Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Duc in altum - Ein Weg in die Zukunft Dieses Buch beschreibt den Weg der Jünger Jesu, ihr »In-die-Tiefe-Graben«. Wenn sie von ihrer geistigen Entwicklung während der drei gemeinsamen Wanderjahre berichten, hören wir von ihren Erfahrungen und fühlen und spüren tiefgreifende Veränderungen vom »Ich folge dir nach!« bis hin zum bedingungslosen »Ja, ich will! Ich verkündige Deine Botschaft der vollkommenen Liebe!« Am Vorbild Jesu entwickeln sie universelle Tugenden wie Güte, Geduld, Langmut, Liebe... Sind diese Tugenden heute noch aktuell? Die Jünger meinen: Ja! Für ein gedeihliches Miteinander sind sie wichtiger denn je - jetzt und in der Zukunft für alle und alles! Und wer guten Willens ist, der nehme! In dieser Gesamtausgabe sind die Gespräche mit den Jüngern Judas Thaddäus, Jakobus dem Jüngeren, Simon Kananäus, Matthäus, Thomas, Johannes, Andreas, Nathanael Bartholomäus, Maria Magdalena, Jakobus dem Älteren, Philippus und Petrus enthalten.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 1076
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Autoren:
Die Jünger Jesu und die Weisheit des Himmels
Vermittelt durch:
Elfriede Shusha Pölzl
Fragesteller:
Johanna Eleonore Bleimann, Udo Gerd Bleimann Johannes Klaus Pölzl
Herausgeber:
Johannes Klaus Pölzl
Vorwort
Einleitung
Jakobus der Jüngere
Simon Kananäus
Matthäus
Thomas
Johannes
Andreas
Nathanael Bartholomäus
Maria Magdalena
Jakobus der Ältere
Philippus
Petrus
Übersicht
Jesus und die Samariterin am Jakobsbrunnen
»Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt.«
(Johannes 4,13-14)
Dieses Buch ist ein mystisches Buch, also eines, das die Seele anspricht. Für den Mystiker hat »Duc in altum« zweifache Bedeutung. Zum einen meint es das In-die-Tiefe-Graben nach Wasser (wie Jakob seinen Brunnen1) – nach dem göttlichen Lichtwasser. Zum anderen bedeutet es das Graben nach dem Wasser der Erkenntnis (so forderte Jesus Petrus auf: »Fahre hinaus ins tiefe Wasser und werfet eure Netze zum Fang aus!«2 – und sie fangen eine große Menge Fische). Das Lichtwasser steht synonym für den Wein und die Fische stehen synonym für das Brot. Wein und Brot sind die beiden Substanzen oder Wege, die Erkenntnis bringen – sie gehören zusammen!
Es geht bei dem Graben nach dem göttlichen Lichtwasser (der Wahrheit) nicht nur um das In-die-Tiefe-Gehen, sondern auch um das »Graben« nach oben in die Vertikale, ausgehend von einem kraftvollen Leben, das genährt wird durch Gemeinschaft, durch Nächstenliebe, durch gelungene Beziehungen, durch das Gut-Sein-Wollen des Menschen.
Mit »Duc in altum« sollen also beide Richtungen inspiriert werden.
Fragen, die daraus entstehen, könnten sein: »Wie geht das? Wer ist Gott? Wer ist Gott für mich? Wer bin ich? Wie bin ich gemeint – als Seele mit meinem Körper, mit meinem ganzen Sein?« Solche Fragen führen zur Suche nach einem Weg der Anbindung nach oben, des Sich-Erinnerns der Seele. Jesus zeigte neben dem theologischen und liturgischen einen mystischen Weg.
Das Jesus-Wort »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben«3 ist ein Angebot für den mystischen Weg.
Dieses Buch ist entstanden in der Kommunikation mit der geistigen Welt. Die Jünger des Herrn sprechen über ihre Erfahrungen, über Wege, die schon viele gegangen sind ... Es ist eine Einladung der Jünger, solch einen Weg zu gehen. Davon wird neben vielen anderen Dingen erzählt. Ein Herzenswunsch der Jünger ist es, den Inhalt dieses Buches mit der Seele zu fühlen und zu spüren.
Alle Jünger haben ihre Erfahrungen mit der Aufforderung Jesu »Folge mir nach!« und dem sich daran anschließenden gemeinsamen Weg eindrücklich und berührend beschrieben, sodass die Stimmigkeit tatsächlich gespürt werden kann.
In keinem Fall soll eine Theologie, eine Liturgie oder eine Mystik, welcher Konfession auch immer, infrage gestellt werden.
Alle Gespräche wurden im Gang durch das Jahr 2021 geführt. Aus der Tabelle mit der Übersicht über die Jünger ist ersichtlich (siehe dort), dass jedem Jünger bestimmte Aspekte zugeordnet werden können, wie der Monat, der Farbstrahl, in dem gewirkt wird, sowie die jeweilige Tugend und der Platz im Jüngerkreis. Die Gespräche beginnen mit Judas Thaddäus im Januar und enden mit Petrus im Dezember. Es ist eine Reihung, die sich aus der Sicht der Jünger ergibt und nichts mit einer Rangordnung zu tun hat.
Jedes Gespräch beginnt mit einem »Einstiegsbild«. Dieses Bild beschreibt einen Blick in das Mystische, einen Heiligen Raum, der sich im Laufe der Begegnung mit dem Jünger tiefer erschließt. Zudem wird jede Stunde von Engeln mit den Namen Elion, Silion, Jerach und Sigmael begleitet, die sich mit Gegenständen, Insignien, Farben und Symbolen zeigen, die ebenfalls einen Bezug zum Gespräch haben. Es geht nicht nur um das Offensichtliche, von dem ein Jünger berichtet, sondern es gehört auch das Unsichtbare dazu, das jedem Menschen innewohnt und ihn auch umgibt. Das Bewusst-Werden der Anbindung nach oben ermöglicht beim Lesen ins Spüren und Fühlen der Seele zu kommen.
Zudem können die Bilder die Erfahrung vermitteln: »Ich bin mein ganzes Leben hindurch begleitet! Es gibt da keine Distanz. Der Himmel ist in uns, um uns und durch uns!« Sie zeigen die Sicht des Himmels für diese Gespräche. Das Gelesene und das Gespürte gehören zusammen. Dann kann sich der innere Blick öffnen.
Lass dich vom Hauch des Unvergänglichen berühren ...
Vier Menschen haben dieses Buch gewünscht (vgl. Vorstellung im Anhang). Bei Gesprächen mit Johannes im Jahr 2020 ist die Bitte entstanden, er möge doch einmal seine Mitjünger beschreiben, wie er sie erlebt hat. Dabei ergab sich das Angebot der Jünger, aus ihrem Leben und insbesondere von ihrer Begegnung mit Jesus und der gemeinsamen Wanderschaft zu erzählen.
Es zeigte sich, dass es ihnen nicht um historische Informationen geht. Sie lassen uns vielmehr an ihrem seelischen Erleben teilhaben, was uns im Mitschauen, Mitfühlen und Mitspüren beim Lesen den mystischen Zugang zu den Ereignissen von damals eröffnet.
Pfingsten 2023
1 1. Mose 33,19, Johannes 4, 5-6
2 Lukas, 5,1-11
3 Johannes, 14,6
Dieses Buch erzählt von den Wegen der Erkenntnis, die Jesus den Menschen in seiner Nähe vermittelte. Die Jünger, die darin in vielen Gesprächen zu Wort kommen, beschreiben ihren Weg und bieten uns an, es ihnen gleich zu tun.
»Wer da will, der nehme!«
Um ein Verständnis für die Inhalte zu bekommen, ist es hilfreich, mit der Entstehung der Schöpfung zu beginnen, also noch vor dem Fall eines Teils der Engel.
Vor dem Fall der Engel gab es das, was ihr den paradiesischen Zustand nennt – dieses Alleins, diese Liebe –, in dem Alles da war: der Schöpfer und seine Gefährtin, der Sohn und die Tochter, also die Himmlische Familie4, alle Engel und auch alle Seelen, die durch Gottes Wort geschaffen worden waren.
Der Schöpfer ist im Anfang und immer da, ein Etwas, das nicht mit dem Verstand zu fassen ist. Im Anfang war das Wort, und das Wort war Gott. Und dann schöpft er, dann erschafft er, indem er alles aus sich heraussetzt. Und alles, was er erschafft, ist dann bei Gott. Jedes Wesen, jede Seele ist Wort, hat einen Namen.
Es entsteht ein paradiesischer Zustand, in dem alles auf den Schöpfer ausgerichtet ist, nicht weil er »Applaus« braucht, sondern weil das Strömen der Liebe, dieses All-eins ein paradiesischer, unsagbar schöner Zustand ist. Das ist so, wie wenn du liebst und du dem Geliebten zugewendet bist. Du magst dich nicht abwenden, du magst nur ganz bei ihm, mit ihm sein. Das, was ihr als Jubilieren, als Klang, als Harmonie, als alles ist licht, als alles ist lebendig, bezeichnen würdet – also der Urzustand allen Seins.
