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Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. »Grüß Gott und herzlich Willkommen im Wachnertal, Herr Bertram.« Marion Trenker streckte dem eben eingetroffenen Gast die Hand entgegen. »Hatten Sie eine gute Fahrt von Schwerin hierher?« »Es ging besser, als ich zu hoffen wagte«, antwortete der junge Mann, »nur bei Nürnberg bin ich ziemlich lang im Stau gestanden.« Anerkennend glitt sein Blick durch den freundlich eingerichteten Eingangsbereich der Pension ›Edelweiß‹. Die Wirtin nahm einen Zimmerschlüssel vom Brett. »Zimmer sieben, da haben Sie einen Blick auf die Berge. Frühstück gibt es von sieben bis zehn Uhr.« Sie wies auf einen Kaffeeautomaten an der gegenüberliegenden Wand. »Der Kaffeeautomat steht unseren Gästen kostenlos zur Verfügung. Und im Kühlschrank daneben befindet sich Mineralwasser, daran können Sie sich auch jederzeit bedienen. Das gehört zum Service unseres Hauses. Mein Mann kümmert sich um Ihr Gepäck.« Clemens Bertram trat vors Haus, wo der Wirt schon wartend vor dem Auto seines Gastes stand. Ein schlanker sportlicher Mann, der die schweren Koffer seines Gastes mit Leichtigkeit aus dem Kofferraum hob und ins Haus trug. Die Einzelzimmer befanden sich im Erdgeschoss. Zufrieden betrachtete der junge Mann den hellen freundlichen Raum, in dem er logieren würde. Die Pension ›Edelweiß‹ hatte erst vor wenigen Jahren eröffnet, wie im Hausprospekt stand. Die Landhaus-Möbel aus Birkenholz gaben dem Zimmer eine behagliche Atmosphäre; auf dem Tisch stand ein frischer Blumenstrauß.
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Seitenzahl: 109
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»Grüß Gott und herzlich Willkommen im Wachnertal, Herr Bertram.« Marion Trenker streckte dem eben eingetroffenen Gast die Hand entgegen. »Hatten Sie eine gute Fahrt von Schwerin hierher?«
»Es ging besser, als ich zu hoffen wagte«, antwortete der junge Mann, »nur bei Nürnberg bin ich ziemlich lang im Stau gestanden.« Anerkennend glitt sein Blick durch den freundlich eingerichteten Eingangsbereich der Pension ›Edelweiß‹.
Die Wirtin nahm einen Zimmerschlüssel vom Brett. »Zimmer sieben, da haben Sie einen Blick auf die Berge. Frühstück gibt es von sieben bis zehn Uhr.« Sie wies auf einen Kaffeeautomaten an der gegenüberliegenden Wand. »Der Kaffeeautomat steht unseren Gästen kostenlos zur Verfügung. Und im Kühlschrank daneben befindet sich Mineralwasser, daran können Sie sich auch jederzeit bedienen. Das gehört zum Service unseres Hauses. Mein Mann kümmert sich um Ihr Gepäck.«
Clemens Bertram trat vors Haus, wo der Wirt schon wartend vor dem Auto seines Gastes stand. Ein schlanker sportlicher Mann, der die schweren Koffer seines Gastes mit Leichtigkeit aus dem Kofferraum hob und ins Haus trug. Die Einzelzimmer befanden sich im Erdgeschoss.
Zufrieden betrachtete der junge Mann den hellen freundlichen Raum, in dem er logieren würde. Die Pension ›Edelweiß‹ hatte erst vor wenigen Jahren eröffnet, wie im Hausprospekt stand. Die Landhaus-Möbel aus Birkenholz gaben dem Zimmer eine behagliche Atmosphäre; auf dem Tisch stand ein frischer Blumenstrauß.
Er trat auf den Balkon. Vor seinen Augen erstreckte sich das prächtige Alpenpanorama des Wachnertals. Die Bergkette hob sich markant vor dem tiefblauen wolkenlosen Sommerhimmel ab. Die schneebedeckten Gipfel glänzten im Licht der Nachmittagssonne.
