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"Sie war eben ein Genussmensch, liebte das Kochen und Backen, und es gab kaum etwas Schöneres, als sich stundenlang mit einem Buch aufs Sofa zurückzuziehen und Pralinen zu naschen. Der einzige Sport, den sie liebte, war Sex, doch in der Disziplin war Martin trotz aller Sportlichkeit nicht mal mehr ein williger Sparringspartner." Jessica ist verzweifelt. Ihr Mann ist dem Fitnesswahn verfallen und im Bett läuft nichts mehr. Als sie ihn beim Sexting mit einer Unbekannten erwischt, hat sie die Nase voll. Sie soll fett und unerotisch sein? Von wegen! Im Internet landet Jessica prompt bei einem Typen mit dem Nickname Zuckerstange, der auf sinnliche Kurven steht und sie auf eine bahnbrechende Idee bringt: Eine erotische Bäckerei! Jessica startet durch - nicht nur als Backkünstlerin,sondern auch als Frau die Lust und Liebe in vollen Zügen genießt! Auf einmal werben gleich mehrere attraktive Männer um ihre Gunst ... Ein sinnlich heiterer Roman mit anregenden Rezepten! (Enthält explizite erotische Szenen.) ACHTUNG! Dieser Roman erschien bereits unter dem Titel "Zuckerstangen" unter dem Pseudonym "Lilly Meerbusch". Die Autorin hat ihre Rechte zurückbekommen und veröffentlicht dieses Werk unter neuem Titel und neuem Pseudonym erneut.
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Seitenzahl: 349
Copyright 2018, Corina Bomann & Lana King
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf - auch teilweise - ausschließlich nur mit Genehmigung der Autorin wiedergegeben und verbreitet werden.
Covergestaltung: Corina Bomann unter Verwendung von Motiven von korabkova und Sandra van der Steen (www.shutterstock.com)
Das Wasser floss angenehm warm über ihren Körper und wusch die Spuren des Duschgels von ihrer Haut. Jessica schloss die Augen und versuchte, in Gedanken den Rinnsalen, die durch ihr langes schwarzes Haar und über ihre Schultern flossen, zu folgen.
Zwei feuchte Stränge glitten über ihre Brüste, deren Spitzen unter der sanften Berührung des Wassers hart wurden. Ein weiterer Strang floss an ihrer Wirbelsäule hinab, geradewegs in die Ritze zwischen ihren beiden Pobacken, wo er sich aufteilte und sich dann an ihren Beinen entlang einen Weg nach unten suchte.
Der Gedanke, dass es eine Männerhand war, die sie auf diese Weise berührte, ließ sie erschauern und hinterließ gleichzeitig ein fades Gefühl in ihr. Wie lange war es her, dass Martin mit ihr zusammen geduscht oder etwas anderes gemacht hatte?
Die Tatsache, dass ihr Mann sie vernachlässigte, wirkte sich zunehmend auf ihre Seele aus. Sie hatte das Gefühl, alt und unattraktiv zu sein. Natürlich hatte sie einen Mann und brauchte demnach nicht mehr auf die Jagd zu gehen. Doch irgendwie fehlte Jessica das Gefühl des Jagens.
Ein Klopfen an der Badezimmertür riss sie unsanft aus ihren Gedanken.
»Jessica, bist du fertig?«, fragte Martin ungeduldig.
Seine Stimme, die früher einmal die Fähigkeit gehabt hatte, erregend sanft und einschmeichelnd zu klingen, hatte sich in ein hartes Stakkato verwandelt. Das hätte einem Armeeoffizier sicher gut zu Gesicht gestanden, bei einem Ehemann dagegen wirkte es einfach nur abtörnend.
Jessica atmete tief durch. Das Duschwasser fühlte sich zwar wie ein warmer Regen an, aber Martins Stimme hatte ihm jegliche Sinnlichkeit genommen. Seufzend drehte sie den Wasserhahn zu und trat aus der Kabine.
»Ja, du kannst reinkommen«, antwortete sie und griff nach dem Handtuch.
Rasch schlang sie es um ihren Körper. Früher hatte sie kein Problem, ihrem Mann nackt in der Dusche zu begegnen, doch davon war sie ebenso abgekommen wie von allem anderen. Früher hätte sie Martin auch dazu überreden können, vor Arbeitsbeginn eine heiße Nummer unter der Dusche zu schieben. Inzwischen war es dagegen schon so weit, dass er anklopfte und fragte, ob er ins Bad kommen könne. Und sie verhüllte ihren Körper vor ihm. Als seien sie Fremde! Oder als würde er sich vor ihrem Körper ekeln und sie diesen Ekel stillschweigend dulden.
Jessica betrachtete sich im Spiegel, während sie das Badetuch festzog und hörte, wie Martin hereinkam. Sie war siebenunddreißig, kein Alter, in dem man eine Frau als alt bezeichnen konnte. Sie trug Kleidergröße vierzig, was nicht schlank war, aber auch nicht gerade fett. Die Werbeleute sagten Plus-Size dazu, aber Jessica fand das ungerecht. Zu Marilyn Monroe hatte doch auch niemand gesagt, dass sie Übergröße trug!
Doch die Werbung schien bei ihrem Ehemann Spuren hinterlassen zu haben. Mit allem, was sie hatte und was sie war, schaffte sie es nicht mehr, seine Leidenschaft zu wecken.
»Guten Morgen, Schatz«, sagte Martin, als er auf die Duschkabine zustrebte. Einen flüchtigen Kuss auf die Wange, mehr bekam sie nicht.
Er roch nach Schweiß, aber auf eine Weise, die sie erregte. So hatte er früher immer gerochen, wenn sie miteinander geschlafen hatten. Damals war er danach nicht gleich ins Bad gerannt und hatte sich geduscht. Er war dageblieben und sie hatten weitergemacht, bis sie völlig verschwitzt und erschöpft eingeschlafen waren.
Jetzt schwitzte Martin nur noch bei seinen täglichen Workouts.
Jessica konnte nicht gerade behaupten, dass ihr sein Waschbrettbrauch und die gestählten Arme gefielen. Als sie ihn kennengelernt hatte, hatte sie sich gerade deswegen in ihn verliebt, weil er nicht so muskulös war. Er hatte eine gute Figur gehabt, sicher, aber sein Körper war weich gewesen, sodass man sich an ihn schmiegen und träumen konnte. Jetzt wirkte er hart wie eine Marmorstatue und als hätte sie Angst, sich daran zu verletzen, vermied ihr Körper, den seinen zu berühren.
