Driven by Desire - Maya Carrelle - E-Book

Driven by Desire E-Book

Maya Carrelle

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Für Vivian war André zunächst nur ihr Fahrlehrer - dominant, übergriffig und dennoch faszinierend. Doch als sie sich in ihren charmanten Nachbarn Jonas verliebt, glaubt sie, die Antwort auf ihre Sehnsucht gefunden zu haben. Doch das Feuer, das André in ihr entfacht, ist nicht so leicht zu löschen. André führt Vivian in die Welt des BDSM ein und sie erkennt, dass ihre wahre Leidenschaft jetzt erwacht ist. Mutig gesteht sie Jonas ihre Neigung und die beiden probieren sich in ersten gemeinsamen BDSM-Spielen. Ist es wirklich das, was Vivian wollte? »Driven by Desire« ist ein mitreißender Dark Romance Roman, der zeigt, dass wahre Erfüllung oft nur einen Schritt außerhalb der Komfortzone liegt. Tauchen Sie ein in eine Welt voller Verlangen, Mut und Leidenschaft.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 236

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Hinweis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Über die Autorin
Weitere Bücher
Impressum

Maya Carrelle

Driven by Desire

BDSM-Romance

ISBN 978-3-96615-030-9

(c) 2024 Schwarze-Zeilen Verlag

1. Auflage 2024

www.schwarze-zeilen.de

Alle Rechte vorbehalten.

Coverfoto: © Davidoff – stock.adobe.com

Lektorat: Lukas Tamper

Die auf dem Cover abgebildete Person steht in keinem Zusammenhang mit dem Inhalt des Buchs!

Hinweis

Dieses Buch ist nur für Erwachsene geeignet, die sadomasochistischen Praktiken offen gegenüberstehen. Alle beschriebenen Handlungen erfolgen in gegenseitigem Einverständnis zwischen Erwachsenen.

Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht beabsichtigt und rein zufällig.

Viel Spaß beim Lesen dieses Buches.

Kapitel 1

Als ich die Eingangstür aufziehe, beginnt mein Herz ein bisschen schneller zu schlagen. Sofort ärgere ich mich über mich selbst! Gestern Abend im Bett war ich noch so cool gewesen. Neuer Job, neue Stadt, neue Wohnung - das bisschen Angst zu überwinden war mir dagegen fast schon lächerlich vorgekommen. Es musste eben sein, so wie man manchmal zum Zahnarzt muss oder zur Frauenärztin.

Aber jetzt würde ich die Tür am liebsten leise wieder zu machen und einfach gehen. Wenn nicht diese nervige altmodische Türglocke daran hing, die mich bestimmt längst verraten hat.

Ich trete also ein in den kleinen sterilen Raum, der gleichzeitig Büro und Klassenzimmer zu sein scheint – Klassenzimmer? Sagt man das so in einer Fahrschule? Ich muss fast kichern. Blöde Nervosität! Zum Glück bleibt mir wenigstens die Theorie erspart, mit der habe ich keine Probleme.

Ich wippe ein bisschen auf und ab und schaue mich um. Rechts von mir steht ein weißer Schreibtisch mit aufgeklapptem Laptop, etwas Papierkram, ein Stuhl dahinter, zwei davor. Links von mir steht ein langer weißer Tisch mit Ikea-Stühlen vor einer Glasfront, durch die ich auf die Straße sehen kann. Ein Flip Chart, eine Leinwand, ein Beamer an der Decke. Vor mir eine angelehnte Tür. Ich lausche. Nichts.

»Hallo?« Wieder wippe ich nervös auf und ab. Ob ich die Eingangstür noch mal auf und zu ziehen soll? Aber dieses schreckliche Gebimmel müsste – wer auch immer eigentlich schon beim ersten Mal gehört haben. Durch die Fensterfront schaue ich in den fließenden Nachmittagsverkehr. Ob ich nicht doch einfach wieder gehen sollte? Ich könnte mich so schön auf mein Sofa kuscheln und das Buch weiterlesen, das gerade so spannend ist.

Ein Geräusch lässt mich herumfahren und ich schaue in glänzendbraune Augen. Schöne Augen, schießt es mir durch den Kopf. Der Mann steht im Türrahmen und schaut mich an, nein, er schaut direkt in mich hinein, als hätte er dort meinen Fluchtimpuls entdeckt. Sofort fühle ich mich, als ob ich gerade schon meinen ersten Fehler gemacht hätte.

»Hi«, sage ich mit viel zu hoher Stimme. Dann räuspere ich mich schnell und mache einen energischen Schritt auf ihn zu. Ich bin nicht unsicher, es gibt keinen einzigen Grund dafür! Ich strecke meine Hand aus und halte sie ihm hin.

