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Die Odyssee ist neben der Ilias das zweite dem griechischen Dichter Homer zugeschriebene Epos. Im späten 8. Jahrhundert v. Chr. niedergeschrieben, gehört die Odyssee zu den ältesten und einflussreichsten Werken der abendländischen Literatur. Sie schildert die Abenteuer des Königs Odysseus von Ithaka und seiner Gefährten auf der Heimkehr aus dem Trojanischen Krieg. In vielen Sprachen ist der Begriff "Odyssee" zu einem Synonym für lange Irrfahrten geworden. (aus wikipedia.de)
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Seitenzahl: 573
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Odyssee
Homer
Inhalt:
Homer – Biografie und Bibliografie
Odyssee
Erster Gesang
Zweiter Gesang
Dritter Gesang
Vierter Gesang
Fünfter Gesang
Sechster Gesang
Siebenter Gesang
Achter Gesang
Neunter Gesang
Zehnter Gesang
Elfter Gesang
Zwölfter Gesang
Dreizehnter Gesang
Vierzehnter Gesang
Fünfzehnter Gesang
Sechzehnter Gesang
Siebzehnter Gesang
Achtzehnter Gesang
Neunzehnter Gesang
Zwanzigster Gesang
Einundzwanzigster Gesang
Zweiundzwanzigster Gesang
Dreiundzwanzigster Gesang
Vierundzwanzigster Gesang
Odyssee, Homer
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
Loschberg 9
86450 Altenmünster
ISBN: 9783849615956
www.jazzybee-verlag.de
Dichter, dem die beiden großen Epen der Griechen, »Ilias« und »Odyssee«, zugeschrieben werden. Über seine Persönlichkeit, Heimat und Zeit fehlt jede sichere Kunde. Man hat seine persönliche Existenz überhaupt in Zweifel gezogen und durch sprachwidrige Deutung des Namens bald als »Ordner«, bald als »Genosse« beweisen wollen, daß er nicht ein Individuum, sondern den ideellen Repräsentanten des einheitlichen Kunstepos oder den ideellen Ahnherrn einer geschlossenen Sängerzunft bezeichne. Doch da H. ein einfacher, »Geisel« oder »Bürge« bedeutender Eigenname ist, ohne jede symbolische Beziehung auf die Poesie, so liegt in dem Namen kein Grund, an der Existenz des H. als historischer Persönlichkeit zu zweifeln, deren Genie an Stelle der frühern Einzellieder zuerst nach einem einheitlichen Gedanken ausgestaltete größere Epen setzte. Bekanntlich stritten sich im Altertum sieben Städte um die Ehre, Geburtsort des H. zu sein: Smyrna, Rhodos, Kolophon, Salamis (auf Cypern), Chios, Argos, Athen. Wenn die ältere Überlieferung ziemlich bestimmt auf das äolische Smyrna als seine Heimat und die ionische Insel Chios als Stätte seines Wirkens hinweist, so stimmt dazu neben anderm die äolische Färbung des die Grundlage der Homerischen Sprache bildenden ionischen Dialekts. Hinsichtlich der Lebenszeit des H. scheint so viel sicher zu sein, daß das Zeitalter, in dem sich die epische Poesie zu der Höhe erhob, die man seinem Genie zuschreibt, um 850–800 v. Chr. fällt. Was über seine Lebensschicksale mitgeteilt wird, ist ohne Glaubwürdigkeit, zumal die Nachricht von seiner Blindheit, die auf der irrigen Voraussetzung beruht, daß der Dichter der »Ilias« und der »Odyssee« mit dem als blind bezeichneten Verfasser des Hymnus (s. unten) auf den delischen Apollon identisch sei. Fälschlich tragen H. ' Namen noch die um Jahrhunderte spätere »Batrachomyomachie« (s. d.), 34 sogen. Hymnen, 5 größere auf den pythischen und delischen Apollon, Hermes, Aphrodite und Demeter und 29 kleinere auf verschiedene Götter, Proömien, die spätere Rhapsoden ihren Vorträgen zum Preis des Gottes vorausschickten, an dessen Feste der Vortrag stattfand, und 16 kleinere Gedichte, sogen. Epigramme, gleichfalls Überreste älterer Poesie. »Ilias« und »Odyssee« sind die ältesten griechischen Literaturdenkmäler und die größten und vollkommensten Epen nicht bloß der griechischen, sondern überhaupt aller Poesie. Ihr Inhalt bildet nur einen Teil des großen trojanischen Sagenkreises. Die »Odyssee« besingt die Rückkehr des Odysseus. Die eigentliche Handlung umfaßt bloß den Zeitraum von 41 Tagen, die Abenteuer des Odysseus auf seinen zehnjährigen Fahrten werden episodisch erzählt. Nitzsch teilt das Gedicht in vier Hauptpartien. Die erste, der »abwesende Odysseus« (Buch 1–4), schildert die Zustände im Hause des auf der Insel der Kalypso weilenden Helden und die Reise seines Sohnes Telemach nach Kunde über den Vater. Die zweite, »der heimkehrende Odysseus« (Buch 5–13), berichtet dessen Fahrt von der Insel der Kalypso zu den Phäaken, denen er seine Abenteuer erzählt, und von da nach Ithaka. Die dritte, »der Rache sinnende Odysseus« (Buch 13–19), zeigt den als Bettler verkleideten Helden, wie er mit dem treuen Schweinehirten Eumäos und Telemach das Strafgericht an den Freiern der Penelope berät. Die vierte, »der Rache übende Odysseus« (Buch 20–24), schildert die Ausführung des Plans. Zeigt die »Odyssee« einen kunstvollen und verschlungenen Plan, so behandelt die »Ilias« einen Zeitraum von 51 Tagen aus dem zehnten Jahr des Krieges vor Troja in einfach chronologischer Anordnung. Anhebend mit dem Zorn des Achilleus über die Wegführung der geliebten Sklavin Briseïs durch Agamemnon, schildert sie die durch das Fernbleiben des grollenden Helden von den Kämpfen am 23.–27. Tage herbeigeführte und sich allmählich steigernde Bedrängnis der Griechen bis zum Fall des Patroklos, dem Wendepunkte des Gedichts, dann Achilleus' Aussöhnung mit Agamemnon und seine Rache an Hektor, Patroklos' Leichenfeier und die Auslieferung und Bestattung des Leichnams des Hektor.
Schon im Altertum bestand die Ansicht, daß »Ilias« und »Odyssee« nicht von demselben Dichter und nicht aus demselben Zeitalter stammen, ihre Vertreter, an ihrer Spitze die Grammatiker Xenon und Hellanikos, nannte man Chorizonten (die Trennenden). In der Tat herrscht zwischen beiden Epen nicht nur eine Verschiedenheit im Ton, sondern auch in vielfachen Einzelheiten, die mindestens auf erheblich spätere Abfassung der »Odyssee« hinweisen. Die Vorstellungen von den Göttern sind hier edler, das religiöse und sittliche Leben steht auf höherer Stufe; auch häusliches und soziales Leben zeigt sich mehr entwickelt, Schiffahrt und Handel sind ausgebreiteter, Kenntnis ferner Länder und ihrer Produkte gewachsen. Auch entging den Alten nicht, daß in beiden Gedichten nicht alles auf gleicher Stufe der Vollendung steht, daß es an Störungen der Erzählung, ja an Widersprüchen nicht fehlt. Während sie derartige Mängel vielfach durch Annahme von Interpolationen zu beseitigen suchten, knüpften neuere Kritiker daran eine Reihe scharfsinniger Hypothesen über die Entstehung der Homerischen Epen. Angeregt wurde die sogen. Homerische Frage durch Fr. A. Wolf (»Prolegomena ad Homerum«, 1795), der die Ansicht aufstellte, mündlich entworfene Lieder des H. und seiner Schule, der Homeriden auf Chios, seien jahrhundertelang von umherziehenden Sängern, den Rhapsoden (s. d.), mündlich überliefert und erst nachträglich durch Peisistratos von Athen um 540 in ihre gegenwärtige Gestalt zweier einheitlicher Epen gebracht worden, namentlich auf Grund der Annahme, daß der Gebrauch der Schrift in Griechenland erst im Zeitalter der sieben Weisen nachweisbar sei, und auf eine Tradition, die Peisistratos Sammler und Ordner der Gedichte nennt. Allerdings ist es wenig wahrscheinlich, daß der Gebrauch der Schrift bei den Griechen, wenn er auch weit älter ist, als Wolf wissen konnte, in so alter Zeit schon so ausgedehnt war, daß die Homerischen Dichtungen gleich von Anfang an ausgezeichnet sein können. Doch schließt dies die Möglichkeit einheitlicher größerer Dichtungen nicht aus; vielmehr scheint die Entstehung von Epen mit so faktischer Einheit aus einer Vielheit nicht aufeinander berechneter Lieder unmöglich. Auch die Sprache weist im Hauptbestand durchaus auf eine einheitliche Sprachperiode hin. Daß sie im wesentlichen in der jetztigen Gestalt schon vor Beginn der Olympiaden vorhanden waren, ist sicher, weil nach ihrem Muster und an sie anknüpfend die sogen. Kykliker größere Epen abfaßten. Daß erst Peisistratos oder die von ihm ernannte Kommission von Gelehrten, an ihrer Spitze der Dichter Onomakritos, »Ilias« und »Odyssee« als Ganzes geschaffen, eine nach Wolf besonders von Lachmann, der in der »Ilias« 16 Einzellieder annahm, vertretene Ansicht, ist unbezeugt; bezeugt vielmehr nur, daß erst unter Peisistratos eine Gesamt-Ilias und Gesamt-Odyssee hergestellt wurde, d. h. eine Auszeichnung des Gesamtbestandes im Gegensatz zu den sogen. Rhapsodien, den von den Rhapsoden für ihre Vorträge ausgewählten Einzelpartien. Das ganze Unternehmen, das manche für Legende halten, hängt vermutlich mit der ersten Anlage einer Bibliothek in Athen durch Peisistratos zusammen und mit der von seinem Sohn Hipparch getroffenen Anordnung des vollständigen und geordneten Vortrages der Homerischen Epen an den Panathenäen. Dagegen erklärt sich G. Hermann den Gegensatz einer unleugbaren Einheit des Gesamtplans und der Widersprüche und Abweichungen im einzelnen durch Annahme einer Ur-Ilias und Ur-Odyssee mäßigen Umfanges und einer allmählichen Erweiterung durch Zu- und Eindichtungen. Andre nahmen eine von den sogen. Diaskenasten später zustande gebrachte Zusammensetzung aus kleinen Epen, einer Achilleïs und Ilias für das eine und einer Telemachie und Heimkehr des Odysseus für das andre (so namentlich Kirchhoff), und andern Zutaten an. Daß bei der Abfassung beider Epen vorhandene Lieder benutzt sein können, und daß sie, bevor sie die gegenwärtige Gestalt erhielten, im Laufe der Zeit vielfache Erweiterungen und Überarbeitungen erfahren haben, geben selbst die Unitarier zu.
