Die Nibelungen - Erik Schreiber - E-Book

Die Nibelungen E-Book

Erik Schreiber

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Beschreibung

Dieses Taschenbuch beschreibt Märchen und Sagen von Drachen. Drachen sind seit Jahrhunderten faszinierende Wesen in Mythen und Geschichten, die in vielen Kulturen auf der ganzen Welt verehrt wurden. Der Inhalt wird aus alten Quellen bezogen und neu veröffentlicht. Mit dem vorliegenden Buch lernt man mit den Sagen und die eigene Heimat besser kennen.

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Seitenzahl: 167

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Herausgeber

Erik Schreiber

Märchen Sagen und Legenden

Die Nibelungen

Saphir im Stahl

Märchen Sagen und Legenden 5

e-book: 283

Titel: Die Nibelungen

Erscheinungstermin: 0.03.2025

© Saphir im Stahl Verlag

Erik Schreiber

An der Laut 14

64404 Bickenbach

www.saphir-im-stahl.de

Titelbild: Franziska Wenzel

Lektorat: Peter Heller

Vertrieb neobook

Herausgeber

Erik Schreiber

Märchen Sagen und Legenden

Die Nibelungen

Saphir im Stahl

DAS NIBELUNGENLIED

Kriemhilds Traum

Die alten Heldenlieder berichten von berühmten Helden und ihren kühnen Taten. Sie erzählen von Freuden und Festlichkeiten, aber auch von Tod, Trauer und Tränen. So lest denn die Geschichte von Kriemhilds Liebe und ihrer grimmigen Rache, bei der so viele tapfere Helden ums Leben kamen.

In längst vergangenen Zeiten lebte in Burgund eine edle Königstochter. Sie hieß Kriemhild und war so über alle Maßen schön, dass es weit und breit nicht ihresgleichen gab. Ihr Vater war schon lange tot; Kriemhild wurde von ihrer Mutter Ute gehegt und gepflegt. Ihre älteren Brüder Gunther und Gernot und ihr jüngerer Bruder Giselher standen ihr schützend zur Seite. Die drei Könige waren stark und mutig, die ganze Welt wusste von ihrer Kühnheit und vom Glanz ihres Hofes.

Eines Nachts träumte Kriemhild, dass ihr zwei Adler ihren gezähmten Falken entrissen. Das verursachte ihr großes Leid, denn sie liebte den Falken sehr. Am Morgen erzählte sie den Traum ihrer Mutter, die deutete ihn: „Der Falke ist ein edler Held und die beiden wilden Adler, die ihn dir entreißen, bedeuten eine große Gefahr, vor der du ihn behüten sollst.“

„Warum sprichst du von einem edlen Helden, liebe Mutter, obwohl du weißt, dass ich unvermählt bleiben werde und in meinem Leben kein Platz für Liebe ist?“, antwortete Kriemhild.

„Du weißt nicht, was du redest“, sprach die Mutter, „die Liebe ist die größte Freude des Herzens. Einmal wird auch dir ein Mann begegnen, der dein Herz gewinnt und dich die Liebe lehrt.“

„Nein, Mutter, ich weiß nur zu gut, dass Liebe immer Leid bringt. Und ich will lieber die Liebe meiden, als das Leid kennenlernen.“

So lebte denn Kriemhild rein und unberührt, bis sie die Gefährtin des berühmten Helden wurde, des Falken, von dem sie geträumt hatte und der dann einen frühen Tod sterben sollte. Aber Kriemhild rächte sich furchtbar, und viele Helden mussten für den Tod dieses einen ihr Leben lassen.

