Die Liebeslieder von W.E.B. Du Bois - Honorée Fanonne Jeffers - E-Book
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Die Liebeslieder von W.E.B. Du Bois E-Book

Honorée Fanonne Jeffers

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Beschreibung

»Ein triumphales Debüt über Schwarze Geschichte und das Aufwachsen im Süden der USA.« New York Times Book Review

Ailey Pearl Garfield ist vorlaut, und sie weiß, was sie will. Jeden Sommer reist das Mädchen nach Chicasetta, Georgia, wo die Familie ihrer Mutter seit Jahrhunderten lebt. Ihre Großmutter wohnt dort in dem Haus, das früher dem Besitzer der Baumwollplantage Wood Place gehörte. Um ihren Platz in der Welt zu finden, muss Ailey die verschlungene Geschichte ihrer Familie verstehen. Denn sie trägt das Erbe der Unterdrückung und des Widerstands, der Sklaverei und der Selbstermächtigung in sich – ein Erbe, so widersprüchlich und lebendig wie Amerika.

Die Liebeslieder von W.E.B. Du Bois ist ein gewaltiges Epos über das wahre, bunte Amerika. Honorée Fanonne Jeffers erzählt die Geschichte von Ailey Pearl Garfield, einer vor Leben sprühenden, selbstbewussten und witzigen Frau, und mit ihr über vierhundert Jahre amerikanischer Geschichte.

»Jeffers feiert Schwarze Frauen als brillante Überlebende, die gerade durch ihre Geschichte Freude und Genie verkörpern.« The Observer

»Ein kraftstrotzender und zärtlicher Coming-of-Age-Roman.« Time

»Erstaunlich ... Ein großes Werk, durchdrungen von Liebe und Wahrhaftigkeit.« Alice Walker

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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((bei fremdsprachigem Autor:))

Aus dem amerikanischen Englisch von Maria Hummitzsch und Gesine Schröder

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel The Love Songs of W. E. B. Du Bois bei Harper, einem Imprint von HarperCollins Publishers, New York.

Die Arbeit der Übersetzerinnen am vorliegenden Text wurden vom Deutschen Übersetzerfonds gefördert im Rahmen des Programms NEUSTART KULTUR der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

ISBN 978-3-492-60277-8

© Honorée Fanonne Jeffers 2021

© Piper Verlag GmbH, München 2022

Covergestaltung: Cornelia Niere nach einem Entwurf von Sara Wood

Coverillustration: Sara Wood

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

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Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Widmung

Zitat

Song

* * *

I

Traum und Bruch

Definitionen von Arroganz

Song

* * *

II

Nur das Beste wollen

Erlaubnis zum Rückzug

Jingle Bells, verdammt

Song

* * *

III

Tiefer Süden

Tiere im Garten

Alles Gute zum Geburtstag

Pekannussbäume und anderes mehr

Eine abgeänderte Geschichte

Song

* * *

IV

Magie unter Bros

Laut singen wir deinen Lobgesang

Meine Fresse: Liberté, Égalité, Fraternité

An diesem Ort

Feminismus, Womanismus und der ganze Kram

V

This Bitter Earth

You Made Me Love You

Don’t Let Me Lose This Dream

A Change Is Gonna Come

Do Right Woman, Do Right Man

VI

Die Debatte

Founder’s Day

Die Dreckigen Dreißig

Familientreffen

Ich habe Hunger

Alle außergewöhnlichen Menschen

Nguzo Saba

Song

* * *

VII

For You to Love

The Night I Fell in Love

Till My Baby Comes Home

My Sensitivity Gets in the Way

A House Is Not a Home

The Other Side of the World

VIII

Die Melodie halten

Solange es dir darüber hinweghilft

Ich brauche mein eigenes Auto

Duschen und beten

Du kannst stolz sein

Song

* * *

IX

Welche Negroes kennst du?

Mammys, oder: Genau so führen die sich in Harlem auf

Umoja, Youngblood

Song

* * *

X

Die eigentümliche Institution der Sklaverei

Erste Person Plural

Der Thrilla in Manila

Durch meine Unterschrift beglaubigt

Meine Zeit als Schwarze Frau

Song

* * *

XI

Wer erinnert sich daran?

Noch mehr Weiße

Mamas Bibel

Wie Agatha Christie

Nicht überstürzt

Jede Kraft

Die Stimmen von Kindern

Danksagung

Archivarische Coda

Stammbäume

Glossar

Nachbemerkung der Übersetzerinnen

»Mama says I have to talk better.«

Zum Umgang mit African American Vernacular English

»Ain’t a nice thing to call nobody.«

Amerikas sprachliches Erbe

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Literaturverzeichnis

Für James William Richardson jr.und Sidonie Colette Jeffers:Bruder und Schwester,Herz und Seele

Und für meine Mutter,Dr. Trellie Lee James Jeffers,der ich unser Land verdankeund unsere Leute

Sie, die im Finstern wandelten, sangen Lieder in den alten Zeiten – Klagelieder –, denn sie waren müde im Herzen. Und daher habe ich jedem Gedanken, den ich hier niederschreibe, eine musikalische Phrase vorangestellt, ein bleibendes Echo dieser magischen alten Lieder, aus denen die Seele des schwarzen Sklaven zu den Menschen sprach. Von Kindesbeinen an haben diese Gesänge mich seltsam berührt. Sie kamen einer nach dem anderen aus dem Süden, der mir fremd war, und doch erkannte ich sofort, dass sie zu mir gehörten und zu den Meinen.

W. E. B. Du Bois, »Sorrow Songs«

Song

* * *

Wir sind die Erde, das Land. Die Zunge, die spricht und die stolpert über die Namen der Toten, wenn sie sich herantraut an die Ahnen einer Frau und an ihre Geschichten. An ihre Vorfahren, ihren Boden, ihre Bäume, ihr Wasser.

Wir kannten diese Frau, ehe sie eine wurde. Wir kannten sie, ehe sie auf die Welt kam: Wir sangen für sie schon im Leib ihrer Mutter. Wir sangen damals, und wir singen heute.

Wir riefen diese Frau durch die Jahre zurück an unsere frühe Stätte, zu hellen Trieben, die mit den Zeiten wachsen. Wir kennen all ihre durchmischten Ahnen. Wie sie begannen – als heilige, gesummte Verse. Und nun gehen wir durch die Jahrhunderte zurück zum Beginn ihrer Linie, in ein Dorf namens Der-Ort-zwischen-den-hohen-Bäumen. Und wir erzählen von einem Jungen, dem Kind, das in unserem Land alles verändern wird.

Halt.

Wir wissen, dass ihr Fragen habt, zum Beispiel: Wenn wir von den Ahnen einer Frau erzählen, warum beginnen wir dann mit einem Jungen? Und ihr staunt, wenn wir erwidern, wir hätten mit einem Vogelruf beginnen können, mit einem Maisblatt. Mit einem Kiefernzapfen, einem Fädchen Grün. All diese Dinge bringen uns, ganz egal, ob wir sie erwähnen, zu der Ahnenlinie dieser Frau zurück. Doch da unsere Geschichte keiner geraden Spur folgt – wir durchstreifen Orte diesseits und jenseits des Wassers –, halten wir uns umso fester an die Richtschnur der Zeit. An ihn, der als Erster dort im Wald an einem hohen, grasbewachsenen Hügel vorbeiging – und auch wir haben Fragen, denn trotz unserer Einsicht sind wir nicht allwissend.

Und so fragen wir: Wenn ein Kind das Gesicht seiner Mutter vergisst, schmeckt es dann noch ihre Milch? Weiß es noch von dem Wasser in ihrem Innern? Kennt ihr die Antworten auf diese Fragen? Nein, und wir auch nicht. Lasst euch dennoch gesagt sein, dass viele Kinder in Frauen ihren Anfang nehmen, und eben deshalb ist es vollkommen in Ordnung, dass wir mit einem Jungen beginnen.

Und so fahren wir fort.

Der Junge namens Micco

Der Junge lebte auf unserem Land. Hier, in einem Dorf der Creek zwischen den breiten Landstrichen zu beiden Seiten des Ocmulgee und des Ogeechee River, unweit des Oconee, der zwischen ihnen dahinkroch. Obwohl Micco unter den Kindern seines Dorfes Spielgefährten hatte, war er ein unglücklicher kleiner Junge, denn er spürte, wie drei Paar Hände an ihm zerrten. Immer wenn dieses Zerren anfing, fühlte Micco sich elend und verwirrt.

Da waren die Hände des Vaters, eines schottischen Hirschfellhändlers namens Dylan Cornell. Da waren die Hände seiner Mutter Nila, einer Creek aus dem Windclan, dem angesehensten Clan ihres Dorfes. Die Eltern des kleinen Jungen waren am Leben, aber die Hände, die am stärksten an ihm zerrten, gehörten einem, der wahrscheinlich tot war, wenngleich das niemand mit Sicherheit wusste. Es waren die Hände des Vaters seiner Mutter, eines Mannes, der eines Tages plötzlich im Dorf erschien.

Es war die Zeit nach 1733, nach der Ankunft James Oglethorpes und seines Schiffes voller englischer Kleinkrimineller, die er seine »würdigen Armen« nannte. Sie gehörten zu denen, die für das Stehlen eines Apfels oder Brotlaibs oder für andere Geringfügigkeiten zum Tode oder zur Zwangsarbeit verurteilt worden waren.