»Im Anfang« schuf der Schöpfer diese Schöpfung, ausgestattet mit allen Möglichkeiten, insbesondere mit der Möglichkeit der Freiheit, zu entscheiden.
Dann geschieht das, was sich als »Fall der Engel« entwickelt. Das bedeutet, dass bei einem Engel in dieser lichten Schwingung, in diesem Alleins-Sein eine andere Schwingung entsteht durch ein »etwas ein bisschen infrage stellen«. Da nimmt der »Fall der Engel« seinen Ausgang, denn in dieser Fragestellung, in diesem Ansinnen ist die hohe Schwingung, in der alles gleich schwingt, nicht mehr gegeben und ein Teil »verlangsamt« sich ...
Die Wissenschaft versucht das mit dem Urknall, mit der Evolution zu erklären, mit dem, was sich dann als Materie mit Raum und Zeit entwickelt, was sich nicht mehr nur in Schwingungen, in Quanten, in Lichtform unsichtbar darstellt, sondern sich materialisiert.
Ein Teil der ursprünglichen Schöpfung »gerinnt« durch diesen Fall der Engel. Und das reißt einige mit sich, also die, die um diesen Engel sind, der das verursacht. Das sind dann später
die, die ihr als »den Teufel«5 mit seiner Anhängerschaft oder die Unlichten, Dunklen, Gefallenen bezeichnet.
Dieser Engel hat das nicht aus Boshaftigkeit gemacht, nicht aus Antipathie. Doch es war der Beginn einer Beziehungsstörung zum Schöpfer, aus einem Hauch der Langeweile und einem Infrage-Stellen. Da entstand diese andere Schwingung, die Schwingungsverlangsamung mit einem ersten Hauch von Zweifel, eines Sich-Abwendens vom Schöpfer.
Also nicht: »Wir organisieren uns, dann stellen wir infrage, und dann rebellieren wir!« Nicht so! Es war ein Hauch ...!
Und das ist der Beginn der Materialisierung, der sichtbar werdenden Schöpfung, das, was ihr den Urknall nennt ...
Der Vater und die Mutter erschrecken, denn sie können das nicht aufhalten, und der Vater erkennt in diesem Moment: »Ich kann nicht in die Freiheit eingreifen, sonst müsste ich die gesamte Schöpfung zurücknehmen!«
Die Materialisierung könnt ihr wissenschaftlich belegen, doch letztlich werdet ihr erleben: Dieser Teil der Schöpfung, der materialisierte – auch wenn der Blaue Planet noch so wunderbar und schön ist, und er ist wunderbar ausgestaltet und schön und geglückt – ist verletzt! Er ist nicht mehr im Urzustand. Das bedeutet, er findet sich in den irdischen Gegebenheiten wieder, die mit sich bringen: Mühe, Plagen, Sorgen, alles andere als paradiesisch sein und teilweise von Gott entfernt. Und in der Freiheit sich befindend: »Wie entscheide ich mich? Werde ich zerstörerisch tätig oder möchte ich licht wirken? Lasse ich Beziehungsstörung zu oder entscheide ich mich für Beziehungserhaltung?« Das beinhaltet all das.
Das heißt, die Materie gewordene Schöpfung als ein Teil der gesamten Schöpfung ist nicht mehr im paradiesischen Urzustand. Das ist entstanden durch diesen einen Hauch, den Gedanken des Infrage-Stellens.
Die Erde ist also das Betätigungsfeld dieser gefallenen Engel, denn sie waren nun in einer anderen Schwingung, in einer anderen Gegebenheit, nicht mehr in der paradiesischen Schwingung. Sie sind die, die im Buch die »Dunklen«, beim einzelnen Menschen »Doppelgänger« genannt werden. Doch auch in ihnen ist Licht. In allem ist Licht ...
Sie wollen etwas tun, etwas bewegen, etwas gestalten, und in ihrem Sinn ist nichts anderes, als die Beziehung zum Ausgerichtet-Sein zu Gott hin zu stören, die Beziehung zum Lichten zu stören und Unordnung zu schaffen und Zweifel zu schüren. Das leben sie hier, das tun sie hier, und tatsächlich sind sie darin sehr erfolgreich. Das erlebt ihr in allen Ebenen – bei diesem Infrage-Stellen, beim Bewerten, bei allem, was Beziehung zum Nächsten stören kann – zu Tieren, zu Pflanzen, zur Natur, auch zu euch selbst.
Letztlich auch zu Gott, mit der Frage: »Wie kann er das, was da geschieht, zulassen?«
In dem Moment, wo der Fall der Engel, das Materialisieren geschieht, ist aber auch der Gedanke da: »Das wird wieder in Ordnung gebracht!«. Da sind viele, die erschrocken erleben, was da geschieht! Das ist eine »Schrecksekunde« im Himmel (wenn man da schon von Zeit sprechen kann ...). Und dann entwickelt sich das: »Wir helfen mit, dass das wieder heil wird, denn auch dieser Teil der Schöpfung ist geliebt, gehört zum Schöpfer, ist wunderbar, ist durchlichtet! Da helfen wir mit, zu erlösen!«
Die Seelen wollen das erreichen, indem sie auf diese materielle Ebene inkarnieren. Das bedeutet, dass jede Seele, die inkarniert, von einem Kleid der Materie ummantelt wird, umhüllt
wird. Also, wenn du auf der Erde geboren wirst, dann bist du eine Seele mit einem Körperkleid, mit einem Materiekleid – das, was ihr die Physis nennt: Haut, Knochen, Muskeln, Gehirn, alles das. Das ist das Kleid, und in diesem Körperkleid wohnt die Seele.
Die Seele wird nicht einfach so allein auf die Erde hineingeboren, sondern wird zeitlebens begleitet von einem Schutzengel, einem Führungsengel und einem Sonnenengel (das Höhere Selbst). Gleichzeitig versucht auch ein Vertreter der Dunklen, der Doppelgänger, »wirksam« zu werden.
Die Seele mit ihren Räumen, die auch als Chakren bezeichnet werden, ist ausgestattet mit lichten Kräften. Mit dieser Ausstattung betritt sie die Erde durch die Geburt. Und sie möchte nichts anderes, als zu ihrem Menschen durchdringen und Lichtes wirken. Immer mit dem Blick auf: »Wo kann Beziehung zu allem gelingen?« Das ist das, was die Seele möchte – und zwar jede!
Für die ersten Seelen, die in menschliche Körper inkarnierten, war es über eine lange, lange Zeit sehr mühevoll, nach außen in die Welt durchzudringen und zu erinnern. Das Dasein in menschlichen Leibern, in Materiekörpern, war kein Leichtes, denn die Menschen waren damit konfrontiert, was es heißt, Erde urbar zu machen, Hitze, Sonne und Kälte ausgesetzt zu sein, täglich dafür zu sorgen, etwas zu essen zu haben, zu trinken zu haben, was es heißt, sich zu schützen. Das sind mühsame Jahrtausende und Jahrtausende, die diese Menschenseelen erlebten.
Doch da ist schon eine erste Religio6, eine Rückbindung zum Schöpfer entstanden. Einigen wenigen Menschen gelingt es dann, mehr Inspirationsfähigkeit zu entwickeln. Sie erleben in Visionen, in Inspirationen immer und immer wieder, was dann mehr und mehr kultiviert wird. Es entstehen heilige Zentren, es entsteht die Priesterschaft, es entstehen Schulen der Einweihung.
Jede Seele weiß um ihren Urzustand, um die ursprüngliche Vollkommenheit. Sie erinnert sich daran. Die Seelen haben dieses Wissen in sich und versuchen, durchzudringen und zu erinnern – von Inkarnation zu Inkarnation.
Mit Jesu Geburt kam das Licht auf die Erde!
Das wurde gesehen – natürlich auch von den Dunklen. Und das rief vieles auf den Plan, z. B. dieses Licht mal zu testen und infrage zu stellen, im Sinne von: »Sollte dieser, Gottes Sohn, nicht verführbar sein, nicht menschlich reagieren?«
Und Jesus wurde versucht – in der Wüste! Er war hungernd, er war dürstend, er war all diesen Gegebenheiten ausgesetzt, die einen Menschen an den Rand der Verzweiflung und des Aufgebens führen können. Wenn du vierzig Tage in der Wüste bist mit nichts, dann ist das eine schwere Zeit. Auch für Jesus, denn er war in der Materie, er fühlte durch und durch menschlich. Und am Tiefpunkt seines menschlichen Empfindens – das ist etwas, was auch ihr erlebt, mit dem »Ich kann nicht mehr!« –, da tritt der »Einflüsterer« auf den Plan und offeriert ihm: »Schau mal, nur ein einziges Mal mich anbeten, oder »Ja« sagen zu mir, und ich schenke dir alles!«
Und Jesus – wie ihr wisst – widerstand dem und lebte vor, wie dem Einflüsterer widerstanden werden kann, zeigte den Weg. Ihr Menschen mit eurer lichten Seele seid aufgefordert, immer wieder zu versuchen, licht zu wirken. Das Bemühen um die Erlösung zählt.
