Dr. Norden Bestseller 106 – Arztroman - Patricia Vandenberg - E-Book

Dr. Norden Bestseller 106 – Arztroman E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Deutlich über 200 Millionen Exemplare verkauft! Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. Celia Laurens hatte geduldig im Wartezimmer der Praxis von Dr. Norden gesessen, bis die Reihe an ihr war. Sie hatte sogar noch einer anderen Patientin den Vortritt gelassen. Sie war unangemeldet gekommen, worüber Loni, Dr. Nordens Sekretärin, erstaunt gewesen war. Frau Laurens war schließlich eine langjährige Patientin, und wenn sie anrief, bekam sie auch einen Termin, der eine längere Wartezeit ausschloss. Loni wusste, dass Celia Laurens bald ihren sechzigsten Geburtstag feiern konnte, dass sie zwei erwachsene Söhne hatte und schon seit zwanzig Jahren verwitwet war. Dennoch war Celia eine noch immer schöne Frau und eine imponierende Erscheinung, groß, schlank und sehr gepflegt. Nicht nur das, Celia war auch ein liebenswürdiger, warmherziger Mensch, stets bemüht zu helfen, wo sie persönlich helfen konnte. Dr. Norden freute sich, Celia Laurens zu sehen, aber er merkte sofort, dass sie nicht so frisch und lebhaft wie sonst war. »Wo fehlt es?«, fragte er. »Mir fehlt nichts, lieber Dr. Norden. Ich komme mit einem Anliegen, das Bernd betrifft. Da ich aber weiß, dass ich ihn nicht zu einer Untersuchung veranlassen kann, ist mir eine andere Idee gekommen. Ich hoffe, Sie werden mir diese große Bitte nicht abschlagen«, fuhr sie mit einem verlegenen Lächeln fort. »Anlässlich meines Geburtstages geben wir doch ein kleines Fest für unsere engsten Freunde, und mich würde es ganz besonders freuen, wenn Sie und Ihre reizende Frau auch kommen würden.

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Dr. Norden Bestseller – 106 –

Wenn die Liebe lügt

Ingrid, Opfer einer bösen Intrige

Patricia Vandenberg

Celia Laurens hatte geduldig im Wartezimmer der Praxis von Dr. Norden gesessen, bis die Reihe an ihr war. Sie hatte sogar noch einer anderen Patientin den Vortritt gelassen. Sie war unangemeldet gekommen, worüber Loni, Dr. Nordens Sekretärin, erstaunt gewesen war. Frau Laurens war schließlich eine langjährige Patientin, und wenn sie anrief, bekam sie auch einen Termin, der eine längere Wartezeit ausschloss.

Loni wusste, dass Celia Laurens bald ihren sechzigsten Geburtstag feiern konnte, dass sie zwei erwachsene Söhne hatte und schon seit zwanzig Jahren verwitwet war. Dennoch war Celia eine noch immer schöne Frau und eine imponierende Erscheinung, groß, schlank und sehr gepflegt.

Nicht nur das, Celia war auch ein liebenswürdiger, warmherziger Mensch, stets bemüht zu helfen, wo sie persönlich helfen konnte.

Dr. Norden freute sich, Celia Laurens zu sehen, aber er merkte sofort, dass sie nicht so frisch und lebhaft wie sonst war.

»Wo fehlt es?«, fragte er.

»Mir fehlt nichts, lieber Dr. Norden. Ich komme mit einem Anliegen, das Bernd betrifft. Da ich aber weiß, dass ich ihn nicht zu einer Untersuchung veranlassen kann, ist mir eine andere Idee gekommen. Ich hoffe, Sie werden mir diese große Bitte nicht abschlagen«, fuhr sie mit einem verlegenen Lächeln fort. »Anlässlich meines Geburtstages geben wir doch ein kleines Fest für unsere engsten Freunde, und mich würde es ganz besonders freuen, wenn Sie und Ihre reizende Frau auch kommen würden. Bei dieser Gelegenheit könnten Sie dann Bernd einmal kennnenlernen. Er bereitet mir wirklich große Sorgen.«

»Inwiefern?«, fragte Dr. Norden.