Oder hatte sie einfach nur Angst davor, dass er ihr wieder in den Hüftspeck kneifen und meinen würde, dass ein wenig Sport auch ihr nicht schaden könne?
Jessica wusste nur zu gut, dass Martin lieber eine zarte Elfe neben sich gehabt hätte. Bei offiziellen Anlässen, zu denen er als erfolgreicher Zahnarzt häufig eingeladen war, wirkte er immer ein wenig peinlich berührt, wenn er sie als seine Frau vorstellte. Seine Frau, deren Busen beinahe über den BH quoll und die unmöglich ein hautenges und tief ausgeschnittenes Kleid tragen konnte, weil sie hier und da ein bisschen zu viel zu bieten hatte. Jedenfalls in seinen Augen.
Nicht, dass sie es nicht versucht hätte! Zumindest in der ersten Zeit, als sie Martin noch um jeden Preis gefallen wollte. Doch die Diäten hatten sich stets als Falle herausgestellt. Der Preis für ein mühsam verlorenes Kilo war meist eine Woche schlechte Laune gewesen und so war Jessica schnell wieder davon abgekommen.
Die Dusche begann zu rauschen.
Jessica schlug ihr langes schwarzes Haar in ein Handtuch ein und verließ das Bad. Eigentlich konnte sie froh sein: Martin hatte ihr heute immerhin keine Runde in seiner Folterkammer ans Herz gelegt, in der er sich täglich schindete.
Vor etwa zwei Jahren hatte es begonnen. Er war gerade fünfundvierzig geworden und von heute auf morgen auf die Idee gekommen, sich ein privates Fitnesscenter einzurichten.
Räumlichkeiten waren in ihrer Villa schließlich mehr als genug vorhanden. Er hatte sich einen Raum in der ersten Etage ausgesucht, ein Zimmer mit vielen Fenstern, das erste, in dem man früh morgens schon Licht hatte und das vom Tageslicht als letztes verlassen wurde.
Jessica hatte davon geträumt, aus diesem Raum mal ein Kinderzimmer zu machen, damals, als sie noch glaubte, alles würde für immer so bleiben. Sie liebte Kinder und vielleicht wäre ihr das Leben, wie es momentan war, leichter gefallen, wenn ein paar Sprösslinge durch das Haus getobt wären. Doch Martin hatte sich dagegen ausgesprochen. Er hatte es auf die Arbeit geschoben und gemeint, dass sie später Kinder bekommen sollten, wenn er beruflich etwas kürzer treten konnte.
Kürzer trat er immer noch nicht, ganz im Gegenteil. Seine Überstunden wurden immer zahlreicher und es war schon ziemlich lange her, dass sie über Kinder gesprochen hatten. Jessica war sicher, dass er glaubte, sie hätte sich mit ihrer Situation abgefunden.
Jetzt plagte sich Martin jeden Morgen vor der Arbeit in seinem Fitnesscenter ab, wie er es nannte. Bei Jessica hießen die Geräte nur Folterinstrumente, wenngleich sie dieses Wort ihm gegenüber nicht verwendete. Sie hatte Martin zuliebe sogar versucht, sich mit ihnen anzufreunden, doch ebenso wie von der Diät war sie auch davon bald wieder abgekommen. Sie war eben ein Genussmensch, liebte das Kochen und Backen. Es gab für sie kaum etwas Schöneres, als sich stundenlang mit einem Buch aufs Sofa zurückzuziehen und Pralinen zu naschen.
Im Schlafzimmer zog sie an und drehte ihre Haare zu einem Knoten auf. Nie benutzte sie einen Fön, denn sie wollte nicht, dass sie stumpf wurden oder brachen. Ihre Haare waren nämlich das Einzige an ihr, auf das die anderen Zahnarztgattinnen neidische Blicke warfen. Und das wollte sie sich nicht ruinieren.
Nachdem sie in ihren Hausanzug geschlüpft war, ging sie in die Küche. Im Badezimmer rauschte es noch immer, Martin hatte offenbar sehr viel Schweiß abzuwaschen.
Auch wenn sie für Martin mittlerweile fast nur noch Eiweißomelettes zubereitete, fühlte sich Jessica in der Küche irgendwie geborgen.
Als sie ihren Mann kennengelernt hatte, hatte sie in einer Konditorei gearbeitet und den Traum gehegt, eines Tages einen eigenen Laden zu haben. Dieser Traum war dann von etwas anderem ersetzt worden. Martin war eines Tages in den Laden gestürmt, um Spritzgebäck zu kaufen. Irgendwie hatte es Jessica gereizt, einen anzüglichen Witz darüber zu machen. Sie war rot geworden und er hatte gelacht. Nur ein paar Tage später hatten sie ihr erstes Date. Sie hatte Spritzgebäck und Schillerlocken mitgebracht. Gemeinsam hatten sie auf einer Wiese irgendwo in der Nähe von Potsdam gesessen und die prickelnden Gefühle füreinander genossen.
Später dann, als sie ihren Job aufgegeben hatte, um voll und ganz für Martin da zu sein, hatte sie täglich für ihn gekocht. Mit keinem Wort hatte er sich darüber beschwert, dass ihr Essen dick machen könnte. Er hatte ihre Kurven geliebt, die damals auch nicht schmaler waren als heute.
Genauso hatte er es geliebt, wenn sie seinen Penis mit einer Schillerlocke verglichen und seine Sahne und damit auch seinen Verstand herausgelutscht hatte. Diese Bilder erschienen ihr jetzt, als stammten sie aus irgendeinem Liebesfilm. Einem sehr alten Liebesfilm, der in irgendeinem Archiv vor sich hin schimmelte.
Nicht nur ihre Liebe, auch ihre Kochkünste litten unter Martins Körperkult. Sie waren nämlich nur noch gefragt, wenn sein Unternehmerclub wieder einmal eine seiner Wohltätigkeitsveranstaltungen plante. Dann hagelte es von überall her Lob und Bewunderung. Allerdings bekam sie meist keinen einzigen Bissen von den Köstlichkeiten ab, weil Martin sie ständig darauf aufmerksam machte, dass ihr Kleid nicht richtig saß oder schon wieder eine Speckrolle sichtbar war. Und das, was er sich von ihren Köstlichkeiten auf den Teller häufte, war zum Lachen. Nein, eher zum Weinen, denn im Grunde durfte sich ein Mann glücklich schätzen, wenn er eine Frau hatte, die gut kochen konnte.
Seufzend griff Jessica nach der Eierpackung.
»Wie möchtest du dein Omelette heute?«, hätte sie am liebsten gerufen. Mit viel Eiweiß oder mit mehr Mehl?
