Die heilige Johanna der Schlachthöfe - Bertolt Brecht - E-Book

Die heilige Johanna der Schlachthöfe E-Book

Bertolt Brecht

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Beschreibung

Brecht zeigt in der Heiligen Johanna der Schlachthöfe eine große Börsenspekulation in Fleisch und Vieh auf dem Hintergrund einer Überproduktionskrise. Er verlegt die Handlung auf die Viehhöfe und an die Fleischbörse Chicagos, wo infolge des weit entwickelten Kapitalismus die Widersprüche der Gesellschaft besonders deutlich werden. Johanna Dark, ein Heilsarmeesoldat, sieht die von den Fleischfabriken ausgesperrten und hungernden Arbeiter und stößt auf der Suche nach den Gründen der Aussperrung auf den Fleischkönig Pierpont Mauler. Vergeblich versucht er, Johanna für seine Sache zu gewinnen. Johanna, schließlich auch von den Armen verstoßen, geht auf den Schlachthöfen zugrunde. In diesem Stück sind »verwickelte Vorgänge« durchschaubar gemacht. Ihre Gesetzmäßigkeit ist dargestellt und als Mittel benutzt, die Vorgänge zu bewegen.

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Seitenzahl: 136

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Bertolt Brecht

Die heilige Johanna der Schlachthöfe

Suhrkamp

Personen

Johanna Dark, Leutnant der Schwarzen Strohhüte

Mauler, Fleischkönig

Cridle

Graham

Meyers

Lennox

Fleischfabrikanten

Slift, ein Makler

Frau Luckerniddle

Gloomb, ein Arbeiter

Paulus Snyder, Major der Schwarzen Strohhüte

Martha, Soldat der Schwarzen Strohhüte

Jackson, Leutnant der Schwarzen Strohhüte

Mulberry, ein Hauswirt

Ein Kellner

Packherren

Aufkäufer

Viehzüchter

Makler

Spekulanten

Die Schwarzen Strohhüte

Arbeiter

Arbeiterführer

Die Armen

Detektive

Zeitungsleute

Zeitungsjungen

Soldaten

Passanten

1 DER FLEISCHKÖNIG PIERPONT MAULER BEKOMMT EINEN BRIEF VON SEINEN FREUNDEN IN NEW YORK.

Chicago, Schlachthöfe

MAULERliest einen Brief: „Wie wir deutlich merken, lieber Pierpont, ist der Fleischmarkt seit kurzer Zeit recht verstopft. Auch widerstehen die Zollmauern im Süden allen unseren Angriffen. Demnach scheint es geraten, die Hand vom Fleischhandel zu lassen, lieber Pierpont.“ Diesen Wink bekomme ich heute von meinen lieben Freunden aus New York. Hier kommt mein Kompagnon.

Er verbirgt den Brief.

CRIDLE:

Warum so finster, lieber Pierpont?

MAULER:

Erinnere, Cridle, dich, wie wir vor Tagen –

Wir gingen durch den Schlachthof, Abend war’s –

An unsrer neuen Packmaschine standen.

Erinnere, Cridle, dich an jenen Ochsen

Der blond und groß und stumpf zum Himmel blickend

Den Streich empfing: mir war’s, als gält er mir.

Ach, Cridle, ach, unser Geschäft ist blutig.

CRIDLE:

Die alte Schwäche also, Pierpont?

Unglaublich fast, du, der Gigant der Packer

Des Schlachthofs König, vor dem Schlächter zittern

Zergehst in Schmerz um einen blonden Ochsen!

Verrat’s, ich bitt dich, niemand außer mir.

MAULER:

O treuer Cridle!

Ich hätte nicht zum Schlachthof gehen sollen!

Seit ich in dies Geschäft hineinging, also sieben

Jahre, vermied ich’s, Cridle, ich vermag’s

Nicht länger: heute noch geb ich es auf, dies blutige Geschäft.

Nimm du’s, ich geb dir meinen Anteil billigst.

Dir gäb ich ihn am liebsten, denn wie du

Mit dem Geschäft verwachsen bist, ist’s keiner.

CRIDLE:

Wie billig?

MAULER:

Darüber kann’s bei alten Freunden

Wie du und mir kein langes Handeln geben.

Schreib zehn Millionen!

CRIDLE:

Das wär nicht teuer, wenn nicht Lennox wär

Der mit uns ringt um jede Büchse Fleisch

Der uns den Markt verdirbt mit niedren Preisen

Und uns kaputtmacht, wenn er nicht kaputtgeht.

Eh der nicht fiel, und nur du kannst ihn fällen

Nehm ich dein Angebot nicht an. Solange mußt du

Noch dein Gehirn, das listenreiche, üben.

