Dr. Norden Bestseller 72 – Arztroman - Patricia Vandenberg - E-Book

Dr. Norden Bestseller 72 – Arztroman E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Deutlich über 200 Millionen Exemplare verkauft! Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. »Wieder nichts«, sagte Veronika traurig, als Dr. Norden den Kopf schüttelte. »Heute ist unser siebter Hochzeitstag«, sagte sie leise. »Nun kann ich den Wunsch nach einem Kind wohl begraben.« Dr. Norden konnte ihr keinen Trost spenden, und er wollte auch keine falschen Hoffnungen erwecken, da sein Freund, der Gynäkologe Dr. Hans-Georg Leitner, ihm auch erklärt hatte, daß Veronika Krauß keine Kinder würde bekommen können. »Sie könnten sich entschließen, ein Kind zu adoptieren«, schlug Dr. Norden vor. »Ich werde mit meinem Mann darüber sprechen«, sagte sie. Mit niedergeschlagenem Gesicht verließ sie die Praxis, und Dr. Norden blieb ebenfalls deprimiert zurück. Veronika Krauß wäre bestimmt eine gute, zärtliche Mutter geworden. Es war schon manchmal schlimm eingerichtet, daß gerade solche Frauen keine Kinder bekommen konnten, und andere, die keine haben wollten, oder denen sie bald lästig wurden, bekamen sie trotz aller Verhütungsmittel. Bei Veronika kam noch hinzu, daß sie sich in den Gedanken verrannt hatte, daß nur ein Kind ihre Ehe in dem »verflixten« siebten Jahr retten konnte.

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Dr. Norden Bestseller – 72–

Sie wurde zur Rivalin

Patricia Vandenberg

»Wieder nichts«, sagte Veronika traurig, als Dr. Norden den Kopf schüttelte.

»Heute ist unser siebter Hochzeitstag«, sagte sie leise. »Nun kann ich den Wunsch nach einem Kind wohl begraben.«

Dr. Norden konnte ihr keinen Trost spenden, und er wollte auch keine falschen Hoffnungen erwecken, da sein Freund, der Gynäkologe Dr. Hans-Georg Leitner, ihm auch erklärt hatte, daß Veronika Krauß keine Kinder würde bekommen können.

»Sie könnten sich entschließen, ein Kind zu adoptieren«, schlug Dr. Norden vor.

»Ich werde mit meinem Mann darüber sprechen«, sagte sie. Mit niedergeschlagenem Gesicht verließ sie die Praxis, und Dr. Norden blieb ebenfalls deprimiert zurück. Veronika Krauß wäre bestimmt eine gute, zärtliche Mutter geworden. Es war schon manchmal schlimm eingerichtet, daß gerade solche Frauen keine Kinder bekommen konnten, und andere, die keine haben wollten, oder denen sie bald lästig wurden, bekamen sie trotz aller Verhütungsmittel. Bei Veronika kam noch hinzu, daß sie sich in den Gedanken verrannt hatte, daß nur ein Kind ihre Ehe in dem »verflixten« siebten Jahr retten konnte.

Ronald Krauß hatte sich im letzten Augenblick daran erinnert, daß heute sein Hochzeitstag war. Er hätte Ärger im Geschäft gehabt. Gewaltigen Ärger, da wichtige Pläne unauffindbar waren. Pläne über die Entwicklung einer absolut wetterfesten Isolierung, die er auf dem Patentamt anmelden wollte.

»Reg dich doch nicht so auf, Ron«, hatte sein Mitarbeiter Siegfried Woller gesagt. »Heute ist dein Hochzeitstag. Ich werde alles umkrempeln. Vielleicht hat sie eine von unseren Übereifrigen nur verkramt.«

»Ich habe heute vormittag noch einmal alles überprüft«, sagte Ronald, »dann kam dieser Mr. Denver.«

»Und ein Haufen Akten lag auf deinem Schreibtisch. Ich werde Nelly noch mal herbeizitieren. Laß deine Frau jetzt nicht warten. Du hast doch noch eine Abschrift zu Hause.«

»Die aber nicht komplett ist«, sagte Ronald erregt.