Abgesehen davon, dass er sie durch das Rauschen der Dusche wahrscheinlich nicht gehört hätte, wäre seine Reaktion dieselbe gewesen wie immer, wenn sie ihn etwas fragte: »Das weißt du doch!«
Also fragte sie gar nicht erst und machte sich an die Arbeit. Sie trennte das Eigelb vom Eiweiß, goss die Masse in die Pfanne, die sie nur ganz leicht mit Margarine gefettet hatte, und wartete, bis das Ei stockte. Phantasien von Sahne und Früchten auf goldgelben Pancakes kamen ihr in den Sinn und ließen ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Vor Martins Augen würde sie natürlich nur einen Toast mit Diätmargarine essen, aber wenn er weg war, würde sie das Eigelb, das sie vorgab wegzuwerfen, hervorholen und sich daraus Eier im Körbchen machen. Und zwar mit viel Butter! Oder vielleicht doch Pancakes? Sahne hatte sie leider nicht da, aber es wäre ein Leichtes, welche zu besorgen. Und dazu frische Erdbeeren!
Ebenso wenig, wie sich Martin mittlerweile für ihre Verführungskünste interessierte, wusste er, was sie an Vorräten in der Küche hatte. Natürlich konnte sie keine großen Kochorgien starten, denn wenn er nach Hause kam, würde er es riechen und ihr stundenlang Vorhaltungen machen, dass sie nie schlank werden könne, wenn sie immer wieder heimlich aß.
Ein kleiner Snack zwischendurch dagegen war unauffällig, besonders, wenn sie wie jetzt im Frühsommer den ganzen Tag über das Fenster offen halten konnte.
Endlich kam Martin aus dem Bad. Die Tür schlug zu, er huschte mit schnellen Schritten durch den Gang. Ein Blick auf die Küchenuhr zeigte Jessica, dass es Viertel vor acht war. Um acht Uhr begann seine Sprechstunde. Sicher würde er nur hastig ein paar Bissen nehmen und den Kaffee hinunterstürzen.
Sie legte ihm das unförmige, blasse Etwas auf den Teller und goss ihm einen Kaffee ein. Martin trank ihn immer schwarz, nicht mal Süßstoff oder fettfreier Kaffeeweißer durften hinein.
Nur wenige Augenblicke später stürmte er durch die Tür. Diesmal trug er bereits seine weißen Praxisklamotten. Unter dem T-Shirt zeichneten sich seine Muskeln ab, und die Hose spannte sich aufregend eng über seine Männlichkeit. Jessica konnte nicht behaupten, dass dieser Anblick sie kaltließ.
Er legte sein Handy und das Schlüsselbund auf den Tisch. Wie Jessica es vorhergesehen hatte, schlang er sein Frühstück in Windeseile hinunter. Zwischendurch nippte er an seinem Kaffee. Dieser war heiß, weshalb Martin sich dazu genötigt sah, doch noch ein wenig mit ihr zu reden.
»Heute Abend wird es wieder spät«, begann er, wie so oft in der letzten Zeit. »Gestern hat sich noch eine OP angesagt, ein Patient lässt sich sage und schreibe acht Implantate setzen. Damit dürfte unser Sommerurlaub gerettet sein.«
Nicht, dass der Urlaub jemals in Gefahr gewesen wäre, dachte Jessica ein wenig spöttisch. Du würdest ohnehin keinen machen. Und selbst wenn, würde es dein Vermögen auch ohne diesen wichtigen Patienten zulassen, eine große Reise zu unternehmen.
Wenigstens versuchte er heute, ein wenig mit ihr zu plaudern. Oder besser gesagt, er versuchte, ihr die bittere Pille, dass sie heute Abend wieder mal allein sein würde, schmackhafter zu machen.
Eigentlich wäre jetzt Jessica an der Reihe gewesen, ihm zu berichten, was sie heute vorhatte. Doch was sollte sie schon vorhaben, außer putzen, einkaufen gehen und die Kleider, die sie bei der letzten Party getragen hatten, aus der Reinigung zu holen? Sie würde vielleicht ein Buch lesen, sich was zu essen machen und dann durch die Programme zappen. Nichts, was mit den Ereignissen in Martins Zahnarztpraxis zu vergleichen wäre.
Im Grunde genommen wollte er von ihr gar keine Antwort hören. Die Zeiger rückten auf fünf vor acht. Als er es bemerkte, verschluckte er sich fast an seinem Kaffee. Hustend sprang er auf, griff nach seinen Schlüsseln und nachdem er ihr ein »Mach's gut!« zugerufen hatte, war er auch schon aus der Tür.
Jessica stellte die Kaffeekanne ab und blickte auf den traurigen Rest des Frühstücks, das eigentlich kein richtiges Frühstück war. Da bemerkte sie, dass Martin sein Handy neben dem Teller vergessen hatte.
Das war ihm noch nie passiert! Vor allem in letzter Zeit war es sein ständiger Begleiter gewesen und nie ließ er es irgendwo liegen!
Jessica fand daran nichts sonderbar, immerhin war er Zahnarzt. Es gab tatsächlich Patienten, die ihren Mann zu den unmöglichsten Zeiten auf dem Handy anriefen und ihm ihr Leid klagten. Umso mehr würde er es jetzt vielleicht vermissen.
Sie griff nach dem Handy und beschloss, es Martin zu bringen, doch da hatte er den Motor bereits angelassen und wenig später preschte er davon. Es hatte keinen Zweck, einem zweihundert PS starken Boliden nachzulaufen.
Jessica kehrte in die Küche zurück. Sie spielte mit dem Gedanken, in der Praxis anzurufen und den Helferinnen zu sagen, dass sie Martin an sein Handy erinnern sollten. Aber wahrscheinlich würde es ihm selbst auffallen, wenn er aus dem Wagen stieg und es aus der Tasche ziehen wollte.
Plötzlich vibrierte das Telefon in ihrer Hand. Jessica schrie erschrocken auf und hätte es um ein Haar fallen gelassen, doch im letzten Moment erwischte sie es noch. Seit wann hatte Martin das Gerät denn auf lautlos gestellt?
Als sie auf das Display blickte, sah sie, dass er eine WhatsApp-Nachricht erhalten hatte.
Hi Süßer, das ist ja mal ein scharfes Schwanzfoto! Du musst ziemlich heiß an mich gedacht haben bei dieser Ladung. Heute Abend werde ich dir die Soße vom Stengel lecken. Kuss, Gina.
Jessica schnappte nach Luft. Sie starrte auf das Handy, als hätte es sich unter ihren Händen in eine riesige Spinne verwandelt. Eine ganze Weile konnte sie sich nicht rühren, ja, sie vergaß sogar auszuatmen.