»Vielleicht ist er nur überarbeitet, aber ich beobachte, dass er manchmal so ungezielte Bewegungen macht, oft auch etwas fallen lässt, dann wieder irgendwo Halt sucht. Wenn ich ihn darauf anspreche, winkt er ab und sagt, dass er sich erst an seine neue Brille gewöhnen müsse. Aber die hat er schon acht Wochen.«

»Vielleicht ist da dem Optiker ein Fehler unterlaufen. Das passiert auch mal«, sagte Dr. Norden.

»Nein, es steckt mehr dahinter, Herr Doktor«, sagte Celia bekümmert. »Ich kenne meinen Großen. Ich brauche ihn so nötig. Auf Carsten ist nicht der richtige Verlass. Er nimmt Bernd auch keine Arbeit ab. Er ist halt lieber der Sonnyboy. Bernd beklagt sich nicht. Es gibt keine Differenzen zwischen den Brüdern, im Gegenteil, Bernd ist Carsten gegenüber fast zu nachsichtig.

Bitte, lieber Dr. Norden, kommen Sie. Es wäre eine große Beruhigung für mich, zugleich aber auch eine ganz große Freude.«

»Ich will versuchen, es möglich zu machen«, versprach er. »Fee geht ja gern mal aus, aber sie beschwert sich auch nicht, wenn es nicht klappt. Sollte ich nicht abkommen können, wird sie mich vertreten. Einmal ist sie eine gute Psychologin, zum andern ja auch Ärztin. Ihre Söhne zeigen noch immer keine Neigung zur Heirat?«

»Nein, leider nicht, diesbezüglich sind sie sich sehr ähnlich. Während ich Bernd nachsagen muss, dass er sich gar keine Mühe gibt, Kontakt zu Mädchen zu finden, tut Carsten diesbezüglich etwas zu viel des Guten, wenn man es gut nennen kann.« Sie seufzte. »Nun klage ich Ihnen auch noch die Ohren voll, dabei haben Sie ohnehin so viel zu tun.«

»Sie klagen doch nicht. Dass eine Mutter sich Sorgen macht, ist verständlich. Und Sie sind eine wundervolle Mutter, das weiß ich.«

»Danke für das Kompliment. Ich hoffe nur, dass bei Bernd nichts Ernsthaftes dahintersteckt.«

Sie war ehrlich besorgt, und das veranlasste Dr. Norden dann auch, die Einladung anzunehmen und ihr Folge zu leisten. Die Geburtstagsparty fand am Samstag statt.

Fee Norden war sehr überrascht gewesen, dass Daniel nicht nach einer Ausrede suchte. Eingeladen wurden sie häufig, doch selten stimmte ihr Mann zu, und diesmal hatte sie ihn gar nicht zu überreden brauchen.

Fee kannte Celia. Man sah sich nicht oft, aber man war sich sympathisch. Gesellschaftlich trat Celia Laurens meist nur auf Wohltätigkeitsveranstaltungen in Erscheinung, und solche besuchte Fee auch mal allein. Sonst war ihr das Familienleben wichtiger, und bei Celia war es nicht anders gewesen, als ihr Mann noch lebte und die beiden Söhne noch nicht erwachsen waren.

Fee konnte ihre drei Kinder unbesorgt der guten Lenni überlassen, die nun schon einige Jahre den Nordenschen Haushalt betreute. Zu Lennis Gesellschaft kam Loni gern ins Haus. In der Praxis Loni, daheim Lenni, mit zwei so treuen, zuverlässigen Menschen ließ es sich wahrhaftig leben.