»Ich bin Vivian. Haben wir miteinander telefoniert?«

Der Mann schaut auf meine Hand, dann wieder in mein Gesicht. Sein Lächeln wirkt beinahe spöttisch. Aber dahinter scheint sich irgendetwas Gutmütiges zu verbergen – hoffe ich jedenfalls. Als er zugreift und meine Hand drückt, fühle ich nicht nur seine Kraft, sondern auch eine angenehme Wärme, die sich durch meine Hand hindurch einen Weg in meinen restlichen Körper bahnt. Erstaunt atme ich ein.

»Ich bin André.«

Er ist groß. Unheimlich groß! Es kommt mir vor, als ob er den ganzen Türrahmen ausfüllt, oder liegt es daran, dass ich gerade schrumpfe?

Ich nicke. Mein Herz hämmert so laut, dass ich befürchte, er könnte es hören. Wegrennen wäre eine Option, aber ich habe Angst um mein cooles neues Selbstbewusstsein, das mir in den letzten Tagen so gute Laune gemacht hat.

André löst sich aus dem Türrahmen. Er ist wirklich groß, aber ein Riese ist er nicht. Dafür stark. Muskulös, aber nicht auf die definierte Weise. Sein Haar ist braun und kurz, sein Gesicht eher rund. Bartstoppeln. Er ist ein ganzes Stück älter als ich, Ende dreißig schätze ich. Und gar nicht mein Typ!

André geht an mir vorbei auf den Schreibtisch zu. »Ja, wir haben telefoniert.«

Unvermittelt habe ich das unerklärliche Bedürfnis, herumzuzappeln wie ein kleines Kind. Es kostet mich einige Mühe, ruhig stehen zu bleiben.

An seine Stimme erinnere ich mich. Ich weiß noch, dass ich ein gutes Gefühl nach dem Telefonat hatte. Seine Art zu Sprechen hatte ich sofort gemocht – aber mit dieser körperlichen Präsenz hatte ich nicht gerechnet. Plötzlich habe ich das Gefühl, mich von irgendetwas befreien zu müssen und räuspere mich versuchsweise. Ein bisschen erleichtert es mich. Die Vorstellung, mit diesem Mann allein in einem Auto zu sitzen, dicht an dicht, Schenkel an Schenkel, und dazu noch Auto fahren zu müssen, schnürt mir direkt wieder die Luft ab.

»Ja, ich dachte, wir könnten vielleicht noch mal alles durchsprechen, bevor wir die erste Fahrt machen«, japse ich in der Hoffnung, noch etwas Zeit schinden zu können. Aber er lacht nur leise, holt einen Schlüsselbund von einem Bord neben dem Schreibtisch und klimpert damit in der Luft herum. Dann geht er zur Tür und hält sie mir auf.

»Es ist genau wie beim Dreier.«

Was? Wie bei einem Dreier? Hat er das wirklich gesagt? Fassungslos starre ich in sein belustigtes Gesicht.

»Bist du schon mal vom Dreier gesprungen?«

Ach so. DER Dreier. Verdammt! Jetzt bloß nicht an Sex denken! Ich glaube, ich werde rot. Irritiert blinzele ich ihn an und nicke lahm.

»Beim ersten Mal – bist du da sofort gesprungen oder hast du gewartet?«

Ich ziehe die Augenbrauen hoch und atme tief durch. Das ist verdammt lang her! Und warum will er das wissen?

»Ich habe gewartet, glaube ich. Hab mich nicht sofort getraut.«

»Und ist es dadurch leichter geworden? Durch das Warten?«

Ich überlege kurz. Und dann ist die Erinnerung wieder da. Mein fester Entschluss als ich die glitschige Leiter nach oben gestiegen bin, mein mutiger erster Schritt auf das Brett. Wie es gewackelt hat. Mein Zögern, mein Stehenbleiben, das Herzklopfen, das immer stärker wurde. Und wie die Kinder hinter mir ungeduldig geworden sind. Nein, das Warten hat mir definitiv nicht geholfen damals!

Ich schaue André an, schüttele den Kopf und er nickt mir aufmunternd zu.

Der Boden fühlt sich wie Schaumstoff an, als ich auf die Straße wanke. Die doofe Türglocke lacht mich aus.

