Die Tochter des Wolfs - Robin Hobb - E-Book

Die Tochter des Wolfs E-Book

Robin Hobb

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Beschreibung

Sie ist seine Tochter und Erbin. Doch was das wirklich bedeutet, kann sie noch gar nicht ermessen.

Seit Jahrhunderten kontrollieren die Diener von Clerres die Weißen Propheten und sind durch deren Weissagungen zu großer Macht gelangt. Doch die nächste Weiße Prophetin ist Biene, die Tochter des Assassinen Fitz. Selbst Folter kann ihren Willen nicht brechen, denn sie weiß, dass ihr Vater nichts unversucht lassen wird, um sie zu finden. Und sie hat Recht. Fitz ist bereits auf dem Weg, und nicht einmal Drachen können ihn aufhalten …

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EPUB

Seitenzahl: 1891

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Buch

Seit Jahrhunderten kontrollieren die Diener von Clerres die Weißen Propheten und sind durch deren Weissagungen zu großer Macht gelangt. Doch die nächste Weiße Prophetin ist Biene, die Tochter des Assassinen Fitz. Selbst Folter kann ihren Willen nicht brechen, denn sie weiß, dass ihr Vater nichts unversucht lassen wird, um sie zu finden. Und sie hat recht. Fitz ist bereits auf dem Weg, und nicht einmal Drachen können ihn aufhalten …

Autorin

Robin Hobb wurde in Kalifornien geboren, zog jedoch mit neun Jahren nach Alaska. Nach ihrer Hochzeit zog sie mit ihrem Mann nach Kodiak, einer kleinen Insel an der Küste Alaskas. Im selben Jahr veröffentlichte sie ihre erste Kurzgeschichte. Seither war sie mit ihren Storys an zahlreichen preisgekrönten Anthologien beteiligt. Mit Die Gabe der Könige, dem Auftakt ihrer Serie um Fitz Chivalric Weitseher, gelang ihr der Durchbruch auf dem internationalen Fantasy-Markt. Ihre Bücher wurden seither millionenfach verkauft. Robin Hobb hat vier Kinder und lebt heute in Tacoma, Washington.

Die Chronik der Weitseher von Robin Hobb bei Penhaligon:

1. Die Gabe der Könige

2. Der Bruder des Wolfs

3. Der Erbe der Schatten

Das Erbe der Weitseher von Robin Hobb bei Penhaligon

1. Diener der alten Macht

2. Prophet der sechs Provinzen

3. Beschützer der Drachen

Das Kind der Weitseher von Robin Hobb bei Penhaligon

1. Die Tochter des Drachen

2. Die Tochter des Propheten

3. Die Tochter des Wolfs

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Robin Hobb

Die Tochter des Wolfs

Das Kind der Weitseher 3

Roman

Deutsch von Maike Claußnitzer

Die Originalausgabe erschien 2017 unter dem Titel »Assassin’s Fate (The Fitz and The Fool Trilogy, Book 3)« bei DelRey, New York.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.Copyright der Originalausgabe © 2017 by Robin HobbCopyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2019 by Penhaligon in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.Redaktion: Alexander GroßCovergestaltung: © Isabelle Hirtz, Inkcraft, unter Verwendung eines Motivs von Ivan DQ Balendra/Shutterstock.comKarte: © Andreas HancockHK · Herstellung: samSatz: Vornehm Mediengestaltung GmbH, MünchenISBN 978-3-641-18299-1V004www.penhaligon.de

Karte

Für Fitz und den Narren,

meine besten Freunde seit über zwanzig Jahren.

Prolog

Kinder stehen im Kreis und halten einander an den Händen. In der Mitte steht ein einzelnes Kind. Das Kind hat die Augen verbunden, aber auf die Binde sind Augen gemalt. Die Augen sind schwarz und blicken starr, mit einem roten Rand. Das Kind in der Mitte dreht sich mit ausgestreckten Händen im Kreis. All die anderen Kinder tanzen in einem größeren Kreis um das Mädchen herum. Sie singen ein Lied:

»Um Zukünfte vorauszusehen,

müssen Hand in Hand wir gehen.

Hartherzig, wer den Kreis zerbricht

und damit raubt die Zukunftssicht!«

Es sieht nach einem fröhlichen Spiel aus. Jedes Kind im äußeren Kreis ruft einen Satz oder ein Stichwort. Ich kann nicht verstehen, was sie sagen, aber das Mädchen mit den verbundenen Augen kann es. Sie beginnt, ihnen ihrerseits etwas zuzuschreien. Ein langsam auffrischender Wind zerfetzt ihre Worte. »Verbrennt alles.« »Die Drachen fallen.« »Das Meer wird steigen.« »Die juwelenübersäten Himmel.« »Einer kommt als zwei.« »Die Vier werden es bereuen.« »Zwei kommen als einer.« »Eure Herrschaft ist vorbei!« »Verwirkt alle Leben.« »Niemand überlebt!«

Bei diesem letzten Schrei bricht ein Sturmwind aus dem Kind in der Mitte hervor. Stücke von ihr fliegen in alle Richtungen, und der Wind reißt die schreienden Kinder hoch und verstreut sie weit und breit. Alles wird schwarz, bis auf einen einzigen weißen Kreis. In der Mitte des Kreises liegt die Augenbinde, deren schwarze Augen immer weiter vor sich hin starren. Immer weiter.

Biene Weitsehers Traumtagebuch

Kapitel 1

BIENESTICHT

Das Kartenzimmer auf Aslevjal zeigte ein Gebiet, das fast die gesamten Sechs Provinzen, ein Stück des Bergreichs, einen beträchtlichen Teil von Chalced und die Landstriche beiderseits des Regenflusses umfasst. Ich vermute, dies umreißt für uns die Grenzen des einstigen Herrschaftsbereichs der Uralten zu dem Zeitpunkt, als die Karten geschaffen wurden. Ich war nicht in der Lage, das Kartenzimmer in der verlassenen Stadt der Uralten zu inspizieren, die heute unter dem Namen Kelsingra bekannt ist, aber ich glaube, dass es recht ähnlich sein muss.

Auf der Karte zu Aslevjal waren Punkte markiert, die aufrecht stehenden Steinen in den Sechs Provinzen entsprechen. Ich glaube, es ist nur angemessen anzunehmen, dass die identischen Markierungen an Stellen im Bergreich, in der Regenwildnis und sogar in Chalced ebenfalls stehende Steine bezeichnen, die Gabenportale bilden. Über den Zustand dieser fremdländischen Portale ist kaum etwas bekannt, und manche Gabennutzer warnen davor zu versuchen, sich ihrer zu bedienen, bevor wir körperlich dorthin gereist sind und uns überzeugt haben, dass sie vorzüglich erhalten sind. Was die Gabenportalsteine in den Sechs Provinzen und im Bergreich betrifft, scheint es mir klug, nicht nur Kuriere, die über die Gabe verfügen, an jeden einzelnen dieser Orte zu schicken, sondern auch von jedem Herzog zu verlangen, dafür zu sorgen, dass solche stehenden Steine aufrecht gehalten werden. Die Kuriere, die jeden einzelnen Stein besuchen, sollten zugleich Inhalt und Zustand der Runen auf allen Seiten des Steins dokumentieren.

In einigen Fällen haben wir stehende Steine gefunden, die nicht mit einer Markierung auf der Aslevjal-Karte in Deckung zu bringen sind. Wir wissen nicht, ob sie erst errichtet wurden, nachdem die Karte geschaffen worden war, oder ob es sich um Steine handelt, die nicht mehr funktionieren. Bei ihnen müssen wir weiterhin Vorsicht walten lassen wie überhaupt bei jedem Gebrauch der Magie der Uralten. Wir dürfen nicht glauben, sie gemeistert zu haben, solange wir nicht in der Lage sind, ihre Artefakte nachzubauen.

Gabenportale, Chade Irrstern

Ich rannte. Ich raffte den schweren weißen Pelzmantel, den ich trug, und rannte. Mir war bereits zu warm, und er schleifte hinter mir her und blieb an jedem Zweig und Baumstumpf hängen, an dem ich vorbeikam. Hinter mir schrie Dwalia irgendjemandem zu: »Fang sie, fang sie!« Ich hörte den Chalcedier muhende Laute ausstoßen. Er galoppierte wild umher und kam einmal so dicht an mir vorbei, dass ich ihm ausweichen musste.

Meine Gedanken rasten schneller dahin als meine Füße. Ich erinnerte mich, dass meine Entführer mich in einen Gabenpfeiler gezerrt hatten. Ich wusste sogar noch, wie ich den Chalcedier in der Hoffnung gebissen hatte, dass er Ungelitten loslassen würde. Und das hatte er getan, aber er hatte sich an mir festgehalten und war uns in die Dunkelheit des Gabenpfeilers gefolgt. Dort hatte ich keine Ungelitten gesehen, auch nicht die Dienerin, die in unserer Menschenkette die Letzte gewesen war. Vielleicht waren sowohl sie als auch Ungelitten zurückgeblieben. Ich hoffte, dass Ungelitten ihr entkommen würde. Oder vielleicht schon entkommen war? Ich erinnerte mich, wie die Winterkälte in Bock uns im Würgegriff gehalten hatte, als wir geflohen waren. Doch jetzt waren wir anderswo, und statt eisiger Kälte spürte ich nur Kühle. Der Schnee hatte sich in Form schmutzig weißer schmaler Finger in den tiefen Schatten der Bäume zurückgezogen. Der Wald roch nach dem beginnenden Frühling, aber noch hatten keine Zweige Laub angesetzt. Wie sprang man vom Winter an einem Ort ins Frühjahr an einem anderen? Irgendetwas war ganz und gar nicht in Ordnung, doch ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Ich hatte dringendere Sorgen. Wie versteckte man sich in einem blattlosen Wald? Ich wusste, dass ich ihnen nicht davonlaufen konnte. Ich musste mich verstecken.