Der Einfluß der Homerischen Gedichte auf die Entwickelung des griechischen Volkes war ungemein groß. Mit Recht sagt Herodot, H. und Hesiod hätten den Griechen ihre Götter geschaffen; die religiösen Vorstellungen, die beide ausgebildet haben, blieben für die Hellenen allezeit maßgebend. Aus Homers Mythen zog die Tragödie ihre beste Nahrung; Äschylos nannte seine Dichtungen Brosamen von der reichbesetzten Tafel des H. Seine Typen von Göttern und Heroen dienten den Schöpfungen der Künstler als Norm. Überhaupt waren die Gedichte für die Griechen Grundlage aller höhern Geistesbildung. Platon nennt H. Griechenlands Erzieher, und dem Nationalbewußtsein war er vorzugsweise »der Dichter«. Von ihm gingen auch die gelehrten Studien der Alexandriner aus, von denen die wenig zweckmäßige Einteilung beider Epen in 24 Bücher nach den Buchstaben des ionischen Alphabets herrührt, und an ihm hat sich die philologische und kritische Kunst der Griechen ausgebildet. Die drei hervorragendsten Grammatiker Alexandrias, Zenodot, Aristophanes und ganz besonders Aristarch, haben nacheinander kritische Ausgaben (Diorthosen) von H. besorgt, und bis in die byzantinische Zeit ist er Mittelpunkt der Studien geblieben. Auch die Römer haben ihm das vollste Interesse geschenkt. Im Mittelalter war er dem Abendlande nur durch den metrischen Auszug der Ilias, den sogen. Homerus Latinus, bekannt. Nach der Wiederbelebung der Wissenschaften fand er lange nicht richtiges Verständnis und gebührende Würdigung, da Vergil für den größten Dichter galt. Die richtige Auffassung ging von England aus und wurde in Deutschland namentlich durch Lessing, Winckelmann und Heyne begründet. Durch Voß' Übersetzung ist dann H. so populär geworden, wie es sonst nur Werke nationaler Dichter werden. Reichtum und Mannigfaltigkeit des Inhalts zeichnen beide Epen aus; in einfacher Natürlichkeit, Wahrheit und plastischer Anschaulichkeit ist alles dargestellt. Ein großer Sinn atmet überall; die Menschen erscheinen, wie sie sind, alles ist Handlung, nichts müßig; wir werden hingerissen und, ohne es zu merken, belehrt. Die Sprache ist einfach und schlicht, dabei wohltönend, anmutig, gleichmäßig dahinfließend. Die Homerischen Epen sind ewig gültige Muster, und auch unsre Poesie ist, als sie auf falschen Wegen wandelte, insbesondere durch H. zur Einfachheit, Natur und Wahrheit zurückgeführt worden.
Von Gesamtausgaben sind nach der Editio princeps von Demetrios Chalkondylas (Flor. 1488, 2 Bde.) hervorzuheben: die von Ernesti (Leipz. 1759–1764, 5 Bde.; neue Aufl., von Dindorf, 1824, 5 Bde.), Wolf (Halle 1795, 2 Bde.; neue Aufl., Leipz. 1804–1807, 7 Bde.), Heyne (das. 1802–22, 9 Bde.), J. Bekker (2. Aufl., Bonn 1858), La Roche (Leipz. 1868–76), Nauck (Berl. 1874–77), Ludwich (Leipz. 1889 ff.), van Leeuwen-Mendes da Costa (2. Aufl., Leiden 1855 ff.). Die Ilias einzeln gaben heraus: Spitzner (Gotha 1832–36, 4 Bde.), Fäsi (7. Aufl. von Franke, Berl. 1888 ff.), Döderlein (das. 1863–64), Ameis (5. Aufl. von Hentze, Leipz. 1900 ff.), Köchly (»Iliadis carmina XVI«, Herstellung der ursprünglichen Einzellieder nach Lachmanns Theorie, das. 1861), Christ (»Iliadis carmina seiuncta discreta«, gleichfalls ein Versuch, den ursprünglichen Bestand zu bestimmen, das. 1886), Fick (»Die Homerische Ilias in der ursprünglichen Sprachform wiederhergestellt«, Götting. 1886, 2 Tle.); die Odyssee: Fäsi (9. Aufl. von Kaegi, Berl. 1901 ff.), Ameis (11. Aufl. von Hentze, Leipz. 1900 ff.), Fick (»Die Homerische Odyssee in der ursprünglichen Sprachform wiederhergestellt«, Göttingen 1883). Ausgaben der Hymnen von G. Hermann (Leipz. 1806), Baumeister (das. 1860), Gemoll (das. 1886), Goodwin (Oxf. 1893), Abel (nebst Epigrammen und Batrachomyomachie, das. 1886); der Batrachomyomachie von Baumeister (Götting. 1852), Ludwich (Leipz. 1896), deutsch zusammen von Thudichum (Stuttg. 1871). Die erste gute Übersetzung beider Epen lieferte J. H. Voß (Altona 1781 u. 1793, 4 Bde.; seither oft wiederholt; Abdruck der Odyssee, hrsg. von Bernays, Stuttg. 1881), andre Donner (3. Aufl., Berl. 1885), Uschner (das. 1862), Minckwitz (Leipz. 1864), Ehrenthal (Odyssee, Hildburgh. 1865; Ilias, Leipz. 1880), W. Jordan (Odyssee, Frankf. 1875; Ilias, 1881, 2. Aufl. 1889 und 1892); Engel (Odyssee, in der Nibelungenstrophe, Leipz. 1885), Dann (Odyssee, in deutschen Stanzen, Stuttg. 1895), Herm. v. Schelling (Odyssee, in achtzeiligen Strophen, Leipz. 1896). Vgl. Schröter, Geschichte der deutschen Homer-Übersetzung im 18. Jahrhundert (Jena 1882). Wörterbücher zu H. von Döderlein (Erlangen 1850–58, 3 Bde.), Autenrieth (9. Aufl. von Kaegi, Leipz. 1902), Ebeling (»Lexicon Homericum«, das. 1885, 2 Bde.), Gehring (»Index Homericus«, das. 1890–95); vgl. Buttmann, Lexilogus (4. Aufl., Berl. 1865). Ausgaben der alten Scholien zur Ilias von Bekker (Berl. 1825, 2 Bde.) und Dindorf-Maaß (Oxf. 1875–88, 6 Bde.); zur Odyssee von Buttmann (Berl. 1821) und Dindorf (Oxf. 1855, 2 Bde.). Vgl Codex Venetus A. Marcianus 454; phototypice editus (Ilias) cum scholiis (Leiden 1901).
