Dr. Norden Bestseller 145 – Arztroman - Patricia Vandenberg - E-Book

Dr. Norden Bestseller 145 – Arztroman E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Deutlich über 200 Millionen Exemplare verkauft! Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. Dr. Norden hatte schon in aller Frühe einen dringenden Hausbesuch machen müssen. Mit einer Viertelstunde Verspätung kam er in seine Praxis. Loni, seine treue Helferin, empfing ihn mit einem schweren Seufzer. »Heute ist wirklich wieder mal der Teufel los«, sagte sie. »Nein, der Föhn«, meinte er, »Frühlingstemperaturen im November. Da ist es ja kein Wunder, wenn die Menschen hektisch werden. Also, packen wir's an, Loni. Wir beide müssen standhaft bleiben.« »Frau Brehm kommt gegen zehn Uhr, wie immer in Eile«, sagte Loni, bevor sie den ersten Patienten aus dem Wartezimmer holte. »Na gut, ich nehme sie zwischendrin herein. Sie hat ja einen weiten Weg.« Franca Brehm, eine bekannte Schauspielerin, hatte bis vor einigen Monaten ganz in der Nähe gewohnt, dann aber war sie nach Bogenhausen gezogen. Dr. Norden war sie dennoch treu geblieben. Diese übersensible Frau konnte sich an einen anderen Arzt nicht gewöhnen, und wenn sie Beschwerden hatte, waren diese meist seelisch bedingt. Dr.

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Dr. Norden Bestseller – 145 –

Auch Dr. Norden schwieg

Patricia Vandenberg

Dr. Norden hatte schon in aller Frühe einen dringenden Hausbesuch machen müssen. Mit einer Viertelstunde Verspätung kam er in seine Praxis.

Loni, seine treue Helferin, empfing ihn mit einem schweren Seufzer.

»Heute ist wirklich wieder mal der Teufel los«, sagte sie.

»Nein, der Föhn«, meinte er, »Frühlingstemperaturen im November. Da ist es ja kein Wunder, wenn die Menschen hektisch werden. Also, packen wir’s an, Loni. Wir beide müssen standhaft bleiben.«

»Frau Brehm kommt gegen zehn Uhr, wie immer in Eile«, sagte Loni, bevor sie den ersten Patienten aus dem Wartezimmer holte.

»Na gut, ich nehme sie zwischendrin herein. Sie hat ja einen weiten Weg.«

Franca Brehm, eine bekannte Schauspielerin, hatte bis vor einigen Monaten ganz in der Nähe gewohnt, dann aber war sie nach Bogenhausen gezogen. Dr. Norden war sie dennoch treu geblieben. Diese übersensible Frau konnte sich an einen anderen Arzt nicht gewöhnen, und wenn sie Beschwerden hatte, waren diese meist seelisch bedingt. Dr. Norden kannte sie schon einige Jahre. Er verstand es, mit ihr umzugehen und auf sie einzugehen.

Franca Brehm kam pünktlich. Ihr Beruf erforderte Disziplin, und sie spielte sich nie als Diva auf. Trotz des frühlingshaften Wetters trug sie eine Pelzjacke, und doch schien sie zu frösteln.

Loni war erschrocken, wie blaß sie war. Franca Brehm war nicht das, was man schön nannte, aber sie hatte ein sehr interessantes, ausdrucksvolles Gesicht. Wunderschön waren ihre rehbraunen Augen, die immer einen feuchten Schimmer hatten. Loni konnte es ihr jedoch ansehen, daß sie in dieser Nacht wenig geschlafen und viel geweint hatte.

Franca stützte sich schwer auf den Schreibtisch. »Ist Ihnen nicht gut, Frau Brehm?« fragte Loni erschrocken.

»Doch, es geht schon. Muß ich warten?«

»Nein, der Chef weiß Bescheid. Kommen Sie mit ins Labor. Heute ist er ein bißchen im Druck.«

»Es tut mir leid«, murmelte Franca, »aber mir ist wirklich nicht gut.«

Man sieht es, dachte Loni. Zwei Minuten später holte Dr. Norden Franca in den Untersuchungsraum, der neben dem Labor lag. Auch er mußte sich beherrschen, um sein Erschrecken nicht zu zeigen.