Ich laufe ein Stück hinter ihm die Straße runter. Obwohl ich es gar nicht will, fällt mein Blick auf seinen Hintern, der sich in seiner dunkelblauen Anzughose abzeichnet. Wow! Ich muss schlucken. Und blinzeln. Welcher Fahrlehrer trägt denn bitte eine Anzughose? Wenn ich an meinen ersten Fahrlehrer denke, fällt mir seine ausgebeulte Jeans wieder ein. Seinen vermutlich plattgesessenen Arsch hatte ich mir allerdings nie so genau angesehen.

Hinter dem Häuserblock versteckt sich ein kleiner Parkplatz mit unterschiedlichen Fahrzeugen. Ich denke an den blauen Golf, in dem ich damals das Fahren gelernt habe, und halte nach einem ähnlichen Auto Ausschau. Als André stehen bleibt und auf die Fernbedienung an seinem Schlüsselbund drückt, blinkt mich jedoch ein ganz anderes Modell an. Ich erstarre mit aufgerissenen Augen.

Vor uns steht ein chromglänzender schwarzer Mercedes, makellos, nicht ein Staubkorn, geschweige denn ein winziger Kratzer sind auf dem Lack zu erkennen. Und damit soll ich jetzt fahren? Das Teil ist riesig! Vermutlich kann ich nicht mal übers Lenkrad sehen. Aber bevor ich losstammeln kann, öffnet er die Fahrertür und bedeutet mir einzusteigen.

»Keine Angst vor großen Autos! Darin bist du viel sicherer als in den Kleinen.« Mit einer gespielten Verbeugung wie ein Butler versucht er erneut, mich zum Einsteigen zu bewegen. Ich würde seiner Einladung gern folgen. Das Problem ist nur, ich kann mich nicht bewegen.

Er lässt die Schultern fallen, wartet. Alles an ihm drückt Warten aus. Seine Mimik ist ausdruckslos. Er scheint zu wissen, dass ich komme, und das tue ich auch. Langsam. Zögerlich.

Als wir nebeneinander in dem raumschiffartigen Gefährt sitzen, fängt er endlich wieder an, mit mir zu sprechen. »Was erschreckt dich so?«, fragt er mit ruhiger Stimme.

Ich schlucke und räuspere mich. »Ich … es … mit so einem Auto bin ich noch nie gefahren.«

»Wir sind gut versichert.«

»Ja. Klar.«

»Stell jetzt die Spiegel und den Sitz auf deine Größe ein.«

Ich schaue mich hilflos um. In Daddys Ford Fiesta gibt es unter dem Fahrersitz einen Hebel, den man ziehen muss, um ihn nach vorne zu manövrieren. Ich fuchtele unter meinem Sitz herum – nichts. André greift über mich rüber auf die linke Seite und betätigt einen Schalter. Ich rieche sein Aftershave. Herb, würzig und auch ein kleines bisschen süß. Mein Herz spurtet wieder los, ganz im Gegensatz zum Rest meines Körpers, der weiterhin gar nichts tut.

»So gut?«, fragt André und schaut mir prüfend in die Augen. Ganz sanft bildet sich eine Gänsehaut in meinem Nacken. Ich nicke, habe aber vom Inhalt seiner Frage eigentlich gar nichts verstanden.

»Und die Spiegel?«

Spiegel. Einstellen. Ich. Ich rappele mich auf und will am Innenspiegel drehen, da spüre ich seine Hand auf meiner. Sein Griff ist fest.

»Links von dir.«

»Hm?«

»Links!«

»Was?«

Er lässt meine Hand nicht los, sondern führt sie zu dem kleinen Bedienfeld links von mir, bis ich die Knöpfe unter meinen Fingerspitzen spüre. Ich rieche ihn. Ich höre sogar seinen Atem. Was ist er eigentlich für ein Fahrlehrer? Kommt er mir nicht ein bisschen zu nah? Mein Blick fällt auf meine Oberschenkel. Der Rock meines Sommerkleids ist hochgerutscht und ich komme mir ziemlich nackt vor. Am liebsten würde ich daran herumziehen, aber das würde alles nur noch peinlicher machen.

Bis ich die Spiegel richtig eingestellt habe, bin ich schweißnass. Ich will hier raus. Nein, ich will hierbleiben. Und ich will, dass er sich noch einmal über mich beugt.

»So,« sagt er und lächelt mir aufmunternd zu. »Und jetzt?«

Ich schaue zum Zündschloss. Der Schlüssel steckt. Wenigstens das ist so, wie in Daddys altem Fiesta. Erleichtert will ich zugreifen, da spüre ich wieder seine Finger auf meinen. Oh ja! Aber warum?

André schaut mich an. Ganz tief geht sein Blick in mich hinein. Ich muss lächeln, nein grinsen, ein nervöses Teenager-Grinsen, das sich nicht abstellen lässt!