[Literatur.]Vgl. F. A. Wolf, Prolegomena ad Homerum (Halle 1795; 3. Ausg. von Peppmüller, das. 1884; Abdruck mit Bekkerschen Noten, Berl. 1876; vgl. Volkmann, Geschichte und Kritik der Wolfschen Prolegomena, Leipz. 1874), und Vorlesungen über die vier ersten Gesänge der Ilias (hrsg. von Usteri, Bern 1830–31, 2 Bde.); G. Hermann, De interpolationibus Homeri (Leipz. 1832, im 5. Band der »Opuscula«); Nitzsch, De historia Homeri (Hannover 1830–37), Sagenpoesie der Griechen (Braunschweig 1852) und Beiträge zur Geschichte der epischen Poesie (Leipz. 1862); Welcker, Der epische Cyklus oder die Homerischen Dichter (Bonn 1835–49, 2 Bde.; 1. Bd., 2. Aufl., 1865); Bergk, Geschichte der griechischen Literatur, Bd. 1 (Berl. 1873); Lachmann, Betrachtungen über Homers Ilias (mit Zusätzen von Haupt; 3. Aufl., das. 1874); Friedländer, Die Homerische Kritik von Wolf bis Grote (das. 1853); Bonitz, Über den Ursprung der Homerischen Gedichte (6. Aufl. von Neubauer, das. 1885); Niese, Entwickelung der Homerischen Poesie (das. 1882); Christ, H. oder Homeriden (2. Aufl., Münch. 1885); v. Wilamowitz, Homerische Untersuchungen (Berl. 1884); Robert, Studien zur Ilias (das. 1901); Kirchhoff, Die Homerische Odysse (2. Aufl., das. 1879); Kammer, Die Einheit der Odyssee (Leipz. 1873) und Ästhetischer Kommentar zu Homers Ilias (2. Aufl., Paderb. 1901); Nägelsbach, Anmerkungen zur Ilias (3. Aufl. von Autenrieth, Nürnb. 1884); Nitzsch, Erklärende Anmerkungen zu Homers Odyssee (Hannov. 1826–40, 3 Bde.); Sitzler, Ein ästhetischer Kommentar zu Homers Odyssee (Paderb. 1902);i Seeck, Die Quellen der Odyssee (das. 1887); Nägelsbach, Homerische Theologie (3. Aufl. von Autenrieth, Nürnb. 1884); Völcker, Über Homerische Geographie und Weltkunde (Hannov. 1830); v. Baer, Die Homerischen Lokalitäten in der Odyssee (Braunschw. 1878); Buchholz, Die Homerischen Realien (Leipz. 1885, 3 Bde.); Helbig, Das Homerische Epos aus den Denkmälern erläutert (2. Aufl., das. 1887); Reichel, Homerische Waffen (2. Aufl., Wien 1901); Cauer, Grundfragen der Homerkritik (Leipz. 1895); Ludwich, Die Homervulgata als voralexandrinisch erwiesen (das. 1898); Lehrs, De Aristarchi studiis Homericis (3. Aufl., das. 1882); La Roche, Homerische Textkritik im Altertum (das. 1866) und Homerische Untersuchungen (das. 1869–93, 2 Bde.); Hartel, Homerische Studien (2. Aufl., Berl. 1873); J. Bekker, Homerische Blätter (das. 1872, 2 Bde.); W. Jordan, Das Kunstgesetz Homers und die Rhapsodik (Frankf. 1869); Tolkiehn, H. und die römische Poesie (Leipz. 1900).
Von den zahlreichen künstlerischen Illustrationen zu H. verdienen Hervorhebung: Flaxman, Umrisse zu H. (Ilias, Rom 1793, 34 Blätter; Odyssee, Götting. 1803, 28 Blätter; neue Ausg. von beiden, Berl. 1865); J. H. W. Tischbein, H. in Zeichnungen nach Antiken, mit Erläuterungen von Heyne (Götting. 1801–05, 6 Hefte); Inghirami, Galleria Omerica (Fiesole 1831–38, 3 Bde., mit 390 Kupfern); Genelli, Umrisse zum H. (Stuttg. 1844; neue Ausg. 1867, 49 Kupfer); Prellers Landschaften zur »Odyssee« (im Museum zu Weimar, die Kartons im Leipziger Museum, photographisch und in Farbendruck vervielfältigt; Holzschnittausgabe mit der Voßschen Übersetzung, Leipz. 1875).
2) H. der jüngere, aus Byzanz, Sohn der Dichterin Moiro, im 3. Jahrh. v. Chr., wurde als Tragödiendichter zur Alexandrinischen Pleias (s. d.) gerechnet.
Ratschluß der Götter, daß Odysseus, welchen Poseidon verfolgt, von Kalypsos Insel Ogygia heimkehre. Athene, in Mentes Gestalt, den Telemachos besuchend, rät ihm in Pylos und Sparta nach dem Vater sich zu erkundigen, und die schwelgenden Freier aus dem Hause zu schaffen. Er redet das erste Mal mit Entschlossenheit zur Mutter und zu den Freier. Nacht.
Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes, Welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troja Zerstörung, Vieler Menschen Städte gesehn, und Sitte gelernt hat, Und auf dem Meere so viel' unnennbare Leiden erduldet, 5 Seine Seele zu retten, und seiner Freunde Zurückkunft. Aber die Freunde rettet' er nicht, wie eifrig er strebte, Denn sie bereiteten selbst durch Missetat ihr Verderben: Toren! welche die Rinder des hohen Sonnenbeherrschers Schlachteten; siehe, der Gott nahm ihnen den Tag der Zurückkunft, 10 Sage hievon auch uns ein weniges, Tochter Kronions. Alle die andern, so viel dem verderbenden Schicksal entflohen, Waren jetzo daheim, dem Krieg' entflohn und dem Meere: Ihn allein, der so herzlich zur Heimat und Gattin sich sehnte, Hielt die unsterbliche Nymphe, die hehre Göttin Kalypso, 15 In der gewölbeten Grotte, und wünschte sich ihn zum Gemahle. Selbst da das Jahr nun kam im kreisenden Laufe der Zeiten, Da ihm die Götter bestimmt, gen Ithaka wiederzukehren; Hatte der Held noch nicht vollendet die müdende Laufbahn, Auch bei den Seinigen nicht. Es jammerte seiner die Götter; 20 Nur Poseidon zürnte dem göttergleichen Odysseus Unablässig, bevor er sein Vaterland wieder erreichte. Dieser war jetzo fern zu den Äthiopen gegangen; Äthiopen, die zwiefach geteilt sind, die äußersten Menschen, Gegen den Untergang der Sonnen, und gegen den Aufgang: 25 Welche die Hekatombe der Stier' und Widder ihm brachten. Allda saß er, des Mahls sich freuend. Die übrigen Götter Waren alle in Zeus' des Olympiers Hause versammelt. Unter ihnen begann der Vater der Menschen und Götter; Denn er gedachte bei sich des tadellosen Ägisthos, 30 Den Agamemnons Sohn, der berühmte Orestes, getötet; Dessen gedacht' er jetzo, und sprach zu der Götter Versammlung: Welche Klagen erheben die Sterblichen wider die Götter! Nur von uns, wie sie schrein, kommt alles Übel; und dennoch Schaffen die Toren sich selbst, dem Schicksal entgegen, ihr Elend. 35 So nahm jetzo Ägisthos, dem Schicksal entgegen, die Gattin Agamemnons zum Weib', und erschlug den kehrenden Sieger, Kundig des schweren Gerichts! Wir hatten ihn lange gewarnet, Da wir ihm Hermes sandten, den wachsamen Argosbesieger, Weder jenen zu töten, noch um die Gattin zu werben. 40 Denn von Orestes wird einst das Blut Agamemnons gerochen, Wann er, ein Jüngling nun, des Vaters Erbe verlanget. So weissagte Hermeias; doch folgte dem heilsamen Rate Nicht Ägisthos, und jetzt hat er alles auf einmal gebüßet. Drauf antwortete Zeus' blauäugige Tochter Athene: 45 Unser Vater Kronion, der herrschenden Könige Herrscher, Seiner verschuldeten Strafe ist jener Verräter gefallen. Möchte doch jeder so fallen, wer solche Taten beginnet! Aber mich kränkt in der Seele des weisen Helden Odysseus Elend, welcher so lang', entfernt von den Seinen, sich abhärmt, 50 Auf der umflossenen Insel, der Mitte des wogenden Meeres. Eine Göttin bewohnt das waldumschattete Eiland, Atlas' Tochter, des Allerforschenden, welcher des Meeres Dunkle Tiefen kennt, und selbst die ragenden Säulen Aufhebt, welche die Erde vom hohen Himmel sondern. 55 Dessen Tochter hält den ängstlich harrenden Dulder, Immer schmeichelt sie ihm mit sanft liebkosenden Worten, Daß er des Vaterlandes vergesse. Aber Odysseus Sehnt sich, auch nur den Rauch von Ithakas heimischen Hügeln Steigen zu sehn, und dann zu sterben! Ist denn bei dir auch 60 Kein Erbarmen für ihn, Olympier? Brachte Odysseus Nicht bei den Schiffen der Griechen in Trojas weitem Gefilde Sühnender Opfer genug? Warum denn zürnest du so, Zeus? Ihr antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: Welche Rede, mein Kind, ist deinen Lippen entflohen? 