»Macht Ihnen der Sohn so sehr zu schaffen?« fragte er besorgt, als sie ihn so hilfeflehend anblickte.

»Nein, es ist Bernd«, erwiderte sie leise. »Ich habe mich da auf etwas eingelassen, das ich nicht verkraften kann. Eigentlich sollte man in meinem Alter nicht mehr so töricht sein, wenn man schon eine mißglückte Ehe hinter sich hat.«

»Sie haben Herrn Valberg geheiratet?« fragte er.

»Nein, soweit ist es nicht gekommen, aber mehr deshalb, weil er es nicht wollte, jetzt weiß ich warum. Er ist nämlich verheiratet. Seine Frau kreuzte gestern bei mir auf und hat mir die Hölle heiß gemacht. Ich habe ihr dann doch klarmachen können, daß ich von ihrer Existenz nichts wußte. Ich bin mit den Nerven restlos fertig und um etwa achtzigtausend Mark ärmer. So blöd kann man noch mit fünfunddreißig Jahren sein.«

»Und was sagt er?« fragte Dr. Norden, der die Vorgeschichte dieser Verbindung kannte.

»Er filmt in Spanien, weit vom Schuß. Seine Frau war in Indien. Jemand hat es ihr brühwarm erzählt, daß wir zusammen wohnen. Ich wünschte, ich könnte in den Erdboden versinken.«

»Na, so schlimm ist es doch auch nicht«, meinte er begütigend. »Spannen Sie ein paar Wochen aus, dann ist darüber auch Gras gewachsen.«

»Ich werde wohl länger ausspannen müssen«, sagte sie leise. »Ich erwarte ein Kind. Und ich habe mich sogar darauf gefreut.«

»Warum sollten Sie sich nicht auch weiter darauf freuen?« fragte er behutsam. »Sie haben sich doch ein Kind gewünscht.«

»Aber unter anderen Voraussetzungen«, sagte sie. »Ich bin halt konservativ.«

»Sie stehen jetzt noch unter dem Schock«, sagte Dr. Norden. »Ich kann mich noch gut daran erinnern, daß Sie einmal sagten, daß Sie leicht ohne Mann auskommen würden, wenn Sie ein Kind hätten.«

»Aber nicht von einem Mann, der mich hintergangen hat«, sagte sie trotzig.

»Weiß er von dem Kind?« fragte Dr. Norden.

»Nein, ich wollte es ihm erst sagen, wenn er zurück ist.«

»Vielleicht läßt er sich scheiden«, sagte Dr. Norden.

»Sie denken doch wohl nicht, daß ich jetzt noch bereit wäre, ihn zu heiraten. Ich habe ihn geliebt, wirklich geliebt. Ich will das Kind nicht haben.«

»Im wievielten Monat sind Sie? Wissen Sie das schon? Waren Sie bei einem Gynäkologen?«

»Das brauche ich nicht. Ich weiß es genau.«

»Und ich weiß, daß Sie es sehr bereuen würden, wenn Sie auf einer Abtreibung bestehen würden, Frau Brehm«, sagte Dr. Norden. »Sie sind jetzt erschüttert und deprimiert. Ich kenne Sie sehr gut. Bitte, lassen Sie sich das lieber durch den Kopf gehen, wenn Sie ruhiger geworden sind. Sie haben doch ein hübsches Häuschen am See. Erst mal weg aus der Wohnung.«

»Und Sie meinen, daß ich dann anders denken würde?«

»Ich müßte mich sehr in Ihnen getäuscht haben, wenn es anders wäre«, sagte er mit einem feinen Lächeln.

