Die Wildroseninsel: Zwei Worte bis zu dir - Nancy Salchow - E-Book
SONDERANGEBOT

Die Wildroseninsel: Zwei Worte bis zu dir E-Book

Nancy Salchow

0,0
1,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 1,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Vanessa lebt auf einer Insel, die seit dem hier spielenden Bestsellerroman nur noch als „Die Wildroseninsel“ bekannt ist. Sie arbeitet als Tagesmutter in ihrer eigenen Einrichtung und liebt ihren Job sehr, wird allerdings auf eine harte Bewährungsprobe gestellt, als die kleine Jenna in ihre Tagesstätte kommt. Jenna ist ausgerechnet die Nichte ihres ehemaligen Verlobten Lenny, der sie vor zwei Jahren mit einer anderen betrogen hatte und den sie immer noch nicht vergessen kann. Aus Schutz vor ihren Gefühlen für Lenny, die nie ganz erloschen sind, stürzt sich Vanessa in Verabredungen mit Gregor, einem Nachbarn, der ihr schon seit längerem Avancen macht. Gleichzeitig versucht Lenny alles, um Vanessa erneut für sich zu gewinnen. Sie kämpft gegen ihre Gefühle, doch schon bald muss sie sich eingestehen, dass sie vielleicht anderen, nicht jedoch sich selbst etwas vormachen kann. Wird sie sich erneut auf den Mann einlassen, der ihr schon einmal das Herz gebrochen hat? „Zwei Worte bis zu dir“ ist die erste Folge der eBook-Serie „Die Wildroseninsel“, in deren Mittelpunkt das Schicksal von drei auf der Insel heimischen Freundinnen steht. Sie sind auf der Suche nach ihrem ganz persönlichen Glück, das nicht selten zu Lasten anderer geht – und manchmal sogar das Glück der eigenen Freundinnen zerstört. Aber wann ist es richtig, auf sein Herz zu hören? Und wann ist es besser, das Glück der anderen über das eigene zu stellen?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Über das Buch

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Impressum

Nancy Salchow

___________________________

Die Wildrosen-Insel

Teil 1: Zwei Worte bis zu dir

Vorwort

Herzlich willkommen auf der Wildroseninsel!

Du warst noch nie hier? Dann wird es höchste Zeit, diesen längst fälligen Besuch nachzuholen und deine Seele an diesem beschaulichen Fleckchen Erde baumeln zu lassen.

Die kleine 2500-Einwohner-Insel in der Ostsee ist der zentrale Ort des Geschehens, der Schauplatz für Schicksale, Emotionen und Leidenschaften der Bewohner. Im Mittelpunkt stehen drei auf der Insel heimische Freundinnen im Alter von 28 bis 40 Jahren – Vanessa, Kim und Carina –, die auf der Suche nach ihrem eigenen Glück sind, das nicht selten zu Lasten anderer geht – und manchmal sogar das Glück der eigenen Freundinnen zerstört. Aber wann ist es richtig, auf sein Herz zu hören? Und wann ist es besser, das Glück der anderen über das eigene zu stellen?

Wer sind eigentlich unsere drei Titelheldinnen?

Fangen wir mit Vanessa an, einer 28-jährigen Inselbewohnerin, die von ihren Freundinnen nur zu gern als Naturschönheit bezeichnet wird. Bernsteinfarbenes, langes Haar, grazile Figur und mit einer Gutherzigkeit ausgestattet, die hin und wieder von anderen ausgenutzt wird. Vanessa arbeitet als selbständige Tagesmutter auf der Insel und betreibt ihre Einrichtung im Haus ihrer verwitweten Mutter Elisa, die in der anderen Hälfte wohnt. Vanessas Geschichte, zumindest die Geschichte, deren Zeuge wir werden dürfen, beginnt zwei Jahre nach ihrer Trennung von Lenny. Mit ihm war sie über vier Jahre zusammen und sogar verlobt, bis er sie betrog. Nachdem die Verlobung gelöst war, verließ er die Insel, um in einem renommierten Architekturbüro zu arbeiten. Seitdem ist Vanessa Single, nicht zuletzt deshalb, weil sie den Betrug von Lenny, dem Mann, für den sie noch immer Gefühle hegt, bis heute nicht überwunden hat.

