Die Macht der Drei - Hans Dominik - E-Book

Die Macht der Drei E-Book

Hans Dominik

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Beschreibung

"Die Macht der Drei" ist ein technisch-wissenschaftlicher Zukunftsroman. Die nahe Zukunft: Das Britische Weltreich droht zu zerfallen, der Konflikt mit den USA spitzt sich zu. Schließlich erklären die Briten den USA den Krieg. In diesem Moment greift die "Macht der Drei ein": Drei Männer mit einer neuartigen, gefährlichen Waffe, dem telenergetischen Strahler. Dieser verleiht ihnen ungeheure Macht. Die Zukunft der Menschheit hängt von diesen drei Männern ab. Nach einem Vorabdruck in der Zeitschrift "Die Woche" erschien der Roman 1922 beim Berliner Scherl-Verlag erstmals in Buchform. Wie auch die anderen Romane und Geschichten Dominiks wurde "Die Macht der Drei" bei Veröffentlichungen nach 1945 teilweise erheblich gekürzt bzw. zensiert. Lesen Sie hier erstmalig die vollständige und kommentierte Originalfassung von 1922. Mit einem illustrierten Vorwort des Verfassers. Null Papier Verlag

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Hans Dominik

Die Macht der Drei

Kommentierte Originalfassung

Hans Dominik

Die Macht der Drei

Kommentierte Originalfassung

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected] 1. Auflage, ISBN 978-3-954187-04-1

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Inhaltsverzeichnis

Der Au­tor

Zum Buch

Vor­wort zum 96. bis 100. Tau­send

Buch I

1

2<br />

3

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Buch II

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12

Buch III

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Dan­ke

Dan­ke, dass Sie sich für ein E-Book aus mei­nem Ver­lag ent­schie­den ha­ben.

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Ihr Jür­gen Schul­ze

Science Fic­ti­on & Fan­ta­sy bei Null Pa­pier

Auf zwei Pla­ne­ten

Der Herr der Welt

Der Brand der Che­ops­py­ra­mi­de

Die Macht der Drei

Be­fehl aus dem Dun­kel

Die Spur des Dschin­gis-Khan

Der ge­stoh­le­ne Ba­zil­lus

Der Krieg der Wel­ten

Der Un­sicht­ba­re

Die ers­ten Men­schen auf dem Mond

und wei­te­re …

Der Autor

Hans Do­mi­nik war der Pio­ni­er des uto­pi­schen Ro­mans in Deutsch­land und ei­ner der er­folg­reichs­ten deut­schen Po­pu­lär­schrift­stel­ler des 20. Jahr­hun­derts. Er wur­de 1872 in Zwickau ge­bo­ren und starb 1945 wäh­rend des Kriegs­en­des in Ber­lin. Ne­ben Science-Fic­ti­on hat Do­mi­nik auch Sach­bü­cher und Ar­ti­kel mit tech­nisch-wis­sen­schaft­li­chen In­hal­ten ver­fasst.

Sei­ne Ju­gend­jah­re wie auch den größ­ten Teil sei­nes Le­bens ver­brach­te er in Ber­lin. Am Gym­na­si­um in Go­tha be­geg­ne­te er dem Leh­rer Kurd Laß­witz (http://null-pa­pier.de/au­t­hor/kurd-lass­witz/), selbst ein frü­her Ver­fas­ser uto­pi­scher Ro­ma­ne. Man kann da­von aus­ge­hen, dass die­se Be­geg­nung nicht ohne Ein­fluss auf Do­mi­nik und sein spä­te­res Werk blieb.

Ab 1893 stu­dier­te Hans Do­mi­nik an der Tech­ni­schen Hoch­schu­le Ber­lin Ma­schi­nen­bau und Ei­sen­bahn­tech­nik. Spä­ter war er für meh­re­re Un­ter­neh­men im Be­reich der Gro­ß­in­dus­trie und des Berg­baus tä­tig, u.a. auch für Sie­mens.

Nach 1901 mach­te er sich als Fach­au­tor selb­stän­dig. Für Auf­trag­ge­ber aus der In­dus­trie ver­fass­te er Wer­be­bro­schü­ren und Pro­spek­te. Sei­ne Lei­den­schaft galt aber der auf­kom­men­den Science-Fic­ti­on Li­te­ra­tur oder bes­ser den »tech­ni­schen Aben­teu­er­ro­ma­nen«, wie die­se in Deutsch­land noch ge­nannt wur­den. Do­mi­nik war auch ab­seits der Li­te­ra­tur sehr um­trie­big, er grün­de­te ein Un­ter­neh­men und er­hielt meh­re­re Pa­ten­te auf dem Ge­biet der Au­to­mo­bil­tech­no­lo­gie.

Sein ers­ter uto­pi­scher Ro­man »Die Macht der Drei« er­schi­en 1922 als Fort­set­zungs­ge­schich­te und wur­de kurz dar­auf als Buch ver­öf­fent­licht. Ab 1924 wid­me­te sich Do­mi­nik ganz der Schrift­stel­le­rei, in Jah­res­ab­stän­den er­schie­nen wei­te­re Ro­ma­ne.

Ne­ben den rei­nen Aben­teu­er­ge­schich­ten für eine er­wach­se­ne Le­ser­schaft ver­öf­fent­lich­te er auch die (im­mer noch sehr stark vom tech­ni­schen Fort­schritt ein­ge­färb­ten) Ju­gend­ge­schich­ten um den Auf­stieg des John Work­man vom Zei­tungs­jun­gen zum Mil­lio­när: »John Work­mann, der Zei­tungs­boy« (1925).

Die wich­tigs­ten Wer­ke:

Die Macht der Drei, 1921

Die Spur des Dschin­gis-Khan, 1923

At­lan­tis, 1924/25

Der Brand der Che­ops­py­ra­mi­de, 1925/26

Das Erbe der Ura­ni­den, 1926/27

Kö­nig Lau­r­ins Man­tel (Al­ter­na­tiv­ti­tel: Un­sicht­ba­re Kräf­te), 1928

Kaut­schuk, 1929/30

Be­fehl aus dem Dun­kel, 1932/33

Der Wett­flug der Na­tio­nen. Prof.-Eg­gerth-Se­rie. Teil 1, 1932/33

Ein Stern fiel vom Him­mel. Prof.-Eg­gerth-Se­rie. Teil 2, 1933

Das stäh­ler­ne Ge­heim­nis, 1934

Atom­ge­wicht 500, 1934/35

Him­mels­kraft, 1937

Le­bens­strah­len, 1938

Land aus Feu­er und Was­ser. Prof.-Eg­gerth-Se­rie. Teil 3, 1939

Treib­stoff SR. (Al­ter­na­tiv­ti­tel: Flug in den Wel­ten­raum oder Fahrt in den Wel­traum.) 1939/40

Zum Buch

»Die Macht der Drei« ist ein tech­nisch-wis­sen­schaft­li­cher Zu­kunfts­ro­man.

Die nahe Zu­kunft: Das Bri­ti­sche Wel­treich droht zu zer­fal­len, der Kon­flikt mit den USA spitzt sich zu. Schließ­lich er­klä­ren die Bri­ten den USA den Krieg. In die­sem Mo­ment greift die »Macht der Drei ein«: Drei Män­ner mit ei­ner neu­ar­ti­gen, ge­fähr­li­chen Waf­fe, dem te­lener­ge­ti­schen Strah­ler. Die­ser ver­leiht ih­nen un­ge­heu­re Macht. Die Zu­kunft der Mensch­heit hängt von die­sen drei Män­nern ab.

Nach ei­nem Vor­ab­druck in der Zeit­schrift »Die Wo­che« er­schi­en der Ro­man 1922 beim Ber­li­ner Scherl-Ver­lag erst­mals in Buch­form. Wie auch die an­de­ren Ro­ma­ne und Ge­schich­ten Do­mi­niks wur­de »Die Macht der Drei« bei Ver­öf­fent­li­chun­gen nach 1945 teil­wei­se er­heb­lich ge­kürzt bzw. zen­siert.

Le­sen Sie hier erst­ma­lig die voll­stän­di­ge und kom­men­tier­te Ori­gi­nal­fas­sung von 1922.

Mit ei­nem il­lus­trier­ten Vor­wort des Ver­fas­sers.

Vorwort zum 96. bis 100. Tausend

Er­füll­te Pro­phe­zei­un­gen

Wer es un­ter­nimmt, die tech­ni­sche Ent­wick­lung auf Jahr­zehn­te vor­aus­zu­sa­gen, muß die Zei­chen sei­ner ei­ge­nen Zeit zu deu­ten wis­sen. Mit hell­se­he­ri­scher Be­ga­bung muß er die großen prak­ti­schen Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten vor­aus­se­hen, wel­che die fort­schrei­ten­de Ver­tie­fung der Na­tur­er­kennt­nis in sich birgt. Den zar­ten Kei­men, die un­ter pfleg­li­cher For­schung in un­sern phy­si­ka­li­schen und che­mi­schen La­bo­ra­to­ri­en sprie­ßen, muß er es frü­her als alle an­de­ren an­se­hen, ob sie nur be­schei­de­ne Blu­men für den Gar­ten der Wis­sen­schaft lie­fern oder ob über kurz oder lang welt­be­schat­ten­de Bäu­me aus ih­nen er­wach­sen wer­den.

Mehr als jede vor­her­ge­hen­de Epo­che ist un­se­re Zeit für sol­che Voraus­sa­gen ge­eig­net. Ha­ben uns doch die letz­ten zwei Jahr­zehn­te neue na­tur­wis­sen­schaft­li­che Er­kennt­nis­se ge­bracht, die Aus­bli­cke von über­wäl­ti­gen­der Schön­heit und Grö­ße in die Zu­kunft ge­wäh­ren.

Das Bild der Welt­schöp­fung, noch un­heim­lich und ver­wor­ren im neun­zehn­ten Jahr­hun­dert, hat sich in un­se­ren Ta­gen zur har­mo­ni­schen Ein­heit ent­wi­ckelt. Kraft und Stoff, die bei­den Ge­gen­po­le ei­ner frü­he­ren dua­lis­ti­schen Na­tur­an­schau­ung, sind in un­se­rer fort­ge­schrit­te­nen Er­kennt­nis we­sen­seins ge­wor­den, und die­se Er­kennt­nis be­deu­tet die Mor­gen­rö­te ei­nes neu­en ener­ge­ti­schen Zeit­al­ters. Ei­nes Zeit­al­ters, das sich zu un­se­rer Stein­koh­len- und Dampf­ma­schi­nen­zeit etwa ver­hal­ten dürf­te wie die­se zu der Epo­che der Stein­zeit und Höh­len­menschen.

Aber wer in der großen Men­ge de­rer, wel­che die Na­tur­wis­sen­schaf­ten nicht von Be­rufs we­gen trei­ben, weiß Ge­nau­e­res um die­ses neue Wis­sen und um die rie­sen­haf­ten Mög­lich­kei­ten, die in ihm ver­schlos­sen lie­gen? Wer von ih­nen ahnt et­was da­von, daß die tech­ni­sche Phy­sik un­se­rer Tage schon mit star­ker Hand an den Fel­sen klopft, aus dem kom­men­den Ge­schlech­tern die mäch­ti­ge Quel­le der Atom­ener­gie zu­flie­ßen soll und bald viel­leicht auch flie­ßen wird? Ein Kraft­born, der mil­lio­nen­fach mäch­ti­ger ist als die Ener­gie­quel­le der Stein­koh­len­wär­me, auf der un­se­re gan­ze heu­ti­ge Zi­vi­li­sa­ti­on be­ruht.

Der­je­ni­ge aber, der dar­um weiß und da­von schreibt, be­fin­det sich heu­te etwa in der Lage ei­nes Man­nes, der zur Zeit des Sie­ben­jäh­ri­gen Krie­ges ein kom­men­des Jahr­hun­dert der Dampf­ma­schi­nen und der Stark­strom­tech­nik vor­aus­ge­sagt hät­te und am Ende sei­nes Jahr­hun­derts ge­fragt wor­den wäre, wie es denn nun ei­gent­lich um die Er­fül­lung sei­ner Pro­phe­zei­ung stün­de. Der so Ge­frag­te hät­te da­mals wohl ant­wor­ten kön­nen, daß Mis­ter Watt in Eng­land recht schö­ne Fort­schrit­te im Bau der Feu­er­ma­schi­ne ge­macht und ein wich­ti­ges Pa­tent auf die Aus­nut­zung der Damp­f­ex­pan­si­on ge­nom­men habe und daß ei­nem ge­wis­sen Pro­fes­sor Gal­va­ni in Bo­lo­gna die Ent­de­ckung ganz merk­wür­di­ger elek­tri­scher Er­schei­nun­gen ge­glückt sei. Aber ob der Mann mit sol­cher Ant­wort viel Glück ge­habt hät­te, ob ihm sei­ne Zeit­ge­nos­sen von 1791 bei­spiels­wei­se ge­glaubt hät­ten, daß von den zu­cken­den Frosch­schen­keln Gal­va­nis ein di­rek­ter Weg zu den Rie­sen­kraft­wer­ken des zwan­zigs­ten Jahr­hun­derts führt, ist zu­min­dest zwei­fel­haft.

Doch viel­leicht schenkt man nach die­sen Er­fah­run­gen ver­gan­ge­ner Ge­ne­ra­tio­nen dem Au­tor heu­te ein we­nig leich­ter Glau­ben, wenn er es un­ter­nimmt, in ro­man­haf­ter Form jene großen Mög­lich­kei­ten zu schil­dern, die nach sei­ner Über­zeu­gung das Ant­litz der Erde und die Le­bens­for­men der Mensch­heit in den kom­men­den Jahr­zehn­ten von Grund auf um­ge­stal­ten wer­den. Frei­lich voll­zie­hen sich sol­che ein­schnei­den­den Wand­lun­gen nicht von heu­te auf mor­gen. Dau­er­te es doch auch noch zwei Men­schen­al­ter nach der grund­le­gen­den Er­fin­dung von Ja­mes Watt, bis die Dampf­kraft in Eu­ro­pa All­ge­mein­gut der Wirt­schaft wur­de. Währ­te es doch noch ein hal­b­es Jahr­hun­dert, nach­dem Wer­ner Sie­mens die Dy­na­mo­ma­schi­ne er­fun­den hat­te, bis die elek­tri­sche Ener­gie sich wirk­lich in je­den Haus­halt er­goß.