»Du hast doch alles im Kopf«, sagte Siegfried nachsichtig.

Ronald gab ihm keine Antwort. Ihm kam das alles sehr merkwürdig vor, aber er kannte seine Mitarbeiter und hegte kein Mißtrauen gegen sie, bis auf diesen jungen Römling, der als Volontär bei ihm tätig war und ein recht merkwürdiges Benehmen an den Tag legte.

Er stammte aus bester Familie. Sein Vater hatte Ronald gebeten, den Jungen auszubilden, da er in der Schule immer hinterhergehinkt war. Dr. Römling kam auch für die Kosten der Ausbildung auf, und Ronald wollte sich seine Sympathie nicht verscherzen, da er ein bekannter Patentanwalt war. Dr. Römling hatte ihn ja darauf aufmerksam gemacht, daß sein Sohn sehr introvertiert sei, kontaktarm und eigenwillig.

»Die Pläne finden sich schon«, sagte Siegfried Woller. »Nun feiert mal schön.«

Ronald Krauß kaufte auf die schnelle Tour noch einen großen Strauß Teerosen, die Veronika besonders liebte, und fuhr heim.

Sie bewohnten eine hübsche Doppelhaushälfte. Mehr hatten sie sich vor sechs Jahren nicht leisten können, und es war ihnen sehr willkommen gewesen, daß Veronikas Freundin Stella, die auch jung verheiratet war und aus vermögender Familie stammend, diesen Hausbau plante. Ronald war es allerdings später etwas lästig geworden, daß Stella dauernd bei ihnen hockte, denn ihre Ehe war bald in die Brüche gegangen.

Er dachte schon lange daran, sich ein anderes Haus bauen zu lassen, wenn seine Erfindung erst einmal das große Geld einbrachte, das er erwartete.

Dr. Römling hatte ihm jedenfalls Hoffnung gemacht, daß er einen beträchtlichen Gewinn erzielen könnte.

Veronika hatte den Tisch festlich gedeckt. Es waren nicht sieben Jahre ungeteilten Glücks, da sie das ersehnte Kind nicht bekommen konnte, aber sie liebte ihren Mann über alles. Und sie lebte in der ständigen Angst, ihn verlieren zu können, weil sie ihm kein Kind schenken konnte.

Da er nun auch heute lange ausblieb, wurde diese Angst immer größer in ihr. Sie war blaß und hatte umschattete Augen, als er kam, doch ein Lächeln blühte um ihren Mund auf, als er ihr die Rosen in den Arm legte.

»Entschuldige, Liebes, aber im Geschäft steht wieder alles kopf«, sagte er. Sein Kuß war nur flüchtig.

»Was ist denn los?« fragte Veronika, die den ganzen Tag mit ihren eigenen Sorgen gekämpft hatte.

»Ich wollte meine Erfindung patentieren lassen, und nun sind die Pläne plötzlich verschwunden«, erwiderte er.

»Verschwunden? Sie können doch nicht verschwinden. Du wirst sie verlegt haben.« Sie wußte, daß er manchmal zerstreut war.

»Ich habe sie nicht verlegt«, erwiderte er gereizt.

»Reg dich doch nicht auf. Wir haben das Doppel ja hier im Safe«, sagte sie.

»Aber nicht die letzten Verbesserungen, und die sind das Tüpfelchen auf dem i.«

»Nun wollen wir erst mal essen«, sagte sie. »Die Pläne finden sich schon.«

Daß sie heute auch eine grenzenlose Enttäuschung erlebt hatte, wollte sie ihm jetzt nicht sagen. Er fragte auch nicht, was ihr Besuch bei Dr. Norden ergeben hatte, obgleich er davon wußte. Ronald Krauß war nicht so versessen auf ein Kind, wie Veronika glaubte. Er wollte erst mal ein Haus für sich allein haben und nicht als ständigen Gast Stella Schelling, die sich auch an diesem Abend einstellte, kaum daß sie mit dem Abendessen fertig waren.