Die Zweite im Bunde ist die 31-jährige Kim. Lange, schokobraune Strähnen, immer mit dem perfekten Make-up und Zwölf-Zentimeter-Absätzen unterwegs, den Finger stets am Puls der Zeit: Das ist typisch Kim. Als ihre Geschichte beginnt, ist sie bereits seit fünf Jahren mit dem Immobilienmakler Martin verheiratet. Martin betreibt in zweiter Generation eine Ferienhausanlage auf der Insel, ist allerdings oft geschäftlich unterwegs. Als Verwalterin der Anlage ist Kim dafür zuständig, Touristen unterzubringen und ihre Aufenthalte zu organisieren. Nicht selten kommt es dabei vor, dass sie sich mit flüchtigen Affären die Zeit vertreibt, während Martin wieder mal auf einer seiner vielen Geschäftsreisen ist. Aber Kim denkt gar nicht daran, ein schlechtes Gewissen zu haben, schließlich erwartet sie vom Leben mehr als nur einen Ehering am Finger. Sie will Aufmerksamkeit, Leidenschaft, das süße Leben – und sie holt es sich, wann immer sich die Chance dazu ergibt.

Die dritte unserer Heldinnen ist Carina, mit ihren 40 Jahren die Älteste im Bunde. Kinnlanges blondes Haar, der natürliche Typ, der nichts für Schnörkeleien übrighat. Sie arbeitet als Künstlerin auf der Insel und porträtiert sowohl Einheimische als auch Touristen; nebenbei hilft sie hin und wieder in der Eisdiele ihres Vaters aus. Ihr Lebensinhalt ist allerdings der kleine Niklas, ihr elfjähriger Sohn, den sie allein großzieht. Bis heute weiß niemand, wer der Vater des Kleinen ist, und Carina weigert sich hartnäckig, mit jemandem darüber zu reden. Trotz ihres Geheimnisses, das sie sogar vor ihren Freundinnen bewahrt, ist Carina das, was man eine treue Seele nennt: stets für ihre Familie und Freundinnen da, äußerst großherzig und gutmütig, manchmal ein wenig altklug, aber immer zur Stelle, wenn man sie braucht. Nach einigen turbulenten Beziehungen führt sie ein Singleleben aus echter Überzeugung –zumindest versucht sie, das den anderen weiszumachen. Sie steht ihren Freundinnen stets mit Rat und Tat zur Seite, gibt sich gern als die Erfahrene, die gegen jeden Kummer, den die Einsamkeit hin und wieder mit sich bringt, immun erscheint. Aber ist ihr Leben wirklich so leicht, wie sie es den anderen vorspielt?

Die Antworten auf diese und viele andere Fragen sollen die treuen Begleiter während unserer Reise auf die Wildroseninsel sein.