Das Licht des Displays erlosch, aber die Nachricht brannte weiterhin vor ihren Augen. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander, ohne dass Jessica sie greifen konnte.
Sie schlurfte zum Küchentisch und ließ sich auf den Platz fallen, auf dem Martin zuvor gesessen hatte. Dass sie dabei mit dem Ellenbogen mitten im Rest seines Eiweißomelettes landete, bekam sie gar nicht mit. Sie drückte auf eine Taste und das Displaylicht flammte wieder auf. Wieder und wieder las Jessica die Zeilen, die so wenig und gleichzeitig so viel sagten.
Offenbar hatte Martin unter der Dusche so lange gebraucht, weil er gewichst und das Ergebnis auch noch fotografiert hatte. Und das Bild hatte er dann einer anderen geschickt!
Während sie spürte, wie sich ihr Innerstes zusammenzog, scrollte sie sich durch WhatsApp.
Sie wusste, dass sich das nicht gehörte und dass sie sein Vertrauen brach, doch in diesem Augenblick konnte sie nicht anders. Martin hatte ihr Vertrauen zuerst missbraucht, da stand es ihr ohne Frage zu, die Wahrheit zu erfahren.
Ihr Herz begann zu rasen, so schlimm, dass sie die Adern an ihren Schläfen und am Hals spüren konnte. Nach keinem noch so anstrengenden Dauerlauf hätte sie so einen Puls haben können!
Fieberhaft ging sie die Nachrichten durch und bei jeder, die sie gelesen hatte, fühlte sie sich, als würde ihr jemand ein Messer zwischen die Schulterblätter rammen.
Natürlich fand sie auch das »Schwanzfoto«, das er Gina geschickt hatte, und sie musste zugeben, dass die Ladung, die er abgeschossen hatte, beträchtlich war. Außerdem stieß sie auf einige andere Nachrichten, bei denen sich ihr Magen kräftig zusammenkrampfte. Neben Dankes-Nachrichten für scharfe Nächte fand Jessica Fotos von Gina: Brüste, Blicke unter den Rock, Lippen, sie sich um einen kräftigen, von blauen Adern überzogenen Penis schlossen. Niemals ein ganzes Gesicht.
Dazu immer wieder Liebesschwüre und Schwärmereien und zwischendurch auch Ansagen der härteren Sorte. Ein paar Mal gab es sogar die Ankündigung, dass ihm Gina etwas für zwischendurch auf die Mailbox stöhnen werde.
Den Live-Mitschnitt wollte sich Jessica allerdings nicht antun. Kraftlos ließ sie den Arm sinken. Das Handy erschien ihr mit einem Mal so schwer wie eine von Martins Hanteln. Ihr Herz raste noch immer, allerdings nicht mehr, weil sie ein schlechtes Gewissen hatte. Sie war nur noch enttäuscht und sauer. Vor allem ärgerte es sie, dass sie es nicht schon früher bemerkt hatte.
Im Nachhinein fielen ihr all die kleinen Vorzeichen auf. Martins Unlust im Bett, die vielen Überstunden, die Mäkeleien über ihre Figur, sein Körperkult und die lange Zeit, die er im Bad verbrachte. Sie wollte gar nicht daran denken, was er sonst noch alles tat. Mit dieser Gina! Wer war sie? Eine seiner Zahnarzthelferinnen? Nein, Martin würde sich nie mit einer von denen einlassen. Die waren ihm sicher zu gewöhnlich.
Die wenigen Bildausschnitte ließen auf eine Frau schließen, die Männer gemeinhin als »scharfes Geschütz« bezeichneten. Jessica fiel nur das Wort »Nutte« dazu ein, doch das änderte auch nichts.
Was sollte sie nun tun? Ihm eine Szene machen? Ihre Mutter anrufen? Oder so tun, als wäre nichts geschehen?
Sie war keine Frau, die zu ihrer Mutter rannte, sobald ihr Mann etwas anstellte. Wahrscheinlich wäre ihre Mutter sogar der Ansicht, dass sie selbst schuld war, wenn Martin sie betrog. Ihre Ansichten stammten direkt aus der Mottenkiste und besagten, dass eine Frau den Mann immer wieder aufs Neue reizen müsse, damit er ihr treu blieb. Was Martin anging, war sie da in den letzten Monaten mehr und mehr auf eine Mauer getroffen. Kein Wunder, denn er hatte ja Gina!
Das Motorengeräusch von Martins Wagen riss sie aus ihren Gedanken. Er hatte das Fehlen seines Handys offenbar ziemlich schnell bemerkt. Vielleicht, weil er nachsehen wollte, wie Gina die Schwanzfotos gefallen hatten? Oder wollte er ihr etwa weitere Bilder von unterwegs schicken?
Jessica hatte das Handy gerade zurückgelegt, als ihr einfiel, dass Martin es sehen konnte, dass sie seine Nachricht wenn auch unabsichtlich geöffnet hatte. Ungeschehen machen konnte sie den Vorgang nicht mehr, also entschloss sie sich, die Nachricht einfach zu löschen. Auch wenn sie kein eigenes Handy hatte, fand sie schnell heraus, wie es ging.
Drei Tastenklicks und es war geschehen. Gina würde zwar sicher nachfragen, warum Martin ihr nicht geantwortet hatte, aber bestimmt gab es manchmal irgendwelche Netzschwierigkeiten. Ihr Mann hatte jedenfalls ab und an darüber geklagt, dass Nachrichten nicht verschickt wurden. Außerdem hatte sie bisher noch nie in seinen Sachen herumgeschnüffelt, daher würde er es ihr gewiss nicht zutrauen.
Rasch legte sie das Handy wieder so hin, wie sie es neben dem Teller entdeckt hatte. Martin hatte den Wagen bereits abgestellt und seine Schritte polterten den Weg zur Haustür entlang.
Jessica rieb sich die kalten Hände und überlegte, was sie tun sollte. Sie könnte ihn gleich hier und jetzt überrumpeln, ihm seine Liebschaft vorhalten und mit Scheidung drohen. Doch das wäre zu unüberlegt. Was er ihr gerade antat, war nicht einfach mit Scheidung oder einem Wutanfall wiedergutzumachen. Über Ersteres würde er sich am Ende sogar noch freuen!
Sie musste sich etwas Besseres überlegen, um es ihm richtig heimzuzahlen. Etwas, das ihn bis ins Mark treffen und ihm die gleichen Schmerzen verursachen würde wie ihr.
