Dr. Norden Bestseller 163 – Arztroman - Patricia Vandenberg - E-Book

Dr. Norden Bestseller 163 – Arztroman E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Deutlich über 200 Millionen Exemplare verkauft! Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. Als Dr. Daniel Norden mittags heimkam, hörte er, wie seine Frau telefonierte. »Natürlich kommen wir gern, Bettina«, sagte sie gerade. »Die Kinder werden sich freuen. Dann bis übermorgen.« Als sie den Hörer auflegte, wurde sie von hinten her umarmt. »Du bist ja schon da«, freute sie sich und begrüßte ihren Mann mit einem zärtlichen Kuß. »Eben hat Bettina Scholz angerufen. Übermorgen ist Kindergeburtstag bei ihnen, und wir sind eingeladen.« »Mit Erlaubnis des alten Herrn?« fragte Daniel skeptisch. »Er ist verreist. Bettina möchte mir einiges erzählen«, erwiderte Fee. »Es hat anscheinend wieder etwas gegeben.« »Eines Tages kracht es ordentlich«, meinte Daniel nachdenklich. »Jürgen läßt sich nicht ständig bevormunden. Er möchte mal seine eigenen Ideen verwirklichen. Ich kann das verstehen. Aber der Senior ist ja so stur.« Die Rede war von Rudolf Scholz, Besitzer einer Großbrauerei und mehrerer Fabriken, steinreich, aber ebenso geizig. Seine Angestellten wußten davon ein Liedchen zu singen und sein Sohn ebenfalls. Die bildhübsche Tochter Viktoria verstand allerdings besser mit ihrem Vater umzugehen. Sie begleitete ihren Vater auf dieser Reise, wie Fee Norden dann am übernächsten Tag von Bettina Scholz erfuhr. Die Kinder spielten im Park der großen Villa, und so konnten sich die beiden Mütter ungestört unterhalten. Bettina Scholz war eine sehr zurückhaltende junge Frau, nur auf ihren Mann und ihre Kinder bezogen, und Fee Norden war die einzige, die sich ihres Vertrauens erfreuen konnte. Sie hatten sich kennengelernt, als Anneka den Wunsch äußerte, in den Kindergarten zu gehen, und dort hatte sie mit Maximilian und Veronica Scholz Freundschaft geschlossen. Auch die beiden Mütter waren sich

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Dr. Norden Bestseller – 163 –

Es wird alles wieder gut

Patricia Vandenberg

Als Dr. Daniel Norden mittags heimkam, hörte er, wie seine Frau telefonierte.

»Natürlich kommen wir gern, Bettina«, sagte sie gerade. »Die Kinder werden sich freuen. Dann bis übermorgen.«

Als sie den Hörer auflegte, wurde sie von hinten her umarmt. »Du bist ja schon da«, freute sie sich und begrüßte ihren Mann mit einem zärtlichen Kuß. »Eben hat Bettina Scholz angerufen. Übermorgen ist Kindergeburtstag bei ihnen, und wir sind eingeladen.«

»Mit Erlaubnis des alten Herrn?« fragte Daniel skeptisch.

»Er ist verreist. Bettina möchte mir einiges erzählen«, erwiderte Fee. »Es hat anscheinend wieder etwas gegeben.«

»Eines Tages kracht es ordentlich«, meinte Daniel nachdenklich. »Jürgen läßt sich nicht ständig bevormunden. Er möchte mal seine eigenen Ideen verwirklichen. Ich kann das verstehen. Aber der Senior ist ja so stur.«

Die Rede war von Rudolf Scholz, Besitzer einer Großbrauerei und mehrerer Fabriken, steinreich, aber ebenso geizig.

Seine Angestellten wußten davon ein Liedchen zu singen und sein Sohn ebenfalls. Die bildhübsche Tochter Viktoria verstand allerdings besser mit ihrem Vater umzugehen. Sie begleitete ihren Vater auf dieser Reise, wie Fee Norden dann am übernächsten Tag von Bettina Scholz erfuhr.