Jesus gab in seiner Inkarnation in den drei Lehrjahren (in innigster Verbindung mit Gott, seinem Vater) den Jüngern das alles mit, mit dem Wunsch, dass das seinen Fortgang finden möge. Auch das war Freiheit: »Folge ich nach oder nicht?«. Sie hätten sich auch anders entscheiden können.
Dann erlebt Jesus den Passionsweg und den Opfertod, und mit jeder Station, mit jeder Wunde ist die Verbindung, dieses Erinnern der Seelen, dieses Nach-außen-dringen-Können für alle Menschen leichter geworden, denn ab dem Sterben Jesu, ab diesem vorbereiteten und gegangenen Weg war das Spüren und Fühlen der Seelen der Menschen ein anderes geworden.
Das nahm da seinen Ausgang, dass es zu diesem Erinnern der Seelen kam, mit ihrer Botschaft: »Ich will erlösend mitwirken, ich will mein Leben derart gestalten, dass es in Liebe ist, dass es gelingt, dass es wohlwollend, dass es schön wird, dass es nächstenliebend wird!« All das, was ihr heute als christliche Werte (das ist nicht konfessionell gemeint, das sind göttliche Werte), als Werte empfindet, die für ein gutes Zusammenleben förderlich sind, die liebevoll sind, die demütig machen, die eine heilende Hand sein können, die ein tröstendes Wort spenden können.
Die einzelnen Stationen des Passionsweges Jesu enthalten mystische Informationen. Das bedeutet, mit jeder Station, die erlitten, erduldet und gegangen wurde, wurde etwas errungen. Und dieses »Konzentrat« bleibt in der Materie! Das wurde geschenkt und war ein Impuls! Von Station zu Station ist eine Wirkkraft errungen, ein Goldkorn, ein Wissen, ein Wirken der gesamten Schöpfung, der gesamten Himmlischen Familie. Diese Kraft des Lichtes und der Liebe, alles, was da drinnen ist, wird von Station zu Station der Erde, der Materie gegeben.
Mit Jesus, mit Maria, mit Magdalena, mit dem Vater, mit den Engeln strahlte diese Wirkkraft, diese Liebe – von Station zu Station, dort, wo Jesus ging – in die Erde, dehnte sich aus, bis in die Menschen, die ihn begleiteten.
Das hatte Kraft. Das Lichte, die vollkommene Liebe, die da Station für Station wirkte, war ein Impuls, wie ein Siegel-Setzen. Und das breitete sich aus, das ist nach wie vor wirksam, nach unten in die Erde, zieht seine Kreise. Alles wird erfasst.
Der Himmel mit all seinen lichten Kräften ist also mit euch und möchte wirksam werden können. Es schenkt und schenkt – Angebot über Angebot – denen, die darum bitten und guten Willens sind. Trotz oft schwieriger Lebensumstände ist es möglich, Fülle zu erleben, Freude zu erleben, den Blick auf das Gute und Gelungene zu lenken, heiter zu sein, begeistert zu sein, voll guter Energie!
Wenn ihr euch auf Gott ausrichtet, wie auch immer ihr ihn nennt, tut ihr nichts anderes, als euch auf diese Dinge auszurichten! Ihr seid keine Sünder, ihr seid würdig, ihr seid bedankt für euren Entschluss, Lichtes zu bringen. Darum geht es. Das ist alles gelebte Religio.
Jedes freundliche Wort, jedes Lächeln, jede liebevolle Handreichung, jede Fürsorge, alles, was aus Nächstenliebe geschieht, ist erlösend für andere und sich selbst!
Die Jünger waren durch die Begegnung mit Jesus so ergriffen, dass es ihr innigster Wunsch war, das weiterzutragen. Im Buch berichten sie von ihren Wegen und Erfahrungen mit Jesus und nehmen euch an die Hand, damit ihr mitspüren könnt.
Schlussendlich ergibt sich damit eine Dreiheit, die zusammengehört: Die Theologie (das Wissen), die Liturgie (das Immer-wieder-Üben) und die Mystik (das In-die-Tiefe-Gehen).
Es geht auch darum, die Tugenden der Jünger zu üben, denn es sind göttliche Tugenden – das wird spürbar.
Und das ist ein Weg ...
4 Himmlische Familie: Die Himmlische Mutter ist die Gefährtin Gottes, ist Maria, Sophia. Sie ist in der Sammlung der Sprüche (8,22) im Alten Testament erwähnt: »Mich hat Jahwe geschaffen als Erstling seines Waltens, als frühestes seiner Werke von urher ...«
Zuerst erschuf der Vater seine Gefährtin, dann den Sohn, Christus, und schließlich die Tochter, die Ruach, der Heilige Geist, die zusammen die Quaternität bilden.
5 Lukas, 4,1
6 Religio – die Rückbindung: Das Erinnern der Seele an den geglückten Urzustand, an das Paradies, also den Zustand vor dem Fall – als erlöst, glücklich, schön, zugewandt, Liebe, Freude.
Stell dir einen Platz im Freien vor, nicht in einer Stadt, eher ein bisschen außerhalb auf dem Land. Im Hintergrund sind Silhouetten eines Wäldchens zu sehen, geschlängelte Wege, Felsblöcke und Steine.
Seitlich auf drei großen Steinen sitzen Johannes und der Herr, und in der Mitte zwischen den beiden sitzt Judas Thaddäus. Die drei sind in ein Gespräch vertieft – nicht in ein Gespräch der vielen Worte.
Rechts hinter dem Herrn angedeutet ist die Mutter in einem wunderbaren Blau, von der Kontur her nicht so wie ein Mensch, sondern mehr vergeistigt zu spüren, von hinten her mit stützend, mit inspirierend, mit dabei. Daneben ist Magdalena in einem grünen Gewand zu sehen in einer menschlichen Silhouette, auch in einer geistigen Form. Sie sind bei den Dreien, die alle gemeinsam eine Einheit bilden.
Stell dir Judas Thaddäus vor, nicht ganz jung, auch nicht alt wirkend, so mitten im Leben stehend. Er hat helle, offene, freundliche Augen, mit einem Blick, der ohne Falsch, ohne Argwohn und ohne List ist – von großer Freundlichkeit, Augen, die offen für Neues sind, offen für das, was da ist und was sich zeigt. Der Kopf ist groß und schmal, die Haare sind nicht ganz lang, auch nicht kurz, nicht lockig, auch nicht glatt, so in der Mitte, nicht dunkel, eher hellbraun, mittelblond.
Er trägt ein langes Gewand, wie es früher üblich war, nicht von grobem Stoff, sondern wie eine Festtagskleidung mit viel feiner gewobenem Stoff in der Farbe Blau, die Borten etwas goldähnlich. Nicht so edel und fein, wie das »bei Hofe« wäre, aber doch feiner als sonst. Eine festliche und feierliche Gesinnungshaltung drückt sich in seinem Gewand aus.
Er sitzt zwischen Johannes und dem Meister und die Blicke treffen sich. Es ist ein beredtes Schweigen, jedoch gibt es auch gesprochene Worte. Man spürt eine sehr heilige Stimmung, die sich auftut. Sie sitzen so, wie in einem Heiligen Raum ...
Links im Bild ist der Engel Elion zu sehen in einem beigen, langen Gewand. Er nickt und grüßt freundlich. Dann ist Silion zu sehen in einem grau-blauen, wunderbar edlen Gewand. Auch er nickt und grüßt freundlich. Jerach ist zu sehen in einem burgunderweinroten, langen Gewand. Und dann ist Sigmael zu sehen in einem leuchtenden, weißen, langen Gewand, das sich wie in Wellen bewegt – kraftvoll und lebendig. Lichtwasser pur, dargestellt in Wellenform, also Lichtwasser, das sich verhält wie Wasser. In der linken Hand hält er einen alten Weinstock, braun und knorrig und knorzig, und in die rechte Hand übergehend wächst ein neuer Zweig, aus dem neues, grünes Laub sprießt.
Sie grüßen alle.
Johannes grüßt und freut sich, dass ihr da seid und dass sie sprechen dürfen, und fragt, ob ihr Fragen habt, sonst würde er gerne das Wort an Judas Thaddäus übergeben.
Wir grüßen euch und danken euch und würden gerne Judas Thaddäus hören.
Judas Thaddäus grüßt und spricht:
»Ich bin nicht einer von der gesprächigen Sorte, nicht einer, der wortreich ist und das Ausziselieren der Sprache mit wunderbaren Schnörkeln liebt. Das bin ich nicht. Das heißt nicht, dass ich nicht fähig wäre, die Nuancen und all die feinen Dinge zu fühlen und zu spüren. Das habe ich gelernt.
Wie ihr wisst, war ich in der Landwirtschaft tätig, im weitesten Sinne als Bauer. Als solcher lernte ich von klein auf, die Dinge sehr genau zu beobachten, auf Strömungen zu achten, auf den Wind, das Wasser, die Saat, die Blüten, die Ähren, auf alles zu achten – wie es sich bewegt, was es braucht, wie es keimt und was es wann tut. Diese vielen, vielen kleinen Dinge, die in mir lebten, habe ich mit allen Sinnen erfasst, und zwar sehr genau. Die Natur war für mich vom Gefühl her etwas Vollkommenes, etwas Schönes, etwas schöpferisch Gelungenes. Da fühlte ich mich wohl.