Als sie Martin hereinkommen hörte, wandte sie sich dem Küchenschrank zu. Ihr Gesicht glühte und sie wollte nicht, dass er sie so sah. Also tat sie, als würde sie zwischen den Tassen etwas suchen.
»Hallo Schatz, hast du mein Handy gesehen?«, rief Martin auch schon durch die Tür.
»Es liegt auf dem Küchentisch«, gab Jessica zurück, während sie weiter mit den Tassen klapperte, damit ihm nicht auffiel, wie verletzt sie klang und dass sie kurz vorm Heulen war.
»Ah, stimmt, vielen Dank!«, rief er und ließ das Telefon in seine Tasche wandern. »Dann bis heute Abend!«
Damit verschwand er wieder. Natürlich hatte er nichts bemerkt. Als Jessica die Haustür gehen hörte, ließ sie vom Schrank ab und stellte sich ans Küchenfenster. Sie konnte gerade noch sehen, wie Martin zu seinem Wagen eilte. Natürlich warf er dabei einen Blick aufs Handy. Bestimmt würde er gleich nachfragen, ob Gina die Nachricht erhalten hatte.
Schließlich ertönte das Röhren des Motors und Jessica kehrte zum Küchentisch zurück. Ihr Blick blieb an der Stelle hängen, an der das Handy gelegen hatte. Etliche Fragen nach dem Warum fuhren in ihrem Verstand Achterbahn. Dann endlich brachen die Tränen aus ihr hervor.
Sie weinte so lange, bis nur noch ein Schluchzen blieb. Gut, ihre Ehe war schon seit einiger Zeit nicht mehr prickelnd gewesen, aber noch nie zuvor hatte sie sich so allein gefühlt wie jetzt. Noch nie hatte sie sich so hilflos gefühlt. So wertlos.
Doch sie war keine Frau, die den Kopf in den Sand steckte. Ja, sie hatte sich einiges von Martin gefallen lassen, nur dachte sie zu der Zeit, dass er sie immer noch liebte. Soeben hatte sie den Gegenbeweis erhalten, also konnte sie sich nun daranmachen, es ihm heimzuzahlen. Wie sie das tun sollte, wusste sie noch nicht, aber ihr würde schon noch etwas einfallen.
Erst einmal musste sie hier raus! Sie hatte keine Ahnung, wie sie so tun sollte, als wäre nichts gewesen. Irgendwie würde es schon gehen, und irgendwie würde sie weitermachen können.
Vielleicht würde die Morgenluft ihren Verstand ja ein wenig freipusten und ihr eine Eingebung bescheren.
Sie wischte also ihre Tränen ab und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Ihre Augen blieben zwar geschwollen, aber das würde sich bald legen. Ab und zu wurde sie noch von einem verirrten Schluchzen durchgeschüttelt, doch das verschwand schließlich ebenso, wie sich die Brandung wieder ins Meer zurückzog.
Andreas erwachte, als sein Penis hart gegen die Bettdecke drückte. Dass es keine gewöhnliche Morgenlatte war, spürte er sofort. Er hatte einen unheimlich scharfen Traum gehabt, von einer Frau, der er mitten im Park begegnet war und die einfach schamlos ihren Rock gelüftet hatte. Ein prachtvoller, großer Hintern war darunter zum Vorschein gekommen und als sie sich gebückt hatte, konnte er einen Blick auf ihre rasierte Pussy werfen. Sie wirkte wie ein feuchter Schlund, der darauf aus war, ihn zu verschlingen. Er hatte nach den prallen Backen gegriffen und wollte seinen Schwanz gerade in sie hineinstoßen - da hatte der Wecker geklingelt.
Das hatte er nun davon. Einen Mordsständer und niemanden, den er damit beglücken konnte. Der Platz neben ihm war leer, das hatte er gleich gespürt. Nicole war wieder auf einer ihrer Joggingrunden. Er hatte keine Ahnung, woher diese Frau ihren Elan nahm. Früher war sie mit dem gleichem Eifer im Bett aktiv gewesen, aber das hatte sich seit einiger Zeit gegeben. Manchmal verfluchte Andreas sämtliche Frauenzeitschriften, die den Frauen einredeten, dass sie ihren Körper stählen sollten, als gelte es, bei der Miss-Mager-Wahl mitzumachen. Nicole war keinesfalls zu dick, aber sie glaubte, dass sie es werden könnte, wenn sie auch nur einmal auf ihren Sport verzichtete.
Mittlerweile hatte er sich damit arrangiert, wenngleich er Nicole trotzdem immer wieder sagte, dass sie ihm so gefiel, wie sie war. Das war keinesfalls einfach so daher gesagt.
Sie war gut gewachsen, schlank und hatte feste, kleine Brüste, die aufregend hüpften, wenn sie ihn beim Sex ritt. Ihre Schenkel waren fest und ihr Hintern hatte zwar nicht die Ausmaße seiner Traumbekanntschaft, doch die wohlgeformten Backen konnten ihn schon in den Wahnsinn treiben, wenn er es ihr von hinten besorgte. Mittlerweile machte es ihn sogar an, wenn Nicole vollkommen verschwitzt zurückkehrte, nur leider hatte sie nach dem Sport meist nicht mehr die geringste Lust auf Sex. Was sollte er jetzt machen? Sich einen runterholen? Oder sich die Bettdecke zwischen die Schenkel klemmen?
Bevor er sich für eine Alternative entscheiden konnte, ging die Haustür. Offenbar hatte Nicole heute nur eine kleine Runde gedreht. Meist war sie nicht unter einer Dreiviertelstunde unterwegs. Das Wetter konnte ihr keinen Strich durch die Rechnung gemacht haben, denn draußen schien die Sonne. Vielleicht hatte sie ja ihre Lust auf etwas anderes wiederentdeckt.
Dieser Gedanke machte ihn mutig. Wenn sie erst sah, was er an diesem Morgen zu bieten hatte, würde sie sich vielleicht zu einer Nummer überreden lassen. Andreas wusste auch schon, was er sagen konnte, wenn sie ihre mangelnde Lust wieder einmal auf den Sport schob.
Einen Moment noch lauschte er ihren Schritten, dann kletterte er aus dem Bett. Rasch schlüpfte er aus seiner Pyjamahose und trat aus dem Schlafzimmer. Seine Erektion war ein wenig abgeflacht, aber ihm war immer noch anzusehen, dass dies nicht der Normalzustand war.
Als Nicole ihn bemerkte, blieb sie stehen. Ihr Shirt klebte an ihren Brüsten, die Nippel waren hart. Überall hatten sich Schweißflecken auf ihren Kleidern gebildet, doch der Geruch, der Andreas entgegenströmte, war keineswegs unangenehm.
