Die Tochter des Todes - Maya Shepherd - E-Book

Die Tochter des Todes E-Book

Maya Shepherd

0,0
2,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Maya Shepherd wurde 1988 in Stuttgart geboren. Zusammen mit Mann, Kindern und Hund lebt sie mittlerweile im Rheinland und träumt von einem eigenen Schreibzimmer mit Wänden voller Bücher. Seit 2014 lebt sie ihren ganz persönlichen Traum und widmet sich hauptberuflich dem Erfinden von fremden Welten und Charakteren.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Was zuvor geschah

Weltuntergang

Der Beginn des Winters

Niemals

Der Pakt mit dem Teufel

Gerechte Strafe

Wer bin ich?

Lodernde Vergangenheit

Gegenliebe

Rabentod

Bestimmung

Die Tochter des Todes

Flüchtige des Schicksals

Kriegserklärung

Im Auftrag der Königin

Schlussworte der Autorin

Danksagung

Maya Shepherd

Die Grimm Chroniken 24

„Die Tochter des Todes“

Copyright © 2021 Maya Shepherd

Coverdesign: Jaqueline Kropmanns

Lektorat: Sternensand Verlag

Erstes Korrektorat: Martina König

Zweites Korrektorat: Jennifer Papendick

Illustration „Der Teufel“: Laura Battisti – The Artsy Fox

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder teilweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Facebook: www.facebook.de/MayaShepherdAutor

E-Mail: [email protected]

Für alle Träumer

»Du kannst das Unmögliche nur erreichen,

wenn du dich traust, daran zu glauben.«

Was zuvor geschah

Sonntag, 28. Oktober 2012

23.00 Uhr

Rumpelstein erreicht den Turm im Finsterwald, an den Eva durch einen Zauberspruch der bösen Königin gebunden ist. Zusammen mit Maggy, Will und Joe hatte er sich auf den Weg zur Erdenmutter Freya gemacht, Evas leiblicher Mutter, um sie zu Hilfe zu holen. Auf dem Rückweg wurden sie jedoch von Margerys Vampiren überwältigt und gefangen genommen. Nur Rumpelstein konnte ihnen entkommen. Er ist zu dem Turm zurückgekehrt, um die anderen zu warnen.

Eva erinnert sich wieder daran, dass die böse Königin Margerys Herzstück, welches sie Evas Brust entnahm, nicht zerstört, sondern aufbewahrt hat. Simonja hegt die Hoffnung, dass Margery zur Vernunft gebracht werden könnte, wenn sie mit ihren verlorenen Herzstücken wieder vereint werden würde.

Rumpelstein versucht, Simonja, Arian und Nisha zur Flucht zu bewegen. Als diese sich jedoch weigern, Eva im Stich zu lassen, geht er allein.

Montag, 29. Oktober 2012

7.00 Uhr

Eva, Arian, Nisha und Simonja werden von den Vampiren angegriffen. Diese haben Freya bei sich, welche die vier dazu auffordert, sich zu ergeben. Um ihre Tochter zu schützen, gelingt es Nisha, Simonja zu überreden, den Turm zu verlassen und nach Margerys Herzstücken zu suchen. Widerwillig fügt Simonja sich dem Willen ihrer Mutter.

7.30 Uhr

Freya gelingt es, zu Eva vorzudringen und sie in ihre Arme zu schließen. Die Tränen der Mutter bringen Evas Erinnerungen an ihr Leben in Engelland zurück und geben ihr das Augenlicht wieder. Sie erkennt sofort, dass ihre Mutter übermäßig schnell altert, und erfährt, dass Freya nur noch ein Sonnenaufgang bleibt, bevor sie stirbt. Diesen Preis musste sie zahlen, um ihren Verpflichtungen als Erdenmutter entkommen zu können.

Währenddessen werden Arian und Nisha von den Vampiren überwältigt und gefangen genommen. Eva kann ihnen nicht helfen, da der Zauber der bösen Königin sie nach wie vor an den Turm bindet.

8.00 Uhr

Ember, Philipp, Maggy und Will werden von Margery in Schloss Drachenburg gefangen gehalten. Gemeinsam schmieden sie einen Plan, um Margery wieder mit ihren Herzstücken zu vereinen.

