Die Nacht der langen Messer - Walter Brendel - E-Book

Die Nacht der langen Messer E-Book

Walter Brendel

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Beschreibung

Eine dreitägige Mordaktion der Nationalsozialisten vom 30. Juni bis 2. Juli 1934, bekannt als "Nacht der langen Messer", hatte zum Ziel, Gegner und Konkurrenten in den eigenen Reihen und im bürgerlichen Lager auszuschalten. Um sich die uneingeschränkte Macht im Reich zu sichern und seine Visionen von der deutschen Vorherrschaft über Europa voranzutreiben, musste Hitler die Schlagkraft der SA brechen. Die Sturmabteilung war mit 3,5 Millionen Mitgliedern deutlich größer als die 100.000 Mann starke Reichswehr. Ernst Röhm, sein Waffenbruder und Vertrauter, forderte eine "zweite nationale Revolution" mit einer radikalen sozialen Umgestaltung. In "seiner" SA sah er den Kern einer neu zu gründenden "Volksmiliz", der er auch die Reichswehr einverleiben wollte. Hitler jedoch wollte keinen erfahrenen Militärführer neben sich haben und beschloss, Röhm auszuschalten.

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Seitenzahl: 88

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Walter Brendel

Die Nacht der langen Messer

Impressum

Texte:             © Copyright by Walter Brendel

Umschlag:      © Copyright by Walter Brendel

Verlag:

Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag

Gunter Pirntke

Mühlsdorfer Weg 25

01257 Dresden

[email protected]

Inhalt

Einführung

Der Hitler Putsch 1923

Der Streit um die Macht

Ernst Röhm

Hitler dezimiert die SA

Quellen

Einführung

Eine dreitägige Mordaktion der Nationalsozialisten vom 30. Juni bis 2. Juli 1934, bekannt als "Nacht der langen Messer", hatte zum Ziel, Gegner und Konkurrenten in den eigenen Reihen und im bürgerlichen Lager auszuschalten. Um sich die uneingeschränkte Macht im Reich zu sichern und seine Visionen von der deutschen Vorherrschaft über Europa voranzutreiben, musste Hitler die Schlagkraft der SA brechen. Die Sturmabteilung war mit 3,5 Millionen Mitgliedern deutlich größer als die 100.000 Mann starke Reichswehr. Ernst Röhm, sein Waffenbruder und Vertrauter, forderte eine "zweite nationale Revolution" mit einer radikalen sozialen Umgestaltung. In "seiner" SA sah er den Kern einer neu zu gründenden "Volksmiliz", der er auch die Reichswehr einverleiben wollte.

Hitler jedoch wollte keinen erfahrenen Militärführer neben sich haben und beschloss, Röhm auszuschalten. Mit gezückter Pistole stürmt er am Morgen des 30. Juni das Hotel Hanselbauer in Bad Wiessee am Tegernsee, in dem Ernst Röhm und weitere SA-Funktionäre logieren. Ihn als Verräter beschimpfend verhaftet der Reichskanzler seinen alten Kampfgenossen persönlich. Alle im Hotel zum Teil noch schlafenden SA-Führer werden von der SS verhaftet und in die Strafanstalt München-Stadelheim gebracht, 19 werden von einem Exekutionskommando der SS sofort erschossen. Das letzte Opfer ist am 1. Juli 1934 Ernst Röhm. Im Zuge der Aktion wurden insgesamt etwa 200 Menschen von SS, SD und Gestapo liquidiert.

Die nationalsozialistische Propaganda stellte die Morde als präventive Maßnahme gegen einen bevorstehenden Putsch der SA unter Röhm - den sogenannten Röhm-Putsch - dar. In Wirklichkeit handelte es sich um eine Säuberungsaktion. Die Erschießungen wurden post factum per Gesetz zur sogenannten Staatsnotwehr erklärt.

Die Mordserie Ende Juni 1934 im Auftrag Adolf Hitlers, in welcher dessen potentielle Konkurrenten ermordet (von Schleicher, Röhm, Strasser) oder kaltgestellt (von Papen) wurden. Des Weiteren wurde auf Befehl Hitlers die gesamte Führung der SA ermordet. Joseph Goebbels stellte das Ereignis propagandistisch als Röhm-Putsch dar. In Deutschland ist mit „Nacht der langen Messer“ meist dieses Ereignis gemeint, der Ausdruck ist jedoch bereits in der Weimarer Republik belegt (zum Beispiel Wilhelm Frick, MdR der NSDAP, im Mai 1932: „Die Nacht nach dem Siege gehört Euch S.A.-Leuten, sie wird die Nacht der langen Messer sein!“). Die Entsprechung Night of the Long Knives ist die im Englischen am meisten verbreitete Bezeichnung. Sie geht auf eine Formulierung aus Adolf Hitlers Rechtfertigungsrede vor dem Reichstag am 13. Juli 1934 zurück.