Natürlich hatte ich viel Arbeit, eine Landwirtschaft bedeutet viel Arbeit, und Zeit für viele Gespräche während des Tages war da nicht. Die Gespräche fanden – wenn überhaupt – am Abend statt, im Familienkreis nach getaner Arbeit, wenn die Ernte eingebracht war. Etwa vier, fünf Mal im Jahr gab es besondere Gespräche für diese Dinge.
Ansonsten lebte ich eher in einem beredten Schweigen. Ich schwieg viel, doch die Natur sprach zu mir, die Scholle sprach, das Saatgut sprach, die Vögel sprachen zu mir. Alles, was da war, alles sprach zu mir, und ich nahm es auf, integrierte und verstand. Deshalb war das Wahrnehmen, das Spüren, das Sprechen mit der Schöpfung in dieser Form für mich nichts Neues.
Jesus konnte das in Perfektion, wie ihr wisst, und auch deshalb sprach mich das an. Da ging etwas in Resonanz. Ich fühlte, da ist einer, der tut das auch so, der kann das auch so – in einer ganz wunderbaren, ausgeprägten Form, und das verstand ich.
Das Sprechen-Lernen, das In-Worte-Fassen war etwas, was mich sehr anzog, was ich als wunderbar stimmig erlebte, wenn ich dem Herrn zuhörte. Da ging auch etwas in Resonanz. Also Jesus und ich, wir sprachen viel in Gedanken, wir sprachen viel durch Blickkontakt. Für mich war es wesentlich, dem Meister zuzusehen, wie er tut. Das war für mich ein Maßstab, es ihm gleich zu tun, ihm nachzueifern, ihm nachzustreben.
Dann war ich auch einer, der das alte Wissen mitnahm – die alten Schriften, das, was ich von zu Hause als Erbe an Wissen, an Gepflogenheiten, an Ritualen, an Dingen im religiösen Sinne mitbekommen hatte. Das war meine Grundlage, das war meine Basis. Darauf setzte ich das Neue, das Kommende, das vom Bild her in diesem Weinstock seinen Ausdruck findet, den Sigmael in den Händen hält. Für alles Neue brachte ich eine unvoreingenommene Offenheit mit. Also, ich liebte Neues! Ich liebte Neues, wenn es sich gut und stimmig anfühlte, wenn es Verbesserungen brachte, wenn es nicht starrsinnig oder von Dogmen eingeengt war, im Sinne von: »Du musst!«. Dann war es für mich stimmig, und ich war offen und auch begeisterungsfähig.
Mit Jesus hatte ich ein neues Fundament. Das war so ein ganz wunderbares Sein-Können neben Jesus. Ich fühlte mich wohl, ich fühlte mich geliebt und gesehen. Da war eine beidseitige Offenheit. Wir begegneten uns in Offenheit, in Freude, in Liebe, in einem »Ich tue mal!«, und ich fühlte mich gesehen und unterstützt. Was mich bewegte, war: Vom Meister kam kein Vorwurf, wenn etwas nicht gelang. Er bremste mich in seiner Offenheit auch nicht in meinem Tatendrang. Da war einfach gut sein.
Wenn ihr möchtet, könnt ihr gerne Fragen stellen.«
Mir fällt die Brückenfunktion von alt zu neu und das Integrieren-Können auf Wenn du die Fähigkeit mitgebracht hast, wie sie Johannes von sich beschreibt, als er im leeren Grab steht:
»Er sah und glaubte.«7, dann war das eine Resonanz mit dem Herrn.
Die Frage ist, gibt es in deinem dreijährigen Beisammensein mit Jesus Szenen, wo du sagst:
»Da bin ich am meisten beeindruckt worden, das war das Erlebnis!«
»Da waren viele ab dem Ruf Jesu an mich. Doch da war es ganz klar. Bereits durch die Erzählungen, Begegnungen und Erfahrungen von anderen war eine Neugierde in mir. Ich spürte dieses In-Resonanz-Gehen meiner Seele. Durch meine Offenheit erlebte ich, wie sich Tür für Tür für Tür öffnete. Der Ruf Jesu an mich war mein besonderer Moment. Das war so wie: Es tut sich die letzte Tür auf, es ergießt sich das Licht vollkommen! Alles ist klar! Jetzt ist alles gesagt!
Dieser eine Moment des »Es ist klar, es ist stimmig, es ist wahrhaftig, es ist Wahrheit, und zwar hundertprozentig durch und durch und ohne den Hauch eines Zweifels!« war der Moment, der in meinem Leben eine gewaltige Erschütterung auslöste, im guten Sinne. Das ging durch mich durch, jede Zelle war erfüllt von diesem »Das ist Gottes Sohn! Der ist wahrhaftig, der ist gerecht, dem folge ich nach! Das ist richtig und stimmig!«
Die Kenntnis von Gottes Sohn in dieser Form, wie ihr es heute habt, war es nicht. Aber ich wusste, was Jesus über den Vater sagt, ist Wahrheit pur. Was er sagt, das kann ich tun. Was er sagt, ist wichtig für mein Leben! Ohne dieses bedingungslose Erkennen »Das ist richtig, das ist wahrhaftig!« wäre für mich wahrscheinlich ein Nachfolgen in dieser Form gar nicht möglich gewesen.
Ich war gut situiert, war gut eingebunden. Ich war nicht einer, der vielen Lichtern nachlief. So einer war ich nie. In meiner Arbeit, in meinem Tun auf dem Feld, hatte ich über vieles nachgedacht, was von den alten Propheten, von den alten Gottesmännern und Vätern überliefert war. Das bewegte mich, das beschäftigte mich, das integrierte ich, das betrachtete ich.
Doch durch diese Begegnung mit Jesus erlebte ich: Das, was vorher noch manche Fragen offengelassen hatte, noch etwas wie im Dunkeln war, war mit dieser Begegnung beantwortet. Als ob jemand Fenster und Türen aufmacht, und da kommt Licht pur herein, das alles durchleuchtet – jeden Winkel, jedes Stäubchen. Alles ist beleuchtet, alles ist Wahrheit pur! So war das vom Erleben her für mich. Deshalb war es für mich entschieden: »Dem folge ich nach –
und zwar bedingungslos!«
Was mich so bewegte, war: Ich konnte Jesus gegenüber ein derartiges Vertrauen haben, und zwar ein kindliches, ein bedingungsloses, ein absolutes Vertrauen, wie ich es einem Menschen gegenüber so noch nie hatte. Das war so wohltuend! Das hüllte mich ein. Ich konnte mich fallenlassen in dieses Licht, in diese Liebe, in dieses Vertrauen, mit dem Gefühl: »Gleich, was ich tue, was ich mache, der Meister steht immer hinter mir! Gleich, was ich tue oder mache, der Meister liebt mich! Gleich, was ich tue oder mache, der Meister vertraut mir!« Dieser Augenblick war in diesem Gefühl zusammengefasst. Das war unbeschreiblich und ist nicht in Worte zu fassen! Das war ein paradiesischer Seinszustand, so wie er auf Erden besser nicht möglich ist. Mehr geht nicht, würdet ihr sagen.«
Es ist unglaublich berührend, dass ein Mensch wie du, der sich eigenständig in die Welt stellen kann, einem anderen Menschen begegnet und so erschüttert wird, dass er auf der Stelle sich ihm hingibt, sich ihm anvertraut und »Ja« zu ihm sagt. Das war ja nicht nur bei dir so, das war bei anderen Jüngern auch. Bei Johannes kann ich es verstehen, der hat Geborgenheit und Geliebt-Sein gesucht und gefunden. Das lässt mich ahnen, wie Jesus und die Begegnung mit ihm gewirkt hat.
»Ja, seine Wirkkraft! Das ist so, wie wenn Jesus an die Tür klopft und sagt »Komm!«, und du lässt alles stehen und liegen, selbst das Geliebteste, was du hast. Du lässt alles stehen, denn da ist eine Berührung in dieser Begegnung, eine Anziehungskraft, die nicht sagbar ist. Das ist Liebe pur! Das ist, was ihr im besten Fall erlebt, wenn ihr richtig liebt. Das ist fast nicht aushaltbar!
So fühlte sich diese Begegnung für mich an. Mein ganzer Körper, jede Zelle, also die Materie – die wusste ja auch und war dermaßen berührt und in Schwingung versetzt – konnte nicht anders! Ich konnte nicht anders! Da war einer, bei dem ich die Dimension des Gegenübers spürte und ahnte: »Das ist Gottes Sohn!« Diese leibhaftige Begegnung zwischen uns beiden löste ein Schwingen, ein Klingen, ein Singen, einen paradiesischen Moment aus – einen Moment in meinem Leben, wie ich ihn vorher noch nie gespürt hatte, obwohl ich viele schöne Momente hatte in meinem Leben.
