Die unheimliche Stille - Harald Lesch - E-Book

Die unheimliche Stille E-Book

Harald Lesch

0,0

Beschreibung

Die Raumfahrt unternimmt einen neuen Anlauf in die unendlichen Weiten, und unsere Instrumente schauen immer tiefer ins Weltall. Eine zentrale Frage, die uns dabei bewegt: Sind wir allein im Universum? Wenn wir uns die ungeheure Größe des Weltalls und die riesige Vielzahl von Sternen und Planeten vor Augen halten, ist das Schweigen der Anderen kaum nachvollziehbar. Warum hören und sehen wir nichts von außerirdischen, intelligenten Zivilisationen und Kulturen, die nach Ansicht vieler Experten existieren müssen? Warum herrscht im Äther das große Schweigen? Harald Lesch und Harald Zaun erzählen so unterhaltsam wie fundiert davon, was die Wissenschaft über Außerirdische weiß und wie sie dazu forscht, trennen Mythen von Fakten und beschäftigen sich mit den großen Fragen, die uns alle umtreiben, wenn wir über extraterrestrische Intelligenz diskutieren: Wie hochentwickelt sind diese fremden Lebensformen? Wie können wir sie mit Instrumenten aufspüren? Haben sie uns längst entdeckt und beobachten uns? Welche Rolle spielen wir in ihrem Weltbild und wie stark könnte ein Erstkontakt unser Weltbild erschüttern? Wie groß ist die Gefahr, dass sie aggressiv-expansiv sind und uns schaden wollen? Schweigen alle nur deshalb, um ihre kosmischen Überlebenschancen zu erhöhen? Eine spannende Lesereise durch das Universum, zu unseren kosmischen Nachbarn und zu uns selbst.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 358

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Harald Lesch und Harald Zaun

Die unheimliche Stille

Harald Lesch und Harald Zaun

Die unheimliche Stille

Warum schweigen außerirdische Intelligenzen und Superzivilisationen?

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2023

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlaggestaltung: Gestaltungssaal, Rohrdorf

Umschlagmotiv: Tarantula Nebula (Webb’s Near-Infrared Camera Image), Aufnahme vom 2. Juni 2022, Public Domain thanks to NASA and STScI

E-Book-Konvertierung: Röser Media GmbH & Co. KG, Karlsruhe

ISBN Print 978–3-451–39278–8

ISBN E-Book (EPUB) 978–3-451–82994–9

ISBN E-Book (PDF) 978–3-451–82995–6

Inhalt

Einleitung: Wir sind nicht allein

1. Interplanetares Funkfeuer – Vorstoß in den Radiokosmos

Der verkannte Pionier

Der radiophile Zeitgeist

Lauschangriff auf den Mars

Erste SETI-Pioniere

2. Die SETI-Horcher – Die erfolglose Suche nach ET

Prinzessin Ozma und die Zauberlinie

Zero Contact und die Dilemmas der Horcher

Fehlalarme en masse – Der Fall Phoenix

Das verklärte „Wow“-Signal

Das „Wow“-Signal von OSETI

Beyond SETI

3. Die Gesandten – Irdische Botschaften für die Ewigkeit

Eine Dschungelparty für die Apokalypse

Interstellare Visitenkarte: Die Pioneer-Zwillinge

Irdische Paranoia und puritanische Hysterie

4. Die Mär vom Fermi-Paradoxon – Das Ende einer Legende

Der Genius und sein Cafeteria-Small-Talk

Die Frage

Im Orwell-Jahr kam die Gewissheit

Paradoxie des Fermi-Paradoxons

Das Hart-Tipler-Paradoxon

5. Die Pseudo-Formel – 100 Millionen Kulturen in der Galaxis?

Wenn Champagnerkorken knallen

Das Lachen von Captain Kirk

L-Faktor – Im Schatten des Kalten Krieges

Green Bank und die wirren Folgen

6. Stellares Trojanisches Pferd – Heiße Debatte um die Gefahren eines Erstkontakts

Der Zorn des königlichen Hofastronomen

Das Aufblühen der METI-Kritik

Gefährlicher Erstkontakt: Kassandras Epigonen

Die Hoffnung auf die Overlords

Fehde im Tal des Siliciums

7. Wo sind sie alle? – Das Schweigen der Superzivilisationen

Die verlorene Megakultur

Die Klassifikation außerirdischer Zivilisationen

Gefangen im galaktischen Zoo

Die perfekte virtuelle Illusion

Das Artefaktszenarium

Das Fernbleiben der Roboter

Marsianer Gesichtsverlust – lunare Hoffnung

Neutrinos als exquisite Botschafter

Im Sog der Gravitonen

Dekadente Megakulturen

Magische Astroingenieure und Energiequellen

Die Flucht ins Schwarze Loch

Silentium – die selbst auferlegte Isolation

Kosmotheologen und Exomissionare

8. Das Schweigen der Anderen – Ein Kaleidoskop guter anderer Gründe

Sie sind da und kommen aus Ungarn

Extraterrestrischer Pluralismus

Wir hören, sehen und erkennen ihre Signale nicht

Wir existieren aneinander vorbei

Sie lauschen nur

Desinteresse an den Sternen und uns

Wir verstehen sie nicht

Sie flüchten ins All

Sie sind bereits unter uns

Apokalypse und Armageddon

9. Kosmische Büchse der Pandora – Verloren im dunklen Wald

Das exobiologisch-kosmologische Prinzip

Homo sapiens – der Schrecken der Galaxis?

Das maximal Fremde als das maximal Böse?

Berserker als Technovandalen

Die Dunkle-Wald-Theorie

Ein Lichtstrahl im dunklen Wald

Elegante Zurückhaltung als Chance

Danksagung

Literatur- und Quellenverzeichnis

Personenregister

Über die Autoren

Frank D. Drake (1930–2022)

Credit: SETI Institute

Als Autoren möchten wir dieses Buch dem ehrenwerten und angesehenen Radioastronomen, Astrophysiker und SETI-Forscher Frank Drake widmen, der letztes Jahr selbst ins Sternenmeer eingetaucht und den Sonnen jetzt so nah ist. Er war ein inspirierender Faktor für unsere Arbeit und dieses Buchs.

Harald Lesch Harald Zaun

Einleitung: Wir sind nicht allein

Der Weg war steinig und hart. Er war mit vielen Hürden gepflastert. Das Ziel war – wie allen Sternen im stellaren Meer eigen – unfassbar weit entfernt, kaum erreichbar, allenfalls nur auf imaginäre Weise für unverbesserliche Fantasten oder ausgewiesene Science-Fiction-Fans vorstellbar, deren unerschütterlicher Optimismus und Zukunftsglaube seinerzeit aber eher abschreckend wirkte. Doch im Jahr 1982 vollzog sich das von Insidern längst erhoffte Erdbeben, das intellektuell-wissenschaftlich hohe seismologische Wellen schlug und viele mitriss – gottlob nicht in einen Abgrund, sondern auf eine neue Selbstbewusstseinsebene.