Auch Celia Laurens hatte eine treue Stütze. Die rundliche Wally war Celia treu ergeben. Bei den Söhnen machte sie feine Unterschiede, ohne dies offen zur Schau zu tragen. Wally war noch immer unermüdlich, aber viele Gäste im Haus mochte sie nicht. Celias Geburtstag machte eine Ausnahme. Der war einer Feier würdig.

Die Zahl der Gäste war auf zwei Dutzend beschränkt worden, obgleich Carsten Laurens, der jüngere Sohn, für einen großen Galaempfang plädiert hatte. Was Celia jedoch nicht wollte, wurde auch nicht durchgeführt. Sie hatte immer einen starken Willen gehabt.

So waren tatsächlich nur die engsten Freunde geladen worden. Albrecht und Regina von Asten mit ihrer Tochter Marlen, Professor Winkelmann mit Tochter Sybille und Schwiegersohn Dr. Helfrich. Die leitenden Direktoren des Konzerns mit ihren Angehörigen und Ingrid Winkler, die verwaiste Tochter von Celias Jugendfreundin Charlotte, die die Geburt des heiß ersehnten Kindes im Alter von fast vierzig Jahren mit dem Leben hatte bezahlen müssen. Celia hatte die Patenschaft übernommen und rührend für Ingrid gesorgt. Ingrid war jetzt von ihrem Sprachstudium, das sie in der Schweiz absolviert hatte, heimgekehrt. Aus dem zerrupften Entlein, wie sie von Carsten bezeichnet worden war, hatte sich ein Schwan gemausert.

Lockiges blondes Haar umgab ein feines Gesicht, in dem große topasfarbene Augen leuchteten. Es war verständlich, dass Carsten das aparte junge Mädchen wohlgefällig musterte. Celia gefiel dieser Blick nicht. Als Ingrid ging, um sich für den Abend umzukleiden, richtete sie das Wort an ihren Sohn.

»Lass Ingrid in Ruhe, Carsten«, sagte sie mit erzwungener Ruhe.

»Anschauen werde ich sie doch noch dürfen«, meinte er lächelnd. Er war ein sehr gut aussehender junger Mann, achtundzwanzig, groß, schlank und sehr charmant.

»Ingrid soll sich hier wohlfühlen«, sagte Celia.

»Aber selbstverständlich, liebste Mama«, erwiderte Carsten. »Sie ist doch so was wie unsere kleine Schwester. Sie wird Furore machen.« Schnell wechselte er darauf das Thema. »Wieso hast du eigentlich die Nordens eingeladen?«

»Weil ich sie mag«, erwiderte Celia. »Es ist schließlich mein Geburtstag.«

»Aber gewiss. Es sollte keine Kritik sein. Es erstaunt mich nur, dass sie tatsächlich zugesagt haben.«

»Die Sympathie beruht eben auf Gegenseitigkeit«, sagte Celia leichthin.

»Es wird so mancher beleidigt sein, keine Einladung bekommen zu haben«, sagte er anzüglich.

»Wenn schon. Ich gebe keine Tausende aus für eine gleichgültige Gesellschaft. Das Geld spende ich lieber für wohltätige Zwecke.«

»Ich habe ja nichts dagegen, Mama, nur hat man eben auch Verpflichtungen, und Bernd versteht auch nicht zu repräsentieren.«

»Dafür findet man deinen Namen in allen Klatschspalten. Du bist auf jeder Hundehochzeit anzutreffen«, sagte sie spöttisch. »Ob das Repräsentation ist?«

»Ich bin jung, und ich lebe nicht, um zu arbeiten. Aber darüber wollen wir doch heute nicht diskutieren, liebste Mama.«

Er wich jeder Debatte aus. Er war keineswegs streitsüchtig. Er ging immer den Weg des geringsten Widerstandes. Aber er war auch überall beliebt, wie Celia dann wieder einmal feststellen konnte, als die Gäste kamen. Er machte die Honneurs.