Die Kinder spielten im Park der großen Villa, und so konnten sich die beiden Mütter ungestört unterhalten. Bettina Scholz war eine sehr zurückhaltende junge Frau, nur auf ihren Mann und ihre Kinder bezogen, und Fee Norden war die einzige, die sich ihres Vertrauens erfreuen konnte. Sie hatten sich kennengelernt, als Anneka den Wunsch äußerte, in den Kindergarten zu gehen, und dort hatte sie mit Maximilian und Veronica Scholz Freundschaft geschlossen. Auch die beiden Mütter waren sich sofort sympathisch gewesen.

Meistens kam Bettina mit ihren Kindern zu den Nordens, denn der alte Scholz liebte es nicht, wenn fremde Kinder in seinem Park herumtobten. Ja, er war ein schwieriger Mann, und Bettina erklärte Fee, daß es schlimmer mit ihm würde.

»Lange läßt es sich Jürgen nicht mehr gefallen«, sagte sie mit einem schweren Seufzer. »Er faßt es ganz ernsthaft ins Auge, von hier wegzugehen.«

»Vielleicht wäre das nicht das schlechteste, Bettina«, meinte Fee nachdenklich. »Unter solchen Umständen werdet ihr eures Lebens doch nicht froh, und wenn die Kinder erst größer sind, wird es bestimmt noch schlimmer. Sie sind doch schon jetzt völlig verschüchtert, wenn der Großvater nur in Sichtweite ist.«

»Wenn Viktoria ihm doch auch mal widersprechen würde, aber sie will es nicht mit ihm verderben«, sagte Bettina bekümmert. »Sie hat sogar mit Andreas gebrochen, weil der Chef es wollte. Er hat andere, hochtrabende Pläne mit ihr, und das Ergebnis ist, daß Andreas die Firma verlassen wird. Jürgen ist außer sich.«

Da schien sich wirklich etwas zusammenzubrauen, und Fee verließ die Villa Scholz mit betrüblichen Gedanken.

»Wir sind froh, wenn wir mit Opi und Omi zusammen sind«, sagte Danny, »und Maxi und Vroni sind froh, wenn ihr Großvater nicht da ist.«

»Der ist ja auch nicht nett«, sagte Anneka.

»Der schimpft immer«, gab Felix seinen Senf dazu, »deswegen ist es ja auch ein Großvater und kein Opi.«

Und er bringt sich um so viel Freude, dachte Fee, denn Maxi und Vroni waren liebe reizende Kinder.

An dieser Schwiegertochter konnte Rudolf Scholz doch nichts auszusetzen haben. Sie stammte aus einer angesehenen Familie, war sehr gebildet und damenhaft, eine vorbildliche Mutter und liebevolle Ehefrau. Warum nur war Rudolf Scholz so kleinlich und engstirnig? Vor ein paar Wochen war er siebzig Jahre alt geworden, aber er dachte nicht daran, seinem Sohn mehr Rechte und Entscheidungsfreiheit einzuräumen. Er behandelte ihn wie einen dummen Jungen, das hatte Fee sogar schon einmal mitbekommen.

Seiner Tochter Viktoria gegenüber zeigte sich Rudolf Scholz großzügiger. Sie ging ihrem Vater allerdings auch, wie man so sagte, um den Bart. Unbekümmert und mit angeborenem Charme, überhörte sie einfach, was ihr unbequem war. Sie hatte ihrem Bruder Jürgen schon mehrmals gesagt, daß er doch den Weg des geringsten Widerstandes gehen solle, denn einmal würde er ja doch das Sagen haben, aber Jürgen war kein Duckmäuser, und er wollte auch nicht nur als der Sohn seines Vaters zur Geltung kommen.

Für Viktoria war alles einfacher. Sie repräsentierte, und das verstand sie besser als die stille Bettina.

Auch auf dem Empfang, den ihr Vater in Düsseldorf gab, war sie der Mittelpunkt. Zu diesem Empfang hatte Rudolf Scholz nicht nur aus geschäftlichen Gründen eingeladen, sondern auch aus persönlichen. Er plante schon lange, seine Tochter Viktoria mit Frank von der Lohe zu verheiraten, und da dessen Vater vor einem knappen Jahr gestorben war, plante Rudolf Scholz auch, dessen Fabrik mit seinen zu vereinigen. Er konnte nicht genug bekommen. Das jedoch sagte man nur hinter seinem Rücken, und ein paar Eingeweihte wußten auch, warum Frank von der Lohe sehr interessiert war, diese geschäftliche und zugleich familiäre Fusion einzugehen.

