Die Verweigerung der Wehmut - Florjan Lipuš - E-Book

Die Verweigerung der Wehmut E-Book

Florjan Lipus

0,0
18,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der Vater ist gestorben, und der Sohn, der sich längst in der Stadt ein Leben aufgebaut hat, kehrt für die Beerdigung in die Berge zurück.

Da liegt der Alte, aufgebahrt, und die Dorfgemeinschaft kommt, sich zu verabschieden. Der Tod ist hier kein Abstraktum, sondern von archaischer Präsenz, ist Gewohnheit und Ereignis zugleich. So wird die Totenwache, die den Alten hinübergeleitet, zum Fest für die Lebenden – da drängt sich alles zum Beten im Zimmer, wird aus dem Speisekeller das Beste hervorgeholt, wo das Mahl sonst sparsam ist, und schnipsen die Männer bald Papierkügelchen nach den Frauen.

Florjan Lipuš lässt die raue Liturgie eines Abschieds aufwallen, der längst vollzogen ist und doch die Schrecken einer kargen Kindheit in den Karawanken aufruft, in die der Zweite Weltkrieg mit unerträglicher Härte sich eingetragen hat. Trauer um den Toten und ein Fest fürs Leben fallen in eins.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 142

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Cover

Titel

Florjan Lipuš

Die Verweigerung der Wehmut

Aus dem Slowenischen von Fabjan Hafner

Suhrkamp Verlag

Impressum

Zur optimalen Darstellung dieses eBook wird empfohlen, in den Einstellungen Verlagsschrift auszuwählen.

Die Wiedergabe von Gestaltungselementen, Farbigkeit sowie von Trennungen und Seitenumbrüchen ist abhängig vom jeweiligen Lesegerät und kann vom Verlag nicht beeinflusst werden.

Um Fehlermeldungen auf den Lesegeräten zu vermeiden werden inaktive Hyperlinks deaktiviert.

Die slowenische Originalausgabe erschien 1985 unter dem Titel Jalov Pelin im Drava Verlag, Klagenfurt/ Celovec.

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2023

Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe der Bibliothek Suhrkamp 2023.

Erste Auflage 2023© dieser Ausgabe Suhrkamp Verlag AG, Berlin, 2023Die deutschsprachige Erstausgabe erschien 1989 im Residenz Verlag. Weitere Veröffentlichungen der Übersetzung von Fabjan Hafner erschienen 1998 im Suhrkamp Verlag und 2007 im Wieser Verlag.Alle Rechte vorbehalten. Wir behalten uns auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.

Der Inhalt dieses eBooks ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Wir behalten uns auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Umschlaggestaltung: Willy Fleckhaus