Es sind etwa 90 Ermordete namentlich nachgewiesen, einige Forscher gehen aber von etwa 150–200 Ermordeten aus. Dazu gehörten außer SA-Mitgliedern weitere, von der nationalsozialistischen Führung für ihre eigene Machtsicherung als gefährlich eingeschätzte Personen, darunter bekannte Persönlichkeiten wie Generalmajor Ferdinand von Bredow, der frühere stellvertretende Reichswehrminister, sowie Gregor Strasser als Reichspropagandaleiter und Reichsorganisationsleiter bis 1932 bedingt durch die Strasser-Krise. Daneben gab es aufgrund von Verwechslungen auch Zufallsopfer.

Der Hitler Putsch 1923

Die Geschichte um die Macht der beiden Protagonisten Hitler und Röhm beginnt 1923 in der bayrischen Hauptstadt München. Der Hitlerputsch war ein am 8. und 9. November 1923 unternommener, gescheiterter Putschversuch der NSDAP unter Adolf Hitler und Erich Ludendorff. Mit erwarteter Hilfe aus der rechtskonservativen bayerischen Landesregierung und Verwaltung sollte nach dem Vorbild Mussolinis die Reichsregierung in Berlin gestürzt werden. Das Ziel des Umsturzversuchs war die Beseitigung der parlamentarischen Demokratie und die Errichtung einer nationalsozialistischen Diktatur.

Auf die sozialistische bayerische Regierung Eisner und die Münchner Räterepublik hatten die „vaterländischen und nationalistischen“ Gruppen mit dem zunehmend radikaler formulierten Wunsch nach „Ordnung“ und mit deutlich verstärkten antidemokratischen Tendenzen reagiert. München entwickelte sich zu einer Hochburg der Rechten; hinzu kamen separatistische Bestrebungen. Die 1918 als Nachfolgeorganisation des bayerischen Zentrums gegründete Bayerische Volkspartei (BVP) behielt sich schon 1919 eine Abtrennung Bayerns vom Reich vor. Inflation, Not und die französisch-belgische Besetzung des Ruhrgebietes verstärkten die Unzufriedenheit.

Zum Ausbruch des Konflikts kam es, als der neue Reichskanzler Gustav Stresemann im September 1923 den „passiven Widerstand“ der Regierung des vorherigen Reichskanzlers Wilhelm Cuno gegen die Ruhrbesetzung abbrach. Diesen „Verrat“ nahm die bayerische Regierung unter dem BVP-Ministerpräsidenten Eugen Ritter von Knilling zum Anlass, um von der „bayerischen Ordnungszelle“ aus auf eine „nationale Diktatur“ in Berlin hinzuarbeiten und gegen die französische Politik an Rhein und Ruhr vorzugehen. Dazu ernannte die bayerische Staatsregierung am 26. September den früheren Ministerpräsidenten Gustav Ritter von Kahr zum diktatorischen Generalstaatskommissar: Er erklärte umgehend den Ausnahmezustand, setzte die Grundrechte außer Kraft und übernahm das Kommando von bayerischen Truppen der Reichswehr. Als Reaktion auf diesen verfassungswidrigen Akt verhängte Reichspräsident Friedrich Ebert noch am selben Tag den Ausnahmezustand über das gesamte Reich. Die vollziehende Gewalt übertrug er an Reichswehrminister Otto Geßler,] der sie weiter an die Wehrkreisbefehlshaber delegierte. Im Wehrkreis VII (München) war dies Generalleutnant Otto von Lossow, der zugleich bayerischer Landeskommandant der Reichswehr war.

Gustav von Kahr versuchte gemeinsam mit Lossow und Hans von Seißer, dem Kommandeur der bayerischen Landespolizei, seine republikfeindlichen Pläne in Angriff zu nehmen. Der Stellvertreter von Kahrs, Hubert von und zu Aufseß, drückte diese Intentionen am 20. Oktober 1923 in folgenden Worten aus:

„Es heißt für uns nicht: Los von Berlin! Wir sind keine Separatisten. Es heißt für uns: Auf nach Berlin! Wir sind seit zwei Monaten von Berlin in einer unerhörten Weise belogen worden. Das ist auch nicht anders zu erwarten von dieser Judenregierung, an deren Spitze ein Matratzeningenieur [Anm.: damit war Reichspräsident Friedrich Ebert gemeint] steht. Ich habe seinerzeit gesagt: In Berlin ist alles verebert und versaut, und ich halte das auch heute noch aufrecht.“ (Hubert Friedrich Karl von und zu Aufseß)

Kahr stand unterdessen im Wettkampf mit Adolf Hitler um die Führungsrolle im rechten Lager Bayerns. Dieser war am 25. September 1923 zum Führer des Deutschen Kampfbundes, der neuen Dachorganisation der Vaterländischen Verbände, gewählt worden. Kahr setzte am 29. September den Vollzug des Republikschutzgesetzes außer Kraft und ließ ab Mitte Oktober mehrere hundert jüdische Familien, die vor Jahrzehnten aus Osteuropa eingewandert waren (sogenannte Ostjuden), aus Bayern ausweisen. Mit diesen Maßnahmen wollte er seinen Rückhalt bei der extremen Rechten und den Anhängern Hitlers festigen.