»Was hast du vergessen, Vivian?«

Was meint er? Er wendet den Blick nicht von mir ab, während er sich wieder über mich beugt. Ich spüre etwas an meiner Schulter, etwas fährt mir über die Brust, streift sacht den Ansatz meines linken Busens. Klick. Verdammt! Der Gurt! Natürlich. Aufwachen, Vivian!

Ich reibe mir über mein brennendes Gesicht und atme tief aus. Die Aktion hat meine Nippel aufgeweckt, die sich jetzt unter dem dünnen T-Shirt-Stoff aufrichten. Hoffentlich bemerkt er es nicht! Meine Brüste sind ziemlich groß und ich bin es gewohnt, dass sie Männern ins Auge fallen – mit steifen Nippeln sind sie natürlich noch auffälliger.

Ich verschränke die Arme vor der Brust, aber André schaut sowieso nicht hin, er schnallt sich jetzt ebenfalls an.

»Es ist alles in Ordnung«, sagt er dann. »Ich bin da, um dir zu helfen. Ich habe viel Erfahrung. Du bist bei mir sicher. Fahr einfach los.«

Wow! Seine Worte beruhigen mich tatsächlich ein bisschen. Trotzdem zittern meine Finger ein wenig, als ich meine Arme von der Brust nehme und den Schlüssel umdrehe. Nein, ich drehe ihn gar nicht um. Ich tippe ihn nur an und schon schnurrt der Motor los. Leise. Angenehm. Und er geht nicht direkt wieder aus! Überrascht lasse ich beinahe die Kupplung los.

André lächelt mich zufrieden an. »Erste Hürde genommen. Los gehts.«

Die Handbremse. Nicht die Handbremse vergessen! Bretthart liegt sie in meiner Hand, lässt sich aber butterweich nach unten drücken, ganz anders als im Fiesta, wo sie ständig hakt. Und jetzt – fahre ich los. Ich beuge mich tief über das Lenkrad und lenke mein Schiff über den viel zu schmalen Parkplatz. Wie lang ist das Auto überhaupt? Das ist so ganz anders als in Daddys altem Kleinwagen.

»An der Straße nach links.« Ich nicke steif. Wo ist der Blinker?

»Hier.« André betätigt ihn für mich. Vermutlich hält er mich für total bescheuert. Ich hätte ihn schon noch selbst gefunden!

Auf der Straße ist verdammt viel los. Und ich hasse Linksabbiegen. Keine Lücke scheint mir groß genug für unseren Monster-Truck. Ich sehe nach rechts, nach links, wieder nach rechts, mein Blick streift kurz André, der aus dem Fenster sieht.

»Wollen wir dann mal?«

»Es ist aber doch nichts frei.«

»Wenn man die Straße gern für sich allein hat, nicht.«

Ich stöhne. Laut. Und dann gebe ich Gas. Die Reifen quietschen, der Wagen schlingert. André sagt nichts.

An der nächsten roten Ampel bleibe ich stehen. Mir ist heiß. Ist es heiß hier drin oder ist das nur die peinliche Atmosphäre? Ich würde gern das Fenster öffnen, beim Fiesta wüsste ich jetzt wie – hier kann ich es nicht. Aber fragen will ich auf keinen Fall. Er hält mich sowieso schon für total verblödet. Dabei hätte er mir ruhig mal eine vernünftige Einführung in das Auto geben können! Eine, die mich nicht so sehr abgelenkt hätte.

»Grün.«

Was?

»Es ist grün. Du könntest jetzt losfahren.«

Hinter uns hupt es. Verdammt! Ich trete zu fest aufs Gas und fahre schon wieder quietschend an. Dann geht es eine Weile geradeaus. Ich atme auf.

»Fahr einfach zu dir nach Hause. Die Strecke kennst du ja bestimmt gut.«

Ich nicke und bin froh über seine Anweisung. Auf bekanntem Terrain fühle ich mich wenigstens etwas sicherer. Ich kenne diese Stadt noch nicht gut, bin schließlich erst vor zwei Wochen hergezogen.

»Also. Was ist das Problem?«, fragt er plötzlich. Ich weiß nicht genau, was er von mir will. Geht es um das, was wir am Telefon besprochen haben? Meint er meine Angst? Den Unfall, den ich vor Jahren gebaut habe?