Übrigens: „Wildroseninsel“ ist nicht der ursprüngliche Name der Insel, sondern erst ein Vorfall vor ca. zwanzig Jahren sorgte dafür, dass seither alle Bewohner die Insel nur noch so nennen. Damals gastierte hier der bekannte Schriftsteller Bill Galesko und begann eine kurze, aber umso heftigere Liaison mit einer jungen Inselbewohnerin. Sie trafen sich während seines einwöchigen Aufenthalts jeden Abend, doch trotz all seiner Nachfragen weigerte sie sich, ihm ihren Namen zu nennen, bis sie schließlich ganz von der Bildfläche verschwand. Bill Galesko lebte während seiner Zeit auf der Insel in einem Ferienhaus, das direkt neben einem von Wildrosen übersäten Hügel lag. Kurz nachdem Bill die Insel verlassen hatte, entstand sein Roman „Die Wildroseninsel“; darin fasste er seine Zeit auf der Insel und seine Liebe zu der unbekannten Schönen in Worte, die er trotz aller Versuche niemals wiederfinden sollte. Bis heute weiß niemand, ob seine Geschichte der Wahrheit entspricht oder nur ein Gerücht ist, das er selbst in die Welt gesetzt hat, um seinem Roman etwas Geheimnisvolles zu geben. Das Buch, das zum Weltbestseller wurde, belebte den Tourismus der Insel in ungeahntem Ausmaß – und es war für alle Bewohner der Anlass, die Insel von nun an nur noch so zu nennen.

Wie ihr, liebe Leser, die Insel nennt, ist euch natürlich selbst überlassen. Schon jetzt hoffe ich allerdings, dass dein Aufenthalt hier kein einmaliger bleiben wird.

Über das Buch

Vanessa lebt auf einer Insel, die seit dem hier spielenden Bestsellerroman nur noch als „Die Wildroseninsel“ bekannt ist. Sie arbeitet als Tagesmutter in ihrer eigenen Einrichtung und liebt ihren Job sehr, wird allerdings auf eine harte Bewährungsprobe gestellt, als die kleine Jenna in ihre Tagesstätte kommt. Jenna ist ausgerechnet die Nichte ihres ehemaligen Verlobten Lenny, der sie vor zwei Jahren mit einer anderen betrogen hatte und den sie immer noch nicht vergessen kann. Aus Schutz vor ihren Gefühlen für Lenny, die nie ganz erloschen sind, stürzt sich Vanessa in Verabredungen mit Gregor, einem Nachbarn, der ihr schon seit längerem Avancen macht. Gleichzeitig versucht Lenny alles, um Vanessa erneut für sich zu gewinnen. Sie kämpft gegen ihre Gefühle, doch schon bald muss sie sich eingestehen, dass sie vielleicht anderen, nicht jedoch sich selbst etwas vormachen kann. Wird sie sich erneut auf den Mann einlassen, der ihr schon einmal das Herz gebrochen hat?

„Zwei Worte bis zu dir“ ist die erste Folge der eBook-Serie „Die Wildroseninsel“, in deren Mittelpunkt das Schicksal von drei auf der Insel heimischen Freundinnen steht. Sie sind auf der Suche nach ihrem ganz persönlichen Glück, das nicht selten zu Lasten anderer geht – und manchmal sogar das Glück der eigenen Freundinnen zerstört. Aber wann ist es richtig, auf sein Herz zu hören? Und wann ist es besser, das Glück der anderen über das eigene zu stellen?

Die Serie erschien bereits 2013 in einer Erstauflage bei Droemer Knaur. Diese Neuauflage erscheint im Selbstverlag direkt über die Autorin.

Kapitel 1

Das Wasser drang in jede Pore und streichelte ihre Füße gleich einer überdimensionalen Hand. Einer Hand, die ihr wie ein treuer Begleiter bei jedem ihrer Schritte den Weg durch das belebende Nass wies. Vanessa ließ diese Vorstellung nur zu gerne zu, erschien sie ihr in den Abendstunden, wenn sie die Einsamkeit immer ein bisschen schwerer und die Sehnsucht immer ein bisschen schmerzlicher fühlte, beinahe wie ein Trost.

Sie mochte die Sonntage. Diese geheimnisvolle Stille, die sich wie ein dämpfendes Tuch vom Strand her über die Pferdekoppeln auf den Landzungen hinweg bis hin zu den Wohnsiedlungen legte. Es war keine Geräuschlosigkeit im eigentlichen Sinn, vielmehr die Erkenntnis, dass alles nur ein bisschen leiser war als sonst. Ruhiger und, so schien es zumindest, auch ein bisschen langsamer.