Mit ähn­li­chen Zeiträu­men wer­den wir da­her rech­nen müs­sen, be­vor al­les das, was der Wis­sen­de heu­te be­reits si­cher kom­men sieht, rest­los ver­wirk­licht wird. Wer es trotz­dem un­ter­nimmt, von kom­men­den tech­ni­schen Din­gen zu schrei­ben, muß es sich ge­fal­len las­sen, daß sei­ne Pro­phe­zei­un­gen zu­nächst be­zwei­felt oder in das Ge­biet der Uto­pie ver­wie­sen wer­den.

Das ist auch dem Ver­fas­ser die­ser Zei­len mit sei­nen tech­ni­schen Zu­kunfts­ro­ma­nen bis­wei­len so ge­gan­gen, und er muß es den da­hin­rau­schen­den Jahr­zehn­ten über­las­sen, die Wahr­heit sei­ner Pro­phe­zei­un­gen zu er­wei­sen. Doch ne­ben je­nen ganz großen Wand­lun­gen, de­ren Ablauf Men­schen­al­ter be­an­sprucht, voll­zieht sich schnel­ler ein tech­ni­scher Fort­schritt im klei­nen, des­sen Er­schei­nun­gen ge­wis­ser­ma­ßen die Staf­fa­ge zu der Haupt­hand­lung bil­den. Da­von aber ist in den drei­zehn Jah­ren, die ver­gin­gen, seit­dem der ers­te Ro­man die­ser Rei­he, »Die Macht der Drei«, ge­schrie­ben wur­de, nun doch schon vie­les in Er­fül­lung ge­gan­gen, und es lohnt sich wohl, im ein­zel­nen ein­mal zu prü­fen, was da­von be­reits Wahr­heit wur­de.

In dem ge­nann­ten Ro­man wird un­ter an­de­rem ein Sport­fest des eng­li­schen Aero-Klubs am So­lent be­schrie­ben. Es heißt dort:

»Man schob in das Pro­gramm ein Wett­flie­gen mit mo­tor­lo­sen Flug­zeu­gen ein. Nach dem pomp­haf­ten Schau­spiel der Luft­flot­te und dem dä­mo­ni­schen der Tauch­flie­ger kam die Idyl­le. Von der höchs­ten Spit­ze der Ufer­klip­pen se­gel­ten die ein­zel­nen Flie­ger ab. Wie die Schmet­ter­lin­ge gau­kel­ten sie mit ge­bläh­ten Trag­flä­chen in der Luft. Hin­gen oft ganz be­we­gungs­los an der­sel­ben Stel­le, um dann plötz­lich die Flü­gel zu re­cken und sich wie Al­ba­tros­se in wei­ten Krei­sen in die Höhe zu schrau­ben.«

Die­se Zei­len wur­den im Früh­jahr 1921 ge­schrie­ben, als sich die Ver­su­che mit mo­tor­lo­sen Flug­zeu­gen noch im al­ler­ers­ten An­fangs­sta­di­um be­fan­den und die längs­te Flug­dau­er für ein mo­tor­lo­sen Flug­zeug nur we­ni­ge Mi­nu­ten be­trug. Daß man nicht nur in den star­ken Auf­win­den an der Was­ser­kup­pe im Rhön­ge­bir­ge, son­dern fast über­all und vie­le Stun­den hin­durch mit Se­gel­flug­zeu­gen in der Luft blei­ben kön­ne, lag da­mals noch au­ßer­halb je­der Wahr­schein­lich­keit und Er­kennt­nis. Wie sich die Se­gel­flie­ge­rei aber in­zwi­schen ent­wi­ckelt hat, ist all­ge­mein be­kannt, und der Au­tor darf sich, da der Re­kord des Se­gel­flu­ges heu­te bei achtund­vier­zig Stun­den liegt, eine er­füll­te Pro­phe­zei­ung gut­schrei­ben.

1000 Ki­lo­me­ter Stun­den­ge­schwin­dig­keit

In dem glei­chen Ro­man be­sitzt die ame­ri­ka­ni­sche Ar­mee Hö­hen­flug­zeu­ge (Ra­pid Flyers), die in der dün­nen Stra­to­sphä­re mit 1000 Ki­lo­me­ter Stun­den­ge­schwin­dig­keit ver­keh­ren. Der Schnel­lig­keits­re­kord der üb­li­chen Flug­zeu­ge stand, als das Buch ge­schrie­ben wur­de, bei 300 Stun­den­ki­lo­me­ter. Heu­te, zwan­zig Jah­re spä­ter, hat er die 700 Ki­lo­me­ter be­reits über­schrit­ten. Au­ßer­dem aber sind in Deutsch­land (Jun­kers) und Frank­reich Hö­hen­flug­zeu­ge fer­tig­ge­stellt, die alle we­sent­li­chen Merk­ma­le der im Ro­man ge­schil­der­ten ha­ben. In der Tat ist die Ent­wick­lung der Stra­to­sphä­ren-Flug­zeu­ge schon sehr weit vor­ge­schrit­ten, und sie wer­den bald ihre 1000 Stun­den­ki­lo­me­ter er­rei­chen. Auch die­se zwei­te Pro­phe­zei­ung dürf­te also un­mit­tel­bar vor der Er­fül­lung ste­hen.

Die un­ver­stan­de­ne Wel­len­län­ge

In dem­sel­ben Ro­man sagt ei­ner der Hel­den: »Ich muß lei­der wei­ter. Ge­ben Sie te­le­pho­ni­schen Be­richt! Wel­len­län­ge der Re­gie­rungs­flug­zeu­ge! Ich gehe nach Wa­shing­ton.«

Die­se Stel­le wur­de 1921 von vie­len Le­sern über­haupt nicht ver­stan­den, und es wur­de dem Ver­fas­ser so­gar na­he­ge­legt, sie in der Buch­aus­ga­be fort­zu­las­sen. Aber da­mals gab es ja auch noch kei­nen Rund­funk und nicht acht Mil­lio­nen Hö­rer in Deutsch­land, die ihre Empfangs­ap­pa­ra­te täg­lich auf die Wel­len­län­gen der ver­schie­de­nen Sen­der ein­stel­len. Heu­te weiß na­tür­lich je­der, daß die Re­gie­rungs­flug­zeu­ge Emp­fän­ger an Bord füh­ren, die auf eine be­stimm­te Wel­len­län­ge ein­ge­stellt sind, um je­der­zeit Nach­rich­ten auf­neh­men zu kön­nen. Also auch die drit­te Pro­phe­zei­ung ist im Lau­fe zwei­er Jahr­zehn­te Wirk­lich­keit ge­wor­den.

Schließ­lich wä­ren aus je­nem Ro­man noch die »Trans­at­lan­tiks« zu er­wäh­nen, große Über­see­flug­zeu­ge, die einen fahr­plan­mä­ßi­gen Ver­kehr zwi­schen den Ve­rei­nig­ten Staa­ten und Eng­land un­ter­hal­ten. Da­mals muß­te et­was Der­ar­ti­ges reich­lich uto­pisch er­schei­nen. Heu­te ha­ben wir einen re­gel­mä­ßi­gen Flug­dienst nach Süd­ame­ri­ka, und Do X, der be­kann­te Dor­nier-Rie­sen­wal, darf als Vor­läu­fer der »Trans­at­lan­tiks« gel­ten, wo­mit Pro­phe­zei­ung Vier als er­füllt an­zu­se­hen ist. Schließ­lich wäh­len die Flug­schif­fe des Ro­mans für den Ver­kehr zwi­schen Ame­ri­ka und Eu­ro­pa den kür­zes­ten Weg über Grön­land. In­zwi­schen hat v. Gro­nau prak­tisch be­wie­sen, daß die­ser Weg in der Tat der bes­te und be­quems­te ist; also auch hier eine er­füll­te Voraus­sa­ge.

Po­li­ti­sche Pro­phe­zei­un­gen

In dem Ro­man »Die Macht der Drei« wird ein Prä­si­dent-Dik­ta­tor der Ve­rei­nig­ten Staa­ten ge­schil­dert, der einen bol­sche­wis­ti­schen Auf­stand des ame­ri­ka­ni­schen Os­tens mit ei­ser­ner Hand nie­der­ge­wor­fen hat und eine fast un­um­schränk­te Ge­walt be­sitzt. Als die­ser Ro­man ge­schrie­ben wur­de, stan­den die Ve­rei­nig­ten Staa­ten im Zei­chen der Pro­spe­ri­ty und wuß­ten nichts von Kom­mu­nis­mus. Wer es da­mals ge­wagt hät­te, kom­mu­nis­ti­sche Leh­ren in der Uni­on zu pre­di­gen, hät­te die bes­ten Aus­sich­ten ge­habt, sei­ne Tage als Greis in ei­nem Zucht­haus zu be­schlie­ßen. Mehr als kühn war es da­mals, von ei­nem sol­chen Auf­stand zu spre­chen, und wie sehr ist doch das Un­wahr­schein­li­che in­zwi­schen in den Be­reich der Mög­lich­keit ge­rückt.

Von ei­ner Welt­kri­se son­der­glei­chen wur­de die ame­ri­ka­ni­sche Pro­spe­ri­ty ver­schlun­gen. Zu Zehn­tau­sen­den un­ter­nah­men Verzwei­fel­te Hun­ger­mär­sche nach der Bun­des­haupt­stadt. Nur mit Waf­fen­ge­walt, mit Trä­nen­gas und Ma­schi­nen­ge­weh­ren konn­te ein of­fe­ner Auf­stand un­ter­drückt wer­den, und auf der an­dern Sei­te zwang die au­ßer­ge­wöhn­li­che Zeit dazu, dem ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­den­ten heu­te be­reits Voll­mach­ten zu ge­ben, die kaum noch hin­ter den­je­ni­gen des Prä­si­dent-Dik­ta­tors in der »Macht der Drei« zu­rück­ste­hen.

Die vier­te Tei­lung Po­lens wur­de schließ­lich in der »Macht der Drei« vor­aus­ge­sagt. Auch sie wur­de in­zwi­schen Tat­sa­che.

Ei­nen ja­pa­ni­schen und chi­ne­si­schen Block bil­den in dem Ro­man »Die Spur des Dschin­gis-Khan« die bei­den gel­ben Rei­che des Fer­nen Os­tens. Ganz un­mög­lich, völ­lig un­wahr­schein­lich muß­te eine sol­che Ent­wick­lung vor zehn Jah­ren er­schei­nen, als die­ser Ro­man ent­stand. Heu­te se­hen wir das über­völ­ker­te ja­pa­ni­sche Reich eine chi­ne­si­sche Pro­vinz nach der an­dern er­obern und sei­nem Macht­be­reich an­glie­dern. Se­hen gleich­zei­tig, wie es in dem Ro­man vor­aus­ge­sagt wur­de, Ruß­land und die üb­ri­gen wei­ßen Mäch­te un­fä­hig, die­se Ent­wick­lung mit Waf­fen­ge­walt auf­zu­hal­ten. Wie lan­ge noch, und der große gel­be Block wird Wirk­lich­keit sein, von dem aus ein neu­er Dschin­gis-Khan viel­leicht den Vor­marsch nach Wes­ten an­tre­ten könn­te. Hier wie in der Uni­on hat eine knap­pe Zeit­span­ne ge­nügt, um das da­mals so Un­wahr­schein­li­che wirk­lich­keits­nah wer­den zu las­sen.

An den Gran Cha­co mag noch er­in­nert sein, in dem sich ein Teil der Er­eig­nis­se des Ro­mans »Das Erbe der Ura­ni­den« ab­spielt. Vor zwölf Jah­ren, als »Das Erbe der Ura­ni­den« ge­schrie­ben wur­de, war der Gran Cha­co, je­nes wei­te frucht­ba­re Prä­ri­en­ge­biet, ein geo­gra­phi­scher Be­griff und ei­gent­lich nur den Fach­ge­lehr­ten nä­her be­kannt. In­zwi­schen trat es in den Brenn­punkt macht­po­li­ti­scher Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen den süd­ame­ri­ka­ni­schen Re­pu­bli­ken, und ein lan­ger mör­de­ri­scher Krieg wur­de um dies Ge­biet ge­führt. Die­se Bei­spie­le mö­gen zei­gen, daß auch die po­li­ti­sche Zu­kunft­s­ent­wick­lung in vie­len Ein­zel­hei­ten rich­tig vor­aus­ge­se­hen wur­de.

Wann wird die Mensch­heit die Atom­ener­gie be­herr­schen?

Es bleibt die letz­te, größ­te Fra­ge zu be­ant­wor­ten: Wird es der Tech­nik ge­lin­gen, jene Ener­gie­quel­le zum Flie­ßen zu brin­gen, die ihr die Phy­sik in den Ato­men nach­ge­wie­sen hat? Eine wun­der­sa­me Wand­lung hat ja un­ser Wis­sen um die Ato­me wäh­rend der letz­ten bei­den Jahr­zehn­te, be­son­ders un­ter dem Ein­fluß der Ra­di­um­for­schung durch­ge­macht. Zu voll­kom­me­nen Son­nen­sys­te­men wur­den jene kleins­ten und letz­ten Bau­stei­ne der Schöp­fung, in de­nen die Ato­me der ne­ga­ti­ven Elek­tri­zi­tät, die Elek­tro­nen, um den aus po­si­ti­ven Elek­tri­zi­täts­teil­chen auf­ge­bau­ten Atom­kern wie um eine Son­ne krei­sen. Und man lern­te wei­ter, daß es mög­lich ist, die Ker­ne der Ato­me un­ter Ener­gie­ge­win­nung zu zer­trüm­mern, ähn­lich etwa wie auch Schieß­pul­ver Ener­gie ab­gibt, wenn man es ver­puf­fen läßt.