Sie war auch dreißig wie Veronika, aber sie richtete sich ganz jugendlich her. Ihr Puppengesicht war von einer supermodernen Löckchenfrisur umrahmt, eine hautenge Hose betonte ihre rundlichen Hüften. Ronald hatte für sie überhaupt nichts übrig, obgleich er nicht darüber sprach, um Veronika nicht zu kränken. Doch Stella hatte für ihn um so mehr übrig, wenngleich auch sie das nicht allzu deutlich zeigte.

In ihrer grazilen Schlankheit wirkte Veronika neben ihr direkt jungenhaft, aber Ronald mochte das. Er mochte auch ihr kurzgeschnittenes honigblondes Haar, und immer, wenn er sie neben Stella sah, wurde ihm auch bewußt, daß sie viel mehr darstellte, als sie selbst aus sich machte. Wenn er mit ihr allein war, rätselte er jedoch darüber, warum sie oft so still und traurig war.

Stella konnte man so rasch nicht loswerden, aber an diesem Abend erklärte Ronald ziemlich aggressiv, daß er müde sei, was schon fast einem Hinauswurf glich.

Entsprechend beleidigt trollte sich Stella. »Das war ziemlich stark«, bemerkte Veronika.

»Man wird sie ja nicht mehr los. Eines Tages verscheuert sie ihr Haus und nistet sich ganz bei uns ein«, brummte er. »Daß du da keinen Riegel vorschiebst, Roni!«

»Sie tut mir leid. Sie ist ja immer allein.« Veronika blickte auf die verglimmenden Kerzen. »Kurt ist längst wieder verheiratet.«

»Er ist glücklich und Vater eines Sohnes«, sagte Ronald, nicht ahnend, wie sehr dies Veronika trat. »Ich frage mich, wer an dem Dilemma dieser Ehe schuld war.«

»Wir haben auch noch kein Kind«, flüsterte sie.

»Na, wenn schon. Ich bin nicht scharf darauf. Wir haben unsere Ruhe. Das würde mir gerade noch fehlen, daß Stella sich als Babysitter anbietet, wenn wir mal ausgehen wollen. Sie ist eine Nervensäge.«

Das war seine ehrliche Meinung, aber Veronika hatte Mitgefühl mit Stella, da sie ja auch ihre Probleme hatte.

»Und wenn wir nun nie ein Kind haben werden, Ronny?« fragte sie.

»Na, wenn schon, ich mache mir Sorgen um meine Pläne«, erwiderte er.

Das hätte sie eigentlich trösten müssen, aber sie meinte, er wolle sie nur ablenken.

*

Am nächsten Morgen fand Ronald die Pläne auf seinem Schreibtisch.

»Die Baumer hatte sie verlegt«, verkündete Siegfried. »Ich habe sie zurechtgestaucht, und darauf hat sie gekündigt.«

»Hätte man das nicht anders regeln können?« fragte Ronald, der ein sozialer Arbeitgeber war.

»Sei froh, sie kriegt doch ein Kind«, sagte Siegfried Woller, »und sie würde ohnehin bald ausfallen. Sie hatte ein schlechtes Gewissen.«

»Sie ist doch nicht verheiratet«, sagte Ronald. »Sie wird das Geld brauchen. Die Pläne sind da, also ist alles wieder in Ordnung. Warst du nicht zu hart, Siegfried?«

»Sie hat von sich aus gekündigt und ist zu ihren Eltern gefahren. Ein kleines Dummchen, über das wir uns keine Gedanken zu machen brauchen.«

»Du hast sie doch gemocht«, bemerkte Ronald.