Nur in Vanessas Kopf war es alles andere als ruhig. Die Gedanken belagerten sie, blockierten ihre Sinne wie eine Armee von Einsiedlern.

Lenny!

Er war wieder in ihr Leben zurückgekehrt – und das, ohne wirklich da zu sein. Der Mann, mit dem sie vier Jahre lang zusammen gewesen war. Der Mann, den sie hatte heiraten wollen. Zwei Jahre war das mittlerweile her.

Genügte denn allein das Wissen, dass seine kleine Nichte Jenna jetzt tagsüber unter ihrer Obhut stand, um Vanessas Gefühlswelt derart durcheinanderzuwirbeln? Seitdem sie sich vor fünf Jahren als Tagesmutter selbständig gemacht hatte, waren viele Kinder gekommen und gegangen, aber keines hatte ihr bereits vor Betreuungsbeginn solches Kopfzerbrechen bereitet.

Sie schob die Hände in die Taschen ihrer Strickjacke. Der Abend war mild, wie die meisten im Juni. Der Wind streifte durch das bernsteinfarbene Haar, das ihr in den kurzen Momenten, in denen sie stehenblieb, über die schmalen Schultern auf den Rücken fiel. Ihre Freundinnen bezeichneten sie gern als Naturschönheit, als eine Frau, die das Glück hatte, auch und gerade ohne Make-up eine ganz besondere Ausstrahlung zu besitzen. Trotz dieser Tatsache war Vanessa geübt darin, die gelegentlichen Avancen der Männer, denen sie begegnete, zu ignorieren. Seit der Trennung von Lenny und der vorausgegangenen Demütigung, die sein Seitensprung für sie gewesen war, hatte sie sich auf nichts Ernstes mehr eingelassen. Zu groß war die Angst, wieder verletzt zu werden. Zu sehr lähmte sie die Frage, wie ihr Leben verlaufen wäre, wenn Lenny ihr treu geblieben wäre, wenn er ihr die Demütigung einer Affäre samt ihren Folgen erspart hätte. Doch das stand auf einem anderen Blatt. Und es war auch nicht die ganze Wahrheit. Nicht nur die Angst blockierte sie, sondern auch das Wissen, dass kein Mann der Welt die Gefühle in ihr auslösen konnte, die Lenny einst in ihr geweckt hatte.

Und jetzt? Jetzt waren die Gedanken an ihn plötzlich wieder da, und dazu intensiver, als sie es je wieder hatte zulassen wollen.

„Man könnte meinen, du bist auf einem anderen Planeten unterwegs“, hörte sie eine Stimme hinter sich sagen.

Abrupt blieb Vanessa stehen. „Kim! Wo kommst du denn auf einmal her?“

„Wo ich herkomme?“ Kim warf lachend das lange Haar in den Nacken. Schokobraune Strähnen, die sie – wie sie stets beteuerte –einzig und allein der Natur (und nicht der Färbekunst ihrer Friseurin) zu verdanken hatte. Und man glaubte es ihr, weil man Kim besser alles glaubte, wenn einem eine harmonische Freundschaft wichtig war.

„Ist die Frage so absurd?“ Vanessa bemühte sich um ein Lächeln.

„Du bist jeden Abend hier“, antwortete Kim, während sie nach ihrem Arm griff und sich darunter einhakte. „Und ich hatte Lust auf ein bisschen Unterhaltung.“

Unterhaltung. Woher sollte Kim, die, so liebenswert sie auch stets zu sein versuchte, in ihrem unermüdlichen Drang nach Aufmerksamkeit auch merken, dass Vanessa nicht nach Gesprächen zumute war?