MAULER:

Nein, Cridle, dieses Ochsen Ächzen

Verstummt nicht mehr in dieser Brust. Drum eilig

Muß dieser Lennox fallen, denn ich selber

Bin ganz gewillt, ein guter Mann zu werden

Und nicht ein Schlächter. Cridle, komm, ich will

Dir sagen, was du machen mußt, daß Lennox

Schnell fällt. Dann aber mußt du

Mir dies Geschäft abnehmen, das mir leid ist.

CRIDLE:

Wenn Lennox fällt.

Beide ab.

2

a DER ZUSAMMENBRUCH DER GROSSEN FLEISCHFABRIKEN

Vor der Lennoxschen Fleischfabrik

DIE ARBEITER:

Wir sind siebzigtausend Arbeiter in den Lennoxschen Fleischfabriken und wir

Können keinen Tag mehr mit so kleinen Löhnen weiterleben.

Gestern wurde wieder hurtig der Lohn gesenkt

Und heut hängt schon wieder die Tafel aus:

Jeder kann weggehen, der

Mit unsern Löhnen nicht zufrieden ist.

Gehn wir doch alle einfach weg und

Scheißen auf den Lohn, der täglich geringer wird.

Stille.

Lange schon ist diese Arbeit uns ekelhaft

Die Fabrik uns die Hölle und nur

Alle die Schrecken des kalten Chicagos konnten

Uns halten hier. Aber jetzt

Kann man für zwölf Stunden Arbeit nicht mehr

Das trockene Brot verdienen und

Die billigste Hose. Jetzt

Kann man grad so gut weggehn und

Schon gleich verrecken.

Stille.

Wofür halten uns die? Glauben sie

Wir stünden wie Ochsen da, bereit

Zu allem? Sind wir

Ihre Deppen? Lieber verrecken doch! Auf der Stelle

Gehen wir weg.

Stille.

Es muß doch schon sechs Uhr sein?

Warum nicht aufgemacht, ihr Schinder? Hier

Stehen eure Ochsen, ihr Metzger, aufgemacht!

Sie klopfen.

Vielleicht sind wir vergessen worden?

Gelächter.

Aufgemacht! Wir

Wollen herein in eure

Drecklöcher und Sudelküchen, um

Den vermögenden Essern ihr

Verschmiertes Fleisch zu kochen.

Stille.

Mindestens verlangen wir

Den alten Lohn, der auch schon zu klein ist, mindestens

Den Zehnstundentag und mindestens …

EIN MANNgeht vorüber:

Worauf wartet ihr? Wißt ihr nicht

Daß Lennox geschlossen hat?

Zeitungsjungen laufen über die Bühne.

DIE ZEITUNGSJUNGEN: Der Fleischkönig Lennox muß seine Fabriken schließen! Siebzigtausend Arbeiter brot- und obdachlos! M. L. Lennox, ein Opfer des erbitterten Konkurrenzkampfes mit dem bekannten Fleischkönig und Philanthropen Pierpont Mauler.

DIE ARBEITER:

Wehe!

Die Hölle selbst

Schließt ihr Tor für uns!

Wir sind verloren. Der blutige Mauler hält

Unsern Ausbeuter am Hals und

Uns geht die Luft aus!

b P. MAULER

Straße

DIE ZEITUNGSJUNGEN: Chicagoer Tribüne am Mittag! Der Fleischkönig und Philanthrop P. Mauler begibt sich zu der Eröffnung der P. Maulerschen Krankenhäuser, der größten und teuersten Hospitäler der Welt!

Mauler geht mit zwei Männern vorbei.

EIN PASSANTzum andern: Das ist P. Mauler. Wer sind die Männer, die ihn begleiten?

DER ANDERE: Das sind Detektive. Sie bewachen ihn, damit er nicht niedergeschlagen wird.

c UM DEM JAMMER DER SCHLACHTHÖFE TROST ZU SPENDEN, VERLASSEN DIE SCHWARZEN STROHHÜTE IHR MISSIONSHAUS JOHANNAS ERSTER GANG IN DIE TIEFE

Vor dem Haus der Schwarzen Strohhüte

JOHANNAan der Spitze eines Stoßtrupps der Schwarzen Strohhüte:

In finsterer Zeit blutiger Verwirrung

Verordneter Unordnung

Planmäßiger Willkür

Entmenschter Menschheit

Wo nicht mehr aufhören wollen in unseren Städten die Unruhen:

In solche Welt, gleichend einem Schlachthaus

Herbeigerufen durch das Gerücht drohender Gewalttat

Damit nicht rohe Gewalt des kurzsichtigen Volkes

Zerschlag das eigene Handwerkszeug und

Zertrample den eigenen Brotkorb

Wollen wir wieder einführen

Gott.