»Es wäre ja alles nicht so schlimm gewesen, wenn sie nicht so entsetzlich ordinär wäre«, flüsterte Franca. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Victor mit dieser Frau verheiratet sein kann.«

»Und könnte es nicht sein, daß Sie getäuscht wurden von einer Intrigantin?«

»Nein, sie hat mir die Heiratsurkunde gezeigt und auch die Geburtsurkunde ihrer Tochter, die jetzt bereits siebzehn Jahre alt ist.«

Dr. Norden runzelte die Stirn. »Ich würde Ihnen empfehlen, einer Unterredung mit Herrn Valberg nicht auszuweichen«, sagte er nachdenklich. »Vielleicht verhält es sich doch etwas anders, als diese Frau es sagte.«

»Aber er hat mir verschwiegen, daß er verheiratet ist«, schluchzte Franca auf.

»Sie fühlen sich gedemütigt«, sagte Dr. Norden sanft. »Ich verstehe das sehr gut. Andererseits finde ich es doch überdenkenswert, daß Herr Valberg dies Verhältnis keineswegs vertuscht hat. Man hat Sie überall zusammen gesehen. Es war kein Geheimnis, daß Sie zusammen wohnten. Er ist ja kein primitiver Mensch, und er hatte sich sagen müssen, daß seine Ehefrau davon Wind bekommt.«

»Aber er wähnte sie weit vom Schuß, in Indien.«

»Und was hat sie da gemacht?«

»Das weiß ich nicht. Ich habe sie nicht gefragt, denn ich war restlos am Boden zerstört. Und sie hatte Oberwasser. Sie ist ein schreckliches Weib.«

»Es könnte ja sein, daß Herr Valberg sich vergeblich um die Auffrischung der Ehe bemüht hat«, sagte Dr. Norden. »Sie sind aus dem Gleichgewicht gebracht, aber morgen sieht es bestimmt schon wieder anders aus.«

»Wenn Victor mich doch auch so gut kennen würde«, sagte sie leise. Und darnit verriet sie dem Arzt, daß dieser Mann nicht so schnell aus ihrem Gedächtnis zu verbannen war.

*

»Ich bin doch ein Seelendoktor, Loni«, sagte er, als er sich nun wieder den anderen Patienten zuwandte.

»Wenn nur alle so wären, manches Unglück würde verhütet«, sagte sie.

Ja, wenn nur alle Ärzte so wären wie Dr. Norden. Doch leider waren die immer seltener geworden. Eine andere junge Frau, die fast zur gleichen Zeit bei einem anderen Arzt war, ging nicht so getröstet aus dieser Praxis.

Nicole Fleming hatte nicht nur seelischen Kummer, sondern auch körperliche Beschwerden. Entsetzliche Kopfschmerzen und das Gefühl, als läge ein stählerner Ring um ihre Brust.

»Das macht Ihr niedriger Blutdruck«, sagte Dr. Wolfert zu ihr. »Blutarm sind Sie auch, und außerdem ist heute ein närrischer Föhn.« Er schrieb ein Rezept. Drei Medikamente sollte sie einnehmen. Dann wurde sie kurz und bündig verabschiedet.

Nicole ließ sich mit einem Taxi heimfahren. Sie war an diesem Morgen nicht fähig gewesen, sich ans Steuer zu setzen. Sie verspürte plötzlich einen ungeheuren Widerwillen gegen diesen Dr. Wolfert, der ein guter Bekannter ihres Mannes Pieter war. Auch sie fröstelte an diesem warmen Tag.

Das Taxi hielt vor einem großzügig gebauten Bungalow. Vor der Garage stand ein silbergrauer Sportwagen modernster Bauart und entsprechenden Preises. Der Wagen ihres Mannes. Ihre Finger umschlossen krampfhaft die Handtasche. Dann war sie kaum fähig, die Tür aufzuschließen.

Sie vernahm Pieters Stimme. Er telefonierte. »Ich kann es dir jetzt nicht sagen. Ich komme zu dir«, hörte sie ihn sagen. Da warf ein Luftzug die Haustür ins Schloß. Die Stimnme verstummte. Pieter Fleming kam in die Diele.

Er war groß und schlank, trug Segelkleidung und eine dunkelgetönte Brille auf dem schmalen sonnenbraunen Gesicht. Sein schmaler Mund verzog sich zu einem spöttischen, überheblich wirkenden Lächeln.