„Du siehst müde aus“, stellte Kim unverblümt fest. „Dabei ist es noch nicht mal acht.“

„Ich bin nicht müde. Nur ein bisschen durch den Wind.“

„Immer noch wegen der Sache mit dieser Jenny?“

„Jenna“, stellte Vanessa richtig. „Sie heißt Jenna.“

„Von mir aus auch das.“ In die Oberflächlichkeit ihres Lächelns schlich sich ein Hauch von Mitgefühl. „Wichtig ist nur, dass du dir das nicht so sehr zu Herzen nimmst.“

„Soll das ein Scherz sein?“ Vanessa blieb stehen. „Er war mein Verlobter, Kim. Wir waren vier Jahre lang zusammen. Das lässt sich nicht so einfach aus dem Gedächtnis streichen.“

„Du sollst es ja auch nicht aus deinem Gedächtnis streichen! Du sollst nur verhindern, dass es all den schönen Dingen des Lebens den Platz raubt. Und überhaupt, wenn es dir so viel ausmacht, warum hast du die Betreuung dann angenommen? Ich meine, du hättest doch auch einfach absagen können, wenn es dir so schwerfällt, die Kleine zu sehen.“

„So einfach, wie du dir das vorstellst, ist das aber nicht. Ich hatte zwei unbesetzte Betreuungsplätze, ich kann es mir nicht erlauben, eine Anfrage abzulehnen. Außerdem geht es mir auch nicht um Jenna. Ich habe täglich Kontakt mit ihrer Mutter Katie, verstehst du? Lennys Schwester. Wir haben uns immer gut verstanden; sie hat mir sogar damals dabei geholfen, ein Hochzeitskleid auszusuchen. Mit der Trennung von Lenny hatte ich aber auch den Kontakt zu ihr abgebrochen, obwohl sie versucht hat, mich davon zu überzeugen, dass sie nach seinem Seitensprung auf meiner Seite stünde und ihn absolut nicht verstehen könnte.“

Kim zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. „Ja, aber Katie ist nicht Lenny.“

„Nein, aber sie ist dennoch die Schwester von Lenny. Der Lenny, der mich mit einer anderen betrogen hat und dabei noch so unvorsichtig war, diese Schlampe zu schwängern. Das Baby hätte eigentlich unseres sein müssen, verstehst du?“

„Also, so wie du das sagst, klingt das irgendwie sehr verworren. Ja, die Tussi hat ein Kind von ihm, aber soweit ich weiß, verbietet sie ihm jeden Kontakt zu seinem Sohn, schon allein deshalb, weil er keine Beziehung zu ihr wollte. Außerdem lebt sie doch schon lange nicht mehr auf der Insel.“

„Die Spuren, die die beiden hier hinterlassen haben, werden aber immer bleiben, Kim.“

Sie gingen nebeneinander am Strand entlang, während Vanessa versuchte, Kims Worte zu verinnerlichen. Katie ist nicht Lenny. Ja, das stimmte. Aber warum fiel es Vanessa dann so schwer, mit der Situation umzugehen?

„Er lebt doch schon lange nicht mehr auf der Insel, oder?“, fragte Kim nach einer Weile.

Vanessa senkte den Blick. „Er ist damals in die Stadt gezogen und hat das Angebot eines renommierten Architekturbüros angenommen.“

„Na also. Was kümmert es dich dann? Aus den Augen, aus dem Sinn. Vergiss den Idioten! Es ist zwei Jahre her, Vanessa.“

„Du hast ja recht. Ich werde nur einfach das Gefühl nicht los, dass mehr dahintersteckt. Ich meine, warum bringen sie Jenna ausgerechnet zu mir, nach allem, was vorgefallen ist?“

„Also für mich ist das absolut logisch.“ Kim strich sich eine Strähne hinter das Ohr. „Katie kennt dich, sie weiß, was für ein großes Herz du hast und wie gut du mit Kindern klarkommst. Warum sollte sie das Risiko eingehen, ihre Tochter zu einer Fremden zu geben, wenn sie die Möglichkeit hat, sie bei einer guten Seele wie dir in den besten Händen zu wissen?“

Vanessa blieb erneut stehen. So gerne Kim für gewöhnlich über sich und ihre Eheprobleme sprach, manchmal gelang es ihr doch, einleuchtende und sogar fast beruhigende Erkenntnisse von sich zu geben.