Als Oglethorpe unsere Küste erreichte, meinte er, einen Gefährten in Tomochichi zu finden, dem Anführer der Yamacraw, eines weiteren Stammes auf unserem Land.

Doch Oglethorpe hatte keinen Freund gefunden. Und auch Tomochichi hatte keinen Freund gefunden. Stattdessen begegnete ihm ein pragmatischer Weißer, der im Namen seines englischen Königs vor Anker gehen und eine neue Kolonie gründen wollte. Tomochichi waren schon andere weiße Männer begegnet, daher hoffte er auf einträglichen Handel, eine etablierte Einkommensquelle. Seit über hundert Jahren folgten Engländer den Pfaden nach Norden und Süden, nach Osten und Westen. Zwar war Tomochichi ein kluger Anführer, dem Oglethorpes Gier vermutlich nicht entging, doch er ahnte nicht, was folgen sollte: Sünde.

Denn die Ursünde dieses Landes war nicht Sklaverei. Es war Gier, und sie war nicht aufzuhalten. Immer mehr weiße Männer sollten kommen und begehren. Und sie sollten die von ihnen versklavten Afrikaner in unser Land verschleppen. Die weißen Männer säten Elend unter denen, die sich gegen ihre Ketten wehrten. Diese Weißen peitschten und peinigten und erniedrigten diese Afrikaner. Sie sollten deren Kinder verkaufen und Familien zerreißen. Und diese Weißen, die Oglethorpe mitgebracht hatte, diese Männer, die im eigenen Land, von ihrem eigenen König geknechtet worden waren, vergaßen das Elend, das sie hinter sich gelassen hatten, die Armut und Ungewissheit. Und sie ließen dieses Elend wiederauferstehen und gaben es an die Afrikaner weiter.

Und nun gehen wir noch weiter zurück.

Der Großvater des Jungen

Der junge Mann, der später Miccos Großvater wurde, mochte achtzehn oder neunzehn Jahre alt sein, als er neben dem hohen Hügel erschien, der den Eingang zum Ort-zwischen-den-hohen-Bäumen markierte.

Der junge Mann ging barfuß, und seine Fußsohlen waren dick und rissig. Sein graues Hemd und seine Hose waren zerknittert, und selbst wer weit entfernt stand, bemerkte ihren modrigen Geruch – kein Wunder, denn als man ihn auf Englisch fragte, wie er zu ihrem Dorf gelangt sei, sagte er bloß, er sei zu Fuß gegangen und an einen Fluss gekommen. Dann sei er hungrig geworden und habe versucht, vom Ufer aus einen Wels zu fangen, sei aber ins Wasser gefallen. Er redete mit Händen und Füßen, mit weit ausholenden Gesten und reger Miene – erst recht, als er von seinem Sturz erzählte –, und die Dorfbewohner lachten. Doch er wollte niemanden reizen. Er stimmte in ihr Gelächter ein.

»Wo kommst du her?«, fragte einer der Dorfältesten.

»Von dort drüben.« Der junge Mann zeigte ins Ungefähre. Er lächelte noch ein wenig, und als der Älteste ihm die nächste Frage stellte – wo er hinwolle –, sagte der junge Mann, sein Weg führe ihn nach Süden.

»Ach, tatsächlich?« Der Älteste sah weise zu dem Rest der Gruppe hinüber, und die anderen Männer erwiderten seinen Blick.

Dann wurde weiter geredet und weiter gefragt. Doch als der Fremde erzählte, ein sehr kleiner Mann, so klein wie ein Kind, habe ihn aus dem Fluss gezogen und ihn durch den Wald zum Hügel am Dorfrand gebracht, sei dann aber plötzlich verschwunden, warf der Älteste den Männern einen anderen, überraschten Blick zu. Denn das – das änderte alles. Also steckten der Älteste und seine Begleiter die Köpfe zusammen und flüsterten in ihrer eigenen Sprache, und der junge Mann lächelte und nickte, als verstünde er die Wortfetzen, die er erhaschte. Er verstand überhaupt nichts. Die Ältesten berieten sich flüsternd darüber, was der junge Mann gemeint hatte, als er sagte, sein Weg führe ihn nach Süden.

Das war wichtig, denn der junge Mann, der den Weg in ihr Dorf gefunden hatte, war ein Negro.

Daher vermuteten die Ältesten, sein Weg führe ihn in das Gebiet, das die Spanier »Florida« nannten, und er sei auf der Suche nach einer bestimmten Gruppe von Seminolen. Die Leute im Ort-zwischen-den-hohen-Bäumen kannten sich aus mit den Seminolen, denn diese hatten einst zu den Creek gehört, bevor sie sich abgespalten und eine eigene Gemeinschaft gegründet hatten. Und diese Seminolen gewährten Negroes Schutz und nahmen sie in ihren Dörfern auf. Sie verpaarten sich auch mit den Negroes.

Wenn der junge Mann mit seiner modrigen Kleidung also zu den Seminolen unterwegs war, dann bedeutete das, er war nicht frei.

Noch war in dem Gebiet, das Oglethorpe besiedelt hatte, die Sklaverei nicht erlaubt – das sollte erst Jahre später kommen –, doch die Engländer und Schotten kannten Kniffe, um das Gesetz zu umgehen. Und einem jener durchtriebenen Männer gehörte dieser junge Negro, was bedeutete, dass womöglich jemand nach ihm suchen und dieser Jemand womöglich Ärger machen würde. Normalerweise hätten die Bewohner des Ortes-zwischen-den-hohen-Bäumen den jungen Mann ergreifen und nach Osten bringen sollen, auf die andere Seite des Oconee River, um von seinem englischen oder schottischen Besitzer eine Belohnung einzustreichen. Doch der Fremde hatte einen sehr kleinen Mann erwähnt, der ihn aus dem Fluss gezogen habe. Bedeutete das etwa, dass er einem von den »Kleinen« begegnet war? Wenn diese übernatürlichen Wesen sich zu zeigen beschlossen, war das eine sehr ernste Sache. Der kleine Mann wäre sicher nicht glücklich, wenn sie den von ihm Auserwählten verrieten.

Während die Ältesten sich berieten, ignorierten sie nach Kräften das Gekicher und die Rippenstöße der Frauen des Dorfes. Die Frauen musterten den jungen Besucher: Sehr groß war er nicht, aber ungewöhnlich gut aussehend. Er hatte eine hohe Stirn, und zwar, wie sich später herausstellte, von Natur aus – er zupfte sich nicht den Haaransatz wie manche Bewohner des Dorfes. Das krause Haar des jungen Mannes war nicht kurz. Er hatte nachtdunkle, glatte Haut. Seine Muskeln waren wohlproportioniert. Seine Zähne waren so hell wie Zuckermaiskörner, und wenn er lächelte, erfüllte sich sein ganzes Gesicht mit Wärme.

Die älteren Frauen schwelgten bei seinem Anblick in Erinnerungen an ihre Jugend, als sie während ihrer Blutung noch das Mondhaus besuchten, als ihre Brüste prall aufragten und an ihren Bäuchen keine Fettpolster hingen. Und die Jüngeren, die den Mond noch schauten, stellten sich vor, wie sie sich auf ihn schwangen und auf ihm ritten wie Krieger in der Schlacht.

Die Ältesten lösten ihren Zirkel auf, und ihr Wortführer fragte den jungen Mann, wie er heiße?

»Ich bin Coromantee«, sagte er.

Doch wir können euch verraten, dass der junge Mann log; das war nicht sein wirklicher Name.

Und wir können berichten, dass der junge Mann zwar auf unserem Land geboren wurde, seine Mutter aber jenseits des Wassers. Sie war in Afrika aus dem Leib ihrer Mutter gepresst worden, in einer Region, die die Engländer »Goldküste« nannten und wo sie seit vielen Jahren mit Sklaven, Reichtümern und Waren Handel trieben. Die Weißen hatten sich eine ihrer Verirrungen geleistet und die Afrikaner von der Goldküste »Coromantee« genannt. In zukünftigen Zeiten sollte niemand mehr nachvollziehen können, woher der Ausdruck kam oder weshalb die Weißen ihn erfunden hatten, sondern nur, dass sie beschlossen hatten, wie weiße Männer es mit Vorliebe tun, dass der einmal von ihnen gewählte Name galt. Und so hieß es, wenn die Weißen mit den Bewohnern der Goldküste Handel trieben: Coromantee. Wenn weiße Männer eine Frau aus der Region zur temporären Frau nahmen: Coromantee. Wenn sie die Menschen in die Verliese ihrer Sklavenfestungen an der Küste pferchten: Coromantee.

Wir können euch die Herkunftsgeschichte der Großeltern dieses jungen Mannes erzählen, und die Geschichte von deren Eltern, bis wir den Beginn dessen erreichen würden, was ihr als Zeit bezeichnet. Wir können vom Leben der Götter berichten – aber sagt selbst, wollt ihr euch nicht lieber diesem charmanten jungen Mann mit der schönen, nachtdunklen Haut zuwenden?