Siegfried, der Nibelungenheld

Siegfrieds Jugend

Es wuchs in den Niederlanden eines edlen Königs Kind, das den Namen Siegfried erhielt. Sein Vater war Sigmund, vom ruhmvollen Stamme der Wölsungen, die ihr Geschlecht von Wodan selbst ableiteten. Seine Mutter Sigelinde war von nicht minder edler Abkunft. Beide erfreuten sich des Sohnes, denn er zeigte schon früh solche Kraft und Tüchtigkeit, dass man hoffte, er werde einst großen Heldenruhm erlangen. Indessen ward er bald seiner ungemeinen Leibesstärke sich bewusst und trotzigen und unbändigen Mutes. Er duldete keinen Widerspruch, er schlug die Gespielen blutig, auch die, welche weit älter waren als er. Mit den Jahren wuchs auch sein unbändiges Wesen, sodass er von allen Knaben gehasst und gemieden wurde und die Eltern in große Sorge gerieten. Da sprach Sigmund zu der Königin, er wisse noch einen Rat, wie der Wildling zu bändigen sei. Er wolle ihn als Lehrling dem Schmied Mimer übergeben, der im nahen Wald hause und harte Helme, lichte Brünnen, Schilde, Schwerter und wundersame Kleinodien schmiede; der sei ein starker und kluger Mann und werde den Knaben lehren, wie er die Waffen anfertige, die er einst als Recke führen solle. Die Königin gab ihre Zustimmung und der Vater verfuhr so mit dem unbändigen Sohn.

Als der Schmied die Mär vernahm, war er gar bereit, den Königssohn in Zucht zu nehmen; er meinte, es werde nicht schwerfallen, den kraftvollen Jungen zum Geschäft anzuleiten. Die nützliche Arbeit mit Zange und Hammer zähme den übermütigen Trotz. In der Tat ging es auch eine Zeitlang recht nach Wunsch. Der Lehrbursche hatte seine Lust an den Schwertern, Rüstungen und Kleinodien, die in der Esse und unter dem Hammer des Meisters und seiner Gesellen entstanden und poliert wie Sonnenlicht glänzten. Er versuchte selbst solche Kunstwerke zu fertigen. Anfangs zerschlug er viel Eisen und edles Metall; aber er lernte sein Ungestüm zu zähmen und zeigte viel Geschick. Ein und das andere Jahr verstrich leidlich. Er wuchs in dieser Zeit fast zur Mannesgröße heran. Nun langweilte ihn die Arbeit, und wenn ihn die Gesellen zurechtwiesen, schlug er sie, warf sie zu Boden und schleifte einmal den besten Schmiedeburschen, den kunstfertigen Wieland, an den Haaren bis zu dem Meister. „Das gerät nicht“, sagte der Alte, „komm hierher, du sollst dir selbst ein gutes Schwert schmieden.“ Dazu war Siegfried sogleich bereit. Er verlangte das beste Eisen und den schwersten Hammer, den die Gesellen mit zwei Händen zu fuhren pflegten. Mimer zog die stärkste Eisenstange rotglühend aus der Esse und legte sie auf den Amboss. Siegfried schwang den Hammer mit einer Hand wie ein Spielzeug. Der Schlag krachte nieder gleich einem Donnerschlag, das Haus zitterte in seinen Grundfesten, das Eisen zerstob zu Scherben, die nach allen Seiten flogen, und der Amboss sank schuhtief in den Boden.

„Das gerät nicht“, sagte der Meister wie vorher, „wir müssen es anders versuchen, mein Junge, wenn du eine gute Wehr dir fertigen willst. Drüben im Wald wohnt ein Köhler, der die besten Kohlen liefert. Hole mir davon eine tüchtige Last auf deinen starken Schultern! Derweilen rüste ich das beste Eisenzeug her, um dir eine Klinge zu schmieden, dergleichen noch nie ein Recke geschwungen hat.“

Das war für den Burschen eine so wohlgemeinte Rede, dass er sogleich eine mächtige Axt ergriff und in den Wald wanderte.

Die Bäume streckten dem jungen Gesellen ihre frischgrünen Zweige entgegen; die Vögel besangen den heiteren Frühling; es war ein lustiges Leben in den duftigen Hallen, wo Veilchen und Vergissmeinnicht ihm freundlich zunickten, als wollten sie ihm Glück verkündigen. Er pflückte sich einen Strauß von diesen Kindern des Frühlings und steckte ihn auf seine Lederkappe. Wie er weiterging, gelangte er in einen düsteren Föhrenhain. Da tönte kein Vogelsang, sondern ein dumpfes Geräusch, ein Zischen, Gurgeln und Brüllen, das einen minder kühnen Wanderer wohl erschreckt hätte. Er sah bald die Ursache dieses wüsten Getöses. Es war eine Moorlache, in welcher sich riesige Kröten, Schlangen und Lindwürmer herumwälzten.