Vor ei­nem Men­schen­al­ter be­gan­nen die ers­ten tas­ten­den Ver­su­che auf die­sem Ge­biet. Die mit großer Ge­schwin­dig­keit aus dem Ra­di­um her­aus­ge­schleu­der­ten He­li­um­ker­ne, die so­ge­nann­ten Al­pha-Strah­len, lie­ßen Ramsay und an­de­re auf stark ver­dünn­te Gase in ei­ner Röh­re wir­ken, und nach län­ge­rer Ein­wir­kung ge­lang ih­nen durch die Spek­tral­ana­ly­se der Nach­weis, daß die Ato­me schwe­rer Gase wirk­lich von den He­li­um­ge­schos­sen zer­schla­gen wur­den. Für die phy­si­ka­li­sche Theo­rie war es ein un­er­hör­ter Tri­umph, für die Pra­xis nur ein be­schei­de­ner An­fang.

Deut­sche wa­ren es, die Phy­si­ker Brasch und Lan­ge, wel­che die­se Ver­su­che auf ei­ner an­de­ren, aus­sichts­rei­che­ren Ba­sis wei­ter­führ­ten. Nicht mehr mit den ver­hält­nis­mä­ßig lang­sam flie­gen­den Al­pha-Strah­len, son­dern mit frei flie­gen­den Elek­tro­nen, die bis zu drei­vier­tel Licht­ge­schwin­dig­keit be­schleu­nigt wer­den, such­ten sie die Atom­ker­ne der schwe­re­ren Ele­men­te zu tref­fen und zu zer­trüm­mern. Das Ra­di­um sen­det in sei­ner Beta-Strah­lung auch sol­che Elek­tro­nen aus, aber sie schu­fen sich die­se Strah­lung un­ab­hän­gig von den na­tür­li­chen ra­dio­ak­ti­ven Sub­stan­zen in ih­ren Blitz­röh­ren sel­ber.

Rie­sen­haf­te Span­nun­gen von Mil­lio­nen von Volt wa­ren nö­tig, um den Elek­tro­nen in der Röh­re die­se Ge­schwin­dig­keit zu ver­lei­hen. Span­nun­gen, wel­che die Elek­tro­tech­nik vor­erst noch nicht lie­fern und bän­di­gen konn­te. Da zo­gen sie in die ge­wit­ter­rei­che Ge­gend am Mon­te Ge­ne­ro­so in der Schweiz, fin­gen dort die Blit­ze in Luft­dräh­ten und lei­te­ten die ein­ge­fan­ge­nen Span­nun­gen von meh­re­ren Mil­lio­nen Volt in ihre Röh­re. Sie er­hiel­ten da­bei Atom­zer­trüm­me­run­gen, die be­wie­sen, daß sie sich auf dem rich­ti­gen Wege be­fan­den. Das war vor zwölf Jah­ren.

Gro­ße Fort­schrit­te

Eine Zeit­lang sah sich die Tech­nik dies Ex­pe­ri­ment mit Blit­zen mit an, aber nicht sehr lan­ge. Dann trat sie mit ei­ge­nen neu­en Hoch­span­nungs­quel­len und dazu pas­sen­den Blitz­röh­ren auf den Plan. Wäh­rend die­se Zei­len ge­schrie­ben wer­den, ge­hen sol­che Ap­pa­ra­te, die Span­nun­gen von sie­ben Mil­lio­nen Volt si­cher er­zeu­gen und be­herr­schen, ih­rer Vollen­dung ent­ge­gen, und je­der kom­men­de Mo­nat dürf­te uns neue Fort­schrit­te die­ser Zer­trüm­me­rungs­tech­nik brin­gen. Ein­wand­frei wur­de bei den bis­he­ri­gen Ver­su­chen be­reits ein Ener­gie­ge­winn fest­ge­stellt in dem Sinn, daß die Trüm­mer­stücke ei­nes ge­trof­fe­nen Atoms mit grö­ße­rer le­ben­di­ger Kraft wei­ter­flo­gen, als sie die tref­fen­de Ku­gel be­saß.

Für die Leis­tungs­fä­hig­keit der neu­en Blitz­röh­ren spricht bes­ser als al­les an­de­re eine ein­fa­che Zahl: Die Beta-Strah­lung, das heißt die Ener­gie der in ei­ner sol­chen Röh­re frei flie­gen­den Elek­tro­nen, ist gleich­wer­tig der­je­ni­gen, die eine Ra­di­um­men­ge von 50 Ton­nen lie­fern wür­de. Erin­nert man sich da­bei, daß die ge­sam­te heu­te in mensch­li­chem Be­sitz be­find­li­che, über zahl­lo­se La­bo­ra­to­ri­en und Kran­ken­häu­ser der gan­zen Welt ver­teil­te Ra­di­um­men­ge we­nig mehr als zwei Ki­lo­gramm be­trägt, so wird die Grö­ße des Er­reich­ten klar.

Trotz­dem han­delt es sich auch bei den neues­ten Ar­bei­ten mit die­sen Blitz­röh­ren vor­läu­fig im­mer noch um recht sub­ti­le La­bo­ra­to­ri­ums­ver­su­che, bei de­nen die Er­geb­nis­se oft nur mit Hil­fe der feins­ten Meß­me­tho­den fest­ge­stellt wer­den kön­nen. Von dem idea­len Zu­stand, daß man ir­gend­wo einen Schal­ter knipst und da­nach die Atom­ener­gie eben­so zu flie­ßen be­ginnt wie heu­te der elek­tri­sche Strom und eben­so wie die­ser un­se­re Öfen heizt und un­se­re Lam­pen zum Leuch­ten bringt, sind wir na­tür­lich noch sehr weit ent­fernt. Aber es war ja auch ein lan­ger und oft recht dor­nen­vol­ler Weg von den zu­cken­den Frosch­schen­keln Gal­va­nis und den pri­mi­ti­ven Zink-Kup­fer-Ele­men­ten Vol­tas bis zu den Tur­bo-Dy­na­mos un­se­rer Tage. Das We­sent­li­che bleibt, daß die Ent­wick­lung in der vor­aus­ge­sag­ten Rich­tung wei­ter­geht und der Beo­b­ach­ter den Fort­schritt fest­zu­hal­ten ver­mag. Und die­ser Fort­schritt war wäh­rend der letz­ten fünf­zehn Jah­re so groß, daß noch ein­mal fünf­zehn Jah­re uns viel­leicht schon bis dicht an das Ziel brin­gen kön­nen.

Wo liegt das Ziel?

Eine un­schein­ba­re For­mel der mo­der­nen Phy­sik zeigt uns das letz­te Ziel. Wenn es ge­lingt, Ma­te­rie im Ge­wicht von ei­nem Ki­lo­gramm auf dem Wege der Atom­zer­trüm­me­rung rest­los zu ver­nich­ten, so daß sie aus der Schöp­fung ver­schwin­det, so muß da­für nach dem ener­ge­ti­schen Äqui­va­lent eine Ener­gie­men­ge von neun­tau­send Bil­lio­nen Me­ter­ki­lo­gramm aus­tre­ten, eine Ener­gie­men­ge, die ei­ner Wär­me­men­ge von 21 Bil­lio­nen Ka­lo­ri­en ent­spricht. Woll­te man die­se Wär­me­men­ge durch einen Ver­bren­nungs­vor­gang ge­win­nen, so müß­te man drei Mil­lio­nen Ton­nen Stein­koh­le ver­bren­nen. Das wäre die La­dung von 150.000 Groß­gü­ter­wa­gen oder von 1500 lan­gen Koh­len­zü­gen zu je 800 Ach­sen.

Die glei­che Ener­gie­men­ge liegt aber nach un­se­rer neu­en Er­kennt­nis in ei­nem Stück­chen Ma­te­rie ver­schlos­sen, das man be­quem in der Hand hal­ten kann. Wie nach der mor­gen­län­di­schen Sage der Kö­nig Sa­lo­mo ge­fähr­li­che Geis­ter in kup­fer­ne Fla­schen bann­te, so wur­den bei ir­gend­ei­nem Schöp­fungs­akt ein­mal un­vor­stell­bar große Ener­gie­men­gen in Form von Ma­te­rie fest­ge­legt. Hier die Sie­gel zu lö­sen und die ge­bann­te Ener­gie wie­der frei flie­ßen zu las­sen, wird das Ziel ei­ner kom­men­den Tech­nik sein. Ein nicht leich­tes, viel­leicht so­gar ein ge­fähr­li­ches Ziel, denn nicht in ver­nich­ten­dem Aus­bruch darf die be­frei­te Ener­gie da­hin­ra­sen. Nütz­lich und dem Men­schen dienst­bar wird sie flie­ßen müs­sen. Dann aber wird ihr rei­cher Strom ein neu­es Zeit­al­ter be­fruch­ten. Ein Zeit­al­ter, in dem der alte Erd­ball der Mensch­heit zu klein wird und sie ih­ren Pfad zu an­de­ren Gestir­nen lenkt.

Und die Wel­traum­ra­ke­te?

In ei­nem, höchs­tens zwei Men­schen­al­tern wird die neue ge­wal­ti­ge Quel­le der Atom­ener­gie uns wil­lig flie­ßen. Vie­le Jahr­hun­der­te frü­her je­den­falls, als un­se­re Koh­len­vor­rä­te ein­mal er­schöpft sind.

Und auch die Ra­ke­te, je­nes Mit­tel ei­nes künf­ti­gen Wel­traum­ver­kehrs, wird ste­tig wei­ter­ent­wi­ckelt. Man be­gann mit py­ro­tech­ni­schen Treib­sät­zen und ar­bei­tet heu­te be­reits mit wirk­sa­me­ren flüs­si­gen Brenn­stof­fen und wird die Wel­traum­schif­fe ei­nes kom­men­den Zeit­al­ters mit der Atom­ener­gie trei­ben, so­bald ein­mal de­ren Be­herr­schung der Mensch­heit ge­lun­gen ist. Die Ent­wick­lung wird und muß die­sen Weg ge­hen, denn all die man­nig­fa­chen ver­blüf­fen­den und so oft be­zwei­fel­ten phy­si­ka­lisch-tech­ni­schen Voraus­sa­gen, wel­che in Zu­kunfts­ro­ma­nen des Au­tors die tra­gen­de Un­ter­la­ge bil­den, wur­den ja nicht auf blau­en Dunst hin ge­macht, son­dern un­ter ge­nau­er Berück­sich­ti­gung des bis­her von der Wis­sen­schaft Er­forsch­ten und Er­kann­ten. Daß sie ei­nes Ta­ges eben­so vol­le Wirk­lich­keit wer­den, wie es so man­ches an­de­re in die­sen Ro­ma­nen Vor­aus­ge­sag­te be­reits ge­wor­den ist, das ist die fes­te Über­zeu­gung des Ver­fas­sers.

Hans Do­mi­nik

Buch I

1

Das Mys­te­ri­um von Sing-Sing! Spe­zi­al­te­le­gramm: »Sing-Sing, 16. Juni, 6 Uhr mor­gens. Drei­mal auf dem elek­tri­schen Stuhl! Drei­mal ver­sag­te der Strom! Beim drit­ten Mal zer­brach die Ma­schi­ne. Der De­lin­quent un­ver­sehrt.«

Gel­lend schri­en die New Yor­ker Zei­tungs­boys die ein­zel­nen Stich­wor­te der Sen­sa­ti­ons­nach­richt den Tau­sen­den und aber Tau­sen­den von Men­schen in die Ohren, die in der ach­ten Mor­gen­stun­de des Ju­ni­ta­ges von den über­füll­ten Fähr­boo­ten ans Land ge­wor­fen wur­den und den Schäch­ten der Un­ter­grund­bah­nen ent­quol­len, um an ihre Ar­beits­stät­ten zu ei­len. Fast je­der aus der tau­send­köp­fi­gen Men­ge griff in die Ta­sche, um für ein Fünf­cent­stück ei­nes der druck­feuch­ten Blät­ter zu er­ste­hen und auf der Stra­ße oder im Lift die au­ßer­ge­wöhn­li­che Nach­richt zu über­flie­gen.

Nur die we­nigs­ten in der groß­städ­ti­schen Men­ge hat­ten eine Ah­nung da­von, daß an die­sem Tage weit drau­ßen im Zucht­haus des Staa­tes New York eine Elek­tro­ku­ti­on auf die sechs­te Mor­gen­stun­de an­ge­setzt war. Sol­che Hin­rich­tun­gen in­ter­es­sier­ten das New Yor­ker Pub­li­kum nur, wenn be­rühm­te An­wäl­te mo­na­te­lang um das Le­ben des Ver­ur­teil­ten ge­kämpft hat­ten oder wenn bei der Hin­rich­tung et­was schief ging. Es ge­sch­ah wohl ge­le­gent­lich, daß ein De­lin­quent lan­ge Vier­tel­stun­den hin­durch mit dem Strom be­ar­bei­tet wer­den muß­te, bis er end­lich für das Se­zier­mes­ser der Ärz­te reif war. Und auch un­ter dem Mes­ser war dann noch bis­wei­len der eine oder der an­de­re wie­der schwer rö­chelnd er­wacht.

Aber die Yan­kees hat­ten nie­mals all­zu­viel Auf­he­bens von sol­chen Vor­komm­nis­sen ge­macht. Schon da­mals nicht, als das Land noch von Prä­si­den­ten ge­lei­tet wur­de, die man alle vier Jah­re neu wähl­te. Viel we­ni­ger jetzt, wo es un­ter der ei­ser­nen Faust des Prä­si­dent-Dik­ta­tors Cy­rus Sto­nard stand.