Ein elitärer Zirkel von größtenteils konservativen Astronomen ehrte das neue Fachgebiet mit dem Ritterschlag und nahm SETI nach Jahren der Tristesse und Ignoranz offiziell in seine Tafelrunde auf – mit ungeahnten Folgen. Denn mit einem Mal fanden sich die ehemaligen „Verrückten“ in einer multidisziplinär orientierten Gemeinschaft wieder, bei der sich Exo- und Astrobiologen, Planetenjäger, Physiker, Biochemiker, Historiker, Philosophen, Soziologen und Anthropologen bei allen möglichen Treffen auf Augenhöhe austauschten und kooperierten.

Heute, im Jahr 2023, ist die Suche nach Intelligenz im All en vogue und hat sich nicht nur aus dem Dunstkreis des Unseriösen, des Esoterischen sukzessive entfernt, es taugt auch immer wieder als Argument, um teure Raumfahrtmissionen wissenschaftlich und finanziell zu legitimieren.

Tatsächlich zweifelt heute kein ernstzunehmender Intellektueller oder Wissenschaftler mehr an der Existenz hochstehender Kulturen im All. „Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass wir intelligentes Leben im Universum finden werden“, sagt der amerikanische theoretische Astrophysiker und Publizist Michio Kaku, dem wir in dieser Publikation noch mehrfach begegnen werden. Dies trifft auch auf Seth Shostak zu, den zuversichtlichen Grandseigneur der SETI-Forschung: „Allein in unserer Milchstraße gibt es eine Billion Planeten. Das ist so, als würde man eine Billion Lottoscheine kaufen. Einige davon werden gewinnen. Ich bin sicher, dass es da draußen anderes intelligentes Leben gibt.“

Der Optimismus der beiden speist sich aus großen Entdeckungen und Erfolgsmeldungen der Bioastronomie und Planetenforschung, die nicht abreißen. So tickerte im August 2022 eine Meldung durch die Medien, der zufolge kanadische Forscher mit dem Weltraumteleskop TESS eine Super-Erde entdeckt haben, einen der bisher besten Kandidaten für einen Ozeanplaneten. 100 Lichtjahre von der Erde entfernt, könnte eine Ozeanwelt existieren, die um 70 Prozent größer ist als die Erde. Früher undenkbar, ist heute die Technik und Sensibilität der Instrumente dermaßen fortgeschritten, dass den Planetenfischern immer mehr erdähnliche Planeten in habitablen Zonen ins Netz gehen, die sogar über eine eigene Atmosphäre verfügen. Einen Erfolg verzeichnete letztes Jahr auch der NASA-Rover „Perseverance“, der in einem Marskrater, den ehemals ein See bedeckte, Steine mit einer überaus hohen Konzentration an organischem Material analysierte. Sie bestehen größtenteils aus Wasserstoff und Kohlenstoff. Beide Elemente spielen bei nahezu allen organischen Prozessen auf der Erde eine wichtige Rolle.

Einen guten Fang machte auch ein Cambridge-Team, das im September 2021 von der Entdeckung des 124 Lichtjahre entfernten Mini-Neptun K2–18b berichtete. Dieser „hyzeanische“ Exoplanet bildet eine neue Klasse von Planeten, die sich dadurch auszeichnen, einen sehr großen Ozean und eine wasserstoffreiche Atmosphäre zu besitzen, in der sich wahrscheinlich Biosignaturen leichter nachweisen lassen.

Gezielt nach Biosignaturen suchen wird auch das seit Ende 2021 im All schwebende leistungsstarke James-Webb-Space-Telescope (JWST). Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der 6,5 Meter große JWST-Spiegel und Teleskope der nächsten Generation in den Atmosphären extrasolarer Planeten erstmals – vereinzelt oder sogar in Kombination – Sauerstoff, Wasserdampf, Kohlendioxid oder Methan nachweisen werden, welche starke Indizien für die Anwesenheit von Wasser und biologischer Aktivität wären.

Liebe Leser, wir sind felsenfest davon überzeugt, dass dieses Szenarium in naher Zukunft eintreffen könnte. In unserem Werk berücksichtigen wir daher kein mikrobielles außerirdisches Leben (Extremophile), sondern fokussieren uns ausschließlich auf intelligente sowie kommunikationsfähige Lebensformen im All – und haben deshalb das bekannte Fermi-Paradoxon in den Mittelpunkt unserer Arbeit gestellt. Wir diskutieren nicht die Bedingungen und Voraussetzungen, die für die Ausbildung von Leben generell elementar sind. Nein, wir gehen gleich in medias res und ersparen Ihnen eine astrobiologisch-akademische Diskussion um das Für und Wider hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit von Leben im All – und wie sich dieses gebildet haben könnte. Stattdessen behaupten wir nicht ohne eine gewisse Chuzpe: Wir sind nicht allein in diesem gewaltigen Universum! Eingedenk des Paradigmenwechsels in der Bioastronomie und Technologie käme alles andere astrobiologischer Blasphemie gleich!

In diesem Buch gehen wir vielen spannenden Fragen rund um das Thema „extraterrestrische Intelligenz“ nach, wobei das Fermi-Paradoxon (wir werden es noch umtaufen!) und alle daraus resultierenden Fragen den roten Faden bilden. Wichtig: Besagtes Paradoxon geht von der simplen Frage aus: Wenn Leben im All so weitverbreitet ist, wo sind dann die hochstehenden Technologien und Megakulturen abgeblieben? Warum haben wir von ihnen noch nichts gehört? Wenn es so viele intelligente Lebensformen im Universum gibt, müssten wir doch längst den ersten First Contact zelebriert haben!

So futuristisch und fantastisch dieses Thema anmutet und auch schnell missinterpretiert werden kann – in den ersten sechs Kapiteln ist unser roter Faden die Wissenschaft, die wissenschaftliche Methode guthin, die auf den Prinzipien Falsifikation und Verifikation beruht. Mitunter nennen viele diesen Ansatz Karl Popper folgend „kritischen Rationalismus“, was vereinfacht gesagt bedeutet: Was im Experiment oder durch Beobachtung von verschiedenen Quellen (z. B. Observatorien, Labore, empirische Daten usw.) – unabhängig von Ort und Zeit – wiederholt, belegt oder widerlegt werden kann, hat den akademischen PISA-Test bestanden. Was indes in der Grauzone, im Niemandsland des Wissens kreucht und fleucht, ist früher oder später ins Land der Fabeln zu verbannen.

Der eingangs erwähnte Carl Sagan hat einmal die wissenschaftliche Methode mit einem Satz umschrieben: Extraordinary claims require extraordinary evidence! – Außergewöhnliche Behauptungen erfordern außergewöhnliche Beweise (Carl Sagan Standard)! Wie recht er doch hatte!

Genau aus diesem Grund mussten wir viele Fakten hobeln und ganz bewusst sehr viele Späne an Information auf dem Boden der Tatsachen liegen lassen. Angesichts der Fülle an Literatur, Fachartikeln, Theorien, Spekulationen und Behauptungen, mit denen man eine Bibliothek füllen könnte, mussten wir schweren Herzens viele schöne und kreative Gedanken und Ideen außen vorlassen.

In den Kapiteln eins bis sechs konfrontieren wir Sie – hoffentlich unterhaltsam und spannend – mit den historischen Fakten, Ideen und Diskussionen rund um das Thema außerirdische Intelligenz. Wer kam eigentlich auf die Idee, mit wissenschaftlichen Mitteln nach den Anderen zu suchen? Wie entwickelte sich die Suche? Wer wurde belauscht, was wurde ins Visier genommen? Wie, wann und mit welchem Erfolg? Wie gefährlich waren die Datenpakete, die wir bislang ins All gepulst haben?