Ich hasste den Mantel aus tiefster Seele. Ich konnte nicht stehen bleiben, um mich daraus hervorzuwinden, denn meine Hände fühlten sich unbeholfen wie Fischflossen an, und in einem riesigen weißen Pelzmantel konnte ich mich beim besten Willen nicht vor den Verfolgern verbergen. Also floh ich und wusste, dass ich nicht entkommen würde, war aber zu verängstigt, mich einfangen zu lassen.

Such dir einen Platz, um dich zum Kampf zu stellen. Keinen, an dem sie dich in die Enge treiben können, aber auch keinen, an dem sie dich umzingeln können. Such dir eine Waffe, einen Stock, einen Stein, irgendetwas. Wenn du nicht entkommen kannst, lass sie so teuer wie möglich dafür bezahlen, dass sie dich fangen. Kämpfe bis zum Schluss gegen sie.

Ja, Wolfsvater. Ich sprach seinen Namen im Geiste aus, um mir selbst Mut einzuflößen. Ich rief mir ins Gedächtnis, dass ich das Kind eines Wolfes war, auch wenn sich meine Zähne und Krallen erbärmlich ausnahmen. Ich würde kämpfen.

Aber ich war schon so müde. Wie konnte ich da kämpfen?

Ich verstand nicht, was der Weg durch den Stein mir angetan hatte. Warum war ich so schwach und müde? Ich wollte mich fallen lassen, wo ich war, und mich nicht mehr rühren. Ich sehnte mich danach, mich vom Schlaf übermannen zu lassen, doch ich wagte es nicht. Ich hörte, wie sie einander etwas zuriefen, schrien und auf mich zeigten. Es wurde Zeit, mit dem Laufen aufzuhören und mich zum Kampf zu stellen. Ich suchte mir meine Stelle aus: eine Gruppe aus drei Bäumen, deren Stämme so nah beieinander wuchsen, dass ich mich zwischen sie zwängen konnte, aber keiner meiner Verfolger in der Lage sein würde, mir mühelos zu folgen. Ich hörte mindestens drei Leute hinter mir durchs Unterholz brechen. Wie viele waren es? Ich versuchte, mich genug zu beruhigen, um nachzudenken. Dwalia, ihre Anführerin, die Frau, die voller Wärme gelächelt hatte, als sie mich aus meinem Zuhause verschleppt hatte. Sie hatte mich durch den Gabenpfeiler gezerrt. Und Vindeliar, der Knabenmann, der die Menschen vergessen lassen konnte, was sie erlebt hatten. Auch er war mit durch den Stein gekommen. Kerf war der chalcedische Söldner, aber sein Verstand war von unserer Gabenreise so verwirrt, dass er entweder für niemanden mehr eine Gefahr darstellte oder jeden Beliebigen von uns töten mochte. Wer noch? Alaria, die ohne Widerrede alles tat, was Dwalia ihr befahl, genau wie Reppin, die meine Hand so unbarmherzig gequetscht hatte, als wir durch den Pfeiler gegangen waren. Es war eine viel kleinere Streitmacht als die, mit der Dwalia aufgebrochen war, doch ich war immer noch fünf zu eins in der Unterzahl.

Ich hockte mich hinter einen der Bäume, zog die Arme aus den Ärmeln des schweren Pelzgewands, arbeitete mich mühsam daraus hervor, sodass ich es schließlich anheben und mich hinausgleiten lassen konnte. Ich hob den Mantel auf und warf ihn so weit weg, wie ich konnte, also nicht sehr weit. Sollte ich weiterrennen? Ich wusste, dass ich es nicht konnte. Mein Magen zog sich zusammen, mir wurde flau, und ich hatte Seitenstechen. Weiter als bis hier konnte ich nicht laufen.

Eine Waffe. Da war nichts. Nur ein herabgefallener Ast. Das dicke Ende hatte keinen größeren Durchmesser als mein Handgelenk und lief in drei Zweige aus. Eine armselige Waffe, eher Harke als Stab. Ich hob ihn hoch. Dann presste ich mich mit dem Rücken an einen der Bäume und hoffte wider besseres Wissen, dass meine Verfolger den Mantel sehen und an mir vorbeilaufen würden, sodass ich umkehren und ein besseres Versteck finden konnte.

Sie kamen. Dwalia rief keuchend: »Ich weiß, dass du Angst hast. Aber lauf nicht weg. Ohne uns verhungerst du und stirbst. Ein Bär wird dich fressen. Du brauchst uns, um zu überleben. Komm zurück, Biene. Niemand wird dir böse sein.« Dann hörte ich die Lüge, als sie ihre Wut gegen ihre Gefolgsleute richtete: »Oh, wo ist sie nur? Alaria, du Närrin, hoch mit dir! Keiner von uns fühlt sich wohl, aber ohne sie können wir nicht nach Hause!« Dann ließ sie ihrem Zorn freien Lauf: »Biene! Hör auf, so töricht zu sein! Komm sofort her! Vindeliar, beeil dich! Wenn ich rennen kann, dann kannst du es auch! Such sie, beneble sie!«

Während ich hinter dem Baum stand und mich bemühte, mein angstvolles Atmen so leise zu halten, wie ich nur konnte, spürte ich, wie Vindeliar nach mir ausgriff. Ich stemmte mich fest dagegen, um meine Gedankenmauern stark zu machen, wie mein Vater es mir gezeigt hatte. Ich knirschte mit den Zähnen und biss mir kräftig auf die Lippen, um ihn fernzuhalten. Er schleuderte mir Erinnerungen an süße, warme Speisen, heiße Suppe und duftendes, frisches Brot entgegen. All jene Dinge wollte ich sehr gern, aber wenn ich zuließ, dass er mich dazu brachte, darüber nachzudenken, konnte er einen Weg hereinfinden. Nein. Rohes Fleisch. Fleisch, das an Knochen angefroren ist. Ich kaue es mit den Backenzähnen ab. Mäuse, noch im Fell, mit kleinen knusprigen Schädeln. Wolfsnahrung.

Wolfsnahrung. Seltsam, wie schmackhaft sie klang. Ich umklammerte meinen Stock mit beiden Händen und wartete. Sollte ich in meinem Versteck bleiben und hoffen, dass sie an mir vorbeilaufen würden, oder vortreten und den ersten Schlag führen?

Ich hatte keine Wahl. Ich sah, wie Alaria in einigen Bäumen Entfernung an meinem Versteck vorbeistolperte. Sie blieb stehen und starrte dümmlich den weißen Pelz auf dem Boden an. Als sie sich dann umdrehte, um den anderen etwas zuzurufen, entdeckte sie mich. »Sie ist hier! Ich habe sie gefunden!« Sie zeigte mit zitternder Hand auf mich. Ich stellte mich breitbeinig hin, als würde ich mich mit meinem Vater spielerisch im Messerkampf üben, und wartete. Sie starrte mich an und sackte dann zu einem Häuflein Elend zusammen. Ihr eigener weißer Mantel sank in Falten um sie herum, und sie unternahm keine Anstrengungen, wieder aufzustehen. »Ich habe sie gefunden«, rief sie mit schwächerer Stimme und wedelte mit schlaffer Hand in meine Richtung.

Ich hörte Schritte zu meiner Linken. »Aufpassen!«, keuchte Alaria, aber es war zu spät. Ich schwang meinen Ast, so fest ich konnte, traf Dwalia ins Gesicht und tänzelte dann rückwärts nach rechts zwischen die Bäume. Ich stellte mich mit dem Rücken an einen Stamm und ging wieder in Stellung, den Ast kampfbereit erhoben. Dwalia rief etwas, aber ich weigerte mich hinzusehen, um festzustellen, ob ich sie verletzt hatte. Vielleicht hatte ich genug Glück gehabt, um ihr ein Auge auszustechen.

Dann kam Vindeliar auf mich zugestapft. Sein einfältiges Lächeln erstrahlte. »Bruder! Da bist du ja! Du bist in Sicherheit. Wir haben dich gefunden.«

»Bleib zurück, sonst tue ich dir weh!«, drohte ich ihm. Ich erkannte, dass ich ihm nicht wehtun wollte. Er war ein Werkzeug meines Feindes, aber ich bezweifelte, dass Bosheit in ihm gesteckt hätte, wenn man ihn sich selbst überlassen hätte. Nicht, dass ein Mangel an Bosheit ihn davon abgehalten hätte, mir wehzutun.

»Brudeeer«, sagte er und zog das Wort traurig in die Länge. Es war ein Tadel, aber ein sanfter. Mir wurde klar, dass er Sanftheit und Zuneigung zu mir ausstrahlte. Freundschaft und Trost.

Nein. Er stand nicht wirklich auch nur für eines dieser Dinge. »Bleib zurück!«, befahl ich ihm.