65 O wie könnte doch ich des edlen Odysseus vergessen? Sein, des weisesten Mannes, und der die reichlichsten Opfer Uns Unsterblichen brachte, des weiten Himmels Bewohnern? Poseidaon verfolgt ihn, der Erdumgürter, mit heißer Unaufhörlicher Rache; weil er den Kyklopen geblendet, 70 Polyphemos, den Riesen, der unter allen Kyklopen, Stark wie ein Gott, sich erhebt. Ihn gebar die Nymphe Thoosa, Phorkyns Tochter, des Herrschers im wüsten Reiche der Wasser, Welche Poseidon einst in dämmernder Grotte bezwungen. Darum trachtet den Helden der Erderschüttrer Poseidon, 75 Nicht zu töten, allein von der Heimat irre zu treiben. Aber wir wollen uns alle zum Rat vereinen, die Heimkehr Dieses Verfolgten zu fördern; und Poseidaon entsage Seinem Zorn: denn nichts vermag er doch wider uns alle, Uns unsterblichen Göttern allein entgegen zu kämpfen! 80 Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: Unser Vater Kronion, der herrschenden Könige Herrscher, Ist denn dieses im Rate der seligen Götter beschlossen, Daß in sein Vaterland heimkehre der weise Odysseus; Auf! so laßt uns Hermeias, den rüstigen Argosbesieger, 85 Senden hinab zu der Insel Ogygia: daß er der Nymphe Mit schönwallenden Locken verkünde den heiligen Ratschluß, Von der Wiederkehr des leidengeübten Odysseus. Aber ich will gern Ithaka gehn, den Sohn des Verfolgten Mehr zu entflammen, und Mut in des Jünglings Seele zu gießen; 90 Daß er zu Rat berufe die hauptumlockten Achaier, Und den Freiern verbiete, die stets mit üppiger Frechheit Seine Schafe schlachten, und sein schwerwandelndes Hornvieh; Will ihn dann senden gen Sparta, und zu der sandigen Pylos: Daß er nach Kundschaft forsche von seines Vaters Zurückkunft, 95 Und ein edler Ruf ihn unter den Sterblichen preise. Also sprach sie, und band sich unter die Füße die schönen Goldnen ambrosischen Sohlen, womit sie über die Wasser Und das unendliche Land im Hauche des Windes einherschwebt; Faßte die mächtige Lanze mit scharfer eherner Spitze, 100 Schwer und groß und stark, womit sie die Scharen der Helden Stürzt, wenn im Zorn sich erhebt die Tochter des schrecklichen Vaters. Eilend fuhr sie hinab von den Gipfeln des hohen Olympos, Stand nun in Ithakas Stadt, am Tore des Helden Odysseus, Vor der Schwelle des Hofs, und hielt die eherne Lanze, 105 Gleich dem Freunde des Hauses, dem Fürsten der Taphier Mentes. Aber die mutigen Freier erblickte sie an des Palastes Pforte, wo sie ihr Herz mit Steineschieben ergötzten, Hin auf Häuten der Rinder gestreckt, die sie selber geschlachtet. Herold' eilten umher und fleißige Diener im Hause: 110 Jene mischten für sie den Wein in den Kelchen mit Wasser; Diese säuberten wieder mit lockern Schwämmen die Tische, Stellten in Reihen sie hin, und teilten die Menge des Fleisches. Pallas erblickte zuerst Telemachos, ähnlich den Göttern. Unter den Freiern saß er mit traurigem Herzen; denn immer 115 Schwebte vor seinem Geiste das Bild des trefflichen Vaters: Ob er nicht endlich käme, die Freier im Hause zerstreute, Und, mit Ehre gekrönt, sein Eigentum wieder beherrschte. Dem nachdenkend, saß er bei jenen, erblickte die Göttin, Und ging schnell nach der Pforte des Hofs, unwillig im Herzen, 120 Daß ein Fremder so lang' an der Türe harrte; empfing sie, Drückt' ihr die rechte Hand, und nahm die eherne Lanze, Redete freundlich sie an, und sprach die geflügelten Worte: Freue dich, fremder Mann! Sei uns willkommen; und hast du Dich mit Speise gestärkt, dann sage, was du begehrest. 125 Also sprach er, und ging; ihm folgete Pallas Athene. Als sie jetzt in den Saal des hohen Palastes gekommen; Trug er die Lanz' in das schöngetäfelte Speerbehältnis, An die hohe Säule sie lehnend, an welcher noch viele Andere Lanzen stunden des leidengeübten Odysseus. 130 Pallas führt' er zum Thron, und breitet' ein Polster ihr unter, Schön und künstlich gewirkt; ein Schemel stützte die Füße, Neben ihr setzt' er sich selbst auf einen prächtigen Sessel, Von den Freiern entfernt: daß nicht dem Gaste die Mahlzeit Durch das wüste Getümmel der Trotzigen würde verleidet; 135 Und er um Kundschaft ihn von seinem Vater befragte. Eine Dienerin trug in der schönen goldenen Kanne, Über dem silbernen Becken, das Wasser, beströmte zum Waschen Ihnen die Händ', und stellte vor sie die geglättete Tafel. Und die ehrbare Schaffnerin kam, und tischte das Brot auf, 140 Und der Gerichte viel aus ihrem gesammelten Vorrat. Hierauf kam der Zerleger, und bracht' in erhobenen Schüsseln Allerlei Fleisch, und setzte vor sie die goldenen Becher. Und ein geschäftiger Herold versorgte sie reichlich mit Weine. Jetzo kamen auch die mutigen Freier, und saßen 145 All' in langen Reihen auf prächtigen Thronen und Sesseln. Herolde gossen ihnen das Wasser über die Hände. Aber die Mägde setzten gehäufte Körbe mit Brot auf Jünglinge füllten die Kelche bis oben mit dem Getränke, Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle. 150 Und nachdem die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war, Dachten die üppigen Freier auf neue Reize der Seelen, Auf Gesang und Tanz, des Mahles liebliche Zierden. Und ein Herold reichte die schöngebildete Harfe Phemios hin, der an Kunst des Gesangs vor allen berühmt war, 155 Phemios, der bei den Freiern gezwungen wurde zu singen. Prüfend durchrauscht' er die Saiten, und hub den schönen Gesang an. Aber Telemachos neigte das Haupt zu Pallas Athene, Und sprach leise zu ihr, damit es die andern nicht hörten: Lieher Gastfreund, wirst du mir auch die Rede verargen? 160 Diese können sich wohl bei Saitenspiel' und Gesange Freun, da sie ungestraft des Mannes Habe verschwelgen, Dessen weißes Gebein vielleicht schon an fernem Gestade Modert im Regen, vielleicht von den Meereswogen gewälzt wird. Sähen sie jenen einmal zurück in Ithaka kommen; 165 Alle wünschten gewiß sich lieber noch schnellere Füße, Als noch größere Last an Gold' und prächtigen Kleidern. Aber es war sein Verhängnis, so hinzusterben; und keine Hoffnung erfreuet uns mehr, wenn auch zuweilen ein Fremdling Sagt, er komme zurück. Der Tag ist auf immer verloren! 170 Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit. Wer, wes Volkes bist du? und wo ist deine Geburtstadt? Und in welcherlei Schiff kamst du? wie brachten die Schiffer Dich nach Ithaka her? was rühmen sich jene vor Leute? Denn unmöglich bist du doch hier zu Fuße gekommen! 175 Dann erzähle mir auch aufrichtig, damit ich es wisse: Bist du in Ithaka noch ein Neuling, oder ein Gastfreund Meines Vaters? Denn unser Haus besuchten von jeher Viele Männer, und er mocht' auch mit Leuten wohl umgehn. Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: 180 Dieses will ich dir alles, und nach der Wahrheit, erzählen. Mentes, Anchialos Sohn, des kriegserfahrenen Helden, Rühm' ich mich, und beherrsche die ruderliebenden Taphos. Jetzo schifft' ich hier an; denn ich steure mit meinen Genossen Über das dunkle Meer zu unverständlichen Völkern, 185 Mir in Temesa Kupfer für blinkendes Eisen zu tauschen. Und mein Schiff liegt außer der Stadt am freien Gestade, In der reithrischen Bucht, all des waldichten Neïon Fuße. Lange preisen wir, schon von dein Zeiten unserer Väter, Uns Gastfreunde. Du darfst nur zum alten Helden Laertes 190 Gehn und fragen; der jetzt, wie man sagt, nicht mehr in die Stadt kommt, Sondern in Einsamkeit auf dem Lande sein Leben vertrauret, Bloß von der Alten bedient, die ihm sein Essen und Trinken Vorsetzt, wann er einmal vom fruchtbaren Rebengefilde, Wo er den Tag hinschleicht, mit müden Gliedern zurückwankt. 