11.00 Uhr

Will erfährt, dass Arian und Nisha sich in der Gewalt von Margery befinden und diese Simonja in einer Nachricht droht, beide zu töten, wenn sie sich ihr nicht bis zum Sonnenuntergang ausliefert. Um Margery aufzuhalten, verführt Will sie zu einem Kuss. Maggy hat zuvor seine Lippen mit einem Zauber benetzt, der Margery in Ohnmacht fallen lässt. Er will die Prinzessin mit sich nehmen, um den Zauber des geteilten Herzens rückgängig zu machen, wird daran jedoch von Dorian gehindert. Will versucht, ihn zu überzeugen, dass dies ihre letzte Chance sein könnte, um Margery vor sich selbst zu retten. Dorian glaubt ihm nicht und fordert ihn auf, das Schloss zu verlassen.

13.00 Uhr

Simonja sucht in der Schlosskommende Ramersdorf nach Margerys beiden Herzstücken, welche die böse Königin aufbewahrt haben soll. Sie kann diese jedoch nicht finden und begegnet stattdessen Rosalie, welche die ›Grimm-Chroniken‹ an sich gebracht hat. Sie beschließen, das Buch zusammen zu lesen, um herauszufinden, was aus der bösen Königin geworden ist.

Bevor sie jedoch dazu kommen, überbringt ein Rabe Simonja die Drohung, dass Margery ihre Liebsten verbrennen würde, wenn sie sich ihr nicht ausliefert.

13.30 Uhr

Dorian gesteht Margery, dass er Rosalie zur Flucht verholfen hat. Daraufhin lässt diese ihren Vater von den Vampiren festnehmen und in das Verlies bringen.

16.00 Uhr

Durch die ›Grimm-Chroniken‹ haben Simonja und Rosalie erfahren, dass Engelland eine schreckliche Zukunft bevorsteht, in der Margery als Königin der Vampire herrschen wird. Sie sind fest entschlossen, das zu verhindern, und befinden sich auf dem Weg zu Schloss Drachenburg, um Arian und Nisha zu befreien. Unterwegs treffen sie auf Will. Von ihm erfährt Rosalie von Joes Schicksal als Erdenvater. Als sie herausfindet, dass Simonja davon wusste und es ihr absichtlich verheimlicht hat, fühlt sie sich verraten und ist nicht länger bereit, Simonja zu helfen. Stattdessen bricht sie auf, um zu Joe zu gelangen.

17.00 Uhr

Simonja und Will ist es gelungen, sich in den Schlosshof von Schloss Drachenburg zu schleichen. Dort müssen sie mit ansehen, wie Arian und Nisha auf zwei Scheiterhaufen gefesselt werden. Margery fordert Simonja mehrmals auf, sich ihr auszuliefern, da sie sich sonst gezwungen sieht, ihre Liebsten brennen zu lassen. Will erkennt Margerys Zögern und schöpft daraus Hoffnung, während die Vampire ungeduldig werden und ihre Königin dazu drängen, ihre Drohung in die Tat umzusetzen. Es bleibt ungewiss, ob Margery dazu wirklich in der Lage wäre, da sie plötzlich zusammenbricht, bevor das Feuer entzündet werden kann. Während Simonja Arian und Nisha befreit, eilt Will an Margerys Seite, um ihr beizustehen. Er kann sie nicht aufgeben.

17.30 Uhr

Maggy und Ember haben ihre Herzsplitter geopfert, um Margery zu schwächen und dadurch Arian und Nisha die Möglichkeit zur Flucht zu geben. Zusammen mit Philipp werden sie von Simonja aus dem Zimmer im Schloss befreit, in dem sie gefangen gehalten wurden. Gemeinsam ergreifen sie die Flucht.

20.00 Uhr

Jacob kehrt aus dem Spiegel zurück und verlässt den Nordturm. Kurz nach ihm gelangt auch die böse Königin schwer verletzt durch den Spiegel. Sie wird bereits von Rumpelstein erwartet, der von ihr verlangt, den Zauber zu lösen, welcher Eva an den Turm im Finsterwald bindet. Als Druckmittel hat er die beiden Herzstücke von Margery versteckt.