Er blieb länger als nur ein paar Tage im Dorf, denn jedes Mal, wenn der junge Mann ankündigte, nach Süden weiterreisen zu wollen, drängten ihn die Ältesten, noch zu bleiben. Sie wollten nicht, dass er ging. Wenn schottische Hirschfellhändler die Region bereisten, kam ihr Besuch nie überraschend, und als sie das nächste Mal ins Dorf einritten, hielten seine Bewohner den jungen Mann versteckt, denn er war ihnen ans Herz gewachsen. Irgendwann liebten und bewunderten sie ihn so sehr, dass eine Creek-Familie aus dem Pantherclan ihn adoptierte.

Und so erhielt der junge Mann den Namen »Coromantee-Panther«.

Von einem Onkel in seiner Adoptivfamilie erlernte er nach Sitte der Creek männliche Fertigkeiten. Er lernte, wie man mithilfe von Gift oder Netzen kleine Fische fangen konnte, und große Fische erbeutete er, indem er ihnen ins Maul griff. Den Schmerz ihrer Bisse musste er ertragen. Coromantee-Panther sagte seinem Onkel, er sei dankbar für diese Fertigkeiten, denn an dem Ort, von dem er geflohen sei, habe man nicht erlaubt, dass er lernte, für sich selbst zu sorgen. Mehr erzählte er nie darüber, und da Coromantee-Panther grüblerisch wurde, wenn die Rede auf die Zeit vor seiner Ankunft im Dorf kam, bedrängte ihn der Onkel nicht weiter.

Coromantee-Panther erwies sich als mutig. Einmal, auf der Jagd, stürzte sich ein Bär auf den Onkel, und dieser sagte später, ein roter Geist – ein Geist in der Farbe des Krieges – sei in seinen Neffen gefahren und habe ihm Kraft verliehen. Im selben Moment, als der Bär ihn ansprang, schwang sich Coromantee-Panther auf den Rücken des Tieres, schnitt ihm die Kehle durch und wälzte den Bären von seinem Onkel herunter, ehe ihn sein Gewicht erdrückte.

»Das war knapp, was?« Der Onkel spuckte etwas roten Schleim und lachte mit seinem adoptierten Neffen. Als sie den toten Bären in ihr Dorf brachten, bereitete die Familie ein Festmahl aus gebratenen Rippchen, und der Onkel pries Coromantee-Panthers Mut. Die Geschichte sollte man sich noch Jahre später erzählen. Allerdings bekam er keine Gelegenheit, sich im Kampf zu bewähren, denn das Dorf, in dem er lebte, galt als »weißes« Dorf, weil es sich dem Frieden verschrieben hatte. Es gab andere Siedlungen im Verbund der Creek, die auf Krieg setzten, und die nannte man die »roten« Dörfer. Junge Männer aus solchen Dörfern vergossen bedenkenlos Blut. Doch als Jäger brachte Coromantee-Panther regelmäßig mehr als genug Fleisch nach Hause und bewies damit, dass er eine Ehefrau versorgen konnte. Es gab auch etliche junge Frauen, die ihn heiraten wollten, obwohl sie wussten, dass er vermutlich ein Sklave gewesen war, und er noch immer davon sprach, das Dorf verlassen und nach Süden weiterreisen zu wollen.

In den nachfolgenden Zeiten sollte es weitere Negroes geben, die sich einen Namen machten, weitere Männer, in denen der Geist eines Kriegers steckte. Die sich mit Creek-Frauen vermählten und kräftige Kinder in die Welt setzten, und manche dieser Kinder sollten sich beweisen – Männer wie Ninnywageechee und Black Factor, Männer mit nachtdunkler Haut und buschigem Haar, die furchtlos vorpreschten und auf ehrenhafte Weise viel Blut vergossen.

Die Frau, die Coromantee-Panther letztlich heiraten sollte, war eine hochrangige Tochter des Windclans. Sie hatte starke Knöchel, schlanke Waden und eine betörende Lücke zwischen den Schneidezähnen. Mag sein, dass sie schön war, aber das sind alle jungen Frauen auf ihre Art, und darum soll es in unserer Geschichte nicht gehen. Wie jede Tochter trug sie einen Namen, den die Mutter ihr gegeben hatte, doch wir wollen sie »Frau-des-Windes« nennen.

Sie sicherte sich Coromantee-Panthers Aufmerksamkeit auf Umwegen, denn sie legte es nie darauf an, von ihm beachtet zu werden. Stattdessen weckte ihre Abwesenheit seine Neugier, und er begann, nach ihr Ausschau zu halten. Sie zu beobachten, wenn sie Fleisch zum Trocknen klein schnitt. Andere junge Frauen kamen zu Frau-des-Windes, um ihr zu sagen, Coromantee-Panther habe nach ihr gefragt. Einmal schaute sie von der Arbeit auf, als sie Mais mahlte, und da stand er vor ihr und lächelte sie an. Sie schämte sich für die Lücke zwischen ihren Zähnen; auch hielt sie zu viel Heiterkeit für ein Zeichen von Dummheit, und doch konnte sie nicht anders, als zurückzulächeln.

Obwohl der junge Negro von niedrigerem Rang war als Frau-des-Windes, überkamen sie ungeahnte Gefühle, als er ihr das Fell des von ihm erlegten Bären schenkte.

»Ich hege große Zuneigung zu dir«, sagte Coromantee-Panther. Seine Creek-Kenntnisse waren lückenhaft, doch diesen Satz hatte er mit seinem Adoptivonkel geübt. Als er sich die Hand auf die Brust legte und auf Frau-des-Windes wies, legte sie den Stößel beiseite. Sie nahm seine Hand und führte ihn tief in den Wald, wo sie sich auf das Bärenfell legten. Er war kein erfahrener Liebhaber, aber seine Aufrichtigkeit machte sein Unwissen wett. Er bereitete ihr großes Vergnügen in jener Nacht, und in den vielen Nächten, die noch folgen sollten.

Bald wurden Frau-des-Windes und Coromantee-Panther mit dem Segen ihres Clans vermählt, und er zog mit seinem Besitz in die Hütte ihrer Familie, wie es die Männer der Creek üblicherweise taten. Damals zumindest wurde es so gehalten, bevor sich alles verändern sollte.

Die Tochter einer mächtigen Verbindung

Die Hingabe der jungen Frau an Coromantee-Panther war groß, doch sie wollte ihn nicht an seiner Weiterreise nach Süden hindern. Als daher der Tag kam, an dem er endlich doch das Dorf verließ – dreiundzwanzig Monde nach seiner Ankunft –, als die Ältesten ihm ein Pferd und Proviant gaben und ihn gelehrt hatten, mithilfe von Zeichen in der Rinde der Bäume jene Dörfer zu finden, die ihm freundlich gesinnt waren, sagte Frau-des-Windes Coromantee-Panther nicht, dass sie seine Saat im Leib trug. Sie schenkte ihre Liebe stattdessen den Zwillingen, die sie gebar, einem Jungen und einem Mädchen. Das Mädchen hieß Nila. Der Junge trug den Namen Bushy Hair. Beide Kinder hatten das mutige, rote Herz ihres Vaters, bewahrten sein Erbe jedoch auf sehr unterschiedliche Weise.

Mit der Zeit wuchsen die Zwillinge heran, und Frau-des-Windes wurde von Männern aus den anderen Clans im Dorf umworben. Sie war nicht nur ihres Status wegen begehrt, sondern auch, weil sie Coromantee-Panthers einzige Frau gewesen war, die er noch dazu innig geliebt hatte. Am Tag seines Aufbruchs hatte er sich an sie geklammert und geweint, bis Frau-des-Windes ihn fortschob und sagte, er solle nach Süden reiten. Er solle seine Freiheit erlangen, und sie werde ihn nie vergessen, und Coromantee-Panther hatte sich auf den bloßen Rücken des Pferdes geschwungen, das die Ältesten ihm für die Reise überlassen hatten. Frau-des-Windes sollte sich nie wieder vermählen oder verpaaren.

Eine solche Frau musste etwas ganz Besonderes sein, und als die Tochter von Frau-des-Windes heranwuchs, hatte auch Nila viele Verehrer. Sie war im Dorf eine Ausnahmeerscheinung, eine ungewöhnliche Schönheit. Nila besaß die dunkelbraune Haut ihres Vaters, sein krauses Haar und seine Wärme. Von ihrer Mutter hatte sie die bezaubernde Lücke zwischen den Schneidezähnen und den hohen Rang. Immer wieder kamen junge Männer aus ihrem Dorf und aus anderen, benachbarten Dörfern zu Nila und warben mit Fleisch oder gegerbten Hirschfellen um ihre Gunst, doch Nila wollte sich mit keinem gewöhnlichen Mann vermählen. Sie war hochmütig, und Eitelkeit war ihre Schwäche. Nila hatte zu oft zu hören bekommen, wie außergewöhnlich sie sei; mit ihr als Kind von Coromantee-Panther und Frau-des Windes könne sich niemand messen. Erst als ein gut aussehender blonder Schotte namens Dylan Cornell auf der Suche nach Handelspartnern das Dorf besuchte, nahm Nila dessen Heiratsantrag an.

