererseits auch etwas durcheinander vor mir und schaut mich an, gespannt auf meine Reaktion.