»Na Schatz, wie war dein Training?«, fragte er und schob die Hüften vor, um sich in ein noch besseres Licht zu rücken.
»Es war gut, wie immer. Ich habe heute nur ein wenig früher Schluss gemacht.«
Andreas ging ihr entgegen und lächelte. »Weil du Sehnsucht nach mir hattest?«
Nicole brauchte einen Moment, dann antwortete sie: »Nein, ich habe mir den Knöchel verdreht und ...«
Bevor sie weitersprechen konnte, zog er sie an sich und küsste sie.
Irgendwie meinte er, einen kleinen Widerstand zu spüren, doch der verschwand sofort, als seine Zunge sich den Weg in ihren Mund bahnte. Plötzlich war sie weich wie Wachs in seinen Händen und sie wehrte sich auch nicht, als er sie mit sich ins Bad zog.
»Dann sollte ich mich wohl mal ein wenig um deinen Knöchel kümmern«, sagte er und begann, sie aus ihrer Trainingskluft zu schälen.
»Meinst du nicht, ich sollte erst mal duschen?«, fragte sie, als er ihr aus dem T-Shirt half.
»Warum denn?«, fragte er. Kaum war das Kleidungsstück auf dem Boden gelandet, vergrub er sein Gesicht in ihren Brüsten.
Nicole wollte etwas erwidern, ließ es aber sein, als er einen ihrer Nippel in seinen Mund saugte. Er wusste, dass dies die empfindlichste Stelle an ihrem gesamten Körper war und dass er ihr damit alle nebensächlichen Gedanken austreiben konnte.
»Keine Sorge, du bekommst deine Dusche«, raunte er, als er sie schließlich wieder freigab, um ihr die Leggings und den Tanga von den Hüften zu streifen. »Wir duschen einfach gemeinsam und ich verspreche dir, dass dein Knöchel dabei entlastet wird.«
Der Geruch wurde immer besser und sein Schaft immer härter. Wenn er sie nicht bald unter die Dusche bekam, würde er abspritzen, noch bevor er in ihr drin war. Rasch zerrte er an den Beinkleidern und hob Nicole dann auf seine Arme.
»Na, du hast es ja eilig«, sagte sie scherzhaft und lachte auf. »Das passt gar nicht zu dir, wo du doch sonst immer den großen Genießer spielst.«
»Ich weiß ja, dass du zur Arbeit musst, aber ich will nicht, dass du mir entwischst, bevor wir kommen.«
Vor der Dusche ließ er sie wieder herunter und drehte den Wasserhahn auf. Er achtete darauf, dass das Wasser nicht zu kalt wurde, denn er wollte nicht, dass Nicoles frisch aufgeflammte Lust gleich wieder verging. Als es die richtige Temperatur hatte, zog er sie mit sich und erneut küssten sie sich. Ihre Zungen glitten übereinander und erforschten den Mund des anderen. Andreas knetete ihre Brüste und glitt langsam an ihr hinab. Nicole rasierte sich neuerdings sehr sorgfältig, was ihm besonders gut gefiel. Er öffnete den Mund und umschloss einen Teil ihres Venushügels mit den Lippen. Gleich darauf ließ er die Zunge in die Spalte gleiten und als er ihren Kitzler berührte, zuckte Nicole zusammen.
»Komm, lass mich nicht länger warten«, raunte sie und griff nach seinem Haar, als wollte sie ihn hochziehen. Andreas tat ihr den Gefallen, denn er hielt es auch kaum mehr aus.
Während das Wasser auf sie herabrieselte, umklammerte er ihren kleinen, knackigen Hintern und hob sie an. Das Training hatte sie federleicht gemacht, jedenfalls kam es ihm so vor. Er drängte sie gegen die Kacheln und als sie merkte, was er vorhatte, legte sie ihm die Beine um die Hüften. Sobald sie die Spitze seines Gliedes spürte, stöhnte sie auf.
Für einen Moment verharrte er an ihrem Hals und küsste ihn, dann drang er in sie ein. Eng umschlossen ihre Schamlippen seinen Schaft und Nicole drängte sich ihm entgegen. Andreas nahm das als Zeichen, dass er loslegen sollte und fing an zu stoßen. Zunächst vorsichtig, als würden sie es das erste Mal miteinander treiben, dann wurde er schneller und schneller. Nicole schien nichts dagegen zu haben, denn sie stöhnte immer lauter und klammerte die Beine immer fester um ihn.
Sie steigerten sich zu einer wilden, ekstatischen Raserei, bei der Nicole an den Kacheln der Duschzelle auf und ab rutschte und ihre Brüste im Rhythmus seiner Stöße gegen seine Haut klatschten. Als Andreas kam, lehnte er sich mit seinem vollen Gewicht gegen sie, sein Schwanz war jetzt vollkommen in ihr. Ihm war, als würde jeden Moment sein Verstand aus dem Hirn fliegen. Nach so einem Fick hatte er sich seit langem gesehnt und so, wie Nicole sich gebärdet hatte, war auch sie voll und ganz auf ihre Kosten gekommen. Sie sagte ihm nie, ob sie einen Orgasmus hatte, sondern ließ es ihn jedes Mal selbst herausfinden. Aber heute, da war er sich sicher, war es alles andere als eine eheliche Pflichtübung gewesen.
»Ich muss los«, sagte sie unvermittelt, als sie wieder zu Atem gekommen war.
»Kannst du nicht mal einen Tag freinehmen?«, fragte er und küsste ihre Schläfen. Bevor er sich wieder ihren Lippen zuwenden konnte, drehte sie den Kopf zur Seite und stemmte die Hände gegen seine Arme.
»Nein, das geht nicht. Mein Chef will die Statistiken schon morgen und wenn ich heute fehle, bekomme ich den Rüffel meines Lebens.«
Andreas seufzte und zog sich zurück. War Nicole soeben noch heiß wie frische Lava gewesen, wirkte sie auf einmal kühl wie ein Stein. Er kannte diese Stimmung an ihr und wusste, dass jetzt selbst die besten Verführungskünste nichts mehr brachten. Kaum hatte er die Duschkabine verlassen, zog sie die Tür zu, wobei sie den Blick krampfhaft auf die Armatur gesenkt hielt. Durch die Scheibe konnte er beobachten, wie sie nach dem Duschgel griff und sich einseifte.
Ein wenig Ernüchterung machte sich in ihm breit. Früher hatte Nicole nichts dagegen gehabt, spontan einen Tag freizunehmen. Und sie hatte auch nichts gegen Zärtlichkeiten nach dem Sex gehabt. Ihre Worte eben hatten ja schon beinahe einem Rauswurf geglichen.