195 Aber ich kam, weil es hieß, dein Vater wäre nun endlich Heimgekehrt; doch ihm wehren vielleicht die Götter die Heimkehr. Denn noch starb er nicht auf Erden der edle Odysseus; Sondern er lebt noch wo in einem umflossenen Eiland Auf dem Meere der Welt; ihn halten grausame Männer, 200 Wilde Barbaren, die dort mit Gewalt zu bleiben ihn zwingen. Aber ich will dir anitzt weissagen, wie es die Götter Mir in die Seele gelegt, und wie's wahrscheinlich geschehn wird; Denn kein Seher bin ich, noch Flüge zu deuten erleuchtet. Nicht mehr lange bleibt er von seiner heimischen Insel 205 Ferne, nicht lange mehr, und hielten ihn eiserne Bande; Sinnen wird er auf Flucht, und reich ist sein Geist an Erfindung. Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit. Bist du mit dieser Gestalt ein leiblicher Sohn von Odysseus? Wundergleich bist du ihm, an Haupt und Glanze der Augen! 210 Denn oft haben wir so uns zu einander gesellet, Eh' er gen Troja fuhr mit den übrigen Helden Achaias. Seitdem hab' ich Odysseus, und jener mich nicht gesehen. Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Dieses will ich dir, Freund, und nach der Wahrheit, erzählen. 215 Meine Mutter die sagt es, er sei mein Vater; ich selber Weiß es nicht: denn von selbst weiß niemand, wer ihn gezeuget. Wär ich doch lieber der Sohn von einem glücklichen Manne, Den bei seiner Habe das ruhige Alter beschliche! Aber der Unglückseligste aller sterblichen Menschen 220 Ist, wie man sagt, mein Vater; weil du mich darum befragest. Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: Nun so werden die Götter doch nicht den Namen des Hauses Tilgen, da solchen Sohn ihm Penelopeia geboren. Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit. 225 Was für ein Schmaus ist hier, und Gesellschaft? Gibst du ein Gastmahl, Oder ein Hochzeitfest? Denn keinem Gelag' ist es ähnlich! Dafür scheinen die Gäste mit zu unbändiger Frechheit Mir in dem Saale zu schwärmen. Ereifern müßte die Seele Jedes vernünftigen Manns, der solche Greuel mit ansäh! 230 Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Fremdling, weil du mich fragst, und so genau dich erkundest; Ehmals konnte dies Haus vielleicht begütert und glänzend Heißen, da jener noch im Vaterlande verweilte: Aber nun haben es anders die grausamen Götter entschieden, 235 Welche den herrlichen Mann vor allen Menschen verdunkelt! Ach! ich trauerte selbst um den Tod des Vaters nicht so sehr, Wär' er mit seinen Genossen im Lande der Troer gefallen, Oder den Freunden im Arme, nachdem er den Krieg vollendet. Denn ein Denkmal hätt' ihm das Volk der Achaier errichtet, 240 Und so wäre zugleich sein Sohn bei den Enkeln verherrlicht. Aber er ward unrühmlich ein Raub der wilden Harpyen; Weder gesehn, noch gehört, verschwand er, und ließ mir zum Erbteil Jammer und Weh! Doch jetzo bewein' ich nicht jenen allein mehr; Ach! es bereiteten mir die Götter noch andere Leiden. 245 Alle Fürsten, so viel in diesen Inseln gebieten, In Dulichion, Same, der waldbewachsnen Zakynthos, Und so viele hier in der felsichten Ithaka herrschen: Alle werben um meine Mutter, und zehren das Gut auf. Aber die Mutter kann die aufgedrungne Vermählung 250 Nicht ausschlagen, und nicht vollziehn. Nun verprassen die Schwelger All mein Gut, und werden in kurzem mich selber zerreißen! Und mit zürnendem Schmerz antwortete Pallas Athene: Götter, wie sehr bedarfst du des langabwesenden Vaters, Daß sein furchtbarer Arm die schamlosen Freier bestrafe! 255 Wenn er doch jetzo käm', und vorn in der Pforte des Saales Stünde, mit Helm und Schild und zween Lanzen bewaffnet; So an Gestalt, wie ich ihn zum erstenmale gesehen, Da er aus Ephyra kehrend von Ilos, Mermeros' Sohne, Sich in unserer Burg beim gastlichen Becher erquickte! 260 Denn dorthin war Odysseus im schnellen Schiffe gesegelt, Menschentötende Säfte zu holen, damit er die Spitze Seiner gefiederten Pfeile vergiftete. Aber sie gab ihm Ilos nicht, denn er scheute den Zorn der unsterblichen Götter; Aber mein Vater gab ihm das Gift, weil er herzlich ihn liebte: 265 Wenn doch in jener Gestalt Odysseus den Freiern erschiene! Bald wär' ihr Leben gekürzt, und ihnen die Heirat verbittert! Aber dieses ruhet im Schoße der seligen Götter, Ob er zur Heimat kehrt, und einst in diesem Palaste Rache vergilt, oder nicht. Dir aber gebiet' ich, zu trachten, 270 Daß du der Freier Schar aus deinem Hause vertreibest. Lieber, wohlan! merk' auf, und nimm die Rede zu Herzen. Fodere morgen zu Rat die Edelsten aller Achaier, Rede vor der Versammlung, und rufe die Götter zu Zeugen. Allen Freiern gebeut, zu dem Ihrigen sich zu zerstreuen; 275 Und der Mutter: verlangt ihr Herz die zwote Vermählung, Kehre sie heim in das Haus des wohlbegüterten Vaters. Dort bereite man ihr die Hochzeit, und statte sie reichlich Ihrem Bräutigam aus, wie lieben Töchtern gebühret. Für dich selbst ist dieses mein Rat, wofern du gehorchest. 280 Rüste das trefflichste Schiff mit zwanzig Gefährten, und eile, Kundschaft dir zu erforschen vom langabwesenden Vater; Ob dir's einer verkünde der Sterblichen, oder du Ossa, Zeus' Gesandte, vernehmest, die viele Gerüchte verbreitet. Erstlich fahre gen Pylos, und frage den göttlichen Nestor, 285 Dann gen Sparta, zur Burg Menelaos' des Bräunlichgelockten, Welcher zuletzt heim kam von dein erzgepanzerten Griechen. Hörst du, er lebe noch, dein Vater, und kehre zur Heimat; Dann, wie bedrängt du auch seist, erduld' es noch ein Jahr lang. Hörst du, er sei gestorben, und nicht mehr unter den Menschen; 290 Siehe dann kehre wieder zur lieben heimischen Insel, Häufe dem Vater ein Mal, und opfere Totengeschenke Reichlich, wie sich's gebührt, und gib einem Manne die Mutter. Aber hast du dieses getan und alles vollendet, Siehe dann denk' umher, und überlege mit Klugheit, 295 Wie du die üppige Schar der Freier in deinem Palaste Tötest, mit heimlicher List, oder öffentlich! Fürder geziemen Kinderwerke dir nicht, du bist dem Getändel entwachsen. Hast du nimmer gehört, welch ein Ruhm den edlen Orestes Unter den Sterblichen preist, seitdem er den Meuchler Ägisthos 300 Umgebracht, der ihm den herrlichen Vater ermordet? Auch du, Lieber, denn groß und stattlich bist du von Ansehn, Halte dich wohl, daß einst die spätesten Enkel dich loben! Ich will jetzo wieder zum schnellen Schiffe hinabgehn, Und den Gefährten, die mich, vielleicht unwillig, erwarten. 305 Sorge nun selber für dich, und nimm die Rede zu Herzen. Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Freund, du redest gewiß mit voller herzlicher Liebe, Wie ein Vater zum Sohn, und nimmer werd' ich's vergessen. Aber verweile bei uns noch ein wenig, wie sehr du auch eilest; 310 Lieber, bade zuvor, und gib dem Herzen Erfrischung: Daß du mit froherem Mut heimkehrest, und zu dem Schiffe Bringest ein Ehrengeschenk, ein schönes köstliches Kleinod Zum Andenken von mir, wie Freunde Freunden verehren. Drauf antwortete Zeus' blauäugichte Tochter Athene: 315 Halte nicht länger mich auf; denn dringend sind meine Geschäfte. Dein Geschenk, das du mir im Herzen bestimmest, das gib mir, Wann ich wiederkomme, damit ich zur Heimat es bringe; Und empfange dagegen von mir ein würdiges Kleinod. Also redete Zeus' blauäugichte Tochter, und eilend 320 Flog wie ein Vogel sie durch den Kamin. Dem Jünglinge goß sie Kraft und Mut in die Brust, und fachte des Vaters Gedächtnis Heller noch an, wie zuvor. Er empfand es im innersten Herzen, Und erstaunte darob; ihm ahnete, daß es ein Gott war. Jetzo ging er zurück zu den Freiern, der göttliche Jüngling. 325 Vor den Freiern sang der berühmte Sänger; und schweigend Saßen sie all', und horchten. Er sang die traurige Heimfahrt, Welche Pallas Athene den Griechen von Troja beschieden. Und im oberen Stock vernahm die himmlischen Töne Auch Ikarios Tochter, die kluge Penelopeia. 