„Hab ich doch mein Tage so viel schädliches Gewürm nicht gesehen“, sagte Siegfried für sich. „Aber ich will dem Spuk alsbald ein Ende machen.“

Sofort hieb er verdorrte Bäume nieder und warf sie in den unheimlichen Tümpel, dass er ganz davon bedeckt wurde. Darauf sprang er über Stock und Stein, bis er an die Köhlerhütte gelangte, die ihm der aus den Meilern aufsteigende Brodem kenntlich machte. Er begehrte von dem rußigen Köhler Feuer, um das Gewürm zu verbrennen.

„Armer Junge“, sagte der Köhler, „es ist schade um dein junges Blut; aber kehrst du auf demselben Weg zurück, so bricht der gräuliche Linddrache aus der Felskluft hervor und verzehrt dich zum Imbiss. Schmied Mimer ist ein ungetreuer Geselle, er war vor dir hier und hat mir üble Mär angesagt, wie er den Wurm gegen dich gehetzt habe, weil du gar unbändig seist.“

„Sei ohne Harm, weidlicher Mann“, versetzte Siegfried, „ich schlage den Wurm tot und den Ränkeschmied dazu. Gib mir nur Feuer, dass ich vorerst die giftige Brut verbrenne.“ Seufzend um das junge Blut reichte ihm der Köhler eine große Pfanne mit brennenden Kohlen und sah ihm wehmütig nach, wie er eilends fortrannte.

Der rasche Bursche war bald wieder an dem Tümpel. Mit den Kohlen zündete er leicht das dürre Holz von verschiedenen Seiten an, der Wind blies in die Glut, dass sie hoch aufloderte und das Wurmgezücht unter fürchterlichem Gekreisch in der Lache sott und schmorte. Siegfried hieb sich unterdessen aus einem Baumstamm eine gewaltige Keule zurecht. Allmählich ward es immer stiller in dem Moor und endlich verstummte auch der letzte Laut. Der kecke Junge ging um die Lache; da sah er an einem niederen Rand ein Bächlein heißes Fett von dem Gezücht hervorrinnen. Er tauchte den Finger hinein und gewahrte, dass er sich mit einer Hornhaut überzog.

„Hei“, sagte er, „das ist gut im Kampf.“

Er entkleidete sich und badete den ganzen Leib in dem flüssigen Fett. Nur zwischen den Schultern, wo ein herabgefallenes Lindenblatt anklebte, blieb eine Stelle ohne Hornhaut, was er erst später inneward. Als er alles vollendet und wieder sein Ledergewand angezogen hatte, schritt er wohlgemut, die Keule auf der Schulter, seines Weges. Da schoss plötzlich aus einer Steinkluft der Drache brüllend mit offenem Rachen auf ihn zu. Drei gewaltige Keulenschläge fällten das Ungetüm. Kopf und Rückgrat waren ihm gebrochen und es krümmte sich noch lange und schlug mit dem Schweif, bis es verendete.

„Die Bestie ist tot“, sagte der kühne Bursche. „Nun geht es an den berußten Meister und seine Gesellen.“

Mit diesen Worten wanderte er zornig weiter. Als die Gesellen den jungen Helden so im Grimme daherschreiten sahen, flohen sie erschrocken in den Wald und verbargen sich im Dickicht. Der Meister aber verharrte an der Tür seiner Schmiede, die er so lange friedlich bewohnt hatte. Er suchte erst durch Schmeichelworte seinen Lehrling zu begütigen, dann aber zückte er sein scharfes Schwert. Siegfried dagegen schwang die Keule und zerschmetterte mit einem Schlag die Klinge und das Haupt des Schmiedes.

„Hei, Meister Mimer“, rief er, „du hetzest keinen Linddrachen mehr auf deinen Lehrling!“ Darauf richtete er sich in der Schmiede ein und schmiedete sich mit Geduld und Fleiß ein Schwert, das er im Blut des Wurms härtete. Er brauchte zu diesem Geschäft mehrere Wochen, dann aber war der Stahl blank und schneidig und wohlgehärtet. Er gürtete ihn um und wanderte zurück nach dem Palast seines Vaters.