Frau-des-Windes versuchte es zu verhindern; sie erzählte ihrer Tochter, sie habe einen schlimmen Traum über Dylan Cornell gehabt, doch Nila wollte nichts davon hören. Erst nach ihrer Heirat mit dem Weißen begann sie, die weise Voraussicht des mütterlichen Traums zu begreifen. Dylan erklärte, er werde nicht in Nilas Dorf ziehen, wie es die Männer der Creek taten, und er werde sie nur alle drei Monde besuchen. Auch erfuhr sie von ihm, dass er eine weitere Ehefrau hatte, eine Weiße, die auf der anderen Seite des Oconee River in einer Siedlung mit lauter anderen Weißen lebte. Als Nila erwiderte, sie werde mit ihm ziehen; sie habe nichts dagegen, das Haus mit einer anderen Frau zu teilen, solange alle in Frieden lebten, lachte er sie aus. Er sagte zu Nila, sie sehe aus wie eine Negro. Auf die andere Seite des Oconee könne er sie allenfalls als seine Sklavin mitnehmen, denn in Nilas Kindheit hatte sich in Oglethorpes Siedlungsgebiet das Gesetz geändert: Negroes als Sklaven zu halten war jetzt erlaubt.

Nila konnte es nicht fassen, dass ihr Ehemann sie mit einer Sklavin verglich. Ihr Herz füllte sich mit rotem Zorn – das Erbe ihres Vaters Coromantee-Panther –, und ihr Atem pfiff durch die Lücke zwischen ihren Zähnen. Nila setzte Dylan den Finger auf die Brust und sagte ihm unverhohlen die Meinung, und ihr Ehemann schlug sie.

Erschrocken legte sie sich die Hand auf die Wange, doch ihr Herz blieb rot. »Ich an deiner Stelle würde nicht zu tief schlafen, Dylan Cornell. Denn ich werde dein Gehänge mit Kohlen verbrennen. Und beim Essen solltest du auch aufpassen. Ich werde dich vergiften wie einen Stör.«

Doch Nila hielt nicht Wort. Weder brandmarkte sie ihren Ehemann, noch tötete oder vergiftete sie ihn, denn er pirschte sich an sie heran und bat um Vergebung. Er strich ihr über das krause Haar und sagte, er wisse nicht, was über ihn gekommen sei, und Nilas roter Zorn verblasste, bis sie einwilligte, sich zu ihm zu legen. So war es fortan jedes Mal, wenn Dylan sie bei seinen Besuchen im Westen schlug. Er gaukelte Nila vor, er habe sich gebessert, und sie glaubte ihm bis zu dem Moment, da er wieder zuschlug und ihr Beschimpfungen an den Kopf warf, die mit »schwarz« anfingen. Dylan nannte sie eine »schwarze Hure« oder einen »schwarzen Teufel«. Er sagte, sie sehe aus wie eine Sklavin.

Doch in dieser ersten Zeit hegte Nila noch immer Hoffnung, und als sie schwanger wurde, war Dylan zärtlich zu ihr. Ihr Kind wurde zwischen zwei Besuchen von ihm geboren. Als er wiederkam, erlaubte sie Dylan, den Jungen in »Jonathan« umzubenennen, obwohl sie ihm den Namen »Micco« gegeben hatte. In den Monaten nach seiner Geburt folgten zwei weitere Besuche ohne Schläge, und Nila sagte sich, die Zeit habe ihren Ehemann verwandelt. Aber beim nächsten Besuch, der Junge konnte inzwischen laufen, schlug Dylan sie wieder, und es war schlimmer als zuvor.

Nila wagte es nicht, irgendjemandem anzuvertrauen, was sie von ihrem schottischen Ehemann erdulden musste, am wenigsten Bushy Hair, der seine Zwillingsschwester als Erstgeborener stets beschützte. Ihr Hochmut verbot ihr zuzugeben, dass sie auf den Traum ihrer Mutter hätte hören sollen. Sie behielt ihre Scham für sich, denn sie wollte nicht, dass die Leute sich über ihre Familie lustig machten, dass sie einander staunend erzählten, die außergewöhnliche Tochter von Coromantee-Panther und Frau-des-Windes hätte sich an einen Weißen verschleudert, der sie schlug.

Nila lernte, die Arme zu heben und die Schläge abzufangen, damit sich auf ihrem Gesicht keine Blutergüsse zeigten. Sie lernte, darauf zu hoffen, dass Dylan nicht mehr alle drei Monde wiederkehrte, doch er besuchte sie weiter. Manchmal hatte sie Glück und befand sich im Mondhaus, wenn er kam, denn Dylan wusste nicht, wie er die Tage hätte abzählen sollen, um die Zeit ihres monatlichen Rückzugs zu meiden. Doch dann wiederum hatte sie Pech und erduldete seine Umarmungen, denn Dylan zwang sich ihr gewaltvoll auf. Nila trank einen Aufguss aus den Samen der Wilden Möhre, um nicht noch einmal von ihm schwanger zu werden. Wenn das nicht half, bereitete sie einen weiteren Aufguss aus den Wurzeln der Haselwurz, um die Frucht ihres Leibes auszustoßen, oder kochte als letzten Ausweg die Früchte der Kermesbeere.

Der Zwischenfall mit dem Cracker

Nilas einziger Sohn wuchs rasch heran, doch Micco sah weder wie ein Negro aus noch wie ein Creek oder Schotte. Sein Haar war dunkel, aber nicht kraus; es ringelte sich zu dichten Locken. Ab seinem vierten Lebensjahr dunkelte seine Haut nach und wurde pekannussbraun. Von Dylan Cornell, der nur noch alle sechs Monde zu Besuch kam, hatte er sich dessen Selbstsucht abgeschaut. Die Creek wussten noch nichts von Türschlössern oder dass man mit Nahrung und Alltagsdingen geizen konnte – das sollte viel später kommen –, doch Dylans Sohn erbte von seinem Vater die Liebe zum Besitz. Wenn andere Kinder in der Hütte nach etwas griffen, das Micco gehörte, riss er es ihnen aus der Hand.

»Meins! Meins!«, schrie der Junge.

Bald war Micco ein einsames Kind, denn die anderen begannen ihn zu meiden, und für einen Jungen, der älter als vier oder fünf war, gehörte es sich nicht mehr, die Nähe der Mutter oder der anderen Frauen zu suchen. So inständig Micco auch die Besuche seines weißen Vaters herbeisehnte, bekam er doch auch von ihm kaum Beachtung, außer wenn sein Vater darauf bestand, Micco solle lesen lernen, damit er sich die Worte aneignen könne, die den Weißen neben ihren Gesetzen am wichtigsten waren: das Buch, das Dylan die Bibel nannte. Diese Lektionen bedeuteten dem einsamen kleinen Jungen so viel, dass er sich abwandte, wenn der Vater seine Mutter schlug, und ihr Schluchzen zu ignorieren versuchte. Er lag am Fuß der Bettstatt, auf der seine Eltern schliefen, und tat, als hörte er nicht, dass Dylan sich Nila aufzwang und sie ihn traurig anflehte, aufzuhören, denn Micco lebte nur für den nächsten Morgen, wenn der Vater ihn grob mit dem Fuß anstieß und zu ihm sagte: »Guten Morgen, Junge.« Es war nicht viel, aber Micco klammerte sich an diese Zeichen der Zuneigung, weil sich Kinder nach der Liebe ihrer Eltern sehnen.

Miccos einziger Freund war sein Onkel Bushy Hair, der Zeit mit dem Jungen verbrachte, als er klein war, und ihn zum Mann ausbildete, als er heranwuchs. Diese Ausbildung lag nach der Sitte ihres Volkes in Bushy Hairs Verantwortung. Wie seine Schwester hatte Bushy Hair den Mut seines Vaters geerbt, und dazu seinen Charme und seine Güte. Er sprach mit dem Jungen und hörte ihm zu, als wäre er bereits erwachsen. Bushy Hair lachte Micco auch nicht aus, wenn dessen Pfeile tief fliegende Vögel oder langsame Hirsche verfehlten, und erhob nicht die Stimme, wenn Micco vom Flussufer davonrannte, weil ein Fisch ihn biss. Bushy Hair war geduldig. Als Micco endlich mit einem geraden Schuss einen fetten Vogel erlegte, als er die Bisse eines Fisches ertrug und die Beute an Land warf, lächelte Bushy Hair und sagte, gut gemacht, Neffe. Du bist ein großer Jäger. Und Micco spürte viel Liebe in sich.

Dieser Frieden, den Micco spürte, sollte aber bald gebrochen werden, denn in seinem fünfzehnten Jahr gab es Streit zwischen den Dorfbewohnern und einem Weißen, der sich auf ihrer Seite des Oconee River niedergelassen hatte. Die Dorfbewohner nannten ihn einen »Cracker«, nach dem trockenen Knallen der Peitsche, wenn er seine fünf Rinder bis zum Dorf trieb. Der Cracker war ein dürrer Mann mit schütterem Haar, und mürrisch dazu. Er versuchte nicht einmal, sein Vieh davon abzuhalten, dass es durch das Maisfeld des Dorfes rannte, und lachte, wenn die Frauen hektisch winkten, um ihn zu warnen. Dann vollführte er ihnen gegenüber obszöne Gesten. Mehrere Male waren Männer aus dem Dorf zu seiner Farm geritten, einem ärmlichen Flecken mit einer winzigen Hütte, die er ohne ihre Erlaubnis errichtet hatte. Die Männer hatten mit dem Cracker gesprochen und ihn ermahnt, auf seine Tiere zu achten. Er nickte freundlich, hörte aber nicht auf, sein Vieh in ihr Dorf zu treiben.