Bernd kam natürlich wieder mal mit Verspätung, abgehetzt, erschöpft aussehend.

Er war an sich eine interessante Erscheinung, ein typisch Intellektueller, wie Carsten seinen vier Jahre älteren Bruder bezeichnete, aber er war so reserviert, dass man sich schon näher mit ihm befassen musste, um seine Vorzüge zu erkennen.

»Darf ich dir deine Schleife zurechtrücken, Bernd?«, fragte Ingrid leise.

Er sah sie irritiert an. »Das ist doch unwichtig«, erwiderte er rau. Er streifte sie nur mit einem flüchtigen Blick und trank ein Glas Mineralwasser. Sie sah, wie seine Hand zitterte. »Du solltest dich ausruhen«, sagte sie leise.

»Ich brauche kein Kindermädchen«, sagte er heftig.

Eben kamen die Astens. Marlen, die Tochter, war zwei Jahre älter als Ingrid, eine zierliche, etwas farblose Erscheinung. Aber ihre grauen Augen leuchteten auf, als Ingrid auf sie zukam.

»Wie schön für Celia, dass du wieder da bist, Ingrid«, sagte sie herzlich. Sie hatte eine weiche klangvolle Stimme und gewann sofort, wenn sie sprach.

Albrecht von Asten, ein gepflegter grauhaariger Mann, trug zur Schau, wer im Hause Asten der Herr war.

Die Gratulationscour war fast zu Ende, als die Nordens erschienen. Aller Augen richteten sich auf das attraktive Paar. Fee sah wieder mal hinreißend aus in dem schlichten, weichfallenden lindgrünen Seidenkleid.

Man stellte mit gemischten Gefühlen fest, dass das Ehepaar von Celia mit besonderer Herzlichkeit begrüßt wurde.

Jedoch war es wohl vor allem Carsten zu verdanken, dass eine gelockerte Stimmung aufkam, obgleich Bernd sich nun auch aufgerafft hatte und sich den Gästen widmete.

Für deren leibliches Wohl war bestens gesorgt. Man tat sich da auch durchaus keinen Zwang an.

Daniel Norden fand bald eine Gelegenheit, mit Bernd Laurens zu sprechen. Er selbst brachte dieses Gespräch sogar in Gang.

»Mama freut sich sehr, dass Sie und Ihre Frau gekommen sind, Herr Dr. Norden«, sagte er. »Ich bin froh, dass sie bei Ihnen in so guten Händen ist.«

Dabei bräuchte er einen Arzt nötiger als seine Mutter, dachte Daniel, der ihn unauffällig, aber sehr genau beobachtete.

Bernd beherrschte sich zwar erstaunlich, aber dem erfahrenen Arzt entging es nicht, dass Celias Sorgen durchaus begründet waren. Bernd schien an Gleichgewichtsstörungen zu leiden. Später konnte Daniel feststellen, dass sich Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten und er sich gleich darauf hinaustastete. Ja, anders konnte man es nicht bezeichnen.

Er folgte ihm und fand ihn im Salon, schwer atmend in einem Sessel sitzend.

»Kann ich Ihnen helfen, Herr Laurens?«, fragte er behutsam. »Ist Ihnen nicht wohl?«

»Ich bin wohl nur etwas überanstrengt«, erwiderte Bernd stockend.

»Man kann etwas dagegen tun«, sagte Daniel.

»Ich möchte nicht, dass Mama sich meinetwegen Sorgen macht, besonders nicht heute.«

Dr. Norden hätte sagen können, dass sie sich längst Sorgen machte, aber das behielt er freilich für sich.

»Sie sollten sich einmal einer Untersuchung unterziehen«, sagte er freundlich. »Gegen Stress kann man eine ganze Menge tun.«

Bernd sah ihn müde an. »Ich werde mal zu Ihnen kommen«, sagte er zögernd.