Ein Lächeln schlich sich auf Vanessas Lippen. „Stimmt schon. Vermutlich ist das wirklich der einzige Grund.“

„Sag ich doch. Es gibt keinen Anlass, Gespenster zu sehen. Und statt dir weiterhin Gedanken über deinen Verflossenen zu machen, solltest du dir lieber überlegen, wann du endlich die Einladung von deinem schnuckeligen Nachbarn annimmst.“

„Gregor?“ Vanessa runzelte die Stirn. „Ich bitte dich, Kim. Der ist nun wirklich nicht mein Fall. Wenn ich mich auf jeden Typen, der mir schöne Augen macht, einlassen würde, hätte ich viel zu tun.“

„Siehst du, du gibst es selber zu. Die Männer stehen auf dich. Warum dann nicht wenigstens eine der Möglichkeiten nutzen, die sich dir bieten?“

„Die Männer stehen nicht auf mich; sie fragen sich einfach nur, warum ich Single bin.“

„Und genau dasselbe frage ich mich auch. Und nicht nur ich“, Kim musterte sie lächelnd. „Auch Carina kann es nicht verstehen.“

Eine Möwe verließ den Strand mit vertrautem Schrei, als die beiden ihren Weg kreuzten. Wehmütig schaute Vanessa ihr nach, während sie sich von Kims Arm löste und die Hände erneut in die Taschen ihrer Strickjacke schob. Manchmal wünschte sie sich, einfach davonfliegen zu können. Vor ihren Problemen, vor ihren Gefühlen. Vor Lenny.

„Ich will nicht mehr darüber nachdenken“, sagte Vanessa schließlich. „Weder über Lenny, noch über Gregor.“

„Wer hat denn was von nachdenken gesagt?“ Kim kicherte. „Glaub mir, Süße. Den meisten Spaß hat man, wenn man sich das Nachdenken abgewöhnt und sich voll und ganz auf sein Herz verlässt. Oder auf andere weibliche Sinne.“

„Du und deine weiblichen Sinne.“

„Sag das nicht! Ohne diese Sinne wäre mein Leben in Martins Abwesenheit ganz schön öde.“

Vanessa wusste, dass Kim auf die Affären anspielte, mit denen sie sich trotz mittlerweile fünfjähriger Ehe immer wieder die einsamen Nächte vertrieb, wenn Martin auf einer seiner vielen Geschäftsreisen war. Ein offenes Geheimnis, das Vanessa stirnrunzelnd, aber schon lange kommentarlos hinnahm. Kims fragwürdige Definition von Treue war nie Anlass gewesen, ihre Freundschaft in Frage zu stellen. Viel zu lange kannten sie sich bereits, viel zu tief war das Verhältnis zwischen ihnen und auch ihrer Freundin Carina. Ein Dreiergespann, das unzertrennlich schien.

„Ich glaube, ich werde jetzt umkehren und mir ein Glas Rotwein gönnen“, sagte Vanessa.

„Klingt prima. Hast du auch eins für mich übrig?“

Vanessa zwinkerte ihr zu. „Wenn du deinen Wein zur Abwechslung auch in weiblicher Gesellschaft trinken magst.“

*

Er näherte sich ihr, wie er es immer tat. Wortlos, und doch fähig, ihr alles zu sagen: dass er sie begehrte, dass er sie liebte, dass er bereit war, alles für sie zu tun. Allein sein Blick barg alle Antworten in sich. Jede Emotion, jede Hoffnung, jede Ahnung von dem, was nur wenige Sekunden später geschehen würde.

---ENDE DER LESEPROBE---