Wenig berühmt nur mehr

Fast schon berüchtigt

Nicht mehr zugelassen

An den Stätten des wirklichen Lebens:

Aber der Untersten einzige Rettung!

Drum haben wir uns entschlossen

Für ihn die Trommel zu rühren

Auf daß er Fuß fasse in den Quartieren des Elends

Und seine Stimme erschalle auf den Schlachthöfen.

Zu den Schwarzen Strohhüten

Und dies unser Unternehmen ist sicher

Das letzte seiner Art. Letzter Versuch also

Ihn noch einmal aufzurichten in zerfallender Welt, und zwar

Durch die Untersten.

Sie marschieren mit Getrommel weiter.

d VON MORGENS BIS ABENDS ARBEITETEN DIE SCHWARZEN STROHHÜTE AUF DEN SCHLACHTHÖFEN, ABER ALS ES ABEND WURDE, HATTEN SIE SO GUT WIE NICHTS ERREICHT

Vor den Lennoxschen Fleischfabriken

EIN ARBEITER: Sie machen wieder eine große Schiebung am Fleischmarkt, heißt es. Bis die vorbei ist, müssen wir eben warten und Kohldampf schieben.

ANDERER ARBEITER: In den Kontoren ist Licht. Da rechnen sie den Profit aus.

Die Schwarzen Strohhüte kommen. Sie stellen ein Schild auf, auf dem „Übernachten 20 cts“, „mit Kaffee 30 cts“ steht.

DIE SCHWARZEN STROHHÜTEsingen:

Obacht, gib Obacht!

Wir sehen dich, Mann, der versinkt

Wir hören dein Geschrei um Hilfe

Wir sehen dich, Frau, die winkt.

Haltet die Autos an, stoppt den Verkehr!

Mut, ihr versinkenden Leute, wir kommen, schaut her!

Du, der du untergehst

Sieh uns, oh, sieh uns, Bruder, bevor du untergehst!

Wir bringen dir zu essen

Wir haben nicht vergessen

Daß du noch draußen stehst.

Sag nicht, es hilft nichts, denn jetzt wird es anders

Das Unrecht dieser Welt kann nicht bestehn

Wenn alle mit uns kommen und marschieren

Und kümmern sich um nichts und helfen gehn.

Wir werden auffahren Tanks und Kanonen

Und Flugzeuge müssen her

Und Kriegsschiffe über das Meer

Um dir, Bruder, einen Teller Suppe zu erobern.

Denn ihr armen Leute

Ihr seid eine große Armee!

Drum muß es sein noch heute

Daß jeder euch beisteh!

Vorwärts marsch! Richt euch! Zum Sturm an das Gewehr!

Mut, ihr versinkenden Leute, wir kommen, schaut her!

Schon während des Singens verteilen die Schwarzen Strohhüte ihr Traktätchen „Der Schlachtruf“, Löffel, Teller und Suppe. Die Arbeiter sagen „danke“ und hören nunmehr Johannas Rede zu.

JOHANNA: Wir sind die Soldaten des lieben Gottes. Wegen unserer Hüte nennt man uns auch die Schwarzen Strohhüte. Wir marschieren mit Trommeln und Fahnen überall hin, wo Unruhe herrscht und Gewalttaten drohen, um an den lieben Gott zu erinnern, den sie alle vergessen haben, und ihre Seelen zu ihm zurückzubringen. Soldaten nennen wir uns, weil wir eine Armee sind und auf unserem Marsch kämpfen müssen mit dem Verbrechen und dem Elend, jenen Mächten, die uns nach unten ziehen wollen. Sie fängt an, selbst die  S u p p e  auszuteilen. So, jetzt eßt mal die warme Suppe, und dann wird sich alles gleich wieder ganz anders anschauen, aber denkt gefälligst auch ein wenig an den, der euch die Suppe bescheret. Und wenn ihr so nachdenkt, dann werdet ihr sehen, daß das überhaupt die ganze Lösung ist: Oben streben und nicht unten streben. Oben sich nach einem guten Platz anstellen und nicht unten. Oben der erste sein wollen und nicht unten. Jetzt seht ihr ja, was für ein Verlaß auf das irdische Glück ist. Gar keiner. Das Unglück kommt wie der Regen, den niemand machet und der doch kommt. Ja, woher kommt euer ganzes Unglück?

EIN ESSER: Von Lennox & Co.