Un­ter der Faust je­nes Cy­rus Sto­nard, der nach dem ers­ten ver­lo­re­nen Krie­ge ge­gen Ja­pan den Auf­stand des bol­sche­wis­tisch ge­sinn­ten Os­tens ge­gen den Bür­ger­li­chen Wes­ten mit ei­ser­ner Stren­ge nie­der­ge­schla­gen und dann den zwei­ten Krieg ge­gen Ja­pan sieg­reich durch­ge­führt hat­te. Die un­be­schränk­ten Voll­mach­ten des Prä­si­dent-Dik­ta­tors nö­tig­ten auch die ame­ri­ka­ni­schen Zei­tun­gen zu ei­ni­ger Zu­rück­hal­tung in al­len die Re­gie­rung und Re­gie­rungs­maß­nah­men be­tref­fen­den No­ti­zen.

Et­was Be­son­de­res muß­te pas­siert sein, wenn die sämt­li­chen New Yor­ker Zei­tun­gen die­sem Er­geb­nis über­ein­stim­mend ihre ers­te Sei­te wid­me­ten und mit der Aus­ga­be von Ex­trablät­tern fort­fuh­ren. Noch ehe die letz­ten Exem­pla­re der eben er­schie­ne­nen Aus­ga­be ihre Käu­fer ge­fun­den hat­ten, stürm­te eine neue Schar von Zei­tungs­boys mit der nächs­ten Aus­ga­be der Mor­gen­blät­ter den Broad­way ent­lang.

»Das Rät­sel von Sing-Sing! Sing-Sing, 6 Uhr 25 Mi­nu­ten. Elek­tri­sche Sta­ti­on von Sing-Sing zer­stört. Der Ver­ur­teil­te heißt Logg Sar. Her­kunft un­be­kannt. Kein ame­ri­ka­ni­scher Bür­ger! Zum Tode ver­ur­teilt we­gen ver­such­ter Spren­gung ei­ner Schleu­se am Pa­na­ma­ka­nal!«

»Sing-Sing, 6 Uhr 42 Mi­nu­ten. Der Ver­ur­teil­te ent­flo­hen! Die Rie­men, mit de­nen er an den Stuhl ge­fes­selt war, zer­schnit­ten!«

»Sing-Sing, 6 Uhr 50 Mi­nu­ten. Ein Zeu­ge als Kom­pli­ce! Al­lem An­schein nach ist der De­lin­quent mit Hil­fe ei­nes der zwölf Zeu­gen der Elek­tro­ku­ti­on ent­flo­hen.«