330 Eilend stieg sie hinab die hohen Stufen der Wohnung, Nicht allein; sie wurde von zwo Jungfrauen begleitet. Als das göttliche Weib die Freier jetzo erreichte, Stand sie still an der Schwelle des schönen gewölbeten Saales; Ihre Wangen umwallte der feine Schleier des Hauptes, 335 Und an jeglichem Arm stand eine der stattlichen Jungfraun. Tränend wandte sie sich zum göttlichen Sänger, und sagte: Phemios, du weißt ja noch sonst viel reizende Lieder, Taten der Menschen und Götter, die unter den Sängern berühmt sind; Singe denn davon eins vor diesen Männern, und schweigend 340 Trinke jeder den Wein. Allein mit jenem Gesange Quäle mich nicht, der stets mein armes Herz mir durchbohret. Denn mich traf ja vor allen der unaussprechlichste Jammer! Ach den besten Gemahl bewein' ich, und denke beständig Jenes Mannes, der weit durch Hellas und Argos berühmt ist! 345 Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Meine Mutter, warum verargst du dem lieblichen Sänger, Daß er mit Liedern uns reizt, wie sie dem Herzen entströmen? Nicht die Sänger sind des zu beschuldigen, sondern allein Zeus, Welcher die Meister der Kunst nach seinem Gefallen begeistert. 350 Zürne denn nicht, weil dieser die Leiden der Danaer singet; Denn der neuste Gesang erhält vor allen Gesängen Immer das lauteste Lob der aufmerksamen Versammlung: Sondern stärke vielmehr auch deine Seele, zu hören. Nicht Odysseus allein verlor den Tag der Zurückkunft 355 Unter den Troern; es sanken mit ihm viel andere Männer. Aber gehe nun heim, besorge deine Geschäfte, Spindel und Webestuhl, und treib an beschiedener Arbeit Deine Mägde zum Fleiß! Die Rede gebühret den Männern, Und vor allen mir; denn mein ist die Herrschaft im Hause! 360 Staunend kehrte die Mutter zurück in ihre Gemächer, Und erwog im Herzen die kluge Rede des Sohnes. Als sie nun oben kam mit den Jungfraun, weinte sie wieder Ihren trauten Gemahl Odysseus; bis ihr Athene Sanft mit süßem Schlummer die Augenlider betaute. 365 Aber nun lärmten die Freier umher in dem schattichten Saale, Denn sie wünschten sich alle, mit ihr das Bette zu teilen. Und der verständige Jüngling Telemachos sprach zur Versammlung: Freier meiner Mutter, voll übermütiges Trotzes, Freut euch jetzo des Mahls, und erhebt kein wüstes Getümmel! 370 Denn es füllt ja mit Wonne das Herz, dem Gesange zu horchen, Wann ein Sänger, wie dieser, die Töne der Himmlischen nachahmt! Morgen wollen wir uns zu den Sitzen des Marktes versammeln; Daß ich euch allen dort freimütig und öffentlich rate, Mir aus dem Hause zu gehn! Sucht künftig andere Mähler; 375 Zehret von euren Gütern, und laßt die Bewirtungen umgehn. Aber wenn ihr es so bequemer und lieblicher findet, Eines Mannes Hab', ohn' alle Vergeltung zu fressen; Schlingt sie hinab! Ich werde die ewigen Götter anflehn, Ob euch nicht endlich einmal Zeus eure Taten bezahle, 380 Daß ihr in unserm Haus' auch ohne Vergeltung dahinstürzt! Also sprach er; da bissen sie ringsumher sich die Lippen, Über den Jüngling erstaunt, der so entschlossen geredet. Aber Eupeithes' Sohn Antinoos gab ihm zur Antwort: Ei! dich lehren gewiß, Telemachos, selber die Götter, 385 Vor der Versammlung so hoch und so entschlossen zu reden! Daß Kronion dir ja die Herrschaft unseres Eilands Nicht vertraue, die dir von deinem Vater gebühret! Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: O Antinoos, wirst du mir auch die Rede verargen? 390 Gerne nähm' ich sie an, wenn Zeus sie schenkte, die Herrschaft! Oder meinst du, es sei das Schlechteste unter den Menschen? Wahrlich, es ist nichts Schlechtes, zu herrschen; des Königes Haus wird
Am Morgen beruft Telemachos das Volk, und verlangt, daß die Freier sei Haus verlassen. Antinoos verweigert's. Ein Vogelzeichen von Eurymachos verhöhnt. Telemachos bittet um ein Schiff, nach dem Vater zu forschen; Mentor rügt den Kaltsinn des Volks; aber ein Freier trennt spottend die Versammlung. Athene in Mentors Gestalt verspricht dem Einsamen Schiff und Begleitung. Die Schaffnerin Eurykleia gibt Reisekost. Athene erhält von Noemon ein Schiff, und bemannt es. Am Abend wird die Reisekost eingebracht; und Telemachos, ohne Wissen der Mutter, fährt mit dem scheinbaren Mentor nach Pylos.
Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, Sprang er vom Lager empor der geliebte Sohn von Odysseus, Legte die Kleider an, und hängte das Schwert um die Schulter, Band die schönen Sohlen sich unter die zierlichen Füße, 5 Trat aus der Kammer hervor, geschmückt mit göttlicher Hoheit, Und gebot den Herolden, schnell mit tönender Stimme Zur Versammlung zu rufen die hauptumlockten Achaier. Tönend riefen sie aus, und flugs war alles versammelt. Als die Versammelten jetzt in geschlossener Reihe sich drängten, 10 Ging er unter das Volk, in der Hand die eherne Lanze, Nicht allein, ihn begleiteten zween schnellfüßige Hunde. Siehe mit himmlischer Anmut umstrahlt' ihn Pallas Athene, Daß die Völker alle dem kommenden Jünglinge staunten. Und er saß auf des Vaters Stuhl, ihm wichen die Greise. 15 Jetzo begann der Held Ägyptios vor der Versammlung, Dieser gebückte Greis voll tausendfacher Erfahrung. Dessen geliebter Sohn war samt dem edlen Odysseus Gegen die Reisigen Trojas im hohlen Schiffe gesegelt, Antiphos, tapfer und kühn; den hatte der arge Kyklope 20 In der Höhle zerfleischt, und zum letzten Schmause bereitet. Noch drei andere hatt' er: der eine, Eurynomos, lebte Unter den Freiern, und zween besorgten des Vaters Geschäfte; Dennoch bejammert' er stets des verlorenen Sohnes Gedächtnis. Tränend begann der Greis, und redete vor der Versammlung: 25 Höret mich jetzt, ihr Männer von Ithaka, was ich euch sage! Keine Versammlung ward und keine Sitzung gehalten, Seit der edle Odysseus die Schiffe gen Troja geführt hat. Wer hat uns denn heute versammelt? Welcher der Alten Oder der Jünglinge hier? Und welche Sache bewog ihn? 30 Höret' er etwa Botschaft von einem nahenden Kriegsheer, Daß er uns allen verkünde, was er am ersten vernommen? Oder weiß er ein andres zum Wohl des Landes zu raten? Bieder scheinet er mir und segenswürdig! Ihm lasse Zeus das Gute gedeihn, so er im Herzen gedenket! 35 Sprach's; und Telemachos, froh der heilweissagenden Worte, Saß nicht länger; er trat, mit heißer Begierde zu reden, In die Mitte des Volks. Den Scepter reichte Peisenor Ihm in die Hand, der Herold, mit weisem Rate begabet. Und er wandte zuerst sich gegen den Alten, und sagte: 40 Edler Greis, nicht fern ist der Mann, gleich sollst du ihn kennen: Ich versammelte euch; mich drückt am meisten der Kummer! Keine Botschaft hört' ich von einem nahenden Kriegsheer, Daß ich euch allen verkünde, was ich am ersten vernommen; Auch nichts anderes weiß ich zum Wohl des Landes zu raten: 45 Sondern ich rede von mir, von meines eigenen Hauses Zwiefacher Not. Zuerst verlor ich den guten Vater, Euren König, der euch mit Vaterliebe beherrschte. Und nun leid' ich noch mehr: mein ganzes Haus ist vielleicht bald Tief ins Verderben gestürzt, und all mein Vermögen zertrümmert! 50 Meine Mutter umdrängen mit ungestümer Bewerbung Freier, geliebte Söhne der Edelsten unseres Volkes. Diese scheuen sich nun, zu Ikarios' Hause zu wandeln, Ihres Vaters, daß er mit reichem Schatze die Tochter Gäbe, welchem er wollte, und wer ihm vor allen gefiele; 55 Sondern sie schalten von Tag zu Tag' in unserm Palaste, Schlachten unsere Rinder und Schaf' und gemästeten Ziegen Für den üppigen Schmaus, und schwelgen im funkelnden Weine Ohne Scheu; und alles wird leer; denn es fehlt uns ein solcher Mann, wie Odysseus war, die Plage vom Hause zu wenden! 