eISBN 978-3-518-77212-6

www.suhrkamp.de

Übersicht

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Informationen zum Buch

Cover

Titel

Impressum

I Zum Atemholen ins Gebirge

II Ein Sauerteig fein erreicht Weiler Neun

III An einer schlimmen Knorre wird ein schlechter Keil zuschanden

IV Der Rappe kommt nicht mehr über den Steilhang

Informationen zum Buch

Die Verweigerung der Wehmut

I

Zum Atemholen ins Gebirge

Als der Morgen über der Stadt erwachte, erwachte er tief in den Häusern, und nichts drang bislang heraus auf die Gassen und Plätze. Der Zug stürmte aus der Nacht herbei und stürzte sich in den entstehenden Tag, rasch wird er den Mittag umfahren und sich in den Nachmittag neigen. Die Strecke zog sich teuflisch hin. Unterwegs stieg er einige Male um, vertrat sich die Beine und saß auf Bahnsteigen herum. Je weiter sich der Zug von der Stadt entfernte, umso lockerer wurde ihm seine einstige Welt, umso weicher die alten Bilder, unterdrückte, verdrängte Landschaften stürmten herbei vor das eilende Fenster, erfüllten sich langsam mit einstigen Inhalten, wurden lebendig, tauchten auf aus ferner Vergangenheit, während Wolken hinter den Bergen hervor aufstiegen, dazwischen Stücke heiteren Himmels. Die Umrisse wurden schärfer, und verglich er sie mit denen in seinem Gedächtnis, erwies sich, daß die im Gedächtnis deutlicher und mächtiger waren als die nun wirklichen draußen in der Natur. Die im Gedächtnis hatten seine Umgebung entstellt, sie mit Beschlag belegt und in Luft aufgelöst, sie verdrängt und waren an ihre Stelle getreten. Nun korrigierten seine Augen diese Entstellung, die neu belebten Teile der Außenwelt rückten das Verzerrte wieder an seinen angestammten Ort. Ja, diese Grasharfe stand auch heutzutage noch dort unterhalb des Waldes. Und der mächtige Stall des Großbauern mit dem Weidennetz, den Zäunen und Tränken war nun in Wirklichkeit nicht nur bescheiden und winzig, sondern auch seitwärts weggedreht, mit der Stirnseite dem Moorgrund zugewandt, wo schon von weitem zu sehen war, daß er sich absenkte, ragte doch der eingesunkene Zaun kaum noch aus dem Morast: in seiner Erinnerung war die Stirnseite dieses Stalles bisher immer hierher gewandt gewesen, in die Ebene, die der Zug nun einnimmt. In diesen Jahren hat sich vieles in dieser Landschaft verschoben, doch etliche ihrer Eigentümlichkeiten hätte er erkennen müssen und doch fuhr er an ihnen vorüber, als führe er zum ersten Mal.

Von allen Begräbnissen ist ihm nur das der Großmutter unbeschadet in Erinnerung geblieben. Was von allen anderen blieb, war nur ein Verwinden, ein Verschwinden, ein Verscheuchen von Gesichtern. Verbleichen sie, weil er an ihren Begräbnissen teilgenommen hat oder, im Gegenteil, weil es jeden seiner Verwandten zu weit von den anderen verschlagen hat, in der Welt verstreut jeder für sich alle einzeln und anders, und es zu beschwerlich gewesen wäre, an den Begräbnissen der anderen teilzunehmen? Von dem der Großmutter hatte er alle Einzelheiten bewahrt, selbst das Trommeln der Erde war aus Kindertagen geblieben, und heute, als er nach langem wieder zu einem Begräbnis reist, hört er sie wieder hohl niederfallen auf ihren Sarg. Sein Klumpen fiel fehl: mit der unvermeidlichen Kerze in der einen Hand, in der anderen das Schaufelchen, verklebt, beschwert mit Lehm, scharrte er herum in der harten Erde und konnte das für ihn zu schwere Gerät nicht in den Haufen vor sich rammen. Nur ein Happen Erde blieb an der Spitze haften, und selbst der plumpste weder hinab noch ertönte er, sondern schlitterte schmierig und verstimmt ins offene Grab.