Eines Morgens schaffte eine Dorfbewohnerin es nicht schnell genug, ihr kleines Kind vor den Rindern des Crackers in Sicherheit zu bringen, und es wurde zu Tode getrampelt. Das Dorf war ein »weißer« Ort des Friedens, aber diese Beleidigung konnte nicht ohne Antwort bleiben. Eine Gruppe junger Männer ritt zu der kläglichen Farm, doch der Cracker war bereit zum Kampf. Er hob sein langes Gewehr und richtete es auf die vier Männer vor ihm. Allerdings war ihm entgangen, dass er keinerlei Rückendeckung hatte. Ein fünfter Mann kam von hinten: Bushy Hair, der kurzen Prozess mit dem Cracker machte und ihn erschlug.

Die Frau des Crackers hatte vom Fenster der Hütte aus zugesehen. Sie hatte geschrien, als Bushy Hair ihren Mann mit der Axt angriff. Es ging so schnell, dass sie den Cracker nicht rechtzeitig warnen konnte. Die Frau schrie weiter, und einer der Männer wollte hineingehen und sie töten. Das war verständlich, denn er war der Vater des toten Kindes.

Doch die drei anderen Männer wollten der Frau des Crackers nichts antun; sie wollten sich so weit wie möglich an friedliche Mittel halten. Bushy Hair hörte beide Seiten, dann wies er den Vater des Kindes an, die Frau des Crackers zu verschonen. Sie hatten die Blutrache vollzogen, wie es die Sitte der Creek gebot. Wenn in früheren Zeiten der Bewohner eines Dorfes von jemandem aus einem anderen Dorf im Zorn getötet worden war, kamen beide Dörfer zusammen, berieten sich, und der Schuldige wurde in die Hände jenes Dorfes übergeben, dem Unrecht widerfahren war. Die weiße Frau habe ihren Mann verloren, sagte Bushy Hair. Sie werde nicht bleiben, auch weil sie die Rinder ihres Mannes mit ins Dorf nehmen würden.

Vielleicht war Bushy Hairs Akt der Güte ein Fehler gewesen, denn die Frau des Crackers schaffte es ans östliche Ufer des Oconee River und meldete den Vorfall dem Vorsteher eines von Weißen bewohnten Ortes. Das erfuhr Bushy Hair, als sein Schwager einen Mond nach dem Tod des Crackers zu Besuch kam.

Bei seiner Ankunft marschierte Dylan Cornell geradewegs zu den Ältesten des Ortes-zwischen-den-hohen-Bäumen. Er baute sich auf dem Ritualplatz auf, sodass die Sonne sein blondes Haar zum Strahlen brachte, und tönte, wer den Cracker getötet habe, habe das Gesetz gebrochen und müsse an die Anführer der Weißen ausgeliefert werden.

Der oberste Älteste kratzte sich, von Dylans Leidenschaft unbeeindruckt, am Kinn.

»Wessen Gesetz?«, fragte er.

Dylan vollführte eine weit ausholende Geste. »Das Gesetz der Regierung dieses Landes!«

»Wessen Regierung? Wessen Land?«

So drehte sich das Gespräch im Kreis. Die anderen Ältesten stellten Fragen, zum Beispiel, ob die Regierung der Weißen zu ihnen ins Dorf kommen werde? Nein, antwortete Dylan. Der Cracker sei nur ein einzelner Mann gewesen. Niemand werde den weiten Weg auf sich nehmen, nur um ihn zu rächen, doch der Mord sei eine Frage der Ehre. Die Ältesten versuchten Dylan zu erklären, dass es nach den Sitten der Creek der Cracker war, der ehrverletzend gehandelt hatte, doch Dylan hörte nicht auf sie.

Da bat noch jemand, das Wort ergreifen zu dürfen: Bushy Hair.

»Du bringst Schande über unsere Familie, mein Bruder.« Er sagte die Wahrheit. Nila war bei diesem Treffen unter Männern nicht dabei, aber die männlichen Angehörigen des Windclans waren Teil der Versammlung und schämten sich zutiefst.

Am nächsten Morgen brach Dylan Cornell auf, und Nila war froh, dass er ging. Doch noch vor Ablauf eines Mondes kehrte er wieder. Er behauptete, seinen Sohn schmerzlich zu vermissen, und wollte Micco daher auf seine Handelsroute jenseits des Oconee mitnehmen. Nila wollte nicht, dass Micco ging. Sie hatte geträumt, Dylan werde ihren Sohn entführen. Wenn sie ihren Mann aber aufzuhalten versuchte, würde sie den anderen im Dorf sagen müssen, was sie von ihm erduldet hatte. Sie hatte Angst davor, ihre Schande zu offenbaren, und sie hatte Angst, ihren Sohn zu verlieren. Es war ein Verlies, das die brutalen Hände ihres Mannes errichtet hatten, doch eine Möglichkeit war ihr noch geblieben. Sie bat ihren Bruder, Dylan und Micco auf die Handelsreise zu begleiten, und war erleichtert, dass sich Dylan damit einverstanden erklärte. Nicht nur das, er versprach Bushy Hair sogar großen Gewinn.

Es war früh am Morgen und noch dunkel, als die zwei Männer und der Junge das Dorf verließen. Nur Dylan hatte sein Pferd gesattelt. Die anderen beiden ritten ihre Pferde ohne Sattel. Dylan gab viel freundliches Geplauder von sich, denn er ahnte nicht, dass sein Schwager ihn hasste. Bushy Hair wusste zwar nicht, dass der weiße Mann Nila seit Jahren quälte – anders als sie und ihre Mutter besaß er nicht die Gabe zu träumen –, fühlte sich aber ganz generell von diesem Weißen abgestoßen, denn Dylan hatte sich im Laufe der Zeit auf vielerlei Weise verächtlich gemacht.

Der weiße Mann nahm nicht an der heiligen Grünmaiszeremonie teil.

Es wollte auch niemand aus dem Dorf mit Dylan jagen, weil er nicht mit dem Bogen umgehen konnte, nur mit seinem Gewehr. Und er trampelte durch den Wald wie ein ausgewachsener Bär, sodass er das Wild verscheuchte.

Außerdem mochte Dylan zwar die Sprache der Creek gut beherrschen, nutzte diese Fähigkeit jedoch hauptsächlich dazu, den Tod des Crackers zu beklagen, und äußerte nicht ein Wort des Bedauerns über das totgetrampelte Kind.

Auch Micco ahnte nichts von der Feindseligkeit, die Bushy Hair gegen seinen Vater hegte. Er genoss die Gesellschaft der zwei Männer, die ihm am liebsten waren, und dachte nicht darüber nach, warum sein sonst so liebenswürdiger Onkel zur Antwort auf Dylans Geplauder nur knurrte. Doch auf halbem Wege zum Oconee River erwachte Micco eines Nachts davon, dass er seinen Onkel und seinen Vater kämpfen hörte. Sie rangen verbissen miteinander, und anders als die meisten Männer, die Frauen misshandeln, wich Miccos Vater bei diesem Kampf nicht zurück. Er war größer und schwerer als Bushy Hair, und das verschaffte ihm einen Vorteil. Die beiden Männer rollten über den Boden, und als Bushy Hair endlich die Oberhand gewann, rief der Weiße um Hilfe, wobei er den englischen Namen seines Kindes gebrauchte.

»Jonathan, Jonathan, hilf deinem Vater! Hilf mir, mein Sohn!«

Das war eine Entscheidung, die kein Kind sollte treffen müssen. Micco beobachtete den Kampf und wusste nicht, was tun. Er wollte nicht wählen, doch er dachte daran, wie Bushy Hairs liebevolle Worte ihn immer mit Freude erfüllten. Und er dachte daran, wie Dylan seine Mutter verletzte, dass er ihr Blutergüsse zugefügt hatte, die sie selbst an heißen Sommertagen unter langen Ärmeln versteckte. Also traf der Junge eine Wahl: Er eilte zum Ort des Geschehens und kniete sich neben den Vater. Micco zog sein Messer, packte seinen Vater am Kinn und durchschnitt ihm die Kehle. Dann setzte er sich auf den Boden und weinte und wiegte sich mit blutigen Händen vor und zurück.

Bushy Hair ließ seinen Neffen lange weinen, ehe er ihm die Hand auf die Schulter legte. Er sagte sanft, sie sollten den Vater nach der Sitte der Weißen begraben. Sie dürften ihn nicht den wilden Tieren überlassen. Das wäre nicht richtig. Als nun der Leichnam im Grab lag, sagte Bushy Hair zu Micco, er habe nicht gewollt, dass es so käme, aber Dylan habe ihn im Schlaf attackiert. Micco sah seinen Onkel lange an und fragte schließlich, ob er die Wahrheit sage. Und Bushy Hair erwiderte, er würde ihn niemals belügen. Ja, es sei wahr, und er wisse nicht, warum Dylan ihn angegriffen habe.