Clemens durchquerte die Halle, holte sich einen Kaffee aus dem Automaten und betrat den sonnendurchfluteten Garten. Auf der mit Blumenrabatten eingefassten Terrasse waren Tische und Stühle aufgestellt. Hier wurde bei warmem Wetter das Frühstück serviert, wie er vorhin von Marion Trenker erfahren hatte. Auf dem kurz geschnittenen Rasen luden bequeme Liegestühle zum Ausruhen ein, von denen einige besetzt waren.
Die Tasse in der Hand, ließ sich der junge Mann auf einen der weißen, mit einem bequemen Sitzkissen belegten Stühle fallen. Er schloss die Augen und atmete tief die reine, würzige Bergluft ein.
›Ich hätte nicht gedacht, dass es hier so schön ist‹, dachte er, während er an seinem Kaffee nippte und spürte, wie er langsam ankam.
Schon kurze Zeit später kehrte er in die Halle zurück, wo er die Wirtin an der Rezeption vorfand.
»Könnten Sie mir einen Tipp geben, wo ich ein Atelier mieten kann?« Auf ihren fragenden Blick fügte er hinzu: »Ich bin Kunstmaler und möchte die nächsten Monate im Wachnertal bleiben. Für meine Arbeit brauche ich einen großen hellen Raum.«
»Fragen Sie am besten im Fremdenverkehrsbüro bei Charlotte Burger nach«, riet Marion Trenker ihm. »Dorthin wollen Sie ja vermutlich ohnehin, um sich Prospekte zu holen. Frau Burger ist gelernte Reisekauffrau und kennt sich bestens in allem aus. Entweder sie gibt Ihnen gleich eine Adresse, oder sie leitet Ihren Wunsch an den hiesigen Makler weiter. So sparen Sie sich einen Weg. Das Fremdenverkehrsbüro befindet sich in der Hauptstraße und ist leicht zu finden.«
Clemens bedankte sich für die freundliche Auskunft. »Sie stammen auch aus Norddeutschland«, fügte er hinzu. »Ich höre es an Ihrem Tonfall.«
»Das stimmt«, bestätigte Marion lächelnd. »Ich bin gebürtige Hamburgerin. Aber das Wachnertal ist mir zur zweiten Heimat geworden.«
Clemens verließ das Haus und lenkte seine Schritte in Richtung Ortskern. Die Entfernung war nicht weit, und er genoss es, sich nach der langen anstrengenden Fahrt ein wenig die Beine zu vertreten.
Er wusste aus dem Reiseführer, dass St. Johann nicht allzu groß war. Vorbei an gepflegten älteren Häusern näherte er sich einem kleinen Einkaufszentrum, in dem sich zahlreiche Geschäfte eingerichtet hatten.
Interessiert betrachtete er die Lüftlmalereien an den Fassaden der Häuser. Natürlich kannte er die Lüftlmalerei von Bildern und Fernsehfilmen. Aber es war doch etwas anderes, sie in Wirklichkeit zu bewundern statt auf Fotos anzuschauen.
Er hatte das Fremdenverkehrsbüro beinahe erreicht, als er eine nahe gelegene weiße Kirche mit dem runden Zwiebelturm bemerkte. Spontan beschloss er, sich zuerst das Gotteshaus anzuschauen.
Er betrat den kleinen Vorraum und öffnete die Glastür, die ins Kircheninnere führte.
Eine angenehme Kühle empfing ihn an diesem heißen Sommertag. Ein schwacher Duft nach Weihrauch hing in der Luft. Clemens’ Blick wanderte zu der hohen Decke, auf der Szenen aus dem Alten Testament dargestellt waren. Er erkannte die Schöpfungsgeschichte und die Arche Noah. Durch die Spitzbogenfenster fiel das helle Sonnenlicht und zauberte bunte Reflexe auf die gegenüberliegende Wand. Aufmerksam betrachtete er die kostbaren Glasscheiben, die ebenfalls biblische Begebenheiten zeigten.