Das war für mich die Initialzündung, anders kann ich es nicht nennen. Von da an fand dieser Richtungswechsel meines Blickes statt. Da wusste ich: »Dem folge ich nach, das ist das Neue, das ist das Kommende, das ist das, was für mich zutiefst stimmig ist. Und das ist auch das, was ich möchte. Das ist das, was richtig ist. Das ist das, was gerecht ist. Das ist das, was Wahrheit ist. Das ist das, was Liebe ist!« Das war plötzlich für mich klar.«
Es gibt diese Stelle, die Johannes beim Abendmahl beschreibt, wo du fragst: »Herr, was ist geschehen, dass du dich uns offenbaren willst und nicht der ganzen Welt?«8, und Jesus dich auf die Kraft der Liebe verweist. Wie ist es zu deiner Frage gekommen?
»Beim Abendmahl wurde klar, die Wirkzeit des Meisters wird zu Ende gehen, denn die Stimmung im Volk war dementsprechend, war höchst gefährlich. Das letzte Abendmahl war noch einmal so ein Moment, der mich so schmerzhaft berührte, als mir bewusst wurde: Der Meister weilte die ganze Zeit unter uns und unter den Menschen, und ich wünschte mir so innig, dass der Meister auf alle Menschen solch eine Wirkung hätte, wie auf mich. Ich konnte es nicht fassen, dass es da welche gab, denen das gar nichts sagte, die sich sogar vom Meister abwandten. Ich konnte es fast nicht ertragen, dass es Menschen gab, die diese Liebe nicht fühlten, die das nicht wollten, nicht integrieren und nicht leben wollten, was er lehrte! Das war für mich unfassbar, machte mich traurig und erschütterte mich! Für mich war das so, wie wenn du kostbares Gold anbietest, das Kostbarste, was du hast, das Wichtigste, was du hast – und sie nehmen es nicht!
Da brannte beim Abendmahl so ein tiefer Schmerz in mir, mit der Frage oder eher mit der dringenden Bitte: »Meister, kannst du nicht noch etwas tun, dass sich das ändert?« Ich begriff innerlich – das wusste ich vom Meister –, dass dieses Sich-Ändern, dieses Annehmen etwas ist, was jede Seele, jeder Mensch nur für sich tun kann. Das geht nicht mit Zwang oder Manipulation. Ich war fast verzweifelt: Jetzt sitzt der Meister da mit einer Fülle an Gold, mit allem, was ist – der Wahrheit, der Erlösung und dem Hinweis, wie es besser werden könnte – und sie nehmen es nicht! Das war sehr bitter.«
Woran liegt es, dass der Mensch oder die Seele das nicht erkennen kann oder diese Gnade nicht annehmen kann? Die einen können es wie du, Judas Thaddäus, fast vollkommen, und andere nicht, obwohl sie vielleicht sogar ein Wunder des Herrn erlebten, obwohl sie ihn sahen, sogar ganz in seiner Nähe waren, aber sie konnten es nicht ergreifen. Wie es ja im Prolog heißt: »Und die Finsternis hat es nicht ergriffen.« Woran liegt das, dass die eine Seele das kann, und die andere kann es nicht?
»Es ist tatsächlich so, dass das Inkarniertsein auch ein Ausgesetzt-Sein bedeutet, sich entscheiden zu sollen, wem man sich angelobt. Du hast den Doppelgänger an deiner Seite – das ist das eine. Das andere ist, was eine inkarnierte Seele mitbringt – wofür sie antritt, was sie tun möchte, was gelebt werden möchte und in welchem Umfeld sie sich befindet. Es sind nicht alle auf dem gleichen Stand der Erkenntnis, des Wissens, des Wollens und des Integrierens. Ihr seid sehr unterschiedlich. Diesen Bogen – wann sich etwas wandelt und verändert –, den habt ihr nicht im Blick. Inwieweit die Seele mit dem Bewusstsein wahrgenommen wird und durchdringen kann, ist von Inkarnation zu Inkarnation unterschiedlich. Die Seele versucht, bestmöglich durchzudringen. Manchmal sind gute Bedingungen da, manchmal ist es schwieriger, wenn es einer Seele nicht gelingt, weil die Person sich in ihrer Freiheit anders entscheidet.
Ihr dürft nicht vergessen: Mit Jesus kam das Neue! Das war tatsächlich neu, und ihr erlebt es ja in euren Zeiten auch: Da kommt jemand und hat eine neue Idee, und das wird für manche als der Durchbruch, als das Absolute, als das Schöne, als das Wahre gefeiert – und andere sind skeptisch, weil der Mensch mit seinem Körper, mit seinem Verstand, mit seiner Person die Freiheit hat, es anzunehmen oder nicht. Ihr lebt in einer Welt, da wird wissenschaftlich betrachtet, da wird gewendet und gedreht, da wird hinterfragt, da wird angeschaut, da wird verglichen, da wird bewertet. Diese Dinge fließen alle ein, und ihr habt die Freiheit, auch mal etwas scheinbar sehr Wertvolles infrage zu stellen, im Sinne von: »Ist das für wahr zu halten oder nicht?«
Noch mal, dieses Angebot des Lichtes, das in die Welt kam, war der Beginn. Erst durch den Passionsweg entstanden für die Seelen die Öffnungen nach außen, wurden die Menschen spürender, entwickelten sich die Inspirationsfähigkeit und das Durchdringen nach außen im Sinne eines Gehört-Werdens. Das war noch – ihr würdet sagen – wie ein kleines Licht, das stetig wächst. Manche wie ihr sind sehr offen und sofort überzeugt: »Ja, das nehme ich, das halte ich für wahr!« Bei uns Jüngern war es auch schon so, wir waren als Seelen vorbereitet. Andere sind da zurückgenommen, zurückgezogen, prüfend – alles in Freiheit. Das hat mit der Freiheit zu tun, dass etwas nicht sofort aufgegriffen, ergriffen, bewegt, gefühlt und gespürt wird, denn da seid ihr sehr unterschiedlich. Die Seelen wissen immer und versuchen, immer wieder durchzudringen. Den großen Bogen des Inkarnierens der einzelnen Seelen, den hat der Vater im Blick. Und schlussendlich – davon könnt ihr ausgehen –, wenn die Schöpfung heimkehrt, ist es klar, dann ist es begriffen, dann ist es ergriffen!
Diese Entwicklungen brauchen ihre Zeit, denn durch den Fall der Engel entstand die Schöpfung in dieser Form, entstanden auch Zeit und Raum. Im Urzustand des Paradieses gibt es weder Zeit noch Raum. Nur hier auf Erden habt ihr Verhältnisse und Gegebenheiten, die es mit sich bringen, dass da manches – ihr würdet sagen – Zeit braucht.«
Judas Thaddäus, ich habe aus deiner Antwort entnommen, dass das jetzt anders ist. Damals war das Licht noch kleiner. Jetzt, 2000 Jahre später, ist es da einfacher? Es sind viele Inkarnationen gewesen, sodass wir das vielleicht schon mal geübt und geübt haben. Ist es jetzt leichter? Oder ist das Licht stärker?
»Einfacher ist es nicht, aber bewusster, viel bewusster. Und ihr lebt eher (zumindest auf eurem Kontinent) in Gegebenheiten, wo ihr nicht täglich um Leib und Leben fürchten müsst, um eures Glaubens oder um eurer Überzeugung willen. Das bedeutet, dass dieses Gehörte und Gesagte bewegt, integriert, gelebt und weitergetragen werden kann. Das umspannt den Erdball mit den vielen kleinen Lichtern derjenigen, die es ergriffen haben. Diese Wirkung bezieht sich nicht nur auf Menschenseelen, sondern auch auf die Natur, auf die Mutter Erde, auf alles, was da ist in dieser wunderbaren Schöpfung. So ist eine Bewegung entstanden, eine Bewegung derjenigen, die sich entschlossen dem Licht zuwenden. Und darum geht es.
Das wäre in dieser Form vor 2000 Jahren gar nicht möglich gewesen. Schon die Voraussetzungen hatten vollkommen gefehlt. Und Jesus kam, um dieses Licht in die Welt zu bringen. Das hatte da seinen Ursprung, und durch das Öffnen der Seelen, der Ebenen, des Bewusst-Werdens, des In-Resonanz-Gehens nahm es seinen Anfang und wurde vielen oder sogar allen Menschenseelen dadurch ermöglicht. Und das wächst.«
Johannes hat dich beschrieben als der große Lachende und der lachende Große. Weiterhin hast du Beinamen, wie der Kühne, der Sehnsüchtige, usw. Und auch dein Name selber wird ja verschieden genannt. Der eine nennt dich Judas, der andere Thaddäus, der dritte Lebäus. Wir wissen schon einiges über deine Namen, gleichwohl würden wir sehr gerne hören, wie du dich beschreiben würdest.
»Diese vielen Namen – das rührt mich sehr! Denn jeder Name steht für eine bestimmte Zeit in meinem Leben. Also »Judas« ist ein alter, ein ganz ehrwürdiger Name. Der steht für: »Ich setze mich ein, ich schaffe ein Fundament – für Gott!« Für mich als Kind – das ist ein sehr großer Name für ein Kind – hatte man die Hoffnung: Der wächst da hinein. Und ich bin auch hineingewachsen in diese Namen Judas und Thaddäus.