Einen Mond lang gingen Onkel und Neffe jagen und schliefen morgens aus. Bushy Hair erzählte Geschichten von dem listigen Hasen, der immer Ärger mit dem Wolf bekam und immer Wege fand, ihm zu entwischen, weil er zu schlau war, als dass der Wolf ihn je zu packen bekäme. Den ganzen Mond über herrschte ein Frieden, der Micco ganz neu war, und der Junge war glücklich, auch wenn er manchmal mit tränennassem Gesicht erwachte: Sein Vater suchte ihn in seinen Träumen heim.

Als Micco und Bushy Hair in ihr Dorf zurückkehrten, fasste der Junge den Beschluss, seiner Mutter zu erzählen, sein Vater sei an verdorbenem Geflügel gestorben, das ein Weißer in einem der Handelsposten zubereitet habe. Micco sagte, es sei zu schwierig gewesen, seinen Leichnam ins Dorf zu bringen. Er brauchte keine Trauer zu heucheln, denn er trauerte wirklich. Doch seine Trauer wurde von der Erleichterung begleitet, dass sein Vater die Mutter nie wieder verletzen würde.

Nila war nicht dumm. Sie war mit Bushy Hair im selben Leib herangewachsen, und Micco hatte sie ausgetragen und an ihrer Brust genährt. Sie bemerkte die Blicke zwischen Bruder und Sohn und wusste, dass einer der beiden Dylan getötet hatte. Doch ihre eigene Trauer galt nicht ihrem Mann. Sie trauerte nur um die Unschuld des Sohnes. Nila schaute betrübt und weinte und schlug sich auf die Brust, doch innerlich vollführte sie Freudensprünge. Jung war sie nicht mehr, besuchte aber noch immer das Mondhaus und nahm an, dass ihr bis zur weiblichen Wandlung noch zwei oder drei Sommer bleiben würden. Sie war von hohem Rang, und im Dorf gab es jüngere Männer, die ihr trotz ihres Alters schöne Augen machten. Die Ältesten ließen sie wissen, ihr Ehemann sei ein Weißer gewesen und keiner der Ihren. Deshalb müsse Nila nicht vier Jahre lang um Dylan trauern, wie es von den Witwen erwartet wurde, deren Männer Creek gewesen waren. Sie dürfe die Trauerzeit auf vier Monde verkürzen, wie es sonst für Männer üblich war. Nach dieser Trauerzeit wollte Nila sich einen Creek zum zweiten Ehemann wählen, denn ein Creek würde um seine Verantwortung wissen und sich der Familie seiner Frau gegenüber loyal verhalten.

Nila sagte zu Micco, egal, wer sein Vater gewesen sei, und egal, wie freundlich weiße Männer sich verhalten mochten, sie würden die Creek niemals wirklich lieben und respektieren. Das war ihr erstes Geschenk an ihren Sohn. Das zweite war die Kuh, die ihr Bruder ihr überlassen hatte, eines der fünf Tiere, die er und die anderen Männer nach ihrer Rache an dem Cracker unter sich aufgeteilt hatten. Nila wollte keinen Anteil an dieser Beute haben. Sie wollte frei sein von den Besitztümern der Weißen.

Die Geißel des Mr. Whitney

Die Sünde war also Übertretung, wie wenn ein Nachbar zur Tür hineinruft, und wenn keine Antwort kommt, übertritt er trotzdem die Schwelle. Oder es antwortet jemand, und er tötet seinen Nachbarn und tut, als hätte das Haus leer gestanden. Als die Engländer und die Schotten ins Land der Creek vordrangen, übernahm das Vieh die Herrschaft. Zuvor war es kein Paradies gewesen, doch es hatte Regeln gegeben, die die Creek befolgten – die Nachkommen derer, die Rock Eagle erschaffen hatten, die Hirsche jagten und einen Dank aussprachen, bevor sie das Fleisch zerteilten. Die Mais aßen und seine Reifezeit respektierten.

Und dann die Verträge, die Vereinbarungen zwischen den Eindringlingen und den Unsrigen, die allesamt gebrochen wurden, und das Land, das geraubt wurde – und noch einmal geraubt.

Zunächst der Vertrag von Savannah, 1733.

Der Vertrag von Coweta, 1739.

Der Vertrag von Augusta, 1763. Und zehn Jahre darauf ein weiterer Vertragsschluss am selben Ort.

Der Vertrag von New York, 1790, und die Erkenntnis, dass unser Land sich für den Anbau kurzstapeliger Baumwolle eignete, und dann kam die Erfindung eines Mannes namens Eli Whitney. Stellt ihn euch vor: ein Mann, im Saft der eigenen Mittelmäßigkeit gesotten, dem die Leere seines Vermächtnisses im Nacken sitzt, wie er an seiner kruden Erfindung bastelt. Oder hat ein Sklave die Maschine erfunden, wie es manche behaupten? Arbeiter haben oft mehr Erfindergeist als Fabrikbesitzer, wenn es darum geht, die Mühen zu verringern. Wie dem auch sei, vor der Egreniermaschine: ein Pfund Baumwolle täglich. Danach fünfzig Pfund, mehr Sklaven, kaum noch Hirsche, viele Rinder und Schweine und immer größere Anbauflächen, denn die Maschine machte es möglich, Gut und Böse zu trennen. Oder besser gesagt, Baumwollkapseln und Samen.

Die Eindringlinge im Land waren keine Engländer mehr und keine Schotten, denn es war eine Revolution durchgefochten worden. Sie waren jetzt »Amerikaner«, waren »Weiße«, und für die Creek mochte weiß Frieden symbolisieren, für die Eindringlinge aber nicht.

Und jene, die Coromantee oder Igbo oder Wolof oder Fulbe geheißen hatten, waren jetzt »Negroes« oder »Sklaven«.

Und die Creek waren jetzt »Indianer«.

Und dann kam der Vertrag von Colerain, 1796.

Der Vertrag von Fort Wilkinson, 1802.

Der Vertrag von Washington, 1805, und unser Land hieß nicht mehr, wie die Leute es nannten.

Die weißen Männer nannten uns jetzt »Georgia«.

Das Fortschreiben der Ahnenlinie

Wenn wir den weiteren Jahrhunderten folgen, wird eine Familie an diesem unserem Ort verbleiben. Der Ort-zwischen-den-hohen-Bäumen wird einen anderen Namen tragen: Chicasetta.

Die Familie wird weder den ursprünglichen Namen unseres Landes kennen noch den Namen jenes ersten verschleppten Afrikaners ihrer Ahnenlinie, dessen Mutter über das Wasser gebracht worden war. Sie wird sich auch nicht an die Creek-Frau erinnern, die bereits hier lebte. Die Namen Coromantee-Panther und Frau-des-Windes werden ihnen nichts sagen. Niemand wird von ihnen wissen außer uns.

Es werden Generationen zwischen den Bewohnern des Ortes-zwischen-den-hohen-Bäumen und ihren Nachfahren liegen: einer Frau mit dem Namen Eliza Zwei Pinchard Freeman, genannt Meema. Sie wird einen Mann namens Red Benjamin heiraten, und der wird daraufhin ihren Nachnamen tragen.

Und Meema wird eine Tochter namens Sheba gebären, die in der Liebe freigiebig sein wird.

Und Sheba wird Clyde gebären, einen Sohn. Der Name seines Vaters wird der Familie nicht bekannt sein.

Und Sheba wird Benji und Charlie gebären, Zwillinge und Söhne eines anderen unbekannten Mannes.

Und Red Freeman wird entschlafen, und sein Tod wird Meema zur Witwe und Sheba zu einer Halbwaise machen.

Und Sheba wird in der Liebe weiterhin freigiebig sein; einem anderen Unbekannten wird sie Adam und Abel gebären, ebenfalls Zwillingsbrüder. Und einem letzten Mann wird Sheba das Mädchen Maybelline gebären, genannt Lil’ May. Wenige Stunden nach der Geburt dieses Mädchens wird Sheba in einer Blutlache versterben.

Und Lil’ May wird das Mädchen Pearl gebären. Und zehn Jahre nach dieser Tochter wird Lil’ May noch ein zweites Kind gebären. Einen Jungen, Jason, doch sein Rufname wird »Root« sein.

Und Pearl wird sich mit Henry Collins vermählen. Sie wird Zwillinge gebären: Miss Rose und Henry jr., genannt Huck. Nach vielen kinderlosen Jahren wird ihre Tochter Annie Mae das Licht der Welt erblicken.

Und Annie Mae wird einem unbekannten Mann eine Tochter gebären, Pauline, und wird dieses Kind in Chicasetta zurücklassen.

Und Miss Rose wird sich mit Hosea Driskell vermählen, und sie wird Roscoe gebären, einen aufsässigen, hübschen Jungen. Und Miss Rose wird Jethro und Joseph gebären, Zwillingsbrüder, die in ihren Bettchen sterben.

Sie wird Norman gebären, einen weiteren Sohn.

Und schließlich wird Miss Rose eine Tochter gebären, und sie wird frohlocken. Diese Tochter wird Maybelle Lee genannt werden, aber darauf bestehen, die Familie solle »Belle« zu ihr sagen.

Und Belle wird drei Töchter gebären: Lydia, Carol und schließlich noch eine letzte, Ailey, die beizeiten lernen wird, ihre Ahnenlinie zu ehren, auch wenn sie zu Menschen zurückreicht, deren Namen sie nie erfährt. Das Blut zu preisen, das sich in Träumen Gehör verschafft, wenn die Erinnerung längst kapituliert hat.