Mittlerweile hatte sich die Kunde von diesen Begebenheiten im Land verbreitet, und als Siegfried in die väterliche Halle trat, fand er den König unmutig und seine Mutter in Tränen. „Du hast ein übles Werk getan“, sagte Sigmund. „Du hast den besten Meister in allen Landen, den Mann, der mir sehr nützlich war, ohne Ursache in deinem unbändigen Zorn erschlagen.“

„Unschuldiges Blut klebt an deiner Hand“, rief die Königin und weinte noch mehr. Die Tränen der Mutter, das Schelten des Vaters brachen die unbezähmbare Wildheit des Sohnes. Er suchte sich nicht zu entschuldigen; er kniete vor der Königin und verbarg das Angesicht in seine Hände.

„Mutter“, sagte er, „deine Tränen brennen mir im Herzen. Weine nicht mehr, ich will gefügig, will ein gerechter, ein guter Recke werden.“

Die kummervollen Eltern wurden durch diese Rede des reuigen Kindes wieder getröstet, und dies um so mehr, als sie jetzt die näheren Umstände erfuhren, die auch der Köhler bestätigte.

Siegfried ward von dieser Zeit an ganz verändert. Er zeigte sich freundlich und leutselig, ertrug die Zurechtweisungen verständiger Männer, lauschte auf ihre Reden und Ratschläge und bemühte sich, klug und weise zu werden. Wenn der unbändige Zorn in ihm aufloderte, so dachte er an die Tränen seiner Mutter und an die Scheltworte des Vaters und besiegte und beherrschte den bösen Geist, der ihm sonst die Besonnenheit raubte. Da wurden ihm die Edlen am Hofe geneigt, und auch die Frauen blickten mit Wohlgefallen auf den hochherzigen Jüngling, der an Größe und kräftigem Gliederbau die stattlichsten Männer übertraf. Die blitzenden Augen, die hohe Stirn, die blonden Locken, die sein schönes Haupt umwallten, der Adel in allen Bewegungen vollendeten den Reiz seiner äußeren Erscheinung. In kriegerischen Spielen konnte sich ihm kein Recke vergleichen.

Die Königin weinte jetzt Tränen der Freude, wenn sie den herrlichen Sohn betrachtete und in die Arme schloss, und sein Vater meinte, Siegfried werde bald größere Taten vollbringen als er und alle seine ruhmvollen Ahnen. Deswegen veranstaltete er ein großes Fest und erteilte ihm, seinen Gespielen und vielen einheimischen und ausländischen Edlen das Schwert und die Rüstung, was man später den Ritterschlag nannte. Ein allgemeines Turnier bildete den Schluss des Festes. Wie nun Siegfried in allen Kämpfen Sieger blieb und hoch und herrlich vor dem versammelten Volk stand, riefen tausend und aber tausend Stimmen:

„Lange lebe Jung-Siegfried, unser König, neben dem würdigen Vater!“

Er aber winkte mit der Hand und sagte bescheiden: „Solcher Ehre bin ich noch nicht wert, ich gedenke mir selbst erst ein eigenes Land zu gewinnen, wenn mir der König Urlaub gibt, mit Ross und Rüstung in die Fremde zu ziehen, wohin mein Herz begehrt.“

Am Abend saßen die Recken beim Gelage in der königlichen Halle, Jung-Siegfried nicht oben bei dem Vater, sondern unten, wo die jungen Krieger von künftigen Taten redeten. Sie erzählten von dem fernen lsenland, dem Lande der schönen und streitbaren Brunhild, die ihre Freier zum Kampf fordere und schon viele erschlagen habe, vom Reich der zauberischen Nibelungen, von einem Drachenstein, auf welchem ein höllischer Flugdrache hause. Auch von einer holdseligen Königstocher zu Worms am Rhein wussten die jungen Degen zu berichten und von ihren drei Brüdern und dem starken Hagen, welche die Maid behüteten. „Hei, das muss lustig sein, diese Wunder zu schauen und Abenteuer zu bestehen“, rief Siegfried und trat vor seinen Vater und sagte ihm, wie er so gar der Fremde unkundig, wie er nicht länger in träger Ruhe daheim verharren wolle. Der König, der selbst in jungen Jahren weit herumgekommen war, versprach ihm, wenn die Mutter zustimme, seinem Begehren zu willfahren.

