Du bist die Schwärze - Suna Ervilia - E-Book

Du bist die Schwärze E-Book

Suna Ervilia

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Beschreibung

Die achtzehnjährige Aisleen McRaigan begegnet auf einem ihrer heimlichen Ausflüge dem gutaussehenden Landarbeiter, Callum. Was sie nicht ahnt: dieses Aufeinandertreffen ist kein Wink des Schicksals. Aisleen, in Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit, hofft in Callum auf einen Freund. Diese zarte Freundschaft weicht bald Leidenschaft. Allerdings währt Aisleens Glück nicht lange. Schon bald findet sie sich in den Fängen von Kriegern wieder, die sie brutal entführen. Die junge Frau ist verzweifelt und hofft, es möge nicht schlimmer werden. Doch dann begegnet sie dem Mann, der für ihre Tränen und ihr Leid verantwortlich ist.

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„ … denn so wie die Liebe euch krönt, wird sie euch kreuzigen.“

Khalil Gibran

Es gibt nur wenige Persönlichkeiten, die die Messlatte für Nächstenliebe und soziale Gleichberechtigung soweit hochgesteckt haben, dass sich die Mehrheit ihrer Nachahmer ein Leben lang abrackern müssen, um den Erfolg zu erlangen, die ihren Vorgängern durch Fleiß und Herzblut zuteilwurden.

Nükhet Kivran gehörte zu diesen wenigen Persönlichkeiten.

Dieses Buch ist für sie.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Wie alles begann...

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Prolog

Schottland, im Jahre des Herren 1485

»Mama, warum ist Vater nicht glücklich?«

»Kind, wie kommst du darauf, dass er es nicht ist?« Verwundert sieht Mutter auf mich hinab, legt dabei den Kopf schief, wie sie es oft tut, wenn sie sich über etwas wundert. Ich setze mich auf der Decke, die wir mitgebracht haben, zurecht und lege den Kopf in den Nacken, um sie anzusehen.

»Er lacht nie.« Die Sonne blendet mich, weshalb ich meine Augen mit meiner Hand abschirme. »Nicht mal ein kleines bisschen. Selbst dann nicht, wenn das, was Aidar sagt, wirklich lustig ist.«

»Dein Vater ist ein ernster Mann, der viele Verpflichtungen hat, mein Lämmchen. Das heißt aber nicht, dass er unglücklich ist. Er ist sehr beschäftigt und hat kaum Zeit, etwas anderes zu tun, als seinen Aufgaben als Oberhaupt nachzugehen.« Ich verziehe das Gesicht.

»Kannst du ihm nicht ein paar Ratschläge geben, die ihn nicht mehr so ernst sein lassen?« Mutter schüttelt lächelnd den Kopf. Ihre langen dichten Locken schwingen dabei leicht im Wind und ein paar Fältchen bilden sich um ihre Augen. Ihre Haut ist so weiß, wie frisch gefallener Schnee und die Farbe ihrer Augen, so grün, wie der See zu unseren Füßen.

»Wenn du möchtest, kann ich direin paar Methoden verraten, wie man glücklich sein kann. Sollten sie es nicht tun, so können sie zumindest dafür sorgen, dass du dich gut fühlst.« Sie blickt über das Wasser und scheint zu überlegen. Ich setze mich aufrechter hin. Wenn ich gut zuhöre und mir alles merke, könnte ich noch glücklicher werden als jetzt. Dabei bin ich schon richtig glücklich, aber noch glücklicher sein schadet nicht, oder? »Ich habe einige dieser Techniken deinem Vater nahegelegt, aber er ist ein vielbeschäftigter Mann und Geduld gehört nicht gerade zu seinen Tugenden.« Mutter lächelt warm und streicht mir eine Haarsträhne hinters Ohr. »Als erstes solltest du lernen loszulassen, Liebes. Ängste, Sorgen, Kummer. Diese Empfindungen verursachen negative Gedanken, die dich innerlich zermürben und daran hindern, glücklich zu sein. Aber das ist nicht einfach, musst du wissen, denn wir Menschen sind als Pessimisten geboren und anders zu denken, müssen wir uns erst aneignen. Und da noch kein Meister vom Himmel gefallen ist, kannst du mit einer leichten Übung anfangen. Sobald dich ein Gedanke quält, wirst du an etwas Schönes denken, etwas, das nicht mit Geld zu kaufen ist. Das kann die Liebe zu deinen Brüdern sein, deine Freundschaft zur Metzgerstochter oder die Harmonie, wenn du in der Natur bist. Selbst ein Sonnenaufgang kann dich glücklich den Tag beginnen lassen. Solche Dinge eben. Verstehst du, was ich meine?« Grinsend nicke ich. »Du musst auch lernen, ‚Nein‘ zu sagen. Lass dir nicht die Probleme und Sorgen anderer aufladen. Das bedeutet nicht, dass du nicht mitfühlend und verständnisvoll sein kannst, das kannst du. Aber achte darauf, deine Bedürfnisse nicht hinter die der anderen zu stellen.« Sie lächelt auf mich hinab. »Ein weiterer Rat, der vielleicht wichtigste, ist, auf deine Gesundheit zu achten, Lämmchen. Jetzt bist du noch jung und kannst den ganzen Tag rumtreiben, wie dir beliebt. Aber diese Zeit wird vergehen und du wirst froh sein, wenn deine Gliedmaßen auf dich hören.« Bei der Vorstellung wie meine Arme und Beine wild herumfuchteln, muss ich kichern. Mamas Lächeln wird sanfter. »Mangelnder Schlaf, schlechte Ernährung, Erschöpfung und Überforderung kann deine Gesundheit beeinträchtigen, weshalb du diese Dinge vermeiden solltest«, rät sie mir und ich nicke knapp.

»Verstanden.«

»Vielleicht kommt für dich nun die größte Herausforderung.« Mamas Augen funkeln geheimnisvoll und ich beuge mich gespannt vor. »Du musst lernen, dich von materiellem Ballast zu trennen. Brauchst du Kleider und Schuhe in allen Formen und Farben? Wäre es nicht einfacher nur so viel an Spielzeug zu besitzen, wie du auch nutzt?« Lächelnd hebt sie ihre fein geschwungenen Brauen und bedenkt mich mit einem fragenden Blick. Verständnislos verziehe ich das Gesicht. Wie kann man denn zu viele Kleider und Schuhe besitzen? Und Spielzeug? Das verstehe ich nicht. Mutter sieht meine Verwirrung und zieht mich auf ihren Schoß, schließt mich in eine sanfte Umarmung und senkt den Kopf, um mich anzusehen. »Wenn du dein Hab und Gut mit Menschen teilst, die sie nötiger haben, würde dich ihr Lächeln dann nicht glücklich machen? Wahrhaftig glücklich meine ich. Und wäre dir dann nicht weniger bang um deinen Besitz, wenn du weniger hast, das du verlieren kannst?« Der Gedanke etwas herzugeben, das mir gehört, gefällt mir nicht. »Wenn du dir stets vor Augen hältst, wie vollkommen und wertvoll Gottes Schöpfung ist, erkennst du die Nichtigkeit von Besitztümern, mein Engel.« Ich glaube, ich verstehe, was sie sagt. Menschen zu helfen, macht immer glücklich, reich sein nicht. Ich nicke widerwillig und sie nickt zufrieden. »Bereit für den letzten Rat?« Ich nicke erneut und sie drückt mir einen Kuss auf den Scheitel. »Du musst lernen, für Gott zu lieben und zu vergeben, Aisleen. Damit meine ich nicht nur deinen Nächsten, sondern dich selbst im Besonderen.« Sie stupst mit dem Finger gegen meine Nasenspitze. »Fehler zu begehen ist menschlich und manchmal auch notwendig, damit du daran wachsen kannst. Aber du darfst nicht in der Vergangenheit verharren, denn was geschehen ist, kannst du nicht rückgängig machen. Verwende also nicht deine Lebenszeit und deine Lebensenergie dazu, dich zu grämen oder dir Vorwürfe zu machen. Lass diese Art von negativen Empfindungen nicht in dir gedeihen, denn nur der Herr allein darf über den Menschen richten.« Mama nimmt einen tiefen Atemzug und sieht auf den See hinaus, das Blau des Wassers spiegelt sich in ihren Augen wider. Ihre Augen sehen aus, als würden sie funkeln. Meine Mutter ist hübsch, so wie eine richtige Prinzessin. »Das Leben ist vergänglich. Solange du das nicht vergisst, wirst du deine Gesundheit und die Feinheiten des Lebens zu schätzen wissen. Und das wird dich glücklich machen. Wie sollte es auch anders sein.« Das Licht in ihren Augen verblasst und die Sonnenstrahlen verschwinden hinter schweren grauen Wolken, die die Landschaft in ein eigenartig trübes Licht tauchen. Es ist Abend geworden, wir müssen sicher bald zur Burg zurück. Mutter fährt fort, als hätte sie die hereinbrechende Dunkelheit nicht bemerkt. »Das Wichtigste jedoch ist, dass du dir dein Gottvertrauen bewahrst. Glaube fest daran, dass der Herr dich immer auf den richtigen Pfad leiten wird, so falsch dieser dir auch erscheinen mag. Es gibt zwischen Erde und Himmel so vieles, was unsere Menschenaugen nicht zu erfassen vermögen. Deshalb musst du geduldig sein, Aisleen.« Sie lehnt ihre Stirn gegen meine und schließt die Augen. »Manchmal bleibt uns nichts anderes übrig, als abzuwarten und zu hoffen. Was auch geschieht, das Leben ist lebenswert. Hauptsache du verlierst deine Hoffnung nicht.«

Wie alles begann…

Aidar

Eigentlich sollte ich die kostbare Stille genießen, dachte ich seufzend und verfluchte mich im selben Atemzug, dass ich mich von Vater hatte überreden lassen, mit Fitzgerald zu reiten. Die Anwesenheit dieses Mannes bei seinen Besuchen hin und wieder, konnte ich noch ertragen, jedoch ganze Tage am Stück mit ihm verbringen, strapazierte meine Nerven wie nichts anderes.