20.15 Uhr

Jacob sucht Margery auf, um sie davor zu warnen, dass Rosalie versuchen wird, sie in dieser Nacht in den Spiegel zu stoßen. Margery lässt ihn von den Vampiren gefangen nehmen.

22.00 Uhr

Die böse Königin löst den Zauber, der Eva an den Turm bindet. Dafür verrät Rumpelstein ihr, wo er Margerys Herzstücke versteckt hat. Anstatt Dankbarkeit zu zeigen, macht Eva ihm Vorwürfe, weil er rücksichtslos handelt und Elisabeth dabei hilft, anderen Schaden zuzufügen. Freya macht deutlich, dass sie Rumpelstein schon vor langer Zeit aufgegeben hat.

22.30 Uhr

Nachdem es Rumpelstein gelungen ist, seine Tochter aus dem Turm zu befreien, sucht ihn der Teufel auf und gibt ihm die goldene Spindel zurück, die Eva noch in Engelland für ihn gesponnen hat, damit er nie vergisst, wer er ist. Der Teufel warnt ihn jedoch davor, sich zu erinnern, da er fürchtet, dass Rumpelstein an der Schuld, die er auf sich geladen hat, zerbrechen könnte.

23.00 Uhr

Überraschend verhilft Rosalie ihrem Vater, Jacob und Will aus dem Verlies von Schloss Drachenburg und offenbart ihnen, dass Elisabeth noch lebt. Gemeinsam kämpfen sie sich zum Nordturm vor, in dem sich der schwarze Spiegel befindet. Dort werden sie bereits von Margery und ihren Vampiren erwartet. Diese bietet ihrer Schwester die Versöhnung an. Doch als beide sich umarmen, versucht Margery, Rosalie in den Spiegel zu stoßen. Will schafft es, das zu verhindern. Zeitgleich taucht Simonja auf und verbannt Margery in den Spiegel.

23.30 Uhr

Mary kehrt aus dem Spiegel zurück und findet sich in ihrem eigenen schwer verletzten Körper wieder. Es kommt heraus, dass Elisabeth die Gestalt von Rosalie angenommen hat, um alle zu täuschen. Nun hat sie die Kontrolle über Margerys Körper übernommen, während diese den Platz ihrer Mutter im Spiegel einnehmen musste.

23.45 Uhr

Rumpelstein, der nun die Wahrheit über seine Identität kennt, übt Rache an Elisabeth für alles, was sie ihm angetan hat, indem er die beiden Herzstücke von Margery zerstört, die er ihr versprochen hat. Außerdem eröffnet er ihr, dass von dem Herz der Prinzessin nur noch zwei Splitter verblieben sind und sie demnach nicht mehr lange zu leben haben wird. Aus Wut über seinen Verrat reißt sie ihm das Herz aus der Brust, in dem sich die letzte fehlende Spiegelscherbe befindet, um den zweiten schwarzen Spiegel zu vollenden und die Macht über das Böse zu erlangen. Elisabeth will ihr Werk vollenden, wird daran aber von Freya und Eva gehindert.

23.59 Uhr

Die echte Rosalie nutzt die Ablenkung, um die böse Königin gegen den Spiegel zu stoßen und so Margery zu befreien, während Elisabeth zurück in den Spiegel verbannt wird. Mary liegt indes im Sterben. Da sie nun aber ihre beiden Töchter in Sicherheit zu wissen glaubt, ist sie bereit, mit ihrem Leben abzuschließen. Daran wird sie jedoch vom Teufel gehindert, der sie daran erinnert, dass ihre Seele ihm gehört. Er nimmt sie gegen ihren Willen mit sich.

Dienstag, 30. Oktober 2012

0.30 Uhr

Ohne den Spiegelsplitter in seiner Brust wird Rumpelstein wieder zu dem Mann, der er einst war – Rumolt Stein. Er empfindet große Reue darüber, dass er in Engelland so vielen Familien ihre Kinder gestohlen und sie auf dem Meer ausgesetzt hat. Deshalb fürchtet er den Tod, da er glaubt, in der Hölle zu landen.