Die Königin wurde folgenden Tages von dem Verlangen des Sohnes in Kenntnis gesetzt und gab nach langem Widerstreben den Bitten des jungen Recken nach. Er erhielt die beste und glänzendste Rüstung, das gute Schwert, das er selbst geschmiedet hatte, und ein windschnelles Ross, das er sich in den königlichen Stallungen auswählen durfte. So ritt er denn hinaus in die ferne, ihm noch unbekannte Welt, frohen Mutes, wie die hoffnungsreiche Jugend immer ist, die nach einem unbestimmten Glück in der Ferne strebt.

Es war ein wonniger Ritt durch frische Gelände und grünen Wald. Er kehrte in ländlichen Herbergen und auf Burgen der Edlen ein und forschte nach Isenland. Man wies ihn nordwärts und er verfolgte die Straße, bis er das Meer erreichte. Er fand ein Fahrzeug zur Überfahrt bereit, aber die Schiffer fürchteten schlimmes Wetter. Indessen lichteten sie die Anker auf sein Geheiß und er lenkte das Steuer mit starker Hand durch die wilden, vom Sturm bewegten Wogen und landete nach kurzer Fahrt im sicheren Hafen. Er ward auf der Burg wohl empfangen. Brunhild selbst, die hohe Königin, entbot ihn in die Halle, wo viele Recken beim Gelage versammelt waren, alle entschlossen, in gefährlichen Kämpfen um die Hand der Frau zu werben.

Schon am folgenden Tag waren viele Kämpfer zum Waffenspiel in den Schranken. Da erschien Brunhild, glänzend gerüstet mit Helm, Brünne und Schild, schön wie Freya, wenn sie mit den Walküren die Schlacht der Helden lenkt. Siegfried betrachtete staunend die hohe Gestalt, die weit über die Jungfrauen emporragte, welche, gleich ihr gerüstet, ihr Gefolge bildeten. Aber auch der Held von Niederland überstrahlte die anderen Recken durch männliche Schönheit, durch hohe, kraftvolle Gestalt und glänzende Rüstung. Vielleicht regte sich in ihrem Herzen der Wunsch, er möge sich unter die Freier mischen und Sieg gewinnen. Er aber warf wie zum Spiel den Stein, dass er weit, selbst über die Schranken flog. Dann grüßte er mit Anmut die Königin, nahm Urlaub und bestieg wieder sein Fahrzeug.

„Nicht freien mag ich die männliche Maid“, sprach er bei sich. „Verschämt und sittig, sanft und freundlich muss die Jungfrau sein, um deren Huld ein weidlicher Held mit Gut und Blut wirbt.“