Da Frank ein attraktiver Mann war, hatte sich Viktoria rasch für ihres Vaters Plan erwärmen können und dafür auch Andreas Jörgensen fallenlassen, obgleich sie ihn einmal als ihre große Liebe bezeichnet hatte. Aber sie wollte es eben mit ihrem Vater nicht verderben, und noch fehlte es ihr an Reife und Einsicht, daß Geld allein nicht glücklich machen könne.

Auf diesem Empfang zweifelte niemand mehr daran, daß Frank von der Lohe bald der Schwiegersohn von Rudolf Scholz werden würde. Frank gab sich sehr verliebt, Viktoria war strahlender Laune, weil ihr Vater nicht nur ein Abendkleid, das mehrere tausend Mark kostete, spendiert hatte, sondern dazu auch noch einen zauberhaften Abendmantel aus kostbarsten Nerzen.

Viktoria war sich ihres Wertes bewußt. An Andreas wollte sie nicht denken. Ihr Vater hatte ihr sehr drastisch erklärt, welches Leben sie an der Seite eines schlichten Diplomingenieurs zu erwarten hätte, wenn sie nur von dessen Gehalt leben müsse, denn von ihrem Vater hätte sie dann keine müde Mark mehr zu erwarten. So charakterfest war sie nicht, daß sie einer solchen Drohung widerstanden hätte.

Der Tag der offiziellen Verlobung wurde festgesetzt. Frank von der Lohe bekundete wortreich, wie glücklich er sich schätze und verabschiedete sich anderntags im Feuer der Blitzlichter vieler Fotoreporter mit einem dezenten Wangenkuß von seiner Zukünftigen und einer tiefen Verbeugung vor Rudolf Scholz.

Wiederum einen Tag später wurden diese Bilder in allen einschlägigen Zeitungen veröffentlicht, und es wurde bereits von der Hochzeit des Jahres berichtet, die bald bevorstehen würde.

Jürgen Scholz wurde kreidebleich, als seine Frau ihm die Zeitung neben das Frühstücksgedeck legte, denn mit seinem Vater und seiner Schwester hatte er nach deren Rückkehr noch nicht gesprochen.

»Das schlägt dem Faß den Boden aus«, stieß er zwischen den Zähnen hervor. »Pack schon mal die Sachen, Bettina. Jetzt ist Schluß mit dem Drama. Ich nehme Sandrings Angebot an. Wir gehen in die Staaten.«

»Überstürze doch nichts, Jürgen«, sagte sie einlenkend. »Es kann doch sein, daß dein Vater jetzt zugänglicher wird.«

»Mein Liebes, du kennst ihn noch immer nicht. Aber wir werden endlich so leben, wie wir es wünschen und wollen, und er soll sehen, wie er mit diesem Schwiegersohn zurechtkommt. Und Andreas nehme ich auch mit. Sandring wird ihn mit Kußhand aufnehmen. Und was meinst du, wie deine Mutter sich freuen wird, wenn wir nicht mehr Tausende von Kilometern getrennt sind.«

»Vielleicht kommen wir vom Regen in die Traufe«, sagte Bettina leise. Ted Sandring war schließlich ihr Stiefvater, und sie hatte sich gegen die zweite Ehe ihrer Mutter sehr gesträubt, obgleich Sandring immer bemüht gewesen war, ein gutes Verhältnis zwischen ihnen herzustellen.

Aber Bettina liebte ihren Mann, und sie war bereit, mit ihm bis ans Ende der Welt zu gehen, wenn es sein müßte.

Nun klingelte auch schon das Telefon. Sie hatten damit gerechnet. Rudolf Scholz befahl seinen Sohn zur Unterredung. Er bat nie um etwas, er kommandierte.

»Er wird sich wundern«, sagte Jürgen eisig. »Ich gebe das Telegramm an Sandring gleich auf. Und wenn seine Antwort da ist, buche ich den Flug.«

Vielleicht erlebt er doch eine Pleite, dachte Bettina sorgenvoll, vielleicht hat Sandring nie damit gerechnet, daß es so kommen würde.

Auch Andreas Jörgensen war blaß geworden, als er die Zeitung las. Er knüllte sie zusammen und schleuderte sie in eine Ecke. Seine Lippen preßten sich zu einem schmalen Strich zusammen, und sein Gesicht wurde hart.