Vorsichtig lenkte ich Arlo auf dem wurzeldurchzogenen Pfad um einen gespaltenen Baumstamm und lockerte die Zügel wieder.

Ich verabscheute Dougal Fitzgerald, was vermutlich auf die meisten Menschen zutraf, die ihn kannten. Beim Gedanken an seine herablassende Art mit dem arroganten Gesichtsausdruck, als wäre die Welt seiner Existenz wegen zu Dank verpflichtet, biss ich die Zähne zusammen. Mehr als einmal hatte ich mich gefragt, wie viel Arroganz gepaart mit Habgier, ein Körper beherbergen konnte. Aber es gab etwas an ihm, das in mir noch größeres Unbehagen auslöste, auch wenn ich nicht recht benennen konnte, was es war. Obwohl es ihm keinerlei Vorteile böte, mir in den Rücken zu fallen, ließ dieses warnende Gefühl, mich ihm gegenüber in Acht zu nehmen, nicht nach. Seufzend atmete ich aus. Ein, höchstens zwei Wochen musste ich noch die Gesellschaft dieses Mannes ertragen, dann würde ich mir darüber keine Gedanken mehr machen müssen. Unsere Wege würden sich trennen und ich sähe ihn nur bei den gelegentlichen Besuchen wieder, die er meinem Vater, seinem Freund, Lord Seaton, abstattete. Vater hatte mich oft dazu gedrängt, an Dougals Seite im Heer für den englischen König zu dienen, um mir dessen Gunst zu sichern. Dougals Vater gehörte zum Beraterstab des Königs, wie sein Vater vor ihm. Lord Seaton wusste, dass die Fitzgeralds aus Überzeugung für des Herrschers Sache eintraten und nicht aus Machtdrang oder Habsucht. Und, weil das auch der König wusste, war die Familie Fitzgerald eine der reichsten im ganzen Land. Mein Vater wurde nicht müde, mir einzureden, dass es nichts als Vorteile böte, mich an Dougal zu halten, denn nur so könne unser Clan an Ansehen gewinnen und unseren Reichtum mehren. Bislang hatte ich es erfolgreich geschafft, mich mit diversen Ausflüchten aus der Verantwortung zu ziehen, die er mir aufzubürden versuchte. Was mein Vater nicht verstand, war, dass meine Weigerung, seiner Aufforderung nachzukommen, hauptsächlich darauf beruhte, dass ich den König mehr verabscheute als seinen schmierigen Anhänger Dougal. Für einen König zu kämpfen, der alles schottische verachtete und das auch noch mehr als deutlich zeigte, war für mich ausgeschlossen. Er ließ Dörfer von unwilligen Oberhäuptern, die ihm die Treue verweigerten, brandschatzen, ließ Frauen und Kinder abschlachten und Männer an Kreuze nageln, um Exempel an ihnen zu statuieren. Unsere Sprache verbot er in seinen eigenen Reihen und würde seine Macht bis ins Landesinnere reichen, würde er sie ganz abschaffen. Er würdigte die Clankultur herab, sie sei brachial und hinterwäldlerisch. Im Grunde lehnte er alles ab, was das schottische Volk ausmachte, weshalb die Schotten wiederum alles Englische ablehnten, ihren König eingeschlossen. Die Unterdrückung der schottischen Bevölkerung zog sich nun seit Jahrzehnten durch die Geschichte und es sah nicht so aus, als würde sich das in absehbarer Zeit ändern. Vor allem nicht mit der kompromisslosen Führungspolitik König Edwards, der alles von seinem Heer überrennen ließ, das sich ihm in den Weg stellte. Für so einen König konnte ich nicht mein Schwert schwingen, unbedeutend, um wieviel reicher es mich machte.

Ich unterdrückte das aufkommende Grollen in meiner Brust. Dougals Art wurde mir lästig und ein Verfechter des englischen Königs war ich auch nicht, weshalb es mir doppelt gegen den Strich ging, hier zu sein. Es gab nur einen einzigen Grund, weshalb ich mich von meinem Vater diesmal hatte überreden lassen, mitzureiten: Es ging um eine persönliche Angelegenheit. Wenn ich Dougals Worten glauben schenken konnte, hatte der König sein Vorhaben abgesegnet. Aber wer wusste das schon so genau?

Ich hatte mich ein ganzes Stück vom Lager entfernt, weshalb ich kehrtmachte und Arlo in die Richtung zurücktraben ließ, aus der ich gekommen war. Die bereits erlegten Kaninchen hingen an einem Seil vom Sattelknauf und stießen bei jeder Bewegung meines Tieres gegen mein Knie. Der Fleischvorrat im Lager war gut gefüllt, aber es war die Rastlosigkeit, die mich meinen Hintern in den Sattel schwingen ließ. Nur gut, dass ich die innere Unruhe vor zu schlagenden Schlachten gewöhnt war. Allerdings schien es auch anderen so zu gehen, denn ein halbes Dutzend Männer hatte sich der Jagd angeschlossen. Der Vorschlag, uns aufzuteilen, um unsere Chancen auf Beute zu erhöhen, war von mir gekommen. Dabei war das Fleisch das Letzte, woran ich dachte. Ich wollte nur meine Ruhe. Obwohl ich bereits seit Stunden auf dem Pferd saß, widerstrebte es mir, ins Lager zurückzukehren, das, bis auf wenige Ausnahmen, aus gewissenlosen und stinkenden Söldnern bestand. Diese Männer würden für ein paar Silbermünzen ihre eigenen Mütter verkaufen. Eins musste ich Dougal lassen, er hatte ein Talent dafür, Männer eines bestimmten Kalibers ausfindig zu machen und anzuwerben; Männer seines Kalibers.

Ein undefinierbares Geräusch erregte meine Aufmerksamkeit und ich zog an den Zügeln und hielt an. Mit schräg gelegtem Kopf horchte ich auf die ungewöhnlichen Laute, die rechts von mir zu kommen schienen. Mit einem leisen Schnalzen setzte ich Arlo wieder in Bewegung und lenkte ihn in die Richtung, aus der die Geräusche kamen. Zwischen einem dichten Buschwerk erkannte ich eine geduckte Gestalt, weshalb ich lautlos abstieg und die Zügel um einen robusten Ast band. So leise wie möglich, lief ich ein Stück durch das Geäst und blieb ungefähr zehn Fuß hinter der Person stehen. Als erstes fiel mir der weinrote Rock auf, dann die schmale Taille, die in ausladende Hüften überging. Definitiv eine Frau. Aber selbst, wenn ich blind gewesen wäre, hätte ich das Geschlecht an der melodischen glockenhellen Stimme erkannt. Ihre derben Flüche allerdings waren weniger damenhaft. Meine Mundwinkel zuckten. Mit wütenden Handgriffen hantierte sie an einem Bogen, auf dem eindeutig keine Spannung lag, so schlaff wie die Sehne herunterhing. Sie wurde immer wütender, zerrte und zog an der Waffe, nur um sie dann mit einem wütenden Fauchen auf den Boden zu pfeffern. Um ihrem Wutausbruch die Krone aufzusetzen, verschränkte sie die Arme und stampfte wie ein trotziges Kind mit dem Fuß auf.

»Die muss neu gespannt werden.« Mit einem erschrockenen Aufschrei fuhr sie herum und taumelte einen Schritt zurück. Ich lehnte mit verschränkten Armen gelassen an einem Baumstamm und hob nonchalant eine Braue. Große grüne Augen starrten mich vorwurfsvoll an, eine feingliedrige Hand legte sich auf ihre bebende Brust.

»Wer bist du? Warum schleichst du dich an?« Empört stemmte sie die Hände in die Hüften, wobei eine zarte Röte ihren Hals hinaufkroch. Ihr herzförmiges Gesicht vereinnahmte meinen Verstand so sehr, dass ihre Worte keinen Sinn ergaben. Hatte ich schon einmal solche Augen gesehen? Wenn dem so wäre, hätte ich mich sicherlich daran erinnert. Das Innere ihrer Iris war leuchtend grün, die Pupille hingegen mit goldbraunen Sprenkeln umrandet, die so intensiv leuchteten, dass mir ihre Schönheit für einen Moment die Sprache verschlug. Ihr langes dunkelbraunes Haar war von rötlichen Strähnen durchzogen und glänzte im schwachen Schein der Abendsonne wie feurige Glut. Von ihrer makellosen Haut und den vollen rosigen Lippen ganz zu schweigen. Ohne Übertreibung, war sie die schönste Frau, die ich je gesehen hatte. Was hatte sie eben gesagt? »Bist du taub oder kannst du nicht sprechen?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust und zog die Brauen hoch. Bevor ich meine Augen davon abhalten konnte, wanderten sie über ihre Brüste, die sich durch die Armbewegung nach oben drückten. Sie schnippte mit den Fingern, um meine Aufmerksamkeit wieder auf ihr Gesicht zu lenken. »Du starrst, als hättest du noch nie eine Frau gesehen.« Schnaubend bückte sie sich, um den Bogen aufzuheben, hing sich die nutzlose Waffe über die Schulter und kehrte mir grummelnd den Rücken. Sie war ein dummes Mädchen. Welche Frau bei Verstand, drehte in einem verlassenen Waldstück einem wildfremden Mann den Rücken? Dass sie sich dermaßen leichtfertig in Gefahr begab, machte mich wütend. Ich fand meine Sprache wieder.