Der Name »der Kühne« – dazu braucht es auch eine gewisse Offenheit. Offen zu sein, Offenheit zu haben, braucht eine gewisse Kühnheit. Ich bin nicht einer von der ängstlichen Sorte, und ich bin auch kein Draufgänger, das bin ich auch nicht. Das bedeutet, ich hatte die Kühnheit, es zu sagen, wenn ich etwas für wahr und richtig empfunden und etwas bis ins Fühlen und Spüren hinein als wahrhaftig und richtig erkannt hatte. Dann hatte ich den Mut und die Kühnheit, das zu vertreten, und zwar bedingungslos – als wahrhaftig und richtig erkannt!
Und der Name »der Lachende« – also, Lachen bedeutet ja viel mehr, als nur über etwas zu lachen. Lachen ist auch eine Grundhaltung. Wenn ihr ein Kind betrachtet, das kann einfach aus dem Herzen, aus dem Nichts heraus lachen, weil es fröhlich ist, weil es bewegt ist, weil es etwas lustig findet, weil es Freude hat an seinem Tun und an seinem Sein.
Ich hatte Freude an meinem Sein, an dem, wie ich war. Das war eine innere Freude, das war ein: »Ich kann auch über mich lachen oder lächeln oder froh sein!» Es war wunderbar zu bemerken, was für schöne Hände ich hatte, die sich bewegen konnten, wie wichtig das war im Zusammenwirken, im Tun. Ich freute mich über meinen Körper, über mein Sein, über mein Tun, über meine Familie. Also, es war ständig Grund zur Freude, und das ergab ein innerliches Lachen, eine innere Freude, einfach: »Es ist gut, stimmig, wunderbar, schön! Danke!«, diese Haltung. Und ich stellte auch fest, ein Lächeln konnte verschlossene Menschenherzen, verschlossene Gesichter, verschlossene Türen öffnen, ohne ein Wort zu sprechen, ohne irgendeine Handlung getan zu haben. Das öffnete einfach. Ein Blick, ein Lächeln – das waren Türöffner für viele Dinge. Und dieses innerliche Lächeln und Lachen war wie so eine zweite Haut.
Darum gefällt mir das: »Der große Lachende, der lachende Große.«
Ich war auch für damalige Zeiten vom Körperbau her groß, und so ein Lachen, ein Lächeln ist eine zusätzliche, unglaubliche Größe. Das rührte mich, ich war dafür aus tiefstem Herzen dankbar, dass ich das so empfinden konnte, dass ich das so spürte. Lachen war für mich eine Eigenschaft, eine Ressource, würdet ihr sagen, für die ich unglaublich dankbar war, denn das half mir dann auf meinem Wege, in meinem weiteren Tun und Wirken über manches hinweg.
In all diese Namen durfte ich hineinwachsen, durfte sie leben, durfte sie kultivieren. Ob es ein Lebäus, der Herzliche war, ob es der Kühne war, der Lachende war – diese Eigenschaften wurden von mir gehütet, gelebt, integriert und sind ein besonderer Schatz in meinem Herzen. Mit all diesen Eigenschaften ausgestattet, kann ich sagen: In Ehrfurcht und in Demut stand ich dann vor meiner Gemeinde und konnte sprechen und konnte mit ihnen fühlen, und zwar ganz authentisch.«
Zum Thema Lachen haben wir schon mal gehört, das sei »klingende Heiterkeit«.
»Wenn ihr ein Kind betrachtet, das hat eine Heiterkeit, eine Fröhlichkeit, ein Lachen. Und das war auch in mir als Erwachsener. Die Heiterkeit, das Lachen, das Lächeln, das half mir, das trug mich. Das ist etwas, was natürlich auch heute noch in mir ist, und das ist ganz wunderbar! Ich liebe diese Eigenschaft, sie half über vieles hinweg. Vor allem erkannte ich – ganz gleich, wie Situationen sind, wie ausweglos sie scheinen mögen, wie dunkel sie scheinen mögen –, es gibt immer ein Fünkchen Hoffnung, ein Fünkchen Licht, ein Lächeln, eine Spur Heiterkeit in allen Dingen.
Und wenn da gar nichts mehr war, dann konnte ich mich zurücknehmen, einen Schritt zurücktreten und sagen: »Und trotzdem! Da gibts ein Lächeln für mich! Da ist trotzdem Dankbarkeit, da ist trotzdem ein wenig Heiterkeit!« Das half auch in ganz dunklen Stunden, dass es mich nicht so nach unten zog, sondern dass ich etwas dagegensetzen konnte, dieses: »Es ist jetzt so, und trotzdem gibt es einen Grund zu lächeln, gibt es einen Grund zu danken, gibt es einen Grund, fröhlich zu sein!« Und wenn es auch nur den einzigen Grund gab, zu sagen: »Ich lebe noch, ich bin noch! Ich kann noch atmen!«
Da half mir die innere Heiterkeit, wie du richtig beschrieben hast. Es war nicht so, dass mein Leben ein ständiges lautes Lachen war. Manches Mal war es nur noch ein Hauch von Heiterkeit oder ein Hauch von Lächeln, doch es war noch da. Das konnte ich groß werden lassen und gegen die Schwere setzen, die oft drückte und zog.«
Du hast gesagt, jeder Name steht für eine bestimmte Zeit deines Lebens. Es beginnt offensichtlich mit dem Namen »Judas«. Du hast diesen großen Namen aus dem Alten Testament bekommen, und dann hast du vermutlich auch schon als Kind dieses Lachende gehabt, diese Heiterkeit. Wie ging das weiter? Zuerst in Richtung »der Beherzte, der Kühne«, oder ging es zunächst in die Richtung »der Sehnsüchtige«, als die Begegnung mit dem Herrn kam? Und dann nach Pfingsten, was war dann?
»Ja, die Beinamen »der Beherzte, der Kühne« sind die Frucht der Begegnung mit Jesus, als ich ganz beherzt und ganz kühn entschied: »Dem folge ich nach!« Ich konnte gar nicht anders, als mit ganzem Herzen und voller Wagemut da mitgehen, die Zelte hinter mir abbrechen, mein Sicherheitsnetz und die geordneten Strukturen verlassen und kühn wagen, mit dem Meister mitzugehen. Dieses Mitwandern bedeutete ja auch, aus der Sicherheit und einem strukturierten Alltag herauszufallen. Es bedeutete auch, nicht zu wissen, ob wir morgen genügend zu essen haben, also einfach zu wagen. Stellt euch das einfach mal vor: Ihr verlasst von heute auf morgen euer Haus und folgt jemandem nach, den ihr nur ansatzweise kennt. Ihr folgt ihm nach. Ihr wisst nicht, wo ihr morgen schlafen könnt, ob ihr genügend Wasser habt, ob es warm genug sein wird – all diese Dinge.
Es brauchte Kühnheit, zu entscheiden: »Da gehe ich mit, das ist stimmig, egal, was da kommt! Da kann ich alles hinter mir lassen!«
Diese Zeit mit Jesus bedeutete auch, beherzt und kühn mit Menschen konfrontiert zu werden, die nicht eins waren mit dem, was Jesus sagte, und mit Dingen konfrontiert zu werden, die uns hätten ängstigen können. Denn es war nicht so, dass da alles in geordneten Bahnen lief, im Sinne von: Die lässt man in Ruhe ziehen ... So war das nicht, es brauchte Wagemut.
Auf der anderen Ebene war dieses Neue, was Jesus lehrte, beherzt zu ergreifen und nicht infrage zu stellen. Das hätte ich auch nie getan, denn ich spürte, das war so wahrhaftig – und also kühn zu wagen!
Dazu kam mit fortschreitendem Wandern mit Jesus das Sehnsüchtige nach dem, was er sagte, welches schlussendlich in das Abendmahl mündete: die Sehnsucht, dass allen Menschen das verständlich gemacht werden sollte, dass alle Menschen das doch bitte ergreifen mögen, was da vom Meister durch und durch Lichtes kam – die Liebe, die Wahrheit, die Klarheit, das Göttliche! Das war meine Sehnsucht – das »Bittersüße«, könnte man sagen –, dass alle Menschen diesen Weg gehen mögen und es mir gleich tun. Solange eine Sehnsucht da ist, seid ihr am Weg, in diesem Fall zur Erlösung. Versteht ihr?
Zeitlebens war das meine Frage: »Warum nehmen es die einen an und die anderen nicht?« Das war etwas, das mich die Sehnsucht für alle groß werden ließ: »Ergreift es! Es ist wahrhaftig! Es ist richtig! Es ist stimmig! Was Besseres gibt es nicht! Das ist das Allheilmittel!« Die Sehnsucht danach, dass alle es ergreifen mögen, um diese fast paradiesischen Zustände, die ich oft erlebte, auch haben zu können, da dranzubleiben, das nicht zu vergessen, sich immer zu erinnern. Die Sehnsucht zu wecken in denen, welchen ich predigte, war mir immer ein Herzensanliegen. Die Sehnsucht zu wecken nach dem Gefühlten, Vollkommenen, Paradiesischen, Schönen und Wahrhaftigen, das gelang mir schlussendlich meisterlich.«
Wie ist euer Alltag abgelaufen?