Eva und Freya können ihm seine Taten vergeben und wollen ihm helfen, seine Fehler wiedergutzumachen, deshalb verbinden sie ihre Magie und geben ihm die Chance, noch einmal von vorn anzufangen. Sie schicken ihn als Peter Pan nach Nimmerland, damit er sich dort um die Kinder kümmern kann, die nur seinetwegen ohne Eltern aufwachsen müssen.

7.15 Uhr

Freya verstirbt zum Sonnenaufgang in Evas Armen. Ein Windstoß bläst die Splitter des zweiten Spiegels zurück an die Oberfläche, sodass diese nun vollkommen ist.

Dienstag,

30. Oktober 2012

Noch ein Tag

Weltuntergang

Dienstag, 30. Oktober 2012

7.30 Uhr

Königswinter, Innenstadt

Der Krieg der Farben schien unabwendbar. Für eine kurze Atempause hatten alle Hoffnung geschöpft, als Elisabeth in den Spiegel verbannt worden war. Aber der Sieg über sie wirkte bedeutungslos, sobald Simonja und die anderen den Nordturm verließen und im Schlosshof von den Vampiren in Empfang genommen wurden.

Margery hätte ihnen sagen können, dass sie ihre Waffen niederlegen sollten. Sie hätte den Krieg beenden können, noch bevor er ausbrach. Sie hätte für Frieden sorgen können und alles wäre gut gewesen.

Aber nichts davon tat sie.

Ganz im Gegenteil: Kaum dass sie wieder von ihren Vampiren umgeben war, rief sie zum Angriff. Alles, was sich in der Turmspitze ereignet hatte, war nicht länger von Bedeutung.

Die Vampire zögerten keinen Augenblick. Geradezu erleichtert stürzten sie sich auf die Eindringlinge, während Margery sich aus dem Griff ihres schockierten Vaters befreite. »Bringt mir das Herz des Todes«, brüllte sie in das Chaos.

Nachdem sie erlebt hatte, wie weit Ember und Maggy zu gehen bereit gewesen waren, um sich von ihrem Einfluss zu befreien, wollte sie nicht riskieren, auch noch das letzte Stück ihres Herzens zu verlieren, abgesehen von jenem in ihrer Brust. Vielleicht trieb sie auch der Wunsch nach Vergeltung an – immerhin hätte Simonja sie beinahe zu einer Ewigkeit in dem schwarzen Spiegel verbannt.

Die Gruppe war zur Flucht gezwungen und wurde dabei geteilt. Während Arian und Nisha Simonja nicht von der Seite wichen, jagte Ember einen Feuerball nach dem anderen in die Menge der Vampire. Asche fiel vom Himmel wie Schnee.

Philipp schwang sein Schwert ohne jede Rücksicht. Er spielte mit seinem Leben – alles oder nichts. Der Verlust seiner Eltern hatte ihn wagemutig gemacht.

Rosalie und Maggy lockten einen Teil der Vampire in eine andere Richtung – weg von Simonja –, während Jacob und Dorian im Tumult verschwanden. Nur Will blieb bei Margery.

Machte ihn das zu einem Verräter? Oder verfolgte er einen ganz eigenen Plan? War er töricht genug, immer noch daran zu glauben, dass es eine Rettung für sie geben könnte? Hatte sie nicht mehr als einmal bewiesen, dass sie sich für die Finsternis entschieden hatte?

Die arme Eva befand sich im Turm bei ihren sterbenden Eltern und bekam von alldem nichts mit. War es nicht schlimm genug, dass ihre eigene Welt zerbrach? Musste dann auch noch die Welt um sie herum direkt mit untergehen?

Irgendwie schafften Simonja, Arian, Nisha, Ember und Philipp es, sich in den Finsterwald vorzukämpfen und dort die Vampire abzuhängen. Weit weg konnten sie allerdings nicht sein, deshalb beschlossen sie, in der Anonymität der Stadt unterzutauchen. Dort ahnte niemand etwas von dem Krieg aus längst vergangener Zeit, der auf Schloss Drachenburg seinen Anfang fand. Es wäre tröstlich, sich wenigstens für ein paar Minuten in die Normalität flüchten zu können und gewöhnlichen Menschen dabei zuzusehen, wie sie zur Arbeit eilten, ihre Kinder in die Schule begleiteten, mit ihrem Hund spazieren gingen oder Brötchen beim Bäcker holten.