»Na dann, viel Glück, Viktoria«, murmelte er tonlos. Dann fuhr er in die Fabrik und ließ sich einen Termin für eine Unterredung mit dem Chef geben.

»Ich weiß nicht, ob das möglich sein wird heute, Herr Dr. Jörgensen«, sagte die Chefsekretärin. »Ich weiß gar nicht, wann der Boß kommt.«

»Es dauert nur ein paar Minuten«, sagte Andreas grimmig.

»Ich rufe Sie dann an«, erwiderte sie freundlich. »Aber Sie wissen ja…«

»Ja, ich weiß«, sagte er rauh und ging.

Jürgen saß indessen seinem Vater gegenüber. Als dieser von der bevorstehenden Verlobung anfangen wollte, fiel ihm Jürgen ins Wort. »Ich habe es bereits der Zeitung entnommen. Ich hoffe, du wirst es nicht bereuen müssen, Vater.«

»Immer diese negative Einstellung«, sagte der alte Scholz herablassend. »Aber was kann man schon von dir erwarten. Jedenfalls wird Frank hier mit dir arbeiten.«

»Was du nicht sagst. Hoffentlich behandelst du ihn auch so wie mich, aber ich werde nicht mit ihm arbeiten, dessen kannst du sicher sein.«

»Willst du aufmucken? Das laß lieber sein, sonst lernst du mich kennen.«

»Oh, ich kenne dich, ich kenne dich besser als jeder andere, aber ich bin keine Marionette, die sich hin und her schieben läßt, und ich kann nicht herumschmusen wie Viktoria. Ich werde die Firma verlassen.«

»Daß ich nicht lache«, sagte Rudolf Scholz sarkastisch.

»Lach doch, bitteschön, lach nur. Bettina packt schon. Und mehr habe ich dazu nicht zu sagen.«

Rudolf Scholz erstarrte. »Du würdest dein Erbe verspielen, Jürgen«, stieß er hervor, »bedenke das.«

»Ich pfeife darauf, und ich werde mich hüten, mich als dein Sohn zu produzieren. Das Maß ist voll. Ich lasse mir nicht einen Frank von der Lohe vor die Nase setzen. Das hast du doch beabsichtigt. Aber ich gönne ihn dir, oh, ich gönne dir diesen Schwiegersohn von Herzen!«

»Mäßige dich«, herrschte ihn der Ältere an.

»Ich habe gesagt, was zu sagen war.«

Und dann ging er. Hart fiel die Tür ins Schloß. Bestürzt vertrat Viktoria, noch im Negligé, ihrem Bruder den Weg. »Meine Güte, was ist denn jetzt wieder los?« fragte sie flüsternd.

Jürgens Augen funkelten eiskalt. »Wir räumen das Feld«, sagte er. »Bahn frei für Herrn von der Lohe. Dieses Affentheater mache ich nicht mit. Du bist wie dein Vater, berechnend und herzlos. Du hältst das eher durch als ich. Aber meine Kinder sollen in einem anderen Milieu aufwachsen, wo sich nicht alles um Besitz und Geld dreht. Werde du nach deiner Fasson glücklich, Viktoria, aber eines Tages wirst du daran denken, was ich dir jetzt sage: Du wirst deinen zukünftigen Ehemann mit einer undurchsichtigen Vergangenheit und einigen anderen Frauen teilen müssen.«

»Rede doch nicht solchen Unsinn, Jürgen. Du bist wütend, aber du wirst zur Vernunft kommen. Du bist ein Scholz.«

»Davon gibt es ja zum Glück einige Tausend, die mit uns nicht verwandt sind, und ich werde den Namen nicht mit dem Firmenzeichen auf flatternder Fahne vorantragen.«

Er schob sie zur Seite und verließ das Haus, bevor sie noch etwas sagen konnte.

Viktoria überlegte, ob sie jetzt zu ihrem Vater gehen sollte, aber wenn er mit ihr hätte sprechen wollen, hätte er wohl schon nach ihr gerufen. Sie kleidete sich in Windeseile an. Sonst ließ sie sich damit immer sehr viel Zeit. Gefrühstückt hatte sie auch noch nicht, aber sie wollte jetzt unbedingt mit ihrer Schwägerin Bettina sprechen.