»Da bist du ja«, sagte er herablassend. »Wo warst du denn schon am frühen Morgen?«

»Bei Dr. Wolfert«, erwiderte sie lakonisch. Ihre Stimme klang rauh und abweisend.

»Der Föhn, der Föhn«, sagte er sarkastisch. »Da kriegst du ja immer deine Zustände. Du solltest halt mehr Sport treiben. Ich muß für die Regatta trainieren. Entschuldige, wenn ich gleich fort muß.«

Sie ging darauf nicht ein. »Wo ist Meta?« fragte sie.

»Keine Ahnung. Wahrscheinlich kramt sie wieder irgendwo rum. Sie hat einen Flunsch gezogen, weil ich gesagt habe, daß heute abend Gäste kommen. Aber keine Angst, meine Liebe, ich habe schon ein kaltes Büfett bestellt.«

»Und die Rechnung bekomme ich«, sagte sie.

Er kniff die Augen zusammen. »Bei anderen Ehepartnern geht alles von einem Konto«, sagte er zynisch. »Du gibst ja das Heft nicht aus der Hand.«

»Du weißt, daß es von meinem Vater so bestimmt wurde. Im übrigen muß ich dir sagen, daß auch meine Mittel bald erschöpft sind. Wir können uns großartige Einladungen nicht mehr leisten.«

»Du langweilst mich«, sagte er lässig. Und dann ging er.

Als der Wagen mit aufheulendem Motor davongefahren war, trat Meta in Erscheinung.

»Was darf ich Ihnen bringen, Frau Fleming?« fragte sie fürsorglich.

»Einen Tee«, erwiderte Nicole müde.

»Legen Sie sich doch nieder. Heute abend gibt’s bestimmt wieder einen gewaltigen Trubel.«

Nicole nickte. So kann es nicht weitergehen, dachte sie. Diese Ehe war der Irrtum ihres Lebens, und Vater mußte es geahnt haben.

Drei Jahre war sie mit Pieter Fleming verheiratet, letztes Jahr war ihr Vater gestorben, aber er hatte ein Testament hinterlassen, das in Pieters Benehmen eine große Wandlung hervorrief. Nur dreißig Prozent des Vermögens fielen an Nicole, das übrige sollte für ihre Kinder angelegt bleiben.

Plötzlich war Pieter ganz wild darauf gewesen, Vater zu werden, aber das wiederum hatte eine Psychose in Nicole erzeugt. In ihr war jegliches Gefühl für Pieter erkaltet. Sie empfand schon Widerwillen, wenn er sie nur berührte. Sie wollte kein Kind von ihm. Alles in ihr sträubte sich dagegen.

Sie hätte schon längst einen Schlußstrich gezogen, wenn sie gewußt hätte, daß es neben ihr immer eine andere Frau gegeben hatte, daß sie für Pieter Fleming nur Mittel zum Zweck war, jener Frau all das zu geben, was sie verlangte. Aber seit ein paar Wochen wußte es Nicole, daß Pieter sie betrog.

Es gab eigentlich keine Parallelen zwischen ihr und Franca Brehm, und sie wußten nichts voneinander. Sie ahnten nicht, daß sich ihre Wege eines Tages kreuzen würden. Bisher gab es nur die eine Gemeinsamkeit, daß sie beide am gleichen Tag bei einem Arzt gewesen waren und beide die Trennung von einem Mann wollten. Aus ganz unterschiedlichen Gründen zwar, aber beide waren sie an diesem Tag fest dazu entschlossen.

*

Dr. Norden hatte keine Ahnung, daß es eine Nicole Fleming gab. Aber Franca Brehm ging ihm nicht aus dem Sinn. Als er mittags heimkam, natürlich verspätet, nach diesem turbulenten Vormittag, aber gleich wieder in bester Stimmung, als er seiner bezaubernden Frau Fee gegenübersaß, genehmigte er sich einen Sherry.