An dem Tag, als die Großmutter zum Bauern in der gegenüberliegenden Leite ernten ging, stand sie früh am Morgen auf. Sie erledigte den Kleinkram an der Feuerstelle, räumte auf, putzte, stellte die Speisen auf den Tisch und ins Kühle in den Kasten für die Späteren, erledigte alles im Haus und legte die Dinge sorgsam in die Schränke; das Haus, ihr Zimmer hinterließ sie in geordnetem Zustand, als verreise sie für längere Zeit. Den Kindern legte sie am Bett ihr Gewand und frische Wäsche bereit, schön gebügelt und zusammengelegt, und die saßen mitten in der Woche im Feiertagsstaat in der Schule und verstanden freilich selber nicht, warum dieses Abweichen von der Gewohnheit und wozu diese Sonderbedienung, wo sie doch sonst Wäsche und Gewand nur am Wochenbeginn wechselten und allein. Und was sie bisher nie getan hatte, tat sie heute: für alle ohne Vorbehalt packte sie die gleiche Jause ein. Bislang hatte sie Unterschiede zwischen den Kindern getroffen: das Brot belegte sie nur für die Ihren und oft drückte sie ihnen eine süße Leckerei in die Faust, die anderen bekamen bloßes Brot mit auf den Weg. Und beim Tischgebet hatte sie für die Ihren größere, schönere Stücke im Sinn, und drehte in der Kirche den Kopf in demütiger Bitte nach links oder rechts, sammelte ihre Kräfte und spannte den Kiefer an, um möglichst viel Verwirklichung auf die Ihren, denen sie diese Verwirklichung zugedacht hatte, zu übertragen, doch wenn sie den Kopf aufrecht hielt, sich nach den anderen Frauen umsah oder von der ersten Bank aus Interessantes in den anderen Bänken zu entdecken begann oder einer bekannten Stimme auf der Empore lauschte und vor Unwillen die Augen zukniff, wenn die Sänger sich im Ton vergriffen, dann betete sie für ihre gewöhnlichen Enkel. Auch das Gerstenkorn erntete sie nur bei den Ihren: wenn sie den Zauber aussprach und dabei die Bewegungen einer Schnitterin nachahmte, waren sie bei den Ihren entschieden und ausgiebig; anderen, die unter einem Gerstenkorn litten, erntete sie es zwar ab, doch so undeutlich und oberflächlich, daß es nichts ausrichtete; ihre Worte wickelte sie irgendwohin, verschlampte sie zwischen den Falten im Doppelkinn und verbarg sie im Kinnbacken, so daß die Kinder lebhaft spürten, wie das Gerstenkorn sich bei den einen verkleinerte, bei den anderen vergrößerte und sich auswuchs und sich bald danach auch noch die Talgdrüsen im anderen Lid entzündeten. Oder wenn sich einer der Ihren einen Splitter oder einen Span in den Finger einstieß oder einen Dorn in die Sohle eintrat, riß sie ihn sofort heraus; die anderen machten ihr keine solchen Sorgen und hinkten geraume Zeit mit dem Dorn im Fleisch mit den Armen um sich herumlangend umher. Und wenn der Vater die Kinder zu schwerer Arbeit antrieb, wenn sie auf seinem Acker die Egge schleppten, und als sie einmal das Astwerk aus dem Trog vor dem Haus brachen, unwissend, daß es eine Rebenhecke war und kein Rutengebüsch, verteidigte sie nur die Ihren, damit ihnen der Vater nicht den bloßen Hintern versohlte. Die Großmutter nahm mit Geben und gab mit Nehmen. Ihrer Gerechtigkeit wurde schon ein marmornes Denkmal errichtet und hinein die Inschrift gemeißelt, vor Milde und Güte sei sie noch warm in den Himmel aufgefahren. An diesem Morgen hatte sie für alle im Haus und für jeden gleichermaßen gesorgt, die Schlafenden geweckt und alles Notwendige für tagsüber aufgetragen, wenn sie bis zum Abend allein sein würden, sie gehe ernten, und jetzt Kinder, aus der Spaß, sonst setzt es was, woraufhin sie den Pfad durch das Haselgebüsch einschlug und hinter einem mit minderem Gehölz bestandenen Hügel verschwand.