JOHANNA: Der Herr Lennox hat jetzt vielleicht mehr Sorgen als ihr. Was verliert denn ihr? Das geht doch in die Millionen, was der verliert!

EIN ARBEITER: Kärglich schwimmt das Fett in dem Süppchen, aber viel gesundes Wasser enthält sie und nicht gespart ist die Wärme.

ANDERER ARBEITER: Haltet das Maul, ihr Schmausenden! Lauschet dem himmlischen Text! Denn sonst wird euch das Süppchen entzogen.

JOHANNA: Ruhe! Liebe Freunde, warum seid ihr wohl arm?

ERSTER ARBEITER: Na, erzähl’s uns mal.

JOHANNA: Ich will es euch sagen: nicht, weil ihr nicht mit irdischen Gütern gesegnet seid – das kann nicht jeder sein –, sondern weil ihr keinen Sinn für das Höhere habt. Darum seid ihr arm. Diese niederen Genüsse, nach denen ihr strebt, nämlich dieses bißchen Essen und hübsche Wohnungen und Kino, das sind ja nur ganz grobe sinnliche Genüsse, Gottes Wort aber ist ein viel feinerer und innerlicherer und raffinierterer Genuß, ihr könnt euch vielleicht nichts Süßeres denken als Schlagsahne, aber Gottes Wort ist eben doch noch süßer, ei, wie süß ist Gottes Wort! Das ist wie Milch und Honigseim, und bei ihm wohnet man wie in einem Palast aus Ophyr und Alabaster. Ihr Kleingläubigen, die Vögel unter dem Himmel haben keine Stellungsnachweise und die Lilien auf dem Felde haben keine Arbeit und er ernähret sie doch, weil sie lobsingen zu seinem Preis. Ihr wollt alle nach oben kommen, aber in was für ein Oben und wie wollt ihr hinaufkommen?! Und da sind es eben wir Schwarzen Strohhüte, die euch fragen, ganz praktisch: was muß einer haben, daß er überhaupt hochkommt?

ERSTER ARBEITER: Einen Stehkragen.

JOHANNA: Nein, keinen Stehkragen. Vielleicht braucht man auf Erden einen Stehkragen, damit man weiterkommt, aber vor Gott muß man noch viel mehr um haben, einen ganz anderen Glanz, aber da habt ihr nicht einmal einen Gummikragen um, weil ihr eben euren ganzen inneren Menschen vollständig vernachlässigt habt. Wie aber wollt ihr hinaufkommen, oder was ihr in eurem Unverstand so „hinauf“ nennt? Durch die rohe Gewalt? Als ob Gewalt jemals etwas anderes ausgerichtet hätte als Zerstörung. Ihr glaubt, wenn ihr euch auf die Hinterbeine stellt, dann gibt es das Paradies auf Erden. Aber ich sage euch: so macht man kein Paradies, so macht man das Chaos.

Ein Arbeiter kommt gelaufen.

DER ARBEITER:

Frei wurde eben ein Arbeitsplatz!

Drüben winkt er, der lohnende

In der fünften Fabrik!

Äußerlich ist er ein Abtrittsloch.

Lauft!

Drei Arbeiter lassen die vollen Teller stehen und laufen weg.

JOHANNA: Hallo, ihr, wo lauft ihr denn hin? Wenn man euch von Gott erzählt! Das wollt ihr nicht hören! Was?!

EIN MÄDCHEN VON DEN SCHWARZEN STROHHÜTEN:

Die Suppe ist aus.

DIE ARBEITER:

Das Süppchen ist aus

Fettlos war es und wenig, aber

Besser wie nichts.

Alle wenden sich ab und stehen auf.

JOHANNA: Ja, bleibt aber nur sitzen, das schadet gar nichts, die große himmlische Suppe nämlich, die geht nicht aus.

DIE ARBEITER:

Wann endlich werdet ihr

Aufmachen eure Schabekeller

Ihr Menschenmetzger?

Es bilden sich Gruppen.

EIN MANN:

Wie bezahl ich mein Häuschen jetzt, das schmucke feuchte

In dem wir zu zwölft sind? Siebzehn

Raten hab ich bezahlt und verfällt jetzt die letzte:

Werfen sie uns auf die Straße, und nimmermehr

Sehen wir den gestampften Boden mit dem gelblichen Gras

Und nie mehr atmen wir

Die gewohnte verpestete Luft.

EIN ZWEITER MANNin einem Kreis:

Da stehen wir mit Händen wie Schaufeln

Und Nacken wie Rollwagen und wollen verkaufen

Die Hände und Nacken

Und niemand erwirbt sie.