»Du stehst mit einem Fremden abseits jeglicher Zivilisation, mutterseelenallein in einem verlassenen Waldstück. Ich könnte ein Vergewaltiger sein, ein Weglanger oder ein Mörder, der Ausschau nach seinem nächsten Opfer hält. Niemand würde dich schreien hören. In Anbetracht der möglichen Gefahren, reißt du deinen Mund ziemlich weit auf«, entgegnete ich tonlos und starrte sie weiterhin an. Was sollte ich auch anderes tun. Es war nicht so, als gäbe es hier etwas Interessantes zu sehen. Ihre Schultern versteiften sich, dann drehte sie sich langsam zu mir. Die Farbe war ihr aus dem Gesicht gewichen, Verunsicherung spiegelte sich in ihren puppenhaften Zügen wider. Ihre Hände krallten sich so fest am Bogen fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Es war nicht meine Absicht gewesen, sie zu ängstigen, ich wollte ihr lediglich begreiflich machen, wie leichtsinnig ihr Verhalten war. Ich zwang mich, den starren Blick abzuwenden. Die Tatsache, dass keiner der anderen Männer sie entdeckt hatte, erleichterte mich. Dieses Mädchen wusste nicht einmal, wie viel Glück sie gehabt hatte.

»Ist dir eigentlich bewusst, was dir hier hätte alles passieren können.« Ich wollte, dass sie sich der Gefahr bewusst war, in die sie sich so leichtfertig begeben hatte. Sie zuckte unmerklich zusammen.

»Natürlich weiß ich das«, schnappte sie zurück. Bemüht hochmütig reckte sie ihr Kinn in dem Versuch, ihre Furcht zu überspielen. »Ich hatte auch nicht vor, zu trödeln. Nur ein paar Hasen fangen und zurückreiten. Die Eintöpfe meiner Tante lassen ernsthaft zu wünschen übrig. Ich wollte nur etwas Abwechslung.« Mit ihrem resignierten Seufzer schien die ganze Luft aus ihrem Körper zu weichen. »Ich weiß nicht, was mit dem Bogen geschehen ist. Als ich ihn vor einer Stunde am Sattelknauf befestigte, war noch alles in Ordnung.« Sie sah enttäuscht auf die lasche Sehne, die nutzlos vom Bogen hing. Ihr betrübter Blick gefiel mir nicht. Dass mir dieser Umstand nicht gefiel, gefiel mir noch weniger. Das Beste wäre, ich setzte sie auf ihr Pferd und sah ihr zu, wie sie sich sputete, aus dem Wald zu kommen. Nur, weil einer der anderen Krieger sie bis jetzt nicht entdeckt hatte, bedeutete das nicht, dass das nicht geschehen konnte.

»Lass mich mal sehen«, hörte ich mich besseren Wissens sagen und hob fordernd die Hand. Zuerst beäugte sie mich skeptisch, kam dann aber näher und reichte mir mit weit vorgestreckter Hand die Waffe. Um sie nicht zu verschrecken, bewegte ich mich langsam, als ich ihn ihr abnahm. »Die Größe des Bogens passt für eine Frau, er ist aber ein wenig zu grob gefertigt. Ist er ein Geschenk gewesen?« Meine Vermutung lag dem nahe. Wäre es eine maßgerechte Anfertigung, hätte der Bogenmacher eine feinere Halterung ausgewählt. Sie legte den Kopf schief, ein überraschter Zug huschte über ihr Gesicht.

»Aye, er war ein Geburtstagsgeschenk meines Bruders, Callum.« Das Lächeln und die Wärme in ihren Augen zeugten von inniger Zuneigung. Etwas wie Eifersucht schlich sich in meine Brust, was ich mit einem scharfen Befehl meiner Vernunft sofort unterband. Um Himmels Willen, er war ihr Bruder! Ich hatte selbst eine kleine Schwester. Abgesehen davon, kannte ich dieses Mädchen überhaupt nicht.

»Das Material ist aus hochwertigem Eibenholz, was bekannt für seinen rötlichen Schimmer ist. Zusammen mit Eschenholz werden sie oft für Bögen verwendet«, erklärte ich weiter und sah mir die Enden genauer an. »Sieh hier.« Ich zeigte auf das eine Ende der Sehne, das für das lasche Band verantwortlich war. Sie stellte sich direkt neben mich, um besser sehen zu können und ich bemerkte, dass ich sie um einen ganzen Kopf überragte. »Hier ist ein Stück Holz abgesplittert. Weißt du, wie das passiert ist?« Mir wehte ihr betörender Duft in die Nase, ein Hauch von Flieder. Tief sog ich ihn in meine Lungen, dabei schlossen sich unwillkürlich meine Lider.

»Nein, ich wüsste nicht wie.« Als ich meine Augen wieder öffnete, starrte sie mit gefurchter Stirn zu mir auf. Vermutlich dachte sie, dass ich nicht mehr ganz bei Sinnen war. Ganz unrecht hätte sie damit wohl nicht.

»Wie ist dein Name?« Grob drückte ich ihr den Bogen in die Hand und wandte mich hastig ab.

»Isla, Isla Graiham.« Sie hängte sich die Waffe um die Schulter und warf einen prüfenden Blick in den Himmel. Ihr Gedanke spiegelte sich in ihrem Gesicht wider. Es würde bald dunkel werden, sie musste sich auf den Weg machen. »Das ist der Teil, wo du mir deinen Namen verrätst«, neckte sie mich als ich schwieg. Lächelnd warf sie sich das volle Haar über die Schulter und hob abwartend die Brauen.

»Aidar McRaigan.« Ich hielt die Luft an, in der Annahme, mein Name würde ihr etwas sagen, aber das tat es nicht. Sie nickte lediglich und verschwand zwischen den Büschen. Kurz darauf tauchte sie mit einem Schimmel an ihrer Seite wieder auf. Das Mädchen hatte meine Sinne so vereinnahmt, dass mir das Tier nicht aufgefallen war. »In welchem Dorf lebst du? Wenn du es weit hast, begleite ich dich.« Mein Angebot hatte so gar nichts mit Ritterlichkeit zu tun, es diente ausschließlich der Informationsgewinnung, welchem Dorf sie angehörte. Wenn es jenes war, das wir morgen anzugreifen gedachten, würde ich sie warnen. Es wäre nicht klug und alles andere als richtig, aber ich würde es tun.

»Mein Zuhause ist in Cumnag. Zurzeit besuche ich meine Tante in Darvel.« Erleichtert atmete ich aus. Das war die zweite Ortschaft nach Greenholm, also nicht unser Angriffsziel. Während sie ihren Bogen am Sattelknauf befestigte, trat ich einen Schritt näher.

»Tu mir den Gefallen und streife nicht mehr durch verlassene Wälder, Isla«, bat ich sie ernst, worauf sie genervt aber lächelnd die Augen verdrehte.

»Wenn es dich beruhigt, werde ich mich bemühen, der Versuchung zu widerstehen.« Schwungvoll drehte sie sich zu mir um und erschrak, als sie mich so dicht vor sich stehen sah. Hastig versuchte sie, einen Schritt zurücktreten, trat dabei auf den Saum ihres Rockes und verlor das Gleichgewicht. Blitzschnell griff ich mit dem Arm um ihre Taille und hielt sie fest, bevor sie rücklings zu Boden stürzte. Ihre Hände krallten sich reflexartig in mein Hemd, heftig atmend lag sie in meinen Armen. Islas großen Augen waren vor Schreck geweitet, ihr bezaubernder Mund stand halb offen. Wie ein verschrecktes Reh, das man in die Ecke gedrängt hatte, sah sie zu mir auf. Der Vergleich gefiel mir. Je länger ich ihr einnehmendes Gesicht studierte, desto stärker überkam mich der Wunsch, ihr nahe zu sein. So nahe wie möglich. Ohne eine bewusste Entscheidung getroffen zu haben, beugte sich mein Körper vor, bis ich ihren Atem auf meinem Gesicht spürte. Kurz bevor meine Lippen ihre berührten, hielt ich inne. Sollte Isla das hier nicht wollen, konnte sie sich jederzeit aus meiner Umarmung lösen. Zu meinem Glück, tat sie es nicht. Meine Lippen streiften sanft über ihre, senkten sich auf ihr Kinn und verweilten einen Augenblick dort. Da das aber nicht mein Endziel war, wanderte ich weiter und ließ meine Lippen schließlich auf ihrer Wange nieder. Dann zog ich mich ein Stück zurück und beobachtete fasziniert die vielen roten Punkte, die sich ihren Hals hinaufschlängelten und dasselbe Ziel anvisierten, wie meine Lippen.