»Ich bin einfach eine verdammt miese Autofahrerin. Schon immer gewesen. Ich hab dir ja von dem Unfall erzählt. Am liebsten würde ich einfach gar nicht mehr fahren. Aber jetzt hat mein Vater mir sein altes Auto geschenkt. Er darf nicht mehr fahren, er hat Probleme mit seinen Augen.«

Ich muss schlucken, weil Daddy mir so leidtut.

»Er hat das Auto geliebt und ich glaube, er wünscht sich, dass ich es weiterfahre. Also probiere ich es noch mal.«

André sagt eine Weile nichts. Ich halte an einem Zebrastreifen. Eine ältere Frau überquert die Straße, danach fahre ich problemlos wieder an.

»Nur für deinen Daddy?«, fragt er in die Stille hinein.

»Was? Nein, natürlich nicht! Klar ist es besser, fahren zu können. Ehrlich gesagt war mein Führerschein sogar eine Voraussetzung für meinen Job. Ich muss manchmal den Bücherbus fahren.«

André sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Und dann hast du Angst vor dem Mercedes?«

»Na ja, bisher konnte ich mich erfolgreich davor drücken.«

Er sieht durch die Windschutzscheibe. »Du kannst fahren. Du brauchst nur mehr Sicherheit. Die bekommst du beim Üben. Mit mir.«

Ein Gefühl wie warmes Wasser durchfährt meinen Körper. Mit ihm.

Noch einmal nach rechts, dann sind wir in meiner Straße, dem Golddistelweg. Ich halte vor dem hellbraunen Mietshaus mit den windschiefen Balkonen. Direkt neben Daddys altem Fiesta, in dessen Scheiben sich die Frühlingssonne spiegelt.

»Gut«, sagt er, dreht sich mir zu und nickt. »Völlig fehlerfrei.«

Ich blinzele verwirrt. Er hat recht! Das letzte Stück war absolut kein Problem. Ich habe nicht mal darüber nachgedacht, dass ich Auto fahre. Mein Atem strömt mit einem Seufzer aus mir raus. Er lacht.

Muss ich jetzt wirklich schon aussteigen? Viel zu langsam taste ich nach dem Knopf für den Gurt. Am liebsten würde ich so tun, als könne ich ihn nicht finden, damit er sich wieder über mich beugt. Aber das würde er sofort durchschauen. Durch die Gewissheit, dass ich in drei Tagen die nächste Fahrstunde habe, schaffe ich es, mich zu lösen.

Als könne er meine Gedanken lesen, grinst André mich an. Meine Wangen werden heiß und ich beeile mich, aus dem Auto zu kommen.

Als der Mercedes um die Ecke verschwindet, lasse ich mich gegen Daddys alten Fiesta fallen und schlage mir die Hände vors Gesicht. Ich hätte niemals mit so etwas gerechnet! Dass ich tatsächlich fahren kann – und dass jemand wie André mir gefallen könnte. Jemand, der mir sagt, wo es lang geht. Jemand, der sich so unangemessen verhält. Der mir Sicherheit gibt.

Kapitel 2

Fuck! Wieso? Warum ausgerechnet jetzt? Es waren noch ungefähr fünf Schritte bis zu meiner Wohnungstür! Hätte die verdammte Tüte nicht erst später reißen können? Oder wenigstens nicht auf der Treppe? Ich fluche und renne den Dosentomaten hinterher, die auf dem Treppenabsatz einfach nicht anhalten wollen. Die Nudelpackung ist aufgerissen. Scheiße! Und der Boden ist total dreckig! Man sieht das nicht bei den altmodischen schwarz-weiß gesprenkelten Treppenhausstufen, aber selbst, wenn nur ich heute hier durchgelaufen wäre, hätten meine matschigen Boots ordentlich Bazillen verteilt. Weil es in Strömen regnet! Deshalb ist auch die dämliche Papiertüte gerissen.

Ich schniefe und klebe mir eine klatschnasse Haarsträhne hinters Ohr. Dann fange ich an, die verstreuten Spaghetti wieder in ihre Verpackung zu stopfen. Es tropft aus meinen Haaren und aus meiner Kleidung. Die Scheißnudeln kann ich gleich wegschmeißen. Genau wie den Joghurt, der gegen die schmutziggraue Wand gespritzt ist.

Ich werfe die Spaghetti auf den Boden, hocke mich hin und warte auf die Tränen. Aber es kommen keine. Zu viel Frust. Der Abend hätte so schön werden können. Mit einem warmen Tee und meinem neuen Freund, dem Buch, das ich gerade lese.

Die Haustür fällt ins Schloss, dann kommen Schritte näher. Sie stoppen, dann höre ich sie wieder. Auch das noch! Ich bin weder bereit für Mitleid noch für tadelnde Blicke!

