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Diese Schule ist wahrlich wirbelig-wundervoll! Tilly und die anderen Wunderschüler stehen vor einer großen Aufgabe: Sie sollen ihr erstes, eigenes Wunderding erschaffen! Doch kaum, dass sie damit anfangen wollen, taucht plötzlich ein Wunderdieb in Blasslingen auf. Und der hat es auf Pips Unsichtbarkeitsmantel abgesehen! Zusammen mit ihren Freunden müssen Tilly und ihr magischer Kerzenständer Lux in die Nachbarstadt gelangen, um dort den Wunderdieb zu stellen. Nur leider sind sie dabei ausgerechnet auf die Hilfe einer ganz und gar wunderlichen Flugmaschine angewiesen … Band 2 der magischen Kinderbuchreihe von Bestseller-Autorin Kira Gembri ("Ruby Fairygale"). Humorvoll, liebenswert und wahrlich wunderbar! Für Fans von "Die Schule der magischen Tiere" und "Der zauberhafte Wunschbuchladen" und alle Leser*innen ab 8 Jahren. In der Reihe "Die Schule der Wunderdinge" sind erschienen: Band 1: Hokus Pokus Kerzenständer Band 2: Simsala-Schirm! Band 3 erscheint im Herbst 2022. Weitere Bände sind in Planung.
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Seitenzahl: 128
Weitere Bücher von Kira Gembri im Arena Verlag:Die Schule der Wunderdinge.Hokus Pokus Kerzenständer (Band 1)
Kira Gembriwurde 1990 als Zweitälteste von fünf Geschwistern in Wien geboren. Seit ihrem Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaft schreibt sie Romane für Kinder und Jugendliche. Ihre Kaffeemaschine nörgelt gern, der Futternapf ihres Katers leert sich wie von Zauberhand, und die Haarspangen ihrer kleinen Tochter können sich unsichtbar machen. Grund genug, endlich mal Geschichten über Wunderdinge zu Papier zu bringen.
Marta Kissiwurde in Warschau geboren und arbeitet heute als Illustratorin in London. Sie studierte Illustration und Animation an der Kingston University und Communication Art und Design am Royal College of Art. Sie liebt es, mit ihren Illustrationen Geschichten zum Leben zu erwecken, indem sie charmante Charaktere entwirft – und die wunderbaren Welten, in denen sie leben. Sie teilt sich ein Studio mit ihrem Mann James.
Ein Verlag in der Westermann Gruppe
1. Auflage 2022© 2022 Arena Verlag GmbHRottendorfer Straße 16, 97074 WürzburgAlle Rechte vorbehalten
Text: Kira GembriCover und Innenillustrationen: Marta KissiLektorat: Anna WörnerUmschlaggestaltung: Juliane Lindemann
E-Book-ISBN 978-3-401-80986-1
Besuche den Arena Verlag im Netz:www.arena-verlag.de
Tilly Bohnenstängel hatte Aufräumen noch nie leiden können. Dummerweise legten ihre Eltern aber sehr viel Wert auf Ordnung, und Tilly sorgte mit ihren Erfindungen immer wieder für Chaos. Einmal hatte sie zum Beispiel alle Fahrräder der Familie Bohnenstängel auseinandergenommen, um ein Bettmobil zu bauen. Mit ihrer Seifenblasenkanone hatte sie das Wohnzimmer in Schaum versinken lassen, und einem Frühstücksautomaten verdankte sie eine Überschwemmung mit Kakao. Man konnte also sagen, dass Tilly schon sehr viel Erfahrung im Putzen und Sortieren hatte – aber ein Haus voller magischer Gegenstände war auch für sie eine Herausforderung.
»Da ist noch ein Fleck«, jammerte der altmodische Spiegel, den Tilly soeben mit einem Staubtuch abrieb. »Genau da!«
»Wo?«, fragte sie. Dann fiel ihr ein, dass der Spiegel ja keine Hände besaß und ihr deshalb nichts zeigen konnte.
»Wie kannst du den bloß übersehen?!« Der Spiegel veränderte Tillys Spiegelbild, sodass es aussah, als hätte sie Tomaten auf den Augen.