Der Chalcedier hopste an uns vorbei und heulte dabei. Ich konnte nicht einschätzen, ob er absichtlich oder zufällig gegen den kleinen Mann stieß. Vindeliar versuchte, ihm auszuweichen, stolperte aber und stürzte mit einem klagenden Aufschrei, als Dwalia gerade um die Baumstämme herumkam. Ihre Hände waren wie Krallen nach mir ausgestreckt, und sie bleckte die blutüberströmten Zähne, als wollte sie mich mit den Kiefern packen. Ich schwang mit beiden Händen meinen Ast nach ihr, willens, ihr den Kopf von den Schultern zu hauen. Stattdessen zerbrach der Ast, und das gezackte Ende schrammte über ihr gerötetes Gesicht und zog eine Blutspur hinter sich her. Sie stürzte sich auf mich, und ich spürte, wie ihre Nägel mir durch meine abgetragene Kleidung hindurch ins Fleisch drangen. Ich riss mich wortwörtlich aus ihrem Griff los. Ihr blieb ein Teil meines Ärmels, während ich mich zwischen die Baumstämme zwängte.

Dort wartete Reppin. Ihre fischgrauen Augen fingen meinen Blick auf. Hass wich gedankenloser Schadenfreude, als sie auf mich zusprang. Ich wich zur Seite aus, sodass sie die Arme um den nächsten Baum schlang und mit dem Gesicht darauf zusauste. Sie prallte dagegen, doch sie war wendiger, als ich gedacht hatte. Sie hakte einen Fuß hinter meinen ein. Ich sprang hoch und darüber hinweg, stolperte aber auf dem unebenen Boden. Alaria war wieder auf den Beinen. Sie schrie wild, als sie sich gegen mich warf. Ihr Gewicht riss mich zu Boden, und bevor ich mich unter ihr hervorwinden konnte, spürte ich, wie mir jemand auf den Knöchel trat. Ich ächzte und schrie dann auf, als der Druck stärker wurde. Es fühlte sich an, als würden meine Knochen sich biegen, als könnten sie jeden Augenblick brechen. Ich stieß Alaria von mir, aber kaum dass sie fort war, verpasste mir Reppin einen kräftigen Tritt in die Seite, ohne von meinem Knöchel zu steigen.

Ihr Fuß trieb alle Luft aus meinem Körper. Tränen, die ich verabscheute, stiegen mir in die Augen. Einen Moment lang schlug ich um mich. Dann wand ich mich um ihre Beine und mühte mich ab, sie von meinem Knöchel herunterzuzerren, aber sie packte mich an den Haaren und schüttelte wild meinen Kopf. Haare lösten sich aus meiner Kopfhaut, und ich konnte nicht mehr klar sehen.

»Schlag sie«, hörte ich Dwalias Stimme. Sie zitterte vor heftiger Gefühlsbewegung. Zorn? Schmerz? »Hiermit.«

Ich beging den Fehler aufzuschauen. Reppins erster Schlag mit meinem zerbrochenen Stock traf mich auf die Wange, das Kiefergelenk und das Ohr. Ich hörte es hell tönen und dann meinen eigenen Schrei. Ich war entsetzt, empört und gekränkt und hatte solche Schmerzen, dass sie mich behinderten. Ich versuchte hastig wegzukriechen, aber sie hielt immer noch eine dicke Handvoll meiner Haare umklammert. Der Stock sauste erneut herab und traf mich quer auf die Schulterblätter, während ich darum kämpfte, mich zu befreien. Auf meinen Knochen saß nicht genug Fleisch, und meine Bluse bot keinen Schutz: Auf den Schmerz des Schlages folgte sofort das Brennen aufgeplatzter Haut. Ich schrie wild auf, verdrehte mich und langte nach oben, um sie am Handgelenk zu packen und ihre Hand mit Gewalt aus meinem Haar zu lösen. Sie verlagerte ihr Gewicht stärker auf meinem Knöchel, und nur das Polster des Waldbodens bewahrte ihn davor zu brechen. Ich kreischte und versuchte, sie von mir zu stoßen.

Der Stock sauste abermals herab, weiter unten auf meinem Rücken, und ich wusste plötzlich, wie meine Rippen mit meiner Wirbelsäule verbunden waren und wie die Zwillingsstränge von Muskeln daran entlang verliefen, denn all das schrie auf, so falsch fühlte es sich an.

Alles geschah so schnell, und doch war jeder einzelne Hieb ein gesondertes Ereignis in meinem Leben, eines, an das ich mich immer erinnern würde. Ich war von meinem Vater nie grob behandelt worden, und die wenigen Male, die meine Mutter mich gezüchtigt hatte, waren kaum mehr als ein Knuff oder eine leichte Ohrfeige gewesen. Immer, um mich vor Gefahr zu warnen, um mich zu ermahnen, nicht den Kaminschirm zu berühren oder über meinem Kopf nach dem Kessel auf dem Herd zu greifen. Sehr wenige Male hatte ich mich mit Kindern auf Weidenhag geprügelt. Ich war mit Kiefernzapfen und Kieselsteinen beworfen worden, und ein einziges Mal war ich in einen so heftigen Kampf verwickelt gewesen, dass ich danach geblutet hatte. Aber ich war nie von einem Erwachsenen geschlagen worden. Ich war nie auf schmerzhafte Art festgehalten worden, während jemand, der schon groß war, versuchte, mir so viel Leid wie möglich zuzufügen, ganz gleich, wie schwer es mich verletzen mochte. Ich wusste plötzlich, dass es niemanden außer mir kümmern würde, wenn sie mir die Zähne oder gar ein Auge ausschlug.

Hör auf, dich zu fürchten. Hör auf, den Schmerz zu empfinden. Kämpfe! Wolfsvater war plötzlich bei mir, die Zähne gebleckt, jedes einzelne Nackenhaar aufgerichtet.

Ich kann nicht! Reppin wird mich umbringen!

Tu ihr deinerseits weh. Beiß sie, kratz sie, tritt sie! Lass sie dafür bezahlen, dass sie dir Schmerzen zufügt. Sie wird dich ohnehin verprügeln, also hol dir so viel von ihrem Fleisch, wie du kannst. Versuch, sie zu töten.

Aber …

Kämpf!

Ich gab den Versuch auf, mein Haar aus ihrem Griff zu lösen. Stattdessen stürzte ich, als mein Stock wieder auf meinem Rücken niedersauste, auf sie zu statt von ihr weg, bekam das Handgelenk ihrer Stockhand zu fassen und zog es mir an den Mund. Ich riss die Kiefer so weit auf, wie ich konnte, und ließ sie dann zuschnappen. Ich biss sie, nicht um ihr wehzutun, auch nicht, um Zahnspuren zu hinterlassen oder sie dazu zu bringen, vor Schmerz zu schreien. Ich biss sie, um meine Zähne bis auf ihre Knochen hinabzudrücken, um einen Mundvoll Fleisch und Sehnen zu fassen zu bekommen und zu versuchen, ihn ihr vom Körper abzureißen. Ich biss die Zähne zusammen, während sie kreischte und hilflos mit dem Stock nach mir schlug, und dann nagte ich am Fleisch ihres Handgelenks und schüttelte ungestüm den Kopf. Sie ließ mein Haar los, ließ den Stock fallen, tänzelte hin und her und schrie vor Schmerz und Angst, aber ich behielt ihr Handgelenk im Griff, mit beiden Händen und mit den Zähnen, und trat ihr gegen Schienbeine, Füße und Knie, während sie mich mitschleifte. Ich versuchte, dafür zu sorgen, dass meine Backenzähne aufeinandertrafen, indem ich Ober- und Unterkiefer zusammenpresste und mich mit meinem ganzen Körpergewicht an ihren Arm hängte.

Reppin brüllte und schlug um sich. Sie hatte den Stock fallen lassen und dachte nur noch daran, sich loszureißen. Sie war keine kräftige Person, sondern zierlich gebaut, und ich hatte einen schönen Brocken von dem sehnigen Fleisch und den schlaffen Muskeln ihres Unterarms zwischen den Zähnen. Ich schloss mühsam die Kiefer. Sie kreischte: »Holt sie weg von mir! Weg von mir!« Sie stemmte die Handfläche gegen meine Stirn und versuchte, mich fortzustoßen. Ich ließ es zu, und sie schrie, als sie mir so half, ihr das Fleisch von den Knochen zu reißen. Sie schlug nach mir, aber nur schwach. Mit Kiefern und Händen umklammerte ich sie noch fester. Sie sank zu Boden, während ich immer noch an ihrem Arm hing.

Vorsicht!, warnte Wolfsvater mich. Spring weg!

Aber ich war ein Welpe und sah die Gefahr nicht, nur, dass meine Feindin vor mir zusammengebrochen war. Dann trat Dwalia mich so heftig, dass mir der Mund aufflog. Es riss mich von Reppin weg auf die feuchte Erde. Ich bekam kein bisschen Luft und konnte mich nur schwach abrollen, statt aufzuspringen und davonzulaufen. Sie trat mich mehrfach. In den Bauch, gegen den Rücken. Ich sah ihren gestiefelten Fuß auf mein Gesicht zusausen.