»Du wirst doch nicht rot, Isla Graiham«, flüsterte ich heiser, aber sie starrte mich nur an. Trotz des Nebels in meinem Kopf, bemerkte ich, dass ihre Atmung ausgesetzt hatte. Dabei schlug ihr Herz so heftig, dass ich es noch durch die vielen Schichten unserer Kleider an meiner eigenen Brust spürte. Wenn sie nicht bald Luft holte, würde sie ohnmächtig werden. Langsam hob ich den Kopf und sah ihr ins Gesicht. »Atme, Isla«, flüsterte ich grinsend gegen ihre Lippen. Bevor ich etwas weitaus dümmeres tat, wie sie hier und jetzt gegen einen Baum zu drücken und ihr den Rock zu heben, richtete ich mich auf und ließ sie los. »Gut.« Zufrieden nickte ich und griff nach den Zügeln, um das Pferd ruhig zu halten, damit sie aufsteigen konnte.

»W-was? Was meinst du mit gut?« Das Mädchen war noch zu benommen, um zu verstehen, dass ich unser Gespräch von eben wieder aufnahm.

»Dass du Vernunft annehmen und nicht mehr allein durch die Wälder streifen willst, meine ich. Das ist gut.«

»Gut.« Sie wiederholte das Wort atemlos, was mich wieder grinsen ließ. Die Schönheit zögerte noch einen Moment, dann stieg sie mit einer eleganten Bewegung in den Sattel. Ich reichte ihr die Zügel, dabei berührte meine Hand ihren kaputten Bogen. Mir kam eine Idee.

»Warte hier.« Schnellen Schrittes eilte ich zu Arlo, löste das Seil, an dem die Kaninchen hingen und kam damit zurück.

»Aber das sind doch deine. Das ist wirklich nicht nötig, Aidar«, wehrte sie ab und griff nach meiner Hand, um mich daran zu hindern, das Seil an ihrem Sattel anzubringen. Bei ihrer Berührung nahm die kaum erloschene Hitze in meinem Inneren wieder Fahrt auf. Verwundert starrte ich auf die zierliche Hand, die vertrauensvoll auf meiner lag. Mein Herz pochte bis in meine Schläfen, ein Kribbeln zog sich über meine Wirbelsäule. Krampfhaft versuchte ich, mich an eine Person zu erinnern, die einen ähnlichen Gefühlssturm in mir auszulösen vermocht hatte. Aber mir fiel beim besten Willen niemand ein. Meinen Namen aus ihrem Mund zu hören, machte die Sache nicht besser. Ernst fuhren meine Augen über ihr Gesicht und während sich die unnatürliche Stille zwischen uns ausdehnte, zog sie ihre Hand zurück und legte sie wieder um die Zügel.

»Wie könnte ich heute Nacht Schlaf finden, wenn ich doch weiß, dass du den grässlichen Eintopf deiner Tante herunterwürgen musst«, witzelte ich, in dem Versuch, die aufgeladene Stimmung zu lockern und wurde mit einem Kichern belohnt.

»Es fällt mir schwer, zu glauben, dass Tante Gretas mangelnde Kochkünste dich um den Schlaf bringen.« Verdammt sie war noch hinreißender, wenn sie lächelte.

»Du wärst die Leidtragende, weshalb es mich tatsächlich um den Schlaf bringen könnte.« Das war nicht einmal gelogen. Ich würde heute Nacht kaum ein Auge zu bekommen, weil sie in meinem Kopf herumschwirren würde. »Allerdings, bin ich nicht selbstlos genug, um keine Gegenleistung zu verlangen.« Grinsend zurrte ich das Seil fest. »Ich werde nach Cumnag kommen und du wirst mich für meine ausgefallene Mahlzeit entschädigen, Isla Graiham. Und da ich kein Unhold bin, lege ich das Ermessen meiner Entlohnung in deine Hände.« Ich schenkte ihr einen vielsagenden Blick, den sie spitzbübisch erwiderte. Die Entscheidung, sie in Cumnag zu suchen, habe ich getroffen, als sich unsere Lippen berührt hatten. Sie hatte mich mit ihrer makellosen Schönheit und ihrer unverblümten Art verzaubert. Aber die Reaktion meines Körpers, hatte mich schlussendlich davon überzeugt, dass sie perfekt für mich war.

Ich vergewisserte mich ein letztes Mal, dass der Knoten fest genug saß, damit es den Ritt überstand und trat zurück. Isla wendete ihr Pferd und sah ein letztes Mal über ihre Schulter. Sie biss sich auf die Unterlippe, was sofort meinen Blick fesselte.

»Ich werde warten, Aidar McRaigan. Und ich weiß bereits, was ich dir zum Dank geben werde.« Ihre geröteten Wangen und der provokante Blick, setzten Bilder in meinem Verstand frei, die alles andere als schicklich waren. Sie ließ die Zügel schnalzen und ritt mit wallendem Rock und wehendem Haar durch die nahende Dämmerung. Immer noch grinsend starrte ich ihr nach, bis die Schatten ihre Silhouette verschluckten. Verdammt, dieses Mädchen hatte es faustdick hinter den Ohren und bei Gott, es gefiel mir. Sehr sogar.

Kapitel 1

Callum

»Hast du Isla überreden können, aufzustehen?« Malcoms verwaschene Stimme ließ mich seufzend die Schreibfeder in die Halterung stecken und mich im Sitz zurücklehnen. Mein Bruder, der schwankend im Türrahmen stand, beehrte mich, wie jeden Morgen, ungebeten mit seiner Anwesenheit in meinem Arbeitszimmer. Er gab der Tür einen Fußtritt und ließ sich mit einem halbvollen Quaich in der Hand in den Sessel gegenüber nieder. Obwohl ein massiver Eichholzpult zwischen uns stand, konnte ich seine Whiskeyfahne riechen. Das war eine Angewohnheit, die er sich in den letzten Monaten angeeignet hatte. Er ertränkte seinen Hass und Kummer in Whiskey. Lautlos seufzend beobachtete ich die Strahlen der Sonne dabei, wie sie durch das Doppelfenster ein Fächermuster auf den Teppich zauberten. Die Helligkeit im Zimmer, schien die Dunkelheit in meinem inneren zu verhöhnen.

»Nein.« Meine Stimme war ruhig, während ich meinen Blick gedankenverloren auf das Gemälde meiner verstorbenen Mutter richtete, das an der Wand hing, zusammen mit einigen anderen unserer Vorfahren. Ihre Ähnlichkeit mit Isla war verblüffend. Aber nicht nur ihr Aussehen glich das meiner Mutter, sondern auch viele ihrer Charakterzüge. »Sie isst und trinkt nicht, wenn ich sie nicht zwinge. Ich weiß nicht, was ich machen soll.« Hilflosigkeit war ein Gefühl, das mir fremd war. Aber seitdem sich meine Schwester in diesem Zustand befand, war es zu meinem ständigen Begleiter geworden. Müde rieb ich mir über meine brennenden Augen.

»Wir wissen, was zu tun ist«, zischte Malcom erbost. Nun ging das wieder los. »Wir werden McRaigan für das bezahlen lassen, was er ihr angetan hat. Danach knöpfen wir uns Fitzgerald vor. Was gibt es da weiter zu überlegen.« Mit einem Zug leerte er seinen Quaich und knallte ihn auf den Tisch. Mein zwei Jahre jüngerer Bruder war seit Islas Rückkehr in einer mörderischen Stimmung. Am liebsten würde er jeden abschlachten, der sich ihm in den Weg stellte und ich verstand ihn. Das tat ich wirklich. Nichts war mir wichtiger, als das Wohl meiner Familie und meiner Clanleute, deren Schutz und Sicherheit, nach dem Tod meines Vaters in meiner Verantwortung lag. Nur war Malcoms Vorgehensweise alles andere als besonnen und durchdacht, gefährlich obendrein.

»Wir wissen nichts, Malcom. Es sind Gerüchte, die wir gehört haben und darauf können wir uns nicht verlassen. Wenn jemand für den Angriff auf Greenholm bezahlen soll, dann sollte es für seine Schuld auch Beweise geben. Wir können nicht nach Gutdünken richten.« Ich war diese Diskussion mehr als satt. Je mehr ich versuchte, an seinen gesunden Menschenverstand zu appellieren, desto weniger kam ich zu ihm durch.

»Du weißt, dass die Gerüchte stimmen.« Energisch beugte er sich vor. »Ich kann mich an dein Gesicht erinnern, als du den Namen dieses Bastards aus Islas Mund gehört hast. Sie lag im Fieberwahn, aber McRaigans Name stimmt mit dem Aussehen jenes Mannes überein, der sie vor den Türen des Klosters abgeladen hat. Sowohl der Abt wie auch die Mönche haben es bestätigt. Alles, was wir noch wissen müssen, ist, warum er sich überhaupt die Mühe gemacht hat, sie hinzubringen. Warum hat er ihr das Leben gerettet? Wollte er, dass Scham und Pein ihr das geben, was die Verletzungen nicht geschafft haben?«

»Du tust gerade so, als wärst du der Einzige, der wissen will, was wirklich geschehen ist. Ich habe Collin nicht umsonst auf die Suche geschickt. Was er uns zu erzählen hat, wird Licht in die Angelegenheit bringen. Bis dahin müssen wir uns gedulden.« Meine Geduld mit meinem Bruder neigte sich allerdings dem Ende zu. Diese Diskussion führten wir nun seit Wochen, jeden verdammten Tag. »Wenn wir McRaigan haben, werden wir auch in Erfahrung bringen, wie wir an seinen Waffenbruder Dougal herankommen. Warum ignorierst du diese Tatsache?« Malcom schoss mit seinem leeren Becher in der Hand von seinem Platz, umrundete das Pult und baute sich vor mir auf.

