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Die erste ungekürzte Ausgabe des Romans "Lady Chatterleys Liebhaber" erschien in Großbritannien 1961, 33 Jahre nach der Erstausgabe. Die Publikation wurde erst durch einen der spektakulärsten Prozesse der Literaturgeschichte möglich: 35 prominente Zeugen aus Medien, Kirche und Literatur unterstützten den englischen Penguin-Verlag. Der Verlag, der die Herausgabe des Romans plante, war zuvor wegen des Vorwurfs der beabsichtigten Verbreitung pornografischer Schriften angeklagt worden. Es folgte ein Freispruch, der das Publikationsverbot aufhob. Darin sahen Anhänger des Buchs nicht nur die Zensur beseitigt, sondern auch die Kunst von bürgerlichen und moralischen Zwängen befreit.
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Walter Brendel
Die Krone gegen Penguin
Der Prozess der Lady Chatterley
Texte: © Copyright by Walter Brendel Umschlag:© Copyright by Walter Brendel
Verlag:Brokatbook Verlag Dresden Gunter Pirntke
Gunter Pirntke
Altenberger Straße 47 01277 Dresden
Inhalt
Einleitung
Worum es geht beim Prozess?
Erster Verhandlungstag. Die Anklage hat das Wort
Lawrence, der Visionär
Zweiter Verhandlungstag. Die Zeugenbefragung
1928. Autobiografische Skizzen.
Dritter Verhandlungstag
Vierter Verhandlungstag
Fünfter Verhandlungstag
Sechster Verhandlungstag. Das Urteil
Die Buchbeschreibung
Zusammenfassung
Quellen
Bücher haben es manchmal schwer. Sie bündeln die Macht der Worte und lösen so manchen Skandal aus. Vordergründig, weil sie so manches Tabu brechen. Doch meist geht es dabei um tiefgreifende gesellschaftliche Strukturen, um neue Ideen. So auch 1960, als in England der 1928 entstandene Roman "Lady Chatterley" von D.H. Lawrence erschien. Die Gegner argumentierten mit Moral und verteidigten doch ihre Privilegien.
„Pornografisch“ nannten die prüden englischen Kritiker David Herbert Lawrence’ Roman Lady Chatterleys Liebhaber kurz nach seinem Erscheinen im Jahr 1928. Und wirklich war das Vokabular für die damalige Zeit sehr freizügig und vor allem sehr eindeutig. Aufgeklärte Leser von heute werden von den erotischen Finessen des Buches kaum noch schockiert sein, eher wirkt der stellenweise allzu pathetische Stil unfreiwillig komisch. Der Autor schwankt zwischen Naturphilosophie, Sozialromantik und gesellschaftlichem Realismus. Er wird nicht müde, die Natur zu verherrlichen und die Industrie zu verdammen. Lawrence hat seine Geschichte der Lady Chatterley in 19 kurze Kapitel aufgeteilt. Das Ende bleibt offen, der Leser erfährt nicht, wie die nicht standesgemäße Romanze ausgeht. Dialoge und Briefe unterbrechen häufig den Erzählfluss und deuten wichtige Veränderungen an. Der Radius der Hauptfiguren ist begrenzt, die Handlung beschränkt sich auf wenige Orte. Heute ist der Roman vor allem als literaturhistorisches Dokument interessant, weil er wie kaum ein anderes belletristisches Buch in den Giftschrank gesperrt worden ist und von der staatlichen Zensur betroffen war.
Die britische Krone strengt auf der Grundlage des „Gesetzes über obszöne Publikationen“ einen Prozess gegen den Verlag Penguin an. Das Ziel – der Druck des Romans „Lady Chatterley“ soll untersagt werden und das Buch in Großbritannien weiter verboten bleiben. In der Begründung heißt es, die Geschichte von Lady Chatterley und dem Wildhüter sei „aufrührerisch, skandalös und pornographisch!“ Sechs Tage dauert der Prozess. Dieser wird für die Kläger zum Desaster. Lady Chatterley ist fortan eine Heldin der sexuellen Revolution.
Als Constance Chatterley in den Armen ihres Wildhüters die Lust entdeckt, verstößt sie gegen die Moral und die gesellschaftlichen Normen ihrer Zeit. Vor allem aber entdeckt sie ihre eigene Stärke, entkommt ihrem Schicksal und nimmt ihr Leben in die Hand – eine Emanzipationsgeschichte. Die Zensoren hingegen reduzierten den Roman auf die anrüchige Geschichte einer wollüstigen außerehelichen Beziehung.
1960 war das Buch in England noch immer verboten, als der Taschenbuchverlag Penguin beschloss, sich über die Zensur hinwegzusetzen und „Lady Chatterley’s Lover“ zu veröffentlichen. Aber was ist obszön an einer mutig-radikal formulierten Darstellung von geschlechtlicher Liebe?