»Was hältst du eigentlich von Valberg, Fee?« fragte er.

»Daß er ein guter Regisseur ist. Manchmal ein bißchen zu hart, aber durchaus akzeptabel.« Fee lächelte.

»War Franca Brehm wieder mal bei dir? Gibt es da doch Differenzen?«

»Das hat dir natürlich wieder dein kleiner Finger gesagt«, meinte er lächelnd.

»Diesmal die Logik«, erwiderte Fee. »Diese sensible Frau und der ehrgeizige Diktator, eigentlich kann das doch gar nicht gutgehen.«

»Aber ich fand ihn nicht unsympathisch«, sagte Daniel Norden.

»Ist er auch nicht. Man muß sich ihm nur anpassen können, und dazu hat Franca wohl doch einen zu starken Charakter bei aller Sensibilität. Da muß sie nachgeben, oder sie wird draufzahlen.«

»Was anscheinend schon geschehen ist. Ich hoffe nur, daß es nicht bald die Spatzen von den Dächern pfeifen werden.«

»Dann erzähl mal«, sagte Fee gelassen. »Ich schätze Franca sehr. Wenn sie Hilfe braucht, darfst du sie nicht im Stich lassen.«

»Das werde ich auch nicht, aber wenn sie nicht wieder zu sich selbst findet, sehe ich schwarz.«

Fee erfuhr von dem Gespräch, das er mit Franca geführt hatte. Sie war sehr nachdenklich geworden.

»Das ist allerdings übel«, sagte sie. »So etwas hätte ich Valberg nicht zugetraut. Er ist doch eigentlich der Typ, der geradeheraus ist, auf Biegen und Brechen. Aber wenn Franca eine Schwangerschaftsunterbrechung in Betracht zieht, würde sie wohl doch im letzten Augenblick umkehren. Da würde ihr bewußt werden, was sie unwiederbringlich aufgibt.«

Daniel Norden sah seine Frau durchdringend an. »Ich hoffe, da hast du recht, Fee«, sagte er.

Und wie recht Fee Norden hatte. Franca hatte einen Arzt aufgesucht, dessen Namen sie einmal von einer Kollegin gehört hatte.

Der erkannte sie sofort. Er betrachtete sie aus engen Augen. »Sie wünschen?« fragte er.

Unwillkürlich mußte Franca an ihren sympathischen Dr. Norden denken. Ein Kribbeln lief über ihre Haut, als sie in diese stechenden Augen blickte.

»Ein Rezept für Antibabypillen«, stieß sie hervor.

Er kicherte und wurde ihr noch widerlicher. »Sie sind doch nicht mehr sechzehn«, sagte er, »da brauchen Sie doch nicht rot zu werden.« Er schrieb ein Rezept. »Wenn es doch mal hinhaut, stehe ich zu Diensten«, sagte er ironisch. »Es ist keine Affäre.«

Franca hastete hinaus. O Gott, das nicht, so was nicht, dachte sie. Sie zerriß das Rezept in kleine Fetzen und warf diese in einen Gully.

Dann setzte sie sich in ihren Wagen. Victor wird nichts von dem Kind erfahren, dachte sie. Ich werde es zur Welt bringen, und es wird mein Kind sein, nur mein Kind.

Dann fuhr sie zu ihrem kleinen Haus am See. Dort riß sie erst einmal alle Fenster auf. Sie ließ die klare Luft und die Sonnenstrahlen hereinströmen, nahm sich eine warme Decke und setzte sich auf die Terrasse. Endlich wurde sie ruhiger und konnte wieder klar denken.

Sie sah die Segelboote auf dem See, ahnungslos, daß ein Pieter Fleming dabei war. Der Name hätte ihr auch gar nichts gesagt.

Plötzlich kam es ihr dann in den Sinn, daß sie ja Lebensmittel einkaufen mußte. Kleidung bewahrte sie hier genügend auf, dafür brauchte sie nicht nochmals in die Wohnung zu fahren.

Aber sie bekam plötzlich Hunger… Mit ein paar Bürstenstrichen brachte sie ihre Frisur in Ordnung, dann fuhr sie in die Kreisstadt, die nicht weit entfernt lag.