»Aber bald, bevor es schlimmer wird«, erklärte Daniel. »Dann muss Ihre Mutter sich nämlich wirklich Sorgen machen.«

»Ich komme am Montag«, erwiderte Bernd zu Daniels Überraschung. »Ist es möglich, dass ich nicht gesehen werde?«

Daniel überlegte rasch. »Kommen Sie morgen gegen elf Uhr. Da sieht Sie bestimmt niemand, selbst meine Sekretärin nicht«, erwiderte er.

»Es ist Sonntag«, sagte Bernd tonlos. »Sie werden doch Ihre Freizeit nicht opfern.«

»Ich mache Ausnahmen«, lächelte Daniel.

Bernd sah ihn forschend an. Er schien nun wieder etwas frischer. »Sie meinen, dass etwas dahintersteckt?«, fragte er.

»Aber nein, ich will mir nur Zeit nehmen, und während der Sprechstunde geht es meist turbulent zu.«

»Ich bin Ihnen sehr dankbar«, sagte Bernd leise. »Ich fühle mich manchmal wirklich elend.«

Celia hatte bemerkt, wie Bernd verschwunden und wie Dr. Norden ihm gefolgt war. Auch Fee war es nicht entgangen. Aber Ingrid vermisste Bernd und suchte ihn.

Sie fand ihn dann mit Dr. Norden im Salon und wurde verlegen.

»Oh, Verzeihung, ich wollte nicht stören«, sagte sie. »Ich dachte nur …«

»Es gibt nichts«, sagte Bernd fast barsch. Darüber wunderte sich Dr. Norden. Es erschien ihm befremdlich, dass Bernd so abweisend zu diesem reizenden jungen Mädchen war. Ingrid schien mehr erschrocken als verletzt. Schnell verschwand sie wieder.

Später sah Dr. Norden sie mit Carsten beieinander stehen, und der benahm sich bedeutend liebenswürdiger.

Bernd hatte sich wieder gefangen. Als Daniel und Fee sich verabschiedeten, unterhielt er sich angeregt mit Marlen von Asten.

Celia sah Dr. Norden fragend an, als er sich über ihre Hand neigte. »Ich rufe Sie an«, sagte er bedeutungsvoll, und sie nickte ihm dankbar zu.

*

»Sie wollen schon gehen?«, fragte Carsten erstaunt.

»Vielleicht muss ich noch Krankenbesuche machen«, erwiderte Daniel.

»Die Ärzte sind wirklich nicht zu beneiden«, meinte Carsten. »Ich bin froh, dass ich mich nicht für das Medizinstudium entschieden habe. Als ich achtzehn war, hatte ich es im Auge, dann hat aber der Numerus clausus nicht gereicht. Zum Glück, muss ich jetzt sagen.«

»Na, das wäre ein Arzt geworden«, sagte Fee später.

»Zulauf von Frauen hätte er bestimmt genug gehabt«, meinte Daniel hintergründig.

»Mit Charme allein kann man nicht heilen.«

»Manche Frauen gehen ja auch nicht zum Arzt, um geheilt zu werden. Der Beruf allein, das Image zieht sie an«, lachte er, »idiotisch, aber leider wahr.«

»Zwei grundverschiedene Brüder«, stellte Fee fest, ohne weiter darauf einzugehen. Sie wusste ja nur zu gut, dass Daniel auch jenen eben erwähnten Frauen genügend ausgesetzt worden war. Damals war sie eifersüchtig gewesen, aber das lag schon lange zurück. Seit er geradezu provozierend ihr Bild und die Fotos der Kinder auf dem Schreibtisch stehen hatte, erstickten alle Flirtversuche im Keim. Und wenn es doch mal kritisch wurde, erschien Loni sofort auf ein kurzes unauffälliges Klingelzeichen. Es war alles bestens eingespielt.

»Bernd ist krank«, sagte Daniel.