60 Wir vermögen sie nicht zu wenden, und ach auf immer Werden wir hilflos sein, und niemals Tapferkeit üben! Wahrlich ich wendete sie, wenn ich nur Stärke besäße! Ganz unerträglich begegnet man mir, ganz wider die Ordnung Wird mir mein Haus zerrüttet! Erkennt doch selber das Unrecht, 65 Oder scheuet euch doch vor andern benachbarten Völkern, Welche rings uns umwohnen, und bebt vor der Rache der Götter, Daß sie euch nicht im Zorne die Übeltaten vergelten! Freunde, ich fleh euch bei Zeus, dem Gott des Olympos und Themis, Welche die Menschen zum Rat versammelt, und wieder zerstreuet: 70 Haltet ein, und begnügt euch, daß mich der traurigste Kummer Quält! Hat etwa je mein guter Vater Odysseus Euch vorsätzlich beleidigt, ihr schöngeharnischten Griechen, Daß ihr mich zum Vergelt vorsätzlich wieder beleidigt; Warum reizet ihr diese? Mir wäre besser geraten, 75 Wenn ihr selber mein Gut und meine Herden hinabschlängt! Täter ihr's, so wäre noch einst Erstattung zu hoffen! Denn wir würden so lange die Stadt durchwandern, so flehend Wiederfodern das Unsre, bis alles wäre vergütet! Aber nun häuft ihr mir unheilbaren Schmerz auf die Seele! 80 Also sprach er im Zorn, und warf den Scepter zur Erde, Tränen vergießend, und rührte die ganze Versammlung zum Mitleid. Schweigend saßen sie all' umher, und keiner im Volke Wagte Telemachos Rede mit Drohn entgegen zu wüten. Aber Eupeithes' Sohn Antinoos gab ihm zur Antwort: 85 Jüngling von trotziger Red' und verwegenem Mute, was sprachst du Da für Lästerung aus? Du machtest uns gerne zum Abscheu! Aber es haben die Freier an dir des keines verschuldet; Deine Mutter ist schuld, die Listigste unter den Weibern! Denn drei Jahre sind schon verflossen, und bald auch das vierte, 90 Seit sie mit eitlem Wahne die edlen Achaier verspottet! Allen verheißt sie Gunst, und sendet jedem besonders Schmeichelnde Botschaft; allein im Herzen denket sie anders! Unter anderen Listen ersann sie endlich auch diese: Trüglich zettelte sie in ihrer Kammer ein feines 95 Übergroßes Geweb', und sprach zu unsrer Versammlung: Jünglinge, die ihr mich liebt, nach dem Tode des edlen Odysseus, Dringt auf meine Vermählung nicht eher, bis ich den Mantel Fertig gewirkt (damit nicht umsonst das Garn mir verderbe!) Welcher dem Helden Laertes zum Leichengewande bestimmt ist, 100 Wann ihn die finstre Stunde mit Todesschlummer umschattet: Daß nicht irgend im Lande mich eine Achaierin tadle, Läg' er uneingekleidet, der einst so vieles beherrschte! Also sprach sie mit List, und bewegte die Herzen der Edlen. Und nun webete sie des Tages am großen Gewebe: 105 Aber des Nachts, dann trennte sie's auf, beim Scheine der Fackeln. Also täuschte sie uns drei Jahr, und betrog die Achaier. Als nun das vierte Jahr im Geleite der Horen herankam Und mit dem wechselnden Mond viel Tage waren verschwunden; Da verkündet' uns eine der Weiber das schlaue Geheimnis, 110 Und wir fanden sie selbst bei der Trennung des schönen Gewebes. Also mußte sie's nun, auch wider Willen, vollenden. Siehe nun deuten die Freier dir an, damit du es selber Wissest in deinem Herzen, und alle Achaier es wissen! Sende die Mutter hinweg, und gebeut ihr, daß sie zum Manne 115 Nehme, wer ihr gefällt, und wen der Vater ihr wählet. Aber denkt sie noch lange zu höhnen die edlen Achaier, Und sich der Gaben zu freun, die ihr Athene verliehn hat, Wundervolle Gewande mit klugem Geiste zu wirken, Und der erfindsamen List, die selbst in Jahren der Vorwelt 120 Keine von Griechenlands schönlockigen Töchtern gekannt hat, Tyro nicht, noch Alkmene, und nicht die schöne Mykene; (Keine von allen war der erfindsamen Penelopeia Gleich an Verstand!) so soll ihr doch diese Erfindung nicht glücken! Denn wir schmausen so lange von deinen Herden und Gütern, 125 Als sie in diesem Sinne beharrt, den jetzo die Götter Ihr in die Seele gegeben! Sich selber bringet sie freilich Großen Ruhm, dir aber Verlust an großem Vermögen! Eher weichen wir nicht zu den Unsrigen oder zu andern, Ehe sie aus den Achaiern sich einen Bräutigam wählet! 130 Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Ganz unmöglich ist mir's, Antinoos, die zu verstoßen, Die mich gebar und erzog; mein Vater leb' in der Fremde, Oder sei tot! Schwer würde mir auch des Gutes Erstattung An Ikarios sein, verstieß' ich selber die Mutter. 135 Denn hart würde gewiß ihr Vater mich drücken, und härter Noch die göttliche Rache, wenn von uns scheidend die Mutter Mich den grausen Erinnen verfluchte! dann wär' ich ein Abscheu Aller Menschen! - O nein! ich kann ihr das nicht gebieten! Haltet ihr euch dadurch in eurem Herzen beleidigt, 140 Nun so geht aus dem Haus, und sucht euch andere Mähler! Zehret von eurem Gut, und laßt die Bewirtungen umgehn! Aber wenn ihr es so bequemer und lieblicher findet, Eines Mannes Hab' ohn alle Vergeltung zu fressen; Schlingt sie hinab! Ich werde die ewigen Götter anflehn, 145 Ob euch nicht endlich einmal Zeus eure Taten bezahle, Daß ihr in unserem Haus auch ohne Vergeltung dahinstürzt! Also sprach er, da sandte der Gott weithallender Donner Ihm zween Adler herab vom hohen Gipfel des Berges. Anfangs schwebten sie sanft einher im Hauche des Windes, 150 Einer nahe dem andern, mit ausgebreiteten Schwingen; Jetzo über der Mitte der stimmenvollen Versammlung, Flogen sie wirbelnd herum, und schlugen stark mit den Schwingen, Schauten auf aller Scheitel herab, und drohten Verderben, Und zerkratzten sich selbst mit den Klauen die Wangen und Hälse, 155 Und sie wandten sich rechts, und stürmten über die Stadt hin. Alle staunten dem Zeichen, das ihre Augen gesehen, Und erwogen im Herzen das vorbedeutete Schicksal. Unter ihnen begann der graue Held Halitherses, Mastors Sohn, berühmt vor allen Genossen des Alters, 160 Vögelflüge zu deuten, und künftige Dinge zu reden; Dieser erhub im Volk die Stimme der Weisheit, und sagte: Höret mich jetzt, ihr Männer von Ithaka, was ich euch sage! Aber vor allen gilt die Freier meine Verkündung! Ihre Häupter umschwebt ein schreckenvolles Verhängnis! 165 Denn nicht lange mehr weilet Odysseus fern von den Seinen; Sondern er nahet sich schon, und bereitet Tod und Verderben Diesen allen; auch droht noch vielen andern das Unglück, Uns Bewohnern der Hügel von Ithaka! Laßt uns denn jetzo Überlegen, wie wir sie mäßigen; oder sie selber 170 Mäßigen sich, und gleich! zu ihrer eigenen Wohlfahrt! Euch weissaget kein Neuling, ich red' aus alter Erfahrung! Wahrlich das alles geht in Erfüllung, was ich ihm damals Deutete, als die Argeier in hohlen Schiffen gen Troja Fuhren, mit ihnen zugleich der erfindungsreiche Odysseus: 175 Nach unendlicher Trübsal, entblößt von allen Gefährten, Allen Seinigen fremd, würd' er im zwanzigsten Jahre Wieder zur Heimat kehren. Das wird nun alles erfüllet! Aber Polybos' Sohn Eurymachos sagte dagegen: Hurtig zu Hause mit dir, o Greis, und deute das Schicksal 180 Deinen Söhnen daheim, daß ihnen kein Übel begegne! Dieses versteh ich selber, und besser als du, zu deuten! Freilich schweben der Vögel genug in den Strahlen der Sonne, Aber nicht alle verkünden ein Schicksal! Wahrlich Odysseus Starb in der Fern'! O wärest auch du mit ihm ins Verderben 185 Hingefahren! Dann schwatztest du hier nicht so viel von der Zukunft, Suchtest nicht Telemachos Groll noch mehr zu erbittern, Harrend, ob er vielleicht dein Haus mit Geschenken bereichre! Aber ich sage dir an, und das wird wahrlich erfüllet! Wo du den Jüngling dort, kraft deiner alten Erfahrung, 190 Durch dein schlaues Geschwätz aufwiegelst, sich wild zu gebärden; Dann wird er selber zuerst noch tiefer sinken in Drangsal, Und im geringsten nichts vor diesen Männern vermögen. Und du sollst es, o Greis, mit schwerer kränkender Buße Uns entgelten, damit du es tief in der Seele bereuest! 