»Oh«, höre ich hinter mir. Ich unterdrücke ein Seufzen und drehe den Kopf. Auf dem Treppenabsatz steht der Student von gegenüber, er hat meine Tomatendose in der Hand. Mit hochgezogenen Augenbrauen schaut er sich das Schlachtfeld in Ruhe an. »Fuck!«

Jetzt seufze ich lauter. »Hab ich auch gesagt.«

»Wie ist das denn passiert?«

Ich halte die Fetzen der durchweichten Papiertüte hoch. »Regen. Wasser. Nass.«

Er nickt. »Blöd.«

Ich seufze wieder und sammele weiter die Spaghetti ein.

»Unten lag eine Dose.«

»Ja, die hat es wohl am weitesten geschafft.« »Hast du schon im Keller nachgesehen?«

Er lacht.

Ich schnaube. Er kommt ein paar Stufen rauf und stellt die Tomatendose neben mich. Das wars? Mehr Hilfe gibt es nicht? Er scheint nachzudenken.

»Soll ich dir helfen?«

Ich muss fast lachen. »Das wär toll!«

»Ok. Bin gleich zurück.« Mit drei kurzen Sprüngen steht er vor seiner Wohnungstür. Sein Schlüsselbund klimpert, als er ihn aus seiner dreiviertellangen Hose zieht.

Sportlich, denke ich und fühle mich auf einmal ganz steif und alt. Ächzend lehne ich mich gegen die Wand. Wie alt er wohl ist? Etwa mein Alter, fünfundzwanzig oder sechsundzwanzig, schätze ich. Oder ist er jünger? Er hat ein bisschen was von einem Welpen.

Ich schaue auf seine geöffnete Wohnungstür, die meiner direkt gegenüberliegt. Wo bleibt er denn jetzt? Eben war er doch noch so schnell.

Es hilft ja nichts. Seufzend mache ich mit den Spaghetti weiter. Irgendwann höre ich Schritte.

»Hier!« Der Welpe reicht mir Handfeger und Kehrschaufel und bückt sich dann, um mit einem Lappen die Sauerei von der Wand zu wischen. Gleichzeitig beißt er in einen Apfel.

»Danke«, murmele ich und fege die schmutzigen Nudeln zusammen.

»Kein Problem. Ich nehme immer so nen wasserfesten Einkaufsbeutel mit. Damit passiert das nicht.«

Zum Beweis hebt er sein Shirt etwas an und zeigt auf einen winzigen Beutel, der an einem Karabinerhaken an seiner Gürtelschnalle hängt. Dabei fallen mir seine Bauchmuskeln auf und ich muss schlucken. Es kribbelt sogar ein bisschen in meinem Unterbauch. Das kommt mir gerade gar nicht gelegen.

Mein Nachbar sieht meinen Blick, versteht ihn anscheinend aber falsch.

»Gibts in jeder Drogerie. Ist total praktisch.« Er öffnet den Beutel und holt eine zerknitterte Einkaufstasche raus.

»Hmm.« Ich versuche, anerkennend zu nicken. Irgendwo habe ich auch so ein Ding. Ich muss es nur mal suchen.

Die Nudeln sind aufgefegt und ich stehe auf. Mein Blick fällt aus dem Fenster auf den roten Fiesta, den ich seit Tagen nicht bewegt habe. Ganz allein habe ich mich bisher nicht getraut. Mit dem Auto Einkaufen zu fahren. Wie angenehm das wäre!

»Wie heißt du eigentlich?«, frage ich den Welpen, als wir den Rest vom Boden aufsammeln.

»Jonas.« Er will mir tatsächlich die Hand entgegenstrecken, merkt aber, dass er beide Arme voll hat. Süß! Ich muss lächeln. Er ist wirklich ein Welpe.

»Ich bin Vivian.«

»Und du wohnst …?« Er schaut auf meine Wohnungstür. Vielleicht ist er sich wirklich nicht sicher.

»Ja, wir sind Nachbarn.«

Ich gehe vor und stelle das ganze Zeug vor meiner Tür ab. Dann suche ich in meiner Handtasche nach dem Wohnungsschlüssel. Mir ist mittlerweile ganz schön kalt in den nassen Klamotten. Ich sollte mich möglichst schnell umziehen. Oder ein heißes Bad nehmen.

Die Tür quietscht beim Öffnen und dann stehen wir beide in meinem Flur. Endlich! Ich freue mich immer, nach Hause in meine neue Wohnung zu kommen, die genauso geworden ist, wie ich es mir erträumt hatte. Helle Farben, weiche Teppiche, ein paar schöne Pflanzen – perfekt! Jetzt freue ich mich sogar noch mehr als sonst.