I

Wenn ein Mensch stirbt, wird er wieder leben? Wir wissen es nicht. Doch eins wissen wir: dass die Kinder unserer Kinder ewig leben und wachsen werden und nach Perfektion streben, wie man es sie gelehrt hat. Sämtliche Probleme der Menschheit bündeln sich daher in diesem Unsterblichen Kind, und seine Ausbildung ist das Problem aller Probleme. Und nun sei es mir gestattet, zur Veranschaulichung dessen, was ich sagen möchte, als Beispiel aus vielen Millionen das Leben eines einzigen dunklen Kindes herauszugreifen.

W. E. B. Du Bois, Darkwater. Voices from Within the Veil

Traum und Bruch

Ich bin drei, fast vier, und ich höre eine Stimme. Wie das Lied, das Mama manchmal singt.

Hush, hush

Somebody’s calling my name

Aber nicht Mama ruft mich, sondern Lydia, meine große Schwester. Sie ist es, die mich ruft, und ich habe sie sehr lieb.

»Ailey, Baby, Zeit aufzustehen. Na komm schon. Heute geht’s nach Chicasetta. Schon vergessen?«

Ihre Stimme zieht an mir, aber irgendwer anders hält fest. Irgendwer ruft meinen Namen. Es ist die Lady mit den langen Haaren. Ich habe sie sehr lieb, aber ich verstehe nicht, was sie sagt. Sie wiegt mich an einem anderen Ort. Sie singt mir was vor, aber die Worte verstehe ich nicht, und die Lady mit den langen Haaren befiehlt mir: Pipi.Na mach. Lass es laufen.

Aber das will ich nicht. Ich will nicht Pipi machen, weil dann ein gelber Fleck in meinem Bett ist und Lydia Mitleid mit mir hat. Sie wird sagen: »Ist nicht schlimm, Baby. Bin dir nicht böse.« Dabei brauche ich von niemandwem Mitleid. Ich will ein großes Mädchen sein, bloß, ich kann es nicht halten, und der nasse Fleck ist da, und ich bin wach, und die Lady mit den langen Haaren ist weg.

*

Ich bin vier, fast fünf, und ich sitze in unserem braunen Kombi. Mama hat die Hände an dem runden Ding, und wir fahren und fahren. Ich frage heulend nach Daddy. Wo ist er? Lydia streicht mir über den Kopf.

»Nicht weinen, Baby«, sagt sie. »Daddy kann nicht mit. Er muss im Krankenhaus arbeiten, Geld für uns verdienen. Das habe ich dir doch erklärt, schon vergessen?«

Und ich habs wirklich vergessen.

Coco sitzt mit ihren Büchern auf der Rückbank. Sie ist schon neun. Lydia ist elf, fast zwölf, aber Coco und sie gehen in dieselbe Klasse. Sie ist klüger als sonst wer, aber Mama sagt, sie hat alle ihre Mädchen gleich lieb. Und wir fahren und fahren, und ich heule, und Coco zieht an meinem Zopf.

Mama dreht das runde Ding, und plötzlich zieht es uns rüber an den Rand. Wir fahren jetzt nicht mehr, ain’t going no more, und die Autos fahren vorbei, und davon wackelt der Kombi.

Mama sagt: »Coco, gib mir mal die Papiertüte her.« Sie holt eine Hähnchenkeule raus, und ich habe Hunger. Ich greife danach, aber Mama zieht die Hand weg. »Bist du jetzt endlich brav?«

Und ich sage Ja, und sie gibt mir das Hähnchen, und ich esse es, und ich habe Mama sehr lieb, obwohl sie manchmal laut schreit. Dann fahren und fahren wir sehr, sehr lange. Irgendwann kommt eine lange Holperstraße und irgendwann ein Haus mit einem Haufen Leute auf der Veranda. Einem Haufen Erwachsener, und alle stehen da und winken, bloß eine alte weiße Lady auf einem Stuhl nicht, und ich sage: »Was macht die weiße Lady da? Ist das die Mama von Tante Diane?«

Und Lydia erklärt mir: »Nein, Süße. Auntie konnte nicht mit. Das ist Dear Pearl, unsere Uroma, sie hat bloß helle Haut. Verletz bitte nicht ihre Gefühle.«

Mama steigt aus dem Wagen, und jeder hier kennt jeden, aber ich kenne überhaupt niemandwen, niemanden, und ich bin richtig, richtig sauer. Dann kommt ein Mann mit weißen Haaren zur Einfahrt runter, und er sieht auch weiß aus, aber ich habe nicht vergessen, was Lydia zu mir gesagt hat. Und ich will seine Gefühle nicht verletzen.

Ich sage: »Bist du Schwarz?«

Mama sagt: »Du müsstest dich an ihn erinnern, Ailey, du bist jetzt ein großes Mädchen.«

Der Mann sagt: »Schon gut, gib dem Kind mal ein bisschen Zeit.«

Ich sage: »Ich heiße Ailey Pearl Garfield. Meine Mutter heißt Mrs. Maybelle Lee Garfield, und mein Vater heißt Dr. Geoffrey Louis Garfield.«

Der Mann sagt: »Mein Gott! So viele Informationen auf einmal.«

Seine Augen haben ganz viele Farben. Echt komische Augen, aber ich glaube, ich erinnere mich an ihn.

Ich frage: »Heißt du Onkel Root?«

Und er antwortet: »Was für ein schlaues Kind!«

Er hebt mich hoch und hält mich fest, und ich fühle mich geborgen, und ich habe ihn sehr lieb.

*

Ich bin sechs, fast sieben, und ich stehe in der großen Küche in Chicasetta. Inzwischen weiß ich, wer alle sind. Ich weiß, Miss Rose ist meine Granny, und sie wohnt in dem einen Haus. Tante Pauline ist Grannys Schwester und wohnt in dem anderen Haus. Onkel Huck ist der Bruder von Granny und Tante Pauline, aber der kommt jede Woche nur einmal. Er hat einen Freund, den er auf den Mund küsst, aber das darf ich nicht wissen. Ich weiß, Dear Pearl ist ihre Mama, und Onkel Root ist der Bruder von Dear Pearl. Ich weiß, Onkel Norman ist der Bruder von Mama. Alle Erwachsenen dürfen mir sagen, was ich zu tun habe, auch wenn es mir nicht gefällt, auf sie zu hören.

Heute muss Samstag oder Sonntag sein, weil Baybay und Boukie nicht bei uns sind. They ain’t here. Unter der Woche kommen sie zum Spielen.Die Mama von Baybay bringt sie vorbei, und wir rennen rum und spielen, aber sie sprechen nicht ordentlich. Und meine Mama sagt, ich soll besser sprechen, nicht so viel ain’t und gonna und so, was ich aber manchmal vergesse. In der Küche macht mir Granny einen Teller mit Biscuits, Würstchen und Maisgrütze, und Mama meint, das ist zu viel Essen. Ich bin schon pummelig.

Miss Rose sagt: »Lass die Kleine in Ruhe. Sie soll in Frieden essen.« Sie gießt Mama Kaffee ein, aber meine Schwestern und ich kriegen nie Kaffee. Wir kriegen heißen Kakao.

Coco sagt: »Genau genommen enthält Kakao auch aufputschende Substanzen, fast wie Koffein in Kaffee.«

Mama sagt: »Du hast nicht mit Erwachsenen zu diskutieren. Sei dankbar für das viele Essen auf diesem Tisch und die Hände, die es zubereitet haben.«

Es ist Zeit für den Laden, weil Mama anderen Leuten sicher nicht die Schränke leer frisst. Isst. Aber Coco will nicht in die Stadt.Sie will bei Miss Rose bleiben und mit der Marmelade helfen. Sie verspricht, sie benimmt sich und ist nicht unhöflich.

Dann sitzen wir im Kombi, ich zwischen Lydia und Mama. Ich bin voll vom Frühstück, und Mama und Lydia riechen so gut nach erwachsene Lady. Ich höre Radio und freue mich, doch dann sieht uns im Pig Pen diese Frau. Sie weiß nicht, dass Lydia zu uns gehört. She don’t know.

Lydia sieht nicht aus wie wir.Daddy hat braune Augen, sieht aber aus wie ein Weißer. Mama ist dunkel wie Schokolade und klein und hübsch. Sie macht sich die Haare glatt, mit einem heißen Kamm und blauer Pomade. Ich bin auch dunkel, aber nicht so wie Mama. In meiner Haut schimmert Rot unter dem Braun wie bei Granny. Cocos Augen passen zu ihrer Haut, die sehen wie Karamellbonbons aus. Ihre Nase ist breit wie die von Mama, und sie ist auch richtig klein. Ihre Haare sind wie die von Mama, und sie werden richtig lang. Lydia hat auch lange Haare, aber Locken halten dadrin nicht. Am Hinterkopf hat sie dafür Krause. Da hat sie kleine Löckchen wie ich. Daran sieht man, dass sie ein Schwarzes Mädchen ist. Außerdem hat sie eine Lücke zwischen den Zähnen wie Mama. Sie hat helle Haut, aber nicht so wie Daddy. Sie sieht aus, als wäre sie raus in die Sonne und lange draußen geblieben und braun geworden. Mama sagt aber, Schwarze werden nicht braun. Wir haben schon Farbe. Und Mama ist es egal, wenn irgendwer das mit ihren Kindern nicht versteht. Sie hat uns alle im Bauch getragen, und wir gehören zu ihr, und wir sollen sie ganz lieb haben.