Als ich zu mir kam, war es dunkel und kalt. Sie hatten ein Feuer zustande gebracht, aber sein Schein berührte mich kaum. Ich lag auf der Seite, vom Feuer abgewandt, an Händen und Füßen gefesselt. Mein Mund war salzig vor Blut, sowohl geronnen als auch frisch. Ich hatte mich nass gemacht, und der Stoff meiner Hose fühlte sich auf der Haut kalt an. Ich fragte mich, ob sie mich so schwer verletzt hatten, dass ich mich eingenässt hatte, oder ob ich solche Angst gehabt hatte. Ich konnte mich nicht erinnern. Ich erwachte vom Weinen, oder vielleicht wurde mir auch erst klar, dass ich weinte, als ich aufwachte. Alles tat weh. Mein Gesicht war auf der Seite geschwollen, auf der Reppin mich mit dem Stock geschlagen hatte. Vielleicht hatte es geblutet, denn totes Laub haftete an meiner Haut. Der Rücken tat mir weh, und meine Rippen zwängten meine schmerzhaften Atemzüge ein wie ein Käfig.

Kannst du die Finger bewegen? Kannst du deine Zehen spüren?

Das konnte ich.

Tut dein Bauch weh wie ein blauer Fleck, oder tut er weh, als ob darin etwas zerstört wäre?

Ich weiß es nicht. Mir hat noch nie etwas so wehgetan. Ich holte tiefer Atem, und der Schmerz trieb die Luft als Schluchzer wieder hervor.

Still. Gib keinen Laut von dir, sonst wissen sie, dass du wach bist. Kannst du die Hände an den Mund führen?

Sie hatten mir die Füße gefesselt und meine Hände vor mir an den Handgelenken zusammengebunden. Ich hob sie an mein Gesicht. Sie waren mit Streifen gefesselt, die von meinem Hemd abgerissen waren. Das war mit ein Grund dafür, dass mir so kalt war. Obwohl der Frühling hier tagsüber zu Besuch gewesen war, eroberte der Winter den Wald nachts zurück.

Beiß deine Hände frei.

Ich kann nicht. Meine Lippen waren zerschlagen und blutig. Meine Zähne fühlten sich locker an und taten im Zahnfleisch weh.

Du kannst. Denn du musst. Beiß deine Hände frei und binde dir die Füße los, und dann gehen wir. Ich zeige dir, wohin du dich wenden musst. Nicht weit von hier ist jemand, der mit uns verwandt ist. Wenn ich ihn wecken kann, dann wird er dich beschützen. Wenn nicht, bringe ich dir bei, wie man jagt. Einst haben dein Vater und ich in diesen Bergen gelebt. Vielleicht ist der Unterschlupf, den er für uns gebaut hat, noch wetterfest. Wir werden dorthin gehen.

Ich wusste ja nicht, dass wir in den Bergen sind! Du hast mit meinem Vater in den Bergen gelebt?

Ja. Ich war schon hier. Genug. Fang an zu kauen.

Es tat weh, den Kopf zu neigen, um die Fesseln an meinen Händen zu erreichen. Es tat auch weh, meine Zähne kräftig genug in den Stoff zu pressen, um hineinzubeißen. Es war ein schönes Hemd gewesen, als ich es an jenem Morgen angezogen hatte, um zum Unterricht bei Schreiber Lant zu gehen. Eine der Dienerinnen, Achtsam, hatte mir geholfen, mich anzukleiden. Sie hatte diese hellgelbe Bluse gewählt und eine grüne Tunika darübergestreift. Die Farben meines Hauses, wie ich plötzlich erkannte. Sie hatte mich in die Farben von Weidenhag gekleidet, obwohl mir die Tunika zu weit gewesen war und wie ein Kleid an mir gehangen hatte, fast bis auf die Knie. Ich hatte an dem Tag Beinlinge getragen, nicht die gefütterte Hose, die meine Entführer mir zum Anziehen gegeben hatten. Die nasse Hose. Noch ein Schluchzen stieg in mir auf. Bevor ich es hinunterschlucken konnte, entrang sich mir ein Laut.

»… wach?«, fragte jemand beim Feuer. Alaria, dachte ich.

»Lasst sie so liegen, wie sie ist!«, befahl Dwalia grimmig.

»Aber mein Bruder ist verletzt! Ich kann seinen Schmerz spüren!« Das kam mit leiser, bekümmerter Stimme von Vindeliar.

»Dein Bruder!« Dwalias Tonfall triefte vor Gift. »Kein Wunder, dass ein geschlechtsloser Tölpel wie du den Unerwarteten Sohn nicht vom Bastardkind irgendeines Weißen unterscheiden kann. All das Geld, das wir ausgegeben haben, all die Luriks, die ich verschwendet habe, und was haben wir dafür bekommen? Nur dieses Mädchen. Dumm und unwissend seid ihr, alle beide. Du glaubst, sie sei ein Junge, und sie weiß nicht, was sie ist. Sie kann nicht einmal schreiben und achtet nicht auf ihre Träume.« Eine seltsame Schadenfreude schwang in ihrem Ton mit. »Doch ich weiß, dass sie etwas Besonderes ist.« Dann war die flüchtige Befriedigung verflogen und wich Häme. »Zweifelt nur an mir. Es ist mir gleichgültig. Aber ihr solltet lieber hoffen, dass etwas Besonderes an ihr ist, denn sie ist die einzige Münze, über die wir verfügen, um uns die Gunst der Vier wieder zu erkaufen!« Mit gesenkter Stimme fügte sie hinzu: »Wie Coultrie über mein Versagen jubeln wird! Und die alte Ziege Capra wird es zum Vorwand für alles nehmen, was sie tun will.«

Alaria fragte sehr leise: »Wenn sie also alles ist, was wir haben, sollten wir dann nicht vielleicht versuchen, sie in gutem Zustand abzuliefern?«

»Wenn du sie gefangen hättest, statt umzufallen und dich stöhnend am Boden zu wälzen, wäre vielleicht nichts davon geschehen!«

»Hört ihr das?« Ein verzweifeltes Flüstern von Reppin. »Habt ihr das gehört? Jemand hat gerade gelacht. Und jetzt … Hört ihr das Flötenspiel?«

»Dein Verstand ist verwirrt, und das alles nur, weil ein kleines Mädchen dich gebissen hat! Behalte deine törichten Worte für dich.«

»Ich konnte den Knochen sehen! Mein Arm ist ganz geschwollen. Der Schmerz pocht dumpf in mir wie eine Trommel!«

Eine Pause trat ein, und ich hörte das Feuer knistern. Halt still, warnte mich Wolfsvater. Finde durch Lauschen so viel heraus, wie du kannst. Dann, mit einem Hauch von Stolz: Siehst du, selbst mit deinen armseligen Kuhzähnen hast du sie das Fürchten gelehrt! Du musst sie alle das Fürchten lehren. Sogar das alte Rabenaas hat gelernt, etwas vorsichtiger zu sein. Aber du musst allem noch mehr Nachdruck verleihen. Die folgenden drei Gedanken müssen deine einzigen sein: Ich werde entkommen. Ich werde sie das Fürchten lehren. Und wenn ich Gelegenheit dazu habe, werde ich sie töten.

Sie haben mich schon geschlagen, nur weil ich versucht habe zu fliehen! Was werden sie tun, wenn ich einen von ihnen töte?

Sie werden dich wieder schlagen, sofern du nicht entkommst. Aber wie du gerade gehört hast, bist du für sie wertvoll. Also werden sie dich wahrscheinlich nicht töten.

Wahrscheinlich? Entsetzen durchflutete mich. Ich will am Leben bleiben. Selbst wenn ich als ihre Gefangene lebe, will ich am Leben bleiben.

Du glaubst, dass das wahr ist, aber das ist es nicht, das versichere ich dir. Der Tod ist besser als die Art von Gefangenschaft, die sie für dich planen. Ich war ein Gefangener, ein Spielball herzloser Menschen. Ich lehrte sie das Fürchten. Deshalb waren sie bestrebt, mich zu verkaufen. Deshalb konnte dein Vater mich freikaufen.

Die Geschichte kenne ich nicht.

Sie ist düster und traurig.

Gedanken sind schnell. So viel wurde zwischen Wolfsvater und mir in der Pause im Gespräch der fahlen Leute weitergegeben. Plötzlich ertönte ein Schrei aus der Dunkelheit. Er machte mir Angst, und ich zwang mich, schneller an meinen Fesseln zu nagen. Nicht dass ich mit der Aufgabe voranzukommen schien. Die verstümmelten Worte ertönten erneut, und ich erkannte sie als Chalcedisch. Das musste Kerf sein, der chalcedische Söldner, den Vindeliar verhext hatte, damit er Dwalia diente. Ich fragte mich, ob sein Verstand immer noch von seiner Reise durch den Gabenpfeiler verwirrt war und ob seine Hand dort geschwollen war, wo ich ihn gebissen hatte. So leise ich konnte, verlagerte ich meine Körperhaltung, bis ich durch die Dunkelheit spähen konnte. Kerf deutete zu einer der uralten stehenden Säulen am Rande der Lichtung hinauf. Ich hörte einen schrillen Schrei von Reppin: »Seht ihr? Seht ihr? Ich bin nicht verrückt! Kerf sieht sie auch! Ein bleicher Geist kauert auf dieser Säule. Ist sie etwa keine Weiße? Aber so seltsam gekleidet, und sie singt ein Spottlied!«

»Ich sehe nichts!«, rief Dwalia wütend.