»Ach was, dummes Getratsch. Ich war nett zu ihr, weil sie so naiv war. Aber solche Nachlässigkeiten können wir uns nicht leisten. Übrigens möchte ich dir raten, die Versuche doch noch mal zu wiederholen. Ich habe so was läuten hören, daß auf diesem Gebiet etwas angeboten wird.«

Ronalds Augen weiteten sich. »Eine solche Isolierung? Dr. Römling hat gesagt, sie sei bisher einmalig.«

»Dr. Römling will dich bei Laune halten, damit sein introvertiertes Söhnchen gut behandelt wird. Na, wie hab ihr denn den Hochzeitstag verbracht?« lenkte Siegfried Woller ab.

»Bis elf Uhr mit Stella wie immer. Dann habe ich sie hinauskomplimentiert. Roni ist voller Mitleid mit ihr, weil wir auch keinen Nachwuchs haben.«

»Seid froh, meine beiden machen uns genug zu schaffen«, sagte Siegfried.

»Aber zwischen dir und Hanni ist doch alles wieder in Ordnung?« fragte Ronald.

»Freilich, was denkst du? Seit sie ihre Tante beerbt hat, ist sie obenauf. Sie ist ja selig, wenn sie sich kaufen kann, was ihr Herz begehrt. Ich komme dabei auch nicht zu kurz. Schau dir mal die Armbanduhr an, die sie mir geschenkt hat. Gute fünftausend Mark wert.«

Ronald warf ihm einen schrägen Blick zu. »Du profitierst auch ganz schön von der Erbschaft«, sagte er anzüglich.

»Bist du neidisch? Du hast dafür eine Frau, die gertenschlank ist und ewig jung bleibt. Hanni liegt mir nachts manchmal ganz schön schwer auf dem Magen.«

Ronald mochte solche Reden nicht, aber die hätte er schon gewohnt sein müssen. Siegfried war so. Man konnte ihn nicht ändern. Immerhin war er auch nicht mehr schlank, und Hanni war eine nette Frau. Er mochte sie jedenfalls lieber als Stella.

Aber er dachte jetzt auch über Nelly Baumer nach, die manchmal so deprimiert gewesen war in letzter Zeit. Sie war ein stilles, schweigsames Mädchen. Ob sie nun vielleicht doch den Mann heiraten würde, von dem sie das Kind erwartete?

Warum bekam sie ein Kind, wo Veronika sich doch so sehr eins wünschte? Er wußte das, aber er wollte ihr das Herz nicht noch schwerer mache, wenn er ihr sagte, daß auch er gern eins gehabt hätte.

*

Zu dieser Zeit bekam Stella einen Anruf, der sie in Aufregung versetzte. Eine undeutliche Stimme meldete sich am Telefon. Sie konnte nicht mal unterscheiden, ob es eine Männerstimme oder eine heisere Frauenstimme war.

»Sie sind doch mit Frau Krauß befreundet?« fragte diese Stimme, und Stella sagte: »Ja.«

»Dann sagen Sie ihr mal, daß die Nelly Baumer ein Kind von ihrem Mann bekommt.«

»Was sagen Sie da?« fragte Stella erregt.

»Ich sag’s nicht zweimal. Aber wissen sollte sie es wenigstens. Und den Namen wird sie kennen.«

Dann herrschte Schweigen. Stella hielt den Hörer in der Hand und rief immerzu: »Hallo!« Aber die Leitung war tot.

Sonst sehr impulsiv und bereit, Veronika jede Neuigkeit brühwarm zu berichten, verharrte Stella mit dem Hörer in der Hand, zuerst verschreckt, dann nachdenklich werdend.

Es kam ihr durchaus nicht unerwünscht, so etwas zu erfahren. Wie das bei den sogenannten »guten« Freundinnen war, wurmte es sie schon lange, daß es in der Ehe der Krauß’ keine Differenzen zu geben schien, und es wurmte sie auch, daß er sie immer mit ironischer Nachsicht behandelte.

Sie dachte lange Zeit nach und legte sich einen Plan zurecht, dann begab sie sich zum Nebenhaus.