Er fuhr nun weiter seines Weges, teils durch wohl angebaute Auen, teils durch wüstes Land, wo reißende Tiere und Raubvolk dem einsamen Wanderer auflauerten. Da bestand er schwere Kämpfe und erschlug Riesen und Ungetüme. Von seinen Taten sangen die Spielleute in Hütten und Burgen, sodass sein Name weit und breit bekannt und gepriesen wurde. Im Land der Nibelungen, durch welches ihn der Weg führte, ließen ihn die Könige Schilbung und Nibelung zu sich entbieten, dass er ihnen den großen Hort teile, den ihnen ihr Vater Nibeling hinterlassen hatte. Sie gaben ihm zum Gebrauch das gute Schwert Balmung, ein Werk der Zwerge und in Drachenblut gehärtet. Es schnitt durch Stahl und Stein, ohne schartig zu werden, Gold und Edelsteine glänzten an Griff und Scheide und eine reiche Borte mit funkelnder Schnalle diente zur Befestigung am Gürtel. Der Held teilte auf gerechter Waage den unermesslichen Hort; dennoch waren beide Brüder unzufrieden, schalten ihn einen gierigen Hund, der die fettesten Bissen für sich behalten wolle, und befahlen ihren zwölf Riesen, ihn zu ergreifen und in den hohlen Berg, wo der Schatz lag, einzuschließen. Nun funkelte Balmung in Siegfrieds Hand, zerschmetternd wie ein Blitzstrahl da und dort einen riesigen Kämpfer. Die zauberkundigen Könige schufen durch Beschwörung einen dichten Nebel, ein Unwetter stieg auf, der Berg zitterte unter Donnerschlägen: alles vergeblich! Die Riesen fielen unter den Streichen der furchtbaren Klinge, endlich auch die beiden Brüder, und nun schwand der Nebel hinweg und die Sonne beleuchtete den siegreichen Degen. Als das herzuströmende Volk der Nibelungen solche wunderbaren Taten sah, begrüßte es ihn als König. Indessen erhob sich aus der Tiefe des Berges ein Rächer der Erschlagenen: Alberich, der starke Zwerg. Wohlgerüstet mit zauberischen Waffen griff er den kühnen Recken an. Bald war er sichtbar, bald unsichtbar, je nachdem er die Tarnkappe über den Helm zog oder abstreifte. Nach langem Kampf brachte ihn Siegfried durch einen gewaltigen Streich zu Fall. Die Wucht des Schwertes und die Kraft der Faust, die es führte, streckte ihn nieder, denn die Klinge schnitt nicht durch das zauberische Rüstzeug. Siegfried mochte nicht den Wehrlosen durch einen zweiten Streich töten und diese Großmut machte Alberich so fügsam, dass er seinem Überwinder Treue gelobte, die er niemals brach. Nun erhob sich kein Widersacher mehr gegen den Helden: Er war König der Nibelungen und die unermesslichen Schätze in dem hohlen Berge sowie die erbeutete Tarnkappe Alberichs gehörten ihm als erworbenes Gut.

Nachdem die Reichsverwaltung geordnet und erprobte Männer zu Verwesern bestellt waren, erwählte der Herrscher zwölf edle Recken zu seiner Gefolgschaft. Der Hort spendete Ringe, Spangen, Ketten von Silber und Gold. Die Fahrt ging heimwärts, dem lieben Vaterhaus zu. Er erreichte es ohne weitere Abenteuer; er umarmte Vater und Mutter, die nur durch dunkle Gerüchte von seinen Kämpfen Kunde erhalten hatten. Nun rastete er so manchen Tag. Aber lang mochte er nicht der Ruhe pflegen. Er wollte gen Worms an den Rhein fahren, wo die ruhmvollen Recken der Burgunden saßen. Mit ihnen wollte er sich im Kampfspiel versuchen. Als er sein Begehren dem Vater sagte und um Urlaub bat, umwölkte sich dessen Stirn.

„Mein Sohn“, sagte er, „fahre nicht zu den Burgunden, da wohnen die kühnsten Recken, die noch keiner bestanden hat. Da ist der grimmige Hagen, der starke Ortewin von Metz und König Gunther samt seinem Bruder Gernot. Sie behüten alle die minnigliche Maid Kriemhild, die schon mancher zu minnen begehrte und darum sein Leben lassen musste.“

„Hei, wie das eine gute Märe ist!“, rief der kühne Degen. „Die unverzagten Kämpfer sollen mir Reich und, wenn sie mir wohlgefällt, auch die wonnige Maid wohl übergeben. Mit meinen zwölf Nibelungen gedenke ich der Dinge mächtig zu werden.“ Die Mahnungen des Königs wie die Bitten der Königin waren vergeblich, sie mussten dem Verlangen des Sohnes willfahren.

Wie Siegfried zu den Burgunden fuhr

Am Rhein, am funkelnden Rheine

Steht eine Stadt, uralt,

Auf reichen Fluren, wie keine

Der blanke Strom umwallt.

Da war Getümmel und Wogen

Einst auf umhegtem Feld,

Mit Reisigen kam gezogen

Gar mancher Bannerheld.

Damals – glückseliges Denken

Der bessern Zeit, die schwand!

Wir wollen hinein uns versenken –

Seht dort – welch Zauberland!