Vindeliar sagte schüchtern: »Ich aber. Hier sind Echos von Leuten aus alten Zeiten. Sie haben einen Markt hier abgehalten. Aber jetzt, da der Abend sich herabsenkt, unterhält eine Weiße Sängerin sie.«

»Ich höre … irgendetwas«, bestätigte Alaria widerwillig. »Und … und als ich durch den Stein gekommen bin, haben Leute zu mir gesprochen. Sie haben schreckliche Dinge gesagt.«

Reppin holte mit einem leisen Keuchen Luft. »Und als ich heute Nachmittag eingeschlafen bin, hatte ich einen Traum. Einen lebhaften Traum, einen, von dem ich erzählen muss. Wir haben unsere Traumtagebücher auf der Flucht vor den Chalcediern verloren. Ich kann ihn nicht niederschreiben, also muss ich ihn erzählen.«

Dwalia stieß einen angewiderten Laut aus. »Als ob deine Träume je von echtem Wert waren! Na gut, dann erzähl schon.«

Reppin sprach schnell, als würden die Worte aus ihr hervorspringen: »Ich träumte von einer Nuss in einem wilden Fluss. Ich sah, wie jemand sie aus dem Wasser zog. Die Nuss wurde abgelegt und vielfach geschlagen, um so zu versuchen, sie aufzubrechen. Aber sie wurde nur dicker und härter. Dann zerschmetterte sie jemand. Flammen und Dunkelheit und ein übler Gestank und Schreie drangen aus ihr hervor. Die Flammen schrieben Worte: ›Hier kommt der Zerstörer, den ihr erschaffen habt!‹ Und ein heftiger Wind wehte durch Clerres, riss uns alle empor und verstreute uns.«

»Hier kommt der Zerstörer!«, wiederholte der Chalcedier fröhlich rufend aus der Dunkelheit hervor.

»Sei still!«, fuhr Dwalia ihn an, und er lachte. »Und du, Reppin, sei ebenfalls still. Das ist kein Traum, der es wert ist, mitgeteilt zu werden. Dahinter steckt nur dein Fieber, das in deinem Verstand kocht. Ihr seid solch feige Kinder! Ihr beschwört in eurem eigenen Geist Schatten und Gespenster herauf. Alaria und Reppin, geht mehr Holz sammeln. Legt einen guten Vorrat für die Nacht an, und dann seht nach dem kleinen Miststück. Und kein Wort mehr über diesen Unfug!«

Ich hörte Alaria und Reppin in den Wald davonstapfen. Es schien mir, als würden sie langsam gehen, so als hätten sie Angst vor der Dunkelheit. Kerf schenkte ihnen keinerlei Aufmerksamkeit. Mit erhobenen Händen tappte er in unbeholfenen Tanzschritten um die Säule. Ohne Vindeliars Macht außer Acht zu lassen, senkte ich vorsichtig meine Mauern. Das Bienensummen, das ich wahrgenommen hatte, wurde zu Stimmen, und ich sah Uralte in glänzenden Gewändern. Ihre Augen funkelten, ihr Haar schimmerte wie poliertes Silber und Goldringe, und rings um den Chalcedier tanzten sie zum Sprechgesang der fahlen Sängerin, die auf der Säule saß.

Dwalia starrte Kerf an, verärgert über seinen Frohsinn. »Warum kannst du ihn nicht kontrollieren?«, fragte sie Vindeliar.

Er machte eine hilflose Gebärde. »Er hört hier zu viele andere. Ihre Stimmen sind mannigfaltig und stark. Sie lachen und singen und feiern.«

»Ich höre nichts!« Dwalias Ton war zornig, aber es schwang ein Hauch von Furcht darin mit. »Du bist nutzlos. Du kannst dieses winzige Mädchen nicht bändigen und nun noch nicht einmal einen Verrückten. Ich hatte solche Hoffnungen in dich gesetzt, als ich dich ausgewählt habe – als ich dir jenen Trank habe zukommen lassen. Wie falsch es doch von mir war, ihn an dich zu verschwenden! Die anderen hatten recht. Du hast keine Träume, und du siehst nichts. Du bist nutzlos.«

Ich spürte, wie die leichte Kälte von Vindeliars Bewusstsein auf mich zutrieb. Sein Elend brandete gegen mich an wie eine Welle. Ich zog ruckartig meine Mauern hoch und versuchte, mich nicht davon berühren zu lassen, dass er verletzt war und sich trotz allem noch um mich sorgte. Seine Angst vor Dwalia war, wie ich mir grimmig sagte, zu groß, als dass er mir Hilfe oder Trost hätte bieten können. Was nützt einem ein Freund, der kein Risiko für einen eingeht?

Er ist genauso sehr dein Feind wie die anderen. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, musst du ihn töten, wie du jeden anderen von ihnen töten würdest. Wenn einer von ihnen kommt, um dich zu berühren, musst du beißen, treten und kratzen, so viel du nur kannst.

Mir tut alles weh. Ich bin kraftlos. Wenn ich versuche, mich zu verteidigen, werden sie mich schlagen.

Selbst wenn du nur wenig Schaden anrichtest, werden sie lernen, dass es einen Preis hat, dich zu berühren. Manche werden nicht willens sein, ihn zu zahlen.

Ich glaube nicht, dass ich Vindeliar beißen oder töten könnte. Dwalia könnte ich töten. Aber die anderen …

Sie sind ihre Werkzeuge, ihre Zähne und Klauen. In deiner Lage kannst du es dir nicht leisten, barmherzig zu sein. Nag weiter an deinen Fesseln. Ich werde dir von meinen Tagen als Gefangener erzählen. Geprügelt, in einen Käfig gesperrt. Gezwungen, gegen Hunde und Wildschweine zu kämpfen, denen es so erbärmlich ging wie mir. Ausgehungert. Öffne deinen Geist meiner Geschichte darüber, wie ich versklavt wurde und wie dein Vater und ich die Fesseln unserer jeweiligen Gefangenschaft sprengten. Dann wirst du verstehen, warum du töten musst, wenn man dir die Gelegenheit dazu gibt.

Er begann nicht mit einer Erzählung, sondern mit einer Erinnerung, an der ich teilhatte. Es war, als würde ich mich auf Dinge besinnen, die ich schon immer gewusst hatte, aber in brennend heißen Einzelheiten. Er ersparte mir weder seine Erinnerungen daran, wie seine Familie getötet worden war, noch die an Prügel und Hunger und einen engen, kalten Käfig. Er milderte nicht ab, wie sehr er seine Entführer hasste oder wie sehr er zunächst auch meinen Vater gehasst hatte, sogar als dieser ihn befreit hatte. Hass war ihm damals zur Gewohnheit geworden, und Hass hatte ihn genährt und am Leben erhalten, als es nichts anderes gegeben hatte.

Ich hatte mich noch nicht einmal zur Hälfte durch den verdrehten Stoff gearbeitet, der meine Handgelenke fesselte, als Dwalia Alaria ausschickte, um mich ans Feuer zu holen. Ich stellte mich tot, bis sie sich über mich beugte. Sie legte mir eine Hand auf die Schulter. »Biene?«

Ich bäumte mich auf, schnellte hoch und biss zu. Ich bekam ihre Hand mit den Zähnen zu fassen, aber nur für einen Augenblick. Mein Mund tat zu weh, und sie riss ihre Hand mit einem Aufschrei von mir los und sprang zurück. »Sie hat mich gebissen!«, schrie sie den anderen zu. »Das elende kleine Ding hat mich gebissen!«

»Tritt sie!«, befahl Dwalia, und Alaria tat so, als würde sie den Fuß nach mir schwingen, aber Wolfsvater hatte recht. Sie hatte Angst davor, sich mir zu sehr zu nähern. Ich wälzte mich von ihr weg, und trotz der Schreie meines geschundenen Körpers gelang es mir, mich aufzusetzen. Ich starrte sie böse aus meinem gesunden Auge an und zog die zerschlagenen Lippen zurück, um die Zähne zu blecken. Ich wusste nicht, wie viel davon sie im Tanz des Feuerscheins sehen konnte, aber sie kam nicht in meine Nähe.

»Sie ist wach«, erklärte Alaria den anderen, als hätte ich sie im Schlaf beißen können.

»Schleif sie her.«

»Sie wird mich wieder beißen!«

Dwalia stand auf. Sie bewegte sich steif. Ich hielt still und spannte mich an, um ihrem Tritt auszuweichen oder sie mit den Zähnen anzufallen, wenn ich konnte. Es freute mich zu sehen, dass ich ihr beide Augen blau geschlagen und das Fleisch an einer Wange zum Aufplatzen gebracht hatte. »Hör zu, du erbärmlicher kleiner Wurm«, knurrte sie mich an. »Du kannst einer Tracht Prügel entgehen, aber nur, wenn du mir gehorchst. Ist das klar?«

Sie verhandelt. Das heißt, dass sie dich fürchtet.