»Sing-Sing, 7 Uhr. Letz­te Nach­rich­ten aus Sing-Sing. Im Auto ent­flo­hen! Ein un­glaub­li­ches Stück! Durch Au­gen­zeu­gen fest­ge­stellt, daß der De­lin­quent, kennt­lich durch sei­nen Hin­rich­tungs­an­zug, in Beglei­tung des Zeu­gen Wil­liams in ein vor dem Tor ste­hen­des Auto ge­stie­gen. Fuh­ren in ra­sen­der Fahrt da­von. Jede Spur fehlt. Ge­fäng­nis­ver­wal­tung und Po­li­zei rat­los.« Mit kur­z­em schar­fem Ruck blieb ein Auto ste­hen, das in den Broad­way an der Stra­ßen­e­cke ein­bog, wo das Flat Iron Buil­ding sei­nen gro­tes­ken Bau in den Äther reckt. Der In­sas­se des Wa­gens riß ei­nem der Boys das zwei­te Ex­trablatt aus der Hand und durch­flog es, wäh­rend das Auto in der Rich­tung nach der Po­li­zei­zen­tra­le wei­ter­roll­te. Ein ner­vö­ses Zu­cken lief über die Züge des Le­sen­den. Es war ein Mann von un­be­stimm­tem Al­ter. Ei­ner je­ner mensch­li­chen Zeit­lo­sen, bei de­nen man nicht sa­gen kann, ob sie vier­zig oder sech­zig Jah­re alt sind. Vor dem Ge­bäu­de der Po­li­zei­zen­tra­le hielt der Wa­gen. Noch ehe er völ­lig stand, sprang der In­sas­se hin­aus und eil­te über den Bür­ger­steig der Ein­gangs­pfor­te zu. Sei­ne Klei­dung war of­fen­sicht­lich in ei­nem erst­klas­si­gen Ate­lier ge­fer­tigt. Doch hat­ten alle Küns­te des Schnei­ders nicht ver­mocht, Un­zu­läng­lich­kei­ten der Na­tur voll­stän­dig zu mil­dern. Ein schar­fer Beo­b­ach­ter muß­te be­mer­ken, daß die rech­te Schul­ter ein we­nig zu hoch, die lin­ke Hüf­te et­was nach in­nen ge­drückt war, daß das lin­ke Bein beim Ge­hen leicht schleif­te. Er trat durch die Pfor­te. Has­tig kreuz­te er die ver­zweig­ten Kor­ri­do­re, bis ihm an ei­ner dop­pel­ten Tür ein Po­li­ce­man in den Weg trat. Der ty­pi­sche sechs­fü­ßi­ge Ir­län­der mit Gum­mi­knüp­pel und Filz­helm. »Hal­lo, Sir! Wo­hin?« Ein un­wil­li­ges Mur­ren war die Ant­wort des ei­lig Weiter­schrei­ten­den. »Stop, Sir!« Breit und mas­sig schob der iri­sche Rie­se sich ihm in den Weg und hob den Gum­mi­knüp­pel in nicht miß­zu­ver­ste­hen­der Wei­se. Hef­tig riß der Be­su­cher eine Kar­te aus sei­ner Ta­sche und übergab sie dem Be­am­ten. »Zum Chef, so­fort!« Mehr noch als das her­risch ge­spro­che­ne Wort ver­an­laß­te der fun­keln­de Blick den Po­li­ce­man, mit großer Höf­lich­keit die Tür zu öff­nen und den Frem­den in ein saalar­ti­ges An­mel­de­zim­mer zu ge­lei­ten. »Ed­ward F. Glos­sin, me­di­ci­nae doc­tor« stand auf dem Kärt­chen, das der Die­ner dem Po­li­zei­prä­si­den­ten MacMor­land auf den Schreib­tisch leg­te. Der Trä­ger des Na­mens muß­te ein Mann von Be­deu­tung sein. Kaum hat­te der Prä­si­dent einen Blick auf die Kar­te ge­wor­fen, als er sich er­hob, aus der Tür eil­te und den An­ge­mel­de­ten in sein Pri­vat­ka­bi­nett ge­lei­te­te. »Wo­mit kann ich Ih­nen die­nen, Herr Dok­tor?« »Ha­ben Sie Be­richt aus Sing-Sing?« »Nur, was die Zei­tun­gen mel­den.« »Bie­ten Sie al­les auf, um der Ent­flo­he­nen hab­haft zu wer­den. Wenn die Po­li­zei­flie­ger nicht aus­rei­chen, for­dern Sie Ar­mee­f­lie­ger an! Ihre Voll­macht langt doch für die An­for­de­rung?« »Ja­wohl, Herr Dok­tor!« »Die Flüch­ti­gen müs­sen vor Ein­bruch der Dun­kel­heit ge­faßt sein. Das Staats­in­ter­es­se er­for­dert es. Sie haf­ten da­für.« »Ich tue, was ich kann.« Der Po­li­zei­chef war durch den un­ge­wöhn­lich bar­schen Ton des Be­su­chers ver­letzt, und dies Ge­fühl klang aus sei­ner Ant­wort her­aus. Dr. Glos­sin run­zel­te die Stirn. Ant­wor­ten, die nach Wi­der­spruch und Ver­klau­su­lie­run­gen klan­gen, wa­ren nicht nach sei­nem Ge­schmack. »Hof­fent­lich ent­spricht Ihr Kön­nen un­se­ren Er­war­tun­gen. Sonst … müß­te man sich nach ei­nem Mann um­se­hen, der noch mehr kann. Las­sen Sie nach Sing-Sing te­le­pho­nie­ren! Pro­fes­sor Cur­tis soll hier­her­kom­men. Ih­nen in mei­ner Ge­gen­wart Be­richt über die Vor­gän­ge er­stat­ten.« Der Prä­si­dent er­griff den Ap­pa­rat und ließ die Ver­bin­dung her­stel­len. »Wann kann Cur­tis hier sein?« »In fünf­zehn Mi­nu­ten.« Dr. Glos­sin strich sich über die hohe Stirn und durch das vol­le, kaum von ei­nem grau­en Fa­den durch­zo­ge­ne dunkle Haupt­haar, das glatt nach hin­ten ge­stri­chen war. »Ich möch­te bis da­hin al­lein blei­ben. Könn­te ich…« »Sehr wohl, Herr Dok­tor. Wenn ich bit­ten dar­f…« Der Prä­si­dent öff­ne­te die Tür zu ei­nem klei­nen Ka­bi­nett und ließ Dr. Glos­sin ein­tre­ten. »Dan­ke, Herr Prä­si­dent… Daß ich es nicht ver­ges­se! 200.000 Dol­lar Be­loh­nung dem, der die Flücht­lin­ge zu­rück­bringt. Le­ben­dig oder tot!« »200.000…?« MacMor­land trat er­staunt einen Schritt zu­rück. »200.000, Herr Prä­si­dent! Genau, wie ich sag­te. An­schlä­ge mit der Be­loh­nung in al­len Städ­ten!« Der Prä­si­dent zog sich zu­rück. Kaum hat­te sich die Tür ge­schlos­sen, als plötz­lich alle Straff­heit aus den Zü­gen Dr. Gloss­ins wich und ei­nem er­reg­ten, sor­gen­den Aus­druck Platz mach­te. Mit ei­nem leich­ten Stöh­nen ließ er sich in einen Ses­sel fal­len und be­deck­te mit der Rech­ten die Au­gen, wäh­rend die Lin­ke ner­vös über das nar­bi­ge Le­der der Leh­ne glitt. Wie un­ter ei­nem in­ne­ren Zwan­ge ka­men ab­ge­ris­se­ne Wor­te halb ge­flüs­tert und stoß­wei­se von sei­nen Lip­pen. »Ste­hen die To­ten wie­der auf?… Burs­felds Sohn! Kein Zwei­fel dar­an… Wer ret­te­te ihn…? Wer war die­ser Wil­liams? Der Va­ter selbst…? Nur der be­sä­ße die Macht, ihn zu ret­ten… Er war es si­cher nicht … Die Rie­gel des To­wers sind fes­ter als die von Sing-Sing… Wer wüß­te noch um die ge­heim­nis­vol­le Macht …? Ah, Ja­ne…! Sie könn­te es of­fen­ba­ren. Der Ver­such muß ge­macht wer­den… Un­mög­lich, jetzt noch nach Tren­ton zu fah­ren … Ich muß bis zum Abend war­ten … Ein un­er­träg­li­cher Ge­dan­ke. Acht Stun­den in Un­ge­wiß­heit …« Der Spre­cher fuhr em­por und warf einen Blick auf sein Chro­no­me­ter. »Ruhe, Ruhe! Noch zehn Mi­nu­ten für mich.« Ei­nem klei­nen Glas­röhr­chen ent­nahm er sorg­fäl­tig ab­ge­zählt zwei win­zi­ge wei­ße Pil­len und ver­schluck­te sie. Bei­na­he mo­men­tan wich die ner­vö­se Span­nung aus sei­nen ge­quäl­ten Zü­gen und mach­te ei­ner fried­li­chen Ruhe Platz. Sei­ne Ge­dan­ken wan­der­ten rück­wärts. Bil­der aus ei­ner ein Men­schen­al­ter zu­rück­lie­gen­den Ver­gan­gen­heit zo­gen plas­tisch an sei­nem Geis­te vor­über … Die großen Bahn­bau­ten da­mals in Me­so­po­ta­mi­en im ers­ten Jahr­zehnt nach dem Welt­krie­ge. Ein klei­nes Land­haus am Aus­läu­fer der Ber­ge … Eine blon­de Frau in weißem Klei­de mit ei­nem spie­len­den Kna­ben im Arm … Wie lan­ge, wie un­end­lich lan­ge war das her, daß er Ger­hard Burs­feld, den ehe­ma­li­gen deut­schen In­ge­nieu­r­of­fi­zier, aus sei­nem kur­di­schen Zuf­luchts­ort her­vor­ge­lockt und für die me­so­po­ta­mi­schen Bahn- und Be­wäs­se­rungs­bau­ten ge­won­nen hat­te. Da­mals, als Hän­de und Köp­fe im Zweistrom­lan­de knapp wa­ren. Ger­hard Burs­feld war dem Rufe zu sol­cher Ar­beit gern ge­folgt. Mit ihm ka­men sein jun­ger Kna­be und sein blon­des Weib Ro­ka­ja Burs­feld, die schö­ne Toch­ter ei­nes kur­di­schen Häupt­lings und ei­ner zir­kas­si­schen Mut­ter. Ein glück­li­ches Le­ben be­gann. Bis Ger­hard Burs­feld die große ge­fähr­li­che Er­fin­dung mach­te. Bis Ed­ward Glos­sin, in Lie­be zu der blon­den Frau ent­brannt, den Freund und sei­ne Er­fin­dung an die eng­li­sche Re­gie­rung ver­riet … Ger­hard Burs­feld ver­schwand hin­ter den Mau­ern des To­wers. Sein Weib ent­floh mit dem dre­jäh­ri­gen Kna­ben. In die Ber­ge nach Nord­os­ten. Ihre Spur war ver­lo­ren. Und Ed­ward Glos­sin war der be­tro­ge­ne Be­trü­ger. Mit ein paar tau­send Pfund speis­te ihn die eng­li­sche Re­gie­rung für ein Ge­heim­nis ab, des­sen Wert ihm un­er­meß­lich schi­en … Die Züge des Träu­mers nah­men wie­der die frü­he­re Span­nung an. Der Klang ei­ner elek­tri­schen Glo­cke er­tön­te. Der Dok­tor er­hob sich und ging straff auf­ge­rich­tet in das Ka­bi­nett des Po­li­zei­chefs. Kurz be­grüß­te er den An­kömm­ling Pro­fes­sor Cur­tis aus Sing-Sing und frag­te: »Wie ist es mög­lich ge­we­sen, daß die Ap­pa­ra­tur ver­sag­te?« Sto­ckend und ner­vös gab der Pro­fes­sor sei­nen Be­richt. »Uns al­len ganz un­be­greif­lich! Auf 5 Uhr 30 Mi­nu­ten war die Elek­tro­ku­ti­on des Raub­mör­ders Wood­bur­ne an­ge­setzt. Sie ging glatt von­stat­ten. Um 5 Uhr 40 Mi­nu­ten lag der De­lin­quent be­reits auf dem Se­zier­tisch. Die Ma­schi­ne wur­de still­ge­setzt und um 5 Uhr 55 Mi­nu­ten wie­der an­ge­las­sen. Punkt 6 Uhr brach­te man den zwei­ten De­lin­quen­ten und schnall­te ihn auf den Stuhl. Er trug den vor­schrifts­mä­ßi­gen Hin­rich­tungs­an­zug mit dem Schlitz im rech­ten Bein­kleid. Die Elek­tro­de wur­de ihm um den Ober­schen­kel ge­legt. Zwei Mi­nu­ten nach sechs senk­te sich die Kup­fer­hau­be auf sei­nen Kopf. Im Hin­rich­tungs­raum stand der Ge­fäng­nis­in­spek­tor mit den zwölf vom Ge­setz vor­ge­schrie­be­nen Zeu­gen. Der Elek­tri­ker des Ge­fäng­nis­ses hat­te sei­nen Platz an der Schalt­ta­fel, den Au­gen des De­lin­quen­ten ver­bor­gen. 6 Uhr 3 Mi­nu­ten schlug er auf einen Wink des She­riffs den Schalt­he­bel ein … Ich will gleich be­mer­ken, daß dies die letz­te au­then­ti­sche Zei­t­an­ga­be aus Sing-Sing ist. Um 6 Uhr 3 Mi­nu­ten sind alle Uhren in der An­stalt mit ma­gne­ti­sier­ten Ei­sen­tei­len ste­hen­ge­blie­ben. Die wei­te­ren Zei­t­an­ga­ben in den Zei­tun­gen stam­men vom New Yor­ker Te­le­gra­phen­amt …« Dr. Glos­sin wipp­te ner­vös mit ei­nem Fuß. Der Pro­fes­sor fuhr fort. »In dem Au­gen­blick, in dem der Elek­tri­ker den Strom auf den De­lin­quen­ten schal­te­te, blieb die Dy­na­mo­ma­schi­ne, wie von ei­ner Rie­sen­faust ge­packt, plötz­lich ste­hen. Sie stand und hielt eben­so mo­men­tan auch die mit ihr ge­kup­pel­te Dampf­tur­bi­ne fest. Mit un­ge­heu­rer Ge­walt ström­te der Frisch­dampf aus dem Kes­sel ge­gen die still­ste­hen­den Tur­bi­nen­schau­feln. Es war höchs­te Zeit, daß der Ma­schi­nen­wär­ter zu­sprang und den Dampf ab­stell­te. Wäh­rend al­le­dem saß der De­lin­quent ru­hig auf dem Stuhl und zeig­te kei­ne Spur ei­ner Strom­wir­kung. Erst spä­ter ist mir das ei­gen­ar­ti­ge Ver­hal­ten des Ver­ur­teil­ten wie­der in die Erin­ne­rung ge­kom­men. Er schi­en mit dem Le­ben ab­ge­schlos­sen zu ha­ben. Aber so­bald er in den Hin­rich­tungs­raum ge­führt wur­de, kehr­te eine lei­se Röte in sei­ne bis da­hin tod­blas­sen Züge zu­rück. Als die Ma­schi­ne das ers­te­mal ver­sag­te, glaub­te ich die Spur ei­nes be­frie­dig­ten Lä­chelns auf sei­nen Zü­gen zu be­mer­ken. Gera­de so als ob er die­sen für uns alle so über­ra­schen­den Zwi­schen­fall er­war­tet habe. Als die Ma­schi­ne zum zwei­ten­mal an­ge­las­sen wur­de, ver­stärk­te sich die­se rät­sel­haf­te Hei­ter­keit. Er ver­folg­te un­se­re Ar­bei­ten, als ob es sich für ihn nur um ein wis­sen­schaft­li­ches Ex­pe­ri­ment hand­le. Beim drit­ten­mal kam das Un­glück. Die Ma­schi­nis­ten hat­ten die Tur­bi­ne auf höchs­te Tou­ren­zahl ge­bracht. Sie lief mit drei­tau­send Um­dre­hun­gen, und die elek­tri­sche Span­nung stand fünf­zig Pro­zent über der vor­ge­schrie­be­nen Höhe. Es gab einen Ruck. Die Ach­se zwi­schen Dy­na­mo und Tur­bi­ne zer­brach. Die Tur­bi­ne, plötz­lich ohne Last, ging durch. Ihre Schau­fel­rä­der zer­ris­sen un­ter der ins Un­ge­heue­re ge­stei­ger­ten Zen­tri­fu­gal­kraft. Der Kes­sel­frisch­dampf quirl­te und jag­te die Trüm­mer un­ter greu­li­chem Schlei­fen und Krei­schen durch die Ab­dampf­lei­tung in den Kon­den­sa­tor. Als der Dampf ab­ge­stellt war, fühl­ten wir alle, daß wir haar­scharf am Tode vor­bei­ge­gan­gen wa­ren …« Der Po­li­zei­chef flüs­ter­te ein paar Wor­te mit dem Dok­tor. Dann frag­te er den Pro­fes­sor: »Ha­ben Sie eine wis­sen­schaft­li­che Er­klä­rung für die Vor­gän­ge?« »Nein, Herr! Jede Er­klä­rung, die sich be­wei­sen lie­ße, fehlt. Höchs­tens eine Ver­mu­tung. Die Ma­gne­ti­sie­rung sämt­li­cher Uhren deu­tet dar­auf hin, daß in den kri­ti­schen Mi­nu­ten ein elek­tro­ma­gne­ti­scher Wir­bel­sturm von un­er­hör­ter Hef­tig­keit durch die Räu­me von Sing-Sing ge­gan­gen ist. Es müs­sen ex­trem star­ke elek­tro­ma­gne­ti­sche Fel­der im frei­en Raum auf­ge­tre­ten sein. Sonst wäre es nicht zu er­klä­ren, daß so­gar die ein­zel­nen Win­dun­gen der großen Stahl­fel­der in der Zen­tral­uhr voll­stän­dig ma­gne­tisch zu­sam­men­ge­ba­cken sind. Ein fürch­ter­li­ches elek­tro­ma­gne­ti­sches Ge­wit­ter muß wohl statt­ge­fun­den ha­ben. Aber da­mit wis­sen wir we­nig mehr.« Eine Hand­be­we­gung des Dok­tors un­ter­brach die wis­sen­schaft­li­chen Er­ör­te­run­gen des Pro­fes­sors. »Wie war die Flucht mög­lich?« Der Be­richt dar­über war lücken­haft. »Als die Tur­bi­ne im Ne­ben­raum ex­plo­dier­te, such­ten alle An­we­sen­den in­stink­tiv De­ckung. Ein Teil warf sich zu Bo­den. Ein Teil flüch­te­te hin­ter die Schalt­ta­fel. Etwa zwei Mi­nu­ten dau­er­te das ner­ven­zer­rei­ßen­de Heu­len und Quir­len der Trüm­mer­stücke in der Dampf­lei­tung. Als end­lich der Dampf ab­ge­stellt und Ruhe ein­ge­tre­ten war, merk­te man, daß der De­lin­quent ver­schwun­den war. Die star­ken Och­sen­le­der­rie­men, die ihn hiel­ten, wa­ren nicht auf­ge­schnallt, son­dern mit ei­nem schar­fen Mes­ser durch­schnit­ten. Die Flucht muß­te in höchs­ter Eile in we­ni­gen Se­kun­den aus­ge­führt wor­den sein. Erst zehn Mi­nu­ten spä­ter wur­de es be­merkt, daß auch ei­ner der Zeu­gen fehl­te.« Das war al­les, was Pro­fes­sor Cur­tis be­rich­ten konn­te. Dr. Glos­sin zog die Uhr. »Ich muß lei­der wei­ter! Le­ben Sie wohl, Herr Pro­fes­sor.« Er trat, von dem Po­li­zei­chef be­glei­tet, auf den Gang. »Wen­den Sie alle Maß­nah­men an, die Ih­nen zweck­mä­ßig er­schei­nen. In spä­tes­tens drei Stun­den er­war­te ich Mel­dung, wie es mög­lich war, daß ein falscher Zeu­ge der Elek­tro­ku­ti­on bei­wohn­te. Ge­ben Sie te­le­pho­ni­schen Be­richt! Wel­len­län­ge der Re­gie­rungs­flug­zeu­ge! Ich gehe nach Wa­shing­ton.« Ein Läu­ten des Te­le­phons im Zim­mer des Prä­si­den­ten rief die­sen hin­weg. Un­will­kür­lich trat Dr. Glos­sin mit ihm in den Raum zu­rück. »Vi­el­leicht eine gute Nach­richt?« Der Prä­si­dent er­griff den Hö­rer. Er­stau­nen und Span­nung mal­ten sich auf sei­nem Ge­sicht. Auch Dr. Glos­sin trat nä­her. »Was ist?« »Ein Ar­mee­flug­zeug ver­schwun­den. R.F.c.1 vom An­ker­platz ent­führt.« »Wei­ter, wei­ter!« Der Dok­tor stampf­te auf den Bo­den. »Wer war es?« Er drang auf den Prä­si­den­ten ein, als woll­te er ihm den Hö­rer aus der Hand rei­ßen. MacMor­land hat­te sei­ne Ruhe wie­der­ge­fun­den. Kurz und knapp klan­gen sei­ne Be­feh­le in den Trich­ter. »Der Staats­se­kre­tär des Krie­ges ist be­nach­rich­tigt?… Gut! So wird von dort aus die Ver­fol­gung ge­lei­tet wer­den. Wie se­hen die Tä­ter aus?… Hat man ir­gend­wel­che Ver­mu­tun­gen?… Wie? Was?… Eng­li­sche Agen­ten? Sind das lee­re Re­dens­ar­ten oder hat man An­halts­punk­te?… Was sa­gen Sie? All­ge­mei­ne Mei­nung?… Re­dens­ar­ten! Die Her­ren Chop­per und Wat­kins wer­den gleich her­aus­kom­men und die Nach­for­schun­gen lei­ten. Ihren An­ord­nun­gen ist Fol­ge zu leis­ten!« Der Prä­si­dent eil­te zum Schreib­tisch, warf ein paar Zei­len aufs Pa­pier und übergab sie sei­nem Se­kre­tär. Dann wand­te er sich sei­nen Be­su­chern zu. »Ein er­eig­nis­rei­cher Mor­gen! In­ner­halb we­ni­ger Stun­den zwei Vor­fäl­le, wie sie mir in mei­ner lan­gen Dienst­zeit noch nicht vor­ge­kom­men sind … Die Mei­nung, daß die Eng­län­der da­hin­ter­ste­cken, scheint mir nicht ganz un­be­grün­det zu sein. R.F.c.1 ist der neues­te Typ der Ra­pid Flyers. Erst vor we­ni­gen Wo­chen ist es ge­glückt, durch eine be­son­de­re Ver­bes­se­rung die Ge­schwin­dig­keit auf tau­send Ki­lo­me­ter in der Stun­de zu brin­gen. R.F.c. heißt die ver­bes­ser­te Type. c.1 ist das ers­te Exem­plar der Type. Ich hör­te, daß es erst vor drei Ta­gen in Dienst ge­stellt wur­de. Die nächs­ten Exem­pla­re brau­chen noch Tage, um für die Pro­be­fahrt fer­tig zu wer­den. Der Ge­dan­ke, daß die eng­li­sche Re­gie­rung sich das ers­te Exem­plar an­ge­eig­net hat, liegt na­tür­lich sehr nahe … Es sei denn …« »Was mei­nen Sie, Herr Prä­si­dent?« Die Stim­me Gloss­ins ver­riet sei­ne Er­re­gung. »Es sei denn, daß …« MacMor­land sprach lang­sam wie tas­tend »… daß ein Zu­sam­men­hang zwi­schen der Ent­füh­rung des Kreu­zers und der Flucht je­nes Logg Sar be­stän­de. Was mei­nen Sie, Herr Pro­fes­sor?« »Ich bin ver­sucht, das letz­te­re für das rich­ti­ge zu hal­ten. Es ist aus­ge­schlos­sen, mit ge­wöhn­li­chen Mit­teln ein Luft­schiff wie R.F.c.1 von dem streng be­wach­ten Flug­platz am hel­lich­ten Tage zu ent­füh­ren.« »Was ist Ihre Mei­nung, Herr Dok­tor?« »Ich … ich über­se­he die gan­ze Sach­la­ge zu we­nig. Trotz­dem, Herr Prä­si­dent, wer­den Sie gut­tun, sich um­ge­hend mit dem Kriegs­amt in Ver­bin­dung zu set­zen und Ihre Maß­nah­men für bei­de Fäl­le im Ein­ver­neh­men und engs­ten Zu­sam­men­wir­ken mit die­sem zu tref­fen. Gu­ten Mor­gen, mei­ne Her­ren.«

2

MacMor­land und Pro­fes­sor Cur­tis wa­ren al­lein im Saa­le des Po­li­zei­prä­si­di­ums zu­rück­ge­blie­ben.

»Ein leb­haf­ter Tag heu­te!«

MacMor­land sprach die Wor­te mit ei­ner ge­wis­sen Er­leich­te­rung. Der Vor­fall mit dem Flug­zeug muß­te die Sor­ge der Re­gie­rung auf einen an­de­ren Punkt len­ken.

Pro­fes­sor Cur­tis griff sich mit bei­den Hän­den an den Kopf.

»Der zwei­te Vor­fall ist bei­na­he noch mys­te­ri­öser als der ers­te. Be­den­ken Sie!… Der neues­te schnells­te Kreu­zer der Ar­mee. Auf ei­nem Flug­platz hin­ter drei­fa­chen mit Hoch­span­nung ge­la­de­nen Draht­git­tern. Schärfs­te Paß­kon­trol­le. Fünf­hun­dert Mann un­se­rer Gar­de als Platz­be­wa­chung. Es geht mir über je­des Ver­ste­hen, wie das ge­sche­hen konn­te.«

Der Po­li­zei­chef war mit sei­nen Ge­dan­ken schon wie­der bei dem Fal­le, der sein Res­sort an­ging.