Spielerischer, spekulativer und verwegener werden unsere Gedankensprünge im siebten, achten und neunten Kapitel, die gewissermaßen den zweiten Teil unseres Buches bilden. In ihnen durchleuchten wir aus vielen Perspektiven die Gründe, warum sich im All die große Stille, das große Schweigen so lautstark bemerkbar macht. Was könnte intelligente Kulturen davon abhalten, mit uns via Funk- oder Lichtsignal oder sogar mit Neutrinos oder Gravitationswellen in Kontakt zu treten? Warum gab es noch keinen offiziellen First Contact mit einer außerirdischen Spezies auf unserer weltlichen Bühne? Wie gefährlich wäre eine Kontaktaufnahme mit einer höherstehenden Intelligenz? Könnte ein Erstkontakt den Anfang unseres Endes einleiten?

Wir haben versucht, uns bei unseren Gedankenexperimenten keine Fesseln anzulegen. In der Regel haben wir uns eng an der Fachliteratur und an den aktuellen Studien orientiert, Extrapolationen und Simulationen berücksichtigt. Doch oft haben wir auch unseren eigenen Gedanken und Ideen den Vortritt gelassen. In dem Wissen, dass wir auch mit unseren Zeilen nicht alle Möglichkeiten durchspielen können, um die Abwesenheit außerirdischer Intelligenz zu erklären oder zu verklären, empfehlen wir Ihnen Folgendes: Lassen Sie doch bitte Ihrer Fantasie freien Lauf und finden Sie selbst weitere Gründe, die das Fernbleiben der Anderen erklären könnten. Es ist ein Gedankenspiel, das großen Spaß bereiten kann.

Aber auch die SETI-Enthusiasten, die seit 1960 auf ein außerirdisches Funksignal und seit den 1980er-Jahren auf eine Laserbotschaft warten, müssen sich in Geduld üben. Gleiches gilt für jene Optimisten, die mit wissenschaftlichen Methoden nach Technosignaturen, also nach extrasolaren Sonden, Raumschiffen und sogar Dyson-Sphären bislang vergeblich gesucht und nach Artefakten auf dem Mond erfolglos Ausschau gehalten haben.

Dennoch. Theoretisch könnte just in diesem Moment, in dem Sie dieses Buch lesen, das lang ersehnte künstliche Signal einer fernen, hochentwickelten Kultur bei uns eintreffen. Die Chancen auf Erfolg sind real, auch wenn sie irreal anmuten. Selbst wenn wir in 1000 Jahren noch keine Flaschenpost ans Erdufer gezogen haben, könnte in 1001 Jahren das Märchen wahr und der außerirdische Flaschengeist zum Leben erweckt werden.

Allerdings wissen wir nicht, welcher planetare Geist sich dereinst aus der galaktischen Flasche befreien wird. Wird es ein guter sein – oder wird sich der märchenhafte Behälter selbst als Büchse der Pandora erweisen? Etwa als ein Ding aus einer anderen Welt, aus dem alle Laster und Untugenden des Universums entweichen? Eine kosmische Plage, die uns mit Krankheit, Verderben und Tod straft? Die unser kosmisch-biologisches Intermezzo schlagartig beendet? Wehe dem Unseligen, der ausgerechnet die falsche Flaschenpost aus dem Sternenmeer fischt und öffnet …

1. Interplanetares Funkfeuer Vorstoß in den Radiokosmos

Das Bemühen, das Universum zu verstehen, ist eines der ganz wenigen Dinge, die das menschliche Leben ein wenig über die Stufe einer Farce erheben, und gibt ihm etwas von der Anmut der Tragödie.“

Steven Weinberg, 1977

Der verkannte Pionier

Ein Zischen. Ein Knistern. Ein leichtes Rauschen, getragen von einer flüchtigen Welle im Radiomeer. Eine unbekannte Quelle im Radiobereich, strahlend aus einer nicht näher bestimmbaren Region des kosmischen Ozeans. Ein geheimnisvolles Geräusch, das irgendwie deplatziert wirkt. Ein Pulsieren auf einer Wellenlänge von 14,6 Metern (20,6 MHz), das den kosmo-maritimen Äther zwar nur dezent durchflutet, dessen Intensität aber höchst mysteriös anmutet. Was könnte der Ursprung dieser exotischen Welle sein? Weshalb verschiebt sich die Quelle periodisch? Stammen die Signale von der Sonne oder von einem unbekannten Objekt aus der Tiefe des Raums?

Als Ende 1931 der 26-jährige Physiker Karl Guthe Jansky aus Norman (Oklahoma/USA) als erster Mensch diese Fragen aufwarf, ahnte keiner, dass er gerade die Tür zu einer völlig neuen Fachrichtung innerhalb der Astronomie geöffnet hatte und in einen bis dahin unbekannten Bereich des Universums vorgestoßen war. Ja, unbemerkt schlug Jansky eine neue Seite in den Annalen der Astronomie auf …

In einer Ära, in der in astronomischen Kreisen die Existenz von kosmischer Strahlung diskutiert wurde und bekannt war, dass heiße Körper auch Radiowellen emittieren, erkannte Jansky als Erster deren wahre Bedeutung. Er avancierte zum geistigen Vater der Radioastronomie. Was alle Radiopioniere und Astronomen die Jahre zuvor geflissentlich, vielleicht aber auch nur unbewusst überhört oder als Funkbotschaften außerirdischer Intelligenzen fehlinterpretiert hatten, entging seinen wachen Ohren und seinem künstlichen Ohr nicht.

Sein künstliches Ohr war eine von ihm konstruierte 30,5 Meter lange Anlage, mit der er in Holmdel (New Jersey/USA) ab August 1931 erste Beobachtungen durchführte. Das auf einem Kartoffelfeld einer Farm abgestellte Gerüst, auf dem kreuz und quer verlaufende Drahtantennen und hölzerne Stützpfeiler montiert waren, erinnerte optisch an eines der frühen Fluggeräte der Gebrüder Wright. Dank der vier an dem Gestell befestigten Räder, die von einem Ford Model T stammten, konnte sich die Apparatur binnen 20 Minuten einmal um sich selbst drehen und somit den gesamten Himmel erfassen. Das ganze Gebilde ähnelte einem Karussell (Abb. 1.1) und erheiterte auch John D. Kraus, einen der großen Pioniere der Radioastronomie, der seine Sternstunden zwei Dekaden später feiern sollte. Scherzhaft meinte er beim Anblick des Geräts: „Ein Flugzeugflügel, der sich auf Autorädern in einem Kartoffelacker dreht – was für eine absurde Kombination! Aber es wurde ja für einen ganz bestimmten Zweck so gebaut.“

Auf jeden Fall war die Mobilität der antennenartigen Anlage für Janskys Studien unerlässlich. Zum einen deshalb, weil sein Arbeitsinstrument auf einem unebenen Ackerland operierte. Zum anderen, weil er im Auftrag der Bell Telephone Laboratories New York jene atmosphärischen Störungen und zeitlichen und örtlichen Störquellen auf verschiedenen Radiofrequenzen untersuchen sollte, die vor allem bei transozeanischen Übertragungen ständig dazwischenfunkten und ein enervierendes Hintergrundknistern erzeugten.