Die Villa war in einen rechten und einen linken Trakt geteilt worden, als Jürgen vor sechs Jahren geheiratet hatte. Auch dies hatte Rudolf Scholz angeordnet und keinen Widerspruch geduldet, und die immer versöhnliche Bettina hatte Jürgen zugeredet, diesem Plan zuzustimmen.

Bettina, ohnehin in einer zwiespältigen Stimmung, ahnte, was Viktoria zu dieser frühen Stunde herführte.

»Kannst du mir bitte etwas ruhiger erklären, was bei euch los ist?« fragte Viktoria gereizt. »Mit Jürgen ist ja nicht zu reden.«

»Ich kann und will mich noch nicht äußern«, erklärte Bettina zurückhaltend. »Aber es wird jetzt wohl eine Entscheidung getroffen werden.«

Viktoria starrte auf den Tisch, auf dem die Zeitung lag, und das Foto fiel ihr sofort auf.

»Ach, ihr seid wohl beleidigt, daß auch für mich eine Entscheidung gefallen ist, ohne vorher die übrige Familie zu befragen«, meinte sie spöttisch.

»Keineswegs. Es ist dein Leben, Viktoria«, erwiderte Bettina ruhig. »Ich weiß nicht, was Jürgen mit Vater gesprochen hat. Ich weiß nur, daß er es satt hat, Befehlsempfänger zu sein.«

»Er versteht es nicht, Vater so zu nehmen, wie er nun mal ist.«

»Er ist ein Mann und kein dummer Junge, aber so wird er behandelt. Er möchte endlich unter Beweis stellen, was er zu leisten vermag, wenn ihm nicht dauernd Steine in den Weg geworfen werden.«

»Mein Gott, die fünf Jahre könnte er doch auch noch warten. Wenn Vater fünfundsiebzig ist, zieht er sich aus der Firma zurück.«

Wenn es gewiß ist, dachte Bettina, aber sie äußerte sich nicht dazu. Sie sagte nur: »Er hat dann ja einen Schwiegersohn, von dem er anscheinend sehr viel hält.«

Viktoria errötete flüchtig. »Es ist ja nun wirklich nicht so, daß Vater nichts von Jürgen hält. Er ist eben noch der Boß.« Sie sah Bettina jetzt bittend an. »Lenke du doch ein, Bettina. Ich möchte nicht der Zankapfel sein. Lernt Frank doch erst mal kennen.«

»Ich meine, du solltest ihn erst richtig kennenlernen, bevor du ihm das Jawort gibst, Viktoria«, sagte Bettina mit ernstem Nachdruck. »Es ist noch nicht lange her, daß du Andreas als deine große Liebe bezeichnet hast.«

»Und Vater hätte nie seine Einwilligung gegeben. Er hätte Andreas sogar entlassen.«

Was ist sie doch töricht, dachte Bettina. »Nun wird er wohl von selbst gehen«, sagte sie.

»Eine solche Stellung gibt man nicht einfach auf«, stieß Viktoria hervor, »und immerhin können wir freundschaftlich verbunden bleiben.«

»Du bist naiv, Viktoria. Du unterschätzt Andreas genauso wie deinen Bruder. Du wirst bald erfahren, welche Entscheidung Jürgen getroffen hat. Entschuldige mich jetzt bitte. Ich muß die Kinder zum Kindergarten bringen.«

»Siehst du, das ist auch so was, womit ihr Vater verärgert habt. Seine Enkel in einen Kindergarten zu geben, hat ihn tief gekränkt.«

»Es ist ein sehr guter privater Kindergarten, und dort haben sie Spielgefährten«, erklärte Bettina. »Sie sollen lernen, sich anzupassen und sich nicht als etwas Besonderes empfinden. Wir wollen ganz normale Kinder haben, und über ihre Erziehung hat Vater nicht zu bestimmen.«

Und da machten sich Maxi und Vroni bemerkbar. »Tritratrallala, wir fahren nach Amerika zu Omama und Opapa«, sangen sie.

Bettina wurde rot, Viktoria wurde blaß. Sie drehte sich auf dem Absatz um und verließ die Wohnung.