In dem Laden ist es kalt. Als Mama den Einkaufswagen den Gang lang schiebt, winkt uns die weiße Frau. Mama winkt zurück und sagt Guten Morgen, und die Frau und ihr Wagen kommen auf uns zu. Sie ist so alt wie Granny und trägt eine rosa Bluse und einen Jeansrock. Ihre braunen Schuhe sind hässlich. Ich mag die Schuhe nicht.

Die weiße Frau sagt: »Sie können so gut mit Kindern.«

Mama sagt: »Danke, Ma’am. Ich gebe mein Bestes mit den beiden hier. Zu Hause habe ich noch ein Mädchen.«

»Wie lange machen Sie diese Arbeit schon?«

»Ma’am?«

Die Frau legt Lydia die Hand auf die Schulter. »Die hier braucht bald keine Nanny mehr, und meine Tochter hat einen kleinen Jungen, der begeistert von Ihnen wäre. Warten Sie, ich gebe Ihnen die Nummer. Sie wird Sie gut bezahlen.« Die weiße Frau kramt in ihrer Handtasche und holt einen Stift raus. Sie kramt noch mal und findet einen zerknitterten Zettel, und Mama runzelt die Stirn, lächelt dann aber. Sie sagt, Lydia ist ihre Tochter. Sie haben dieselben Zähne, doch nächstes Jahr bekommt Lydia eine Spange.

»Sie nehmen mich wohl auf den Arm, Gal!« Die weiße Frau fuchtelt mit erhobenem Zeigefinger vor meiner Mutter rum, und ich sage »Oh-oh«, weil man nie wem im Gesicht rumfuchteln darf. Jemandem.

Mama macht einen Schritt zurück. Lächelt weiter.

»Das ist die Wahrheit, das können Sie mir glauben. Sie ist meine Tochter, und ich muss es wissen. Schließlich war ich bei der Geburt dabei, und das volle siebzehn Stunden lang.«

Die Frau zeigt auf meine Schwester. »Wollen Sie etwa sagen, das Kind hier ist farbig?«

Und plötzlich singt Lydia unser Lieblingslied übers Schwarzsein und dass wir stolz darauf sind. Und ich tanze los und wackle mit dem Po. Mama versucht, meine Hand zu packen, aber ich renne Lydia hinterher. Die weiße Frau läuft rot an. Dann verschwindet sie mit ihrem Wagen.

Lydia sagt: »Ich bin Schwarz.«

Mama sagt: »Glaubst du, das weiß ich nicht? Was meinst du, wen du hier vor dir hast? Du hast dich in der Öffentlichkeit nicht so aufzuführen, das weißt du genau!«

Mama geht weg, und Lydia schiebt den Wagen und stellt die Lebensmittel zurück ins Regal. Den Speck und die Frühstücksflocken und das weiche, fluffige Brot. An der Kasse kauft sie mir einen Schokoriegel und sagt, sie versteckt ihn für mich, damit Mama ihn nicht sieht, aber als wir auf dem Parkplatz stehen, ist der Kombi nicht mehr da.

Lydia nimmt mich an die Hand, und wir warten auf Mama. Wir warten und warten, und dann sagt Lydia, wir machen einen Spaziergang. Irgendwann tun meine Beine weh, und Lydia geht in die Hocke und meint, ich soll auf ihren Rücken klettern. Sie geht weiter. Irgendwann kommt ein Haus, und ich habe das Gefühl, mich daran zu erinnern. Die roten Blumen. Der Vogel im Baum: ku-kuu, ku-kuu. Ich klettere von Lydias Rücken runter, aber noch vorm Anklopfen öffnet Onkel Root die Tür.

»Bevor du loslegst, junge Dame, mein Name ist Bennett, und ich mache bei diesem Irrsinn nicht mit. Das hier soll mein Sommerurlaub sein, ich lasse mich also auf keinen Fall in die Sache hineinziehen. Und deiner Mama habe ich dasselbe gesagt, als sie angerufen und mich aus meinem schönen Nickerchen gerissen hat. Und jetzt kommt.«

Wir folgen ihm durchs Wohnzimmer in die Küche. Lydia setzt sich auf einen Stuhl und zieht mich auf ihren Schoß. Sie stützt ihr Kinn auf meinen Kopf, aber ihr Schoß ist zu hart. Ihre Knochen piksen am Po.

Onkel Root greift nach dem Hörer vom Wandtelefon. »Hallo? Miss Rose? Deine Enkelmädchen sind hier.« Er wartet, und man hört Geschrei.

»Sie ist noch sauer, wie? Die Kleine ist auch fuchtig. Aber im Ernst, was hat Maybelle Lee erwartet? Kinder verhalten sich nicht vernünftig. Hat sie gedacht, die warten einfach vorm Laden, während sie durch die Gegend fährt? Sie sollte es besser wissen. Wenn das hier Atlanta wäre, nicht auszudenken, wer diese Mädchen jetzt hätte.«

Noch mehr Geschrei, und er zieht eine lustige Grimasse. »In Ordnung, Miss Rose. Ist gut. In Ordnung. Kein Problem.« Er legt auf und erzählt uns, Granny sagt, wir sollen die Nacht bei ihm im Gästezimmer schlafen.

»Klingt gut«, sagt Lydia.

»Ja, klingt gut«, sage ich.

»Aber vorher, junge Damen, fahren wir rüber zur Cluck-Cluck-Hütte. Hähnchen und Biscuits und Pommes holen. Beziehungsweise halten wir noch mal am Pig Pen und besorgen uns Eis. Ich habe einen Pie im Tiefkühler, und wir lassen später eine kleine Party steigen. Power to the people!«

Er reckt die Faust in die Luft.

Ich sage: »Yippie!«

Vorm Insbettgehen bittet Lydia Onkel Root um ein zweites Laken für mich zum Drunterlegen. Ich habe Angst, dass sie ihm erzählt, was ich ihr über die Lady mit den langen Haaren erzählt habe, aber Lydia verrät nie wem was. Niemandem was. In der Nacht besucht mich die Lady mit den langen Haaren im Traum, aber sie setzt sich nur neben mich. Am Morgen sieht man nirgendwo einen gelben Fleck. Lydia meint, genau so stellt sie sich das vor. Zwei aufeinanderfolgende Nächte ohne Einpullern. Wer ist jetzt ein großes Mädchen?

»Ich!«, rufe ich.

»Schlag ein, großes Mädchen!« Meine Hand klatscht fest gegen ihre, und sie dreht die Innenfläche nach unten: »Jetzt auf die Schwarze Seite!«

Zum Frühstück macht uns Onkel Root Pancakes mit Butter und Sirup, und dazu gibt es Käse und Ei. Er sagt, er weiß, wie man hungrige Mäuler stopft. Wir sollen ihn ja nicht unterschätzen.

Danach fahren und fahren wir in seinem langen Auto zurück aufs Land. In der Einfahrt steigen wir alle zusammen aus, aber Onkel Root meint, ich soll noch kurz bei ihm bleiben. Meine Schwester vorgehen lassen. Die Fliegengittertür schlägt auf, und Mama kommt raus auf die Veranda und die Stufen runter. Meine Schwester rennt auf sie zu. Sie weint, und Mama nimmt sie in den Arm und wiegt sie hin und her.

Lydia sagt: »Es tut mir leid.«

Mama sagt: »Alles gut, Liebling. Nicht so schlimm.«

*

Ich bin schon neun, weil ich vor einer Woche Geburtstag hatte. Ich suche Lydia, damit sie mit mir zum Bach geht. Es ist Freitagnachmittag. Die Mama von Baybay James war da und hat ihn und Boukie Crawford abgeholt, und jetzt langweile ich mich. Wenn meine große Schwester mit zum Bach kommt, bricht sie mir Zuckerrohrstücke zum Auszutschen ab. Aber als ich Lydia rufe, antwortet sie nicht.

Ich renne zu Coco, die auf der Eingangstreppe sitzt. »He! Komm mit zum Bach! Los, komm!«

»Du bist völlig überdreht. Beruhig dich erst mal.«

Coco benimmt sich wie eine alte Frau und sieht auch wie eine aus. Sie hat die Haare geflochten und zu zwei Knoten hochgesteckt. Sie steigt die Treppe rauf und fragt durch die Fliegengittertür, ob wir zum Bach gehen dürfen.

Eine Stimme antwortet: »Nimmst du die Kleine mit?«

»Ja, Mama, sie ist hier.«

»Also gut. Seid vorsichtig, y’all.«

Coco nimmt sich einen langen Stock von dem Holzhaufen neben dem Haus. Auf dem Weg zum Bach wachsen überall Brombeerbüsche, und der Stock schützt uns vor Schlangen. Dann entscheidet sie, wo wir langgehen. Wir können nach Norden, aber dann müssen wir durch die Sojabohnen, die Onkel Norman gepflanzt hat. Dahinter beginnt ein Wald mit Bäumen und Schatten wie im Märchen. Das macht mir Angst, und darum nehmen wir den längeren Weg nach Osten durch die Pfirsichbäume, bis wir auf die Holperstraße kommen.