Abb. 1.1 Karl Jansky vor seinem künstlichen Ohr

Credit: © NRAO/AUI/NSF

Nachdem Jansky seine Richtantenne mit einem Lautsprecher und diesen wiederum mit einem Kopfhörer verbunden hatte, tauchte er unversehens und unwissentlich in die Welt der kosmischen Sphärenmusik ein. Aus allen Himmelsrichtungen prasselten Strahlenpartikel auf sein künstliches Ohr ein. Schnell kristallisierte sich dabei heraus, dass zwei Störgeräusche von starken Gewittern und Blitzschlägen herrührten, die entweder in relativer Nähe oder weit entfernt waren. Die dritte Störquelle jedoch war kaum zu hören. Ihr Funkfeuer war derart schwach, dass es auf den transatlantischen Funkverkehr keine nennenswerten Auswirkungen hatte, zumal sich seine Intensität immer wieder rhythmisch veränderte. Es war unüberhörbar existent, aber sein Ursprung unbekannt. Ein ernüchterndes Resultat.

Vielleicht hätten andere Forscher angesichts der dünnen Datenlage die Zelte wieder abgebrochen und die Arbeit beendet. Nicht jedoch Jansky. Er war aus einem anderen Holz geschnitzt. Mit seinem Mastergrad in Physik entsprach er nicht unserem heutigen Klischee des Nerds, der als weltfremder Bücherwurm im stillen Kämmerlein vor sich hinbrütet. Vielmehr verfügte er als Athlet und Sportler – er galt als ausgezeichneter Tennis-, Softball- und Eishockeyspieler – über das nötige Durchhaltevermögen und nahm das Experiment als sportive Herausforderung an.

Seine Geduld wurde belohnt. Allmählich wurde klar, dass es sich bei dem registrierten Störsignal um etwas Bedeutsames, um ein bislang unbekanntes Phänomen handeln musste. Kurz nachdem er seine Forschungsergebnisse im Dezember 1932 in einem Fachmagazin publizierte, fiel es ihm nach einigen weiteren Observationen wie Schuppen von den Augen: Die Quelle des mysteriösen Knisterns war weder die Sonne noch ein anderer Körper. Nein, die unbekannte Radioemission befand sich in einer Region weit außerhalb des Sonnensystems. Den Messdaten zufolge konnten entweder ein einzelnes oder viele verschiedene Objekte diese Emissionen verursacht haben. Fakt war aber: Die Radiostrahlung kam direkt aus dem Sternbild des Schützen (Sagittarius) – aus einer Entfernung von 27 000 Lichtjahren. Aus einer derart großen Distanz hatte bisher noch kein Mensch diese unsichtbaren Wellen registrieren können. Es war unfassbar!

Auf einer Tagung der amerikanischen Abteilung der International Scientific Radio Union stellte Jansky im April 1933 seine Ergebnisse vor; ebenso einen Monat später auserlesenen Gästen der AT&T-Bell Telephone Laboratories New York. Der New York Times war Janskys Entdeckung jedenfalls einen langspaltigen Artikel auf der Titelseite wert. Die Überschrift „NEW RADIO WAVES TRACED TO CENTRE OF THE MILKY WAY“ wird ihre Wirkung auf naturwissenschaftlich interessierte Leser sicherlich nicht verfehlt haben.

Doch obwohl Jansky seine Ergebnisse kurz darauf sogar in dem renommierten britischen wissenschaftlichen Fachmagazin Nature zu Papier brachte, ignorierte die Mehrheit der Leser seine Arbeit. „Die Astronomen zeigten ihm die kalte Schulter“, so der Wissenschaftsjournalist Walter Sullivan (1918–1996) der New York Times.

Andere Fachkollegen erfuhren erst gar nicht von seinem Werk oder zeigten sich schlichtweg desinteressiert. Überdies zog ihn sein Arbeitgeber kurze Zeit später von allen weiteren Arbeiten auf diesem Feld ab. Man hatte damals Wichtigeres zu tun, als sich mit brotloser Kunst herumzuschlagen, mit der kein schnelles Geld zu verdienen war. „Es gehört zu den Ironien in der Entwicklung der Wissenschaft unseres Jahrhunderts, dass von Janskys Entdeckung fast keine Notiz genommen wurde“, bemerkt der Grandseigneur der Radioastronomie, Sir Bernard Lovell.

Zeitlebens hielt Jansky seinem Projekt die Treue und legte auch mehrfach Konzepte für den Bau einer größeren Radio-Anlage vor, die aber allesamt nicht finanzierbar waren. Seine Arbeit wäre beinahe in Vergessenheit geraten, hätte nicht der junge amerikanische Radiotechniker Grote Reber (1911–2002) aus Wheaton, einem Vorort von Chicago (Illinois), Janskys Studien gelesen und seinen Ansatz weiterentwickelt. Im Garten seiner Eltern baute Reber von seinem ersparten Geld 1937 das erste klassische schalenförmige Radioteleskop und belauschte mit seiner zehn Meter großen Schüssel den Himmel. Er verfügte damit über ein Gerät, das auf einer kürzeren Wellenlänge als Janskys Instrument operierte und zudem ein größeres Auflösungsvermögen hatte.

Rebers Engagement und Janskys Pionierleistung ebneten den Weg für einen heute nicht mehr wegzudenkenden Zweig der Astronomie. Sie öffneten ein neues Fenster zu einem bis dahin unbekannten Kosmos. Dass Jansky in der Radioastronomie heute für jene Messeinheit steht, welche die Stärke von Radiosignalen festlegt, kommt gewiss nicht von ungefähr.

Dank Jansky und Reber lernte die junge Radioastronomie das Laufen. Die klassische Schüsselform ihrer Teleskope setzte sich durch und verlieh dem aufblühenden, neuen astronomischen Zweig zugleich ein charakteristisches Gesicht. Doch bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs gestaltete sich der Weg der neuen Disziplin holprig und steinig. Nur über den Umweg des Radars, das im Zuge der Kriegshandlungen vom militärischen Abschirmdienst genutzt und ständig optimiert wurde, konnte die Radioastronomie aus ihrem Schatten treten. Zu häufig hatten die Militärs während des Kriegs unbekannte Störsignale aus dem All empfangen, die langfristig einer weiteren Klärung bedurften. Um hier Abhilfe zu schaffen, bauten Ingenieure direkt nach Kriegsende die ersten größeren Radioteleskope. So kam es, wie es kommen musste: Mit Beginn der 1950er-Jahre rückten die mysteriösen stellaren und galaktischen Ziele immer mehr ins Blickfeld der Astronomen. Nachdem die Forscher die Radiostrahlung der heimischen Sonne, die Himmelskörper im System ins Visier nahmen, bekamen sie Appetit auf mehr. Die aus den Tiefen und Weiten des Alls eintreffenden Radiowellen waren so ganz nach ihrem Geschmack, legten diese doch viele Geheimnisse offen, konnten mit ihrer Hilfe neue astronomische Objekte und Phänomene wie Supernovaüberreste, Pulsare, Radiogalaxien oder Aminosäuren in Gaswolken aufgespürt werden. Die Radioastronomie gab auch den vielleicht faszinierendsten Objekten und Phänomenen im Kosmos ein Gesicht, die bis dahin einen Teil der dunklen Seite der Macht des Universums repräsentierten: Schwarze Löcher und Quasare. 2019 gelang es einem internationalen Forscherteam sogar, eines dieser Gespenster toter Sterne zu fotografieren.