Pieter Fleming war nur kurz auf dem See geblieben. Er ließ sich auch von den Sportsfreunden nicht auf halten. Auch er fuhr zur Kreisstadt und läutete bald an einer Wohnungstür.

Eine schwarzhaarige Frau im grünen Negligé öffnete ihm die Tür. »Da bist du ja endlich«, sagte sie gereizt.

»Ich mußte mich erst im Club sehen lassen. Am Sonntag ist Regatta, das weißt du doch. Und außerdem muß ich mich ein bißchen in acht nehmen. Nicole ist sehr eigenartig in der letzten Zeit.«

»Mir wird es auch langsam über, immer auf der Warteliste zu stehen, Pieter«, stieß sie zwischen den Zähnen hervor. »So habe ich es mir nicht vorgestellt!«

»Gib mir erst mal einen Drink. Wir müssen sowieso miteinander reden. Ich habe doch nicht geahnt, daß der Alte so ein Testament machen würde, Ginny.«

Ihre Mundwinkel bogen sich abwärts. »Dann werden wir uns eben trennen, Pieter«, sagte sie. »Der alte Rittberg hat mir einen Antrag gemacht. Ich kann schließlich nicht von Almosen leben. Bei dem gibt es noch was zu holen. Und ewig wird er nicht leben. Ab und zu werde ich auch noch ein paar Stunden für dich erübrigen. Es bedeutet ja keine Trennung auf ewig.« Ihre Stimme wurde schmeichelnd. »Es gibt ja nichts, was uns trennen könnte.«

Er streifte ihre Arme ab und drehte sich abrupt um. »Vielleicht ist es sogar besser, wenn du heiratest, Ginny«, sagte er. »Nicole hat schon so eine Andeutung gemacht, daß sie sich scheiden lassen will.«

»Na also, dann tauschen wir mal die Rollen. Dann bin ich eine Weile verheiratet«, lachte sie frivol auf. »Aber ich werde aus Rittberg mehr herausholen als du aus deiner Mondscheinprinzessin.«

»Irgendwann wird ja Tante Laura auch mal sterben, und ich weiß von Alex, daß sie ein Testament zugunsten von Nicole gemacht hat. Es ist immer gut, wenn man Verbindungen hat.«

»Zu Ärzten und zu Anwälten«, sagte Ginny zynisch. Eigentlich hieß sie Regine Mösler, aber der Name Regine hätte wahrhaftig nicht zu ihr gepaßt. Jemand hatte mal von ihr gesagt, daß sie die verkörperte Sünde sei. Jedenfalls hatte Ginny keinerlei Skrupel. Und Pieter Fleming hatte auch keine. Sie waren einander hörig und so war es schon gewesen, bevor er Nicole Quirin geheiratet hatte. Daß Nikolaus Quirin in diese Heirat eingewilligt hatte, verdankte Pieter nur dem Umstand, daß er aus einer sehr angesehenen Familie stammte, die zudem auch nicht unvermögend war. Allerdings gab es da doch einen Haken, denn der eigentliche Fleming-Erbe hieß Christoph und war Pieters Cousin. Auch Pieters Vater war schon das schwarze Schaf der Familie gewesen, doch das war vertuscht worden, man hatte es seinen Sohn Pieter auch nicht entgelten lassen wollen. Er hatte sich des Wohlwollens seines reichen Onkels erfreuen können, solange dieser mit seinem Lebenswandel einverstanden war. Und eines Tages war er das nicht mehr gewesen. Da hatte Pieter in Nicole Quirin einen Rettungsanker erblickt.

Es wurde später Nachmittag, als Pieter Ginny verließ. »Ich habe für heute abend ein paar einflußreiche Freunde eingeladen«, erklärte er ihr. »Wahrscheinlich kann ich da ein gutes Geschäft machen.«

»Paß auf, daß man dich nicht aufs Kreuz legt, Pieter«, sagte sie. »Von Geschäften verstehst du nichts.«