»Das, was in der Heiligen Schrift steht, sind natürlich nur punktuelle Dinge und Ereignisse, denn sonst würde das viele Bücher füllen. Es war so, dass wir mit Jesus Lehrstunden hatten, in denen er uns vom Vater, von der Schöpfung, von all diesen Dingen erzählte. Das war neu. Einerseits gab er Lehrstunden, und andererseits nahm er uns mit, wenn er Kranke heilte, nahm er uns mit, wenn Konflikte zu beruhigen waren usw. Wir wurden darin gelehrt, wie das geht. Zusätzlich wurde auch von Maria und Maria Magdalena zum Thema Heilen oder zum Thema Integrieren gelehrt. So entstand eine innere Struktur.
Es gab auch eine organisatorische Struktur, an der wir alle beteiligt waren. Manchmal wurde beschlossen, eine Zeit lang an einem Ort zu bleiben. Je nachdem, wie die Menschen kamen und wissen wollten, lagerten wir mal länger oder mal kürzer irgendwo. Und natürlich hatten wir in der Gruppe auch Kontakt zu unseren Familien. Die meisten Familien und Frauen unterstützten uns Jünger, ob es in finanzieller Hinsicht war oder ob Lebensmittel gebracht wurden oder ob irgendein Haus oder eine Hütte bezogen werden konnte oder ob Brennholz beschafft wurde oder was auch immer. Also das hatte schon Struktur.«
Mit so vielen guten Eigenschaften hast du sicher viel zum Gelingen beitragen können?
»Ja, doch diese drei Jahre waren kurz, um all das zu lernen und zu integrieren. Ich war mir all dieser Eigenschaften, meiner Namen und dieser Dinge so noch nicht bewusst. Aber der Herr erkannte! Diese drei Jahre waren der Weg, dorthin zu gelangen und alles anzuwenden, bis nach Jesu Sterben und nach Pfingsten dann die Zeit war, mich selber auf den Weg zu machen und zu predigen. Da war das Ganze gut verankert, war gut geübt, war verortet, war integriert. Diese drei Jahre hatte es unbedingt gebraucht.«
Kannst du noch etwas über die Familienverhältnisse sagen, auch was andere Jünger betrifft? Es gibt da Unklarheiten in der Überlieferung.
»Also nur kurz. Wie ihr wisst, waren die Dörfer ja nicht Städte, wie ihr sie heute kennt. Früher hatten die Familien viele Kinder, und die wurden verheiratet, die trafen sich. So hattest du oft in einem Dorf Menschen, die in irgendeiner Form miteinander verwandt waren, z. B. zweiten, dritten Grades. Manches Mal wurde jemand in die Familie aufgenommen und wurde dann auch als »Bruder« bezeichnet, obwohl er kein leiblicher Bruder war. Simon Kananäus war mein leiblicher Bruder. Jakobus der Jüngere war als »Bruder« aufgenommen worden, war vielleicht über drei Ecken verwandt.
Ich hatte später Frau und Kinder, aber nicht schon bei der Begegnung mit Jesus und meiner Nachfolge. Wir Jünger gingen auch während der Wanderschaft mit Jesus immer wieder mal, wenn wir in der Nähe lagerten, kurz in unsere Familien zurück, um einen Familienbesuch zu machen. Es war nicht so, dass wir ganz weg waren. Wenn es möglich war – zwar selten -, dann kam einer zurück, um etwas in Ordnung zu bringen, um offene Dinge zu besprechen.«
War der Bräutigam von der Hochzeit zu Kanaa im Jüngerkreis dabei?
»Nein. Die Familien kannten sich alle, auch Jesus und Maria kannten alle. Sie waren ja eingeladen. Diese Hochzeiten waren sehr, sehr große Hochzeiten, die Familien kannten sich, waren miteinander verwandt. Das Wesentliche dieser Hochzeit war das erste öffentliche Auftreten Jesu, also der Beginn seines Wirkens. Der Bräutigam und seine Braut waren sehr religiöse Menschen und im liebevollen Sinne, so, wie Jesus das lehrte, war die Beziehung zwischen diesem Mann und seiner Frau ein Miteinander auf Augenhöhe. Dieses Paar steht symbolisch dafür, wie Paare sich begegnen sollten. Diese Bedeutung hatte die Hochzeit auf jeden Fall auch. Das Wirken hätte nicht woanders sein können, bei einem Volksfest oder so, sondern es brauchte diese Hochzeit, um dort das Wunder zu tun.«
Bei einer HOCH-Zeit ...
»Bei einer HOCH-Zeit. Ja! Und das hat seine Bedeutung und seinen Charakter. Da entsteht tatsächlich etwas, da entsteht ein Bund, da entsteht ein Bund auf Augenhöhe, da entsteht ein Bund der Liebe. Und das ist all das, was ihr christlich nennt – den anderen als Licht zu erkennen, dem Nächsten zu begegnen wie dir selbst, dem anderen in Liebe zu begegnen, dir selbst in Liebe zu begegnen. Das nahm da seinen Ausgang, das war ein neuer Bund.
Und dieses »Jesus kam in die Welt« war auch ein neuer Bund, das war neu und ist neu.«
Das Hochzeitspaar wurde dann vermutlich auch davon erreicht?
»Ja, da waren viele, die Jesus dann nachfolgten und sich fragten: »Wie hat er das gemeint? Wie tut man?« Da entstand ein ganz anderes Miteinander, ein In-Frage-Stellen von Althergebrachtem und vielen Umgangsformen wie z. B.: »Ich befehle dir!« Das nahm da seinen Ausgang.
Als Mann und Frau sich zu begegnen – das war dann feiner gestimmt. Da begann so ein: »Wie sprechen wir miteinander? Wie begegnen wir uns?« Über dieses Wunder wurde von denen gesprochen, die es gesehen und begriffen hatten. Das wirkte nach.«
Ganz herzlichen Dank für heute!
»Ich bin sehr gerührt und ich danke euch! (Judas Thaddäus hat seine Hand so um das Amulett mit Jesus am Herzen gelegt, zeigt sich mit diesem Amulett und blickt zu Jesus und zu Johannes hinüber und sagt: »Sie ergreifen es! Sie ergreifen es!«).
Es freut mich ungemein! Ein Stück Sehnsucht erfüllt sich, denn mit jeder Seele, die es ergreift, befriedet sich für mich ein Stückchen Sehnsucht.
Ihr ergreift das Licht! Und dafür danke ich von ganzem Herzen!«
Dann verabschiedet er sich.
Es ist Abendstimmung – kurz vor dem »Zunachten«, fast schon dunkel, aber noch nicht ganz. Ein steiniger Weg ist zu erkennen und die Silhouette eines Waldrandes. Stellt euch ein Haus, einen Schuppen vor, in dem die Jünger lagern – staubig und müde. Vor dieser mit ein paar Mauern und Brettern notdürftig geflickten Hütte liegen zwei große Steine. Auf dem einen sitzt Johannes und auf dem anderen Judas Thaddäus. Die beiden können nicht schlafen. Sie sitzen da und spüren intuitiv: »Jetzt geschieht etwas sehr Wesentliches!«
Und auch die Natur, die Naturwesen, die Naturgeister, die Tiere, alles ist in einer angespannten Haltung: »Jetzt kommt es darauf an, jetzt können wir nichts mehr tun! Jetzt ist abzuwarten, jetzt kommt ein Augenblick, der alles entscheidet!«
Der Herr hat sich zurückgezogen, ganz still, ganz allein, und es ist dieser Moment, in dem er im Gebet ringt: »Vater, nicht mein, sondern dein Wille geschehe!« Es ist ein Heiliger Raum. Alle Kräfte sind gebündelt, ihn zu unterstützen, ihn zu begleiten, ihn zu umwehen und zu umfließen, denn es geht um einen der wichtigsten Momente ...
Links im Bild ist der Engel Elion zu sehen in seinem langen, beigen Gewand. Er steht so, als ob er die Hände – wenn er denn welche hätte – erhoben hätte und sie eine Kugel umschließen würden, sinnbildlich für diesen heiligen Moment, für diesen wichtigen Augenblick. Daneben ist der Engel Silion zu sehen in seinem wunderbaren, graublauen Gewand. Auch er hat seine Hände so erhoben, als ob er eine Kugel umschließen würde – symbolisch für diesen wichtigen Augenblick, um die Kräfte gebündelt da hinzulenken und den Herrn zu unterstützen. Dann ist Jerach zu sehen in seinem burgunderweinroten, langen Gewand. Auch seine Hände sind erhoben, als ob sie eine Kugel umschließen würden. Weiterhin steht auch der Engel Sigmael da in seinem smaragd-türkis-dunklen, langen Gewand, diesmal nicht wie wellenförmig bewegt, sondern ganz ruhig, ganz still, die Hände auch so haltend. Hinter ihm die Mutter Erde, die scheinbar den Atem anhält, die Naturwesen, die Naturgeister, die alle ihre Hände gefaltet haben. Es ist wie ein Anhalten des Atems des Himmels und der Erde, dass dieser wichtigste Moment für den Herrn gelingen möge ...