Der radiophile Zeitgeist

Dass Janskys Pioniergeist und schöpferische Forschungsarbeit von seinen Kollegen seinerzeit nicht adäquat gewürdigt wurde, ist dem vielbeschworenen Zeitgeist zuzuschreiben. Genauer gesagt jenem Zeitgeist, der die Ära vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts prägte. Bei den Menschen jener Epoche herrschte eine eigentümliche Aufbruchstimmung. Förmlich berauscht von den großen Erfindungen und Entdeckungen ihrer Zeit und einer daraus aufblühenden Wissenschafts- und Technikgläubigkeit, waren unsere Ahnen von einem unbegrenzten Fortschrittsglauben beseelt.

Dennoch ließen sich etliche Wissenschaftler, Ingenieure und Erfinder davon nicht beeindrucken. Anstatt sich – wie viele ihrer Zeitgenossen – von der Gegenwart blenden zu lassen, gefielen sie sich in Schwarzmalerei. Ihr Blick auf die nahe und ferne Zukunft war recht düster. Viele verengten ihre Sichtweise und verharrten in einem Tunnelblick wie der schon zu Lebzeiten legendäre Physiker Lord Kelvin (1824–1907). Er gab 1902 in einem Zeitungsinterview zu verstehen, Flugzeuge könnten niemals über den Atlantik fliegen. Ein Jahr später kam die Michigan Savings Bank in einem Gutachten, das die Marktchancen für die neu aufkommenden Automobile einschätzen sollte, zu dem Fazit: „Während es Pferde immer geben wird, sind Automobile nur eine Modeerscheinung.“ Nur wenige Jahre später ließ sich sogar Gottlieb Daimler zu der Vorhersage verleiten: „Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird eine Million nie überschreiten, allein schon aus Mangel an verfügbaren Chauffeuren.“ Wenig treffsicher war auch die Prognose von Charles H. Duell, der als Chef des US-Patentamts 1899 nüchtern feststellte: „Alles, was erfunden werden kann, ist bereits erfunden.“ Selbst der Vorstandsvorsitzende von IBM, Thomas Watson, verschätzte sich um ein ganzes Universum: „Ich denke, es gibt einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer.“

In den Chor der Techno-Misanthropen stimmte auch der berühmte kroatische Physiker und Erfinder Nikola Tesla (1856–1943) ein, der in 26 Ländern mehr als 280 Patente erhielt: „Atomenergie lässt sich weder zivil noch militärisch nutzen.“ Man könnte die Liste der Bremser, Mahner und Pessimisten fast endlos fortsetzen und würde nicht verstehen, warum viele trotz der damaligen großen Fortschritte in Wissenschaft und Technik mit Blick auf das Übermorgen so wenig neue Innovationen erwarteten.

Doch als der drahtlose Rundfunk zehn Jahre nach der Entdeckung der elektromagnetischen Wellen durch den deutschen Physiker Heinrich Hertz (1857–1894) im Jahr 1896 seinen bahnbrechenden Siegeszug antrat, als Guglielmo Marconi (1874–1937) erstmals eine Radiosendung drei Kilometer durch den Äther sandte, taten sich völlig neue Horizonte auf. Anstelle von Pessimismus machte sich Optimismus breit, erkannten doch die ehemals zukunftsskeptischen Denker das vielseitige Potenzial der lichtschnellen Wellen. Tatsächlich begann mit dem Aufkommen des Radios für den Homo sapiens eine Epoche, die die Informationslandschaft des beginnenden 20. Jahrhunderts dramatisch verändern sollte. Fasziniert von dem Prinzip der schnurlosen Übertragung von Signalen, wurde er radiophil.

Als Marconi 1899 sodann die erste drahtlose Botschaft über den Ärmelkanal schickte und 1901 die erste transatlantische Funkübertragung von London nach Neufundland glückte, war eine der bedeutsamsten technischen Revolutionen der Menschheit in vollem Gang. Mit der Entdeckung der Radiowellen und der Einführung des Rundfunks legte sich ein unsichtbares Netzwerk über die Erde. Eine neue Geisteshaltung obsiegte, die zugleich viele neue kreative Geister hervorbrachte.

So kam es, dass Janskys Entdeckung in eine Ära fiel, deren Grundstein die beiden weltberühmten Pioniere und Erfinder der Radiotechnik Nikolai Tesla und Guglielmo Marconi gelegt hatten. Denn als Jansky versuchte, seine Beobachtungen einer breiteren Öffentlichkeit nahezubringen, stand die Suche nach Radiowellen längst unter einem anderen Stern. Die Debatte um Radiowellen aus dem All wurde mysteriös verklärt. Was damit gemeint war, bekam Jansky im April 1933 zu spüren, als ihn ein Reporter der New York Times mit der Frage konfrontierte, ob die ominösen, von ihm detektierten Funksignale nicht von einer außerirdischen Intelligenz stammen könnten, die mit uns in Kontakt treten wolle. Dass Jansky als Experte hierauf mit einem unmissverständlichen Nein konterte, war eingedenk der von ihm detektierten rätselhaften Signale keine Selbstverständlichkeit.

War Janskys Interesse an den Sternen nämlich rein radioastronomischer Natur, versahen Fantasten und Kreative wie Tesla und Marconi kosmische Radiostrahlung mit dem Fluidum der Außerirdischen. Fast für jeden noch so suspekten Piepser aus dem All machten sie Mars- oder Mondbewohner verantwortlich. Eine Lunar- und Mars-Manie machte sich breit, die sich Ende des 19. Jahrhunderts viral über den Globus verbreitete. An Schärfe gewann vor allem die Debatte um die Außerirdischen auf dem Roten Planeten, als der italienische Astronom Giovanni Virginio Schiaparelli (1835–1910) 1877 während einer intensiven Beobachtungskampagne auf dem Mars rillenartige Strukturen zu erkennen glaubte. Er bezeichnete diese als Canali, meinte damit aber nur natürlich gewachsene und nicht künstlich angelegte Flussbette auf dem Mars. Ermutigt von diesem Fund, interpretierte der US-Astronomen Percival Lowell (1855–1916) im Jahr 1894 die schiaparellischen Rillen als von Marsbewohnern künstlich angelegte Kanäle. Ein Astro-Meme war geboren, das eine ganze Generation beeinflussen sollte. Eine Zeit lang gaben sich viele Gelehrte fast schon ersatzreligionsartig dem Glauben hin, der Mars müsse von intelligenten Lebensformen bewohnt sein. Der französische Astronom Nicolas Camille Flammarion (1842–1925) fabulierte in seinen auflagenstarken Büchern sogar über architektonisch gigantische Bauwerke auf dem Mars, die nur von hochintelligenten Kulturen errichtet worden sein konnten.