»Was fehlt ihm?«

»Das muss ich erst noch herausfinden. Celia macht sich die Sorgen jedenfalls nicht umsonst. Es mag sein, dass er sich zu wenig schont. Aber da er finanziell wohl keine Sorgen haben kann, ist sein übermäßiges Engagement etwas unverständlich. Die Direktoren machen doch einen sehr seriösen Eindruck.«

»Eine unglückliche Liebe vielleicht? Ingrid ist ein bezauberndes Mädchen. Carsten versteht es besser, sich in das rechte Licht zu rücken.«

»Ins rechte? Das wage ich zu bezweifeln. Er ist ein Charmeur, aber viel ist nicht dahinter.«

»Frauen mögen das anders beurteilen«, stellte Fee fest. »Jedenfalls scheint da eine Rivalität zu bestehen.«

»Wie kommst du denn darauf? Bernd zeigte doch bedeutend mehr Interesse für Marlen von Asten.«

»Ich bin nicht deiner Meinung. Ich habe beobachtet, wie Bernd Ingrid anschaute. Es lag eine tiefe Resignation in seinem Blick.«

»Er ist eben kein Charmeur. Aber er ist seiner Mutter ein fürsorglicher Sohn. Er kommt morgen elf Uhr.«

»Zum Frühschoppen?«, fragte Fee überrascht.

»In die Praxis. Ich werde ihn untersuchen. Er möchte nicht gesehen werden. Sei nicht böse, Fee.«

»Ich bin doch nicht böse, Schatz«, sagte sie leise. »Du bist besorgt, ich sehe es dir an der Nasenspitze an. Es ist nicht nur die Managerkrankheit.«

»Ich will keine Diagnose stellen. Ich könnte es nicht, Liebes. Morgen werde ich mehr wissen.«

*

Im Hause Laurens schlief nur Carsten bis in den Vormittag. Zuerst war wieder Bernd auf den Beinen gewesen. Er machte einen Morgenspaziergang im Park, bevor er sich am Frühstückstisch einfand. Dort hatte schon Ingrid Platz genommen.

»Auch schon ausgeschlafen?«, begrüßte Bernd das junge Mädchen.

»Ich bin von Natur aus Frühaufsteherin«, erwiderte sie.

»Da passt du aber nicht zu Carsten«, sagte er ironisch.

»Wer sagt denn, dass ich mich ihm anpassen will«, entgegnete sie unwillig. »Was hast du eigentlich gegen mich, Bernd? Sag es ehrlich, dann werde ich schnell wieder verschwinden.«

Er zuckte erschrocken zusammen, klirrend stellte er die Tasse zurück.

»Du missverstehst mich«, sagte er rau. »Mama ist glücklich, dass du da bist. Aber genügt es dir nicht, dass Carsten dir den Hof macht?«

»Es ist nun mal seine Art. Er könnte ruhig ein bisschen mehr von deiner Gewissenhaftigkeit haben, dann wärest du auch entlastet.«

»Ich habe zuverlässige Mitarbeiter«, sagte er. »Vielleicht ändert sich Carsten, wenn er endlich mal bei der richtigen Frau gelandet ist.«

»Die bin ich nicht«, sagte sie heftig. »Ich würde sehr gern im Betrieb arbeiten, wenn du es gestatten würdest.«

»Arbeiten willst du?«, fragte er verwundert.

»Natürlich. Wozu habe ich vier Sprachen gelernt? Ich bin zudem perfekt in Steno und Maschineschreiben. Ich habe nicht die Absicht, mich auf die faule Haut zu legen. Wenn ihr alle Stellen besetzt habt, suche ich mir eine andere.«

»Wir können darüber noch reden. Mama wollte ein paar Wochen mit dir in den Bergen verbringen.«

»Ja, sie sagte es.«

»Wenn ihr zurück seid, können wir über deine Pläne reden, Ingrid. Eine tüchtige Kraft können wir immer brauchen.«

»Ich habe meine Prüfungen mit sehr gut bestanden«, sagte sie, »falls du Referenzen verlangst.«

»Werde nicht anzüglich«, sagte er kühl.