»Ich bin mir sicher, dass er sich an Isla vergangen hat. Warum sonst hätte sie seinen Namen wie eine Litanei rezitieren sollen. Selbst, wenn er sie nicht angerührt hat, so hat er den Angriff mit diesem Hund Dougal zusammen angeführt. Sie verdienen beide den Tod.« Sein Brüllen hallte von den Wänden, dann verlor er gänzlich die Fassung. Mit einem Aufschrei schleuderte er den Quaich durch den Raum, Whiskey spritzte an die Wand und verteilte sich auf dem Teppich. Scheppernd landete das Holzstück in einer Ecke des Raumes. Ich fuhr aus meinem Sitz, krallte meine Hände in seinen Kragen und schlug ihn gegen die getäfelte Wand zu meiner Rechten. Der Whiskey in seiner Blutbahn schwächte ihn, sodass er nichts tun konnte, als meinen Zorn über sich ergehen zu lassen. Wir waren fast gleich groß, weshalb ich ihn nicht in dem Maße einschüchtern konnte, wie ich es tat, als wir noch Kinder waren. Aber es reichte, dass er mir körperlich unterlegen war, daran hatte sich seit unserer Kinderzeit nichts geändert.

»Du bist kurz davor durchzudrehen, Malcom«, zischte ich, schlug ihn ein weiteres Mal gegen die Wand und umfing grob sein Kinn.

»Reiß dich zusammen. Wenn der richtige Zeitpunkt für unsere Rache kommt, brauche ich dich an meiner Seite. Nüchtern. Hast du mich verstanden?« Ich schüttelte ihn ein letztes Mal und beobachtete, wie die lodernde Glut in seinen Augen schwächer wurde und dann gänzlich erlosch. Alles, was übrigblieb, war Schmerz und Erschöpfung. Langsam löste ich meine Hände, zog den Stoff glatt und klopfte ihm auf die Schulter.

»Ich will genauso wie du, dass jeder, der am Angriff beteiligt war, bezahlt. Besonders der Bastard, der Hand an unsere Schwester gelegt hat. Nur nicht so, Malcom. Ich brauche dich kampfbereit, alle Sinne beieinander und geschärft. Wir müssen bereit sein, wenn…« Ein Klopfen an der Tür ließ mich innehalten und bevor ich den Ankömmling hereinbitten konnte, ging die Tür auf. Collin streckte seinen Kopf durch den Türspalt. Wachsam sah er von mir zu Malcom.

»Wenn ich ungelegen komme, kann ich später vorbeischauen?«

»Nein, bleib. Wir haben auf dich gewartet.« Ich winkte meinen Krieger zum Sessel, aber er schüttelte den Kopf und blieb mit der Hüfte gegen den Arbeitstisch gelehnt stehen. »Was hast du herausgefunden?« Beiläufig registrierte ich seine verdreckten Kleider, die von Schlammspritzern und Grasspuren überzogen waren. Die Augen meines Kriegers lagen mehr als sonst in den Höhlen, die Haut darunter leuchtete in einem matten dunkelviolett und seine Wangenknochen stachen stärker hervor als vor seinem Aufbruch vor zwei Monaten. Seine lädierte Erscheinung bekräftigte mich in meiner Annahme, den richtigen Mann entsandt zu haben. Collin gehörte zu meinen besten Männern und hatte, wie es schien, auf Schlaf und mehr als eine verdiente Rast verzichtet, bis er gefunden hatte, wonach er suchte. Ich spürte, wie Malcom nähertrat und dicht neben mir stehen blieb. Collins Gesicht war ungewöhnlich ernst und etwas Bedrohliches lag in seinem Blick. Was er zu sagen hatte, würde nichts Gutes sein, aber das hatte ich auch nicht erwartet.

»Die Gerüchte über Fitzgerald und McRaigan entsprechen der Wahrheit. Fitzgerald führte die Männer an, McRaigan war seine rechte Hand. Unter seinen Kämpfern waren einige uns bekannte Clans, aber mehr noch Söldner, die er aus verschiedenen Regionen des Nordens angeheuert hat. Sie haben kein Stein auf dem anderen gelassen. Keine einzige Hütte ist intakt geblieben. Ich war dort.« Er meinte das Dorf, das sie angegriffen und dabei meine Schwester schwer verletzt hatten. Ich setzte mich in einen Sessel vor dem Tisch, beugte mich vor und stützte die Ellbogen auf meine Oberschenkel.

»In Greenholm gibt es nichts für Dougal oder McRaigan zu holen. Warum haben sie das getan?« Malcoms geknurrte Worte, gaben auch mir zu denken. Mein Bruder stützte sich mit einer Hand am Tisch ab, während er die andere auf die Rücklehne meines Stuhls legte. Diese Frage hatte ich mir verdammt oft gestellt. Weder Fitzgerald noch McRaigan hatten mit den McEliotts zu schaffen. Es gab zwischen ihnen weder Geschäftsbeziehungen noch andere Bündnisse, jedenfalls soweit mir bekannt war.

»Es war ein Vergeltungsschlag.« Collin schritt zum Service vor dem Fenster, um sich einen Whiskey einzuschenken. Mit einem vollen Becher kehrte er zurück und setzte sich in den Sessel mir gegenüber.

»Alastair McEliotts Weib ist Fitzgeralds Stiefcousine. Man sagt, Alastair habe beim Bischof um eine Annullierung seiner Ehe gebeten. Als Begründung gab er an, seine Frau könne ihm keine Kinder schenken, dabei bräuchte er sie vermutlich nur zu nehmen, wenn man den Gerüchten in der Burg Glauben schenkt. Mehr als eine seiner Bediensteten plauderte aus, dass Alastair seine Frau regelrecht hasse. Er wolle sie absägen, damit er seine Mätresse ehelichen kann, mit der er einen Bastard gezeugt hat.«

»Alastairs Entscheidung mag Fitzgerald erzürnt haben, das ist aber noch lange kein Grund, ein ganzes Dorf niederzubrennen. Das ergibt keinen Sinn.« Mein Bruder war irritiert, aber ich hatte eins und eins zusammengezählt und Fitzgeralds eigentliches Motiv erkannt.

»Du kennst Fitzgerald nicht.« Ich stützte einen Ellbogen auf die Lehne und drehte meinen Kopf in Malcoms Richtung. »Sein Vater gehört zu den Beratern des Königs, weshalb er so hoch in der Gunst des Herrschers steht. Er führte als Oberbefehlshaber viele Schlachten für den König, in denen er zum größten Teil als Sieger hervorging. Zur Belohnung schenkte der König ihm große Teile der McCinaed Ländereien. Du weißt sicherlich, dass dieser Clan in Ungnade gefallen ist, weil ihr Anführer seine Krieger nicht im Griff hatte. Nicht wenige dieser Männer wurden für Vergehen wie Mord und Viehdiebstahl gehängt.«

»Die Ländereien von McEliott grenzen an seine.« Collin hatte die Situation richtig erfasst.

»Dougal will Alastair nicht nur die Demütigung seiner Cousine heimzahlen, sondern ihn auch schwächen, um sich Teile seines Grunds unter den Nagel zu reißen?« Die Vermutung meines Bruders war nicht stimmig.

»Ein Mann wie Fitzgerald kennt keine Ehre.« Ich erinnerte mich an die einmalige Begegnung mit diesem Widerling. Der König verlangte von allen Clanführern den alljährlichen Treueschwur, weshalb sich jeder Chieftain auf den Weg in die Hauptstadt gemacht hatte. Anschließend nahmen wir im Empfangssaal Speis und Trank zu uns, dabei wurde ich ihm zufällig vorgestellt. Kaltblütigkeit schien ihm aus jeder Pore zu dringen, dafür brauchte ich nicht einmal in seine stumpfen leblosen Augen zu blicken. Sein aufgedunsenes Gesicht zeigte keinerlei Regung, bis eine blutjunge Magd, fast noch ein Kind, an seine Seite trat und ihm ein Tablett mit Erfrischungen anbot. Er sah sie an, als wolle er sie an Ort und Stelle besteigen. Weiß Gott, ich selbst war kein Heiliger, aber zumindest legte ich Wert darauf, dass meine Partnerin dem Akt zustimmte und alt genug war, um die richtige Endscheindung für sich zu treffen. Nach der Verderbtheit in Fitzgeralds Augen zu urteilen, würde es ihn nicht scheren, wenn er sie gegen ihren Willen nahm. Wahrscheinlich gefiel ihm das sogar. Verfluchter Hurensohn. »Dougals Cousine spielt für ihn keine Rolle, das war nur ein Vorwand, um McEliott anzugreifen. Ein Mann wie Dougal, tut nichts aus Ehrenhaftigkeit. Er ist berechnend, rücksichtslos und sadistisch. Es ist auch das, was man hinter jeder vorgehaltenen Hand zu hören bekommt.« Mein Krieger nickte bestätigend und kippte sich den restlichen Inhalt seines Bechers in den Rachen. Ich erhob mich und ging zum Service am Fenster, um mir ebenfalls einen Schluck einzuschenken.