Spätestens als eine gutbetuchte Dame namens Clara Goguet Guzman in Gedenken an ihren verstorbenen Sohn Pierre den „Prix Guzman“ in die Welt setzte, bekam die wissenschaftliche Suche nach außerirdischem Leben auch eine pekuniäre Note. Im Namen von Madame Guzman, die wie ihr Sohn für die Schriften von Flammarion schwärmte, setzte die Französische Akademie der Wissenschaften im Dezember 1900 den mit 100 000 Francs (nach heutiger Kaufkraft etwa 1,5 Millionen Euro) dotierten Preis für jene Person oder Nation aus, die binnen zehn Jahren den Nachweis erbringen konnte, erstmals mit einer außerirdischen Zivilisation Kontakt aufgenommen und auch eine Antwort erhalten zu haben. Und damit waren keineswegs Bewohner des erdnahen Planeten Mars gemeint. Von deren Existenz ging Madame Guzman und mit ihr das Gros der Astronomen um die Jahrhundertwende selbstredend aus.

Die Folgen dieser Ausschreibung ließen nicht lange auf sich warten. Vom „Alien“-Virus infiziert, machten sich unzählige Wissenschaftler und Ingenieure, Künstler und Freigeister ans Werk und stellten fantastische und zugleich fragwürdige Konzepte oder Apparaturen vor, mit denen sich ET & Co. aufspüren lassen sollten. Die erste Invasion der Außerirdischen führten die Menschen in ihrem Fieberwahn selbst herbei.

Einer Schätzung des amerikanischen Wissenschaftshistorikers Michael J. Crowe nach wurden allein im Zeitraum von der griechischen Antike bis zum Jahr 1916 mehr als 140 Schriften und Bücher zum Thema „Leben im All“ verfasst. Viele davon erschienen nach Schiaparellis marsianer Erleuchtung – die meisten jedoch nach 1916. In den Bibliotheken füllten fortan Tausende von Fachbeiträgen, Zeitungsartikeln und Essays über ET & Co. die Regale. Hierbei florierte vom letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bis zum Vorabend des Ersten Weltkriegs vor allem die Marsliteratur. „Von Kapstadt bis Kopenhagen, von Dorpat bis Dundee, von Sankt Petersburg bis Salt Lake City redeten Erdlinge über Außerirdische. Ihre Thesen erschienen in Büchern und Streitschriften, in Groschenblättern und gediegenen Zeitschriften, in Predigten und Bibelkommentaren, in Gedichten und Dramen (…) Oxford-Professoren und Sternwarten-Direktoren, Schiffskapitäne und Staatsoberhäupter, radikale Reformer und Ultrakonservative, Wissenschaftler und Weise, Orthodoxe und Heterodoxe – jeder hatte etwas zu sagen“, schreibt Crowe.

Das US-Wissenschaftsmagazin Scientific American und die New York Times berichteten ab Ende 1900 beinahe wöchentlich über die neuesten Ideen rund um den Roten Planeten, über die Anstrengungen der Wissenschaftler und Ingenieure, mit den fremden Wesen zu kommunizieren.

Lauschangriff auf den Mars

Einer, den die Zeitungen immer häufiger ins Blickfeld rückten, war Nikola Tesla, der einerseits die technischen Grundlagen für den Rundfunk geschaffen hatte, andererseits selbst sehr schnell vom Mars-Boom inspiriert wurde. In Knob Hill, in der Nähe von Colorado Springs (Colorado), errichtete er einen Holzturm, aus dem ein Sende- und Empfangsmast herausragte, der bei Bedarf bis zu 50 Meter ausgefahren werden konnte. Im Gebäude befand sich die größte und stärkste Tesla-Spule, die jemals gebaut wurde. Mit einem Durchmesser von mehr als 15 Metern und einer Höhe von 2,70 Metern gewann der kolossale Transformator beinahe selbst außerirdische Dimensionen. Schon nach kurzer Zeit vernahm Tesla mit seinem Gerät ein seltsam periodisch pfeifendes Rauschen. Nachdem er verschiedene Störquellen wie etwa die Sonne, den Mond oder Nordlichter sowie Magnetismus als Ursache ausschließen konnte, zog er ein mutiges Fazit: „Obwohl ich ihre Bedeutung nicht entziffern konnte, war es mir unmöglich, sie als ganz und gar zufällig abzutun. Immer stärker wächst in mir das Gefühl, dass ich als Erster die Grüße eines Planeten an einen anderen gehört habe.“ 1919 wiederholte er seinen alten Standpunkt. Nach wie vor glaubte er, Zeuge eines außerirdischen Kontaktversuchs geworden zu sein. Teslas unerschütterlicher Glaube war dermaßen gefestigt, dass er noch 1937 bei einer Tischrede anlässlich seines 81. Geburtstags glaubte, den Guzman-Preis allein zu gewinnen, hatte er doch bereits 1901 Funksignale vom Mars (Abb. 1.2) detektiert.

Abb. 1.2 Bild vom Roten Planeten

Credit: © picture-alliance/dpa PIPE DB ESA

Natürlich blieb es nicht aus, dass sich auch Guglielmo Marconi in die Debatte einschaltete und behauptete, seit 1919 selbst jene pfeifenden und zwitschernden Laute gehört zu haben, die Jahre zuvor Teslas Interesse geweckt hatten. Er sei bereits vor Beginn und nach Beendigung des Ersten Weltkriegs häufig auf seltsame und starke Signale unbekannter Herkunft im Äther gestoßen, erklärte der Physiknobelpreisträger von 1909.

Anfang 1920 sprach er ganz unverhohlen davon, dass er immer wieder unbekannte starke Signale registriere, die gleichzeitig in London und New York zu hören seien, was darauf hindeute, dass sie aus großer Entfernung abgesandt würden. „Bislang kann keiner definitiv sagen, ob diese Signale irdischen Ursprungs sind oder von anderen Welten stammen“, sagte Marconi. Auf die von diversen Zeitungen lancierte Meldung, Marconi habe mit seinem Radioapparat zufällig sehr seltsame Töne und vielleicht Anzeichen außerirdischen Ursprungs entdeckt, reagierte auch Albert Einstein (1879–1955). Er monierte, Marconis akustische Signale stünden nicht mit Außerirdischen in Zusammenhang, sondern seien höchstwahrscheinlich auf atmosphärische Störungen oder andere Radioexperimente zurückzuführen. Wenn überhaupt, dann würden Intelligenzen mit Lichtwellen auf sich aufmerksam machen, weil diese leichter zu kontrollieren seien. Weder der Mars noch andere Planeten des Sonnensystems seien bewohnt, betonte Einstein.

Unbeirrt von jeglicher Kritik, machte Marconi 1922 die Probe aufs Exempel: Er steuerte sein 67 Meter langes Forschungsschiff Electra in maritime Gefilde, um die im Wellenmeer treibende Flaschenpost mitsamt ihrem kryptischen Inhalt aus dem kosmischen Ozean zu fischen. Während einer Atlantiküberquerung, die ihn von Southampton nach New York führte, schaltete Marconi auf halber Strecke seinen Radioempfänger an und suchte auf der 2-Kilohertz-Frequenz des Langwellenbereichs nach Botschaften vom Roten Planeten. Es war das erste Mal in der Menschheitsgeschichte, dass gezielt und aktiv nach Radiosignalen einer anderen Zivilisation gesucht wurde.