Er seufzte und kehrte ins Schlafzimmer zurück. Auch für ihn wurde es Zeit, dass er sich für die Arbeit fertig machte. Als Werbegrafiker mit eigenem Studio war er zwar sein eigener Herr, doch auch er hatte einige Aufträge auf dem Tisch, die er in den nächsten Tagen erledigen musste. So viel Zeit, um sich mit seiner Frau einen schönen Tag zu machen, hätte er allerdings gehabt...
Als er hörte, dass Nicole fertig war, ging er ins Badezimmer. Nicole hatte sich in ein Handtuch eingewickelt, Wassertropfen fielen aus ihrem roten Haar auf ihre Schultern und bildeten ein feines Rinnsal zwischen ihren Brüsten. Sie hätte seinen Blick spüren müssen, doch sie hob den Kopf nicht. Offenbar war sie bereits bei ihren Statistiken.
Andreas verschwand in der Dusche. Für einen kleinen Moment hatte er gehofft, dass er ihren Geruch dort vorfinden würde, doch das Duschgel hatte jede Spur des Aktes beseitigt. Also rieb er sich ebenfalls ein und ließ auch seinerseits alle Gerüche und die Säfte, die noch an ihm klebten, verschwinden.
Als er kurz darauf in die Küche kam, sah er, wie Nicole mit ihrem Handy hantierte. Hinter ihr blubberte die Kaffeemaschine und aus dem Toaster sprangen gerade zwei leicht gebräunte Toastbrotscheiben.
Nicoles Ansage, dass sie wegen der Statistiken nicht freinehmen konnte, hatte die Stimmung zwischen ihnen ein wenig getrübt. Andreas wusste nicht, woher das kam. Vielleicht war es nur eine momentane Laune. Vielleicht brauchte sie auch endlich mal wieder ein wenig Abwechslung und Entspannung.
»Wie lange musst du heute arbeiten?«, fragte er, während er die Kaffeekanne aus der Maschine nahm und sich eine Tasse eingoss.
»Warum fragst du?«, gab Nicole zurück, ohne von dem Handydisplay aufzublicken.
Offenbar schrieb sie wieder ihrer Freundin Anke, da konnte sie nur ein Erdbeben davon abbringen, das Gerät aus der Hand zu legen.
»Weil ich heute gern mit dir ausgehen möchte. Wir waren schon so lange nicht mehr gemeinsam unterwegs.«
»Hm«, war die einzige Reaktion darauf, offenbar beeilte sich Anke mit dem Antworten.
»Wie wäre es, wenn wir ins Kino gehen? Oder in ein schickes Restaurant?«
Nicole schreckte hoch, als hätte er etwas Falsches gesagt.
»Was?«
Offenbar hatte sie ihm nicht zugehört. Andreas seufzte.
»Ich hab dich gerade gefragt, ob wir heute Abend ausgehen wollen.«
Nicole strich sich mit einer nervösen Geste die Haare aus dem Gesicht. »Geht leider nicht, ich werde heute wohl wieder Überstunden machen müssen. Vielleicht am Wochenende.«
Er nickte resigniert. »Okay, dann am Wochenende.«
Diesmal schien Nicole seine Enttäuschung zu spüren, denn sie ließ die Hand sinken, kam zu ihm und gab ihm einen Kuss. »Am Wochenende feiern wir den Abschluss dieses verdammten Projekts. Danach wird es endlich wieder ein wenig ruhiger und wir haben mehr Zeit füreinander.«
Halb zufrieden nickte Andreas, strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und küsste sie erneut. Dann wirbelte sie herum und nahm die Toastscheiben aus dem Toaster.
Nachdem Jessica ihre Einkäufe und Besorgungen erledigt hatte und eine Weile durch die Stadt geschlendert war, kehrte sie nach Hause zurück.
Am Zaun, der das Anwesen umgab, blieb sie stehen und betrachtete die Villa. Die Rosen, die sich an der Südseite des Gebäudes bis ins erste Stockwerk emporrankten, standen in voller Blüte. Jessica musste plötzlich an Sex auf einem Bett voller Rosenblüten denken - und daran, dass Martin und sie so etwas nie gemacht hatten. Wie so viele andere Dinge auch.
Vor zehn Jahren hatten sie die Villa gekauft, als die Praxis anfing, sehr gut zu laufen. Sie wollten das Anwesen zu ihrem Palast machen, zu einem Liebesnest, und sie wollten sich nicht um die Nachbarn kümmern, wenn sie es wild miteinander trieben. Doch die Zeit, der Alltag und die Hormone hatten all ihre Pläne zunichte gemacht.
Noch immer war Jessica wie betäubt. Ihre Füße waren ihr in der Stadt bleischwer vorgekommen und ihr Magen hatte sich schmerzhaft zusammengezogen, als sie ein knutschendes Pärchen beobachtet hatte.
Ein paar Männer hatten ihr in der Stadt nachgesehen, doch dem maß sie keine Bedeutung bei. War das ein Fehler? Vielleicht war sie attraktiver, als sie dachte. Attraktiver, als Martin sie in seinem Diätwahn glauben machen wollte. Was wusste er denn schon, immerhin hatte er ja nur Augen für seine Gina!
Jessica atmete tief durch und ging ins Haus.
Auf dem Anrufbeantworter waren während ihrer Abwesenheit keine Nachrichten eingegangen. Wie immer hatte Martin nicht über Mittag angerufen, um zu fragen, wie es ihr ging. Früher hatte er es regelmäßig getan, aber seit einigen Jahren war Schluss damit. Er hatte behauptet, dass er aufgrund seines ausgebuchten Terminkalenders immer wieder Termine in die Mittagspause schieben müsse.
Was er in den Mittagspausen wirklich getan hatte, wusste sie nun.
Warum war sie nur so blind gewesen? Warum hatte sie nichts bemerkt?
Eine Weile stand sie ratlos im Flur, dann ging sie ins Schlafzimmer. Nicht, um sich weinend in die Kissen zu werfen. Tränen hatte sie keine mehr. Für sie war jetzt die Zeit der Bestandsaufnahme gekommen.