»Wa­rum war die­ser Logg Sar zum Tode ver­ur­teilt? Wir von der Po­li­zei wis­sen wie­der ein­mal nichts. Si­cher­lich ein Ur­teil des Ge­hei­men Rats.«

Der Pro­fes­sor nick­te.

»In dem Ein­lie­fe­rungs­schein für Sing-Sing stand: ›Zum Tode ver­ur­teilt we­gen Hoch­ver­rats, be­gan­gen durch einen ver­bre­che­ri­schen An­schlag auf Schleu­sen am Pa­na­ma­ka­nal.‹ Die Un­ter­schrift war, wie Sie rich­tig ver­mu­te­ten, die des Ge­hei­men Rats.«

»Ich will ge­gen die­se In­sti­tu­ti­on nichts sa­gen. Sie hat sich in kri­ti­schen Zei­ten be­währt, in de­nen das Staats­schiff zu schei­tern droh­te. Aber … Men­schen blei­ben Men­schen, und bis­wei­len scheint es mir … ich möch­te sa­gen … das heißt, ich wer­de lie­ber nicht …«

Pro­fes­sor Cur­tis lach­te.

»Wir Leu­te von der Wis­sen­schaft sind im­mun. Sa­gen Sie ru­hig, daß die­ser Logg Sar die Pa­na­ma­sch­leu­sen wahr­schein­lich nie­mals in sei­nem Le­ben ge­se­hen hat und daß der ge­hei­me Rat ihn aus ganz an­de­ren Grün­den zum Teu­fel schickt.«

MacMor­land fuhr zu­sam­men. Die Wor­te des Pro­fes­sors wa­ren schon bei­na­he Hoch­ver­rat. Aber Cur­tis ließ sich nicht aus der Ruhe brin­gen.

»Las­sen wir den De­lin­quen­ten. Er ist doch längst über alle Ber­ge. Aber bren­nend gern möch­te ich et­was Ge­nau­e­res über Dok­tor Glos­sin er­fah­ren. Sie wis­sen, man mun­kelt al­ler­lei …«

MacMor­land über­leg­te einen Au­gen­blick.

»Wenn ich nicht über­zeugt wäre, daß ich auf Ihre un­be­ding­te Ver­schwie­gen­heit rech­nen könn­te, wür­de ich selbst das we­ni­ge, das ich weiß, für mich be­hal­ten. Um mit dem Na­men an­zu­fan­gen, so habe ich be­grün­de­te Zwei­fel, ob es der sei­ner El­tern war. Sei­nen wah­ren Na­men kennt au­ßer ihm selbst viel­leicht nur der Prä­si­dent-Dik­ta­tor. Sei­nen Pa­pie­ren nach ist er Ame­ri­ka­ner. Aber als ich zum ers­ten­mal sei­ne Be­kannt­schaft mach­te, glaub­te ich be­stimmt, star­ke An­klän­ge schot­ti­schen Ak­zents in sei­ner Spra­che zu be­mer­ken.«

»Wann und wo war das?« frag­te Cur­tis ge­spannt.

»Die Ge­le­gen­heit war für Dok­tor Glos­sin nicht ge­ra­de eh­ren­voll. Vor zwan­zig Jah­ren. Wäh­rend des ers­ten ja­pa­ni­schen Krie­ges. Ich hat­te einen Pos­ten bei der po­li­ti­schen Po­li­zei in San Fran­zis­ko. Ka­li­for­ni­en war von ja­pa­ni­schen Spio­nen über­schwemmt. Die Bur­schen mach­ten uns Tag und Nacht zu schaf­fen. Es war auch klar, daß ihre Un­ter­neh­mun­gen von ei­ner Stel­le aus ge­lei­tet wur­den. Ei­ner mei­ner Be­am­ten brach­te mir den Dok­tor, den er un­ter höchst gra­vie­ren­den Um­stän­den ver­haf­tet hat­te. Aber es war ihm schlech­ter­dings nichts zu be­wei­sen. Hät­ten wir da­mals schon den Ge­hei­men Rat ge­habt, wäre die Sa­che wahr­schein­lich an­ders ver­lau­fen. So blieb nichts wei­ter üb­rig, als ihn lau­fen zu las­sen.

In der nach un­se­rer Nie­der­la­ge aus­bre­chen­den Re­vo­lu­ti­on soll er … ich be­mer­ke ›soll‹ … ein Füh­rer der Ro­ten ge­we­sen sein. Zu be­wei­sen war auch hier nichts. Je­den­falls war er ei­ner der ers­ten, die ihre Fah­nen wech­sel­ten. Als Cy­rus Sto­nard an der Spit­ze des in den West­staa­ten ge­sam­mel­ten wei­ßen Hee­res die Re­vo­lu­ti­on mit blu­ti­ger Hand nie­der­schlug, war Dok­tor Glos­sin be­reits in sei­ner Um­ge­bung. Er muß dem Dik­ta­tor da­mals wert­vol­le Diens­te ge­leis­tet ha­ben, denn sein Ein­fluß ist seit­dem fast un­be­grenzt.«

MacMor­land un­ter­brach sei­nen Be­richt, um sich dem Fern­dru­cker zu­zu­wen­den.

»Hal­lo, da ha­ben wir wei­te­re Mel­dun­gen über R.F.c.1. Ver­su­chen Sie Ihren Scharf­sinn, Herr Pro­fes­sor. Vi­el­leicht kön­nen Sie das Rät­sel lö­sen. Der Be­richt lau­tet: R.F.c.1 stand um sie­ben Uhr mor­gens zur Ab­fahrt be­reit. Drei Mon­teu­re und ein Un­ter­of­fi­zier wa­ren an Bord. Der Kom­man­dant stand mit den In­ge­nieu­ren, die an der Fahrt teil­neh­men soll­ten, dicht da­bei. Zwei Mi­nu­ten nach sie­ben er­hob sich das Flug­schiff ganz plötz­lich. Sei­ne Ma­schi­nen spran­gen an. Es flog in ge­rin­ger Höhe über einen ne­ben dem Flug­platz lie­gen­den Wald. Etwa fünf Ki­lo­me­ter weit. Man nahm auf dem Platz an, daß die Ma­schi­nen ver­se­hent­lich an­ge­sprun­gen sei­en und die Mon­teu­re das Flug­zeug hin­ter dem Wald wie­der ge­lan­det hät­ten. Ein Auto brach­te den Kom­man­dan­ten und die In­ge­nieu­re dort­hin. Vom Flug­zeug kei­ne Spur. Die Mon­teu­re in schwe­rer Hyp­no­se be­haup­ten, es habe nie ein Flug­zeug R.F.c.1 ge­ge­ben. Sie sind zur Zeit in ärzt­li­cher Be­hand­lung«

MacMor­land riß den Pa­pier­strei­fen ab und leg­te ihn vor dem Pro­fes­sor auf den Tisch.

»Das ist das Tolls­te vom Tol­len. Was sa­gen Sie dazu?«

Der Po­li­zei­chef lief auf­ge­regt hin und her. Auch Pro­fes­sor Cur­tis konn­te sich der Wir­kung der neu­en Nach­richt nicht ent­zie­hen.

»Sie ha­ben recht, Herr Prä­si­dent. Es ist ein tol­les Stück. Aber Gott sei Dank fällt es nicht in das Res­sort von Sing-Sing und geht mich da­her we­nigs­tens be­ruf­lich nichts an.

Es wird Sa­che der Ar­mee sein, wie sie ih­ren Kreu­zer wie­der­be­kommt. Lie­ber noch ein paar Wor­te über Dok­tor Glos­sin. Ich hat­te schon viel von ihm ge­hört. Heu­te habe ich ihn das ers­te­mal ge­se­hen. Wo wohnt er? Wie lebt er? Was treibt er?«

»Sie fra­gen viel mehr, als ich be­ant­wor­ten kann. Hier in New York be­sitzt er ein ein­fach ein­ge­rich­te­tes Haus in der drei­hun­dert­sech­zehn­ten Stra­ße. Da­ne­ben hat er si­cher noch an vie­len an­de­ren Or­ten sei­ne Schlupf­win­kel …«

»Ist er ver­hei­ra­tet?«

»Nein. Ob­gleich er kei­nes­wegs ein Veräch­ter des weib­li­chen Ge­schlechts ist. Mir ist man­ches dar­über zu Ohren ge­kom­men … Na, gön­nen wir ihm sei­ne Ver­gnü­gun­gen, wenn sie auch man­chem recht son­der­lich vor­kom­men mö­gen.«

»Hat er sonst gar kei­ne Lei­den­schaf­ten?«

»Ich weiß, daß er Dia­man­ten sam­melt. Au­ser­le­se­ne schö­ne und große Stei­ne.«

»Nicht übel! Aber ein biß­chen kost­spie­lig das Ver­gnü­gen. Ver­fügt er über so große Mit­tel?«

MacMor­land zuck­te mit den Ach­seln.

»Es ent­zieht sich mei­ner Be­ur­tei­lung. Ein Mann in sei­ner Stel­lung, mit sei­nem Ein­fluß kann wohl … lie­ber Pro­fes­sor, ich habe schon viel mehr ge­sagt, als ich sa­gen durf­te und woll­te. Las­sen wir den Dok­tor sein Le­ben füh­ren, wie es ihm be­liebt. Es ist am bes­ten, so­we­nig wie mög­lich mit ihm zu tun zu ha­ben. Da Sie ge­ra­de hier sind, ge­ben Sie mir, bit­te, über die Vor­gän­ge in Sing-Sing einen kur­z­en Be­richt für mei­ne Ak­ten. Wir kön­nen nach­her zu­sam­men früh­stücken.«

3

Wie grie­chi­scher Mar­mor glänz­ten die Mau­ern des Wei­ßen Hau­ses zu Wa­shing­ton in der grel­len Mit­tagson­ne. Aber ein dunkles Ge­heim­nis barg sich hin­ter den schim­mern­den Mau­ern. Lan­ge und nach­denk­lich haf­te­ten die Bli­cke der Vor­über­ge­hen­den auf den glat­ten, ge­ra­den Flä­chen des Ge­bäu­des.

Die po­li­ti­sche Span­nung war bis zur Uner­träg­lich­keit ge­stie­gen. Jede Stun­de konn­te den Aus­bruch des schon lan­ge ge­fürch­te­ten Krie­ges mit dem eng­li­schen Wel­treich brin­gen. Die Ent­schei­dung lag dort hin­ter den brei­ten Säu­len und ho­hen Fens­tern des Wei­ßen Hau­ses.

In dem Vor­zim­mer des Prä­si­dent-Dik­ta­tors saß ein Ad­ju­tant und blick­te auf­merk­sam auf den Zei­ger der Wand­uhr. Als die­se mit lei­sem Schlag zur elf­ten Stun­de aus­hol­te, er­hob er sich und trat in das Zim­mer des Prä­si­den­ten.

»Die Her­ren sind ver­sam­melt, Herr Prä­si­dent.«

Der An­ge­re­de­te nick­te kurz und beug­te sich wie­der zum Schreib­tisch, wo er mit dem Ord­nen ver­schie­de­ner Pa­pie­re be­schäf­tigt war. Ein Mann mitt­le­ren Al­ters. Eine Art mi­li­tä­ri­schen In­te­rims­rockes um­schloß den ha­ge­ren Ober­kör­per. Auf ei­nem lan­gen, dün­nen Hal­se saß ein ge­wal­ti­ger Schä­del, des­sen voll­kom­men haar­lo­se Kup­pel sich lang­sam hin und her be­weg­te. Aus dem schma­len durch­geis­tig­ten As­ze­ten­ge­sicht blitz­ten ein Paar au­ßer­or­dent­lich große Au­gen, über de­nen sich eine zu hohe und zu brei­te Stirn weit nach vorn wölb­te.

Das war Cy­rus Sto­nard, der ab­so­lu­te Herr­scher ei­nes Vol­kes von drei­hun­dert Mil­lio­nen. Als er sich jetzt er­hob und lang­sam, bei­na­he zö­gernd der Tür zu­schritt, bot er äu­ßer­lich nichts von je­nen Herr­scher­fi­gu­ren, die in der Phan­ta­sie des Vol­kes zu le­ben pfle­gen. Nur das geist­li­che Kleid fehl­te, sonst hät­te man ihn wohl für eine der fa­na­ti­schen Mönchs­ge­stal­ten aus den mit­tel­al­ter­li­chen Glau­bens­kämp­fen der ka­tho­li­schen Kir­che an­se­hen kön­nen.

Er durch­schritt das Ad­ju­tan­ten­zim­mer und be­trat einen lang­ge­streck­ten Raum, des­sen Mit­te von ei­nem ge­wal­ti­gen, ganz mit Plä­nen und Kar­ten be­deck­ten Tisch aus­ge­füllt war. In der einen Ecke des Saa­l­es stan­den sechs Her­ren in leb­haf­tem Ge­spräch. Die Staats­se­kre­tä­re der Ar­mee, der Ma­ri­ne, der aus­wär­ti­gen An­ge­le­gen­hei­ten und des Schat­zes, die Oberst­kom­man­die­ren­den des Land­hee­res und der Flot­te. Sie ver­stumm­ten beim Ein­tritt des Dik­ta­tors. Cy­rus Sto­nard ließ sich in den Ses­sel am Kop­fen­de des Ti­sches nie­der und wink­te den an­de­ren, Platz zu neh­men.

»Mr. Fox, ge­ben Sie den Her­ren Ihren Be­richt über die aus­wär­ti­ge Lage.«

Der Staats­se­kre­tär des Aus­wär­ti­gen warf einen kur­z­en Blick auf sei­ne Pa­pie­re.