Langsam durchschritt er das Kirchenschiff. Unterhalb der Galerie hing ein großes Gemälde an der Wand, das die Aufmerksamkeit des Betrachters sofort auf sich zog. ›Gethsemane‹, stand auf einem kleinen goldenen Schild daneben. Es zeigte Jesus am Abend vor der Kreuzigung, im Kreise der schlafenden Jünger, im Gebet versunken. Fasziniert blieb der junge Maler davor stehen. Sein geübter Blick erkannte sofort, wie meisterhaft der unbekannte Künstler es verstanden hatte, die Ergebenheit in das Unabänderliche in den Gesichtszügen des Erlösers wiederzugeben.
Ein Geräusch hinter dem Altar ließ ihn aufblicken. Aus der geöffneten Tür der Sakristei trat ein Mann in schwarzer Soutane.
Clemens blinzelte überrascht. Im Halbdunkel der Kirche glaubte er, den Wirt der Pension ›Edelweiß‹ zu erkennen. Das war doch wohl nicht möglich! Die gleiche hohe Statur und eine schlanke durchtrainierte Figur. Doch bei näherem Hinsehen erkannte er seinen Irrtum. Denn die markanten, leicht gebräunten Gesichtszüge seines Gegenübers unterschieden sich doch von denen seines Vermieters.
»Grüß Gott«, grüßte ihn der Pfarrer freundlich.
»Guten Tag, Hochwürden«, antwortete Clemens mit gedämpfter Stimme. »Sie haben wunderbare Kunstschätze hier in Ihrer Kirche.«
»Es freut mich, dass Ihnen meine Kirche gefällt«, erwiderte der Pfarrer lächelnd.
Gemeinsam durchschritten sie den langen Gang an den Bankreihen vorbei und traten ins Freie.
»Entschuldigen Sie, wenn ich Sie darauf anspreche, aber Sie erinnern mich an den Wirt der Pension ›Edelweiß‹. Sind Sie vielleicht mit ihm verwandt?«
»Andreas Trenker ist mein Cousin. Ich bin Pfarrer Trenker«, sagte er mit einem Auflachen und reichte dem Besucher die Hand. »Und Sie machen Urlaub in St. Johann?«
»Ja und nein. In erster Linie bin ich beruflich hier. Aber ich verbinde die Arbeit mit Freizeit.« Sein Blick schweifte hinüber zu den Felsen, die sich wuchtig über dem Wachnertal erhoben. »Bergerprobt bin ich zwar nicht, aber die eine oder andere Wanderung will ich auf jeden Fall machen.«
»Sie müssen ja net gleich morgen den Wendelstein erklimmen«, scherzte Sebastian Trenker. »Übrigens unternehme ich oft Bergtouren, dabei können Sie mich gern begleiten – sie sind auch für Anfänger geeignet. Sie können mich gern einmal darauf ansprechen, wenn Sie Zeit haben.«
»Vielen Dank für das Angebot«, antwortete der Maler erfreut. Die beiden Männer gingen den Kiesweg hinunter, bevor sich ihre Wege trennten.
*
Das Fremdenverkehrsbüro war in einem besonders ansprechenden Gebäude untergebracht. In den Fenstern standen leuchtend rote Geranien in voller Blüte.
Die Tür öffnete sich mit einem melodischen Glockenton. Der angenehme Geruch von neuen Prospekten und Büchern schlug Clemens entgegen. An der Wand hing ein großes Poster vom Wendelstein. Darunter befanden sich zwei Schreibtische. Vor dem einen saß ein Ehepaar mittleren Alters, das sich von einer Mitarbeiterin des Büros beraten ließ. Der andere Platz war augenblicklich frei; eine zweite Frau stand mit dem Rücken zum Eingang am Kopierer.