Ich starrte sie wortlos an und hielt mein Gesicht ausdruckslos. Sie beugte sich näher zu mir und griff nach der Vorderseite meines Hemds. Ich fletschte lautlos die Zähne, und sie zuckte zurück. Sie sprach, als hätte ich zugestimmt, ihr zu gehorchen: »Alaria wird dir die Knöchel losschneiden, und wir werden dich zum Feuer hinüberbringen. Wenn du versuchst wegzulaufen, mache ich dich zum Krüppel, das schwöre ich dir.« Sie wartete nicht auf eine Antwort. »Alaria, schneid die Fesseln an ihren Knöcheln durch.«

Ich streckte ihr die Füße hin. Alaria hatte, wie mir auffiel, ein sehr schönes Gürtelmesser. Ich fragte mich, ob ich einen Weg finden konnte, es zu meinem zu machen. Sie sägte und sägte an dem Hemdstreifen, der mich fesselte, und ich war überrascht, wie weh es tat. Als sie den Stoff endlich durchtrennte, strampelte ich mit den Füßen, um sie zu befreien, und spürte dann ein sehr unangenehmes heißes Kribbeln, als Leben in sie zurückkehrte. Versuchte Dwalia, mich zu verleiten, einen Fluchtversuch zu unternehmen, um einen Vorwand zu haben, mich wieder zu verprügeln?

Noch nicht. Sammle mehr Kraft. Stell dich schwächer, als du bist.

»Steh auf und geh!«, befahl mir Dwalia. Sie stolzierte von mir weg, als wollte sie demonstrieren, wie sicher sie sich meines Gehorsams war.

Sollte sie doch überzeugt sein, dass ich kapituliert hatte. Ich würde einen Weg finden, ihr zu entkommen. Aber der Wolf hatte recht. Noch nicht. Ich stand auf, aber nur sehr langsam, und ließ mir Zeit, mein Gleichgewicht zu finden. Ich versuchte, mich aufrecht hinzustellen, als wäre mein Bauch nicht voll heißer Messer. Ihre Tritte hatten etwas in mir verletzt. Ich fragte mich, wie lange es brauchen würde, um zu heilen.

Vindeliar hatte sich näher an uns herangewagt. »Oh, mein Bruder«, blökte er traurig beim Anblick meines zerschlagenen Gesichts. Ich starrte ihn an, und er sah beiseite. Ich versuchte, eher trotzig als von Schmerzen behindert zu wirken, als ich zum Feuer marschierte.

Es war meine erste Gelegenheit, mich gut in meiner Umgebung umzusehen. Der Pfeiler hatte uns zu einer offenen Senke im Herzen eines Waldes gebracht. Zwischen den Bäumen ragten schrumpfende Schneezungen hervor, aber auf dem Platz und auf den Straßen, die dorthin und wieder fort führten, lag seltsamerweise kein Schnee. Längs dieser Straßen waren Bäume groß geworden, und ihre Äste wuchsen in hohem Bogen darüber und verflochten sich an manchen Stellen. Doch die Straßen selbst waren so gut wie frei von Waldabfällen und Schnee. Erkannte niemand sonst, wie merkwürdig das war? Immergrüne Bäume mit tief hängenden, ausladenden Zweigen umstanden das kleine Tal, in dem Dwalias Leute ihr Feuer entfacht hatten. Nein. Kein Tal. Meine Füße schleiften über eine Art Steinpflaster. Die Freifläche war teilweise von einer niedrigen Mauer aus behauenen Steinen umgeben, in die mehrere Säulen eingelassen waren. Ich bemerkte etwas auf dem Boden. Es sah nach einem Handschuh aus, der einen Teil des Winters unter Schnee verbracht hatte. Etwas weiter entfernt entdeckte ich einen Lederfetzen, vielleicht von einem Riemen. Und dann eine Wollmütze.

Trotz meines schmerzenden Körpers bückte ich mich langsam, um sie aufzuheben, indem ich so tat, als würde ich mir einen Moment Zeit nehmen, mir den Bauch zu halten. Drüben beim Feuer taten sie, als würden sie mich nicht beobachten wie Katzen, die vor einem Mauseloch kauern. Die Mütze war feucht, aber sogar feuchte Wolle ist warm. Ich versuchte, die Fichtennadeln von der Mütze zu schütteln, aber meine Arme taten zu weh. Ich fragte mich, ob jemand meinen schweren Pelzmantel wieder mit ins Lager genommen hatte. Jetzt, da ich auf den Beinen war und mich bewegte, rief mir die Kühle der Vorfrühlingsnacht jede schmerzende Prellung ins Gedächtnis. Die Kälte griff nach mir und betastete meine Haut dort, wo man Streifen von meinem Hemd abgerissen hatte.

Achte nicht darauf. Denk nicht an die Kälte. Nutze deine anderen Sinne.

Jenseits des flackernden Feuerscheins konnte ich wenig sehen. Ich atmete durch die Nase ein. Die aufsteigende Feuchtigkeit des Bodens trug intensive Gerüche mit sich. Ich roch dunkle Erde und herabgefallene Fichtennadeln. Und Geißblatt.

Geißblatt? Um diese Jahreszeit?

Atme durch den Mund aus und dann langsam durch die Nase wieder ein, riet mir Wolfsvater.

Das tat ich. Auf meinem steifen Nacken wandte ich langsam den Kopf und folgte dem Duft. Da. Ein blasser, schmaler Zylinder, halb von einem Fetzen zerrissener Leinwand bedeckt. Ich versuchte, mich zu bücken, doch meine Knie gaben unter mir nach, und ich fiel beinahe aufs Gesicht. Mit den gefesselten Händen hob ich unbeholfen die Kerze auf. Sie war zerbrochen und wurde an der Bruchstelle nur noch vom Docht zusammengehalten, aber ich erkannte sie. Ich hob sie an mein Gesicht und roch die Arbeit meiner Mutter. »Wie kann sie hier sein?«, fragte ich die Nacht leise. Ich betrachtete den nichtssagenden Leinwandfetzen. In der Nähe lag ein Damenhandschuh aus Spitze, durchnässt und schimmelig. Beide Gegenstände erkannte ich nicht wieder, aber ich kannte diese Kerze. Konnte ich mich irren? Konnten andere Hände das Bienenwachs geerntet und ihm mit Geißblattblüten seinen Duft verliehen haben? Konnte eine andere Hand geduldig die langen Dochte immer wieder in den Wachstopf getaucht haben, um solch eine elegante, schmal zulaufende Kerze zu formen? Nein. Das hier war das Werk meiner Mutter. Womöglich hatte ich sogar dabei geholfen, diese Kerze zu ziehen. Wie kam sie hierher?

Dein Vater ist hier gewesen.

Ist das möglich?

Es ist die am wenigsten unmögliche Antwort, die ich mir vorstellen kann.

Ich knickte die Kerze, als ich sie mir ins Hemd schob. Ich spürte das Wachs kalt auf der Haut. Mein. Ich hörte Vindeliar auf mich zuschlurfen. Aus dem Augenwinkel sah ich Dwalia die Hände zur Wärme des Feuers ausstrecken. Ich richtete mein gesundes Auge auf alle. Reppin hatte meinen dicken Pelzmantel. Sie hatte ihn zu einem Kissen zusammengefaltet und saß darauf am Feuer neben Alaria. Sie bemerkte meinen Blick und grinste mich hämisch an. Ich starrte auf ihren Arm und schaute dann hoch, um sie anzulächeln. Ihre freiliegende Hand war eine dicke Geschwulst mit Wurstfingern. Blut zeichnete sich dunkel zwischen ihren Fingern und in den Hautfalten der Knöchel ab. Hatte sie nicht den Verstand gehabt, den Biss auszuwaschen?

Ich bewegte mich langsam auf die größte Lücke in ihrem Kreis zu und setzte mich dorthin. Dwalia erhob sich und stellte sich hinter mich. Ich war nicht bereit, mich nach ihr umzusehen. »Du bekommst heute Abend nichts zu essen. Glaub ja nicht, dass du vor uns davonlaufen kannst. Das kannst du nicht. Alaria, du übernimmst die erste Wache. Weck Reppin auf, damit sie die zweite übernimmt. Lasst Biene nicht entkommen, sonst werdet ihr dafür bezahlen.«

Sie stolzierte dorthin, wo sie das Gepäck und die Vorräte gestapelt hatten. Es war nicht viel. Sie waren vor Elliks Angriff mit dem geflohen, was sie in aller Hast hatten zusammenraffen können. Dwalia baute sich aus den Bündeln ein unförmiges Polster und legte sich darauf, ohne einen Gedanken auf die Bequemlichkeit der anderen zu verschwenden. Reppin sah sich verschlagen um und breitete dann meinen geöffneten Mantel aus, bevor sie sich darauflegte und die überschüssigen Enden um sich schlang. Vindeliar starrte sie an und ließ sich dann einfach fallen wie ein Hund. Er bettete den breiten Kopf auf seine Arme und blickte trübselig ins Feuer. Alaria saß im Schneidersitz da und starrte mich böse an. Niemand achtete auf den Chalcedier. Die Hände über den Kopf erhoben, vollführte er im Kreis eine Art Freudentanz, den Mund vor stumpfsinniger Begeisterung über die Gespenstermusik weit aufgerissen. Sein Hirn mochte ja benommen sein, aber er war ein hervorragender Tänzer.

Ich fragte mich, wo mein Vater war. Ob er wohl an mich dachte? War Ungelitten nach Weidenhag zurückgekehrt, um ihm zu sagen, dass man mich in einen Stein mitgenommen hatte? Oder war sie in jenem Wald umgekommen? Wenn ja, dann würde er nie erfahren, was aus mir geworden war oder wo er nach mir suchen musste. Mir war kalt, und ich hatte großen Hunger. Und fühlte mich so verloren.