Beim Bauern auf der Anhöhe dengelten die Mäher schon auf den Dengelstöcken kauernd, und ringsherum im Wald, auf dem Hügel und im Tal hallte es wider. Die Schnitterinnen standen umher, warteten, und nirgendwo wies irgend etwas darauf hin, was später zu geschehen hatte. Jede brachte ihre Sichel demjenigen erfahrenen Mäher, der sie ihr nach Wunsch ausdengelte, und ein Dengler, dessen Fertigkeit sich mit den Jahren herumgesprochen hatte und bekannt geworden war, konnte sich weder der Frauen noch der Sicheln erwehren. Um gute Dengler ist es nach wie vor schlecht bestellt: manche dengeln nur so viel, daß es gerade hinkommt, manche wollen auch auf dem Dengelstock den Gaul am Schwanz aufzäumen. Ein guter Dengler steckt alle anderen in die Tasche, legt Wert darauf, daß der Sense beim Dengeln keine Zitzen wachsen und daß er weder die Schneide verbiegt noch die Schärfe verdirbt; er muß es im kleinen Finger haben, wie vieler und wie bemessener Schläge das Eisen bedarf, um die Sense oder die Sichel zuzuschleifen, denn nur ein richtig geschliffenes Gerät hält seine Zeit, und man muß sich nicht schon nach ein, zwei Stunden wieder niederkauern an der Dengelstatt. Das Hocken am Boden in der Haltung, wenn die Beine gerade so weit gewinkelt sind, daß die Schneide auf den Knien hin- und hergleiten kann, ist bei so vielen Schneidewerkzeugen sehr anstrengend, so daß die Männer zwischendurch aufstehen müssen, um den Rücken zu strecken und die Krämpfe und das Kribbeln aus den Beuge- und Streckmuskeln in den Beinen zu vertreiben. Während sie laut schallend dengeln, gurren und murren die Frauen und hängen ihren Grillen nach, doch später, beim Ernten selbst, gibt es für Sticheleien weder Zeit noch Anreiz, auf den Kornfeldern herrschen Stille, Ernst und Arbeitseifer. Jetzt aber haften ihre Blicke noch an den Männern, die Frauen sticheln einander, richten aus, trüben ihnen das Wasser mit ihrem Gerede, so daß bald der eine auffahrend antwortet, bald ein anderer scheel schaut und schmollt, doch sind die Männer nicht lange aus der Ruhe zu bringen. Die Frauen betrachten nun noch übermütig die Männer, von denen ihnen der eine den Dengelhammer zu hoch schwingt und dreinschlägt wie auf Nägel, während ihn ein anderer kaum hochbringt und mit ihm herumkratzt auf dem Dengelstock, oder einer bei jedem Schlag mit dem Kopf mitnickt und ein anderer wiederum sich im Takt wiegt und im Mundwerk einen Grashalm hat und daran knabbert.

Waren die Sensen gedengelt und die Sicheln alle gewetzt, erglühte der Tag erst. Die Nebelschwaden lösten sich auf und lichteten sich, im Gras glänzte Tau, und die Sonne hatte noch gar nicht an diese Perlenpracht im Grünen gerührt und glitt erst mit den Dienstboten, den Tagelöhnern und der Familie vom Bergland herunter und erreichte das Feld. Seiner Neigung wegen wollen es die Mäher und die Schnitterinnen von oben her in Angriff nehmen. Das nicht sonderlich ährenreiche Korn war im Frühjahr zeitig hochgeschossen und hatte sich an etlichen Stellen kreuz und quer gelegt, nicht nur der Feldneigung wegen, sondern vor allem wegen des anhaltenden Regens, als da ein Wetter herrschte, daß ein Hund sich hätte aufhängen mögen. Die dichtgesäten Halme knickten, Rispen- und Ährengras zwischendrin, Disteln und Hühnerdarmkraut, die Blätter und Stengel knisterten unter den Händen. Die Frauen beugten sich, stellten sich auf den Kopf, die Männer holten stehend kräftig aus, so daß die Windstöße der Sense die Weiberröcke hoben. Der beim Ausholschwung entstehende Wind drückte das Abgeschnittene in Schwungrichtung, ein unten am Mähgrund befestigtes, in einem Eisenrahmen in Bögen gespanntes Tuch verhinderte, daß die Halme knickten und hintüberfielen. Jeder Schwung schnitt eine Schwade ab, und die Frauen lasen für eine Garbe Ährenstroh auf, stutzten es noch händisch zurecht, brachten mit den Sicheln die Hinterteile der Garben in Ordnung und banden sie zusammen, legten sie ab, überholten die Reihe, die noch mit dem Binden beschäftigt war, stellten sich ihr an die Spitze und erfaßten mit der Sichel die Halme, und noch während die erste genug für eine Garbe zu erhaschen suchte, wurde sie von der nächsten überholt. Das Ernten war ein einziges Überholen und eine Abfolge von Figuren im Gänsemarsch, ein Beugen, ein Aufrichten, ein Rennen; nur manchmal veränderte eine besonders Schnelle oder Langsame die Reihenfolge, wobei die Schnelle jedes Mal, an ihren Platz voreilend, unterwegs die Langsame mit einem mißachtenden Blick bedachte, was sie denn so herumrücke und -drücke und wo man denn so lange herumkröche. Die Mäher trieben das Frauenvolk vor sich her, mähten hinter seinen Fersen, so daß die Fettärschigen ihre Aufgeblasenheit aus dem Weg räumen mußten und dabei so mancher der Holzschuh vom Fuß glitt. Die Kinder trugen Getränke herbei, trugen die Garben zu Schöcken zusammen, und abgefeimt wie sie nur sein konnten, nutzten sie das Niederbeugen der Emsigen aus, um, beugten sich diese nach einer Garbe nieder, einen Blick in den ausgespreizten schwarzen Himmel zu werfen, sich in den sich verjüngenden Turm zwischen den Schenkeln zu verschauen und enttäuscht die Augen abzuwenden. Die Arbeit schritt stetig voran, das Ernten ging mit gleichbleibender Geschwindigkeit weiter, nur nach dem Mittagessen, als alle Faulheit beschlich, ließ der Eifer etwas nach, ehe er wieder mit Kraft zur Arbeit antrieb.