Im Schlafzimmer begann sie sich auszuziehen. Seit Martins Interesse an ihr nachgelassen hatte, waren auch ihre Outfits immer farbloser geworden. Es war, als hätte sie instinktiv gewusst, dass es sich nicht mehr lohnte, sich schön zu machen. Sie streifte ihre Jeans und das weite T-Shirt ab und schälte sich aus ihrer schmucklosen Baumwollunterwäsche (die laut Martin am besten für die Haut war). Nachdem sie auch die Socken los war, stellte sie sich vor den Spiegel. Sie löste den Haarknoten in ihrem Nacken und zupfte das Haar mit den Fingern auseinander. Es reichte ihr fast bis zur Taille. Sie hätte mühelos ihre Brüste darunter verbergen können, wie eine Figur auf einem Botticelli-Gemälde.
Als sie fertig war, drückte sie den Rücken durch und fing an, sich von Kopf bis Fuß zu betrachten. Ihr Haar war ihr großes Kapital, selbst Frauen aus der Shampoo-Werbung konnten da nicht mithalten. Dass sie eine Vorliebe für gutes Essen hatte, ließ ihr Gesicht ein paar Jahre jünger wirken, denn sie hatte einen Ansatz zu Pausbäckchen, wie ihn meist nur Teenager vorweisen konnten. Ihre dunklen Augen wirkten ein wenig südländisch, ihre Lippen waren voll. Wäre sie ein Mann, würde sie beim Anblick ihrer Lippen Blowjob-Phantasien hegen.
Weiter ging es zu ihrem Hals. Er war weder dünn noch speckig. Dank ihrer Konfektionsgröße hatte sie an den Schlüsselbeinen keine Salzfässer wie andere, dünnere Frauen in ihrem Alter. Die Knochen standen nur so weit hervor, wie es natürlich war. Und dann die Brüste. Groß, aber nicht so groß, dass die Schwerkraft bereits Schaden anrichten konnte. Früher hatte Martin mal davon geschwärmt. Er konnte gar nicht genug bekommen von ihr in geblümten Sommerkleidern, wenn sie die oberen Knöpfe offen ließ. Aber da waren sie auch noch nicht ständig auf irgendwelchen Schickimicki-Partys gewesen, bei denen die Frauen darum wetteiferten, wann die erste wohl Kleidergröße dreißig trug.
Als Nächstes kamen die Problemzonen. Ihre Taille war im Gegensatz zu ihrem Hintern recht schmal, doch beides entsprach gewiss nicht dem Gardemaß. Vor allem ihr Hintern war rund wie ein Pfirsich. Früher hatte ihr Martin noch liebevoll in die Speckrolle an den Hüften gekniffen. Wenn er sie geneckt hatte mit der Behauptung, dass sie dick sei, hatte sie ihm geantwortet, dass sie dem abhelfen könnten, indem sie ins Schlafzimmer gingen und dort eine Runde vögelten.
Davon war er in letzter Zeit gänzlich abgekommen.
Über ihren Pfirsichhintern ließ sie ihren Blick zu den Beinen hinunterwandern, die immer noch schlank und passabel aussahen, auch wenn sie sie nicht mit Jogging malträtierte. Wegen der anhaltenden Kritik ihres Mannes hatte sie es sich abgewöhnt, kurze Röcke zu tragen. Wenn es hochkam, befanden sich in ihrem Kleiderschrank höchstens noch zwei oder drei Teile von Kostümen, die sie schon seit einer ganzen Weile nicht mehr getragen hatte.
Warum hatte sie bloß auf ihn gehört?
Ganz einfach, weil sie dachte, er würde sie noch immer lieben und nur ihr Bestes wollen. Um ihn nicht zu blamieren, hatte sie sich in weite Kleidung gehüllt. Jetzt hatten ihr einige wenige Sätze auf einem Handydisplay deutlich gemacht, dass das Ganze eigentlich ein Akt der Demütigung war, weil Martins Liebe und Loyalität einer anderen gehörten.
Jessica hätte sich die Mühe machen können, darüber nachzudenken, wie lange die Sache zwischen Martin und Gina schon ging. Aber das wollte sie nicht. Schwimm oder geh unter, vor dieser Alternative hatte sie besonders in jungen Jahren häufiger gestanden. Du solltest dich darauf besinnen, dachte sie.
Schon immer hatten Demütigungen ihren Trotz angestachelt. Ob es nun ihr Genießerfrühstück war, das sie zu sich nahm, wenn Martin mit dem faden Eiweißomelette im Magen zur Arbeit gefahren war. Oder dass sie Butter statt Margarine verwendete, wenn sie für die Wohltätigkeitsveranstaltungen Kuchen backte.
Gut, das reichte nicht für den Titel einer Rebellin, aber Jessica machten diese kleinen Abweichungen vom Erwarteten Spaß. Vielleicht sollte sie es in dieser Situation ebenfalls tun. Vielleicht sollte sie keine Fressorgie veranstalten, sondern ihr Leben umkrempeln. Sich etwas schaffen, das ihrem Leben Sinn gab - und Martin zur Weißglut trieb, wenn er es herausfand. Der Gedanke an eine Affäre kam ihr in den Sinn. Sicher gab es Männer, die Frauen mit ihrer Statur mochten und geil wurden, wenn sie ihre Hände auf einen runden Hintern legen konnten.
Nur wo sollte sie solche Männer finden? Auf der Baustelle? Nein, so mutig, dort einfach hinzugehen und zu fragen, wer von den Kerlen es ihr besorgen wolle, war sie nicht.
Zum Glück gab es das Internet. In Zeiten von Cybersex und Online-Dating wollte sie es doch wohl nicht ernsthaft mit der alten Methode versuchen!
Außerdem, so ging es ihr durch den Kopf, war eine Affäre im Internet nicht nachzuweisen - und völlig unverbindlich. Niemand wusste, wer sich hinter ihrem Nickname verbarg und wenn ihr jemand nicht passte, konnte sie sich einfach zurückziehen. Das war im wirklichen Leben manchmal nicht so einfach, im Internet dagegen ganz normal.
Noch einen Moment blickte sie ihr Spiegelbild an, als sei es eine gute Freundin, die ihr Mut und Hoffnung machen wollte. Dann wandte sie sich um und verließ das Schlafzimmer. Die Kleider ließ sie einfach liegen, denn das Gefühl der Nacktheit gefiel ihr. Das Schwingen ihres Körpers hatte etwas Erregendes.
Martin wäre sicher empört gewesen, dass sie tagsüber so herumlief, immerhin konnte der Paketbote klingeln oder jemand von den Stadtwerken. Aber Jessica sagte sich voller Trotz: Sollen sie doch kommen! Vielleicht verbarg sich unter dem Dress des Paketboten oder der Latzhose des Stromablesers ja jemand, der mit ihrem Aussehen etwas anfangen konnte. Und mit dem sie ebenfalls etwas anfangen konnte.