»Aber was hat Fitzgerald nun mit Seaton McRaigan zu tun?« Malcom ließ sich in den Sessel fallen, von dem ich mich erhoben hatte und hob ratlos die Hände. »Warum steht McRaigan diesem Hund zur Seite? Die beiden haben nichts gemein außer, dass Seaton und Dougal sich wohl recht gut kennen. Das kann aber nicht der Grund sein, weshalb Seaton das Leben seines ältesten Sohnes aufs Spiel setzt, wenn für ihn nichts dabei herausspringt.« Malcoms Wut kam wieder zum Vorschein, seine Hand ballte sich zur Faust, als wolle er auf etwas einschlagen. Ausnahmsweise war ich mit meinem Bruder einer Meinung. Die Freundschaft mit Dougal sollte für Seaton kein Grund sein, sich Feinde zu machen und das Leben seines Erstgeborenen aufs Spiel zu setzen.

»Vermutlich hofft Seaton, durch Dougal in der Gunst des Königs zu steigen. Jeder weiß, dass Fitzgerald zu einer der reichsten und mächtigsten Familien im Land gehört. Wahrscheinlich denkt er, so auch ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Dummer Narr, als würde Fitzgerald auch nur einen Krümel seiner Macht teilen.« Angewidert schüttelte Collin den Kopf. »Da gibt es noch etwas«, fuhr mein Krieger fort. »Vermutlich ist das sogar der eigentliche Grund, für die enge Bindung der Familien.« Aufmerksam beobachtete ich Collin, auf dessen Gesicht ein Ausdruck erschien, den ich nicht einzuordnen vermochte. «Es heißt, Dougal sei besessen von Seatons Tochter. Bereits vor Jahren soll er um ihre Hand angehalten haben, aber Seaton fand sie für eine Ehe zu jung. Danach kam das Thema nicht mehr auf, weil sie im Kloster war. Erst vor wenigen Wochen ist Aisleen McRaigan nach Craig Castle zurückgekehrt. Eine der Huren, die Fitzgerald oft einbestellt, hat ein Gespräch mitgehört, bei dem dieser seinem Schriftführer auftrug, ihn für nächsten Monat bei Lord Seaton anzukündigen, um das Thema wieder aufzugreifen. Höchstwahrscheinlich wird er erneut um die Hand des Mädchens anhalten und da sie nun im heiratsfähigen Alter ist, gibt es für Seaton keinen Grund mehr, Fitzgerald abzuweisen.«

»Ist das so.« Gedankenverloren starrte ich auf einen imaginären Punkt, hinter Collins Schulter, während Malcoms Blick sich in meine Gesichtshälfte brannte. Collin nickte langsam und redete weiter.

»Der süßen Lydia zufolge, eine langjährige Magd in Seatons Dienst, ist Aisleen McRaigan nur ins Kloster gegangen, um sich vor Fitzgerald in Sicherheit zu bringen. Dougal soll ihr bei jeder sich bietenden Gelegenheit aufgelauert und sie bedrängt haben. Nicht selten bat Aisleen Lydia bei ihr zu bleiben, wenn sie sich in der Burg bewegte, während Fitzgerald zugegen war.«

»Was bedeutet das nun für uns?« Malcoms Ungeduld ließ mich diesmal nicht aus der Haut fahren. Ein Plan nahm in meinem Kopf Gestalt an, allein die Feinheiten mussten noch geschliffen werden. Aber bevor ich etwas unternahm, musste ich meinen Bruder davon überzeugen, dass wir weder McRaigan noch Fitzgerald einfach so umbringen konnten. Die beiden Familien pflegten eine enge Freundschaft und wollten diese mit einer Allianz noch enger formen. Sie würden sich mit Kriegern und Waffen gegenseitig unterstützen, wenn es nötig wäre. Dass Fitzgerald so hoch in der Gunst des Königs stand, war ein weiteres Problem. Es brauchte Raffinesse und einen durchdachten Plan, damit beide Männer dennoch ihrer gerechten Strafen zugeführt wurden.

»Wie lange hast du nach Ashton gebraucht?« Verwundert hob Collin die Brauen.

»Ich habe den kürzesten Weg genommen, weil ein einzelner Reiter keine Aufmerksamkeit erregt. Also vier Tage. Über Berge und Täler, fast doppelt so lange. Weshalb fragst du?«

»Ich möchte, dass du dich ausruhst, Collin. Nimm ein heißes Bad, iss und schlaf. In zwei Tagen wirst du zurück nach Ashton reiten und alles über Seatons Tochter herausfinden, das dazu dienlich ist, mir ein Bild von ihr zu machen. Ich will alles über sie wissen, und damit meine ich, alles. Angefangen von ihrem Tagesablauf und ihren Gewohnheiten, mögen sie noch so banal und langweilig sein, bis hin zu den Menschen, mit denen sie ihre Zeit verbringt. Ich will wissen, was sie gerne isst oder ihr auf den Magen schlägt, wann sie schlafen geht und wie ihre Beziehung zu ihren Brüdern und ihrem Vater ist. Und ganz besonders möchte ich ihre Schwächen kennen, damit ich weiß, wo ich ansetzen muss.«

»Was meinst du mit ansetzen?« Malcoms Blick flog zwischen Collin und mir her, dann dämmerte es ihm und ein anerkennendes Lächeln formte sich auf seinem Gesicht.

»Du willst dir das Mädchen schnappen.« Ich kehrte den beiden den Rücken und sah aus dem Fenster.

»Fitzgerald und McRaigan haben uns das Wertvollste genommen. Ich werde ihnen diesen Schmerz nicht vorenthalten. Sie verdienen alles und noch viel mehr.«

»Aber das Mädchen ist unschuldig, Callum. Du kannst nicht…«

»Das ist unsere Schwester auch«, fauchend schnitt ich Collin das Wort ab und fuhr zu ihm herum. Wie konnte er es wagen, an meinem Vorhaben zu zweifeln, als wüsste er nicht, wie sehr Isla gelitten hat und immer noch litt. Anklagend bohrte ich meine Augen in seine. »Wie Tiere sind die Männer über meine Schwester hergefallen, haben sie so schwer verletzt, dass sie an ihren Verletzungen fast gestorben ist. Sie hat seit Monaten ihr Zimmer nicht verlassen, weil sie niemandes Gesellschaft erträgt, ihre eigene am wenigsten. Hast du das vergessen, Collin?« Mein Freund presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, wich aber meinem Blick nicht aus. »Sie haben keine Gnade walten lassen und wir werden es ebenfalls nicht tun.« Entschieden schüttelte ich den Kopf und wandte mich ab. Je deutlicher ich mir vor Augen hielt, was sie getan hatten, desto überzeugter wurde ich, meinen Plan durchzuziehen.

»Wen willst du an das Mädchen ansetzen, wenn du alle Informationen über sie zusammen hast?« Ich sah von Collin zu meinem Bruder.

»Wie wäre es mit Grant oder Ian«, schlug letzterer vor.

»Auf keinen Fall«, widersprach Collin heftig und bedachte mich mit einem bittenden Blick. »Ian ist nicht in der Lage, einer Frau auch nur ein Haar zu krümmen, das weißt du. Grant hingegen würde jeden deiner Befehle ausführen, aber das, was du von ihm verlangen würdest… Er ist zu weich. Die beiden sind nicht die Richtigen dafür.« Collin hatte recht, außerdem war diese Aufgabe zu wichtig. Nichts durfte schiefgehen.

»Ich werde selbst gehen.« Mein Plan erforderte mehr als nur etwas Fingerspitzengefühl, weshalb ich ihn niemandem überlassen konnte. »Um Aisleen McRaigan werde ich mich selbst kümmern. Malcom wird hier solange die Stellung halten.«

»Das Mädchen wird sich wünschen, dir niemals begegnet zu sein.« Mein Bruder lachte leise und faltete zufrieden seine Hände vor dem Bauch zusammen. Es fiel mir schwer, seine Genugtuung zu teilen. Das Mädchen war für mich nur Mittel zum Zweck, ein unbedeutendes Werkzeug, das ich dafür benutzen würde, um meine Gegner aufzuspüren. Und mochte Aisleen noch so unschuldig und harmlos sein, solange in ihren Adern McRaigan Blut floss, war sie mein Feind. Und für gewöhnlich, zermalmte ich meine Feinde wie Käfer unter meiner Stiefelsohle.

Kapitel 2

Aisleen

Der Markt in Hellford war noch voller als bei meinem letzten Besuch vor vier Jahren. Die Anzahl der Stände hatte sich fast verdoppelt, was mich nicht wirklich wunderte. Es war immer so gewesen, dass die Anwohner der umliegenden Dörfer lieber den Markt aufsuchten, anstatt in die Stadt zu fahren, wo die Preise zum Teil exorbitant und die Waren nur von mittlerer Qualität waren. Die meisten Händler waren Hörige und Viehzüchter, die ihre Waren für kleine Münzen feilboten und dabei trotzdem Gewinn erzielten, da sie sich den Weg und die Übernachtung in der Stadt sparten. Der Andrang war so stark, dass ich mich fühlte wie in einem summenden Bienennest, was mir außerordentlich gut gefiel. Das Kloster hatte mir in den letzten Jahren leider nicht nur Frieden geschenkt, sondern mich noch öfter mit seiner Stille erdrückt.