Seufzend bearbeitete Tilly ihn weiter mit dem Staubtuch. Seit zwei Wochen ging sie nun in Wilma Wirbeligs Wunderschule, und genauso lange waren sie und ihre fünf Mitschüler bereits damit beschäftigt, die Wundervilla sauber zu machen. Um genau zu sein, putzten sie nur das Erdgeschoss, in dem sich eine Küche, ein kleiner Salon und eine Art Werkstatt mit vielen Tischen und Regalen befanden. Der erste Stock war Wilmas Wohnbereich, um den sich die Wunderlehrerin selbst kümmerte, und den Dachboden hatten die Kinder bisher nie betreten dürfen.
»Glaubt mir, dafür seid ihr noch nicht bereit«, hatte Wilma gesagt und ihnen dabei mit ihren grüngoldenen Augen zugezwinkert.
Doch auch im untersten Stockwerk gab es mehr als genug zu tun. Vor allem die Werkstatt war vollgestopft mit Gegenständen – gewöhnlichen und magischen –, die jede Menge Staub angesetzt hatten: Teppiche, die niesen mussten, wenn Tilly sie ausklopfte; altmodische Kleider, die sie mit ihren Ärmeln kitzelten; verbeulte Kessel, die beim Polieren fürchterlich falsch vor sich hin summten … und noch unzählige andere Dinge, an die kein vernünftiger Mensch jemals geglaubt hätte. Tilly konnte sich daran kaum sattsehen, aber natürlich war es auch sehr anstrengend, zwischen so vielen Gegenständen für Ordnung zu sorgen. Vor allem, weil diese Gegenstände oft gar nicht hilfsbereit waren.
»Wieso polierst du mich nicht gleich mit einem vergammelten Fisch?«, quäkte der Spiegel jetzt.
»Oder mit einem schimmligen Blumenkohl? Noch schmutziger kann ich ja kaum werden!«
Tilly überlegte noch, wie sie ihn besänftigen könnte, als ihre besten Freunde in die Werkstatt kamen. Das heißt, eigentlich wurden sie eher hereingezerrt. Die beiden versuchten nämlich, den Boden zu fegen, und die Besen in der Wundervilla hielten nichts von langweiligem Hin und Her. Stattdessen drehten sie sich im Kreis, malten Schleifen und Spiralen, und ihre Benutzer tanzten wohl oder übel mit.
»Bist du – wuhuiii – bald fertig?«, quietschte Pip, die eigentlich Philippa Matzkowski hieß. Sie war sehr klein für ihr Alter und hatte Mühe, sich an ihrem Besen festzuklammern. Ihre steif geflochtenen schwarzen Zöpfe wackelten heftig, als sie zweimal im Kreis wirbelte.
»Wilma lässt fragen, ob wir alle in die Küche kommen«, erklärte Nico de Luca. Er hatte sich mit ausgestreckten Armen auf die Bürste seines Besens gestellt und sah ein bisschen so aus, als würde er Skateboard fahren. Passend dazu trug er wie immer einen lässigen Kapuzenpullover und große Kopfhörer.
»Fertig? Von wegen!«, zeterte der Spiegel. »Denk doch an meinen Fle-heck!«
»Der ist aber längst we-heg!«, hätte Tilly am liebsten erwidert, konnte sich allerdings noch beherrschen. In den letzten Tagen hatte sie gelernt, dass viele Wunderdinge sehr leicht beleidigt waren. »Ich kümmere mich später weiter darum«, versprach sie und steckte das Staubtuch in den Bund ihrer verbeulten Lieblingsjeans. Zum Dank verpasste der Spiegel ihrem Spiegelbild eine riesige Schweinenase.
Mit etwas Anstrengung brachten Pip und Nico ihre Besen zum Wenden und begleiteten Tilly aus der Werkstatt. Auf dem Flur trafen sie die anderen Wunderschüler, die im Salon neben der Küche beschäftigt gewesen waren.
»Mir reicht’s«, zischte Clarissa von Rosenberg und schüttelte ihr honigblondes Haar nach hinten. »Wehe, wenn wir jetzt noch irgendwas sauber machen müssen! Zu Hause muss ich nie aufräumen, das erledigen die Wunderdinge für mich. Und ausgerechnet hier in der Wundervilla soll es umgekehrt sein?!«
Tilly wechselte vielsagende Blicke mit Nico und Pip. Die drei wussten genau, in was für einem prunkvollen Haus Clarissa wohnte und dass sie dort von allen Seiten bedient wurde. Ihr Vater war nicht nur der Bürgermeister von Blasslingen, sondern hatte auch eine Vorliebe für moderne, perfekt funktionierende Wunderdinge. Niemals hätte er so widerspenstige oder altmodische Gegenstände besitzen wollen, wie sie sich in der Wundervilla tummelten.