Zum Eklat kam es am 20. Oktober. Nach einem beleidigenden Artikel gegen Reichskanzler Stresemann und Hans von Seeckt, den Chef der Heeresleitung, ordnete Reichswehrminister Geßler das Verbot des NSDAP-Sprachrohrs Völkischer Beobachter an. Otto von Lossow erhielt den Auftrag, dieses Verbot durchzusetzen. Dieser verweigerte jedoch die Ausführung des Befehls und wurde seines Amtes enthoben. Der bayerische Generalstaatskommissar ordnete hingegen an, dass Lossow Landeskommandant bleiben sollte, und betraute ihn „mit der Führung des bayerischen Teils des Reichsheeres“. Am 22. Oktober ließ Kahr die 7. Reichswehrdivision auf Bayern und seine Regierung vereidigen. Damit war der offene Bruch mit der Weimarer Republik vollzogen. Reichswehrminister Geßler betrachtete jedoch eine Verhängung der Reichsexekution gegen Bayern als aussichtslos: Die Reichswehr unter Seeckt wäre – gemäß dem Motto „Truppe schießt nicht auf Truppe“ – nicht bereit gewesen, diese auszuführen.

NSDAP-Versammlung im Bürgerbräukeller, ca. 1923

Hitler hatte den Putsch bereits für den 29. September 1923 geplant, wartete dann aber die turbulenten Entwicklungen in Bayern ab. Er wollte die neue Situation nutzen und die bayerische Regierung zum Sturz der Reichsregierung veranlassen. Am 30. Oktober 1923 rief er – ergebnislos – im Münchner Zirkus Krone zum Aufstand auf. Eine passende Gelegenheit bot sich, als Gustav von Kahr in Anwesenheit von Lossows, Seißers, Knillings, zweier weiterer Mitglieder des bayerischen Kabinetts und zahlreicher Prominenter aus verschiedenen nationalistischen Lagern im Bürgerbräukeller am 8. November 1923 über die Ziele seiner Politik sprechen wollte. Kahr begann in dem vollbesetzten Bürgerbräukeller um etwa 20 Uhr mit seiner Rede. Ludendorff hatte dem Kampfbund und den Offizieren der Infanterieschule den 8. November 20 Uhr 30 als „X-Zeit“ des Losschlagens angegeben.

Etwa 30 Minuten nach Beginn betrat Hitler in Begleitung des SA-Kommandeurs Hermann Göring sowie weiterer Nationalsozialisten vom Vestibül aus den Saal, stieg auf einen Stuhl, feuerte mit einer Pistole in die Decke, erlangte Aufmerksamkeit, warnte, das Versammlungslokal sei von der SA umstellt, und verkündete, die „nationale Revolution“ sei ausgebrochen. Er bat das Triumvirat – Kahr, Lossow, Seißer – und den mittlerweile herbeigeholten General der Infanterie und ehemaligen Ersten Generalquartiermeister Erich Ludendorff in einen Nebenraum, während Göring eine Rede hielt. Unterdessen brachte Hitler Kahr, Lossow und Seißer – nach späteren Aussagen mittels Erpressung – auf seine Seite. Die Putschisten setzten die beiden übrigen im Bürgerbräukeller anwesenden Mitglieder des Kabinetts währenddessen im Saal fest. Hitlers Ziel war ein sofortiger Aufstand, wozu das Triumvirat ihm seine Unterstützung zusagte. Zurück im Saal, baten die drei die Anwesenden, Hitlers Staatsstreich zu unterstützen. Ein von Hermann Esser entworfenes Flugblatt der Putschisten erklärte:

„Proklamation an das deutsche Volk! Die Regierung der Novemberverbrecher in Berlin ist heute für abgesetzt erklärt worden. Eine provisorische deutsche Nationalregierung ist gebildet worden, diese besteht aus General Ludendorff, Adolf Hitler, General von Lossow, Oberst von Seißer.“

Nach dem Vorbild des „Marschs auf Rom“ der italienischen Faschisten um Benito Mussolini sollten die in Bayern stehenden Reichswehrverbände zusammen mit antidemokratischen Wehrverbänden nach Berlin marschieren („Marsch auf Berlin“) und dort die Macht im Deutschen Reich übernehmen.

Ministerpräsident Eugen von Knilling, Justizminister Franz Gürtner, Innenminister Franz Schweyer, Landwirtschaftsminister Johannes Wutzlhofer, der Münchner Polizeipräsident Karl Mantel und weitere hochrangige Politiker wurden von 30 bewaffneten SA-Männern unter der Leitung von Rudolf Heß als Geiseln genommen und über Nacht im Privathaus des NS-Unterstützers Julius Friedrich Lehmann im Süden der Stadt festgehalten.

Als am Abend des 8. November der Putsch im Bürgerbräukeller in München bekannt wurde, formierten sich in anderen Münchner Gaststätten Antisemiten und Putschistenbefürworter, die zum Bavariaring zogen, um in dem dortigen Wohnviertel Juden ausfindig zu machen. Bei Geschäften und in der Münchner Hauptsynagoge wurden am selben Abend Scheiben eingeschlagen.