Die städtische Welt - Franz Kafka - E-Book

Die städtische Welt E-Book

Kafka Franz

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Beschreibung

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Phantastisches und Unheimliches, Paradoxes und Absurdes: Kafka beschreibt die unglaublichsten Sachverhalte nüchtern und minutiös. Grenzbereiche werden ausgeleuchtet, existenzielle Grund- oder Ausnahmesituationen in unvergessliche Bilder gefasst. Seine Texte haben die gleiche Intensität wie Träume. »Es ist das Schicksal und vielleicht auch die Größe dieses Werks, dass es alle Möglichkeiten darbietet und keine bestätigt« (Albert Camus).

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Seitenzahl: 49

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Franz Kafka

Die städtische Welt

Fischer e-books

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon.Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur.Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.

Die städtische Welt

Oskar M. ein älterer Student – wenn man ihn nahe ansah, erschrak man vor seinen Augen – blieb an einem Winternachmittag mitten im Schneefall auf einem leeren Platze stehn in seinen Winterkleidern mit dem Winterrock darüber einem Shawl um den Hals und einer Fellmütze auf dem Kopf. Er zwinkerte mit den Augen vor Nachdenken. So sehr hatte er sich in Gedanken verlassen, daß er einmal die Mütze abnahm und mit ihrem krausen Fell sich über das Gesicht strich. Endlich schien er zu einem Schluß gekommen und wendete sich mit einer Tanzdrehung zum Heimweg. Als er die Tür des elterlichen Wohnzimmers öffnete, sah er seinen Vater einen glattrasierten Mann mit schwerem Fleischgesicht der Tür zugekehrt an einem leeren Tische sitzen. »Endlich« sagte dieser kaum daß Oskar den Fuß ins Zimmer gesetzt hatte bleib ich bitte Dich bei der Tür, ich habe nämlich eine solche Wut auf Dich, daß ich meiner nicht sicher bin. Aber Vater sagte Oskar und merkte erst beim Reden wie er gelaufen war. Ruhe schrie der Vater und stand auf, wodurch er ein Fenster verdeckte. Ruhe befehle ich. Und Deine Aber laß Dir, verstehst Du. Dabei nahm er den Tisch mit beiden Händen und trug ihn einen Schritt Oskar näher. Dein Lotterleben ertrage ich einfach nicht länger. Ich bin ein alter Mann. In Dir dachte ich einen Trost des Alters zu haben, indessen bist Du für mich ärger als alle meine Krankheiten. Pfui über einen solchen Sohn, der durch Faulheit, Verschwendung, Bosheit, und Dummheit seinen alten Vater ins Grab drängt. Hier verstummte der Vater, bewegte aber sein Gesicht, als rede er noch. Lieber Vater sagte Oskar und gieng vorsichtig dem Tisch zu, beruhige Dich, alles wird gut werden. Ich habe heute einen Einfall gehabt, der mich zu einem tätigen Menschen machen wird, wie Du es Dir nur wünschen kannst. Wie das? fragte der Vater und sah in eine Zimmerecke. Vertraue mir nur, beim Abendessen werde ich Dir alles erklären. In meinem Innern war ich immer ein guter Sohn, nur daß ich es nach außen nicht zeigen konnte, verbitterte mich so, daß ich Dich lieber ärgerte, wenn ich Dich schon nicht erfreuen konnte. Jetzt aber laß mich noch ein wenig spazieren gehn damit sich meine Gedanken klarer entwickeln. Der Vater, der sich zuerst aufmerksam werdend auf den Tischrand gesetzt hatte, stand auf: Ich glaube nicht, daß das, was Du jetzt gesagt hast viel Sinn hat, ich halte es eher für Geschwätz. Aber schließlich bist Du mein Sohn – Komm rechtzeitig wir werden zuhause nachtmahlen und Du kannst Deine Sache dann vortragen. Dieses kleine Vertrauen genügt mir, ich bin Dir dafür vom Herzen dankbar. Aber ist es denn nicht schon an meinen Blicken zu sehn, daß ich mit einer ernsten Sache vollkommen beschäftigt bin? Ich sehe vorläufig nichts sagte der Vater. Aber es kann auch meine Schuld sein, denn ich bin aus der Übung gekommen, Dich überhaupt anzusehn. Dabei machte er, wie es seine Gewohnheit war, durch regelmäßiges Beklopfen der Tischplatte darauf aufmerksam, wie die Zeit vergieng. Die Hauptsache aber ist, daß ich gar kein Vertrauen mehr zu Dir habe Oskar. Wenn ich Dich einmal anschreie – wie Du gekommen bist, habe ich Dich doch angeschrien? nicht wahr? – so tue ich das nicht in der Hoffnung, es könnte Dich bessern, ich tue es nur in Gedanken an Deine arme gute Mutter, die jetzt vielleicht noch kein unmittelbares Leid über Dich verspürt, aber schon an der Anstrengung, ein solches Leid abzuwehren, denn sie glaubt Dir dadurch irgendwie zu helfen, langsam zugrundegeht. Aber schließlich sind das ja Sachen die Du sehr gut weißt und ich hätte schon aus Rücksicht auf mich nicht wieder an sie erinnert, wenn Du mich durch Deine Versprechungen nicht dazu gereizt hättest. Während der letzten Worte trat das Dienstmädchen ein, um nach dem Feuer im Ofen zu sehn. Kaum hatte sie das Zimmer verlassen, als Oskar ausrief: Aber Vater! Ich hätte das nicht erwartet. Wenn ich nur einen kleinen Einfall gehabt hätte, sagen wir, einen Einfall zu meiner Dissertation, die ja doch schon 10