Aber wenn sie geglaubt hatten, dass der Krieg der Farben sich lediglich auf die Mauern des Schlosses beschränkte, täuschten sie sich. Das kleine, malerische Städtchen am Rhein war zu einem Schlachtfeld geworden. Aus beinahe jedem Haus drang wütendes Geschrei. Gegenstände flogen aus den Fenstern und auf den Bürgersteigen keiften sich die Menschen an, wenn sie nicht direkt aufeinander losgingen. Die Kakofonie wurde begleitet von einem aggressiven Hupkonzert, das aus allen Himmelsrichtungen zu kommen schien. Autos rasten wie Waffen durch die Straßen und prallten mit lautem Scheppern aneinander oder rammten Häuser. Polizeisirenen heulten von nah und fern. Geschäfte wurden überfallen. Menschen, die aussahen, als wären sie gerade auf dem Weg zur Arbeit gewesen, rannten plötzlich mit blutigen Messern durch die Gegend.

»Was ist hier los?«, wisperte Simonja völlig verstört. Das Bild, welches sich ihr bot, wollte einfach keinen Sinn ergeben.

Arian schüttelte missbilligend den Kopf. »Die sind alle verrückt geworden.«

»Oder böse«, meinte Ember fassungslos.

Das traf es am ehesten. Menschen, die zuvor ein ganz gewöhnliches Leben geführt hatten, schienen auf einmal dem Bösen, das in jeder Seele wohnte, nachzugeben. Der kleinste Grund zum Ärgernis, über den sie sonst großzügig hinweggeblickt hätten, brachte sie nun zum Ausrasten. Sämtliche Moral und Selbstkontrolle wirkten ausgeschaltet.

Oder war es vielleicht sogar noch schlimmer und sie folgten gar nicht den eigenen niederen Instinkten, sondern wurden von einer fremden Macht gelenkt? Aber wie war es dazu gekommen? Was war in der Nacht des Blutmondes geschehen, das Simonja und den anderen entgangen war?

Zumal es offenbar nicht alle Menschen betraf. Hin und wieder entdeckten sie einzelne Personen, die mit gesenkten Köpfen durch die wütende Meute eilten. Einige standen mit vor Schreck geweiteten Augen da und andere versteckten sich in ihren Häusern, die sie mit Brettern verrammelten, als stehe ihnen eine Invasion durch Aliens bevor.

Starr vor Schock bemerkte Simonja die Vampire erst, als diese bereits mit erhobenen Waffen auf sie zugerannt kamen. Sie fielen in dem Durcheinander gar nicht mehr auf und kaum einer störte sich an ihren Waffen. Die meisten waren viel zu sehr damit beschäftigt, irgendetwas kaputt zu machen. War das der Weltuntergang?

Simonja, Arian, Nisha, Ember und Philipp hasteten in die entgegengesetzte Richtung, weg von den Vampiren. Es war nicht leicht, voranzukommen, da sie sich neue Feinde schufen, sobald sie jemanden aus Versehen anrempelten oder ihm in den Weg kamen. Einer zückte sogar sein Gewehr und schoss ihnen hinterher.

Sie erreichten eine Kreuzung, als plötzlich ein Auto aus einer schmalen Pflastergasse geschossen kam. Arian riss Simonja gerade noch rechtzeitig zurück, bevor sie erfasst worden wäre. Mit quietschenden Reifen bremste der Wagen abrupt ab und ein Mann sprang fuchsteufelswild hinter dem Steuer hervor. Er stampfte auf ein angrenzendes Haus zu, klingelte dort Sturm und hämmerte unter wüsten Beschimpfungen gegen die Tür. Das Auto hatte er mitten auf der Straße mit geöffneter Fahrertür einfach stehen gelassen.

Philipp ergriff die Gelegenheit beim Schopf und ließ sich blitzschnell hinter das Steuer gleiten. »Los! Kommt!«, rief er den anderen zu.

Ember schüttelte fassungslos den Kopf. »Du kannst doch kein Auto klauen«, protestierte sie.

Die anderen schienen weniger Skrupel zu haben und stiegen ein.