Auf der Rückreise vermeldete Marconi, er habe zwar keine schlüssige Erklärung für die Herkunft der mysteriösen Töne, sehe aber auch keine Veranlassung, das Phänomen mit Marsianern in Verbindung zu bringen. „Ich habe keine sensationellen Ankündigungen zu machen“, entschärfte er kurz vor seiner Ankunft in New York per Funk jeglichen Anflug von Sensationsmache.

Etwas aufwändiger und um eine Spur seriöser war das Experiment des amerikanischen Astronomen David P. Todd (1855–1939). Er rief die großangelegte „Listening-in“-Suchaktion ins Leben, bei der gezielt nach Radiosignalen außerirdischer Zivilisationen gesucht wurde: gleichwohl „nur“ nach solchen, die vom Nachbarplaneten Mars stammen.

Sein Interesse an einer Kommunikation auf Radiowellenbasis mit Marsbewohnern hatte der damalige Direktor der Sternwarte des Amherst College in Massachusetts (USA) schon vor vielen Jahren zum Ausdruck gebracht. Bereits 1907 leitete Todd die Lowell-Expedition nach Chile, die eindrucksvolle Bilder von den Marskanälen sammeln sollte. Nur zwei Jahre später entwickelte er den Plan, Ballons mit leichten, aber sehr empfindlichen Radioempfängern in große Höhe zu bringen, weil dort schwächere ferne Signale leichter zu registrieren seien. Aber selbst als am 23. August 1924 die Planeten Erde und Mars sich bis auf 55 Millionen Kilometer annäherten, startete kein Ballon zu marsianen Kommunikationszwecken. Todds Worte fanden nicht die Ohren eines zahlungswilligen Sponsors. Im Wissen, dass die historisch enge Konstellation von Mars und Erde die einmalige Chance eröffnete, mit den „Brüdern im All“ direkt auf Tuchfühlung zu gehen, ließ Todd aber nicht locker. Seine Anfrage an die US-Regierung, ob es möglich sei, während der größten Annäherung des Mars den amtlichen sowie militärischen Radioverkehr zwei Tage lang einzustellen, stieß bei den Verantwortlichen überraschenderweise auf offene Ohren. Die US-Navy und Army gaben dem emeritierten Professor zu verstehen, den normalen Radiobetrieb vom 21. bis 23. August auf Sparflamme weiterlaufen zu lassen und die leistungsstärksten 20 Transmitter für jeweils fünf Minuten pro Stunde ganz auszuschalten.

Im Rahmen des Experiments nutzten die militärischen Radiostationen die kurzen Ruheperioden konsequent aus und richteten ihre Antennen auf den Mars, der astronomisch gesehen praktisch auf Tuchfühlung mit der Erde ging. Doch nur eine einzige zivile Radiostation schloss sich der Horchaktion an – die anderen sendeten munter weiter.

Unterstützt von einem der besten US-Dechiffrier-Experten und Kryptologen der Armee, William F. Friedman (1891–1969) – er sollte noch vor Pearl Harbour den Geheimcode der Japaner geknackt haben –, durchforsteten Todd und etliche Funkspezialisten des Militärs den Äther auf einer Wellenlänge zwischen fünf und sechs Kilometern. Bei der eigentümlichen Observation überließ man nichts dem Zufall. Sogar der zu dieser Zeit bekannte US-Erfinder Charles Francis Jenkins (1867–1934) schloss sich dem Programm an. Jenkins hatte es ein Jahr zuvor zu einer gewissen Popularität gebracht, als er 1923 erstmals ein Bild per Radiosignal von Washington, D.C. nach Philadelphia übertrug. Auf dem gefunkten Foto erschien die Silhouette des amtierenden US-Präsidenten Warren G. Harding (1865–1923). Ausgerechnet Warren G. Harding, könnte man im Einklang mit seinen Zeitgenossen sagen, galt dieser doch schon damals als einer der schlechtesten US-Präsidenten aller Zeiten. „Warren G. Harding rangiert bei Umfragen nach der Rangstellung des Präsidenten unter Historikern der USA konstant als ‚Versager‘ auf einem der letzten Plätze der Skala“, so das harte Verdikt des Historikers und Amerikanisten Peter Schäfer. Auf dem ersten von Menschenhand entsandten Fax war also jener leibhaftige Präsident zu sehen, der in einen der größten Korruptionsskandale der US-amerikanischen Geschichte verwickelt war. Was für ein schlechtes Omen für die Suche nach den Anderen!

Jedenfalls bezog Jenkins eine von ihm entwickelte Apparatur (Abb. 1.3) namens Radio Photo Message Continuous Transmission Machine in die Analyse mit ein. Sie sollte die eingehenden Funksignale visualisieren. Es hätte ja sein können, dass die Marsianer neben Radiosignalen auch Bilder als Willkommensgruß zur Erde funkten. 29 Stunden lang zeichneten Jenkins und Todd im August 1924 (Abb. 2.2.) alle eingehenden Pulse auf, die sein Gerät wiederum auf einem Fotofilm von 9,2 Metern Länge und 15 Zentimetern Breite festhielt.

Abb. 1.3 Aufnahme von David Todd und C. F. Jenkins vom 21. August 1924 in Washington, D.C. vor ihrer dubiosen Maschine

Credit: © mauritius images/Matteo Omied/Alamy/Alamy Stock Photos

Nach dem Studium der Daten sahen einige auf einem bestimmten Abschnitt des Films Punkte und Striche, die sich zu einem schwer erkennbaren gezeichneten Gesicht verdichteten. Doch dem ersten „Marsgesicht“ der Menschheitsgeschichte (S. 216 f.) bot Jenkins konsequent die Stirn und analysierte den Sachverhalt nüchtern: „Ich glaube nicht, dass die Ergebnisse irgendetwas mit dem Mars zu tun haben. (…) Was wie ein menschliches Gesicht aussieht, ist wohl eher eine zufällige Erscheinung, die wir uns nicht erklären können.“ Da auch diese Horchaktion – wie alle vorausgegangenen – in dem typischen undefinierbaren Piepsen und Zwitschern unterging, musste der Entzifferungsvirtuose Friedman seine kunstvolle Fertigkeit nicht mehr unter Beweis stellen. Keine intelligenten Muster waren aus dem diffusen Radiorauschen zu filtern. Kein Kryptologe war mehr vonnöten. Nur der weltbekannte Astronom Arthur Stanley Eddington (1882–1944) von der Cambridge University in England quittierte die „Listening-in“-Aktion mit einem Augurenlächeln und bezeichnete den Versuch, eine Kommunikation über Radiowellen mit dem Mars zu etablieren, als „absoluten Unsinn“. Ein Standpunkt, den die Mehrheit seiner Kollegen durchaus teilte, wie Walter Sullivan bestätigt: „Natürlich war man in der Regierung und in anderen Kreisen ziemlich skeptisch. (…) Die konventionellen Astronomen waren entsetzt über die ganze Angelegenheit.“