»Na ja«, kam es zaghaft von Bastian Halbmeier. »Zu den Aufgaben eines Wunderhüters gehört es nun mal, Wunderdinge zu schützen und zu pflegen …« Sofort brach er ab, als Clarissa ihn giftig anschaute, und wurde dunkelrot im Gesicht. Der schüchterne Bastian wollte mit niemandem Streit anfangen, schon gar nicht mit Clarissa.
»Also, ich bin ganz ihrer Meinung«, sagte Gabriel Achilles, der sechste Wunderschüler, und rückte seine eckige Brille zurecht. Dann hielt er einen Zeigefinger hoch. »Es wird Zeit, dass Wilma uns mal was beibringt. Immerhin verzichte ich auf den Schachklub, um hier dabei zu sein! Ordnung ist ja schön und gut, aber ich hatte erwartet, dass wir in der Wunderschule vor richtige Herausforderungen gestellt –«
Er stoppte verwirrt, als Pip zu glucksen begann. Auch Tilly konnte sich das Lachen nur schwer verkneifen. Direkt hinter Gabriel war eine kleine Gestalt aufgetaucht: Lux, Tillys magischer Kerzenständer, der mit seinen »Armen« Gabriels wichtigtuerische Haltung nachmachte. Dann puffte er ein paar Rauchwölkchen in die Luft, die so aussahen wie Z-z-z. Das tat er immer, wenn er etwas stinklangweilig fand.
»Na, na«, ertönte eine mahnende Stimme. »Wer wird denn da so unhöflich sein?«
Gabriel fuhr herum. Aus der Küchentür lugte ein Kopf voller Locken, die wild nach allen Seiten abstanden. Lila Locken, um genau zu sein. Wilma Wirbeligs Haare wurden nur dann unscheinbar braun, wenn sie sie mit ihrer magischen Spange zu einem Dutt zusammensteckte. Auf diese Weise getarnt, arbeitete sie in der Blasslinger Grundschule als Hausmeisterin. Jedenfalls solange sie nicht in ihrer Wundervilla zu tun hatte.
Peinlich berührt, trat Gabriel von einem Fuß auf den anderen. Wahrscheinlich glaubte er, Wilma hätte seine Beschwerde mit angehört. »Ich, äh, wollte nur vorschlagen, dass …«, begann er, doch da kam Wilma bereits in den Flur, bückte sich und erwischte Lux an seinem metallenen Sockel.
»Bleib du mal lieber bei deiner Besitzerin, du frecher kleiner Kerl«, sagte sie. »Meine Wunderschüler bekommen nämlich gleich eine ganz besondere Aufgabe!«
Clarissa verzog das Gesicht. »Was denn, die Fenster putzen? Oder vielleicht den Fußboden schrubben?«
Lachend drehte Wilma sich einmal im Kreis, sodass ihr Kittel mit den unzähligen Taschen um sie herumwirbelte. »Aber nein. Ihr habt schon so viel geschafft – daran erkenne ich, dass die Wunderdinge bei euch in guten Händen sind! Außerdem war das Putzen auch zu eurem eigenen Besten. Was ihr dabei gelernt habt, wird euch vielleicht schon bei eurer nächsten Aufgabe sehr nützlich sein!«
»Und wie sieht diese Aufgabe aus?«, fragte Nico. Mit seiner typischen finsteren Miene und der Narbe in der linken Augenbraue wirkte er oft abweisend, doch jetzt schien sein Gesicht vor Spannung zu leuchten.
»Das erzähle ich euch, wenn wir am Küchentisch sitzen«, raunte Wilma, und Tilly spürte, wie ihr ein wohliger Schauer den Rücken hinunterlief. Ihre neue Lehrerin schaffte es, das Wort Küchentisch so geheimnisvoll klingen zu lassen, als ginge es dabei um einen verwunschenen Schatz. Wahrscheinlich hätte sie auch Klobürste oder Zehennagel auf eine Weise aussprechen können, dass man unbedingt mehr erfahren wollte.
Hastig drängten sich die sechs Kinder in die Küche, in der es umwerfend duftete. Das Besondere dabei war, dass dieser Duft jeden Menschen an etwas anderes erinnerte. Wilma hatte nämlich Was-du-willst-Kekse gebacken, und die rochen und schmeckten immer nach der Speise, auf die man gerade Lust hatte.