Clemens steuerte den freien Schreibtisch an. In diesem Moment drehte sich die junge Dame um. Der Maler hielt den Atem an, als er in ihr auffallend schönes Gesicht blickte. Die feinen, wie gemeißelten Züge wurden von dichten dunklen Locken umrahmt, die ihr locker auf die Schultern fielen. Ein gut geschnittenes Dirndl aus weinrotem Samt umschloss ihre makellose Taille. Clemens verstand nicht viel von Damenmode, aber er erkannte sofort, dass das Dirndl von einem erstklassigen Münchner Trachtenhersteller stammte.
Sie lächelte ihn freundlich, aber geschäftsmäßig an. »Grüß Gott. Was kann ich für Sie tun?«
Er trug sein Anliegen vor. Die junge Dame krauste die Stirn.
»Ein Atelier? Spontan fällt mir da kein geeignetes Objekt ein. Wissen S’ was, ich notier’ mir Ihre Personalien und geb’ sie an unseren Immobilienmakler weiter«, schlug sie vor. »Der setzt sich mit Ihnen in Verbindung, sobald er etwas Passendes gefunden hat.«
Während sie sich Namen und Adresse notierte, schielte Clemens auf das kleine goldene Schild auf ihrem Schreibtisch: Charlotte Burger. – Richtig, diesen Namen hatte Marion Trenker erwähnt. Er bat sie um ein paar Prospekte.
Sie schlug ein Faltblatt auf, das einen Straßenplan vom Ort enthielt, und markierte das Fremdenverkehrsbüro. »St. Johann ist net groß; bei uns ist alles ganz übersichtlich.« Sie warf ihm einen prüfenden Blick zu. »Werden Sie auch wandern?«
Etwas in ihrem Ton verriet ihm, dass sie ihm in der Hinsicht nicht viel zutraute.
»Ich habe noch keine Erfahrung mit den Alpen, aber ich möchte auf jeden Fall ein paar Bergwanderungen unternehmen«, antwortete er mit einem entwaffnenden Lächeln. »Vorhin habe ich Pfarrer Trenker kennengelernt; er hat mir eine Tour angeboten.«
»Da waren Sie ja gleich an der richtigen Adresse«, erwiderte Charlotte Burger lebhaft. Sie wandte sich um und wählte mehrere Prospekte aus. »Hier sind Beschreibungen von einigen sehenswerten Ausflugszielen. Da ist einmal die Kandereralm, aber die werden Sie wahrscheinlich mit dem Pfarrer kennenlernen. Empfehlen kann ich Ihnen noch die Lärchen-Alm; die liegt net so hoch und eignet sich sehr gut als Einstieg. Sehr schön ist auch die Streusachhütte unterhalb des Wendelsteins gelegen. Und wenn das Wetter so bleibt, kann ich Ihnen unseren Achsteinsee wärmstens empfehlen. Der ist wirklich Erholung pur.« Sie erhob sich und reichte ihm die Hand. »Ich wünsch’ Ihnen noch einen schönen Aufenthalt in unserem Wachnertal.«
Clemens hätte sich gern noch weiter mit der attraktiven jungen Frau unterhalten, aber ihm fiel kein passendes Thema ein. Er verabschiedete sich und verließ das Büro.
Dann stand er vor dem Gebäude in der strahlenden Nachmittagssonne und ärgerte sich über sich selbst. Er war vielleicht nicht der Schlagfertigste, aber auf den Mund gefallen war er auch nicht. Am liebsten hätte er ihr ein Wiedersehen vorgeschlagen. Aber er konnte doch nicht einfach eine Frau um ein Treffen bitten, die er erst seit ein paar Minuten kannte. Außerdem war er sich ziemlich sicher, dass sie ihm einen Korb gegeben hätte.
Drinnen räumte Charlotte diverse Prospekte wieder in die Regale. Sandra, ihre Kollegin und Freundin, lächelte vielsagend.