Erste SETI-Pioniere

Es ist eine der großen Ironien der Wissenschaftsgeschichte, dass ausgerechnet ein Geistlicher einer der geistigen Schöpfer des klassischen astrophysikalischen Urknallmodells war, also just einer Institution entstammte, die im Verlauf ihrer nicht immer unbelasteten Geschichte den naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinn in den Jahrhunderten zuvor nur wenig gemehrt hatte. Als die Idee, Radiowellen aus dem All zu empfangen, en vogue war, skizzierte der belgische Priester und ausgebildete Astronom Georges Lemaître (1894–1966) zwischen 1927 und 1933 in der Publikation Hypothèse de l’atome primitif die erste Fassung der Urknalltheorie, die heute in der Kosmologie als das beste Standardmodell gilt, um die Anfangsphase des Universums zu beschreiben. Damit widersprach Lemaître seinem englisch-irischen Kollegen James Ussher (1581–1656) radikal, der drei Jahrhunderte zuvor die Bibel beim Wort genommen und eigenen Berechnungen folgend den Tag der Schöpfung der Welt auf den 23. Oktober des Jahres 4004 vor Christus datiert hatte. Auf eine genaue Uhrzeit wollte sich der ehrenwerte Erzbischof von Armagh (Irland) allerdings nicht festlegen …

Irgendwie mutet es wie ein weiterer Treppenwitz der Geschichte an, dass der wissenschaftliche Ursprung der SETI-Idee ebenfalls auf einen insularen Bischof (England) zurückgeht – und nicht auf einen bodenständigen Astronomen. Als Lemaître jedenfalls noch an seiner Uratomtheorie feilte, Tesla nicht von der Behauptung abließ, außerirdische Funksignale empfangen zu haben, und Jansky gerade seine Beobachtungen in New Jersey durchführte, veröffentlichte Reverend Ernest W. Barnes in keinem geringeren Fachblatt als Nature einen Beitrag, in dem er die Evolution des Universums in einem kurzen Aufsatz umriss. Der ausgebildete Theologe und Mathematiker wurde 1924 Bischof von Birmingham und schrieb während seiner Schaffensphase 29 mathematische Abhandlungen. Vielleicht halfen ihm seine unorthodoxen Ansichten dabei, in dem Nature-Artikel vom 24. Oktober 1931 frisch von der Leber weg über außerirdische Intelligenzen zu spekulieren. Barnes zufolge umkreisten viele andere bewohnte Welten ihren Heimatstern, auf denen Lebensformen existierten, die uns in geistiger Hinsicht unermesslich überlegen sein könnten.

Anders als Tesla, Marconi oder Todd bezog sich Barnes weniger auf Intelligenzen auf dem Mars als vielmehr auf extrasolare Wesen, mit denen eine drahtlose Kommunikation möglich wäre: „Wir sollten nicht voreilig ausschließen, dass sie eine derart durchdringende Strahlung einsetzen könnten, um der Erde Botschaften zu übermitteln. Wahrscheinlich kommen solche Botschaften jetzt gerade an. Wenn diese erstmals verständlich gemacht werden, beginnt eine neue Ära in der Geschichte der Menschheit.“

Der zweite Mensch, der in einem wissenschaftlichen Paper die zarte Pflanze der SETI-Idee weiter zum Blühen brachte, war der Erfinder und Amateurfunkpionier Hiram Percy Maxim (1869–1936). Gemeinhin wird er, dessen Vater fatalerweise das Maschinengewehr erfand, weltweit als Stammvater des Amateurfunks gefeiert. Jedenfalls setzte er sich 1932 im Scientific American in einem Feature noch eindringlicher mit der Frage auseinander, ob auf unserem Planeten nicht schon seit langer Zeit Funksignale aus den Tiefen des Raumes einträfen. „Sollte eine im Weltraum lokalisierte Intelligenz uns tatsächlich seit Jahrhunderten Signale gesendet haben, wären wir zu rückständig, um diese zu entdecken.“

Schließlich kenne der Homo sapiens zurzeit nur ein Medium, mit dem eine interstellare Kommunikation denkbar sei: das Radio. Aber exakt dieses befinde sich noch in einem absoluten Anfangsstadium. Dennoch: „Radiowellen sind unser erstes Werkzeug, mit dem es möglich sein könnte, ein Signal durch die Weiten des astronomischen Raums zu tragen“, erklärt Maxim. Sollte irgendwo da draußen Leben existieren, wovon er ausgehe, wäre ein Kontakt über Radiowellen mit einer außerirdischen Zivilisation möglich. „Was für ein erhabener, dramatischer Moment wird es für alle Beteiligten sein, wenn dieser erste interstellare Kontakt stattfindet!“ Zu bedenken seien aber die großen astronomischen Distanzen im Weltall und die begrenzte Geschwindigkeit, mit der Radiowellen reisten. Allein eine Nachricht zum 40 000 Lichtjahre [sic; die heute gemessene Distanz beläuft sich auf 25 000 Lichtjahre] entfernten Herkules-Haufen (Messier 13) würde 40 000 Jahre benötigen, um ihr Ziel zu erreichen. „Ebenso würde es weitere 40 000 Jahre dauern, bis das Signal vom Planeten aus dem Herkules-Haufen zurückkommt. Das sind insgesamt 80 000 Jahre, bis eine Botschaft dorthin geht und die Antwort zur Erde zurückkommt!“

Auch der weltbekannte Harvard-Astronom Donald Menzel (1901–1976), einer der schärfsten Skeptiker in der später aufkeimenden UFO-Debatte, war seinerzeit vom Marsfieber infiziert und meldete sich im Dezember 1937 zu Wort. In einem Fachartikel sinnierte er über die Mittel und Wege, sich den Marsbewohnern in einem höheren Frequenzbereich zu nähern und mit ihnen im Kurzwellenbereich zu kommunizieren. Seinen Beitrag schmückt ein Cartoon, auf dem ein Erdbewohner vor einem Funkgerät sitzend zu sehen ist. Auf der anderen Seite schaut ein groß- und glatzköpfiger Marsianer konzentriert auf seinen Radioempfänger. Beide verbindet eine Art Blitz, der den erhofften Kontakt symbolisieren soll …

So groß der Wunsch in den 1930er-Jahren auch war, mit Radiowellen extraterrestrische Intelligenzen anzufunken – über leistungsfähige Radioteleskope, die schmalbandige Signale auffangen konnten, verfügte zu dieser Zeit kein Forscher. Es war daher eher eine Ära der Ideen, Konzepte, Wünsche und Hoffnungen, bei der sich nur wenige als echte Pioniere der SETI-Idee hervortaten. Selbst der große Marconi zählt trotz all seiner Verdienste für die Radiotechnik nicht zu diesem illustren Kreis. Zwar beeindruckte er bereits am 20. Januar 1919 während eines Interviews mit der New York Times mit folgender kluger Bemerkung: „Kommunikation mit Intelligenzen auf anderen Sternen. Ja, das könnte eines Tages möglich sein, und da viele der Planeten viel älter sind als der unsere, sollten die Wesen, die dort leben, Informationen von enormem Wert für uns haben.“ Doch so vorausschauend und weitsichtig seine Aussage anmutet – er verfolgte seinen Gedanken nicht weiter oder vertiefte diesen schriftlich. Es war allenfalls ein Geistesblitz, der im Strom der Zeit wieder unterging.