Ich bringe die Lebensmittel in die kleine Küche, die vom Flur abgeht, und stelle sie auf den Tisch. Jonas folgt mir, seinen Apfel hält er mit den Zähnen fest. Er stellt den Rest dazu.

»Witzig. Unsere Wohnungen sind scheinbar genau spiegelverkehrt.«

Ich befreie mich aus der Jacke, die an meinem Körper klebt. »Echt?«

Er verschwindet aus der Küche.

»Ja!« Mit seinen dreckigen Schuhen läuft er über meinen schönen neuen Teppich ins Wohnzimmer. Ich schlüpfe schnell aus meinen Boots und folge ihm. Soll ich was sagen? Ich starre auf den Fußboden. Ist da schon was zu sehen?

»Sieht aber trotzdem ganz anders aus als bei mir.« Wie er mich angrinst! Süß, sein Lächeln. Ich kann nicht mit ihm schimpfen!

»Danke, dass du mir geholfen hast«, sage ich stattdessen und hoffe, dass er meinen Wink versteht. Auf demselben Weg, den er über den Teppich gelaufen ist, zurückläuft, sich verabschiedet und mich baden lässt. Ein anderes Mal können wir uns gern wiedersehen.

»Ich hab nicht mal halb so viele Möbel wie du!« Statt mein Wohnzimmer zu verlassen, hat Jonas sich auf mein Sofa gesetzt und seinen Apfelrest auf den Couchtisch gelegt.

»Liegt aber auch daran, dass ich mich nicht so gerne festlege. Wer weiß, wie lange ich hierbleibe.«

Er schaut sich weiter um. Er merkt es einfach nicht! Fast muss ich wieder lachen. Andererseits ist mir mittlerweile echt scheißkalt! Meine Nippel bohren sich bereits durch mein Shirt. Das muss er doch merken!

Aber Jonas interessiert sich scheinbar nicht für meine Brüste. Er hat mein Bücherregal entdeckt, ist aufgesprungen und schaut jetzt die Regalbretter durch.

»Liest du gern?«

Nein, ich biete einen Buchaufbewahrungsservice an! Meine Augen verdrehen sich. Jetzt bleib mal freundlich, Vivian! Er merkt eben einfach nicht, dass er stört.

»Ja, ich bin Bibliothekarin. Frisch gebackene sogar.«

Jonas dreht sich zu mir um und schaut mich aus großen blauen Welpenaugen an. Mein Herz wird weich.

»Wow! Dann musst du ja viel lesen. An der Uni oder in der Stadtbücherei?«

»Stadtbücherei. Ist noch ganz neu, mein Job. Deshalb bin ich auch gerade erst hergezogen.« Beim Gedanken daran, dass ich meinen Traumjob ergattert habe, dass ich endlich in meiner ersten eigenen Wohnung wohne und an all das, was ich für meine Zukunft geplant habe, wird mir wärmer.

»Oh, hab ich gar nicht mitbekommen, dass hier jemand neu eingezogen ist.«

Jetzt muss ich wirklich lachen. Ich weiß noch genau wie viel Mühe wir uns gegeben haben, nicht so viel Krach beim Einzug zu machen, weil wir so früh am Morgen angefangen hatten. Meine Mutter hatte immer wieder »pscht« gezischt und mich gefragt, ob ich mich etwa schon am ersten Tag bei den Nachbarn unbeliebt machen wollte.

Jonas sieht mich fragend an.

»Schon gut«, sage ich. »Wohnst du denn schon lange hier?«

Er bläst die Backen auf. »Ja, weiß nicht genau. Hab letztes Jahr noch in einer WG gewohnt, aber da bin ich so ein bisschen versumpft.« Verlegenes Grinsen. »Muss mal mehr für die Uni tun, damit ich langsam fertig werde.«

Ich nicke freundlich. »Was hält dich denn ab?«

Die Antwort kommt direkt: Bouldern und Klettern. Seine Augen leuchten, als er mir von seinem Sport erzählt. Das gefällt mir. Ich glaub, ich mag ihn.

Ein Frösteln geht mir durch den Körper und holt mich zurück ins Hier und Jetzt. »Jonas«, fange ich an. »Mir ist arschkalt. Ich glaub, ich geh mal in die Badewanne.«

»Kein Problem.« Anstalten zu Gehen macht er nicht. Ich starre ihn an. Ist das sein Ernst? Will er etwa hierbleiben? Verwirrt drehe ich mich um, gehe ins Bad und drehe den Wasserhahn auf.