195 Aber Telemachos höre statt aller nun meinen Rat an: Zwing' er die Mutter zum Hause des Vaters wiederzukehren! Dort bereite man ihr die Hochzeit, und statte sie reichlich Ihrem Bräutigam aus, wie lieben Töchtern gebühret! Eher werden gewiß der Achaier Söhne nicht abstehn, 200 Penelopeia zu drängen; denn siehe! wir zittern vor niemand, Selbst vor Telemachos nicht, und wär' er auch noch so gesprächig! Achten auch der Deutungen nicht, die du eben, o Alter, So in den Wind hinschwatzest! Du wirst uns nur immer verhaßter Unser schwelgender Schmaus soll wieder beginnen, und niemals 205 Ordnung im Hause bestehn, bis jene sich den Achaiern Wegen der Hochzeit erklärt; wir wollen in steter Erwartung, Künftig wie vor, um den Preis wetteifern, und nimmer zu andern Weibern gehn, um die jedwedem zu werben erlaubt ist! Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: 210 Hör, Eurymachos, hört ihr andern glänzenden Freier! Hierum werd ich vor euch nicht weiter flehen noch reden; Denn das wissen ja schon die Götter und alle Achaier. Aber gebt mir ein rüstiges Schiff und zwanzig Gefährten, Welche mit mir die Pfade des weiten Meeres durchsegeln. 215 Denn ich gehe gen Sparta und zu der sandigen Pylos, Um nach Kunde zu forschen vom langabwesenden Vater; Ob mir's einer verkünde der Sterblichen, oder ich Ossa, Zeus' Gesandte, vernehme, die viele Gerüchte verbreitet. Hör' ich, er lebe noch, mein Vater, und kehre zur Heimat; 220 Dann, wie bedrängt ich auch sei, erduld' ich's noch ein Jahr lang. Hör' ich, er sei gestorben, und nicht mehr unter den Menschen; Siehe, dann kehr' ich wieder zur lieben heimischen Insel, Häufe dem Vater ein Mal, und opfere Totengeschenke Reichlich, wie sich's gebührt, und geb' einem Manne die Mutter. 225 Also sprach der Jüngling, und setzte sich. Jetzo erhub sich Mentor, ein alter Freund des tadellosen Odysseus, Dem er, von Ithaka schiffend, des Hauses Sorge vertrauet, Daß er dem Greise gehorcht', und alles in Ordnung erhielte. Dieser erhub im Volk die Stimme der Weisheit, und sagte: 230 Höret mich jetzt, ihr Männer von Ithaka, was ich euch sage! Künftig befleiße sich keiner der scepterführenden Herrscher, Huldreich, mild und gnädig zu sein, und die Rechte zu schützen; Sondern er wüte nur stets, und frevle mit grausamer Seele! Niemand erinnert sich ja des göttergleichen Odysseus 235 Von den Völkern, die er mit Vaterliebe beherrschte! Aber ich eifre jetzt nicht gegen die trotzigen Freier, Die so gewaltsame Taten mit tückischer Seele beginnen; Denn sie weihen ihr Haupt dem Verderben, da sie Odysseus Habe wie Räuber verprassen, und wähnen, er kehre nicht wieder. 240 Jetzo schelt' ich das übrige Volk, daß ihr alle so gänzlich Stumm dasitzt, und auch nicht mit einem strafenden Worte Diese Freier, die wenigen, zähmt, da euer so viel sind! Aber Euenors Sohn Leiokritos sagte dagegen: Mentor, du Schadenstifter von törichtem Herzen, was sprachst du 245 Da vor Lästerung aus, und befahlst, uns Freier zu zähmen? Schwer, auch mehreren, ist der Kampf mit schmausenden Männern! Wenn auch selbst Odysseus, der Held von Ithaka, käme, Und die glänzenden Freier, die seine Güter verschmausen, Aus dem Palaste zu treiben gedächte; so würde sich dennoch 250 Seine Gemahlin nicht, wie sehr sie auch schmachtet, der Ankunft Freun! Ihn träfe gewiß auf der Stelle das Schreckenverhängnis, Wenn er mit mehreren kämpfte! Du hast nicht klüglich geredet! Aber wohlan! ihr Männer, zerstreut euch zu euren Geschäften! Diesem beschleunigen wohl Halitherses und Mentor die Reise, 255 Welche von alters her Odysseus Freunde gewesen! Aber ich hoffe, er sitzt noch lang', und spähet sich Botschaft Hier in Ithaka aus; die Reise vollendet er niemals! Also sprach der Freier, und trennte schnell die Versammlung. Alle zerstreueten sich, ein jeder zu seinen Geschäften; 260 Aber die Freier gingen zum Hause des edlen Odysseus. Und Telemachos ging beiseit ans Ufer des Meeres, Wusch in der grauen Flut die Händ', und flehte Athenen: Höre mich, Gott, der du gestern in unserm Hause erschienest, Und mir befahlst, im Schiffe das dunkle Meer zu durchfahren, 265 Und nach Kunde zu forschen vom langabwesenden Vater: Himmlischer, siehe! das alles verhindern nun die Achaier, Aber am meisten die Freier voll übermütiger Bosheit! Also sprach er flehend. Ihm nahte sich Pallas Athene, Mentorn gleich in allem, sowohl an Gestalt wie an Stimme. 270 Und sie redet' ihn an, und sprach die geflügelten Worte: Jüngling, du mußt dich hinfort nicht feige betragen noch töricht! Hast du von deinem Vater die hohe Seele geerbet, Bist du, wie jener einst, gewaltig in Taten und Worten; Dann wird keiner die Reise dir hindern oder vereiteln. 275 Aber bist du nicht sein Samen und Penelopeiens; Dann verzweifl' ich, du wirst niemals dein Beginnen vollenden. Wenige Kinder nur sind gleich den Vätern an Tugend, Schlechter als sie die meisten, und nur sehr wenige besser. Wirst du dich aber hinfort nicht feige betragen noch töricht, 280 Und verließ dich nicht völlig der Geist des großen Odysseus; Dann ist Hoffnung genug, du wirst das Werk noch vollenden. Darum kümmre dich nicht das Sinnen und Trachten der Freier: Toren sind sie, und kennen Gerechtigkeit weder noch Weisheit, Ahnen auch nicht einmal den Tod und das schwarze Verhängnis, 285 Welches schon naht, um sie alle an einem Tage zu würgen. Aber dich soll nichts mehr an deiner Reise verhindern. Ich, der älteste Freund von deinem Vater Odysseus, Will dir rüsten ein hurtiges Schiff, und dich selber begleiten, Gehe nun wieder zu Haus, und bleib in der Freier Gesellschaft; 290 Dann bereite dir Zehrung, und hebe sie auf in Gefäßen: Wein in irdenen Krügen, und Mehl, das Mark der Männer, In dichtnähtigen Schläuchen. Ich will jetzt unter dem Volke Dir Freiwillige sammeln zu Ruderern. Viel sind der Schiffe An der umfluteten Küste von Ithaka, neue bei alten; 295 Hiervon will ich für dich der trefflichsten eines erlesen. Hurtig rüsten wir dieses, und steuren ins offene Weltmeer. Also sprach Athenaia, Kronions Tochter: und länger Säumte Telemachos nicht; er gehorchte der Stimme der Göttin, Und ging wieder zu Hause mit tiefbekümmertem Herzen. 300 Allda fand er die Schar der stolzen Freier: im Hofe Streiften sie Ziegen ab, und sengten gemästete Schweine. Und Antinoos kam ihm lachend entgegen gewandelt, Faßte Telemachos Hand, und sprach mit freundlicher Stimme: Jüngling von trotziger Red' und verwegenem Mute, sei ruhig, 305 Und bekümmre dich nicht um böse Taten und Worte! Laß uns, künftig wie vor, in Wollust essen und trinken: Dieses alles besorgen dir schon die Achaier, ein schnelles Schiff und erlesne Gefährten; damit du die göttliche Pylos Bald erreichst, und Kunde vom trefflichen Vater erforschest! 310 Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: O wie ziemte mir das, Antinoos, unter euch Stolzen Schweigend am Mahle zu sitzen, und ruhig im Taumel der Freude? Ist es euch nicht genug, ihr Freier, daß ihr so lange Meine köstlichen Güter verschwelgt habt, da ich ein Kind war? 315 Jetzt da ich größer bin, und tüchtig, anderer Reden Nachzuforschen, und höher der Mut im Busen mir steiget, Werd' ich streben, auf euch des Todes Rache zu bringen. Ob ich gen Pylos geh, oder hier in Ithaka bleibe! Reisen will ich, und nichts soll meinen Entschluß mir vereiteln, 320