»Hast du dich mal umgesehen?«, meinte Simonja mit einer ausladenden Handbewegung. »Die Stadt ist ein einziges Chaos!«

»Wir tun dem Kerl im Grunde einen Gefallen«, stimmte Arian ihr zu. »Wer weiß, was er sonst mit dem Wagen noch anstellt. Ohne fahrbaren Untersatz ist er schon gefährlich genug, aber wenigstens kann er dann niemanden umfahren.«

Philipp suchte drängend ihren Blick. »Bitte, steig ein! Ich werde auch vorsichtig fahren, sodass dem Auto nichts passiert und der Besitzer es zurückbekommt, wenn dieser Wahnsinn vorbei ist.«

Wie optimistisch, dass er nicht von FALLS spricht, dachte Simonja und atmete erleichtert auf, als Ember sich mit einem Seufzen neben sie auf die Rückbank quetschte. Als der Mann den Diebstahl bemerkte, trat der einstige Prinz bereits auf das Gaspedal und sauste gleichermaßen dem Besitzer wie den Vampiren davon.

Kaum dass sie außer Sichtweite waren, ließ Arian zornig seine Faust auf das Armaturenbrett knallen. »Das ist alles Margerys Schuld! Wie konnten wir nur glauben, dass sie die weiße Macht wäre?«

Auch wenn Ember sich gegen ihre Freundin gestellt hatte, empfand sie noch immer das Bedürfnis, sie zu verteidigen. »Ich glaube nicht, dass sie etwas damit zu tun hat, was hier gerade vor sich geht. Außerdem war sie nicht schon immer so.«

»Wer, wenn nicht sie, sollte die weiße Macht sein? Etwa Rosalie? An ihren Händen klebt doch mindestens genauso viel Blut!«, pflichtete Philipp bei. Ember und er kannten Margery besser als die anderen. Aber die Person, die sie gewesen war, und jene, als die sie sich nun gab, waren unterschiedlich wie Tag und Nacht.

Auch Simonja hatte einmal an die Prinzessin geglaubt. Als sie ihr begegnet war, wirkte sie unschuldig, hilflos und einsam. Die Einsamkeit verband sie alle miteinander. Es hatte sich richtig angefühlt, sie zu unterstützen, komme, was wolle.

»Du warst der Einzige, der von Anfang an ein ungutes Gefühl bei ihr hatte«, gab sie von der Rückbank aus an Arian gewandt zu. Sie fühlte sich mitschuldig an allem, was ihm seitdem widerfahren war. »Ich hätte dich nicht überreden dürfen, auch einen Splitter ihres Herzens in dir aufzunehmen!«

Er drehte sich zu ihr herum. »Das bereue ich nicht! Sonst wäre ich keiner der Vergessenen Sieben geworden und jetzt nicht hier.« Der warme Blick seiner goldenen Augen hielt sie fest. »Bei dir.«

So viel mehr lag in seinen Worten als das, was sie vermuten ließen. Es war eine Chance. Würden sie je die Gelegenheit bekommen, sie zu nutzen?

Simonja beugte sich zu ihm vor und legte ihre Hand auf seine Schulter. »Auch wenn ich in jener Welt nicht der Tod bin, scheint dieser mich zu verfolgen. Ich bringe jeden, der in meiner Nähe bleibt, in Gefahr.« Sie schaute von einem zum anderen. »Sobald wir aus der Stadt sind, sollte ich allein weitergehen.«

Ehe ein anderer etwas dazu sagen konnte, widersprach Arian ihr vehement. »Nein! Das kommt nicht infrage. Ich habe mich nur deinetwegen für das Leben entschieden! Dich im Stich zu lassen, wäre das Letzte, was ich tun würde. Lieber sterbe ich bei dem Versuch, dich zu beschützen, als ohne dich weiterleben zu müssen. Ich konnte Lavena nicht retten, aber ich werde nicht zulassen, dass du mir auch noch genommen wirst. Vorher töte ich Margery!«

Er klang zu allem bereit und gerade das machte Simonja besonders Angst. Sie wusste, wie es sich anfühlte, ihn zu verlieren. Das würde sie nicht noch einmal ertragen.

»Es ist nicht deine Aufgabe, den Krieg der Farben zu entscheiden«, fuhr Nisha ihn an.

---ENDE DER LESEPROBE---