»Greift zu!«, sagte Wilma und stellte einen vollen Teller auf den Tisch. Mit geschlossenen Augen hätte Tilly geglaubt, eine Pizza mit viel Knoblauch und geschmolzenem Käse vor sich zu haben. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen, aber sie war zu aufgeregt, um jetzt etwas zu essen.
Nachdem alle rund um den Tisch Platz genommen hatten, breitete Wilma die Arme aus. »Meine lieben Schülerinnen und Schüler!«, begann sie feierlich. »Ihr habt bewiesen, dass die Wunderdinge und ich uns auf euch verlassen können. Deswegen ist der richtige Zeitpunkt gekommen, euch vor … eine neue Herausforderung zu stellen.« Sie grinste zu Gabriel hinüber, der ein bisschen verlegen mit den Schultern zuckte. Dann biss sie in einen Keks und nuschelte: »Alscho, hättet ihr vielleicht Luscht, schelbst ein Wunderding tschu erschaffen?«
»Wie bitte?!«, keuchte Pip und riss die Augen auf. »Hast du gefragt, ob wir selbst ein Wunderding erschaffen wollen?«
Wilma blinzelte unschuldig. »Ja, ich dachte, das könnte euch vielleicht gefallen. Aber fühlt euch bitte nicht unter Druck gesetzt.«
»Du machst Witze!« Pip sah aus, als wollte sie gleich einen Freudentanz aufführen. »Meine Schwestern geben ständig mit ihren selbst gebauten Wunderdingen an. Wenn Pia und Maria erfahren, dass ich jetzt auch so was machen darf, kriegen sie vor Ärger grüne Pickel!« Diese Vorstellung schien Pips Laune sogar noch zu heben. Begeistert strahlte sie Tilly an, und Tilly strahlte zurück. Wunderdinge zu pflegen, war schon unheimlich toll, aber gar kein Vergleich dazu, selbst eines zu erschaffen. Das würde sich wirklich so anfühlen wie Zauberei!
»Was müssen wir tun?«, fragte Tilly eifrig. »Wie verwandelt man denn ein gewöhnliches Ding in ein magisches?«
»Damit.« Wilma durchwühlte ein paar ihrer Kitteltaschen, dann hielt sie ein kleines Fläschchen hoch, das Tilly bekannt vorkam. Ja natürlich: Dieses Mittel hatte Wilma benutzt, um Clarissas magischen Schmetterling zu polieren. Clarissa hatte den armen mit ihrer unsanften Art ganz schön zerknautscht, aber dank der schillernden Flüssigkeit sah er nun wieder so aus wie neu.
»Reine Magie«, kommentierte Nico leise. »Mein Vater hat so was mal von einer seiner Forschungsreisen mitgebracht.«
»Richtig«, bestätigte Wilma und drehte das Fläschchen zwischen den Fingern, sodass es in allen Regenbogenfarben leuchtete. »Sie erscheint, wenn ein altes Wunderding beschließt, in den Ruhestand zu gehen. Es ist nämlich sehr anstrengend, bis in alle Ewigkeit wunderbar zu sein, wisst ihr? Sobald sich ein Wunderding in einen gewöhnlichen Gegenstand verwandelt hat, steigt seine Magie wie ein glitzerndes Wölkchen heraus und sammelt sich als Tropfen an der Oberfläche. Man muss sie schnell einsammeln, sonst verdunstet sie. Umso wichtiger ist es, dass ich auf dem Dachboden immer den Überblick behalte. Mit der Magie, die ich dort sammle, kann ich andere Wunderdinge erschaffen oder reparieren.«
»Aber irgendwie muss das doch angefangen haben«, wandte Gabriel stirnrunzelnd ein. »Ich meine, jemand hat irgendwann das allererste Wunderding gebaut. Woher hatte er oder sie die Magie dafür?«
Bedauernd zog Wilma die Schultern hoch. »Dieses Wissen ist leider verloren gegangen. Deshalb sind meine Vorräte auch so wertvoll. Und euch allen ist klar, vor wem wir sie um jeden Preis beschützen müssen, oder?«
»W-Wunderdiebe!« Das Wort schien Bastian so nervös zu machen, dass er stotterte. Auch Tilly bekam bei dem Gedanken an diese zwielichtigen Menschen eine Gänsehaut. Eine Wunderhüterin wie Wilma konnte mit genügend Fleiß und Einfallsreichtum jeder werden, aber Wunder diebe wurden mit der seltenen Gabe geboren, magische Gegenstände auszusaugen. So konnten sie übernatürliche Kräfte sammeln – aber die verblassten wieder, wenn sie nicht regelmäßig neue Magie tankten.
