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Zehn Jahre nach »Lindennacht« erscheinen neue Gedichte von Reiner Kunze. In originären poetischen Bildern lässt er die Leser teilhaben an dem, was ihn beglückt oder erschüttert. Wohin es ihn in der Welt auch verschlägt, sei es nach Helsinki, Czernowitz und Kiew – man erfährt niemals nur, was er sieht, sondern stets auch, was in ihm geschieht. Entschieden bezieht er Position gegen Gewalt, Verrohung und gegen das Vergessen. Ein besonderer Charakterzug der Gedichte ist Behutsamkeit. Mit großer Schönheit und Zartheit spricht Reiner Kunze vom Alter und vom Abschiednehmen. »Verneigt vor alten bäumen euch, / und grüßt mir alles schöne.«
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Seitenzahl: 16
Reiner Kunze
die stunde mit dir selbst
Gedichte
FISCHER E-Books
Und diese Schwalbe, die vor dem Glockenton herfliegt
und sich nicht einholen läßt!
Federigo Tozzi
Mittsommer
Heute ist des jahres längster tag
Das licht kam ohne glockenschlag
und hob dem schläfer sanft das lid
Möge ihn beglücken, was er sieht,
damit der tag in seiner seele wurzeln schlägt
und er ihn für die dunklen zeiten in sich trägt
Am horizont
des neuen gluttags zeichen:
der weiße morgen
mit der roten sonnenscheibe auf der stirn –
ein tancho-koi
aus den himmlischen teichen
Selbst der himmel scheint zu erblassen
vor der gnadenlosigkeit der sonne
Der fluß, gestriemt vom föhn,
bleckt die zähne
An die dornenlose weißdornhecke klammern sich