»Grüß dich, Roni«, sagte sie, als ihr die Tür geöffnet wurde. »Ron ist doch nicht zu Hause?«

»So früh doch nicht«, erwiderte Veronika

»Ich muß mich entschuldigen wegen gestern abend. Ich hab’ halt Sitzfleisch. Das kommt, wenn man immer allein ist. Ron war verärgert, das tut mir leid.«

»Er hatte Ärger im Geschäft«, sagte Veronika begütigend. »Nimm es nicht tragisch.« Sie war immer verständnisvoll und ausgleichend.

»Was denn für Ärger?« fragte Stella neugierig.

»Ach, da war etwas verlegt worden, aber es hat sich schon wieder angefunden. Er hat mich vorhin angerufen. Ich war gestern auch nicht gerader bester Stimmung, nachdem ich erfahren habe, daß ich kein Kind bekommen kann.«

Ihrer Freundin Stella gegenüber glaubte Veronika, ganz offen sein zu können. Sie hatten schon gemeinsam die Schulbank gedrückt, und so richtig boshaft hatte Veronika Stella auch noch nicht kennengelernt. Sie war wohl auch von Natur aus nicht boshaft, nur fühlte sie sich vom Schicksal benachteiligt, weil sie keinen Mann ernsthaft für sich interessieren konnte. Sie hatte ihre Komplexe, und sie hatte für Ronald etwas zuviel übrig.

Was sie jetzt hörte, machte sie ganz hektisch, und was Veronika dann noch sagte, war Wasser auf ihre Mühle.

»Ja, und dann hat die Baumer gekündigt, weil sie die Pläne verlegt hatte.«

»Darum hat sie gekündigt?« fragte Stella gedehnt.

»Siegfried muß sie wohl ziemlich hart angeredet haben. Du kennst ihn ja. Er poltert gleich los.«

»Sollte es nicht ein anderer Grund sein, daß sie gegangen ist, Roni?« fragte Stella hintergründig. »Sie bekommt doch ein Kind.«

Stella war immer bestens informiert, das zeigte sie mal wieder.

»Und sie ist nicht verheiratet?« sagte Veronika. »Da würde sie doch das Geld gerade brauchen.«

»Vielleicht braucht sie es nicht. Vielleicht zahlt der Vater des Kindes gut und ist froh, sie vorerst aufs tote Gleis zu schieben.«

»Was willst du damit sagen?« fragte Veronika irritiert.

»Jetzt setz dich erst mal hin. Es wird allerhand gemunkelt. Ich wollte das ja nicht weitertragen, aber vielleicht ist es besser, wenn du es von mir erfährst.«

»Warum redest du so komisch? Sag doch, was gemunkelt wird.«

»Daß Ron was mit Nelly Baumer hat und das Kind von ihm ist. Aber es wird ja viel getratscht.«

Veronika war kreidebleich geworden. »Das ist nicht wahr. Das kann nicht wahr sein«, flüsterte sie. »Ich glaube es nicht.«

»Nimm es doch nicht gleich so tragisch. Männer machen manchmal Seitensprünge. Du brauchst doch jetzt nicht gleich zu denken, daß er dich verlassen will. Wenn es tatsächlich stimmt, wird er das schon auf seine Art regeln. Kurt hat es ja auch ganz diskret gemacht. Die Scheidung wollte ja ich. Schließlich wollte ich von meinem Geld seine Geliebte nicht auch noch miternähren.«

Stella fand es richtig schick, sich als moderne großzügige Frau aufzuspielen, und auch als verständnisvolle Freundin.

»Nein, ich glaube das nicht«, sagte Veronika. »Das ist blöder Tratsch. Wenn etwas daran stimmen würde, hätte Ron mit mir gesprochen. Wir waren immer ehrlich zueinander.«

»Vielleicht wollte er dir gerade jetzt nicht weh tun«, sagte Stella, »jetzt im siebten Jahr. Er weiß doch, wie du unter der Kinderlosigkeit leidest. Und schließlich ist die Baumer ein primitives Mädchen und du eine intelligente Frau. Denk doch mal nüchtern. Vielleicht hat er mit ihr ein Abkommen geschlossen.«

»Was denn für ein Abkommen?« fragte sie.