»So ein Fläschchen könnten die Diebe einfach leer trinken, oder?«, fragte Tilly. »Ist das leichter für sie, als einem Wunderding die Kraft zu rauben?«
Wilma nickte ernst. »Wenn ein Wunderding ausgesaugt wird, geht nicht nur seine Magie auf den Wunderdieb über, sondern auch seine Fähigkeiten: Blitze schießen, in die Zukunft schauen, gigantische Kaugummiblasen machen und so weiter. Aber manchmal möchte der Wunderdieb diese Fähigkeiten gar nicht haben. Vor allem, weil er immer häufiger Magie nachtanken muss, je mehr Fähigkeiten er besitzt.«
»So wie ein Handy den Akku schneller verbraucht, wenn man viele Apps geladen hat?«, erkundigte sich Gabriel.
»Akku. Apps. Genau«, sagte Wilma und räusperte sich. Handys schienen nicht gerade ihr Spezialgebiet zu sein. »Jedenfalls«, fuhr sie dann etwas lauter fort, »kostet es wohl viel Konzentration, die unerwünschten Fähigkeiten wieder loszuwerden. Reine Magie hingegen macht einen Wunderdieb einfach nur stärker, bis er irgendwann fast unbesiegbar wird.«
»Kein Wunderdieb darf jemals hier reinkommen, alles klar«, sagte Clarissa, zog den magischen Schmetterling aus ihren Haaren und ließ ihn ungeduldig von einer Hand in die andere flattern. »Aber wie verwendet man denn nun diese reine Magie? Tropft man etwas davon auf irgendeinen Gegenstand, und das war’s?«
Wilma schüttelte so heftig den Kopf, dass ihre Locken wild auf und ab hopsten. »Nein, ganz und gar nicht! Ob die Magie richtig wirkt, liegt in erster Linie bei euch. Ihr müsst eine sehr genaue Vorstellung von dem Ergebnis haben, während ihr sie auftragt, sonst klappt es nicht. Außerdem müsst ihr fest entschlossen sein! Fantasie und Entschlossenheit, das sind beinahe die wichtigsten Zutaten.«
»Und welche ist die wichtigste?«, bohrte Gabriel nach. Zum ersten Mal erlebte Tilly ihn ein wenig nervös – dabei hatte er immer die besten Noten und besaß außerdem einen Zauberwürfel, der ihn mit genialen Ideen versorgte.
»Wirst du gleich sehen.« Wilma griff hinter sich zur Anrichte, grapschte wahllos nach irgendeinem Ding und hielt es Gabriel vor die Nase. »Betrachte diesen Gegenstand ganz genau«, sagte sie eindringlich. »Versuche, eine Verbindung zwischen euch beiden herzustellen. Möchte er dir vielleicht etwas mitteilen?«
»Der … Kartoffelschäler?« Gabriel starrte auf das leicht verrostete Messer, dann schaute er Wilma an, als wollte sie sich über ihn lustig machen.
»Ja«, beharrte sie. »Lausche tief in dich hinein! Hast du denn gar kein besonderes Gefühl bei seinem Anblick?«
»Äh, nicht so richtig.«
»Dann ist er auch nicht das passende Material für dein Wunderding.« Bedauernd legte Wilma den Kartoffelschäler wieder auf die Anrichte. »Wenn ihr keine Verbindung zwischen euch und einem Gegenstand spürt, ist es sehr unwahrscheinlich, dass ihr ihm besondere Fähigkeiten entlocken könnt. Die wichtigste Zutat ist also Gefühl.«
Lux, der ungewöhnlich brav gelauscht hatte, kuschelte sich an Tillys Bein und puffte ein paar Herzchen in die Luft. Wir haben auf jeden Fall eine besondere Verbindung!, schien er damit sagen zu wollen. Gerührt setzte Tilly ihn auf ihre Schulter, dann fragte sie: »Das heißt, wenn man sich nicht gut genug konzentriert und auch nicht das richtige Gefühl hat, passiert einfach gar nichts?«