»Ich möchte nicht als Celias Patenkind behandelt werden. Man soll mich nach meiner Leistung beurteilen«, erklärte Ingrid ruhig.

»Okay, das wird geschehen.«

Dann erschien Celia. Sie ließ sich nicht anmerken, dass sie schon ein Weilchen gelauscht hatte.

»Mich hat der Hunger herausgetrieben«, sagte sie lässig. »Bei Festivitäten bringe ich keinen Bissen herunter. Aber es war doch ganz nett, oder?«

»Ja, es war ganz nett«, erwiderte Bernd.

»Eigentlich könnten wir heute einen Ausflug machen und außerhalb essen«, schlug Celia vor, nachdem sie sich gestärkt hatte.

»Ich habe um elf Uhr leider einen wichtigen Termin, Mama«, sagte Bernd.

Sie tat überrascht, denn es kam ihr sogleich eine Ahnung, da sie an Dr. Nordens bedeutungsvollen Blick dachte.

»Sogar sonntags?«, fragte sie mit gelindem Vorwurf.

»Es wird nicht lange dauern. Carsten wird ohnehin bis mittags schlafen, dann können wir immer noch zum Essen fahren. Wie wäre es mit Schloss Höhenrain?«

»Einverstanden«, sagte Celia rasch.

»Wir können uns dort treffen«, meinte Bernd. »Hast du dich schon entschieden, wann du mit Ingrid nach Montagnes fährst?«

»Nächste Woche. Du könntest ruhig eine Woche mitkommen, Bernd. Es wird doch auch mal ohne dich gehen.«

»Ich kann jetzt nichts entscheiden. Wichtige Verhandlungen stehen ins Haus«, sagte er ruhig.

Überhaupt war er sehr ruhig und sicher an diesem Morgen. Vielleicht habe ich mich doch getäuscht, sagte sich Celia.

Carsten war gerade aufgestanden, als Bernd das Haus verließ.

»Wohin treibt es ihn denn schon wieder?«, fragte er sarkastisch.

»Zu einer Besprechung«, erwiderte Ingrid.

»Er meint auch, ohne ihn läuft nichts«, spottete Carsten.

»Ich möchte wissen, was los wäre, wenn er sich nicht um alles kümmern würde«, sagte Celia unwillig.

»Und wenn er eines Tages einen Herzinfarkt kriegt, was ist dann?«, fragte Carsten.

»Du bist wahrhaftig ein Gemütsmensch«, sagte Ingrid gereizt.

»Glonn hat Konkurs gemacht, als der Senior starb«, sagte Celia ruhig. »Das ist uns erspart geblieben.«

»Glonn war nicht so fundiert wie wir, Mama«, lächelte Carsten.

Gegen ihn kam man einfach nicht an. Er wusste ganz gut Bescheid, nur mit der Einsatzbereitschaft mangelte es bei ihm.

»Vergiss bitte nicht, dass ich auch schon einige gute Aufträge gebracht habe«, fügte er gleichmütig hinzu.

Das konnte sie nicht wegreden. Er hatte das Talent, wenn er wollte, tatsächlich geschickt zu disponieren.

»Nächste Woche steht Portugal auf meinem Plan«, sagte Carsten. »Anschließend besuche ich euch in Montagnes und erhole mich von anstrengenden Tagen. So muss man es machen, dann bleibt man gesund. Ich habe nicht die Absicht, früh ins Gras zu beißen.«

Celia rannen eisige Schauer über den Rücken. Da sah Carsten sie an. »Ich kann doch an Bernd hinreden, wie ich will, ich rede gegen eine Wand«, fügte er hinzu. »Aber lange geht es so bei ihm nicht weiter. Es mag hart klingen, Mama, aber es ist eine Tatsache.«