»Daß sie das Kind kriegt und ihr es dann adoptiert. Das machen heute mehr Ehepaare. Sie bekommt dafür Geld, und ihr habt ein Kind, dessen Vater er ist.«

Stella staunte selbst, was ihr nun so alles in den Sinn kam, aber sie fand sich großartig.

Veronika traf jedes Wort wie ein Messerstich. Sie saß jetzt ganz still da und verschlang die Hände ineinander.

»Du liebst ihn doch«, fuhr Stella fort. »Du würdest ihm doch alles verzeihen. Du bist nicht so impulsiv wie ich. Ron weiß das. Bei euch stimmt doch alles. Ron und Roni, die bleiben doch bis in alle Ewigkeit beisammen.«

»Du nimmst das alles sehr leicht«, sagte Veronika. »Aber wenn Ron es wollte, würde ich ihn freigeben.«

»Aber du liebst ihn doch«, sagte Stella lauernd.

»Eben, weil ich ihn liebe«, sagte Veronika leise.

Da verstummte Stella. So ein bißchen schämte sie sich jetzt doch.

»Ich würde an deiner Stelle mal ganz offen mit ihm sprechen«, sagte sie. »Und jetzt gehe ich ins Kino. Kommst du mit?«

»Nein«, erwiderte Veronika lakonisch.

*

Dr. Daniel Norden bekam einen Anruf von seinem Freund Dr. Hans-Georg Leitner, im Freundeskreis kurz Schorsch genannt.

»Du hast Frau Baumer doch zu mir geschickt, Daniel«, sagte Schorsch. »Wieviel weißt du über ihre Verhältnisse?«

»Hat sie mehrere?« fragte Daniel irritiert.

»Ich meine ihre pekuniären Verhältnisse. Was du auch immer gleich denkst!«

»Ein Kind von Traurigkeit war sie gewiß nicht«, sagte Daniel. »Über den Vater des Kindes hat sie nichts gesagt. Großzügig scheint er aber nicht zu sein. Sie kommt recht bescheiden daher, und als technische Zeichnerin wird sie auch nicht die Welt verdienen.«

»Sie war gerade bei mir, ziemlich niedergeschlagen, sie hat sich sozusagen abgemeldet. Hat mich auch gefragt, ob ich jemanden wüßte, der ihr Kind adoptieren würde. Sie wollte es nur in gute Hände geben. Sie hat einen wirklich deprimierten Eindruck auf mich gemacht. Ich stecke bis über die Haarspitzen in der Arbeit. Könntest du dich mal um sie kümmern?«

»Das mache ich, Schorsch. Und möglicherweise wüßte ich auch schon Adoptiveltern. Aber das gehe ich langsam an.«

»Okay, Daniel. Ich hoffe, daß wir mal wieder zu einem Plauderstündchen zusammenkommen, aber von Geburtenrückgang spüre ich in meiner Klinik derzeit nichts.«

»Ist doch prima, Schorsch, wenn’s auch ein bißchen Mehrarbeit gibt. Wenn es hart hergeht, hol mich ruhig aus dem Bett. Ich helfe ganz gern so einem Putzerl auf die Welt, anstatt mich mit diesen abscheulichen Krankheiten zu plagen, denen man nicht beikommen kann.«

»Ich nehme dich beim Wort, Daniel«, sagte Schorsch Leitner lachend durch den Draht. »Für morgen stehen drei Geburten an, und wenn sie alle gleichzeitig kommen, kann ich mich in Stücke reißen.«

Als Dr. Norden Krankenbesuche machte, fuhr er bei Nelly Baumer vorbei, aber er traf sie nicht an. Eine Nachbarin, die gerade aus der Tür kam, sagte ihm, daß Frau Bauer verreist sei. Sie verriet ihm aber auch gleich, daß sie nur einen kleinen Koffer mitgenommen hatte.

Da hatte er also nichts ausrichten können. Er konnte jetzt nur noch hoffen, daß das junge Ding nicht durchdrehte.