Lächelnd lief ich an den vielen Schmuckständen vorbei, mein Gesicht gut unter dem Cape versteckt. Die letzten Sonnenstrahlen des Herbstes wärmten meinen Rücken, während ich die Auslage eines Schmuckstandes begutachtete, in dem sich ein hübsches Kettchen an das andere reihte. Ein Amulett erregte meine Aufmerksamkeit und ich trat dichter heran. Sowohl Kette als auch Anhänger waren aus Silber gefertigt, die Form glich der einer erblühten Rose. In der Mitte steckte ein schwarzer Edelstein, vermutlich ein Onyx. Ich dachte an die Truhe in meinem Zimmer und schüttelte den Kopf. Wenn es mir an etwas nicht mangelte, dann an Schmuck und Kleidern. Lord Seaton war es wichtig, dass seine Tochter vorzeigbar aussah, weshalb er nie mit der Wimper zuckte und des Schneiders Börse reichlich füllte. Ich riss meinen Blick von dem schönen Stück los und sparzierte weiter. Die Geräusche der feilschenden Kunden mischte sich mit den Stimmen der Kinder, die geflochtenen Blumenschmuck an den Mann oder besser gesagt, an die Frau zu bringen versuchten. Mit Händen und Füßen erkämpften sich die kleinen Körper einen Weg durch die Menge, in der sie mit ihren geringen Körpergrößen sprichwörtlich untergingen. Der Geruch von süßen Leckereien wehte mir in die Nase und ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Es waren so viele Eindrücke, dass mir schwindlig wurde. Erst in diesem Moment wurde mir bewusst, wie viel ich in den letzten Jahren verpasst hatte. Die meiste Zeit hatte ich in der Natur verbracht, war im See schwimmen gegangen oder hatte mich mit einem Buch an das Seeufer gesetzt und stundenlang gelesen. Meinen Aufpasser, ohne den ich die Burg nie hatte verlassen dürfen, hatte ich dabei geflissentlich ignoriert. Ganz besonders hatte ich aber den Unterricht mit Aidar geliebt. Er hatte mir das Bogenschießen beigebracht und ich war verdammt gut darin geworden. Bei unserer letzten Übung hatte ich das Ziel so präzise getroffen, dass man hätte meinen können, ein Krieger hätte geschossen.

»Gott stehe mir bei, Ais. Du triffst einen handgroßen Punkt aus fünfzig Fuß Entfernung. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll«, hatte er geseufzt und dabei ein solch erschüttertes Gesicht gemacht, dass mich allein die Erinnerung daran zum Lächeln brachte. Wehmütig erinnerte ich mich an die schönen Momente mit meinen Brüdern. Alles hatte seine Ordnung in meinem Leben gehabt, alles seinen Sinn und seinen Platz. Mein Leben war lebenswert, bis das Monster Fitzgerald aus der Dunkelheit gekrochen kam, um mich in seine Finsternis zu ziehen. Obwohl es immer schwierig war, seine Annäherungsversuche abzuwehren und ihm aus dem Weg zu gehen, stellte die letzte Begegnung mit ihm, alles in den Schatten. Nach dieser Nacht hatte es nicht mehr gereicht, mich vor ihm in Acht zu nehmen oder ein Loch zu finden, in das ich mich verkriechen konnte. Nein, ich hatte meinen Vater regelrecht anflehen müssen, um in ein Kloster gehen zu dürfen, weil mir die Flucht als einziger Ausweg erschien. Aber wie nicht anders zu erwarten, hatte Lord Seaton meine Bitte kategorisch abgelehnt. Erst nach hartnäckigen Beteuerungen, dass ich nicht vorhatte, auf Mann und Kinder zu verzichten, um Nonne zu werden und lediglich versuchte, eine fromme Christin zu werden, überzeugten ihn. Mit vierzehn Jahren war ich noch ein halbes Kind gewesen, unfähig, eine andere Lösung für mein Dilemma zu finden und die Situation richtig einzuschätzen. Ich war mehr als nur überfordert gewesen. Mein erster Impuls war es gewesen, mich meinem Bruder Aidar anzuvertrauen, aber da Lord Seaton von seinem guten Freund Dougal so angetan war, hatte ich mich dagegen entschieden. Beklommen erinnerte ich mich an Aidars prüfenden Blick, als er vor einigen Stunden beim Morgenmahl verkündet hatte, dass Fitzgerald uns bald einen Besuch abstatten würde. Hatte er auf eine Reaktion von mir gewartet? Wenn ja, weshalb?

In Gedanken versunken übersah ich eine unebene Stelle am Boden, stolperte und fing mich schnell wieder, dann blieb ich mitten auf dem überfüllten Marktplatz stehen. Mit geschlossenen Augen nahm ich einen tiefen Atemzug und versuchte diesen Dämon aus meinem Kopf zu tilgen. Er verdiente es nicht, auch nur einen winzigen Augenblick meiner Zeit in Beschlag zu nehmen. Ich war nicht mehr das vierzehnjährige, verängstigte Mädchen, das sich in eine Ecke drängen ließ und nicht wusste, wie es sich zu Wehr setzen konnte. Um meiner inneren Stärke Beständigkeit zu verleihen, erinnerte ich mich oft daran, wer meine Vorfahren waren, von wem ich abstammte. Ich war niemand geringeres als Aisleen McRaigan, Enkelin des berüchtigten schwarzen Highlanders, Aidar Craig McRaigan. Jenem Highlander, der mit einem nachtschwarzen Hengst eine Kapelle gestürmt und aus Rache die Braut eines anderen Lords entführt hatte. Grinsend öffnete ich meine Lider und setzte meinen Weg fort. Später verliebte sich mein Großvater in die unschuldige Aurora und nahm sie zur Frau. Leider lernte ich meine Großmutter nie kennen. Bemerkenswert ist jedoch, dass der Name meines Großvaters nach fast fünfzig Jahren immer noch voller Ehrfurcht ausgesprochen wurde. Wenn Väter den Hofhaltern ihrer Töchter nicht nachgeben wollten, wurden sie nicht selten mit scherzhaften Sätzen aufgezogen. »Gib acht, dass der Bursche nicht mit Aidar Craig verwandt ist« oder »Dein Glück, dass der Hofhalter nicht über den Charme des schwarzen Highlanders verfügt.« Trotz der Stärke und des Mutes, mit dem sich mein Großvater einen Namen gemacht hatte, hatte auch er es nicht geschafft, den Tod zu überlisten. Ihre Frauen zu überleben, schien das Schicksal jedes Mannes in diesem Clan zu sein. Meine Mutter, der Herr sei ihrer Seele gnädig, starb ebenfalls jung. Nun, in ihrem Fall hatte das wenig mit Schicksal zu tun. Krieger eines verfeindeten Clans hatten das Schicksal selbst in die Hand genommen und sie auf bestialische Weise getötet. Ich war damals sechs Jahre alt gewesen und hatte mitansehen müssen, wie sie qualvoll starb. Noch heute verursachte mir diese Gräueltat Albträume. Sie vermischten sich mit den Albträumen, die mir das Monster Dougal bescherte, und nahmen mir auch das letzte bisschen Schlaf, den ich so dringend benötigte.

Ich hasste die Albträume fast so sehr, wie die Dunkelheit, vor der ich mich fürchtete. Das war aber nicht das Einzige, das mir Unbehagen verursachte. Meine Schritte wurden langsamer, bis ich ganz stehen blieb. Mit einer Hand zog ich das Cape zur Seite, damit ich mich umsehen konnte. Seit Tagen beschlich mich das ungute Gefühl, beobachtet zu werden, was nüchtern betrachtet, nicht sein konnte. Hätte Vater oder Aidar mir Männer hinterhergeschickt, wären diese sicherlich nicht um mich herumgeschwänzelt, ohne sich bemerkbar zu machen. Nein, sie hätten mich aufs Pferd gesetzt und, ohne meinem Protest Beachtung zu schenken, in die Burg zurückgebracht. Ich schüttelte das beklemmende Gefühl ab und lief weiter. Nach wenigen Sekunden blieb ich ein wenig orientierungslos vor einem Gemüsestand stehen und sah mich um. Ich hatte das Ende des Marktes erreicht. Kopfschüttelnd drehte ich mich um, um den Weg zurückzugehen, als mich ein harter Stoß zur Seite taumeln ließ und ich mit der Schulter gegen einen Stützbalken stieß. Was zum Teufel… Eine kleine Gestalt huschte an mir vorbei und tauchte im Gedränge unter, sodass ich sie fast aus den Augen verlor. Schlimmes ahnend griff ich nach dem ledernen Geldsäckchen an meinem Gürtel, und fasste wie befürchtet, ins Leere. Verdammt, diese Kröte hatte mich beklaut. Ich wirbelte herum und rannte dem Dieb hinterher.