»Dem hast du gefallen«, meinte sie mit einer Kopfbewegung zur Glastür, durch die der junge Mann den Raum eben verlassen hatte.
»Da kann ich ihm auch nicht helfen«, entgegnete Charlotte gleichmütig.
»Er sah eigentlich recht sympathisch aus«, meinte Sandra.
Charlotte zuckte die Achseln. »So genau hab’ ich ihn mir net angeschaut.«
»Du hast solche Chancen bei den Männern«, fuhr die Kollegin kopfschüttelnd fort. »Aber außer dem Laurenz Kirchleitner existiert ja kein anderer für dich.«
Das schöne Madl hielt inne. Ihr Blick wurde weich. »Der Laurenz ist halt der Richtige für mich. Warum sollt’ ich mich da für einen anderen interessieren?«
Sandra hob zweifelnd die Augenbrauen, sagte aber nichts. Laurenz, ein ehemaliger Klassenkamerad von ihnen beiden, hatte bisher keinerlei Anzeichen von Verliebtheit Charlotte gegenüber gezeigt. Doch sie hütete sich, diesen Gedanken auszusprechen. Sie hatte schon einmal eine Bemerkung in diese Richtung gemacht, und die Freundin hatte ungewöhnlich heftig reagiert.
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold, dachte sie.
*
Laurenz Kirchleitner trat vor die mit Schnitzereien verzierte Eichentür seines Bauernhauses und blickte zufrieden in den strahlenden Spätsommermorgen. Über den Berggipfeln wölbte sich der wolkenlose tiefblaue Himmel. Die Frühsonne schien warm auf die Veranda neben dem Eingang, während der Garten hinter dem Haus noch im kühlen Schatten lag.
»So einen schönen September haben wir schon lang nimmer gehabt«, bemerkte er zufrieden zu seiner Mutter. »Da macht die Arbeit so recht Freude.«
Es war ein stattliches Anwesen, das die Kirchleitners bewohnten, und der junge Bauer hatte in den letzten Jahren alle Gebäude sanieren lassen. Das Erdgeschoss, dem sich die Veranda vor dem Haus anschloss, auf der Mutter und Sohn gerade frühstückten, leuchtete in frischem Weiß. Der Rest des Bauernhauses war mit dunklem Holz verkleidet, ebenso wie die beiden großen Balkone im ersten und zweiten Stock. Lange Blumenkästen mit prächtigen violetten und weißen Petunien zogen sich an den Brüstungen entlang. Das weit vorgezogene, schindelgedeckte Dach gab dem Haus seine anheimelnde Atmosphäre.
»Wenn das Wetter so bleibt, mach’ ich am Sonntag eine Wanderung zur Lärchen-Alm.« Laurenz schenkte sich und seiner Mutter eine zweite Tasse Kaffee ein. »Mal schauen, wie es dem Gustl dort droben so geht.«
Gustl Haller war der Senn, der während der Sommermonate eine kleine Käserei in seiner Hütte auf der Lärchen-Alm betrieb.
Therese Kirchleitner schüttelte den Kopf. »Der Gustl ist zurzeit net da. Er hilft seinem Sohn beim Hausbau. Oben auf der Hütte kümmert sich jetzt eine Hilfskraft um die Kühe; zum Glück hat er kurzfristig jemanden gefunden.«
»Woher weißt du das denn?«
»Dreimal darfst raten«, antwortete die Mutter mit einem verschmitzten Lächeln.
»Da brauch’ ich net lang zu raten«, erwiderte Laurenz schmunzelnd. »Von der Maria Erbling, vermut’ ich mal.«
Maria Erbling, die Witwe des Poststellenleiters, hörte das Gras wachsen, wie man so sagt. Und da sie ihr Wissen nie für sich behalten konnte, war jeder, der ihr zufällig über den Weg lief, stets bestens über die letzten Neuigkeiten im Dorf informiert.