Wenn du nicht essen kannst, dann schlaf. Ruhe ist das Einzige, was du dir selbst jetzt geben kannst. Nimm sie dir.

Ich sah die Mütze an, die ich geborgen hatte. Schlichte graue Wolle, ungefärbt, aber gut gesponnen und gestrickt. Ich schüttelte sie, um sicherzugehen, dass keine Insekten darin waren, und hatte dann Mühe, sie mir mit den immer noch gefesselten Händen über den Kopf zu ziehen. Die Feuchtigkeit war kühl, wurde aber allmählich von meiner Haut erwärmt. Ich legte mich mühsam auf die Seite, die weniger schmerzte, und wandte mich vom Feuer ab. Meine Körperwärme hatte den Duft der Kerze geweckt. Ich atmete Geißblatt ein. Ich rollte mich leicht zusammen, als versuchte ich, Schlaf zu finden, doch in Wirklichkeit zog ich die Handgelenke ans Gesicht und begann wieder, an meinen Fesseln zu nagen.

Kapitel 2

DIESILBERNEBERÜHRUNG

Es gibt eine merkwürdige Kraft, die jemanden überkommt, der sich seiner letzten Schlacht gegenübersieht. Die Schlacht ist nicht auf den Krieg beschränkt, ebenso wenig die Kraft auf Krieger. Ich habe diese Stärke bei alten Frauen gesehen, die an der Hustenkrankheit litten, und bei Familien davon gehört, die gemeinsam verhungerten. Sie treibt einen an weiterzumachen, über Hoffnung und Verzweiflung hinaus, vorbei an Blutverlust und Wunden in den Eingeweiden, ja sogar über den Tod selbst hinaus in einem letzten Aufbäumen, um etwas zu retten, das einem am Herzen liegt. Sie ist Mut ohne Hoffnung. Während der Kriege gegen die Roten Korsaren sah ich einen Mann, dem das Blut in einem Strahl aus dem Stumpf hervorspritzte, an dem einmal sein linker Arm gehangen hatte, und der doch mit der Rechten ein Schwert schwang, als er vor einem gefallenen Kameraden stand, um ihn zu beschützen. Bei einer Begegnung mit Entfremdeten sah ich eine Mutter über ihre eigenen Eingeweide stolpern, während sie schrie und sich an einen Entfremdeten krallte, um ihn von ihrer Tochter fernzuhalten.

Die Fernholmer haben ein Wort für diesen Mut. Finblead nennen sie ihn, das letzte Blut, und sie glauben, dass eine besondere Kraft dem letzten Blut innewohnt, das in Menschen verbleibt, bevor sie fallen. Ihren Sagen nach können Leute erst dann jene Art von Mut finden und nutzen.

Es ist eine fürchterliche Tapferkeit, und in ihrer stärksten und schlimmsten Ausprägung hält sie monatelang an, wenn man gegen eine letzte Krankheit kämpft. Oder, wie ich glaube, wenn man auf eine Pflicht zuschreitet, die den Tod zur Folge haben wird, aber völlig unausweichlich ist. Jenes Finblead erhellt alles im eigenen Leben mit einem schrecklich gleißenden Schein. Alle Beziehungen werden als das beleuchtet, was sie sind und was sie in der Vergangenheit wirklich waren. Alle Illusionen schmelzen dahin. Das Falsche wird genauso schonungslos offenbart wie das Wahre.

Fitz-Chivalric Weitseher

Als der Geschmack der Pflanze sich in meinem Mund ausbreitete, wurde der Lärm des Aufruhrs um mich herum lauter. Ich hob den Kopf und versuchte, mit brennenden Augen klar zu sehen. Ich hing in Lants Armen, und die vertraute Bitterkeit der Elfenrinde füllte meinen Mund aus. Mein linkes Handgelenk tat mir bis in die Knochen weh. Der Schmerz war so sengend wie gefrorenes Eisen. Während die Gabe mich durchflutet hatte, um die Kinder von Kelsingra zu heilen und zu verwandeln, war meine Wahrnehmung geschrumpft, aber jetzt war ich mir des Geschreis der Menge ringsum wieder voll bewusst, da der Schall von den hoch aufragenden Wänden des eleganten Saals der Uralten widerhallte. Ich roch Angstschweiß in der Luft. Ich war im Gedränge eingezwängt. Einige Uralte kämpften darum, vor mir zurückzuweichen, während andere sich in der Hoffnung, dass ich sie heilen würde, näher heranzudrängen versuchten. So viele Leute! Hände reckten sich nach mir, begleitet von Schreien: »Bitte, bitte, nur noch einen!« Andere riefen: »Lasst mich durch!«, während sie sich vorwärtsschoben, um sich von mir zu entfernen. Der Gabenstrom, der so stark um mich herum und durch mich geflossen war, hatte sich abgeschwächt, aber er war nicht zum Erliegen gekommen. Lants Elfenrinde war die mildere Sorte, die in den Sechs Provinzen angebaut wurde, und ihrem Geschmack nach schon etwas schal. Hier in der Stadt der Uralten floss die Gabe so stark und so nah, dass ich glaubte, dass noch nicht einmal Grabenbaumrinde mich vollkommen von ihr hätte abschneiden können.

Doch es reichte. Ich war mir der Gabe bewusst, aber nicht länger als Sklave an sie gekettet. Doch die Erschöpfung, nachdem ich mich von ihr hatte benutzen lassen, ließ meine Muskeln nun ausgerechnet in dem Augenblick erschlaffen, in dem ich sie am meisten gebraucht hätte. General Rapskal hatte den Narren meinem Griff entrissen. Der Uralte umklammerte Ambers Handgelenk und hielt ihre versilberte Hand in die Luft. Dabei rief er: »Ich habe es euch ja gleich gesagt! Ich habe euch gesagt, dass sie Diebe sind! Seht euch nur ihre Hand an, von Drachensilber überzogen! Sie hat den Brunnen entdeckt! Sie hat unsere Drachen bestohlen!«

Funke klammerte sich an Ambers anderen Arm und versuchte, sie dem General zu entwinden. Das Mädchen hatte die Zähne gebleckt. Ihre schwarzen Locken tanzten wild um ihr Gesicht. Der Ausdruck schieren Entsetzens auf Ambers vernarbten Zügen lähmte mich und versetzte mich zugleich in Angst und Schrecken. Die Jahre der Entbehrung, die der Narr erduldet hatte, sprachen aus dieser starren Grimasse. Sie machten ihr Gesicht zu einer Totenmaske aus Knochen, roten Lippen und geschminkten Wangen. Ich musste dem Narren zu Hilfe kommen, doch meine Knie gaben immer wieder unter mir nach. Nimmermüd packte mich am Arm. »Prinz Fitz-Chivalric, was soll ich tun?« Ich bekam nicht genug Luft, um ihm zu antworten.

»Fitz! Steh auf!«, brüllte Lant gleich neben meinem Ohr. Es war genauso sehr eine flehentliche Bitte wie ein Befehl. Ich fand meine Füße wieder und stemmte mein Gewicht dagegen. Ich spannte mich an, erschauerte und bemühte mich, auf den Beinen zu bleiben.

Wir waren erst gestern in Kelsingra eingetroffen, und ein paar Stunden lang war ich der Held des Tages gewesen, der magische Prinz aus den Sechs Provinzen, der Ephron, den Sohn des Königs und der Königin von Kelsingra, geheilt hatte. Die Gabe war durch mich geflossen, berauschend wie Sandsegger Branntwein. Auf Bitten von König Reyn und Königin Malta hatte ich mich meiner Magie bedient, um ein halbes Dutzend drachenberührter Kinder zu behandeln. Ich hatte mich dem machtvollen Gabenstrom der ehrwürdigen Stadt der Uralten geöffnet. Durchflutet von jener betörenden Macht hatte ich zugeschnürte Kehlen geöffnet und Herzschläge stetig werden lassen, Knochen gerade gebogen und Schuppen von Augen gelöst. Manche Kinder hatte ich menschlicher gemacht, aber ein Mädchen hatte sich voll und ganz auf seinen Drachenwandel einlassen wollen, und ich hatte ihr geholfen, das zu tun.

Doch der Gabenfluss war zu stark, zu berauschend geworden. Ich hatte die Kontrolle über die Magie verloren und war zu ihrem Werkzeug geworden, statt ihr Herr und Meister zu bleiben. Nachdem die Kinder, die zu heilen ich mich bereit erklärt hatte, von ihren Eltern abgeholt worden waren, hatten sich andere nach vorn gedrängt. Erwachsene Bewohner der Regenwildnis, die unter lästigen, hässlichen oder lebensbedrohlichen Verwandlungen litten, hatten mich um Hilfe gebeten, und ich hatte sie mit vollen Händen ausgeteilt und war ganz in der schieren Lust des Gabenstroms aufgegangen. Ich hatte gespürt, wie mein letzter Fetzen Kontrolle riss, aber als ich mich ganz jener herrlichen Brandung und ihrer Einladung, mit der Magie zu verschmelzen, hingegeben hatte, hatte Amber den Handschuh ausgezogen. Um mich zu retten, hatte sie das gestohlene Drachensilber auf ihren Fingern enthüllt. Um mich zu retten, hatte sie mir drei sengend heiße Fingerspitzen aufs nackte Handgelenk gedrückt, sich in meinen Verstand gebrannt und mich zurückgerufen. Um mich zu retten, hatte sie sich selbst als Diebin verraten. Der heiße Kuss ihrer Finger pulsierte an der Stelle, an der sie mich berührt hatte, noch immer wie eine frische Verbrennung und ließ einen heftigen Schmerz die Knochen meines linken Arms hinauf bis in meine Schulter, meinen Rücken und meinen Hals schießen.