»Die Span­nung mit Eng­land treibt au­to­ma­tisch zur Ent­la­dung. Seit­dem Ka­na­da sich mit uns in ei­nem Zoll­ver­band zu­sam­men­ge­fun­den hat, sind die Her­ren an der Them­se ver­schnupft. Die Be­stre­bun­gen im aus­tra­li­schen Par­la­ment, nach ka­na­di­schem Mus­ter mit uns zu ver­han­deln, ha­ben die schlech­te Lau­ne in Dow­ning Street noch ver­schlech­tert. Eng­land sieht zwei sei­ner größ­ten und reichs­ten Ko­lo­ni­en auf dem Wege na­tür­li­cher Evo­lu­ti­on zu uns kom­men. In Aus­tra­li­en geht die Ent­wick­lung lang­sa­mer vor sich, seit­dem der ja­pa­ni­sche Druck ver­schwun­den ist. Aber auch dort ist sie un­auf­halt­bar, wenn es der eng­li­schen Macht nicht vor­her ge­lingt, uns nie­der­zu­wer­fen …«

Ein spöt­ti­sches Lä­cheln glitt über die Züge des Flot­ten­chefs.

»In Asi­en und Süd­ame­ri­ka sto­ßen un­se­re Han­del­s­in­ter­es­sen schwer mit den eng­li­schen zu­sam­men. Der letz­te Auf­stand im Jang­tse­ki­ang­ta­le war mit eng­li­schem Gel­de in­sze­niert. Die Afri­ka­ni­sche Uni­on hält bei al­ler Wah­rung ih­rer po­li­ti­schen Selb­stän­dig­keit wirt­schaft­lich fest zu Eng­land und läßt nur eng­li­sche Wa­ren ins Land. Un­ser letz­ter Ver­such, einen Han­dels­ver­trag mit der Afri­ka­ni­schen Uni­on ab­zu­schlie­ßen, ist ge­schei­tert. Mei­nes Erach­tens trei­ben die Din­ge ei­ner schnel­len Ent­schei­dung ent­ge­gen. Die Ent­füh­rung von R.F.c.1 gibt einen ge­eig­ne­ten An­laß. Seit zwei Stun­den tobt un­se­re Pres­se ge­gen Eng­land.«

Cy­rus Sto­nard hat­te wäh­rend des Vor­tra­ges me­cha­nisch al­ler­lei Schnör­kel und Or­na­men­te auf den vor ihm lie­gen­den Schreib­block ge­zeich­net.

»Wie den­ken Sie über die Ent­füh­rung des R.F.c.1?«

Er hef­te­te sei­ne Au­gen auf den Flot­ten­chef Ad­mi­ral Ni­chel­son.

»In der Nähe der Sta­ti­on sind zwei eng­li­sche Agen­ten er­grif­fen wor­den. Sie leug­nen jede Teil­nah­me.«

»Es gibt Mit­tel, sol­che Leu­te zum Re­den zu brin­gen.«

»Sie hat­ten den Strick um den Hals und schwie­gen.«

»Es gibt wirk­sa­me­re Mit­tel … Wie lan­ge kann sich R.F.c.1 in der Luft hal­ten?«

»Die Tanks wa­ren für zwölf Stun­den ge­füllt. Ge­nug, um in vol­ler Dun­kel­heit zu lan­den, wenn es nach Os­ten geht. Un­se­re Kreu­zer über dem Nor­d­at­lan­tik sind be­nach­rich­tigt. Eine Lan­dung in Eng­land müß­te noch bei Hel­lig­keit er­fol­gen und wür­de ge­mel­det wer­den.«

»Sie hal­ten es für si­cher, daß die Ent­füh­rung auf Be­trei­ben der eng­li­schen Re­gie­rung er­folgt ist?«

»Ganz si­cher!«

»Hm … der Ge­dan­ke liegt nahe … viel­leicht zu nahe … Und die an­de­ren Her­ren …? Mei­nen das­sel­be … hm! Hof­fent­lich, nein si­cher­lich ha­ben Sie un­recht.«

Die Staats­se­kre­tä­re sa­hen den Dik­ta­tor fra­gend an.

»Der letz­te Ga­ma­schen­knopf sitzt noch nicht! Ich wer­de erst los­schla­gen, wenn ich weiß, daß er sitzt. Das heißt, mei­ne Her­ren …« Die Stim­me des Spre­chen­den hob sich. »R.F.c.1 mag in Got­tes Na­men in Eng­land lan­den. Für un­ser Volk wird es ver­bor­gen blei­ben, bis es so­weit ist. Wie weit ist die Ver­tei­lung un­se­rer U-Kreu­zer durch­ge­führt?«

»Die gan­ze Kreu­zer­flot­te liegt auf dem Me­ri­di­an von Is­land vom sech­zigs­ten bis zum drei­ßigs­ten Brei­ten­grad gleich­mä­ßig ver­teilt.«

Ad­mi­ral Ni­chel­son er­hob sich, um die Lage der Kreu­zer­flot­te an ei­nem großen Glo­bus zu er­klä­ren.

»Wo ste­hen die Luft­kreu­zer?«

»Die leich­te Beo­b­ach­tungs­flot­te zwi­schen Is­land und den Fä­röern. Die Pan­zer­kreu­zer lie­gen seit drei Ta­gen auf dem grön­län­di­schen In­land­eis.«

»Die G-Flot­te …«

»Die Schif­fe auf Grön­land sind da­mit aus­ge­rüs­tet.«

Nur die­ser Staats­rat wuß­te um das Ge­heim­nis, daß die neu­en Luft­kreu­zer mit Bom­ben ver­se­hen wa­ren, die nach dem Ab­wurf Mil­li­ar­den und aber Mil­li­ar­den von Pest- und Cho­le­ra­kei­men in die Luft wir­bel­ten.

Man hat­te noch kei­ne Ge­le­gen­heit ge­habt, den Bak­te­ri­en­krieg im großen aus­zu­pro­bie­ren. Aber die ame­ri­ka­ni­schen Fach­leu­te ver­spra­chen sich viel da­von.

»Die P-Flot­te …«

Ein sar­do­ni­sches Lä­cheln lief über die sonst so un­be­weg­li­chen Züge des Dik­ta­tors, als er das Wort aus­sprach. Seit mehr denn Jah­res­frist la­gen eng­li­sche Bank­no­ten im Be­tra­ge von Hun­der­ten von Mil­li­ar­den Pfund Ster­ling in den ge­hei­men Ge­wöl­ben des ame­ri­ka­ni­schen Staats­schat­zes. Von der Tau­send­p­fund­no­te an bis hin­ab zu den kleins­ten Be­trä­gen. Al­les so vor­züg­lich ge­fälscht und nach­ge­druckt, daß die Bank von Eng­land selbst die­se No­ten für echt hal­ten muß­te. Die Auf­ga­be der P-Flot­te war es, so­fort bei Kriegs­aus­bruch die­se Un­men­gen eng­li­schen Pa­pier­gel­des über die gan­ze Welt zu ver­streu­en, wo Eng­län­der Han­del trie­ben und eng­li­sches Geld Kurs hat­te. Die Tä­tig­keit die­ser Flot­te muß­te das eng­li­sche Geld­we­sen in we­ni­gen Ta­gen voll­kom­men zer­rüt­ten.

Aber die P-Flot­te war noch ein schwe­re­res Staats­ge­heim­nis als die G-Flot­te. Die eng­li­schen Agen­ten hat­ten nur her­aus­be­kom­men, daß sie für Pro­pa­gan­da­zwe­cke be­stimmt sei und im Fal­le ei­nes Krie­ges in großen Mas­sen die zu­erst von Woo­drow Wil­son1 in die Krieg­füh­rung zi­vi­li­sier­ter Na­tio­nen ein­ge­führ­ten Trak­tät­chen über den feind­li­chen Li­ni­en ab­zu­wer­fen hät­te.

»Die P-Flot­te übt zwi­schen Rich­mond und Nor­folk«, sag­te Ad­mi­ral Ni­chel­son tro­cken.

Je­der­mann im Saa­le wuß­te, daß die­ser Stand­ort fünf­zehn Flug­mi­nu­ten von den Ge­wöl­ben des Staats­schat­zes ent­fernt war.

Cy­rus nahm das Wort von neu­em.

»Wie lan­ge wird es noch dau­ern, bis un­se­re Un­ter­was­s­er­sta­ti­on an der afri­ka­ni­schen Küs­te voll­kom­men ge­si­chert ist? Die Frist ist be­reits seit ei­ner Wo­che ab­ge­lau­fen.«

Bei die­sen nicht ohne Schär­fe ge­spro­che­nen Wor­ten er­hob sich der Flot­ten­chef un­will­kür­lich.

»Die Schwie­rig­kei­ten wa­ren grö­ßer als vor­aus­zu­se­hen war, Herr Prä­si­dent.«

»Kön­nen Sie ein be­stimm­tes Da­tum an­ge­ben?«

»Nein. Doch dürf­te es auf kei­nen Fall län­ger als bis zum Ablauf die­ses Mo­nats dau­ern.«

»Hm … dann also, mei­ne Her­ren … dann wird man R.F.c.1 zur ge­eig­ne­ten Zeit in Eng­land lan­den se­hen.«

Ein Ad­ju­tant trat ein und flüs­ter­te dem Prä­si­den­ten ein Wort ins Ohr.

»Gut, ich kom­me.«

Der Prä­si­dent er­hob sich, die Sit­zung war be­en­det.

Tho­mas Woo­drow Wil­son (1856-1924): Prä­si­dent der USA von 1913-1921, Frie­dens­no­bel­preis 1919  <<<

4

Aus dem blau­en Mit­tags­him­mel schoß ein sil­bern schim­mern­der Punkt auf das Wei­ße Haus in Wa­shing­ton zu, wur­de grö­ßer, zeig­te die schnit­ti­gen For­men ei­nes Re­gie­rungs­flug­zeugs und lan­de­te sanft auf dem Dach des Ge­bäu­des. Als ein­zi­ger Pas­sa­gier ver­ließ Dr. Ed­ward F. Glos­sin die Ma­schi­ne. Den lin­ken Fuß beim Ge­hen leicht nach­zie­hend, schritt er an den mar­tia­li­schen Ge­stal­ten der Leib­gar­de vor­bei. Auf den Trep­pen­ab­sät­zen und in den Kor­ri­do­ren stan­den die baum­lan­gen blon­den Ker­le aus den west­li­chen Wei­zen­staa­ten in ih­ren ma­le­ri­schen Uni­for­men. Sie hiel­ten die Wa­che um den Prä­si­dent-Dik­ta­tor wie frü­her die Gre­na­die­re der Pots­da­mer Gar­de um die preu­ßi­schen Kö­ni­ge oder die Ei­sen­sei­ten um Oli­ver Crom­well.1

Im Vor­zim­mer traf der Dok­tor den Ad­ju­tan­ten des Dik­ta­tors und ließ sich mel­den. Nur eine knap­pe Mi­nu­te, und der Dik­ta­tor trat aus dem Sit­zungs­saa­le und stand vor ihm. Nach flüch­ti­gem Gruß hieß er ihn in sein Ar­beits­zim­mer mit­kom­men.

»Wer ist Logg Sar?«

Dr. Glos­sin fühl­te die un­be­stimm­te Dro­hung, die in der Fra­ge lag, und trat einen Schritt zu­rück.

»Logg Sar ist … Sil­ves­ter Burs­feld.«

Tie­fes Er­stau­nen mal­te sich auf den Zü­gen Sto­nards. »Burs­feld … der im eng­li­schen Tower ge­fan­gen saß?« »Nein, sein Sohn. Der Va­ter hieß Ger­hard.«

»Mein Ge­dächt­nis ist gut. Sie ha­ben mir von ei­nem Sohn Ger­hard Burs­felds nie ge­spro­chen. Wa­rum nicht?«

»Ich weiß es selbst erst seit drei Mo­na­ten.«

»Und ich er­fah­re es erst heu­te?«

Cy­rus Sto­nard trat dicht an den Dok­tor her­an. Ein Blick traf ihn, der sein Ge­sicht noch um eine Nuan­ce blas­ser wer­den ließ.

»Er­klä­ren Sie!«

»Es war vor un­ge­fähr drei Mo­na­ten … Ich hielt mich ei­ni­ge Zeit in Tren­ton auf, um in mei­nem La­bo­ra­to­ri­um im Hau­se ei­ner Mrs. Har­te an ei­nem Ver­such zu ar­bei­ten. Ei­nes Ta­ges kommt ein jun­ger In­ge­nieur, der in den Staats­wer­ken von Tren­ton be­schäf­tigt ist, zu Mrs. Har­te und er­kun­digt sich nach ih­ren Fa­mi­li­en­ver­hält­nis­sen. Da­bei stellt sich her­aus, daß der ver­stor­be­ne Mann der Mrs. Har­te ein Stief­bru­der von Ger­hard Burs­feld war.«

»Ihre Er­zäh­lung scheint dar­auf hin­aus­zu­wol­len, daß der jun­ge In­ge­nieur der Sohn von Ger­hard Burs­feld ist. Wa­rum nann­te er sich Logg Sar?«

»Auf Logg Sar lau­ten sei­ne Pa­pie­re. Für die Welt und für ihn be­ruht al­les an­de­re auf Ver­mu­tun­gen. Für mich ist der Be­weis er­bracht.«

»Lie­fern Sie ihn mir!«

»Sie er­in­nern sich an mei­nen frü­he­ren Be­richt über die Sa­che, Herr Prä­si­dent. Heu­te ken­ne ich sei­ne Fort­set­zung. Nach­dem Ger­hard Burs­feld die un­frei­wil­li­ge Rei­se nach Eng­land ge­macht hat, ver­schwin­det er für im­mer im Tower. Sein Weib flieht mit ih­rem klei­nen Kna­ben in die kur­di­schen Ber­ge. Un­ter­wegs schließt sie sich ei­ner Ka­ra­wa­ne an: Kauf­leu­te, Pries­ter und was sonst in Ka­ra­wa­nen nach Mit­te­la­si­en zieht. Die jun­ge Frau ist den Stra­pa­zen des lan­gen We­ges nicht ge­wach­sen. Ir­gend­wo auf der Stre­cke zwi­schen Bag­dad und Ka­bul wur­de sie spä­ter be­stat­tet. Ein ti­be­ta­ni­scher Lama, der in sein Klos­ter zu­rück­kehrt, nimmt sich der Ster­ben­den an. Ihm über­gibt sie ih­ren Kna­ben, macht ihm zur Not des­sen Na­men ver­ständ­lich …«

»Et­was schnel­ler, wenn’s be­liebt, Herr Dok­tor!«

»Der Lama nimmt den Kna­ben mit in sein Klos­ter Pan­kong Tzo und er­zieht ihn in den Leh­ren Bud­dhas. Als der Kna­be vier­zehn Jah­re alt ist, be­sucht eine Ex­pe­di­ti­on schwe­di­scher Ge­lehr­ter das Klos­ter. Der jun­ge Eu­ro­pä­er fällt auf. Von ei­nem der Mit­glie­der der Ex­pe­di­ti­on, dem Eth­no­lo­gen Olaf Tru­wor, wird er mit nach Schwe­den ge­nom­men, wird mit des­sen Sohn zu­sam­men er­zo­gen, wird wie die­ser In­ge­nieur …«

Cy­rus Sto­nard hat­te wäh­rend des Be­rich­tes me­cha­nisch al­ler­lei Ara­bes­ken ge­malt, wie es sei­ne Ge­wohn­heit war. Jetzt warf er den Blei­stift un­wil­lig auf das vor ihm lie­gen­de Pa­pier.