»So laut zu tönen braucht ihr nun auch nicht gerade«, ermahnte Bettina die Kinder. »Soweit ist es noch nicht. Jetzt geht ihr erst mal in den Kindergarten.«

Und dort traf sie Fee Norden. »Hast du ein paar Minuten Zeit, Fee?« fragte sie. »Bei uns hat es gekracht. Ich brauche einen freundschaftlichen Rat.«

»Fahren wir zu mir, da sind wir ungestört«, erwiderte Fee. »Es hat doch nicht zwischen dir und Jürgen gekracht?«

»I wo, das gibt es gar nicht. Jürgen will mit uns in die Staaten gehen. Das Maß ist voll.«

»Durch Viktorias Verlobung? Ich habe es in der Zeitung gelesen«, sagte Fee.

»Wir haben es auch zuerst aus der Zeitung erfahren, aber das allein ist es nicht. In gewisser Weise ist Jürgen seinem Vater doch ähnlich. Er hat einen Dickschädel. Und von Viktorias zukünftigem Mann hält er gar nichts, aber vor allem will er beweisen, daß er auch ohne seinen Vater im Rücken weiterkommt. Ted Sandring hat ihm schon vor einiger Zeit mal das Angebot gemacht, zu ihm zu kommen.« Sie machte eine kleine Pause. »Ich war davon nicht erbaut. Er ist mein Stiefvater, und man sagt auch ihm nach, daß er mit dem Kopf durch die Wand geht. Aber vielleicht ist es ganz gut, wenn Jürgen die Erfahrung macht, daß auch andere Unternehmer Tyrannen sind.«

»Schätzt du Sandring so ein, Bettina?« fragte Fee nachdenklich.

Die andere zuckte die Schultern. »Meine Mutter ist ihm jedenfalls völlig ergeben. Sie betet ihn förmlich an.«

Fee betrachtete Bettina forschend. Tut sie das nicht auch, dachte sie. Für sie ist Jürgens Wort doch auch das Evangelium.

»Nun, es wird sich herausstellen, ob Teds Angebot nicht nur Schaumschlägerei war«, meinte Bettina. »Bitte, sage mir, was du von dieser Geschichte denkst. Soll ich versuchen, Jürgen versöhnlich zu stimmen?«

»Ich würde sagen, daß es nicht das schlechteste wäre, wenn er wirklich ernst macht, Bettina. Wenn er jetzt wieder klein beigibt, wird der Boß triumphieren, und alles kann nur noch schlimmer werden. Er konnte ihn dann mit diesem von der Lohe zusätzlich provozieren.«

»Ja, das kann möglich sein«, gab Bettina zu.

*

Währenddessen bekam Rudolf Scholz an diesem Morgen die zweite kalte Dusche. Jürgen hatte schon mit seinem Freund Andreas gesprochen, und dieser war nun auf dem Wege zur Chefetage. Rudolf Scholz war gerade eingetroffen, und seine Sekretärin, Frau Fehring, bekam seine schlechte Laune zu spüren. Noch ließ sie sich nicht aus der Ruhe bringen.

Sie hatte die phantastische Gabe, einfach weghören zu können, wenn etwas sie nicht persönlich betraf.

»Dr. Jörgensen bittet um eine kurze Unterredung«, sagte sie.

»Ich wollte die Herren sowieso zu einer Konferenz rufen«, erwiderte der Boß bissig. »Es wird in Kürze einige Veränderungen geben.« Doch da trat Andreas schon ein.

»Ganz sicher, was mich betrifft«, erklärte er eisig.

»Sie sind nicht gerufen und nicht gefragt worden«, fuhr ihn der Boß an.

»Aber da ich nun einmal da bin, werden Sie meine Kündigung entgegennehmen, Herr Generaldirektor«, sagte Andreas sarkastisch. »Und da mir noch sechs Wochen Urlaub zustehen, möchte ich mich auch gleich verabschieden.«

Lore Fehring war baff. Jetzt würde das große Donnerwetter kommen, meinte sie. Doch es blieb aus. Rudolf Scholz wurde noch blasser, sofern das überhaupt möglich war. Er schnappte nach Luft.

»Wenn Sie sich zu einem anderen Ton aufraffen können, werden wir uns darüber unterhalten, Herr Dr. Jörgensen«, sagte er heiser.