Welchen Schaden das jetzt bei mir anrichtete, konnte ich nicht wissen. Aber wenigstens war ich wieder in meinem Körper verankert. Ich war darin verankert, und er zerrte mich nieder. Ich hatte den Überblick darüber verloren, wie viele Uralte ich berührt und verwandelt hatte, aber mein Körper hatte mitgezählt. Jeder einzelne hatte Tribut von mir gefordert, jede Umformung hatte mir Kraft entrissen, und jetzt musste die Schuld beglichen werden. Obwohl ich dagegen ankämpfte, sackte mir der Kopf schlaff herab, und ich konnte inmitten der Gefahr und des Lärms ringsum kaum die Augen offen halten. Ich sah den Saal wie durch einen Nebel.

»Rapskal, hört auf, Euch wie ein Schwachkopf aufzuführen!« Das war König Reyn, der dem Missklang nun noch sein eigenes Gebrüll hinzufügte.

Lant verstärkte jäh seine Umarmung um meine Brust und zog mich in eine aufrechtere Haltung. »Lasst sie los!«, schrie er. »Lasst unsere Freundin los, sonst wird der Prinz jede Heilung, die er bewirkt hat, ungeschehen machen! Lasst sie sofort los!«

Ich hörte Keuchen, Wimmern, den Aufschrei eines Mannes: »Nein! Das darf er nicht!« Eine Frau kreischte: »Lasst sie los, Rapskal! Lasst sie los!«

Maltas Stimme ertönte gebieterisch, als sie rief: »So behandeln wir keine Gäste und Gesandten! Lasst sie frei, Rapskal, augenblicklich!« Ihre Wangen waren gerötet, und der Fleischkamm über ihrer Stirn leuchtete farbig.

»Lasst mich los!« Amber klang herrisch. Aus irgendeinem tiefen Brunnen des Muts hatte sie den Willen geschöpft, sich um ihrer selbst willen zu wehren. Ihr Ruf übertönte das Lärmen der Menge. »Lasst mich los, sonst berühre ich Euch!« Sie ließ ihrer Drohung Taten folgen, indem sie sich zu Rapskal aufbäumte, statt zu versuchen, ihm ihre Hand zu entziehen. Die plötzliche Umkehr der Bewegungsrichtung überrumpelte ihn, und ihre versilberten Finger kamen seinem Gesicht gefährlich nahe. Der General stieß einen Schreckensschrei aus und sprang vor ihr zurück, wobei er ihr Handgelenk losließ. Aber sie war noch nicht fertig. »Zurück, allesamt!«, befahl sie. »Macht uns Platz und lasst zu, dass ich mich um den Prinzen kümmere, denn sonst – bei Sa! – berühre ich euch wirklich!« Ihr Befehl war der einer erzürnten Königin in einer Tonlage, die ihre Drohung weit tragen ließ. Sie vollführte mit dem versilberten Zeigefinger langsam einen Bogen und zeigte auf einen nach dem anderen, und plötzlich stolperten die Leute in ihrer Hast, sich außer Reichweite zu bringen, förmlich übereinander.

Die Mutter des Mädchens mit den Drachenfüßen ergriff das Wort. »Ich würde tun, was sie sagt!«, mahnte sie. »Wenn das an ihren Fingern wirklich Drachensilber ist, dann bedeutet eine einzige Berührung damit den langsamen Tod. Es wird euch bis in die Knochen sickern, mitten durchs Fleisch hindurch. Durch eure Knochen reist es dann eure Wirbelsäule hinauf bis in euren Schädel. Am Ende werdet ihr froh sein, daran zu sterben.« Während andere vor uns zurückwichen, drängte sie sich durch die Menge auf uns zu. Sie war keine kräftige Person, aber die anderen Drachenhüter machten ihr Platz. Sie blieb in sicherer Entfernung von uns stehen. Ihr Drache hatte ihr ein Muster in Blau, Schwarz und Silber verliehen. Sie hatte die Flügel, die schwer an ihren Schultern hingen, flach am Rücken angelegt. Die Krallen an ihren Zehen klapperten beim Gehen auf dem Boden. Von allen anwesenden Uralten war sie durch die Berührung ihres Drachen am stärksten verändert. Ihre Warnung und Ambers Drohung ließen eine kleine Fläche rings um uns frei werden.

Amber zog sich an meine Seite zurück und keuchte, während sie versuchte, ihre Atmung zu beruhigen. Funke stellte sich auf der anderen Seite neben sie, und Nimmermüd baute sich vor ihr auf. Ambers Stimme war leise und ruhig, als sie sagte: »Funke, sei bitte so freundlich, mir meinen Handschuh zu holen.«

»Natürlich, Herrin.« Der erbetene Gegenstand war zu Boden gefallen. Funke bückte sich und hob den Handschuh vorsichtig mit zwei Fingern auf. »Ich werde Euer Handgelenk berühren«, warnte sie Amber und klopfte ihr sacht auf den Handrücken, um sie zum Handschuh hinzuführen. Amber atmete immer noch unregelmäßig, als sie ihre Hand verhüllte, doch so schwach ich auch war, es freute mich ungemein zu sehen, dass sie ein gewisses Maß der Kraft und Geistesgegenwart des Narren zurückgewonnen hatte. Sie hakte sich mit der unversilberten Hand bei mir ein, und ihre Berührung beruhigte mich. Sie schien einen Teil des Gabenstroms abzuzapfen, der immer noch durch mich toste. Ich fühlte mich mit ihr verbunden und zugleich weniger von der Gabe gebeutelt.

»Ich glaube, ich kann stehen«, flüsterte ich Lant zu, und er lockerte seinen Griff um mich. Ich durfte mir vor niemandem anmerken lassen, dass ich völlig kraftlos war. Ich rieb mir die Augen und wischte mir das Elfenrindenpulver aus dem Gesicht. Meine Knie gaben nicht nach, und es gelang mir, den Kopf aufrecht zu halten. Ich straffte mich. Ich wollte unbedingt das Messer aus meinem Stiefel holen. Aber wenn ich mich danach bückte, würde ich die Bewegung nicht unterbrechen können, bevor ich ausgestreckt auf dem Boden lag, das wusste ich.

Die Frau, die die anderen gewarnt hatte, trat auf die Freifläche, die uns nun umgab, blieb jedoch außer Reichweite. »Hochdame Amber, ist das wirklich Drachensilber auf Eurer Hand?«, fragte sie voll stiller Furcht.

»Das ist es!« General Rapskal hatte seinen Mut wiedergefunden und baute sich neben ihr auf. »Und sie hat es aus dem Drachenbrunnen gestohlen. Sie muss bestraft werden! Hüter und Volk von Kelsingra, wir dürfen uns nicht von der Heilung weniger Kinder verführen lassen! Wir wissen noch nicht einmal, ob diese Magie von Dauer oder nur Lug und Trug ist. Aber wir haben alle den Beweis für den Diebstahl dieses Eindringlings gesehen, und wir wissen, dass unsere erste Pflicht immer den Drachen gilt und gelten muss, die sich mit uns angefreundet haben.«

»Sprich für dich allein, Rapskal!« Die Frau bedachte ihn mit einem starren, kalten Blick. »Meine erste Pflicht gilt meiner Tochter, und sie torkelt nun nicht mehr, wenn sie steht.«

»Lässt du dich so leicht kaufen, Thymara?, fragte Rapskal vernichtend.

Der Vater des Kindes trat in den Kreis, um sich neben die Frau namens Thymara zu stellen. Das Mädchen mit den Drachenfüßen saß auf seinen Schultern und sah auf uns herab. Er sprach, als würde er einen trotzigen kleinen Jungen ausschimpfen, und in den Tadel stahl sich Vertraulichkeit. »Rapskal, du solltest doch besser als alle anderen wissen, dass Thymara nicht käuflich ist. Sag mir eines: Wem hat es geschadet, dass diese Dame ihre Finger versilbert hat? Nur ihr selbst. Sie wird daran sterben. Was können wir ihr also noch Schlimmeres antun? Lass sie gehen. Lass sie alle gehen, und das mit meinem Dank.«

»Sie hat gestohlen!« Rapskals Ausruf ging in einen schrillen Schrei über, und seine Würde zerstob in alle Winde.

Es war Reyn gelungen, sich unter Ellbogeneinsatz durch die Menge zu drängen. Königin Malta folgte unmittelbar hinter ihm, die Wangen unter ihren Schuppen gerötet und die Augen feurig vor Zorn. Ihre Wut verstärkte die Drachenverwandlungen an ihr. In ihren Augen stand ein Glitzern, das nicht menschlich war, und der Fleischkamm auf ihrem Scheitel wirkte höher; er erinnerte mich an einen Hahnenkamm. Sie ergriff als Erste das Wort: »Nehmt meine Entschuldigung an, Prinz Fitz-Chivalric und Hochdame Amber. Unser Volk hat sich in seiner Hoffnung auf Heilung selbst vergessen. Und General Rapskal ist zuweilen …«