Johannes und Judas Thaddäus grüßen, und Johannes möchte das Wort gerne an Judas Thaddäus weitergeben.
Judas Thaddäus: »Lasst uns noch einmal eintauchen in die Szene am Abend dieses Tages. Wir hatten uns zurückgezogen und dort gelagert. Es war staubig, es war anstrengend, es war Hitze, die Stimmung im Volke war aufgewühlt – ein Chaos, ein Durcheinander auf allen Ebenen. Nichts hat geklappt. Alles in uns war in Aufruhr mit einem Gefühl, einem Ahnen: Jetzt wird es ernst, jetzt geht es um ganz Wesentliches! Jetzt geht es noch einmal darum, eine Herzensentscheidung zu treffen, denn der Herr hatte jedem einzelnen Jünger offengelassen, zu folgen bis »zuletzt« oder zu gehen, auszusteigen – ganz freilassend.
Nun war spürbar: »Jetzt geht es in eine Entscheidung, in ein bedingungsloses »Ja«, das alles von dir fordern wird!« Das war nicht mehr nur so: »Der Herr ist da, er ist die Stütze, er predigt, er begleitet uns, da ist Sicherheit!«, sondern es war spürbar: »Es tut sich etwas!«, und zwar im Sinne der Entscheidung: »Bist du bereit, in der Nachfolge zu bleiben, und bist du bereit, alles weiter mitzutragen?«
Das war eine andere Stimmung, ein anderes Klima. Der Herr war »anders«, denn es war auch für Jesus spürbar: »Das erfordert jetzt mein ganzes Sein, meine ganze Kraft, mein bedingungsloses »Ja!« zu meinem Vater!« Selbst der Meister war in einer Situation, die alles von ihm abverlangte.
Für Johannes und mich war deutlich: »Da geschieht etwas! Da ist noch einmal eine Entscheidung, eine Herzensentscheidung zu treffen, die den ganzen Wagemut, das ganze Herz erfordert!«
Wir alle waren mürbe, waren müde. Wir waren in einer bedrückten und schweren Stimmung ob dem Kommenden, was da aufzog, das da drohte. Es gab dunkle Ahnungen, dunkle Wolken – ein Zustand, in dem jeder anders reagierte. Der eine war müde und schlief wie erschöpft ein, konnte fast nicht mehr. Den anderen ließ es grübeln. Der Nächste wusste nicht recht: »Soll ich zum Meister hin oder nicht?« Es war spürbar, dass da etwas war, was der Meister mit seinem Vater selbst ausmachte, dass das ein wichtiger und wesentlicher Moment war. Das deutet dieses Bild an.
Auch mir wurde bewusst, dass es mein ganzes Sein fordern würde, all diese Eigenschaften zu leben, die man mir zuschrieb – also den Lachenden, den Kühnen, den Wagemutigen, den Herzlichen –, dass das noch wesentlich und wichtig werden würde. An diesem Abend, in dieser Entscheidung des Herrn, war in mir: »Ja, ich folge dir nach, gleich, was da kommt! Ich mag nicht anders, es ist Wahrheit für mich!«
Es war eine sehr schwere und eine sehr ernste Entscheidung, denn da kam die Ahnung, so ein Gefühl auf: »Das wird schwer, das wird kein leichter Weg!« Die Dimension dessen, was es tatsächlich bedeutete, kannten wir ja noch nicht, aber wir spürten: »Da tut sich etwas, da braut sich etwas zusammen, da wird etwas geschehen!« Ich bin nicht ängstlich, doch ich spürte: »Das wird schwer!«
Für uns war es entschieden – Johannes und ich saßen im Blickkontakt, im Fühlen: »Trotz allem, wir bleiben beim Herrn, wir wollen da mit!« Das war ein Uns-Ausliefern, gleich, was da kommt. Und das war der schwerste Moment in meinem Leben!
Ich war froh, dass Johannes neben mir saß, ich war froh, dass ich jemanden an meiner Seite hatte, von dem ich wusste: Der bleibt dabei, der geht mit bis zuletzt. So waren wir schon zwei. Es war ein Moment der Herzensentscheidung – das durch den Blickkontakt Mitgeteilte:
»Ja, wir bleiben dabei!« Es war dann leichter, weil wir zu zweit waren.
Das war, neben dem ersten Moment der Begegnung mit dem Herrn, der schwierigste, schwerste und entscheidendste Moment in meinem Leben – bedingungslos »Ja!« zu sagen.
»Ich folge dir nach, gleich wohin, was da kommt, was sich da auftut!«
So war für mich als Jünger die Nacht von Gethsemane. Jeder Jünger hatte sein eigenes Gethsemane ... Es war der entscheidende Moment, in dem ich noch einmal bekannte, mich bedingungslos dem Licht zuzuwenden. Und das ist wesentlich.«
Jetzt mag man fast gar nicht die anderen Fragen stellen ...
»Doch! Was ich nicht möchte, ist, dass ihr in dieser Schwere verharrt. Ich hatte auch meine Ressourcen. Frag deine Fragen!«
Du hast letztes Mal gesagt: »In der größten Schwere, in der größten Tiefe war immer noch ein Fünkchen (Hoffnung) als positive Eigenschaft in dir. Ich nehme an, letztendlich in diesem Moment auch?
»Ja. Zeit meines Lebens hatte ich nicht die Haltung im Sinne von »entweder/oder«. Ich hatte auch nicht die Sorge »Da bricht alles zusammen und dann ist nichts mehr!«, ob im Alltag oder in finanziellen Dingen. Ich sah das schon durch meine Beobachtungen in der Natur und dann auch im Umgang mit der Gruppe und den Menschen um den Meister. In scheinbar ausweglosen Situationen blieb immer noch ein Fünkchen Hoffnung, ein Türchen, das sich öffnen konnte, die Hoffnung, dass nicht alles verloren ist. Ich hatte auch kein Problem, über Sterben und Tod nachzufragen, nachzudenken und den Sinn zu erkennen, denn uns wurde durch den Meister gelehrt, dass auch in der ausweglosesten Situation der Vater bei uns ist. Ich begriff: Allein schon das Gefühl »da ist jemand bei mir«, mildert das Ausweglose schon ein bisschen.
Auch wenn scheinbar nichts mehr auf der Materieebene ist, der Vater ist immer da! Da ist etwas, was dich trägt. Da ist etwas, was dir beisteht. Da ist etwas, das können sie dir nicht nehmen. Diese Liebe, diese Wärme, dieses Gefühl, dieses Fürwahrhalten, das können sie dir nicht nehmen. Und wenn sie dich zwingen oder dich in den Kerker werfen – das können sie dir nicht nehmen, denn der Vater ist bei dir. Da konnte ich den Vater empfinden: »Selbst in der ausweglosesten Situation bist du nicht allein, stehe ich dir bei. Du kannst mich rufen – auch in Gedanken!«
Das tat ich oft in solchen Situationen, dass ich kurz innehielt, und rief: »Vater, Jesus, was soll ich tun? Steht mir bei! Seid bei mir!« Und dann konnte ich ihre Anwesenheit wahrnehmen. Das begleitete mich fortan zeit meines Lebens. Ich spürte, ich war nicht allein, da ist die Himmlische Familie, würdet ihr heute sagen. Diese Erkenntnis habt auch ihr. Zusätzlich sind da die Engel und eure Ahnen und Verwandten, die euch stützen, die euch begleiten. Das ist der Grund, das ist die Basis für dieses Gefühl des Nicht-Allein-Seins, selbst in der ausweglosesten Situation. Das konnte ich zutiefst fühlen und spüren.«
Es geht um das Urvertrauen der Seele, in Verbindung, im Gespräch mit dem Himmel. Da gibt es Situationen, wo man sagt: »Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.«, wo man sich ganz hingibt. Auch im Vaterunser beten wir: »Dein Wille geschehe!« Das ist für den Menschen eine schwierige Situation, weil man sich da vollkommen zurücknimmt und hingibt.
»Ja! Dieser Moment, dieses »Nicht mein, sondern dein Wille geschehe« war auch für uns als Jünger sehr wichtig, denn wir lernten dadurch: Es ist möglich, sich komplett im Vertrauen, im Sich-Fallenlassen, ohne alles eigene Zutun dem Herrn, dem Vater, anzuvertrauen und sich darauf zu verlassen, dass er trägt, dass er da ist, dass er beisteht. Für das Kommende war dies ein sehr wichtiger, ein wesentlicher, fast magischer Moment, weil wir Jünger dann begriffen, dieses »Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe« ist der Moment, in dem es gelingt, all dein Sein, all das, was sich an Aufruhr, an Gedanken, an Zweifeln, an Hadern auftut, mit einem Male zu beruhigen und sagen und fühlen zu können: »Ich bin dein Kind, und ich lege in meiner schwierigen Situation vertrauensvoll meine Hand in deine Hand, Vater!« Und der Vater wird dann sagen: »Ich bin dein Vater, du bist mein Kind! Komm her!«
Es geht darum, zu begreifen und zu fühlen, selbst in der ausweglosesten Situation ist mein Vater da, und ich bin sein geliebtes Kind. Er ist da für mich, er steht für mich ein, er wiegt mich, da bin ich geborgen.«