DIE ARBEITER:

Und unser Werkzeug, ein riesiger Haufen

Dampfhämmer und Kräne

Versperrt hinter Mauern!

JOHANNA: Ja, was ist denn? Jetzt wenden die sich einfach weg! So, habt ihr jetzt gegessen? Wohl bekomm’s und danke. Warum habt ihr denn bis jetzt zugehört?

EIN ARBEITER: Für die Suppe.

JOHANNA: Wir fahren fort. Singet!

DIE SCHWARZEN STROHHÜTEsingen:

Geht hinein in die Schlacht

Wo das Gewühl am stärksten ist!

Singet nur, singet mit Macht! Noch ist es Nacht!

Aber der Morgen kommt schon mit Macht!

Bald auch zu euch kommt der Herr Jesus Christ.

EINE STIMMEhinten: Bei Mauler gibt’s noch Arbeit!

Die Arbeiter bis auf wenige Frauen ab.

JOHANNAfinster: Packt die Musikinstrumente zusammen. Habt ihr gesehen, wie sie fortliefen, als die Suppe aus war!

Das erhebt sich nicht höher als

Bis zu einer Schüssel Rand. Das

Glaubt an nichts mehr, was es nicht

In seiner Hand hat – wenn’s an die Hand glaubt.

Lebend von Minute zu Minute unsicher

Können die sich nicht mehr erheben

Vom niedersten Boden. Denen

Ist nur mehr der Hunger gewachsen. Sie

Berührt kein Lied mehr, zu ihnen dringt

In solche Tiefe kein Wort.

Zu den Umstehenden

Wir Schwarzen Strohhüte kommen uns vor, als sollten wir mit unsern Löffeln einen hungernden Erdteil sättigen.

Die Arbeiter kommen zurück. Geschrei von fern.

DIE ARBEITERvorn: Was ist das für ein Geschrei? Ein riesiger Strom von Leuten aus der Richtung der Packhöfe!

STIMMEhinten:

Auch Mauler und Cridle schließen!

Die Maulerschen Fabriken sperren aus!

DIE ZURÜCKFLUTENDEN ARBEITER:

Laufend nach Arbeit, begegneten wir auf halbem Wege

Einem ganzen Strom von Verzweifelten

Die ihre Arbeit verloren hatten und

Uns nach Arbeit fragten.

EIN ARBEITERvorn:

Wehe! Auch von dort kommt ein Zug Menschen!

Unübersehbar! Auch Mauler

Hat geschlossen. Wohin mit uns?

DIE SCHWARZEN STROHHÜTEzu Johanna: Komm jetzt mit. Wir sind durchfroren und naß und müssen essen.

JOHANNA: Dann will ich aber wissen, wer an all dem schuld ist.

DIE SCHWARZEN STROHHÜTE:

Halt! Misch dich nicht ein da! Sicherlich

Schreien sie dir die Ohren voll. Nur mit Niedrigem

Ist ihr Sinn angefüllt! Faulenzer sind es!

Gefräßig und arbeitsscheu und von Geburt an

Bar jeder höheren Regung!

JOHANNA: Nein, ich will’s wissen. Zu den Arbeitern: Jetzt sagt mir: warum lauft ihr hier herum und habt keine Arbeit?

DIE ARBEITER:

Der blutige Mauler liegt in einem Kampf mit

Dem geizigen Lennox, und darum hungern wir.

JOHANNA:

Wo wohnt der Mauler?

DIE ARBEITER:

Dort, wo das Vieh verhandelt wird, in

Einem großen Gebäude, der Viehbörse.

JOHANNA:

Dort will ich hingehn, denn

Ich muß es wissen.

MARTHAeine von den Schwarzen Strohhüten:

Misch dich nicht hinein da! Wer viel fragt

Kriegt viele Antworten.

JOHANNA:

Nein, diesen Mauler will ich sehen, der solches Elend verrichtet.

DIE SCHWARZEN STROHHÜTE:

Dann sehen wir schwarz für dein weiteres Schicksal, Johanna.

Nicht misch dich in irdischen Zank!

Dem Zank verfällt, wer sich hineinmischt!

Seine Reinheit vergeht schnell. Bald

Vergeht vor der alles beherrschenden Kälte seine

Wenige Wärme. Die Güte verläßt ihn, der den schützenden

Ofen flieht.

Von Stufe zu Stufe

Nachstrebend nach unten, der dir nimmer werdenden Antwort zu

Wirst du verschwinden in Schmutz!

Denn nur Schmutz wird gestopft in die Münder

Der ohne Vorsicht Fragenden.

JOHANNA: Ich will’s wissen.

Die Schwarzen Strohhüte ab.