»Glau­ben Sie im Ernst, Herr Dok­tor, daß ir­gend­ein An­walt in den Staa­ten auf Ihre Er­zäh­lung hin einen Erb­schaftspro­zeß über­neh­men wür­de?«

»Nur noch einen kur­z­en Au­gen­blick Ge­duld, Herr Prä­si­dent. Die Ket­te schließt sich Glied an Glied. Auf ei­ner Rhein­rei­se, die er nach dem Ab­schluß sei­ner Stu­di­en macht, wird Logg Sar von ei­nem al­ten Ehe­paar an­ge­spro­chen, dem sei­ne über­ra­schen­de Ähn­lich­keit mit Ger­hard Burs­feld auf­fällt. Die al­ten Leu­te sind mit Ger­hard Burs­feld ver­wandt, ha­ben ihn ge­nau ge­kannt und sind von die­ser Ähn­lich­keit eben­so über­rascht … wie ich es war, als Logg Sar mir das ers­te­mal vor die Au­gen trat. Ich glaub­te da­mals, Ger­hard Burs­feld so vor mir zu se­hen, wie er drei­ßig Jah­re frü­her in Me­so­po­ta­mi­en vor mir ge­stan­den hat. Die al­ten Leu­te ma­chen Logg Sar dar­auf auf­merk­sam, daß ein Stief­bru­der Ger­hard Burs­felds in Tren­ton lebt. Logg Sar fin­det im wei­te­ren Lau­fe sei­ner In­ge­nieur­kar­rie­re eine Stel­lung in den Tren­ton­wer­ken. Er er­in­nert sich der Mit­tei­lun­gen der al­ten Leu­te und spricht bei Mrs. Har­te vor. Ihr Mann ist tot. Ein Bild von Ger­hard Burs­feld fin­det sich im Hau­se. Die Ähn­lich­keit ist über­zeu­gend.«

Cy­rus Sto­nard blick­te den Er­zäh­ler durch­drin­gend an.

»Sie ti­schen mir da eine sehr ro­man­ti­sche, aber we­nig be­glau­big­te Ge­schich­te auf. Es fehlt nur noch das be­rühm­te Mut­ter­mal, und die Sa­che könn­te in Har­pers Wee­kly ste­hen. Herr Dok­tor, ich wün­sche von Ih­nen schlüs­si­ge Be­wei­se und kei­ne Phan­tas­te­rei­en. Ha­ben Sie ir­gend­ei­nen wirk­li­chen Be­weis, daß Logg Sar und Sil­ves­ter Burs­feld iden­tisch sind?«

Dr. Glos­sin spiel­te sei­nen Trumpf aus.

»Ein Wort schließt die Ket­te: Logg Sar.«

»Was soll das hei­ßen?«

»Logg Sar be­deu­tet im Ti­be­ta­ni­schen das Jah­res­en­de. Den letz­ten Tag des Jah­res. Den Tag, den die christ­li­che Re­li­gi­on dem Sil­ves­ter ge­weiht hat. Die ster­ben­de Mut­ter hat dem frem­den Pries­ter ver­ständ­lich zu ma­chen ver­sucht, was der Name ih­res Kin­des be­deu­tet. Das Jah­res­en­de. Der christ­li­che Name wur­de ver­ges­sen. Sei­ne ti­be­ta­ni­sche Über­set­zung er­gab den neu­en Na­men, un­ter wel­chem der Kna­be in Pan­kong Tzo ver­blieb.«

»Das ist kein Be­weis für mich, Herr Dok­tor. Und ich glau­be … für Sie auch nicht.«

Dr. Glos­sin trat einen Schritt nä­her an den Dik­ta­tor her­an.

»Mein letz­ter Be­weis, ein zwin­gen­der Be­weis! Er kennt das Ge­heim­nis sei­nes Va­ters. Es ist ihm über­kom­men, er hat es aus­ge­baut in ei­nem Maße, daß …«

Die fei­nen Flü­gel der Ad­ler­na­se des Dik­ta­tors zit­ter­ten. Zwei lot­rech­te Fal­ten zo­gen sich zwi­schen sei­nen Au­gen­brau­en zu­sam­men, als er den Satz des Dok­tors vollen­de­te:

»… daß er un­ser wer­den oder ver­schwin­den muß, wie sei­nen Va­ter die Eng­län­der ver­schwin­den lie­ßen.«

»Das ers­te­re ist wohl nicht mehr mög­lich.«

»Nach dem Ex­pe­ri­ment in Sing-Sing … ich glau­be, daß Grün­de vor­han­den sind, die mir ge­stat­ten, Ihr Kon­to da­mit zu be­las­ten, Herr Dok­tor! Fin­den Sie einen Weg, auf dem sich die an­de­re Mög­lich­keit be­werk­stel­li­gen läßt?«

Cy­rus Sto­nard warf dem Dok­tor einen Blick zu, der die­sen er­schau­ern ließ. Ein Wink des Dik­ta­tors, und er war selbst aus der Lis­te der Le­ben­den ge­stri­chen, fand viel­leicht schon in we­ni­gen Stun­den selbst sein Ende auf dem Stuhl in Sing-Sing.

Cy­rus Sto­nard ließ die Li­der sin­ken und fuhr ru­hig fort: »Wie sind Sie hin­ter sein Ge­heim­nis ge­kom­men?«

Der Dok­tor schöpf­te tief Atem und be­gann sto­ckend zu er­zäh­len:

»Sein Ge­sicht war mir vom ers­ten Tage an ver­haßt. Auch sonst hat­te ich Grund, sei­ne An­we­sen­heit im Hau­se Har­te un­an­ge­nehm zu emp­fin­den …«

»Hm! Hm … so … wei­ter!«

»Er bat mich, mein La­bo­ra­to­ri­um in mei­ner Ab­we­sen­heit be­nut­zen zu dür­fen. Ich er­laub­te es ihm. Beim Fort­ge­hen sorg­te ich da­für, daß zehn­tau­send Volt an den Tisch­klem­men la­gen, wäh­rend der zu­ge­hö­ri­ge Span­nungs­mes­ser nur hun­dert Volt an­zeig­te. Ich kam wie­der, um eine Lei­che zu fin­den, und sah ihn un­ver­sehrt aus dem Hau­se tre­ten. Das Lä­cheln ei­nes Sie­gers auf den Lip­pen, der so­eben einen großen Er­folg er­run­gen hat. Da wuß­te ich, daß Sil­ves­ter Burs­feld der rech­te Sohn sei­nes Va­ters ist. Er muß­te wis­sen, daß ich ihm die Fal­le ge­stellt hat­te. Ich durf­te mich nicht mehr vor sei­nen Au­gen zei­gen. Drei Tage spä­ter ver­schwand er … Unauf­fäl­lig, wie es üb­lich ist. Spe­zi­al­ge­richt. Elek­tro­ku­ti­on. Ich glaub­te, der Fall sei er­le­digt. Was wei­ter ge­sch­ah, wis­sen Sie, Herr Prä­si­dent.«

»Ha­ben Sie in sei­nen Pa­pie­ren gründ­lich nach­ge­sucht?«

»In je­dem Win­kel­chen. Es sind kei­ne Auf­zeich­nun­gen über die Er­fin­dung vor­han­den. Ich war drei­mal in sei­nen Räu­men. Je­des Stück Pa­pier wur­de um­ge­dreht und stu­diert.«

»Sie ha­ben selbst ge­sucht … Las­sen Sie un­se­re Po­li­zei su­chen! Die ver­steht es viel­leicht bes­ser; Herr Dok­tor … zum zwei­ten Punkt un­se­rer Be­spre­chung. Wer hat R.F.c.1 ge­nom­men?«

»Ich wür­de sa­gen, si­cher­lich eng­li­sche Agen­ten, wenn ich nicht …«

»Wenn Sie nicht …«

»Wenn ich nicht nach den Vor­gän­gen die­ses Mor­gens fürch­ten müß­te, daß Sil­ves­ter Burs­feld al­lein oder mit Kom­pli­cen in un­se­rem schnells­ten Kreu­zer nach … nach Schwe­den oder nach Ti­bet fährt«

»Al­lein ist aus­ge­schlos­sen! Kom­pli­cen? Wer sind sie?«

»Ich weiß es nicht … Bis jetzt noch nicht. Ei­ner die­ser Kom­pli­cen ist be­stimmt der Zeu­ge Wil­liams. Von dem drit­ten, der das Auto steu­er­te, wis­sen wir nur, daß er braun­häu­tig ist …«

»Es ist an­zu­neh­men, daß die drei zu­sam­men­blei­ben wer­den. Drei sind leich­ter in der Welt zu fin­den als ei­ner. Neh­men Sie die po­li­ti­sche Po­li­zei zu Hil­fe und su­chen Sie. Das Fin­den liegt in ei­gens­tem In­ter­es­se … Su­chen Sie, Herr Dok­tor Glos­sin!«

Dr. Glos­sin stand in un­si­che­rer Hal­tung vor dem Dik­ta­tor. Zum ers­ten­mal hat­te er die ihm an­ver­trau­ten so un­ge­heu­er weit­rei­chen­den Voll­mach­ten für die Zwe­cke ei­ner Pri­vat­ra­che an­ge­wen­det. Die Blan­ket­te und Voll­mach­ten, die er in den Hän­den hielt, mach­ten es ihm leicht, den jun­gen In­ge­nieur auf­he­ben zu las­sen. Bis da­hin war al­les in Ord­nung.

Aber daß er den Ge­fan­ge­nen so­fort auf den elek­tri­schen Stuhl brach­te, ent­sprach nicht der Staats­rä­son. Sol­che Leu­te be­wahr­te Cy­rus Sto­nard nach be­währ­ter Metho­de an fes­ten Or­ten auf und such­te hin­ter ihre Sch­li­che zu kom­men. Dr. Glos­sin raff­te sich zu­sam­men.

»Ich bit­te Sie, den Ent­schluß über Krieg oder Frie­den um etwa fünf Stun­den auf­zu­schie­ben. So lan­ge, bis ich wie­der hier bin.«

»Wa­rum?«

»Weil ich dann si­cher sa­gen kann, ob Logg Sar und sei­ne Ge­fähr­ten das Flug­schiff ge­nom­men ha­ben oder nicht.«

»Und wenn es mir aus an­de­ren Grün­den ge­fie­le, daß eng­li­sche Agen­ten das Schiff ge­nom­men ha­ben? Die Zeit ist reif! Der Zwi­schen­fall könn­te mir ge­le­gen kom­men.«

»Ich be­schwö­re Eure Ex­zel­lenz. Kei­ne bin­den­den Ent­schlüs­se, be­vor wir nicht klar se­hen.«

»Was klar se­hen?«

»Wo­hin die Er­fin­dung ge­gan­gen ist. Logg Sar im Bun­de mit Eng­land … dann kön­nen wir den Kampf nicht wa­gen.«

Der Dik­ta­tor schüt­tel­te ab­wei­send das Haupt.

»Der Sohn wird sich hü­ten, sich mit den Mör­dern sei­nes Va­ters zu ver­bin­den.«

»Ich hof­fe es. Aber Si­cher­heit ist mehr wert als Ver­mu­tung. In we­ni­gen Stun­den kann ich Si­cher­heit ha­ben. Hat er R.F.c.1 nicht ge­nom­men, so ist er noch in den Staa­ten, und wir ha­ben die Mög­lich­keit, ihn zu fas­sen. So­lan­ge er frei ist, bleibt er eine Macht, die wir fürch­ten müs­sen.«

Ein Schwei­gen von zwei Mi­nu­ten. Dann sag­te Cy­rus Sto­nard: »Ich er­war­te Ihre Mit­tei­lung im Lau­fe der nächs­ten drei Stun­den. Un­se­re Pres­se soll ihre Schmä­hun­gen ge­gen Eng­land bis auf wei­te­res un­ter­las­sen. Ver­su­chen Sie auf jede Wei­se des Er­fin­ders hab­haft zu wer­den. Ver­mei­den Sie Span­nun­gen mit an­de­ren eu­ro­päi­schen Staa­ten. Wir wol­len dem Geg­ner kei­ne Bun­des­ge­nos­sen wer­ben.«

Eine Hand­be­we­gung des Prä­si­dent-Dik­ta­tors, und Dr. Glos­sin war ent­las­sen.

Oli­ver Crom­well (1599-1658) war Lord­pro­tek­tor von Eng­land, Schott­land und Ir­land wäh­rend der kur­z­en re­pu­bli­ka­ni­schen Pe­ri­ode der bri­ti­schen Ge­schich­te.  <<<

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