»Wir können ja mal zusammen was unternehmen«, rufe ich über das ausströmende Wasser hinweg. »Du kannst mir ja die Stadt zeigen.«

Ich schaue in den beschlagenen Spiegel gegenüber der Badezimmertür. Hinter dem Dunst sehe ich, dass mein Make-up verlaufen ist. Und dass eine Gestalt hinter mir auftaucht.

»Klar.« Jonas steht in der Tür. Ein angenehmes Kribbeln breitet sich in meinem Unterleib aus. Eigentlich könnte er doch hierbleiben. Vor meinem inneren Auge läuft ein kurzes Video von unseren nackten Körpern in der Badewanne. Schnell schüttele ich es ab. Schließlich kennen wir uns gerade mal eine Viertelstunde!

Ich lächele ihn ein wenig verkrampft an und deute an, mir das Shirt ausziehen zu wollen. Jetzt entdeckt er doch noch meine Brüste. Seine Augen werden größer und sein Blick bleibt den entscheidenden kurzen Moment länger auf ihnen hängen. Kurz genieße ich das. Ganz automatisch formen meine Lippen ein Lächeln. Dann räuspere ich mich.

»Oh. Ja. Alles klar. Viel Spaß in der Badewanne. Wir sehen uns.« Er schafft es, den Blick von meinen Brüsten loszureißen.

»Danke noch mal, Jonas.«

»Klar. Gern. Bis dann.«

Ich höre die Wohnungstür und reiße mir endlich die klebrigen Klamotten vom Körper. Die Wanne ist fast voll, aber das Wasser ist viel zu heiß. Ich lasse kaltes hinzulaufen und rühre mit dem Arm darin herum. Mhm, das tut gut!

Als mein Körper etwas später endlich vom warmen Wasser eingehüllt auftauen darf, läuft mir ein wohliger Schauer über den Nacken und ich kann sehen, wie meine Nippel sich aufrichten. Mit den Fingerspitzen fahre ich sanft über sie. Lange Zeit war mir mein großer Busen unangenehm und ich habe ihn meist versteckt. Mittlerweile genieße ich die Aufmerksamkeit – wenn sie von den richtigen Männern kommt. Von Jonas eben zum Beispiel. Nur André hat ihn nicht ein einziges Mal angesehen.

Mir fällt ein, wie er mich angeschnallt hat. Jetzt kribbelt es auch zwischen meinen Beinen. Verdammt! Ich mochte das viel zu sehr! Es ist nicht ok, wenn einem ein fremder Mensch gleich so nahekommt – vor allem, wenn es sich dabei um den eigenen Fahrlehrer handelt, mit dem man ganz allein im Auto unterwegs ist … ihm völlig ausgeliefert …

Merkwürdigerweise gefällt mir diese Vorstellung aber mehr, als dass sie mir Angst einjagt. Irgendwas hat André in mir getriggert. Oder, um ehrlich zu sein, irgendwas an ihm hat mich total aufgegeilt! Vielleicht ist es aber auch an der Zeit, mal wieder auf ein Date zu gehen.

Zum Beispiel mit Jonas. Er ist doch ganz süß. Mir fällt ein, wie er sein Shirt hochgezogen und mir einen unverhofften Ausblick auf seine Bauchmuskeln geschenkt hat. Oh ja, die waren vielversprechend! Dabei hatte er mir doch nur seinen Einkaufsbeutel zeigen wollen. Ganz unschuldig. Oder?

Ich lächele und gleite tiefer ins Wasser. Vielleicht hätte ich gar nicht warten sollen, bis Jonas gegangen war, um mich für die Wanne auszuziehen …

Anscheinend habe ich es echt nötig! Seufzend rutsche ich den Wannenrand entlang nach unten und führe meine Hand zwischen meine Beine. Ich stelle mir vor, wie ich mir das nasse Shirt über den Kopf ziehe und Jonas mich mit seinen großen blauen Augen ansieht. Dann macht er einen seiner schnellen Schritte auf mich zu, greift mir in den Nacken und zieht mich fest an sich. Während seine Zunge sanft zwischen meinen Lippen hindurchgleitet, reibe ich mich an ihm. Er ist steinhart.

Jetzt bin ich richtig heiß! Ich presse meine Oberschenkel fest gegen meine Hand, deren Finger sich einen Weg in mein Inneres suchen und stöhne viel zu laut.

Plötzlich habe ich einen Geruch in der Nase. Nein, keinen echten. Es ist Andrés Aftershave, das mit Gewalt in mein Bewusstsein drängt.

Kapitel 3