Schritt für Schritt rückte die Reihe zur Ackerwende vor, mit ihr das Stoppelfeld; das Feld schrumpfte, hieben sie doch schon den ganzen Tag darauf ein. Jetzt stand die Sonne noch mannshoch über ihrem Untergang, und der Mann dort am Himmel war der Abendrötenmann. Die Frauen, die Mäher und die Kinder trieben das Feld mit Erleichterung dem Ende zu, am Ende mit ihren Kräften ernteten sie es ab. Es ergab sich, daß die letzte Garbe der Großmutter blieb, alle anderen waren der ihren schon entledigt, hatten das Feld verlassen und einige saßen schon im Gras herum. Nur die Großmutter band noch die letzte Garbe, ihr Weib, und als sie es gegürtet hatte und den Gürtel zusammenzog, drückte sie es noch aus, damit keine Ähren verlorengingen, stopfte das ausgedrückte Stroh hinter den Gürtel zurück und legte die Garbe zu den anderen. Noch während sie dabei war, sie in eine Reihe mit den anderen zu legen, ließ sie sich auf die Knie nieder, auf ihr Gesicht, röchelte, knackte wie ein trockener Zweig und hauchte ihr Leben aus. Sie verließ das Feld, wie das stachelige Fruchtgehäuse einer Kastanie zu Boden fällt und aufplatzt und aus ihm eine reife Kastanie springt, fortkollert, wegstiebt. Sie erlangte kein klares Bewußtsein mehr. Noch ehe die Frauen sich zurechtgefunden hatten und klar sahen, hatte sie sich ganz nahe zur letzten Garbe des Feldes gelegt. Die Garbe hatte sie zu sich hinter sich hergezogen …

Der Reisende versinkt im Sitz des sich wiegenden Zuges, nickt ein und steht im Halbschlaf wieder an seiner Maschine, die ungeheuer groß ist und ganze Baumstämme verschlingt. Neben ihm legt sein Vater Holz in die Rinne, während er, plötzlich überflüssig geworden und um seinen Broterwerb gebracht, ungeschickt dabeisteht. Das plötzliche dreiste Auftreten des Vaters an seiner Arbeitsstätte, der sich benimmt, als sei er schon seit jeher an diesem Platz gewesen und sie seien alte Bekannte, erweckt bei ihm Verwunderung und Verstörung, die sich in Wut wandeln. Überzeugt, es liege ein Irrtum vor, macht er sich verängstigt daran, das Mißverständnis aufzuklären, als den Vater die Kette an der Jacke faßt, ihn auf die Rinne zerrt und ihn in die Maschine zwischen die Messer zieht. Als die Maschine zum Stillstand kommt, ist im Haufen von Zerschnipseltem nichts mehr aufzulesen, nur die Hobelspäne sind etwas verfärbt, ein leichter Schleier hat sich über den Spänekegel ergossen, wie damals, als ein Arbeiter nach hellem Fichtenholz eine dunkle Föhre eingelegt hatte. Ein Schuh wird dort in der Nähe gefunden, bei der Sägemehlmündung, leer ist er und ganz, die Schnürriemen sind gelockert, und als er ihn betrachtet und erkennt, die Lappen auseinanderdehnt, klopft ihm jemand auf die Schulter …