»Halt, stehenbleiben!« Meine Stimme ging im Lärm der Menschenmenge unter, aber gütigerweise traten die Leute beiseite, sodass ich sie nicht überrennen musste.

»Bleib sofort stehen!« Gerade noch sah ich, wie der Taschendieb, der nur halb so groß war wie ich, mit einem Satz über einen Obstkorb sprang und zwischen zwei Ständen verschwand. Einige Marktbesucher, die mir nicht schnell genug ausweichen konnten, drängte ich mit den Ellenbogen beiseite, während meine Augen weiter dem Langfinger folgten, der einen gehetzten Blick über seine Schulter riskierte. Ich beschleunigte, hechtete ebenfalls über den Korb und erhaschte noch einen Blick, als er in eine schmale Gasse rannte. Ich ließ die letzten beiden Häuser hinter mir und näherte mich der Gasse, in der er verschwunden war. Die Geräusche des Marktes wurden leiser, während ich nur noch meinen eigenen keuchenden Atem vernahm. Schlitternd bog ich in die Gasse und blieb ruckartig stehen, als wäre ich gegen eine unsichtbare Wand geprallt. Die Gasse lag verwaist vor mir. Nach Luft japsend hielt ich meine Seite, während ich verwirrt den Hinterhof inspizierte, der sich scheinbar als Sackgasse herausstellte. Ein Holzzaun verhinderte den Durchgang zum Pfad dahinter, dicht vor der Absperrung pickten ein paar magere Hühner Brotkrumen vom Boden. Der Zaun diente vermutlich dazu, die freilaufenden Hühner am Ausbüxen zu hindern. Mit einem mulmigen Gefühl drehte ich mich einmal um mich selbst, bis mein Blick wieder auf den Zaun fiel. Die Barriere reichte mir fast bis zur Brust, was bedeutete, dass der Bursche ihn nicht einfach überwinden hätte können. Außer, er war drüber geflogen, was unwahrscheinlich war. Zu beiden Seiten der Hauswände waren Fenster, aber diese waren verschlossen und Türen gab es keine. Der Gedanke, dass ich in eine Falle getappt sein könnte, ließ meinen Atem nicht zur Ruhe kommen. Mich in die leere Gasse zu locken, könnte Absicht gewesen sein, auch wenn ich nicht wusste, wer so etwas tun sollte. Aber es gab so viel Bösartigkeit auf der Welt, dass mir dieser Gedanke nicht ganz so abwegig erschien. Mein Herz schlug so schnell, als würde ich noch laufen, während sich meine Brust heftig hob und senkte. Mein Nacken kribbelte, langsam ging ich rückwärts, dann fuhr ich herum und eilte aus dem Hinterhof, bevor meine Vermutung Realität wurde und ich eine böse Überraschung erlebte. Zum Glück war in dem Geldsäckchen nicht viel drin, was seinen Verlust nicht allzu schmerzhaft machte. Allerdings konnte ich mir nun auch keines der süßen Zimtbrote kaufen, für die ich aus der Burg geschlichen war. Meinem Pech die Krone aufsetzen würde nur noch das Auffliegen meiner Abwesenheit.

Seufzend schlenderte ich zu meiner Stute zurück, die ich in einem nahegelegenen Stall untergebracht hatte. Glücklicherweise hatte ich den Stallmeister bereits für seine Dienste bezahlt. Nach einem letzten sehnsuchtsvollen Blick auf die Bude, in der die Leckereien verkauft wurden, machte ich mich auf den Weg zum Stall. Ich hatte das Scheunentor fast erreicht, als jemand von hinten meinen Oberarm ergriff. Ich wirbelte erschrocken herum und verlor das Gleichgewicht. Fast zeitgleich schlang sich ein Arm um meine Taille und bewahrte mich davor, auf dem Boden zu landen. Meine Hände hatten sich in ein paar kräftige Schultern gekrallt, die einem Fremden gehörten, der sich mit gefurchter Stirn über mich beugte.

»Geht es dir gut? Es war nicht meine Absicht, dich zu erschrecken.« Ich nickte hastig und der Unbekannte half mir dabei, mich aufzurichten. Verlegen löste ich meine Finger von seinem Körper und trat einen Schritt zurück. Nun, wo wir uns gegenüberstanden, musste ich den Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht zu sehen. Mein Cape war mir beim Sturz verrutscht und gab mein Gesicht frei, aber das war gerade meine geringste Sorge. Der Fremde stand so dicht vor mir, dass sich unsere Oberkörper fast berührten, zudem überragte er mich um mehr als einen Kopf, was mich einschüchterte. Seine breite Statur füllte mein ganzes Sichtfeld und ich trat einen Schritt zurück. Mir war bewusst, dass ich sein Gesicht anstarrte, aber selbst, wenn ich gewollt hätte, wäre es mir nicht gelungen, wegzusehen. Seine Augen blickten messerscharf und ohne einen Funken Gefühl und das war noch nicht einmal das außergewöhnlichste an ihm.

Mir war noch nie jemand begegnet, der Augen dieser Farbe besaß. Sie erinnerten mich an dunkles Emerald mit gelbgoldenen Sprenkeln drin, die heller leuchten, wenn das Sonnenlicht drauffiel, wie in diesem Augenblick. Bartstoppeln verdunkelten seine Wangen und zusammen mit den dunklen Haaren, ließen sie seine Augen umso deutlicher hervorstechen. Seine Kleidung war ordentlich und sauber. Der gefühlskalte Ausdruck in seinen Augen verursachte eine unangenehme Gänsehaut auf meinen Armen. Je länger ich den Mann ansah, desto mehr Distanz wollte ich zwischen uns bringen, aber ich konnte mich nicht rühren. Die wenigsten Männer konnten, indem sie einfach nur Präsens zeigten, dermaßen einschüchternd wirken. Mein Gedanke musste sich in meinem Gesicht widergespiegelt haben, denn im gleichen Moment schritt er etwas zurück.

»Was ist nun, gehört einer dieser Börsen dir oder nicht?« Er hob seine Hand, die drei unterschiedliche Lederbeutel umschloss und ich seufzte überrascht auf. Einen davon erkannte ich wieder.

»Aber das ist ja meine. Woher habt ihr sie?« Erfreut griff ich nach dem mittleren Säckchen, auf dem meine Initialen gestickt waren. Es war ein Geschenk meines Bruders Allan gewesen. Der Fremde löste das Band von seiner Hand und reichte mir den Beutel.

»Ich habe beobachtet, wie du diesem Langfinger hinterhergelaufen bist. Die beiden anderen Börsen gehören mir und meinem Freund, Hank. Er hat uns ebenfalls bestohlen.« Der Fremde zeigte auf einen großgewachsenen beleibten Mann, der unweit von uns zwei Pferdezügel in der Hand hielt. Hank nickte mir zu. »Der Kleine ist mir in die Arme gelaufen. Pech für ihn, dass meine Beine länger sind als seine.« Während ich den Worten des Mannes lauschte, band ich meine Börse an meinen Gürtel.

»Nun, dann…, danke ich Euch, Sir.« Freundlich nickte ich und wandte mich ab.

»Callum. Mein Name ist Callum. Und deiner ist?« Die Stimme des Fremden holte mich ein und ich drehte mich wieder um. Das kleine Lächeln, das seine Lippen zierte, nahm seinem kantigen Gesicht die Schärfe und ließ es, wenn auch nicht weich, zumindest zugänglich wirken. Seine Augen strahlten nicht mehr in einem kalten, sondern in einem warmen Grünton. Nun, wo eine gewisse Distanz zwischen uns existierte, bemerkte ich, wie muskulös er war. Callums Kreuz war breit, sodass das Hemd an einigen Stellen straffer saß als an anderen, seine kräftigen Oberschenkel steckten in dünnen Wildlederhosen und die staubigen Stiefel reichten ihm fast bis zu den Knien. Ich hätte blind oder taub sein müssen, um nicht zu bemerken, wie eine Gruppe Frauen ihm beim Vorbeigehen anerkennende Blicke zuwarfen. Er war aber auch eine Augenweide, musste ich mir eingestehen.

Jemand räusperte sich demonstrativ. Sein Freund, Hank. Statt Callum zu antworten, hatte ich ihn wie eine Irre angestarrt, was mir nun die Röte ins Gesicht trieb. Ich räusperte mich.

»Aisleen.« Am liebsten würde ich mich für das Zittern in meiner Stimme selbst ohrfeigen.

»Schön dich kennenzulernen, Aisleen. Mein Freund und ich sind auf der Durchreise. Kannst du uns eine Empfehlung geben, wo wir unser Abendmahl einnehmen können? Die Auswahl hier ist nicht gerade bescheiden.« Callums einnehmendes Lächeln ließ meine Knie weich werden. Zögerlich nickte ich.

»Aye, natürlich. Wonach gelüstet es euch?« Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, bemerkte ich, wie zweideutig sie klangen. Dem Fremden schien es ebenfalls aufgefallen zu sein, denn sein Lächeln wurde unübersehbar breiter. Hank hingegen verzog das Gesicht, als hätte er Schmerzen. O Gott. Boden, tu dich auf und verschlinge mich. Ich tat, als hätte ich meinen Fauxpas nicht bemerkt. »Kommt, ich zeige euch, wo ihr Hellfords besten Eintopf bekommt.« Mit einem Nicken zeigte ich in die angedeutete Richtung und setzte mich in Bewegung.